Volume 1, No. 2, Art. 32 – Juni 2000

Zur Gültigkeit von Qualitativer Sozialforschungx)

Jo Reichertz

Zusammenfassung: Aus wissenssoziologischer Sicht wird anfangs die Frage gestellt, ob die Erkenntnisse, die von Wissenschaftlern/innen in Ausübung ihres Berufs und in Befolgung ihrer Professionsstandards erlangt wurden, auch beanspruchen können, 'gültig' zu sein. Durch die Anwendung der Wissenssoziologie auf die Forschung wird die unhintergehbare Perspektivengebundenheit von Forschung gezeigt (wahrlich keine überraschende Erkenntnis). Das Ziel von Forschung – so die These – kann deshalb nur die systematische und organisierte Produktion von Zweifeln und die dadurch erreichte Fehlerausmerzung sein – und Forschung hat darin auch ihren Sinn. Abschließend werden Vorschläge gemacht, wie angesichts einer verstärkten Konkurrenz um Drittmittel und trotz der heiklen erkenntnistheoretischen Position qualitativ arbeitende Projekte verteidigungsfähig gemacht werden können.

Keywords: Abduktion, Erkenntnistheorie, Gültigkeit, qualitative Induktion, symbolisches Kapital, Logik der Forschung, Standards der Qualitativen Forschung, Vagheit, hermeneutische Wissenssoziologie

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist die Frage?

2. Methoden zur Begründung von Gültigkeit – vier Idealtypen

3. Empirische Forschung als Verbindung von Beobachtung, Intuition und Vernunft

4. Über die Notwendigkeit von Ungenauigkeiten

5. Der erkenntnistheoretische 'Standort' der hermeneutischen Wissenssoziologie

6. Rechtfertigungsmuster, die von Wissenssoziologen benutzt werden

7. Die Logik der Erlangung symbolischen Kapitals

8. Die Logik der Einwerbung ökonomischen Kapitals

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Was ist die Frage?

Für wissenschaftliche wie für alltägliche Konstruktionen gilt: sie resultieren nicht aus einem Abdruck, den die Außenwelt zurückgelassen hat, sie spiegeln die 'Welt dort draußen' auch nicht wider, sondern diese Konstruktionen sind das Ergebnis einer kollektiven Deutungstätigkeit, welche entlang bestimmter (und variabler) Relevanzen voranschreitet. Damit stellt sich nicht nur unabweisbar die erkenntnistheoretische Frage, ob Wissenschaftler überhaupt über (einen wie auch immer gearteten) Zugang zu einer widerständigen Außenwelt verfügen (vgl. BERGER & LUCKMANN 1977, SOEFFNER 1989, REICHERTZ 1997), sondern es stellt sich zudem auch noch die (nicht nur für die Wissenssoziologie, aber für sie zentrale) wissenssoziologische Frage, ob die Erkenntnisse, die von Wissenschaftlern/innen in Ausübung ihres Berufs und in Befolgung ihrer Professionsstandards erlangt wurden, auch beanspruchen können, 'gültig', mithin 'valide' zu sein. [1]

In meinem Beitrag werde ich versuchen, dieses Problem dadurch anzugehen, dass ich mit wissenssoziologisch eingestelltem Blick die Verfahren der Wissenssoziologie zur Gültigkeitsfundierung betrachte. Es geht dabei jedoch nicht um eine Neuauflage der erkenntnistheoretische Debatte um die Möglichkeit von Erkenntnis und auch nicht um die Diskussion der gängigen Wahrheitstheorien, auch wenn im weiteren immer wieder auf Erkenntnis- und Wahrheitstheorien Bezug genommen werden muss. Erkenntnis- und Wahrheitstheorien bilden in diesem Verständnis jedoch Teile eines Diskurses zur Organisation von Erkenntnisgewinn, und dieser Diskurs soll hier nicht weitergeführt werden. Statt dessen geht es mir hier um die Ermittlung der Argumente und Verfahren, die in Äußerungen von Wissenschaftlern benutzt werden, um die Gültigkeit ihrer Aussagen gegenüber der (Fach-) Öffentlichkeit zu legitimieren – mit dem Ziel, von dort symbolisches, aber natürlich auch oder genauer: vor allem ökonomisches Kapital einzuwerben (vgl. BOURDIEU 1997). [2]

2. Methoden zur Begründung von Gültigkeit – vier Idealtypen

Der Aufstieg der europäischen (Natur-) Wissenschaft verdankt viel dem Abstieg der christlichen Religion. Galt die erste der zweiten zu Beginn christlicher Zeitrechnung nicht mal als ernstzunehmende Konkurrenz, so wandelte sich dieses Verhältnis seit 'Der Aufklärung' so grundlegend, dass heute die zweite der ersten nicht mehr als ernstzunehmende Konkurrenz gilt. Die Kultur- und Sozialwissenschaften sind ein unvermeidbares, weil notwendiges Produkt der europäischen Aufklärung. Der Niedergang der 'emphatischen Eindeutigkeit' und der Aufstieg der 'Kultur der Vieldeutigkeit' (MARQUARD 1986, S.109) sind zugleich Produkt als auch Nährboden für alle Geisteswissenschaften. Denn moderne Menschen "brauchen viele Geschichten (und viele Bücher und viele Deutungen), um Individuen zu sein" (ebd., S.110). [3]

Auch deshalb löste nicht nur die Kultur-, sondern auch die Naturwissenschaft mit Einsetzen der Aufklärung die Religion(en) in Bezug auf die Bereitstellung von Weltdeutungen ab, und dies gleich in zweifachem Sinne: einerseits 'tötete' sie die Religion, indem sie den Glauben an einen Gott und dessen Gebote als vermeidbaren Irrtum bzw. als entweder selbstgewollte oder auch böswillige Täuschung entlarvte, andererseits beerbte sie die Religion. Bruchlos übernahm sie deren Aufgaben, indem sie den Gott 'Vernunft' gebar und die Gebote der Vernünftigkeit in steinerne Tafeln schlug (vgl. TENBRUCK 1984, S.101ff). Dem Wissenschaftler oblag demnach die Pflicht, das Wahre, das Vernünftige zu suchen und von ihm zu künden: Wissenschaft als innerweltliche Religion und der Wissenschaftler als Priester der Vernunft. Aber mit dieser Erbschaft und der damit verbundenen Aufgabe handelte sich die Wissenschaft (Natur- wie Kulturwissenschaft) ein handfestes Problem ein, das zuvor als solches gar nicht sichtbar geworden war – nämlich das Problem der Gültigkeit ihrer Aussagen. [4]

Denn – so muss man die Sozialgeschichte der Wissenschaft weiterschreiben – die aufklärende (Sozial)Wissenschaft ging mit Instrumenten an ihr Werk, die auch vor der 'Religion' der Aufklärung nicht halt machten. Die wissenschaftliche Selbstreflexion, die Anwendung der (Sozial)Wissenschaft auf sich selbst (vor allem in Wissens- und Wissenschaftssoziologie) brachte die Vernünftigkeit der Vernunft gründlich in Verruf. Die neuen Priester erlebten und erleben den Gewissheitszerfall, der einst die alten Priester verunsicherte, nun am eigenen Leib (vgl. REICHERTZ 1986, S.304f.). [5]

Die in schwarzes, violettes oder weißes Tuch gekleideten Vorgänger der Wissenschaft besaßen allerdings (im Unterschied zu den Nachfolgern in Talar und neuerdings auch in Jeans) einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: befragt nach der Gültigkeit der von ihnen geäußerten Verkündigungen konnten sie sich nämlich auf einen respektablen Gewährsmann berufen – auf den Allwissenden und Allmächtigen. Denn – so das Argument der Religionsdiener – nicht die fehlbare menschliche Erkenntnistätigkeit sei der Ursprung ihres Wissens, sondern göttliche Offenbarung: sie seien nur die menschlichen 'Laut-Sprecher', Offenbarungs-Medien des unbewegten Bewegers, der alles sieht und alles versteht. Als 'Zeitloser' könne er alle Zeiten überblicken und als Baumeister alles Existierenden kenne er die 'Blaupausen' alles Existierenden. Deshalb habe allein ER exklusiven Zugang zu gültigem Wissen. [6]

Die Gültigkeit des Wissens ergab sich in dieser Argumentationsfigur aus seiner göttlichen Herkunft. Gott selbst verbürgte die Gültigkeit. Was der Allwissende über seine (Mensch-) Medien kundtat, musste allein schon deshalb valide sein, weil er allwissend war (auch wenn es gelegentlich menschlicher Erfahrung widersprach). Es ist natürlich ein kaum zu unterschätzender Vorteil, wenn eine Berufsgruppe auftreten und alle ihre Aussagen mit diesem Rahmen, dieser Aura versehen und somit alle Fragen nach der Gültigkeit seiner Aussagen zum Schweigen bringen kann. Und so stand die Erde für Jahrhunderte im Mittelpunkt des Kosmos, und sie bewegte sich nicht. [7]

Wir wissen, dass die europäische Aufklärung viele Gewissheiten erheblich ausgezehrt und auch Gott von seinem Thron gestürzt hat. Gottes Thron steht seit dieser Zeit leer (KOESTLER 1951) und die Berufung auf ihn und seine Offenbarungen sind obsolet geworden. Wissenschaftler, welche die Gültigkeit ihrer Aussagen mit dem Verweis auf den göttlichen Gewährsmann reklamieren, genießen in ihrer Berufsgruppe und auch in der Gesellschaft kein Ansehen mehr und (zumindest zur Zeit) hätten sie bei der Einwerbung von Drittmitteln bei wissenschaftlichen wie staatlichen Institutionen nur geringe Chancen. Ein derartiger Gültigkeitsaufweis wissenschaftlicher Argumentation scheint für große Teile unserer Gesellschaft nicht mehr akzeptabel zu sein. Statt dessen finden sich heute, verallgemeinert man sehr stark, im wesentlichen vier andere Methoden zur Fundierung von Validität: und zwar die Absicherung

Diese vier Verfahren, Gültigkeit zu fundieren oder genauer: zu reklamieren, sind Ergebnis der (Re-) Konstruktion von Idealtypen. Ist auf dieser Ebene der Idealtypen die Unterscheidung noch recht leicht, so fällt eine solche in konkreten Fällen erheblich schwerer, da oft die unterschiedlichsten Mischungen zu finden sind: manchmal berufen sich Rationalisten auf die Empirie, manche Empiriker greifen im entscheidenden Augenblick auf die persönliche Hellsichtigkeit zurück, und fast alle neigen dazu, sich an die jeweils als relevant erachteten Autoritäten anzuschließen. Dennoch kann man das jeweilige Hauptargument meist recht gut erkennen und damit auch das jeweilige Fundament der ins Spiel gebrachten Gültigkeitsfundierung. [9]

Die Methode der Absicherung der Aussagen-Gültigkeit mit dem Hinweis auf vergleichbare Aussagen anderer, relevant erachteter Autoritäten hat eine sehr lange Tradition, und sie kann ihre religiöse Abstammung nicht leugnen, fundiert sie doch die Gültigkeit einer Aussage mit der hervorgehobenen Position seines Aus- und Fürsprechers. Lange Zeit wurden Nachfragen nach der Gültigkeit von Aussagen mit dem Hinweis auf die Bücher von (meist griechischen) Autoritäten gemeistert, und so blieb Meister Lampe (dank ARISTOTELES) für viele ein Wiederkäuer. Diese Methode, Gültigkeit zu begründen, endete nicht mit dem Niedergang der Renaissance, sondern ist auch heute noch auf fast allen Ebenen wissenschaftlicher Auseinandersetzung anzutreffen. Hatte jedoch vor einigen Jahren noch HABERMAS das erste und letzte Wort, so ist es heute vornehmlich LUHMANN, dem diese zweifelhafte Ehre zukommt. [10]

Auch die zweite Methode, nämlich Gültigkeit aufgrund des regelgerechten Einsatzes von Vernunft für sich in Anspruch zu nehmen, ist religiöser Abstammung, auch wenn sie sich sehr viel mehr als legitimes Kind der klassischen europäischen Philosophie wähnt. Die platonische Konstruktion eines Chorismos, der Kluft zwischen einer zeitlosen geistigen Ideenwelt und einer sinnlich erfahrbaren geschichtlichen Faktenwelt, etablierte zugleich die Überzeugung, wahre Erkenntnis habe sich von der sinnlichen (menschlichen) Wahrnehmung zu lösen, und Gültiges sei nur in der geistigen Schau zu erlangen. Diese Art des Philosophierens war und ist durchgängig gekennzeichnet durch den Gebrauch der Vernunft oder (in einer anderen, modernerer Ausdrucksweise) des Verstandes. Implizite Prämisse dieses Arguments ist jedoch, dass der Gebrauch der Vernunft deshalb so sinnvoll ist, weil diese ein Geschenk Gottes ist. Nicht das Instrument, sondern seine göttliche Herkunft verbürgt letztlich seine Güte. Das göttliche Instrument, also die Vernunft, ist eine Gabe Gottes und der Gebrauch dieses Instruments ermöglicht es dem Menschen, die Welt zu erkennen, also gültig zu sagen, was in der Welt ist.1) [11]

Im Kern ebenfalls religiös ist die dritte Methode zur Fundierung von Gültigkeit – nämlich der Hinweis auf eine dem individuellen Wissenschaftler eigene, besondere und gesteigerte Hellsichtigkeit. Validität wird in diesem Falle an die Person des Wissenschaftlers gebunden bzw. an dessen außerordentliche intellektuelle Kompetenz. Diese wird dann oft als Kunstfertigkeit entworfen, die folgerichtig in der Tradition des Genieglaubens, also der Vorstellung vom kreativen, also Neues schaffenden Potential der Künstler steht. Dieses besondere künstlerische Vermögen, Neues zu erkennen und Neues zu bilden, ist (auch dann, wenn es an profane kognitive Fähigkeiten gebunden wird) letztlich eine 'Gabe Gottes'. [12]

Mit dem Aufkommen des Empirismus tauchte ein neues und sehr langlebiges Argument zur Begründung von Gültigkeit auf, das auf jede 'göttliche' Hilfe oder Unterstützung verzichtet – die Beobachtung. Sie gilt seitdem für viele als der beste und sicherste Weg zur Erlangung gültiger Aussagen. Vernunft ohne Sinnesdaten erscheint vielen Vertretern empirischer Forschung blind, nur die systematische Erkundung der inneren und äußeren Welt mit Hilfe menschlicher Sinne kann (so der Glaube) Licht ins Dunkel bringen. Allein auf sich selbst gestellt (da ja von einem höheren Wesen keine Aufklärung mehr erhofft werden kann), nutzen menschliche Forscher das, was der Gattung 'Mensch' an Wahrnehmungsmöglichkeiten gegeben ist. Zusätzlich verfeinern und erweitern sie ihre Sinne mit einer Vielzahl von Prothesen (Medien): manche dieser Medien erweiterten die Reichweite der Sinne, andere erhöhten deren Sensibilität, andere vergrößerten deren Speichervermögen und wieder andere verstärken deren Aufnahme- und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Diese systematische Ausdehnung des Sinnesapparates soll die Grenzen der beschränkten menschlicher Wahrnehmung überschreiten und auf diese Weise gültiges Wissen erzeugen. Das Standardargument aller empirischen Forscher lautet dabei in etwa so: wissenschaftliche Aussagen sind gültig, weil sie dem Beobachteten entsprechen – die Aussagen sind letztlich nichts anderes als verallgemeinerte Beobachtungen der Wirklichkeit. [13]

Schon sehr früh wurde diesem Anspruch (und dieser Hoffnung) widersprochen. So machte KANT auf die unhintergehbare Selektivität des menschlichen Erkenntnisapparates aufmerksam, MARX (und später MANNHEIM) zeigten dessen Bindung an die soziale Position und FREUD die an das individuelle Schicksal. Die massive Kritik an dem Induktionismus des Wiener Kreises erschütterte weiter die Gültigkeit empirischer Forschung, ein übriges leistete der Hinweis der Sprachphilosophie, dass es sich bei wissenschaftlichen Erkenntnissen allein um sprachliche Äußerungen handele und nicht um geronnene Beobachtungsdaten und dass beides kategorial voneinander zu trennen sei. Weder die Aussagenlogik noch der Aufbau einer 'idealen Sprache' (beides Versuche, die Empirie durch das Mittel der Vernunft zu ergänzen und zu verbessern) konnten jedoch die Gültigkeitslücke schließen. Statt dessen setzte man (PEIRCE wie POPPER – vgl. PEIRCE 1976, POPPER 1973 und 1974) auf eine empirisch fundierte Intuition bei der Entdeckung (logic of discovery) und eine streng empirisch-logisch vorgehende Rechtfertigung (logic of justification). Dieser 'Logik der Forschung' korrespondiert in etwa folgende entsprechende Erkenntnistheorie, die hier in den Terms von PEIRCE dargestellt wird, jedoch in den wesentlichen Punkten der Forschungslogik (!) mit dem Konzept POPPERs kompatibel ist. [14]

3. Empirische Forschung als Verbindung von Beobachtung, Intuition und Vernunft

Die gesellschaftlichen Ordnung (so die sozialwissenschaftliche Prämisse dieser Erkenntnistheorie), an der sich Menschen (oft, aber nicht immer) in ihrem Handeln orientieren bzw. an der sie sich ausrichten, wandelt sich permanent und ist zudem 'subkulturell fragmentiert'. Die Ordnung(en) besitzen deshalb immer nur einen lokalen Geltungsbereich und werden ständig und (seit dem Aufkommen der Moderne) immer schneller von eben den Menschen geändert, die ihr zuvor (in Maßen) noch folgten. Hinzu kommt, dass sowohl die Gestaltung als auch die Geltung dieser Ordnung an die Sinnzuschreibungen und Interpretationsleistungen der handelnden Subjekte gebunden sind. Sozialwissenschaftliche Handlungserklärungen zielen nun auf die Rekonstruktion der für die handelnden Subjekte relevanten Ordnung. Allerdings kann diese Ordnung nicht aus klassischen Großtheorien deduziert werden, da diese zum einen in der Regel nicht 'lokal' genug, zum anderen durch die Wirklichkeit bereits überholt sind. Weil dies so ist, müssen passende Hypothesen über die Beschaffenheit sozialer Ordnung stets auf's Neue von der Sozialwissenschaft generiert werden. [15]

Hypothesen über die Gestaltung gesellschaftlicher Ordnung lassen sich jedoch nicht aus empirischen Daten (z.B. Interaktionstranskriptionen, Memos, Interviews etc.) mittels Induktion reibungslos (z.B. durch Generalisierung) gewinnen. Daten enthalten nämlich 'nur' das Ergebnis einer 'Regelanwendung', also nie die Regel selbst. Die Regel oder auch der Typus lassen sich nur mit Hilfe von qualitativen Induktionen oder Abduktionen erschließen (Zur Erläuterung dieser Begriffe vgl. PEIRCE 1976 und REICHERTZ 1991). [16]

Unterschieden werden muss (folgt man dieser Unterscheidung) zudem zwischen Entdeckung von Hypothesen und deren Überprüfung. Nach dieser Forschungslogik verhilft die (vorprädikative) Abduktion in der ersten Phase der Entdeckung zu sprachlichen Hypothesen, die in der folgenden Phase der Überprüfung erst mittels vernünftiger Deduktion und dann mittels beobachtungsfundierter qualitativer sowie quantitativer Induktion getestet werden. Die Deduktion leitet mit Hilfe des Verstandes aus der Hypothese Folgen ab, deren empirische Triftigkeit mit Hilfe von systematischen Beobachtungen und Induktionen überprüft wird (vgl. z. B. PEIRCE 1976, REICHERTZ 1991, S.9-70; REICHERTZ & SCHRÖER 1994; SOEFFNER 1989, S.51-65). [17]

Doch auch diese dreistellige Forschungslogik wurde bald einer radikalen Kritik unterzogen. Hatte die klassische Wissenssoziologie die Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen noch allein mit dem Hinweis auf die soziale Situation und die Interessen der Wissenschaftler kritisiert (und daraus auch die Forderung abgeleitet, interesselos auf die Welt zu blicken), so machte die Weiterführung wissenssoziologischer Arbeiten klar, dass die Wissensproduktion für die Gesellschaft auch von der Gesellschaft organisiert ist, dass sich jede Gesellschaft gemeinsam und organisiert (abhängig von Gegebenheiten und Bedingungen) eine Wirklichkeit erarbeitet, somit also nicht beliebig konstruiert. [18]

Eine solche reflexiv gewordene Wissenssoziologie reserviert (ob sie nun möchte oder nicht) für eine (wie auch immer geartete) empirische Forschung nicht mehr einen exklusiven Zugang zu gültigen Aussagen, sondern zeigt deren nicht aufhebbare Perspektivität in jeder Beobachtung wie in jeder Äußerung. Denn für diese Wissenssoziologie gibt es keinen Durchblick auf die 'Wirklichkeit', sondern alles, was ihr gegeben ist und was sie untersuchen kann, ist gesellschaftlich erbautes, gesellschaftlich verteiltes, aber auch geteiltes Wissen. Auch wenn unterstellt wird, dass jenseits des gesellschaftlichen Wissens 'brute facts' existieren, so ist es dem Wissenschaftler nicht möglich, auf sie zuzugreifen. Seine Deutung der Welt arbeitet sich an gesellschaftlich erbauten Deutungen ab, an ihnen und vor allem: mit ihnen arbeitet er, um dann zu seiner Deutung zu gelangen2). [19]

4. Über die Notwendigkeit von Ungenauigkeiten

Eine reflexiv gewordene Wissenssoziologie ist ein gutes Gegengift gegen gedankenlosen Empirismus, theorieloses Forschen und Messinstrumentengläubigkeit. Sie ist jedoch keinesfalls ein Vorwand oder gar eine theoretische Begründung für methodische und methodologische Beliebigkeit. Die Einsicht in den Konstruktionscharakter wissenschaftlicher Erkenntnis hat nur, wenn man zu kurz schließt, eine postmoderne Wissenschaft zur Folge, in der statt des besseren Arguments (oft nur) die Pointe punktet. Die Einsicht in die Perspektivität von Erkenntnis stellt nicht die Selbstaufklärung still, sondern hebt sie auf eine neue Stufe. Denn es ist keineswegs gesagt, dass mit der Unhintergehbarkeit der Perspektivität von Erkenntnis der Weg für wohlformulierte Beliebigkeit eröffnet ist. Diesseits dieser fruchtlosen Alternative von 'Alles-oder-Nichts' erstreckt sich eine weite Region von Aussagen, die weder völlig gültig noch völlig ungültig sind, und die man durchaus als 'besser' oder 'schlechter' einordnen kann. Denn, wie GEERTZ bemerkt (vgl. GEERTZ 1987, S.42f), aus der Tatsache, dass man in Krankenhäusern keine völlig keimfreien Umgebungen herstellen kann, folgt gerade nicht, dass man Operationen genauso gut auch in Kloaken vornehmen kann. [20]

Mit Annäherungen (und deren weiterer Verbesserung) kann man nun in der Regel auch in der Wissenschaft besser leben, mit 'Ungenauigkeiten' kommt man schneller und weiter voran als mit absoluter Gewissheit. Wer vor dem ersten Schritt alles genau wissen will, wird bleiben, wo er ist. Deshalb sind Ungenauigkeiten nicht nur eine Not, sondern auch und vor allem eine Tugend. Zur Plausibilisierung dieser These Folgendes: [21]

Menschen neigen – formt man die Erkenntnis der philosophischen Anthropologie ein wenig um – stark zu qualitativen Induktionen. Sie deuten das Heute mit Konstruktionen vom typisierten Gestern3). Diese Typisierungen (oder auch: Konstruktionen) bilden das Gestern nicht einmal annähernd in seiner Komplexität ab, sie wollen es auch gar nicht, da sie notwendigerweise ungenau sein müssen. Sie sind keine Widerspiegelungen des Außen im Innen, sondern an bestimmten Relevanzkriterien orientierte simplifizierende Verdichtungen erlebter Wirklichkeit. Selbst wenn man nur sehr kleine Ausschnitte sozialen Handelns in all seinen Merkmalen und Verweisungen festhalten wollte, dann käme man doch nie an ein Ende und wäre letztendlich handlungsunfähig. Denn mit der Mannigfaltigkeit von Welt kommt man nur zurecht, indem und weil man sie reduziert. Ungenaue Typisierungen sind also nicht unbedingt Unwahrheiten oder Irrtümer, die einem das Leben leichter machen, sie sind statt dessen Notwendigkeiten, die das Leben überhaupt erst möglich machen. Aber dies gilt erst einmal nur für die alltägliche Lebenspraxis und nicht notwendigerweise für die Wissenschaft, die ja gerade deshalb vom aktuellen Handlungsdruck gesellschaftlich freigestellt wird, um das zu tun, was im Alltag nicht möglich ist, nämlich über die Geltung bewährter qualitativer Induktionen permanent nachzudenken. [22]

Um zu diskutieren, ob das Konzept von der Notwendigkeit von Ungenauigkeiten auch in der wissenschaftlichen Praxis relevant ist, möchte ich die oben beschriebene Form von Typisierungen (wenn auch mit Magenschmerzen) im folgenden (im Anschluss an SCHIMANK) 'Akteurfiktion' nennen4). Mit starker argumentativer Rückendeckung durch VAIHINGER (1924) charakterisiert SCHIMANK diese Akteurfiktionen als Als-ob-Unterstellungen. Jede dieser Typisierungen – so SCHIMANK weiter – "wird, gewissermaßen augenzwinkernd, so benutzt, als ob sie die soziale Wirklichkeit abbildet, obwohl jedem aus Erfahrung klar ist, dass jede soziale Situation einen weit darüber hinausreichenden Überschuss an Kontingenzen bereithält." (SCHIMANK 1988, S.634) [23]

Ein solches augenzwinkerndes Zugeständnis des Konstruktionscharakters eigener Weltdeutungen findet sich m.E. jedoch nur sehr selten in der wissenschaftlichen Praxis. Findet man in der Wissenschaft ein solches Augenzwinkern, dann jedoch nur bei älteren, meist emeritierten Vertretern ihres Faches. In der alltäglichen Lebenspraxis ist das kokette Zwinkern mit den Augen fast unbekannt: hier werden solche Akteurfiktionen bitter ernst gehandelt. Oft stellen sie den Glaubenskern bereit, der für Gruppenbildungen unabdingbar ist. Zudem liefern sie auch häufig die Rechtfertigung und manchmal auch den Anlass für kriegerische Auseinandersetzungen. Im wissenschaftlichen Alltag mag man sich vielleicht ein wenig leichter darüber verständigen können, dass alle Deutungen, also auch die eigenen, Akteurfiktionen sind und dass man sie nicht so ernst nehmen sollte, wie man sie nimmt, doch man muss die jeweiligen Akteurfiktionen ernstnehmen, will man weiterhandeln können. Schärfer: man darf sogar noch nicht einmal an ihnen ernsthaft zweifeln – entgegen besseren Wissens. Zweifelt man dennoch, wird zumindest das Handeln unterbrochen oder im schlimmsten Fall ist das 'Weiterhandeln-wie-zuvor' unmöglich geworden. [24]

Die Akteurfiktion, die in der Regel innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses unbefragt gilt, könnte man in etwa so skizzieren: Über die Wirklichkeit lassen sich Aussagen treffen. Diese Aussagen können miteinander verglichen werden, und einige Aussagen sind 'besser' als andere. Dieses 'besser' kann sich nun – je nach Position – auf Komplexität, Widerspruchsfreiheit, Wahrheitsnähe etc. beziehen. Als Favorit unter diesen Bezugspunkten hat sich (und das unterscheidet den Bereich 'Wissenschaft' von den Bereichen 'Wirtschaft' und 'Politik') trotz aller Relativierungen ganz hartnäckig die 'Wahrheitsnähe' gehalten. Lebt man nun nicht nur in und mit dieser Unterstellung, sondern wendet man sich ihr reflexiv zu und enttarnt sie als Fiktion, dann gehen die Maßstäbe für ein 'besser' verloren. Ohne einen solchen Maßstab enden wissenschaftliche Debatten über das bessere oder das schlechtere Argument sehr schnell. Und es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich die Folgen für die Forschung, das Schreiben von Forschungsanträgen und vor allem: deren Begutachtung vorzustellen. [25]

Eine gewisse 'ernsthafte Naivität' gegenüber dem eigenen Handeln ist also zumindest zu gewissen Zeiten unabdingbar, will man handlungsfähig bleiben. Solche Fiktionen sind nicht nur für das Handeln notwendig, sondern sie bilden zugleich die Bedingung der Möglichkeit von Aufklärung, über die nicht immer und nicht an jeder Stelle aufgeklärt werden darf – oder zumindest solange nicht, solange noch keine andere, unthematisierte Fiktion im Hintergrund wartet. An diesem Punkt erreicht das Postulat von der reflexiven Selbstaufklärung des Forschungshandelns ihr paradoxes Ende: denn treibt man die reflexive Aufklärung nur weit genug, erreicht man bald einen Punkt, von dem aus sich jede weitere Aufklärung verbietet – und zwar nicht aus (wie auch immer gearteten) ideologischen Gründen. Denn nur Akteurfiktionen, von denen man wider besseres Wissen dennoch überzeugt ist, eignen sich als Handlungsregulative, denen man sich stellen und an denen man sich im wahrsten Sinne des Wortes abarbeiten kann. Zu solchen Akteurfiktionen zählen auch die Überzeugungen, man könne durch 'gute' Forschung mehr Aufklärung erzielen als durch schlechte oder es gäbe bessere und schlechtere Methodologien. Ohne die tiefe Überzeugung, man könne durch 'gute' Forschung mehr Aufklärung erzielen als durch schlechte, dreht Forschung leer, fehlt doch jeder Bezugspunkt für die Beurteilung der Gültigkeit von Aussagen. [26]

Denn ohne die Überzeugung, dass eine Fiktion zur Erreichung bestimmter Ziele 'irgendwie' relevant ist, lässt sich nicht handeln, und ohne die stille und geheime, aber dennoch sehr wirksame Fiktion, dass es zumindest 'bessere' und 'schlechtere' Konstruktionen gibt, lässt sich auch heute nicht in der Wissenschaft leben5). Gelingt es nicht, mit einer für eine bestimmte Zeit nicht mehr zur Diskussion stehenden Fiktion alle übrigen zumindest ein wenig zu ordnen, dann verliert man sich buchstäblich im Gewirr der unüberschaubaren Anzahl möglicher Welten. [27]

5. Der erkenntnistheoretische 'Standort' der hermeneutischen Wissenssoziologie

Nach all diesen Reflektionen/Reflexionen lassen sich jetzt in einer äußerst kurzen Skizze die zentralen Linien des hier vertretenen Selbstverständnisses einzeichnen. Ein Wissenschaftler, welcher seine berufliche Praxis ernst nimmt, muss (auch wenn er wissenssoziologisch informiert ist) an folgenden Überzeugungen ernsthaft festhalten: [28]

Eine solche wissenssoziologische Sozialforschung ist (trotz einiger Berührungspunkte) weder mit der strukturalistisch argumentierenden 'objektiven Hermeneutik' noch mit der Systemtheorie in Einklang zu bringen. [36]

Die reflexive Wendung einer auf diese Weise verstandenen Wissenssoziologie hat für die (von ihr sich angesprochenen fühlenden) Wissenschaftler (also wissenschaftsintern) zweierlei Konsequenzen: zum einen Freisetzung, zum anderen Verunsicherung. Freisetzung deshalb, weil die Verabschiedung eines exklusiven Wegs zur Erkenntnis strukturell die Suche nach neuen Wegen und Prozeduren eröffnet und zugleich die Konzeptionierung neuer Methodologien ermöglicht. Mithin hob und hebt die reflexiv gewordene Wissenssoziologie die Wissenschaft als gesamtgesellschaftliches Unternehmen auf eine weitere Stufe der Differenzierung. Diese Freisetzung hatte im Windschatten (ebenfalls wissenschaftsintern) zugleich aber auch eine tiefgreifende Verunsicherung zur Folge: gemessen an dem Stand wissenssoziologisch informierter (Selbst-) Reflexion lassen sich nämlich keine verbindlichen Standards für die Erlangung von Validität mehr angeben: Denn jede Forschungsarbeit muss in dieser Perspektive mit der (weder zu leugnenden noch zu beseitigenden) Tatsache leben, selektiv und damit nur gezogen auf eine Perspektive gültig zu sein. Diese Verunsicherung findet auf Forscherseite ihren Ausdruck in der sprunghaften Zunahme von 'Anything-goes-Forschung' und der deutlichen Bevorzugung der spritzigen Formulierung vor dem guten Argument. [37]

Wissenschaftsextern hat die reflexiv gewordene Wissenssoziologie mit ihrer Erkenntnis wissenschaftlicher Perspektivengebundenheit, die im übrigens meistens nur in Form eines kruden Wissenspluralismus ("Jede Erkenntnis ist gleich gut, deshalb auch beliebig!") wahrgenommen wurde, ebenfalls eine tiefe Verunsicherung ausgelöst – mit dem paradoxen Ergebnis einer verstärkten Nachfrage von Gültigkeit und dem Verlangen nach Forschungsevaluation. [38]

In dieser Situation stellt sich die Frage, wie einerseits wissenschaftsintern mit der Unsicherheit wissenschaftlicher Erkenntnis umgegangen wird (z.B. mit Hilfe von Methodendebatten) und wie andererseits extern die Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen gerechtfertigt werden kann. [39]

6. Rechtfertigungsmuster, die von Wissenssoziologen benutzt werden

Reflexive Wissenssoziologen sind mit dem Dilemma, sehr genau um die eigene Perspektivengebundenheit zu wissen und gleichzeitig dem Gültigkeitsanspruch nicht abschwören zu wollen bzw. zu können, in unterschiedlicher Weise umgegangen. Grob lassen sich drei Großstrategien unterscheiden, von denen die zweite Strategie drei weitere Fallgruppen aufweist:

Die erste Großstrategie steht in der Tradition des Arguments, bestimmten Wissenschaftlern sei eine persönliche und außerordentliche Hellsichtigkeit zu eigen. Die Strategie besteht darin, dass (auch dann, wenn Daten analysiert werden) der entscheidende Erkenntnissprung, die Abduktion beispielsweise, nicht als Ergebnis von Arbeitsprozessen betrachtet wird, sondern als genialischer Akt, der nur der jeweiligen Person möglich war. Hier liefert also ein (reklamiertes und oft auch inszeniertes) Charisma die Fundierung von Gültigkeit. Zugespitzt: Selbst-Charismatiker nenne ich solche Wissenschaftler, die zwar vorgeben, mit Daten zu arbeiten, ihre Forschungsergebnisse jedoch nicht mehr an eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit binden, sondern an eine persönliche, meist exklusive Gabe. [41]

Die zweite Großstrategie versucht ihre Ergebnisse mit Hilfe von spezifischen Verfahren zu legitimieren. Es ist nicht mehr die Person des Forscher, die aufgrund eines 'göttlichen' Geschenks die Gültigkeit verbürgt, sondern es sind die wissenschaftlich etablierten Methoden, die Gültigkeit hervorbringen und garantieren. Gefragt nach der Basis von Validität, wird als Antwort ein spezifisches Verfahren genannt. Allerdings finden sich innerhalb dieser Großstrategie die drei folgenden Varianten:

Die Methode der phänomenologischen Reduktion (auch Epoché genannt) möchte zu den 'Sachen' selbst dadurch, dass man bei der Welterkenntnis die eigenen Vorstellungen von Welt von allen sozialen Einkleidungen befreit und zugleich alle Vorstellungen von Welt ihrer historischen Deutung entledigt. Ziel ist, den 'sozialen Schleier' wegzuziehen, in der Hoffnung, auf diese Weise der Dinge selbst ansichtig zu werden. Dieses Verfahren ist insbesondere von den Vordenkern der Wissenssoziologie sehr stark favorisiert worden. Eine Auseinandersetzung mit diesem Verfahren hat in den letzten Jahren zu der Erkenntnis geführt, dass man so nicht bei den Sachen selbst, sondern vor allem und einzig 'in der Sprache landet', dass man also die Perspektivität keineswegs verliert. [43]

Die zweite Unterstrategie, die ich hier 'Methoden-Triangulation' nennen möchte, versucht die Erkenntnis von der wissenschaftlichen Perspektivität produktiv zu nutzen, indem sie als Gütegarant eine als positiv deklarierte Multi-Perspektivität anstrebt. Qualitative Verfahren werden mit quantitativen ergänzt, die Feldstudie mit Interviews und Fragebogen, die Interaktionsanalyse mit Experiment und Beobachtung. Die Grundidee (bzw. die zugrundegelegte Metapher) dieser Strategie ist der Geometrie entlehnt: um einen nicht erreichbaren Punkt (Erkenntnis) zu bestimmen, peile ich diesen Punkt von zwei (oder mehr) bekannten Perspektiven (Methoden) aus an, bestimme das Verhältnis der bekannten Perspektiven zueinander und deren 'Winkel' zum angepeilten Punkt, und kann dann mit Hilfe trigonometrischer Berechnungen den unbekannten Punkt bestimmen. Bei der Methoden-Triangulation geht es also nicht darum, die Perspektivität zu leugnen, sondern sie zum Programm zu erheben. Dennoch sind auch hier die 'realistischen' Hoffnungen nicht zu überhören: unzweifelhaft ist nämlich diesen Forschern der Glaube zueigen, dass auf diese Weise nicht nur andere Ergebnisse erzielt werden, sondern dass diese Art der Welterkundung besser und die so gewonnenen Aussagen valide sind. [44]

Diese letzten 'realistischen' Hoffnungen sollen vor allem mit Hilfe der dritten Unterstrategie getilgt werden – der Rechtfertigung der Gültigkeit von Aussagen aufgrund 'datengestützter Perspektivendekonstruktion'. Damit ist nicht nur, aber insbesondere die Sequenzanalyse angesprochen. Allerdings muss hier auf die methodologische Rechtfertigung geachtet werden. Favorisiert man z.B. innerhalb der Objektiven Hermeneutik die Sequenzanalyse vor allem deshalb, weil sie sich vermeintlich den Sachen selbst anschmiegt (vgl. OEVERMANN et al. 1979), dann zeigt sich darin eine recht beachtliche realistische Sicht von Wissenschaft. Eine reflexive Wissenssoziologie verwendet die Sequenzanalyse jedoch gerade nicht in der Hoffnung, so dem Gegenstand nahe zu kommen, weil die Sequenzanalyse den realen Prozess der Interaktion nachzeichnet. Das wäre ein grobes realistisches Missverständnis. Die Sequenzanalyse wird dagegen von Wissenssoziologen deshalb besonders gerne angewendet, weil sie ein ausgesprochen unpraktisches Verfahren ist. Die strikte Durchführung einer Sequenzanalyse (also der extensiven hermeneutischen Auslegung Daten in ihrer Sequentialität) kostet nicht nur immens viel Zeit, sondern sie zerstört im Prozess der systematischen und gesteigerten Sinnauslegung alle Selbstverständlichkeiten der eigenen Perspektivik und der eigenen Sprache. Strikte Sequenzanalysen führen dazu, dass alle geltenden oder für uns gültigen Vorurteile, Urteile, Meinungen und Ansichten in der Regel schnell zusammenbrechen. Die Sequenzanalyse dient also gerade nicht dazu, sich an den Gegenstand anzuschmiegen, sondern Sequenzanalyse ist nur ein Verfahren zur Zerstörung unserer gesamten sozialen Vorurteile – auch wenn dies nicht immer gelingt. Ist die Perspektivik mittels Sequenzanalyse einmal zerstört, entwirft der Forscher abduktiv Aussagen zu dem untersuchten Gegenstandsbereich. [45]

Soweit erst einmal die zweite Großstrategie der Begründung von Gültigkeit über Verfahren. Die Betrachtung der drei Unterstrategien hat gezeigt, dass die jeweils zum Einsatz gebrachten Methoden sehr unterschiedliche realistische Einfärbungen aufweisen. Aus meiner Sicht ist vor allem eine richtig verstandene Sequenzanalyse eine besonders gut geeignete Methode 'datengestützter Perspektivendekonstruktion' und damit für Wissenssoziologen interessant. [46]

Die dritte Großstrategie nun, die Gültigkeit von Aussagen zu fundieren, besteht darin, die Perspektivenvielfalt der Berufsgruppe zu nutzen – also auf den innerwissenschaftlichen Diskurs zu setzen. Man rechtfertigt dann das, was man als gültige Erkenntnis vorstellt, nicht mehr damit, dass auf Verfahren oder die eigene Hellsichtigkeit verweist, sondern man tritt bescheiden zurück und sagt: "Ich habe meine Erkenntnisse in den wissenschaftlichen Diskurs eingespeist. Dort wurden sie durch die Mühlen der kontroversen Debatte gedreht. Zwar weiß man nicht genau, welche Mühlen dort mahlen oder welche Körner zerkleinert werden, aber die Erkenntnis X ist dabei rausgekommen, und weil sie den Diskurs überstanden hat und übrig geblieben ist, muss sie auch gültig sein." Hier zeigt sich natürlich das in diesem Ansatz eingelassene Vertrauen auf die soziale Kraft einer Professionsgruppe und in die in ihr eingelassene Perspektivenvielfalt. Die Macht, Gültigkeit zu verleihen, wird auf diese Weise nicht mehr an eine objektivierbare, kontrollierbare und intersubjektiv nachvollziehbare Prozedur (also an etwas nicht-subjektives) gebunden, sondern ausdrücklich dem Diskurs interessierter Wissenschaftler (und damit einem sozialen Prozess) überantwortet. [47]

Alle drei hier besprochenen Großstrategien (Begründung durch Charisma, Verfahren oder Diskurs) versuchen mit dem Problem umzugehen, dass eine über sich selbst aufgeklärte Wissenssoziologie nicht mehr problemlos von der Gültigkeit ihrer Aussagen sprechen kann, insbesondere dann nicht, wenn sie für die Gesellschaft Planungswissen zur Verfügung stellen will bzw. soll. [48]

Es wäre nun müßig, unter Wissenssoziologen (erneut) die Frage ernsthaft zu diskutieren, ob die o. a. Verfahren 'wirklich' in der Lage sind, unsere Perspektivität oder die Grenzen dieser Perspektivität zu beseitigen: Denn es kann keinen Zweifel daran geben, dass sie dazu nicht in der Lage sind. Keines dieser Verfahren vermag es, den Schleier von den 'Sachen selbst' wegzuziehen, also einen Zugang zur Wirklichkeit zu ermöglichen – einen Zugang zudem, der allen anderen, wenn sie gewissenhaft der angegebenen Prozedur folgten, ebenfalls möglich ist8). [49]

Gibt man nun aber die Utopie einer wissenschaftlichen Aufklärung bis zur letzten Konsequenz auf und akzeptiert, dass mit einem gewissen Maß an Vagheit (auch als Wissenschaftler) durchaus gut zu leben ist, dann dreht die Methodologiedebatte nicht mehr (ohne vorwärts zu kommen) durch, sondern kann durchaus gute von weniger guten Argumenten unterscheiden. Denn es gibt nicht nur die Alternative zwischen der absoluten Aufklärung auf der einen und der Blindheit auf der anderen Seite, sondern man kann auch, wenn man nicht alles sehr klar sieht, mit entsprechenden Vorkehrungen immer noch ganz gut seinen Weg finden. [50]

Die entscheidende Frage, die wir uns stellen müssen, lautet deshalb, wie aus wissenssoziologischer Perspektive explizite Qualitätskriterien für die Zuverlässigkeit der Datenerhebung, für die Repräsentativität der Datenauswahl und für die Gültigkeit der (generalisierten) Aussagen bestimmt und kanonisiert werden können, die jedoch nicht an den (zurecht fragwürdigen) Idealen einer kontextfreien Sozialforschung orientiert sind, sondern z. B. auch das Wechselspiel von Forschern und Beforschten, Forschung und gesellschaftlicher Verwertung bzw. Anerkennung und auch die Besonderheiten der 'social world' (STRAUSS 1991b) der Wissenschaftler mit reflektiert. [51]

Eingedenk der Erkenntnisskepsis eines Radikalen Konstruktivismus oder einer LUHMANNschen Systemtheorie (aber auch angesichts einer verkürzten Wissenssoziologie) kann man angesichts dieser Aufgabenstellung mit großem Pessimismus reagieren, eine Pessimismus, der sich erheblich verstärkt, wenn man sich die herrschende Praxis qualitativer Forschungsarbeit oder genauer: deren Beschreibung in Forschungsberichten ansieht9). Verschafft man sich einmal nämlich einen etwas gründlicheren Überblick über die vielen Research-Reports qualitativer Forschung, dann ist die Anything-goes-Forschung längst Alltag qualitativen Arbeitens geworden: Daten werden oft zufällig eingesammelt, deren Besonderheit weder diskutiert noch berücksichtigt, Auswertungsverfahren werden oft ohne Rücksicht auf Gegenstand und Daten fast beliebig ausgewählt und aufgrund der Spezifik der Forschungssituation vor Ort reflexionsfrei modifiziert, Einzelfälle werden nicht selten ohne Angabe von Gründen zu 'Typen' stilisiert und immer wieder wird allzu leicht die Erörterung von Geltungskriterien für eine schillernde und kurzweilige Formulierung hingegeben. [52]

7. Die Logik der Erlangung symbolischen Kapitals

Dass die Lage so ist, wie sie ist, hat nur zum Teil etwas damit zu tun, dass der kämpferische Aufbruchsdrang der Qualitativen (und damit der Rechtfertigungszwang über bessere Methoden) angesichts ihres (scheinbaren, weil zu schnellen) Erfolgs erheblich nachgelassen hat: heute ist nicht ein Zu-wenig qualitativer Sozialforschung zu verzeichnen, sondern eher ein Zu-viel (des Unreflektierten) – es gibt nur noch sehr wenige Wirklichkeitsbereiche (so z.B. Militär, Geheimdienste, Politik, Gewerkschaften), die noch nicht von (leider oft recht dilettantischen) qualitativen Untersuchungen überzogen wurden. Aber diese Allgegenwart der qualitativen Forschung spricht nur auf den ersten Blick für deren Erfolg. Auch die landesweite Normalität qualitativer Methodenunterweisung innerhalb der sozialwissenschaftlichen Hochschulausbildung ist hierfür kein Indiz, sondern möglicherweise ein Ursache für die Schwäche qualitativer Arbeiten. Denn die sprunghafte und sehr schnelle Ausweitung der Methodenausbildung (noch vor der Entwicklung und Kanonisierung von Geltungskriterien) produziert nicht nur mehr gute Arbeiten, sondern naturgemäß noch mehr schlechte. Zudem findet allzu oft qualitative Forschung nur auf der Ebene selbstfinanzierter Qualifikationsarbeiten innerhalb der Hochschulen statt. Hat sie sich jedoch den Ansprüchen von (wissenschaftlichen, politischen, privatwirtschaftlichen) Förderinstitutionen und deren Standards zu stellen, dann sind qualitative Forschungsanträge deutlich weniger erfolgreich – und das zunehmend. [53]

Dass Methoden- und Methodologiedebatten heute im wissenschaftlichen Diskurs über die Güte qualitativer Verfahren eher selten anzutreffen sind, ist (so eine weitere Behauptung) jedoch nicht nur auf deren 'Erfolg' zurückzuführen, eine andere Ursache ist darin zu sehen, dass solche Debatten spröde und sperrig, dass sie wenig unterhaltend sind und nur wenige Interessierte finden – alles Kategorien, die darauf hinweisen, dass solche Debatten einen geringen Erlebniswert besitzen. Innerwissenschaftliche Hermetik, Askese und Exklusivität sind immer weniger Orientierungsstandards wissenschaftlichen Arbeitens und Darstellens, sondern zunehmend (und völlig zurecht) wenden sich Wissenschaftler der Gesellschaft zu, für die und in deren Auftrag sie arbeiten. Zur Plausibilisierung dieser These ein kurzer Exkurs – erneut aus großer Distanz. [54]

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben stets produziert, seien es Texte oder die darin eingelassenen Arbeitsergebnisse. Sie haben auch stets ihre Produkte in eine Ökonomie eingeführt, ohne Zweifel auch mit der Absicht, Gewinne zu erzielen. Häufig waren die Gewinne symbolischer Art, die sich oft auch ökonomisch auswirkten (vgl. BOURDIEU 1997), z. B. durch die vermehrte Einwerbung von Forschungsmitteln. Die symbolische Ökonomie war dabei (fast ausschließlich) von den Fachkollegen geregelt und gewährleistet. Insofern war der Ansprechkreis klassischer Wissenschaft klein, exklusiv und extrem hermetisch. Innerhalb dieser überschaubaren Diskursgemeinschaft fungierte die Debatte als 'Diskurspolizei' (FOUCAULT 1977), die dafür sorgte, dass die jeweils geteilten Standards weitgehend eingehalten wurden. Als dort gehandelte Währungen galten Explikation, Reflexion und differenzierende Abwägung. [55]

Zunehmend bewegt sich die Wissenschaft auf eine andere Ökonomie zu – eine neue Ökonomie mit neuen Währungen. Auf den Märkten, die Wissenschaftler bislang bedienten, waren fast ausschließlich nur Fachkollegen anzutreffen. Nur selten wurde auch einmal für mitlesende Gebildete mitproduziert, aber nie wurde vor allem für diese Zielgruppe Texte geschrieben. In den sechziger Jahren öffneten (wissenschaftshistorisch gesehen) Verlage wie Fischer, Rowohlt, und Suhrkamp den Markt für die mitlesenden Gebildeten, also die intellektuellen Zaungäste, weil die Verlage zum einen wegen einer neuen Drucktechnik die Einzelbücher preiswerter anbieten konnten und weil zum zweiten vor allem solche Autoren publiziert wurden, deren Schreibstil auch für größere Lesergruppen 'verträglich' war. [56]

Damit stellte sich für die Wissenschaftler, die sich der kulturindustriellen Produktion von Büchern nicht verweigern wollten, eine ganz neue Herausforderung: sie mussten Schriften produzieren, die nicht nur für die Fachkollegen, sondern auch für ein mitlesendes, auf den Zäunen sitzendes Publikum (und damit auch für den Verlag) interessant waren. Anfangs existierte sicherlich nur ein kleines Publikum für wissenschaftliche Literatur, mittlerweile hat es sich jedoch enorm vergrößert – Texte von HABERMAS, LUHMANN, BECK, BOURDIEU, GIDDENS etc. werden nicht nur von Kollegen, Studierenden und Intellektuellen gekauft, sondern eignen sich durchaus auch als (den Schenker edelnden) Präsente zu jedem Anlass und finden sich deshalb (gelesen wie ungelesen) in einer Vielzahl von Bücherregalen und haben den Autoren neben dem symbolischen auch nicht geringen ökonomischen Gewinn eingebracht. Vor allem diese Öffentlichkeit der nicht-wissenschaftlichen Mitlesenden interessiert sich deutlich weniger für Nuancen und langatmige Legitimationen, für die sterile Debatte um das 'Wie' der Forschung, sondern sehr viel mehr für das 'Was', für das (möglichst spektakuläre) Resultat wissenschaftlicher Forschung. [57]

Dass Methoden- und Methodologiedebatten keine Konjunktur haben, ist aber auch durch die Besonderheit eines weiteren Marktes bestimmt, der für Sozialwissenschaftler aller Couleur von großer Bedeutung geworden ist – der Markt der Massenmedien (im engeren Sinne des Wortes). Gemeint sind damit hier zum einen die Zeitschriften ('Spiegel', ''Focus' etc.), zum zweiten die Vielzahl der Radiostationen, die sich Aktuelles gerne von wissenschaftlichen Experten kommentieren lassen, und zum dritten natürlich das Fernsehen mit seiner Vielzahl von Talk-Shows und Expertenrunden. [58]

Nach einem (nicht mehr auf seinen Autor zurückzuführenden) Bonmot bedeutet (auch für Wissenschaftler) heute 'Sein' vor allem 'In-den-Medien-Sein'. Nur auf den ersten Blick ist dieses Wort übertrieben oder gar bösartig, denn der gesellschaftlich getragene Wechsel der Leitmediums, nämlich die (von den meisten Intellektuellen beklagte) Ablösung des Buches durch das Fernsehen, hat schon längst stattgefunden. War es früher entscheidend, in dem Leitmedium 'Buch' seine Ansichten zu publizieren, so wird die Bedeutung von Wissenschaftlern zunehmend durch Medienpräsenz hergestellt und gefestigt. Und da das neue Leitmedium sehr stark dem Bild und weniger dem Wort verpflichtet ist, resultieren daraus vollkommen andere Darstellungslogiken – was manche Wissenschaftler auch dazu bewegt, sich dem Fernsehauftritt und der damit einhergehenden Dramatisierungsnotwendigkeit und dem kurzatmigen 'Fast-Thinking' grundsätzlich zu verweigern (vgl. BOURDIEU 1998)10). In Spiegel-Interviews und Fernsehgesprächen langweilt nur das 'Gerede' von der Begründung wissenschaftlicher Erkenntnis und der Gültigkeit von Methoden. Ernsthafte Geltungsbegründungen werden bei Medienauftritten weder abverlangt noch honoriert. Und wer den Fehler begeht, ungefragt solche zu äußern, wird in Zukunft nicht mehr gefragt. [59]

Aber nicht nur die Medien interessieren sich für schnelle, kurze, neue Deutungen dieser Welt. Selbst auf innerwissenschaftlichen Fachtagungen haben Methodendebatten an Bedeutung verloren (um es einmal vorsichtig zu sagen). Beiträge über methodische Probleme werden selten nachgefragt, wohl auch, weil immer weniger Fachkollegen dazu neigen, nach den Methoden zu fragen – lösen sie doch damit möglicherweise eine dieser wenig gewinnbringenden und schon so oft erlebten Schulendiskussionen aus. Legten noch vor etwa einem Jahrzehnt Forscher schwer lesbare Transkriptionen vor, und zwangen sie die Zuhörer dazu, ihrer Interpretation Schritt für Schritt zu folgen, so löst ein solches Unterfangen mittlerweile Desinteresse bis Flucht aus. Honoriert werden zunehmend exotische Themen, verblüffende Erkenntnisse und ein auch ästhetisch ansprechender Stil. Honoriert werden also weniger die Vorträge, welche eine Askese des aufmerksamen Zuhörens erforderlich machen, sondern solche, welche es ermöglichen, den Ausführungen gerne zu folgen – und auf dieser Hitliste stehen die Geltungsdebatten ganz weit unten. [60]

8. Die Logik der Einwerbung ökonomischen Kapitals

Last but not least haben sich alle Forscher (so sie denn forschen wollen) auf dem freien Markt der Wissenschaftsfinanzierung zu bewerben – und der wird zunehmend enger. Einer der Hauptgründe hierfür ist, dass die staatliche Finanzierung inneruniversitärer Forschung (Grundausstattung der Hochschullehrerstellen, laufende Mittel für Forschung) seit etwa zwei Jahrzehnten auf etwa gleichem Level stagniert, und mancherorts gekürzt oder ganz gestrichen wird, während seit den 70er Jahren ein stetiger Zuwachs des Drittmittelvolumens zu verzeichnen ist (ausführlich hierzu HORNBOSTEL 1997, S.215ff). Drastisch verschärft wird diese Situation noch dadurch, dass die inneruniversitäre Mittelverteilung sich in Zukunft unter anderem auch nach der Höhe der eingeworbenen Drittmittel richten wird und die Berufungszusagen in der Regel nur noch fünf Jahre gelten. [61]

All dies führt zu einer erheblich verstärkten Konkurrenz der einzelnen Wissenschaftler untereinander: wer kein Geld aus Drittmitteln einwirbt, erhält weniger Mittel aus dem Hochschulhaushalt, kann also auch weniger Forschung betreiben. Diese Entwicklung rechtfertigt z.B. für SCHIMANK die Befürchtung, dass innerhalb der Universität gänzlich ohne Drittmittel kaum noch geforscht werden kann (vgl. SCHIMANK 1992, S.33). [62]

Die Zangenbewegung staatlicher Forschungspolitik (Geld kürzen bei gleichzeitiger Erhöhung der Attraktivität, Geld von außen einzuwerben) erhöht den Druck, Forschungsanträge zu schreiben und sie zur Begutachtung an wissenschaftliche, politische, privatwirtschaftliche Geldgeber einzureichen, enorm. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die VW-Stiftung, Landes- und Bundesministerien, Parteistiftungen, Arbeitgebervereinigungen, Gewerkschaften und viele andere Sponsoren wissenschaftlicher Forschungsarbeit sehen sich seit Jahren mit einer größer werdenden Zahl von Anträgen auf Vergabe von Sachmitteln konfrontiert, und dies bei gleichbleibenden Budget bzw. oft auch geringerem, was zur Folge hat, dass bei der DFG Ablehnungsquoten von 60% und bei der VW-Stiftung von 50% erreicht werden. [63]

Auch, aber nicht allein wegen dieses verschärften Wettbewerbs um ökonomisches Forschungskapital geht die Frage nach den Beurteilungskriterien wissenschaftlicher Forschung in eine neue Runde. Die Forderung nach Qualitätskontrolle macht vor den Mauern der Alma Mater nicht mehr halt (weshalb sollte sie auch?), es wird nach Möglichkeiten der Leistungskontrolle gefragt, nach einer nachvollziehbaren Forschungsevaluation, nach der Prüfung des Verhältnisses von Aufwand und Ergebnis – kurz: für die Finanzierung des Fragwürdigen, Unplausiblen, Wenig-Überzeugenden, des Allzu-Neuen bleibt kein Geld mehr. Die Nischen, in denen Modelle und Experimente ihr (wenn auch kärgliches) Leben fristen konnten, schließen sich zunehmend. [64]

Es ist zu befürchten, dass für eine langfristige und personalintensive Grundlagenforschung wenig Mittel verbleiben werden – sowohl in der Theoriebildung als auch in der Methodenentwicklung. Statt dessen werden Forschungsvorhaben mittleren oder kleineren Zuschnitts und geringen Personalaufwands (z.B. eine BAT IIa/halbe Stelle für zwei Jahre) vorne liegen. Verbessern kann man Förderungschancen, wenn eine aktuelle und gesellschaftlich relevante Fragestellung bearbeitet wird und wenn keine Methoden entwickelt, sondern diese lediglich angewendet werden. Innerhalb dieser Entscheidungslogik macht es durchaus Sinn, dass bei knapper werdenden Ressourcen, die eingesetzten Mittel zur Erforschung lebenspraktischer Probleme und für die Ermittlung von Entscheidungsgrundlagen für deren 'Lösung' (Planungswissen) eingesetzt werden. [65]

Und alle eingereichten Anträge, und dies ist hier von Interesse, werden danach geprüft werden, ob die geplanten Verfahren versprechen, valide Ergebnisse zu produzieren. Es ist deshalb keineswegs ein Zeichen von Ignoranz oder Geringschätzung gegenüber qualitativer Forschung, wenn Gutachter auch bei 'qualitativen' Projekten nach der Zuverlässigkeit und der Repräsentativität der Datenerhebung und der Gültigkeit der Datenauswertung fragen. Im Gegenteil: sie tun nicht nur ihre Pflicht gegenüber den Geldgebern, sondern sie garantieren mit einer solchen Prüfung auch die Standards wissenschaftlicher Forschung – und sichern damit auch deren Glaubwürdigkeit. Allerdings – und das ist der entscheidende Punkt – sind die Verfahren, mit denen in der quantitativen bzw. qualitativen Forschung die Güte gesichert werden soll, recht unterschiedlich (was manche Gutachter vielleicht noch zu wenig zur Kenntnis genommen haben). [66]

Und es gibt keinen Grund zu vermuten, dass die Verfahren der Gütesicherung bei den 'Qualitativen' weniger 'hart' seien als bei den 'Quantitativen' (wenn auch die ersten wegen der etwas jüngeren Forschungstradition gewiss noch mehr Reflexions- und Verbesserungsbedarf haben) – vorausgesetzt, man berücksichtigt bei der Anlage des Forschungsdesigns die Fragen der Gütesicherung (was vielleicht manche Qualitative noch nicht ernsthaft genug tun). Und immer eingedenk des Sachverhaltes, dass die beiden Großforschungsstrategien (die sich im übrigen keineswegs ausschließen, sondern im Gegenteil: sie ergänzen einander gut) sich auf andere Gegenstandsbereiche und Fragestellungen beziehen. Schon allein deshalb, also weil strukturell verschiedene Gegenstände untersucht werden und weil der Anspruch der Ansätze sich so stark unterscheidet, können naturgemäß die Methoden der Gütesicherung bei qualitativer und quantitativer Forschung nicht identisch sein. [67]

Will man die Güte qualitativer Forschung im wissenschaftlichen Diskurs (aber vor allem auch im Diskurs mit potentiellen Bewertern) verteidigungsfähig machen, dann gelingt dies heute keinesfalls mehr durch die Berufung auf die Autorität verstorbener Säulenheiliger der Wissenschaft, auch nicht durch den empiriefreien Einsatz wissenschaftlicher Vernunft und ebenfalls nicht durch die Unterstellung persönlicher Hellsichtigkeit. Statt dessen lässt sich die Güte von Aussagen nur über empirische Forschung rechtfertigen und deren Güte wiederum über spezifische (nach Gesellschaft, Zeit, und Fachgebiet variierende) Standards der Qualitätssicherung. Letztere werden sich jedoch dabei (zumindest im westlichen Wissenschaftsprogramm) auf die Fragen der Zuverlässigkeit und der Repräsentativität der Datenerhebung und auf die Gültigkeit der Generalisierung beziehen müssen – will man in dem Wettbewerb um ökonomisches Forschungskapital im Spiel bleiben. [68]

Kann bei der Bewältigung dieser nicht einfachen Aufgabe die qualitative Forschung (im allgemeinen) unter Zugrundelegung eines (unreflektierten) Realismus solche Verfahren favorisieren, die versprechen, näher an der 'Wirklichkeit' zu sein, so kann dieses Kriterium innerhalb einer reflexiven Wissenssoziologie so nicht gelten – hat sie sich doch von der Möglichkeit der 'Wirklichkeitsansicht' verabschiedet, allerdings verbunden mit der Hoffnung, empirische Forschung und wissenschaftlicher Diskurs produzierten, wenn schon keine guten, dann jedoch bessere Einsichten. Wissenssoziologie kann deshalb letztlich nur auf die systematische und organisierte Produktion von Zweifeln (in jeder Phase des Forschungsprozesses) und die dadurch erreichte Fehlerausmerzung vertrauen und hat darin ihren Sinn und Wert. [69]

Für diesen Zweck hat sich die wissenssoziologische Forschung (trotz der nicht allzu weit zurückreichenden Forschungstradition) durchaus sinnvolle und auch 'harte' Gütekriterien erarbeitet. So sichert z.B. die Bevorzugung 'natürlicher' Daten, also solcher Daten, die nicht erzeugt wurden, um von Wissenschaftlern untersucht zu werden, und deren Erhebung und Fixierung mit Medien, die möglichst viel von der Qualität der Daten und der ihnen inhärenten Zeitstruktur konservieren, die Zuverlässigkeit der Datenerhebung (REICHERTZ 1991, S.141ff). Und deren inhaltliche Repräsentativität wird durch das 'Theoretical sampling' (STRAUSS 1991a, STRAUSS & CORBIN 1996) gewährleistet, also ein Verfahren, das theoriegeleitet solange Daten innerhalb des Untersuchungsfeldes sucht, bis alle relevanten Variablen erfasst sind. [70]

Die Gültigkeit von Generalisierungen resultiert dabei einerseits aus der Überprüfung der aus den Daten (mittels Abduktion oder qualitativer Induktion) gewonnenen Hypothesen am weiteren Datenbestand mittels Sequenzanalyse (OEVERMANN et al. 1979, SOEFFNER 1989, REICHERTZ 1991). Einmal gefundene Lesarten werden dabei anhand des Datenmaterials sequenzanalytisch auf Stimmigkeit überprüft, was bedeutet, dass die jeweilige Lesart als zu testende Hypothese gilt. Findet sich im weiteren Datenmaterial eine Lesart, die mit der zu testenden Hypothese nicht vereinbar ist, gilt diese als widerlegt, finden sich jedoch nur 'passende' Lesarten, dann gilt die zu testende Hypothese als vorläufig verifiziert (Validierung am Text). [71]

Neben dieser Validierung am Text stellt sich die Güte von Generalisierungen andererseits dadurch her, dass weitere Validierungen (a) durch Kontrollinterpretationen anderer Mitglieder der Forschergruppe und (b) den wissenschaftlichen Diskurs (auf Tagungen) herbeigeführt wird (Validierung durch Diskurs). Hierbei geht es um die systematische Kontrolle durch die Perspektivenvielfalt und zugleich um deren Einbeziehung. [72]

Absolute Gewissheit über die Validität von Generalisierungen ist jedoch auch so nicht zu erreichen. 'Wahrheit' im strengen Sinne des Wortes findet sich auf diese Weise nicht. Was man allein auf diesem Wege erhält, ist eine intersubjektiv aufgebaute und geteilte 'Wahrheit' – und das ist schon sehr viel, weil man mit solchen 'intersubjektiven Gewissheiten' weiterhandeln kann. [73]

Eine qualitativ verfahrende Datenanalyse, deren Validität sowohl durch den Datenbezug als auch durch konkurrierende Lesartenkonstruktionen und den wissenschaftlichen Diskurs gesichert werden soll, hat notwendigerweise zur Voraussetzung, dass mehrere ausgebildete Wissenschaftler das Material unabhängig voneinander interpretieren und auch immer wieder ihre Ergebnisse einer wissenschaftlichen Kritik aussetzen. Die Sicherung der wissenschaftlichen Ressourcen, um eine solche Überprüfung von Lesarten, Hypothesen und theoretischen Verallgemeinerungen vorzunehmen, trägt dabei nicht unwesentlich zur Erhaltung selbstverständlicher Standards, wissenschaftlicher Anforderungen an die Validität von Untersuchungen bei – was bedeutet, dass die qualitative Forschung nicht weiter auf den Schultern von Einzelkämpfern ruhen darf, sondern die kooperative und konkurrierende Teamarbeit muss selbstverständlicher Standard werden. [74]

Nur wenn die Standards wissenschaftlicher Güteprüfung in der qualitativen Forschung fest etabliert und auch weiter ausdifferenziert werden, hat dieses Forschungsprogramm unter den aktuellen Bedingungen eine Chance, auf dem Markt zu bleiben und dort zu bestehen. Gelingt eine solche Ausarbeitung, Abwägung und Kanonisierung der Standards in absehbarer nicht, dann werden qualitative Studien zwar in den Medien ein gewisses Echo finden, aber ansonsten werden sie eine gute Chance haben, bedeutungslos zu werden: der qualitativ ausgebildete Nachwuchs wird schwerer in einen Beruf finden, qualitative Projekte werden minimal oder gar nicht mehr finanziert werden – was schlussendlich zur Marginalisierung dieser Forschungstradition führen wird. [75]

Qualitative und insbesondere wissenssoziologisch informierte Sozialforschung wird nur dann überleben können, wenn es ihr gelingt, mit guten Gründen die bereits vorhandene Grundlagentheorie, Methodologie und Methode weiter auszubuchstabieren. Sie wird dabei nicht daran vorbei kommen, sich eindringlicher als bisher mit Fragen der Gütesicherung der Forschungsarbeit auseinanderzusetzen – allerdings immer eingedenk der wissenssoziologischen Einsicht, dass alle Arten von Gütekriterien Ergebnis gesellschaftlicher Konstruktionsprozesse sind. [76]

Anmerkungen

x) Danken möchte ich Christian LÜDERS. Unsere Diskussionen zu den Problemen der Forschungspraxis der Qualitativen waren ausgesprochen anregend und haben manches meiner Argumente geschärft (siehe hierzu auch LÜDERS 2000). <zurück>

1) Eine andere Begründung der Leistungsfähigkeit menschlicher Vernunft findet sich z.B. im objektiven Idealismus der Evolutionären Erkenntnistheorie, aber auch bei PEIRCE (vgl. PEIRCE 1976). Vernunft ist demnach selbst unter den Bedingungen der Evolution gewachsen, was sie dazu befähigt, das für das Überleben der Gattung 'Mensch' Notwendige gültig zu erkennen. <zurück>

2) Noch sehr viel entschiedener als die reflexiv gewordene Wissenssoziologie argumentiert der Radikale Konstruktivismus (MATURANA & VARELA 1991, SCHMIDT 1987, zur Kritik siehe FISCHER 1995) und auch die von ihm inspirierte neuere Systemtheorie (LUHMANN 1995). Demnach ist es nämlich nicht die Perspektivität des Menschen, die ihn daran hindert, die Welt zu erkennen, sondern (nach dem Glauben dieser Erkenntnistheorie) existiert eine prinzipielle Erkenntnisschranke zwischen Gehirn und Umwelt. Die reale Existenz dieser Erkenntnisschranke könne nicht geleugnet werden, auch sei es nicht möglich, sie auf irgendeine Weise zu überschreiten. Was Forscher bei ihren Bemühungen allein erhielten, seien Konstruktionen des Gehirns, modelliert und konstruiert alleine vom Gehirn und mit den Mitteln des Gehirns. Umweltkontakt finde nicht statt, zumindest kein qualitativer, weshalb über die Qualität der Wirklichkeit sich nichts Gültiges sagen läßt. <zurück>

3) Das kann in dieser harten Form nur die Hälfte der 'Wahrheit' sein. Denn folgerten die Menschen nur qualitativ induktiv, dann wären sie nicht in der Lage, sich immer wieder auf neue Umwelten einzustellen. Es muss neben dem Hang zur Habitualisierung auch etwas geben, das dem Menschen signalisiert, dass bewährte Typenzuordnungen in bestimmten Situationen außer Kraft gesetzt werden müssen, um anderen (abduktiv erlangten) neuen Typenkonstruktionen Platz zu machen. Nach PLESSNER ist der Schmerz ein solches Auge des Geistes. <zurück>

4) Unbehaglich ist mir dieser Begriff, weil (a) 'Akteur' zu sehr auf eine Systemtheorie verweist und (b) 'Fiktion' suggeriert, es gebe etwas Nicht-Fiktives. Lieber spräche ich von 'Subjektkonstruktionen' oder 'subjektiven Typisierungen'. Doch diese Begriffe sind teils zweideutig, teils unhandlich. <zurück>

5) SOKRATES wusste, dass er nichts weiß. Hätte er aber auch dieses Wissen als Fiktion enttarnen können, dann hätte er möglicherweise statt des Schierlingbechers ein Glas Champagner zur Hand genommen und auf das Wohl der Welt getrunken. In der Neuzeit sorgt vor allem eine protestantisch geprägte Wissenschaftsethik dafür, dass die einzelnen Wissenschaftler das tun, was sie glauben tun zu müssen, nämlich trotz der Unhintergehbarkeit von Akteurfiktionen weiter zu suchen. <zurück>

6) Vgl. zu dieser Unterscheidung auch GEERTZ 1987, S.23. Im übrigen ist die Grenzziehung der Begriffe im Deutschen willkürlich, da sich beide Worte von 'fingere' = 'bilden', 'dichten', 'vorstellen', 'entwerfen' herleiten. <zurück>

7) Mit dieser Differenz arbeiten im übrigen selbst die radikalsten Konstruktivisten und die liberalsten Ästheten – solange sie beanspruchen, Wissenschaft zu betreiben. <zurück>

8) Die Frage nach einem unverschleierten Zugang zur Wirklichkeit ist im übrigen wenig sinnvoll. Denn selbst wenn eines der Verfahren in der Lage wäre, den Schleier vollkommen wegzuziehen, dann würden wir es höchstwahrscheinlich nicht einmal bemerken, da wir nicht in der Lage wären, die richtige Erkenntnis von den anderen zu unterscheiden. Um eine solche Unterscheidung vornehmen zu können, hätten wir ja schon vorher einen exklusiven Zugang zur Wirklichkeit gehabt haben müssen, um feststellen zu können, dass der letzte Versuch ein 'Treffer' war. Pointiert: selbst wenn wir die Wirklichkeit wirklich sähen, wir würden es nicht 'erkennen' können. <zurück>

9) Es ist sicherlich ein grober Kategorienfehler, die Darstellung einer Praxis mit deren Vollzug zu verwechseln. Deshalb sagen die ex-post-Beschreibungen der Forschungspraxis noch recht wenig. Wenn in einem Bericht zu lesen ist, man habe sich bei der Datenauswertung der Sequenzanalyse bedient, dann sagt dies noch gar nichts darüber aus, wie lange man auf welche Weise mit welchen Interpreten welche Daten ausgedeutet hat. Hier täte eine empirische Untersuchung der qualitativen Forschungsarbeit not. Doch bislang gibt es noch nicht einmal erste Ansätze für eine solche Aufklärung der eigenen Forschungspraxis. <zurück>

10) Deutlich der Tradition der ADORNOschen Kritik an der Kulturindustrie verpflichtet, begründet OEVERMANN seinen prinzipiellen Vorbehalt gegen die Fernsehpräsenz von Wissenschaftlern nicht nur mit der Bildgeneigtheit dieses Mediums, sondern vor allem mit dessen Hang zur Selbstinszenierung – einer Inszenierung, die nicht subversiv unterlaufen und für andere Zwecke instrumentalisiert werden kann: "Man kann nicht die Selbst-Inszenierungs-Logik [des Fernsehens – J.R.] überlisten. Sobald man im Fernsehen auftritt, ist man Teil von ihr geworden" (OEVERMANN 1995, S.35). <zurück>

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Zum Autor

Zur Person: Jahrgang 1949, Studium der Germanistik, Mathematik, Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Promotion zur Entwicklung der 'Objektiven Hermeneutik'. Habilitation mit einer soziologischen Feldstudie zur Arbeit der Kriminalpolizei. Seit 1993 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Essen – zuständig für die Bereiche 'Strategische Kommunikation', 'Qualitative Methoden', 'Kommunikation in Institutionen', und 'Neue Medien'.

Arbeitsschwerpunkte: qualitative Sozialforschung, wissenssoziologische Text- und Bildhermeneutik, Kultursoziologie, Religionssoziologie, Medienanalyse, Mediennutzung, empirische Polizeiforschung, Werbe- und Unternehmenskommunikation.

Wichtige Publikationen:

Jo Reichertz (Hrsg.) (1984). Sozialwissenschaftliche Analysen jugendgerichtlicher Interaktion. Tübingen: Gunter Narr Verlag.

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Jo Reichertz & Thomas Unterberg (Hrsg.) (1998). Tele-Kulturen. Fernsehen und Gesellschaft. Berlin: Triad.

Jo Reichertz (Hrsg.) (1998). Die Wirklichkeit des Rechts. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Ronald Hitzler, Jo Reichertz & Norbert Schröer (Hrsg.) (1999). Hermeneutische Wissenssoziologie. Standpunkte einer Verstehenden Soziologie. Konstanz: Universitäts Verlag Konstanz.

Anne Honer, Ronald Kurt & Jo Reichertz (Hrsg.) (1999). Diesseits-Religion. Konstanz: Universitäts Verlag Konstanz.

Jo Reichertz (2000, i.Dr.). "Alles wird gut!" Die Frohe Botschaft des Fernsehens. Konstanz: Universitäts Verlag Konstanz.

Kontakt:

Prof. Dr. Johannes Reichertz

Universität Essen
FB 3 – Kommunikationswissenschaft
D – 45117 Essen

Tel.: +49 / 0201 / 183 – 2810 oder 2808
Fax: +49 / 0201 / 183 – 2808

E-Mail: Jo.Reichertz@uni-essen.de
URL: http://www.uni-essen.de/kowi/

Zitation

Reichertz, Jo (2000). Zur Gültigkeit von Qualitativer Sozialforschung [76 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(2), Art. 32, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0002324.

Revised 7/2008

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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