Volume 11, No. 3, Art. 23 – September 2010
Steuergruppen von Schulnetzwerken: Gestaltungsmöglichkeiten durch Distinktionen in Erweiterungsprozessen
Tanja Sturm
Zusammenfassung: Netzwerke, in denen Personen kooperieren, um im Schulsystem nachhaltige Schul- und Professionalitätsentwicklung zu initiieren und zu etablieren, werden seit Ende der 1990er Jahre zunehmend aufgebaut. Netzwerke sind meist interessiert, sich auszuweiten, um möglichst viele Lehrende in Innovationen einzubeziehen. Steuergruppen stellen das operative Zentrum von Netzwerken dar. Sie übernehmen die Koordination und Organisation der Schulentwicklungsinitiativen eines Netzwerks und dienen als solche u.a. als Schnittstelle zwischen den bereits kooperierenden und potenziell neuen Mitgliedern. Bislang gibt es jedoch kaum Erkenntnisse darüber, wie die Steuergruppenmitglieder diesen Vermittlungsprozess gestalten und woran sie sich dabei orientieren.
In diesem Beitrag soll an diesem Forschungsdesiderat angesetzt werden, indem die von Steuergruppenmitgliedern formulierten Zugangsmöglichkeiten zum Netzwerk untersucht werden, die im Rahmen einer qualitativ angelegten Studie mithilfe problemzentrierter Interviews erhoben wurden. Die Befragungen wurden im Winter 2007/8 im Rahmen der österreichischen Regionalen Netzwerke, einer von vier Maßnahmen eines landesweiten Projekts zur Stärkung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts, durchgeführt.
Drei unterschiedlich ausgestaltete Vermittlungsprozesse, die sich im Spannungsfeld von Sach- und Schulstrukturorientierung einerseits und den Vorstellungen zu inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Unterschieden innerhalb des Netzwerks andererseits bewegen, konnten aus den Interviews generiert werden. Die drei rekonstruierten Typen von Zugangsmöglichkeiten – sachlich-homogen, sachlich-heterogen und bürokratisch-homogen – die durch sogenannte Distinktionen, d.h. habituell vorgenommene Bewertungsformen, realisiert werden, werden anhand von Fallbeispielen illustriert und miteinander kontrastiert. Auf der Grundlage der Ergebnisse werden (Forschungs-) Perspektiven für den Einsatz des Entwicklungsansatzes der Schulnetzwerke formuliert.
Keywords: Netzwerke; Schulentwicklung; Distinktionsprozesse; Professionalisierung; Steuergruppen; problemzentriertes Interview; dokumentarische Methode; Typenbildung
Inhaltsverzeichnis
1. Netzwerkbildung als Maßnahme schulischer Entwicklung
2. Habitus und Distinktionen
3. Rekonstruktive Typenbildung: methodologisch-methodischer Rahmen und Sampling
4. Typen des Zugangs zu Regionalen Netzwerken
5. Fazit: Distinktionsprozesse im Rahmen der Vermittlung zwischen Netzwerk und neuen Mitgliedern
1. Netzwerkbildung als Maßnahme schulischer Entwicklung
Derzeit stattfindende gesellschaftliche Umbrüche, die sich in Form einer zunehmenden marktwirtschaftlichen Orientierung aller Lebensbereiche zeigen, verändern die Gesellschaft ebenso nachhaltig wie grundlegend (vgl. BRAUN & WETZEL 2006). Diese Entwicklung hat Folgen für Erziehungs- und Bildungsprozesse sowie für die Institutionen, in denen sich diese vollziehen, z.B. für Schulen. Die zunehmende Ökonomisierung zeigt sich auf der Handlungsebene in verschärften Widersprüchen des "strukturellen Zielkonflikts" (RIHM 2006, S.401). Letzterer besteht in der gleichzeitigen Anforderung, widersprechenden Erwartungen, wie beispielsweise von Qualifikation – für den Arbeitsmarkt – und Bildung der/des Einzelnen durch die Schule zu entsprechen (vgl. RIHM 2006, S.402). [1]
Schule als Institution ist vor diesem Hintergrund herausgefordert, sich neu zu organisieren und zu strukturieren, um den an sie gestellten Anforderungen unter den gegebenen kulturell-historischen Bedingungen gerecht zu werden. Dies ist notwendig, um Schule im Kontext des sich verschärfenden Spannungsverhältnisses zwischen ökonomischen und erziehungswissenschaftlich bzw. bildungstheoretisch begründeten Zielen handelnd und in "relativer Autonomie" (PRIM 1998, S.245) gestalten zu können (vgl. RIHM 2006). Neben Veränderungen der unterrichtlichen Inhalte werden vonseiten der Bildungspolitik und der schulischen Administration neue Formen der Entscheidungsfindung und -steuerung von Schulen bzw. innerhalb des Bildungssystems erwartet und etabliert. Der Aufbau von Netzwerken – Kooperationen zwischen Akteurinnen und Akteuren zu einem Problemzusammenhang – stellt eine solche neue Steuerungsstruktur zur Unterstützung von Schulentwicklungsprozessen im Bildungssystem dar. Als Steuerungsform und somit als Schulentwicklungsmaßnahme sollen Netzwerke gleichermaßen die Schwächen der Steuerung durch Marktmechanismen und die Schwächen durch formale Organisationen ausgleichen (vgl. BERKEMEYER, KUPER, MANITIUS & MÜTHING 2009a, S.7). Sie sollen folglich einen Gegenpol sowohl zu den bestehenden Ökonomisierungs- als auch zu den Bürokratiestrategien bilden, indem Elemente beider Modi kombiniert werden (vgl. BERKEMEYER et al. 2009b), d.h., sie knüpfen an marktwirtschaftliche Entscheidungsstrukturen an. Gleichzeitig sollen sie sich von diesen, bei denen Innovation und Leistung zum Preis des Risikos opportunistischen Handelns im Zentrum stehen, durch Eindämmung von Konkurrenz und Förderung von Kooperationen unterscheiden (vgl. BERKEMEYER et al. 2009a, S.7). [2]
Als neue Struktur im Bildungssystem bestehen Netzwerke somit quer zu den bisherigen bürokratischen Entscheidungsformen (z.B. Schulaufsicht) sowie den sich etablierenden Marktmechanismen. Sie lösen bestehende Steuerungsformen nicht ab, sondern ergänzen diese und sind überwiegend regional organisiert. Netzwerke unterscheiden sich von Entscheidungsstrukturen wie denen des schuladministrativen Bereichs, die auf formalisiertem Weg Entwicklungen evozieren. Stärker als in Letzteren werden in Netzwerken Entscheidungen sachorientiert, d.h. an konkreten Problemstellungen, begründet (vgl. EMMERICH & MAAG MERKI 2009, S.13). Im Bildungsbereich zeichnen sich Netzwerke aufgrund schwächerer Bindungsformen gegenüber formalisiert-bürokratischen Entscheidungsstrukturen durch weniger Integrationskraft aus. Letztere wird durch die Trägheit der Institutionen selbst "erkauft". Die so entstehenden schwächeren Bindungsformen sowie gemeinsame Interessen und punktueller Leistungsaustausch machen den Charakter von Netzwerken aus. Dadurch lassen sie sich von formalisierten Organisationen abgrenzen, die auf generalisierter Leistungsmotivation und Mitgliedschaft basieren (vgl. BERKEMEYER et al. 2009a, S.7). Die gleichzeitige Abgrenzung gegenüber rein marktwirtschaftlichen und rein bürokratischen Entscheidungsstrukturen soll dadurch gelingen, dass die Konkurrenz der Akteure/Akteurinnen ihrer Kooperation untergeordnet wird. Das ist jedoch nur so lange möglich, wie die Interessen des Netzwerks die einzelner Beteiligter nicht gefährden, d.h. so lange ihre Ziele miteinander zu vereinbaren sind (a.a.O.). [3]
Erst durch eine inhaltliche Ausrichtung im Bereich der Schul-, Unterrichts- und Professionsentwicklung erhalten Netzwerke im Bildungssystem den Charakter einer konkreten Schulentwicklungsmaßnahme. Netzwerke werden überwiegend dort eingesetzt, wo ein hohes Maß an Autonomie bei der Ausführung von Tätigkeiten besteht. Ein solch geringes Maß an Abstimmung ist beispielsweise im didaktisch-methodischen Bereich und bei der Unterrichtsgestaltung gegeben (vgl. BERKEMEYER et al. 2009a). [4]
Unklar ist derzeit, ob Netzwerke die vonseiten unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche (z.B. der Bildungspolitik) an sie gerichteten schulischen und unterrichtlichen Entwicklungserwartungen auch einlösen können. Offen ist, ob und wie es ihnen gelingt, die jeweiligen Stärken und Schwächen von Ökonomisierungs- und Bürokratieprinzipien miteinander zu verknüpfen und konstruktiv zu nutzen bzw. auszugleichen. Der vorliegende Beitrag setzt noch davor an, indem die Vorstellungen und Konzepte von Steuergruppenmitgliedern zur Integration neuer Mitglieder in ein solches Netzwerk in den Blick genommen werden. Der Fokus der Untersuchung liegt somit auf Situationen, in denen die Sachorientierung bzw. das Problemverständnis der potenziellen neuen Mitglieder zur Disposition stehen. Die Entscheidung darüber, wer sich wie am Netzwerk beteiligen kann, soll und darf, berührt die Vorstellung der Ziele und des Selbstverständnisses, die mit dem Netzwerk und seiner Zukunft in Verbindung stehen. Das stellt somit einen begrenzenden oder selektiven Möglichkeitsrahmen dar. [5]
Die Steuergruppen stellen das operative und koordinierende Zentrum von Bildungs- oder Schulnetzwerken dar. Sie übernehmen die Funktion, Interaktionen und Ereignisse konkret intendierter Schulentwicklung mehr als nur punktuell zu beeinflussen bzw. zu steuern (vgl. SYDOW & WINDELER 2000, S.3). Ihre Mitglieder nehmen dadurch eine Schlüsselposition bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Netzwerken ein, da sie bestimmte konkrete Vorstellungen über die mittels des Netzwerks zu realisierenden Inhalte und Ziele vertreten. Sie fungieren als intermediäre Akteure/Akteurinnen zwischen potenziellen neuen Mitgliedern und den bereits im Netzwerk kooperierenden Personen. Beim Zugang neuer Mitglieder zu den bereits vernetzten wird die Vermittlungsposition der Steuergruppenmitglieder aufgrund der Entscheidung über Inklusion bzw. Exklusion besonders deutlich (vgl. HOLLSTEIN 2007, S.57). Unklar ist derzeit, welche Konzepte, Vorstellungen und Bezugspunkte in Zugangssituationen relevant werden und woran sich die Steuergruppenmitglieder bei ihren Überlegungen orientieren. [6]
Erste Hinweise darauf liefern SYDOW und WINDELER (2000). Mit ihnen kann davon ausgegangen werden, dass die Steuergruppenmitglieder vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen, Erwartungen und Persönlichkeiten Entscheidungen über neue Mitglieder treffen (S.5). Da Netzwerke im Gegensatz zu den bürokratischen Strukturen stärker personen- und sachbezogen sind, kommt den Vorstellungen, Ideen und Einstellungen der Personen, die entscheiden, eine erhebliche Bedeutung zu. Die jeweiligen Präferenzen korrespondieren, so wird hier angenommen, mit dem professionellen Handlungsfeld, in dem sie erworben wurden und eine entsprechende Bedeutung haben. Beispielsweise fungiert Leistung nicht in allen Typen des Schulsystems in gleicher Weise als Distinktionskriterium des eigenen Selbstverständnisses (vgl. KRAMER & HELSPER 2010, S.116). Diese Unterschiede zwischen den professionellen Tätigkeitsbereichen finden ihren Ausdruck in den Einstellungsmustern oder dem Habitus der Beteiligten. Die in unterschiedlichen Feldern generierten Muster professionell Handelnder werden auch bei den Überlegungen zum Netzwerk herangezogen. Der Zugang neuer Mitglieder ist ein sensibles Moment für den Konstitutionsprozess des Netzwerks (vgl. BERKEMEYER et al. 2009a, S.7). Der Vermittlungsprozess zwischen Steuergruppe(-nmitgliedern) und potenziellen Neuzugängen ist mithin ein einflussreiches Moment, nicht nur für die personelle, sondern auch für die damit verbundene inhaltliche Konzeption des Netzwerks. [7]
Es gibt kaum systematisches und wissenschaftlich fundiertes Wissen darüber, wie diese Vermittlung stattfindet. Auch ist ungeklärt, welche Bedeutung der inhaltlichen Zielsetzung des Netzwerks hierbei zukommt. Anzunehmen ist, dass der Vermittlungsprozess im Spannungsfeld von Sachorientierung, also dem jeweiligen Problem- und Aufgabenverständnis und schulbürokratischen Strukturen stattfindet – den zwei widersprüchlichen Bezugspunkten für Entscheidungen in Netzwerken. Diese Forschungslücke der Gestaltung von Netzwerken im Schulbereich wird aufgegriffen, indem Folgendes gefragt wird: Wie wird die Vermittlung zwischen Steuergruppenmitgliedern als Vertreter/innen des Netzwerks und neuen Mitgliedern konzipiert? Und: Welche Bedeutung nehmen hierbei inhaltliche und schulstrukturelle Vorstellungen ein? [8]
Der Beitrag gliedert sich folgendermaßen: Im Anschluss an diesen Problemaufriss wird der theoretische Rahmen der Studie dargestellt. Die Theorie des Habitus von BOURDIEU (1982) wird hierfür aufgrund ihrer Erklärungskraft unbewusster Einstellungs-, Wahrnehmungs- und Handlungsmustern herangezogen. Sie wird dahin gehend betrachtet, welche Möglichkeiten sie für die Analyse der Einstellungen der Steuergruppenmitglieder in Prozessen des Zugangs neuer Mitglieder zum Netzwerk eröffnet. Dem distinktiven Prinzip des Habitus kommt dabei wegen seines bewertenden Moments von Unterschieden eine besondere Bedeutung zu (Abschnitt 2). Anschließend wird das mittels der dokumentarischen Methode (vgl. BOHNSACK 2008) realisierte methodische Vorgehen, das im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie mit Steuergruppenmitgliedern der Regionalen Netzwerke in Österreich (vgl. STURM 2009) verwirklicht wurde, skizziert (Abschnitt 3). Die drei aus dem Datenmaterial rekonstruierten Typen werden anhand von Textausschnitten illustriert, vorgestellt und miteinander verglichen (Abschnitt 4). Der Beitrag schließt mit einem Fazit zur Bedeutung von Distinktionsprozessen bei der Vermittlung zwischen neuen Personen und dem Netzwerk und zeigt (Forschungs-) Perspektiven für die Schulentwicklungsstrategie auf (Abschnitt 5). [9]
Die Überlegungen SYDOWs und WINDELERs (2000) verweisen darauf, dass Steuergruppenmitglieder vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen (professionellen) Erfahrungen, Handlungsmuster und Interessen agieren. Die Interessen der Steuergruppenmitglieder sind somit als anschlussfähig an das Prinzip der Problem- oder Sachorientierung von Bildungsnetzwerken zu betrachten. Das Problem bzw. ein Gegenstandsbereich, der den Kern des gemeinsamen Interesses darstellt, wird von Personen bzw. Personengruppen konstruiert und wahrgenommen. Dieses Verständnis lässt sich besonders gut theoretisch-begrifflich mit den Konzeptionen von Habitus und Feld von BOURDIEU (1982, 1987) fassen. Zentrale Prinzipien des Habitus stellen demnach das Setzen und Bewerten von Differenzen dar. Derartige Distinktionen werden im Rahmen des hier dargestellten Forschungsprojekts bezogen auf die Ziele, die von den jeweiligen Beteiligten mit ihrem Regionalen Netzwerk verbunden werden, gesehen. Als solche stellen sie ein Werkzeug für die Interpretation und Analyse der Konzepte des Neuzugangs von Netzwerkmitgliedern der interviewten Steuergruppenmitglieder dar. [10]
Der Habitus ist mit BOURDIEU (1982) als ein System dauerhafter Dispositionen und Schemata zu verstehen. Er zeichnet sich als allgemeine Grundhaltung des Menschen gegenüber der Welt aus. Somit stellt er eine Art Muster dar, mit dem die soziale Welt von Akteuren/Akteurinnen wahrgenommen und bewertet wird, und liegt gleichzeitig ihren Handlungen zugrunde (vgl. BOURDIEU 1987, S.100ff.). Der Habitus ist im Vollzug alltäglicher Handlungen vorreflexiv – trotz der Möglichkeit, ihn zu reflektieren – und ist Erzeugungsgrundlage von Praktiken. BOURDIEU bezeichnet dieses Praktiken generierende Prinzip als modus operandi (1993, S.106). Gleichzeitig erfüllt der Habitus die Funktion des opus operatum, d.h. er ist Erzeugungsformel für die Reproduktion wesentlicher Aspekte der Praxis (S.28). Diese Dialektik zeichnet den Habitus aus. [11]
Der Habituserwerb kann als kontinuierliche Differenzierung und Entfaltung von Ein- und Vorstellungen, Handlungs- und Wahrnehmungsmustern verstanden werden. Dieser Prozess findet im Kontext eines Milieus statt, das seinerseits mit bestimmten Ressourcen, bei BOURDIEU (1992) Kapitalien genannt, ausgestattet ist. Der Habitus ist auf das Engste mit dem Feld verknüpft, in dem er entstanden ist, und er sucht sich seinerseits Felder, die seinen Gewohnheiten entsprechen. Dies beschreibt das Passungsverhältnis zwischen Habitus und Feld. Es funktioniert weder bewusst noch durch rationale Entscheidungen der Beteiligten, sondern durch eine Art "Gespür" bzw. Instinkt. Mit anderen Worten, der Habitus ist an bestimmte Ziele angepasst, diese sind jedoch nicht notwendig subjektiv auf einen Zweck ausgerichtet. Die Akteure/Akteurinnen verhalten sich nach Regeln, die ihnen nicht bewusst sind, und entsprechend brauchen sie sich nicht um deren Einhaltung zu bemühen, solange sie im entsprechenden Feld agieren (vgl. KOLLER 2009, S.23). In arbeitsteilig organisierten Gesellschaften wie der österreichischen differenziert sich der primär erworbene Habitus durch berufliche bzw. professionelle Sozialisationsprozesse im Rahmen der sogenannten sekundären Sozialisation. Der sekundäre Habitus kann jedoch nicht losgelöst vom primär erworbenen betrachtet werden, nicht zuletzt deswegen, weil die Berufswahl selbst habituell begründet ist. Der Habitus führt nicht determinierend zu Handlungen. Vielmehr stellt er Variationen von Möglichkeiten dar, die habituell erworben wurden. Distinktionen zu setzen, bedeutet gleichzeitig, jene Menschen zu vereinen, die über ähnliche Vorstellungen und Einstellungen verfügen und jene zu trennen, die sich unterscheiden. Erstere wurden unter ähnlichen Bedingungen primär bzw. sekundär sozialisiert (vgl. BOURDIEU 1982, S.104). [12]
Unterscheidungen bzw. Distinktionen vorzunehmen, stellt eine der zentralen Leistungen des Habitus dar. Das Setzen von Differenzen und deren Bewertung kann als sein grundlegendes Prinzip betrachtet werden. Bewertungen nehmen Akteure/Akteurinnen im Wesentlichen aufgrund ihrer Einstellungen vor. Diese gehen ihrerseits auf bewertende Unterscheidungsprozesse zurück. Im Habitus spiegeln sich die hierarchischen Differenzierungen kultureller Bedürfnisse und Fähigkeiten wider, die mit dem sozialen Feld verbunden sind, in dem sie erworben wurden (vgl. BOURDIEU 1982). [13]
Die Situation des Zugangs von Personen zu Netzwerken stellt ein Moment dar, in dem Distinktionen angewendet werden. Die wertende Betrachtung von Differenzen bezüglich der Einstellungen und Vorstellungen zum jeweiligen Sachgegenstand und Interessenzentrum des Netzwerks wird von jenen Personen vorgenommen, die als Aufnehmende fungieren, hier den Steuergruppenmitgliedern. Die intermediäre Position der Steuergruppenmitglieder stellt sie vor die Aufgabe, über die Aufnahme potenziell neuer Mitglieder in das Netzwerk zu entscheiden. Es ist anzunehmen, dass sich die hierbei herangezogenen Distinktionskriterien zwischen den Polen eines durch Vorgaben klar geregelten Zugangs einerseits und sachlichen Vorstellungen andererseits bewegen. Bürokratisch aufgebaute Organisationen haben klar geregelte Zugänge, die durch (Bildungs-) Zertifikate abgesichert sind. Ihnen gegenüber stehen Vorstellungen zur Sache, die sich am Inhalt oder am Gegenstand (hier z.B. didaktisch-methodischen Vorstellungen zur Unterrichtsgestaltung) orientieren. Distinktionen werden, so die leitende Annahme, von Steuergruppenmitgliedern bei Begründungen des Ein- oder Ausschlusses weiterer Personen herangezogen. Sie stellen in dem hier beschriebenen Forschungsprozess das Analyseinstrument dar, mit dessen Hilfe die vermittelnde Position der Steuergruppenmitglieder und die damit verbundene Gestaltung des Netzwerks rekonstruiert werden soll. [14]
Netzwerkbildungen sind im deutschen Sprachraum ein relativ junger Ansatz zur Entwicklung von Schule, Unterricht und Professionalität. Dennoch hat sich daraus in kurzer Zeit eine große Zahl von Reforminitiativen entwickelt. Eine systematische Einordnung nach Art, Umfang und Erfolg der bis dato initiierten und etablierten Netzwerke steht jedoch noch aus (vgl. BERKEMEYER et al. 2009a, S.8). Um die Regionalen Netzwerke Österreichs, in deren Kontext die nachfolgend dargestellte Untersuchung angelegt ist, näher einordnen zu können, wird auf einen Systematisierungsvorschlag aus dem angloamerikanischen Sprachraum zurückgegriffen. Netzwerke sind in den USA als zentrale Maßnahme schulischer Entwicklung etwa zwanzig Jahre länger etabliert als im deutschsprachigen Raum (a.a.O.). [15]
SMITH und WOHLSTETTER (2001) liefern einen solchen Vorschlag. In ihrer Systematik differenzieren sie nach Nutzungsformen von Netzwerken im Bereich schulischer Entwicklung und unterscheiden im Bildungsbereich zwischen professional und affiliation networks. Affiliation networks zeichnen sich demnach dadurch aus, dass ihre Mitglieder unterschiedlichen Organisationen oder Institutionen angehören. Durch Kooperation sollen sie die Lösung eines Problems – z.B. die didaktisch-methodische Entwicklung des naturwissenschaftlichen Unterrichts – bewerkstelligen, die ihnen allein nicht (zufriedenstellend) gelingt. In professional networks kooperieren die Mitglieder hingegen mit dem Ziel, ihr professionelles Handeln durch den Austausch mit anderen zu erweitern (S.501). Die Personen, mit denen im Rahmen der nachfolgend darzustellenden Studie gesprochen wurde, sind Steuergruppenmitglieder eines affiliation networks (a.a.O.). In den Regionalen Netzwerken Österreichs sind sie mit der Initiierung, Organisation und Koordination der Netzwerke betraut. Gemeinsam sollen sie die Professions- und Unterrichtsentwicklung in den naturwissenschaftlichen Fächern jeweils auf der Ebene eines Bundeslandes, also professional networks, organisieren und möglichst viele Lehrkräfte integrieren (vgl. RAUCH & KREIS 2006, S.6). Als solche stellen sie die operativen Zentren der Netzwerke dar. Sie können Einfluss auf die Gestaltung der professional networks nehmen u.a. durch die Entscheidungsmöglichkeit über den Zugang neuer Mitglieder. [16]
3. Rekonstruktive Typenbildung: methodologisch-methodischer Rahmen und Sampling
Das gewählte methodologische Rahmenkonzept stellt die dokumentarische Methode nach BOHNSACK (2008) dar. Es eröffnet die Möglichkeit zur Rekonstruktion und zum Vergleich des handlungsleitenden Wissens der interviewten Akteure/Akteurinnen. Solches Wissen strukturiert menschliches Handeln und ist aufgrund seines vorreflexiven Charakters nicht unmittelbar zugänglich (vgl. BOHNSACK 2007, S.229). Dieses Verständnis ist anschlussfähig an BOURDIEUs Verständnis des inkorporierten Wissens bzw. des modus operandi (1993, S.106). [17]
Die dokumentarische Methode geht auf den britischen Soziologen Karl MANNHEIM (1893-1947) zurück, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Wissenssoziologie mit begründet hat (vgl. PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2009, S.271). Ralf BOHNSACK hat die dokumentarische Methode dann in den 1980er-Jahren für die empirische Auseinandersetzung differenziert und weiterentwickelt (vgl. z.B. BOHNSACK 2008; BOHNSACK, NENTWIG-GESEMANN & NOHL 2007). [18]
Die dokumentarische Methode ist durch eine "praxeologische" Sichtweise gekennzeichnet. Als solche nimmt sie eine "vermittelnde [...] Position zwischen objektivistischen und subjektivistischen Herangehensweisen" (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2009, S.277) ein. Sowohl die als klassisch zu bezeichnende objektivistische Position der Frage nach dem "Was" der sozialen Welt als auch der subjektivistischen nach dem "Wozu" oder "Warum" wird von der dokumentarischen Methode zugunsten des "Wie", d.h. durch die Frage nach der Herstellung sozialer Realität, also Praxis, aufgelöst. Die erkenntnislogische Differenz, die in den erstgenannten Ansätzen zwischen objektiv und subjektiv angelegt ist, wird innerhalb der dokumentarischen Methode zwischen handlungspraktischem und kommunikativ-generalisiertem Wissen verortet. Letzteres wird als immanent bezeichnet und steht in Form von Begriffen zur Verfügung. Ersteres kann durch ein sequenzanalytisches und komparatives Vorgehen zugänglich gemacht werden, es ist das aus dem Habitus resultierende inkorporierte Handlungswissen (S.274f.). [19]
Die Unterscheidung zwischen immanenter und dokumentarischer Sinnebene "ist zudem Dreh- und Angelpunkt der methodologischen Grundbegriffe und Konzepte sowie folgerichtig auch das strukturierende Prinzip aller Auswertungsschritte" (S.277) der dokumentarischen Methode. Der sogenannte "Dokumentsinn" beschreibt den sozialen und kulturellen Entstehungszusammenhang von Einstellungen und Positionen, also das, was in den Habitus eingegangen ist. Im Gegensatz zum immanenten Sinngehalt wird im dokumentarischen Sinngehalt der soziokulturelle Entstehungszusammenhang einbezogen bzw. das, was sich davon habituell manifestiert hat. Für das interpretative Vorgehen bedeutet dies, das System begrifflich zu fassen, aus dem heraus etwas erklärt wird (S.278). [20]
Über den immanenten und dokumentarischen Sinngehalt wurden die Orientierungsmuster der interviewten Steuergruppenmitglieder bezüglich der Zugangsmöglichkeiten potenzieller neuer Mitglieder zum Netzwerk rekonstruiert. Diese werden auch als Dokumente oder "sinnstrukturierte soziale Produkte" (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2009, S.38) gefasst. Die Art und Weise, wie ein Thema bearbeitet wird, wird von den Beteiligten in den Interviews nicht erst in jenem Moment hergestellt, sondern resultiert aus geteilten biografischen und/oder beruflichen Erfahrungen, die handlungsleitend sind. In den Interviewsituationen werden sie von den Interviewten lediglich aktualisiert (vgl. BOHNSACK 2008, S.108). [21]
Die Unterscheidung zwischen immanentem und dokumentarischem Sinngehalt spiegelt sich im Auswertungsvorgehen wider. Der immanente Sinngehalt wird mittels formulierender Interpretation rekonstruiert, der dokumentarische, der auf dem Erstgenannten aufbaut, durch reflektierende Interpretation (vgl. PRZYBORSKI 2004, S.53). Durch den Vergleich der Fallbeschreibungen, also der verdichteten Ergebnisdarstellungen der ersten Interpretationsschritte, hier bezogen auf einzelne Interviewpassagen, werden beide Sinnebenen differenziert. Durch die Herstellung von Relationalität zu anderen Fällen wird ein zentrales Prinzip der dokumentarischen Methode deutlich: der Vergleich (vgl. NOHL 2007, S.257f.). Die Komparation mündet in die Generierung von Typen, d.h. es werden jene Bezüge herausgearbeitet, die zwischen Orientierungen und den Hintergründen der Interviewten bestehen (vgl. BOHNSACK 2008, S.139f.). [22]
Die Rekonstruktion des impliziten und handlungspraktischen Wissens der Steuergruppenmitglieder im Kontext der potenziellen personellen Erweiterung des Netzwerks stellt das leitende Erkenntnisinteresse dieses Beitrags dar. Die nachfolgend dargestellten Fälle sowie die aus ihnen herausgearbeiteten Typiken wurden einem Begleitforschungsprojekt zu den Steuergruppen der Regionalen Netzwerke für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer in Österreich (vgl. STURM 2009) entnommen. Auf Basis des leitenden Erkenntnisinteresses, womit im Bereich der Schulentwicklungsstrategie der Netzwerke Neuland betreten wird, wurde ein qualitatives und exploratives Forschungsdesign entwickelt. Der Fokus lag darauf, die Vorstellungen und Einstellungen der Steuergruppenmitglieder zu rekonstruieren, insbesondere ihr implizites Wissen. So wurden problemzentrierte Interviews (vgl. WITZEL 2000) mit jeweils zwei Mitgliedern einer Steuergruppe geführt. Zum Erhebungszeitpunkt zwischen Dezember 2007 und März 2008 gab es sieben Regionale Netzwerke des vom österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2005 initiierten und finanzierten Projekts IMST, Innovations in Mathematics and Science Teaching (vgl. IUS 2009). Die insgesamt 14 in der Zeit von Dezember 2007 bis März 2008 in Österreich interviewten Personen waren allesamt Mitglieder der Steuergruppen, die sich aus Vertretern/Vertreterinnen der jeweiligen Landesschulräte, der für die Lehrer-/Lehrerinnenfortbildung zuständigen Abteilungen der Pädagogischen Hochschulen und Lehrern/Lehrerinnen des Bundeslandes zusammensetzen. Jede Steuergruppe hat einen Koordinator bzw. eine Koordinatorin, der/die Ansprechpartner/in für die an der Universität angesiedelte Projektleitung ist. Der Koordinator bzw. die Koordinatorin hat darüber hinaus keine besondere Position und stellt neben dem Kassenwart/der Kassenwartin die einzige Funktion innerhalb der Steuergruppe dar. [23]
Die Funktion des Koordinators/der Koordinatorin war Ansatzpunkt in der vorgenommenen Auswahl des Samples, die entlang vorab festgelegter Kriterien erfolgte (vgl. PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2009, S.178f.). Innerhalb jedes der sieben zum Erhebungszeitpunkt bestehenden Regionalen Netzwerke wurden zwei Interviews geführt. Mit diesem Sampling wurde pro Netzwerk über eine Einzelperspektive hinausgegangen. Gleichzeitig wurde das Datenmaterial in einem Umfang gehalten, der eine Auswertung im Rahmen des Projekts gestattete. Die 14 Interviewpartner/innen wurden mithilfe unterschiedlicher Herangehensweisen ermittelt: Während der Koordinator/die Koordinatorin eines jeden Netzwerks als Interviewpartner/in gesetzt wurde, da er/sie den tiefsten Einblick in das Netzwerk hat, sollte die zweite Person von den Steuergruppen selbst vorgeschlagen werden. Hierfür wurden vorab vonseiten der wissenschaftlichen Begleitung folgende Kriterien festgelegt: Das Geschlecht sollte ungleich dem des Koordinators/der Koordinatorin sein, und die Person sollte eine andere Position im Schulsystem einnehmen. Ein Beispiel: Wenn der Koordinator/die Koordinatorin in der Administration oder Lehrerfortbildung tätig war, sollte die zweite interviewte Person als Lehrer/in tätig sein. Handlungsleitend war die Überlegung, durch die gewählten Kriterien ein Sample zu erhalten, in dem sich die professionelle Zusammensetzung der Steuergruppen widerspiegelt. Dies ist insofern gelungen, als etwa die Hälfte der 14 interviewten Personen Positionen im behördlich-administrativen sowie im Fortbildungsbereich des Schulsystems bekleiden. Die andere Hälfte ist als Lehrer/in in Schulen tätig. Es wurden fünf Frauen und neun Männer interviewt. Dieses Verhältnis spiegelt die Beteiligung der Geschlechter in den Steuergruppen der Netzwerke insgesamt wider. Die Interviews wurden überwiegend in den Büros und/oder schulischen Räumlichkeiten der Interviewpartner/innen geführt, fünf Interviews fanden in den Räumen der Universität Klagenfurt statt. [24]
Die Interviews sind mittels eines strukturierenden Leitfadens, der neun offene Fragen sowie eine abschließende Aufforderung1) beinhaltete, geführt worden und dauerten durchschnittlich 50 Minuten. Vier der Fragen (siehe Anmerkung 1, Fragen 4 und 6 bis 8) wurden vonseiten der Projektleitung vorgegeben. Sie beziehen sich auf die Einschätzung und Bewertung des Netzwerks in der Region und im Unterricht sowie auf die Kooperationspartner/innen des Netzwerks. Passagen, in denen die Beteiligten von ihrer Praxis erzählen, sollten mittels eines offenen Impulses bereits zu Beginn des Interviews evoziert werden. Die Eingangserzählung wurde als Ausgangspunkt für die Formulierung wenn möglich immanenter Nachfragen herangezogen. Aufgrund der Zielsetzung einer thematischen Vergleichbarkeit von Passagen wurde mit einem offenen Leitfaden gearbeitet. Darüber hinaus sollte den Zielsetzungen der Schulentwicklungsmaßnahme Regionale Netzwerke, die sehr offen formuliert sind2) und den Mitgliedern des Netzwerks einen großen Gestaltungsraum eröffnen, Rechnung getragen werden. [25]
Die Interviews wurden mithilfe eines Audioaufnahmegeräts mitgeschnitten und anschließend auf Basis der Transkriptionsregeln von LEGEWIE und PAETZOLD-TESKE (1996) in Texte transformiert. Die Textform stellt die Grundlage der Auswertung dar. Der Analyse- und Interpretationsprozess soll anhand von Textausschnitten illustriert werden. Die nachfolgend dargestellten drei Fälle wurden ausgewählt, da sich an ihnen besonders gut die unterschiedlichen generierten Typiken, d.h. die Orientierungen und Erlebnishintergründe der Interviewten, verdeutlichen lassen. Von den insgesamt 14 durchgeführten Interviews wird die Mehrzahl durch den sachlich-homogenen und den bürokratisch-homogenen Typ repräsentiert, während der sachlich-heterogene Typ ein Einzelfall ist (vgl. STURM 2009). Die Typen werden in den nachfolgenden Abschnitten anhand von Textausschnitten und Interpretationen illustriert sowie zueinander in Beziehung gesetzt. [26]
Das gewählte methodologische Rahmenkonzept der dokumentarischen Methode eröffnete die Möglichkeit, über den immanenten, d.h. wörtlichen Sinngehalt hinaus den Dokumentsinn der geschilderten Erfahrungen zu rekonstruieren (vgl. NOHL 2008, S.8). Dadurch wird ein Blick auf die Orientierungsrahmen ermöglicht. Diese markieren die Bezugspunkte, innerhalb derer ein Thema bearbeitet wird. Orientierungsrahmen sind durch drei Aspekte begrenzt: die bejahenden Ideale, die sogenannten positiven Horizonte, auf die eine Orientierung zustrebt, die negativen Gegenhorizonte, gegenüber denen eine Abgrenzung stattfindet, sowie die Einschätzung und Bewertung der Realisierungsmöglichkeiten angesichts der unterschiedlichen Horizonte (vgl. PRZYBORSKI 2004, S.56). Durch die Rekonstruktion dieser Orientierungsrahmen, innerhalb derer die soziale Problemstellung des Netzwerkzugangs bearbeitet wird, ist es möglich, die konjunktiven Erfahrungen von Steuergruppenmitgliedern, d.h. ihr implizites Wissen über die Idee eines von ihnen favorisierten Netzwerks, herauszuarbeiten. Dadurch wird über die Frage, was konkrete Kriterien von Steuergruppenmitgliedern für den Netzwerkzugang sind, hinausgegangen. Die Art und Weise der Problembearbeitung wird ins Zentrum gerückt. In diesem Rahmen ist das atheoretische Wissen der Beteiligten einbezogen. Es muss den Akteuren/Akteurinnen nicht in dem Maße zur Verfügung stehen, dass sie es direkt erklären können. Atheoretisches Wissen ist jedoch durch Reflexionen der eigenen Handlungspraxis zugänglich (vgl. NOHL 2008, S.8). [27]
Die Auswertung des Materials erfolgte in vier Schritten: der formulierenden und der reflektierenden Interpretation, der Falldarstellung sowie der Typisierung. Der erste Auswertungsschritt wird nachfolgend durch die Überschriften der bearbeiteten Fälle dargestellt. Der zweite Schritt, die reflektierende Interpretation, hat zum Ziel, den dokumentarischen Sinngehalt zu ermitteln. Hierfür wurden formale und semantische Aspekte aus den Texten herausgearbeitet. Dabei wurde zwischen den Textsorten Erzählung, Beschreibung, Argumentation und Bewertung unterschieden (vgl. PRZYBORSKI 2004, S.27). Mittels komparativer Sequenzanalyse wurde anschließend der rekonstruierte semantische Sinngehalt weiter differenziert (vgl. NOHL 2008, S.47). Die reflektierende Interpretation der Passagen folgt im Anschluss an die jeweiligen Transkripte. Ziel der Interpretation ist es, die implizite Regelhaftigkeit und den dokumentarischen Sinngehalt des jeweiligen Textes herauszuarbeiten. Der dritte Interpretationsschritt ist die Fallbeschreibung, also die Verdichtung und Zusammenfassung der Ergebnisse eines Falles, hier der Passage eines Interviews. Ihr folgt als Letztes die Typenbildung. Die Fallbeschreibungen werden hier ausschließlich für die dargestellten Passagen vorgenommen. Die Typenbildung, deren Ziel es ist, über den Fall bzw. die drei Fälle hinaus generalisierendes Wissen über die Konzepte von Steuergruppenmitgliedern über Möglichkeiten der personellen Erweiterung ihres Netzwerks herauszuarbeiten, ist zweistufig aufgebaut: in Form sinngenetischer und soziogenetischer Typenbildung. Die Typisierung durch den Vergleich mit einer inhaltlich ähnlichen Passage aus den Interviews charakterisiert die erstgenannte Form, die zweite bezieht neben weiteren Passagen zusätzliche Dimensionen, hier die professionelle Tätigkeit der Interviewten, in die Interpretation ein (vgl. BOHNSACK 2008; NOHL 2008). [28]
Die 14 geführten Interviews wurden mithilfe der dokumentarischen Methode (vgl. BOHNSACK 2008; NOHL 2008; PRZYBORSKI 2004) ausgewertet3). Dies wurde wesentlich von der Autorin des Beitrags realisiert; unterstützt und vorgestellt wurde der Prozess im Rahmen einer achtstündigen Forschungswerkstatt im Juli 2008 am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung der Universität Klagenfurt. Daran waren sechs Kolleginnen und Kollegen des Schulentwicklungsprojekts IMST (vgl. IUS 2009) beteiligt. [29]
4. Typen des Zugangs zu Regionalen Netzwerken
Die nachfolgende Illustration von drei Fällen mündet in eine soziogenetische Typenbildung. Die illustrative Darstellung beruht auf textlichen Passagen, die jeweils durch die gleiche Frage seitens der Interviewerin, ob und wie eine interessierte Lehrerin im Netzwerk mitarbeiten kann, initiiert wurden. Die Auswahl der Passagen erfüllt sowohl die inhaltlichen als auch die methodologischen Anforderungen an einen Typen generierenden Vergleich (NOHL 2007). Inhaltlich spitzt sich in den Passagen – herausgefordert durch die exmanente Nachfrage – die Konzeptualisierung der Zugangsmöglichkeiten für Lehrende zum Netzwerk aus Sicht der Interviewten zu. Methodologisch ist damit die Grundlage für ein themenbezogenes tertium comparationis (S.263) gelegt. Dieses "gemeinsame Dritte" (S.269) aus (mindestens) zwei Fällen, das durch den Fallvergleich auf höherer Abstraktionsstufe erreicht wird, ist eine Voraussetzung zur Herausarbeitung von Typiken von Themen- und/oder Orientierungsrahmen. In der Darstellungsart spiegelt sich das interpretative Vorgehen wider. [30]
4.1 "Sendungsbewusstsein für die Naturwissenschaften"
Herr Affenzeller4) ist Landesschulinspektor für die Gymnasien in seinem Bundesland und aufgrund dieser Funktion in der entsprechenden Steuergruppe des Regionalen Netzwerks als dessen Koordinator tätig. [31]
Die Antwort Herrn Affenzellers auf die Frage, ob und wie eine potenziell interessierte Lehrerin im Netzwerk mitarbeiten könnte, ist ausführlich. Sie ist zudem – vielleicht dadurch bedingt, dass die Frage impliziert, dass die Interviewerin selbst die potenzielle Lehrerin ist (siehe Anmerkung 1) – durch persönliche Bezugnahme auf sie gekennzeichnet. Die teilweise Verwendung wörtlicher Rede kann als Hinweis auf eine textliche Dichte und somit als hoch bedeutend für den Erzählenden verstanden werden (vgl. NOHL 2008, S.46).
Herr Affenzeller: "Sie würden sofort zur nächsten Sitzung eingeladen werden. [...] Von der größeren [Steuer-] Gruppe [und] hätten, bevor Sie dorthin eingeladen werden, zuerst ein Gespräch mit mir, wo ich mir einfach so die Visionen, die Vorstellungen der Zukunft anhöre und dann versuche, Sie dort einzubauen, wo ich finde, dass Sie am besten *2* ihre Fähigkeiten entfalten können [...] *5* Ich sag einmal so, ich würde, ich würde mir die, das was für mich wichtig wäre, wäre das Sendungsbewusstsein, das Sie/ in welchem dieser beiden Gegenstände haben. Denn ein Problem zum Beispiel bei uns in A-Land ist, dass der Großteil der Physiklehrer und -lehrerinnen bei uns die Kombination Mathematik Physik hat. Und wenn ich heute durchgehe und frage: 'Als was fühlst du dich? Fühlst du dich als Mathematiker oder als Physiker?' Dann höre ich in achtzig Prozent der Fälle: 'Ich fühl' mich als Mathematiker.' Und die sind für das Sendungsbewusstsein der Naturwissenschaften nicht unbedingt brauchbar. [...] Das ist bei den Anderen [die nicht über das Sendungsbewusstsein verfügen (Anm. T.S.)] unmöglich, weil es Tafelphysik ist, reine Tafelphysik. Und dieser Unterschied wäre für mich wahnsinnig wichtig und dann findet man ganz sicher Aufgaben, um dann wieder irgendwo so ein Pflänzchen weiterzuentwickeln. [...] Also, da finde ich mich dann, wenn ich so wen habe, der auch die Bereitschaft hat, über das, was er in der Schule normal zu tun hat hinaus etwas zu entwickeln, da habe ich viel Arbeit. (LACHT)" (Interview Affenzeller, §§92-96) [32]
Herr Affenzeller antwortet direkt auf die Frage mit der Proposition – hier verstanden als Sinngehalt –, dass eine solche Lehrerin sofort zum nächsten Netzwerktreffen der größeren Steuergruppe eingeladen werden würde: In seinem Bundesland gibt es drei Steuergruppen, zwei sogenannte kleine und eine große. In den zwei kleinen arbeiten die Vertreter/innen der allgemeinbildenden höheren Schulen, d.h. der Gymnasien, und der berufsbildenden höheren und mittleren Schulen. Die große Steuergruppe stellt den Ort der Entscheidungsfindung bezüglich des Netzwerkvorgehens dar. Auch werden von dort aus Arbeitsaufträge an die kleinen Steuergruppen delegiert (vgl. STURM 2009, S.115ff.). Die zu Beginn vorgenommene Proposition differenziert Herr Affenzeller nachfolgend einschränkend bis zu ihrer Tilgung. Die einschränkende Differenzierung besteht durch den Einschub eines Gesprächs zwischen ihm und der interessierten Lehrkraft. Auf der Grundlage dieses Gesprächs entscheidet er demnach über ihre Teilnahme und Beteiligungsmöglichkeiten. Er führt aus, welches Kriterium bzw. welche Eigenschaft eine Person seiner Ansicht nach erfüllen bzw. besitzen muss, um sich am Netzwerk zu beteiligen: ein "fachbezogenes Sendungsbewusstsein". Die Entscheidung über den Zugang der Lehrperson zum Netzwerk wird aus der Sicht des Koordinators von ihm allein getroffen. Somit wird sie zwar in der Steuergruppe getroffen, jedoch nicht demokratisch legitimiert, da sie nur von seiner Person vorgenommen wird. [33]
Bei dem gemeinsamen Gespräch sollen die "Visionen" der Lehrerin sowie ihr "Sendungsbewusstsein der Naturwissenschaften" vonseiten des Koordinators evaluiert werden. Herr Affenzeller beschreibt durch die Nennung dieses positiven Horizonts gleichzeitig den negativen Gegenhorizont, d.h., über kein Sendungsbewusstsein bzw. über eines in einem anderen Fach zu verfügen. In den letztgenannten Fällen, so elaboriert Herr Affenzeller seine Proposition, unterrichten die Lehrer/innen "Tafelphysik". Von dieser Art didaktisch-methodischen Unterrichts grenzt sich Herr Affenzeller ab. Jemand, der diese Form frontaler Lehr-Lern-Gestaltung einsetzt, identifiziert sich seiner Ansicht nach nicht mit dem Fach und sollte folglich nicht am Netzwerk beteiligt sein. Der positive Horizont stellt die Identifikation mit dem Unterrichtsfach dar, während der negative Gegenhorizont auf das Fehlen des sogenannten "Sendungsbewusstseins der Naturwissenschaften" verweist. [34]
Aus der Äußerung Herrn Affenzellers geht hervor, dass sich seiner Vorstellung nach nur Lehrkräfte im Netzwerk engagieren können, die sich durch eine besondere Identifikation mit einem (hier naturwissenschaftlichen) Unterrichtsfach auszeichnen. Sie besteht in einem bestimmten naturwissenschaftlichen und auf das Fach ausgerichteten Habitus. Kriterien im Zusammenhang mit diesem Fachhabitus werden herangezogen, um über die In- und Exklusion, d.h. über den Zugang zum Netzwerk zu entscheiden. [35]
Die Netzwerkmitglieder sollen hinsichtlich ihrer Vorstellungen von und ihrer Einstellungen gegenüber einem naturwissenschaftlichen Unterrichtsfach als Identifikationsmoment von Lehrer-/Lehrerinnentätigkeit übereinstimmen. Dieses sich herauskristallisierende Moment spiegelt die Differenz der bestehenden Ausbildung der Lehrer/innen in Österreich wider. Herr Affenzeller stellt ein Unterrichtsfach als zentrales Identifikationselement der Tätigkeit von Lehrenden als Beteiligungskriterium für das Netzwerk heraus. Dies ist insofern interessant, als die Gymnasiallehrer-/Gymnasiallehrerinnenausbildung in Österreich zwei gleichrangig studierte Unterrichtsfächer vorsieht. Seine Argumentation orientiert sich durch den Fachbezug an den bestehenden Strukturen des gegliederten Schulsystems. Eine Identifizierung mit dem Fach bzw. eine Fachorientierung kann somit ausschließlich von Lehrenden mit universitärer Ausbildung erwartet werden, da nur sie im Rahmen ihres Studiums hinreichend mit Fächern und fachwissenschaftlichen Kulturen konfrontiert wurden. Durch die Orientierung an den beiden Unterrichtsfächern im Studium ist es ihnen möglich, einen entsprechenden Fachhabitus auszubilden bzw. entsprechend sozialisiert zu werden. Österreichische Lehrkräfte, die nicht an Gymnasien und/oder berufsbildenden Schulen tätig sind, haben nicht zwei Unterrichtsfächer an einer Universität studiert. Ihre Ausbildung weist eine pädagogische Prägung aus und ist an Pädagogischen Hochschulen bzw. Akademien verortet. [36]
Herr Affenzeller erweitert die im Zusammenhang mit der Einschränkung der Proposition aufgeworfenen Kriterien für Zugangsmöglichkeiten zum Netzwerk als die "Bereitschaft, über das, was er [der Lehrer] in der Schule normal zu tun hat, hinaus etwas zu entwickeln" (vgl. Interview Affenzeller, §94). Dadurch hebt der Koordinator hervor, dass (nur) Lehrer/innen dem Netzwerk beitreten können, die sich von ihren Kollegen/Kolleginnen dadurch unterscheiden, mehr als die von ihnen üblicherweise erwartete Arbeit zu tun. Er erwartet von ihnen ein Aufgaben- und Professionsverständnis, das über seinen durchschnittlichen Erwartungen an Lehrkräfte liegt. Dadurch wird der den Orientierungsrahmen begrenzende positive Horizont direkt thematisiert. Darin ist der negative Gegenhorizont implizit enthalten. [37]
Das Netzwerkverständnis Herrn Affenzellers entspricht folglich dem einer exklusiven Gruppe. Deren Exklusivität wird durch die Bewertung des Unterrichts- und Professionsverständnisses potenzieller weiterer Mitglieder hergestellt und erhalten. Zur Integration eines neuen Mitglieds werden ein geteiltes Verständnis von Unterricht und Profession sowie eine entsprechende Identifikation mit dem Fach und der Fachdidaktik vorausgesetzt. Dies bedeutet den Ausschluss jener Lehrkräfte, die keine universitäre fachliche Ausbildung genossen haben. Diese Gruppe wird durch das System selbst hervorgebracht. Die Argumentation Herrn Affenzellers ist zwar sachlicher Art, spiegelt aber gleichzeitig bestehende – hierarchische – Positionen und Differenzlinien des Schulsystems wider. [38]
Herr Affenzeller setzt Steuergruppe und Netzwerk gleich bzw. verwendet die Begriffe synonym. Dies verweist darauf, dass Professionalisierungsprozesse nicht in professional networks organisiert werden, in denen Lehrer/innen aller Schultypen kooperieren. [39]
4.2 Eigene Ideen als Ressourcen der Professionalitätsentwicklung
Frau Berger ist Mitglied der Steuergruppe des Regionalen Netzwerks ihres Bundeslandes. Sie ist in der Pädagogischen Hochschule ihres Bundeslandes für die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte im naturwissenschaftlichen Bereich zuständig. Auf die Frage, ob und wie eine fiktive, potenziell an der Netzwerkarbeit interessierte Lehrerin mit dem Unterrichtsfach Geografie darin mitwirken könne, antwortet sie, wie nachfolgend dargestellt. [40]
Frau Berger5) würde die Lehrerin zu einem Gespräch einladen, in dem sie sie fragen würde, worin ihre Interessen genau liegen. Von diesen ausgehend würde sie ihr unterschiedliche Angebote machen, wie die Teilnahme an Unterrichtsreflexionen mit anderen Lehrer/innen, die in Form traditioneller Hospitationen oder im Rahmen von Ideenbörsen (finanziert über das Regionale Netzwerk) stattfinden. Außerdem könnte sie als Multiplikatorin tätig sein, das würde bedeuten, dass sie die Lehrkräfte ihrer Schule regelmäßig über die Aktivitäten und Veranstaltungen des Netzwerks informieren würde. Wenn die Lehrerin über diese Möglichkeiten hinaus Interesse hätte, könnte sie mithilfe von Frau Berger eine Arbeitsgemeinschaft gründen, zu einem Thema, das sie interessiert. Als Beispiel nennt sie eine "ArGe Geografie"6) zu der dann Lehrerinnen und Lehrer, die sich ebenfalls für den Themenbereich interessieren, eingeladen werden. In diesem Bereich könnten gemeinsame Unterrichtsprojekte generiert werden. Auch eine Mitarbeit in der erweiterten Steuergruppe erachtet sie für möglich. (Interview Berger) [41]
Frau Berger formuliert die Proposition eines gemeinsamen Gesprächs zwischen ihr und der interessierten Lehrkraft im Modus einer Beschreibung, die sie anschließend spezifiziert. Den Ausgangspunkt der Unterhaltung stellt demnach das konkrete Interesse der Person dar. Frau Berger erkundigt sich in dem Gespräch nach den Bedürfnissen und sucht gemeinsam mit der Lehrerin nach Möglichkeiten der Mitarbeit bzw. Partizipation im Netzwerk. Die interessierte Lehrerin ist in den Entscheidungsprozess über ihre Art der Beteiligung eingebunden. Frau Berger nennt Möglichkeiten gemeinsamer Unterrichtsreflexionen in Form von Hospitationen, den Besuch von Ideenbörsen, die Funktion als Multiplikatorin, die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft und die Mitarbeit in der Steuergruppe. Vor allem die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen mit gleichen Interessen stellt demnach eine Möglichkeit zum Einbringen eigener Ideen und zur Mitgestaltung des Netzwerks dar. Die Mitarbeit im Netzwerk orientiert sich demnach am inhaltlichen Interesse der jeweiligen Person. Neben der Teilnahme an bereits bestehenden Strukturen sind Gründungen, die die Interessen potenzieller Netzwerker/innen aufgreifen, möglich. Letztere werden durch das Steuergruppenmitglied Frau Berger unterstützt und gefördert. Das Netzwerk wird als an heterogenen und sachlichen Interessen und nicht als auf eine homogene Gruppe ausgerichtet verstanden. Erweiterungen werden auf Basis der Interessen der Beteiligten vorgenommen. [42]
Distinktionen bzw. Unterschiede zwischen Personen werden von Frau Berger demnach als positiver Horizont von Zugangsmöglichkeiten entfaltet. Sie entsprechen den spezifischen Interessen der konkreten Person und den daraus resultierenden Möglichkeiten der Mitarbeit im Netzwerk; sie sind problemorientiert angelegt. Die unterschiedlichen Interessen werden als Distinktionskriterien für den Vorschlag konkreter Mitarbeitsoptionen herangezogen. Inhaltliche Differenzen dienen also der Organisation der Zusammenarbeit. Die dadurch entstehende Breite von Angeboten wird von Frau Berger als Chance des Netzwerks angesehen. Das geteilte Interesse, Projekte durchzuführen und Initiativen zu ergreifen, fungiert als inkludierendes Moment. Der positive Horizont kennzeichnet sich durch Interesse. Darin ist der negative Gegenhorizont implizit enthalten: fehlendes Interesse. [43]
4.3 "Die Führungsstrukturen sind von der Kollegenschaft gewählt"
Herr Cesnik, Landesschulinspektor für die allgemeinbildenden höheren Schulen, die österreichischen Gymnasien, ist Mitglied der Steuerungsgruppe der Gymnasien in seinem Bundesland. Seine Mitgliedschaft in der Steuergruppe des Netzwerks ist an seine Tätigkeit gebunden.
Herr Cesnik: "Also, für die Fächer ist das unabhängig jetzt vom IMST-Netzwerk so organisiert, dass [es] für jedes Fach jetzt eine Arbeitsgemeinschaft gibt. Die Führungsstrukturen sind einmal grundsätzlich von der Kollegenschaft gewählt, aber sind sehr unterschiedlich. Also das heißt, es gibt Arbeitsgemeinschaften, da gibt es einen Arbeitsgemeinschaftsleiter oder -leiterin und die macht alles alleine. Es gibt welche, die haben Führungsteams mit drei, vier Leuten, mit regional, bei uns ist es oft üblich in D-Land [...], ahm so vier Regional äh -gruppen mehr oder minder existent sind. Und eigentlich geht das über die Arbeitsgemeinschaften. Das heißt, man arbeitet zuerst in der Arbeitsgemeinschaft mit. Dort ist man sehr erfreut, wenn man engagierte, junge Kolleginnen oder Kollegen findet, die mitarbeiten wollen. Das würde, also ins Netzwerk hinein wäre es dann der Weg, dass eben der ArGe-Leiter, wenn ich jetzt als Schulaufsichtsbeamter nicht selber aufmerksam werde, sagt: 'Da wäre die Kollegin Autorin, die möchte, hat die und die Idee, wie können wir das einbringen?' Und dann hätten wir Sie ins Boot geholt. Sag' ich jetzt mal. Aber, ah ich kann mir auch vorstellen, wenn jemand zur Netzwerkkoordinatorin geht und sagt: 'Ich habe ein tolles Projekt!' und 'Kann ich da mitarbeiten?' und. Dann würde sie das wahrscheinlich vortragen in der nächsten Sitzung und würde sagen: 'Die Kollegin Autorin hat des und jenes vor, wie können wir das einbauen, einbinden in die ganze Sache?' Aber irgendwie auch, wir sprechen natürlich jetzt nicht jeden Lehrer an und sagen: 'Willst nicht sofort jetzt hier in der Steuergruppe mitarbeiten?' Also, das muss schon von unten nach oben gehen." (Interview Cesnik, §§109-113) [44]
Die Proposition seiner Äußerung führt er im Modus einer Beschreibung aus. Der Zugang zum Netzwerk sei über die fachlich-organisierten Arbeitsgemeinschaften und deren Vertreter/innen geregelt. Er schränkt diese Zugangsoption anschließend ein, da sie dem Vorgehen "von unten nach oben" widerspricht. [45]
Zunächst stellt er die Proposition auf, dass die Entscheidung zur Mitarbeit im Netzwerk nicht von den Beteiligten des Netzwerks getroffen wird, sondern von den Lehrern/Lehrerinnen des Landes bzw. deren Vertretern/Vertreterinnen in den fachlich-organisierten Arbeitsgemeinschaften. Der Zugang zum Netzwerk wird demnach in direktem Zusammenhang zum Bildungssystem und den darin bestehenden bürokratischen Strukturen geregelt. Der positive Horizont des Zugangs stellt folglich eine entsprechend legitimierte Position in der bestehenden Struktur des höheren Schulwesens dar. [46]
Seine eingangs formulierte Proposition erweitert er um die Möglichkeit des Zugangs durch Anfragen vonseiten der Koordinatorin oder seiner Person. Er nimmt diese jedoch nach der Beschreibung des Vorgehens im Modus eines negativen Gegenhorizonts zurück. Er stützt so die Perspektive, auf die bestehenden Strukturen des Schulsystems und ihre Vertreter/innen aufzubauen. Diese Zugangsweise kann als personen- und interessenunabhängig, wie sie für behördliche Strukturen charakteristisch ist, bezeichnet werden (vgl. EMMERICH & MAAG MERKI 2009, S.15). Der Orientierungsrahmen, innerhalb dessen der Netzwerkzugang von Herrn Cesnik konzipiert wird, ist der bereits bestehende der Gymnasien. [47]
Die weitere Zugangsmöglichkeit beschreibt er als im Ermessen der Koordinatorin und des Landesschulinspektors, d.h. in seinem eigenen Ermessen liegend. Diese beiden Personen können neben der üblichen Zugangsoption als Gatekeeper fungieren. Anders als die erste von ihm genannte Zugangsform wird diese Entscheidung nicht gemeinsam von den Mitgliedern der Steuergruppe vorgenommen, sondern sie ist einzelnen Personen der Steuergruppe – und zwar jenen mit herausgehobenen Ämtern/Funktionen innerhalb der Steuergruppe bzw. mit herausgehobener Position im bestehenden Schulsystem – vorbehalten. Diese entscheiden auf der Grundlage der Ideen, die eine Lehrkraft hat, und/oder des von ihnen erkannten Engagements der Lehrkraft. Hierdurch wird der Zugang neuer Netzwerkmitglieder für diese passiv organisiert, während der Landesschulinspektor aktiv herausgefordert ist. So deckt sich die bestehende hierarchische Ordnung des bürokratischen Schulsystems mit der der Steuergruppe. Diese Entscheidungsmöglichkeiten stellen zugleich keine Gruppenentscheidungen dar. [48]
Während die erste Option Karrieremöglichkeiten innerhalb der bestehenden gymnasialen Struktur entspricht, wird die zweite von den Entscheidungen signifikanter Personen abhängig gemacht. Weiter wird in seiner Aussage deutlich, dass Herr Cesnik (in seiner Funktion als Landesschulinspektor) und die Koordinatorin des Netzwerks Entscheidungen vornehmen können, die anderen vorenthalten sind. Die persönliche Entscheidung durch Personen, die im Schulsystem oder im Netzwerk eine hierarchisch höhere Position als die anderen Mitglieder einnehmen, stellt den positiven Horizont seines Orientierungsrahmens dar. [49]
Die Orientierung bezüglich potenzieller Netzwerkzugänge findet auf Basis der Strukturen des allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulwesens statt, da nur diese Schultypen auf der Ebene des Bundeslandes über Arbeitsgemeinschaften der unterschiedlichen Fächer verfügen. Mit dieser Referenz bezieht sich der Interviewte indirekt auf die habituellen Vorstellungen und Einstellungen der Gymnasiallehrkräfte, die fachorientiert sind bzw. setzt bereits vor diesen an: Vorstellungen des Zugangs, die an Regeln, Zertifikate und Erlaubnisse anknüpfen und nicht an einem Problem, das gemeinsam gelöst werden soll, sind erkennbar. [50]
4.4 Orientierungen in Zugangsprozessen
Die sinngenetische Typenbildung soll mittels eines Vergleichs der drei Fälle vorgenommen werden. Ziel dieses Vorgehens ist es, den dokumentarischen Sinngehalt der Interviewpassagen zu präzisieren. Um dies zu erreichen, werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei vorgestellten Fälle hinsichtlich der Bearbeitung des Themas "Zugang zum Netzwerk" verglichen. Bei diesem Prozess werden Homologien und Heteronomien der Orientierungsrahmen, innerhalb derer die Thematik bearbeitet wird, verglichen. Dadurch soll eine höhere Abstraktionsstufe erreicht werden, in der das "gemeinsame Dritte" (NOHL 2007, S.269) von zwei bzw. drei Fällen ermittelt wird. [51]
Ein Vergleich der ersten zwei Fälle bzw. der Aussagen der Interviewten, Herrn Affenzeller und Frau Berger, zeigt, dass die inhaltlichen Vorstellungen der potenziellen zukünftigen Mitglieder ein entscheidendes Kriterium im Vermittlungsprozess zwischen Netzwerk und Personen sind. Inhaltliches Interesse verweist auf die Problemorientierung als Zugangskriterium. Sie wird von den zwei genannten Personen jedoch in unterschiedlicher Weise herangezogen: Während Frau Berger als positiven Horizont Differenzen bei Ideen und Bedürfnissen als eine Ressource zur Einrichtung interessengeleiteter Arbeitsgemeinschaften versteht und sie bei der "Zuordnung" zu Untergruppen des Netzwerks oder professional networks heranzieht, verwendet Herr Affenzeller sie als Ein- bzw. Ausschlusskriterium der Netzwerkarbeit und somit als abgrenzenden negativen Horizont. Für ihn ist Interesse nur als geteiltes "fachbezogenes Sendungsbewusstsein" ein Zugangskriterium. Frau Berger schränkt die inhaltlichen Vorstellungen nicht weiter ein, sondern zieht sie als Grundlage für die Überlegungen zu konkreten Mitarbeitsformen heran. In beiden Fällen werden Sachorientierung und Interesse als Zugangskriterien genannt. Der auf den ersten Blick in beiden Fällen gleich geregelte Zugang ist insofern unterschiedlich, als im Fall Herrn Affenzellers die Bedürfnisse eines auf homogene und im Fall Frau Bergers auf heterogene Interessen ausgerichteten Netzwerks und seinen Mitgliedern die Grundlage bilden. Der Bearbeitungshorizont des Zugangs ist für beide jedoch der Problemzusammenhang der Etablierung von Unterrichtsentwicklung. Herr Affenzeller nutzt das spezifische Interesse von Lehrkräften an Unterrichtsentwicklung zur Exklusion bzw. Inklusion ins Netzwerk. Für Frau Berger stellt das Verständnis hingegen kein Exklusionskriterium dar, sondern ein integratives. [52]
Die Homologie der Bedeutung von Inhalten für den Netzwerkzugang von Frau Berger und Herrn Affenzeller ist different zur Perspektive Herrn Cesniks. In seinem Fall werden inhaltliche Vorstellungen nicht als Ein- oder Ausschlusskriterium herangezogen. Dies ist nicht notwendig, da die Netzwerkmitglieder auf Basis von Entscheidungen durch Gremien des Schulsystems rekrutiert werden. Bei der Unterscheidung EMMERICHs und MAAG MERKIs (2009) zwischen Personen- und Sachorientierung auf der einen und bürokratischen Strukturen auf der anderen Seite spielt somit die Persönlichkeit potenzieller Neuzugänge für Herrn Affenzeller und Frau Berger, wenn auch in unterschiedlicher Hinsicht, eine Rolle. Herr Cesnik repräsentiert gegenüber diesen einen Typ der Orientierung an bürokratischen Strukturen und einer dadurch geregelten Mitgliedschaft und ein damit personenunabhängigeres Agieren des Netzwerks. [53]
Obwohl sich Herrn Affenzellers und Herrn Cesniks exkludierende und inkludierende Begründungen unterscheiden, ist ihren Perspektiven gemeinsam, dass sie auf Basis der gymnasialen Struktur hergestellt und begründet werden. Während Herr Affenzeller die Netzwerkerweiterung indirekt über die Identifikation mit dem Fach in Form eines "naturwissenschaftlichen Sendungsbewusstseins" sieht, formuliert Herr Cesnik formale Kriterien. Er zieht hierbei Gremien des bestehenden österreichischen Schulsystems heran. Dabei bezieht er sich ausschließlich auf Lehrer/innen der allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen, da nur sie seinen konzeptionellen Kriterien – auf der Ebene des Bundeslandes im Rahmen einzelner Unterrichtsfächer organisiert zu sein – entsprechen können. Österreichische Lehrer/innen des Pflichtschulbereichs, insbesondere diejenigen der Volksschule, haben keine fachliche Ausbildung erfahren. Sie werden entsprechend kaum über die fachlichen Identifikationen bzw. ein entsprechendes "Sendungsbewusstsein" verfügen (können). Für Hauptschullehrer/innen trifft eine fachliche Ausbildung wiederum nur bedingt zu. Sie haben zwar eine Fachausbildung, diese aber an Pädagogischen Akademien erworben. Anders als die Universitäten verfügen diese Institutionen über keine vergleichbar etablierten und ausgeprägten Fachkulturen und die Möglichkeit, entsprechend sozialisiert zu werden. Damit ist der Zugang exklusiv auf die Gruppe der Lehrkräfte an höheren allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen ausgerichtet. Obwohl Herr Affenzeller und Herr Cesnik unterschiedliche Orientierungsrahmen für die Begründung der Homogenität des Netzwerks haben, beziehen sich beide auf Differenzen, die Gymnasiallehrer/innen von Pflichtschullehrer/innen unterscheiden. Gemeinsam ist die Orientierung des Netzwerks als homogene – hier exklusive – Gruppe. Beide Interviewpartner grenzen sich von der Gruppe nicht universitär ausgebildeter Lehrkräfte ab. Dadurch werden die bestehenden Differenzen des Schulsystems aufrechterhalten. Aus den Ausführungen Frau Bergers geht hingegen ein dynamisches und heterogenes Netzwerkverständnis hervor. Die Ausrichtung an den Interessen und die Möglichkeit, das Netzwerk durch Arbeitsgemeinschaften, d.h. professional networks zu organisieren und zu erweitern, sind nicht an eine bestimmte Ausbildungsform oder einen Schultyp, sondern (allein) an thematisches Interesse gebunden. [54]
Der Vergleich der drei Fälle zeigt unterschiedliche Orientierungen für Zugänge zum Netzwerk. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich in einem Spannungsfeld zwischen der Orientierung an sachbezogenen und bestehenden bürokratischen Entscheidungsstrukturen des Schulsystems auf der einen Seite und einem Netzwerkverständnis zwischen den Polen von Homogenität und Heterogenität auf der anderen Seite bewegen. Homogenität korrespondiert in den untersuchten Fällen durchgängig mit einem Exklusivitätsanspruch. Grafisch lassen sich die Ergebnisse wie folgt darstellen:
Abbildung 1: Zugangstypen zu Regionalen Netzwerken [55]
Die von Frau Berger beschriebenen Zugangsmöglichkeiten sind im rechten oberen Quadranten angeordnet. Ihre Bezugspunkte stellen zum einen Sachorientierung und Interesse sowie zum anderen eine inhaltlich offene Dynamik und Heterogenität des Netzwerks dar. Die von ihr konzipierte Zugangsmöglichkeit kann als sachlich-heterogen beschrieben werden. Im Gegensatz dazu steht die von Herrn Cesnik entfaltete Zugangsmöglichkeit. Er sieht die Mitgliedschaft im Netzwerk als von der jeweiligen Position im Schulsystem, den Arbeitsgemeinschaftsleitern/Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen und damit einer exklusiven Orientierung des Netzwerks am höheren Schulwesen abhängig. Die von ihm repräsentierte Position kann als bürokratisch-homogen bezeichnet werden. Herr Affenzeller nimmt insofern eine Position zwischen den beiden ein, als für ihn Sachorientierung und Homogenität entscheidend sind. Er hat folglich eine Gemeinsamkeit mit Frau Bergers Ansicht, Erstere verbindet er jedoch mit einem Exklusivitätsanspruch, der jenem von Herrn Cesnik gleicht. Die Einstellung Herrn Affenzellers ist sachlich-homogen. Offen bleibt, wie die vierte Option (Position im linken unteren Quadranten) sich gestalten würde, die eine bürokratisch-heterogene wäre bzw. ob eine solche überhaupt denkbar ist. Sie konnte in keinem der 14 geführten Interviews identifiziert werden. Vielmehr dominierten der bürokratisch-homogene und der sachlich-homogene Typ. [56]
Die identifizierten Dimensionen spiegeln das Spannungsfeld von Entscheidungsstrukturen von Marktmechanismen (d.h. hier einer dominierenden Problemorientierung) und bürokratischen Strukturen, die Integrationsprozesse eröffnen, wider. Die zu dieser Dimension quer verlaufende zweite, rekonstruierte Dimension, umschrieben mit heterogen und homogen, bezieht sich auf die jeweils im Netzwerk als möglich gedachten und zu vertretenden inhaltlichen Schulentwicklungsziele. [57]
4.5 Orientierungen an Distinktionen: Professions- und Unterrichtsverständnis
Vor der Folie dieses Vergleichs, in dem Homogenität und Heterogenität im inhaltlichen Interesse auf der einen und Orientierung an bürokratischen Strukturen sowie Sachbezogenheit als Bezugspunkte auf der anderen Seite dienen, sollen die drei generierten Typen nachfolgend weiter differenziert werden. Dies erfolgt durch das Heranziehen der Vorstellungen zur Professions- und Unterrichtsentwicklung durch das Netzwerk und des beruflichen Tätigkeitsfeldes der interviewten Personen. Dieses Vorgehen ermöglicht es, die in den Vermittlungsprozessen deutlich gewordenen Orientierungen stärker an ihren Entstehenskontext anzubinden. Zudem eröffnet es den Abstraktionsschritt zur soziogenetischen Typenbildung. [58]
Beim erstgenannten Typ, dem sachlich-homogenen, wird ein Professionalisierungsverständnis deutlich, das sich ausschließlich am Unterrichtsfach bzw. dem Fach als akademischer Disziplin orientiert. Die Entwicklung von Unterricht wird mit den fachlichen Kompetenzen von Lehrkräften gleichgesetzt. Der Aufbau bzw. die Erweiterung des Netzwerks richtet sich somit an einen eingeschränkten Personenkreis, der durch das Netzwerk erreicht werden soll. Die Arbeit des Netzwerks ist insofern sachorientiert, als sie auf ein Unterrichtsfach ausgerichtet ist. Gleichzeitig ist sie als distinktives Moment stark aufgeladen, da Einstellungen darunter gefasst werden. Der Interviewte ist Landesschulinspektor für den Bereich der Gymnasien. Aufgrund dieser Funktion trägt er Verantwortung für die Unterrichtsgestaltung und Qualitätssicherung bei diesem Schultyp. [59]
Der Typ sachlich-heterogen, illustriert und repräsentiert durch Frau Berger, ist durch ein Professionsverständnis gekennzeichnet, das an den individuellen Interessen von Lehrkräften ansetzt und Strukturen zu deren Umsetzung bereitstellt. Die formulierten Bedürfnisse und Interessen nimmt das Steuergruppenmitglied hier zum Ausgangspunkt der Netzwerkgestaltung bzw. der Struktur unterschiedlicher Gruppen. Die Lehrer/innen werden durch das Mitwirken in sogenannten Arbeitsgemeinschaften, professional networks, aktiv in Lern- und Reflexionsprozesse eingebunden und in die Verantwortung genommen. Das Angebot des Netzwerks richtet sich an Lehrer/innen aller Schulformen. Die Gestaltung von Unterricht steht im Mittelpunkt. Die Struktur des Netzwerks ist so, dass die Steuergruppe die verbindende Klammer zahlreicher professional networks darstellt. Das Netzwerk ist an der "Sache" Unterricht ausgerichtet und wird von Frau Berger als dynamisch und heterogen konzeptualisiert. Frau Berger ist an der Pädagogischen Hochschule angestellt. Es gehört zu ihrem Aufgabenbereich, Fortbildungen für die Lehrkräfte ihres Bundeslandes zu organisieren. Diese Angebote sind schulformunabhängig. Bedingt durch die Tatsache, dass nur Lehrer/innen allgemeiner Pflichtschulen verpflichtet sind, an Fortbildungen teilzunehmen, ist anzunehmen, dass sie überwiegend mit Lehrkräften aus diesen Schultypen zusammenarbeitet, die Netzwerkstruktur ist jedoch so gestaltet, dass sich alle Lehrer/innen hier wiederfinden können. [60]
Der bürokratisch-homogene Typ zeichnet sich durch die Widerspiegelung der bestehenden Strukturen des Schulsystems in der Konzeption der Netzwerke aus. Eine mit den anderen zwei Fällen vergleichbare Sachorientierung wird hierbei nicht deutlich. Daraus zu schließen, dass die Inhalte der Professionalisierungs- und Unterrichtsentwicklung nicht von Bedeutung sind, stellt einen Aspekt dar, der durch Kontrastierung mit weiteren Textpassagen zu prüfen ist. Professionalisierungs- und Unterrichtsentwicklungsprozesse, so lässt die Perspektive erkennen, sind schulformspezifisch organisiert. Im konkreten Netzwerk wird ausschließlich auf Lehrkräfte der allgemeinbildenden höheren und der berufsbildenden Schulen Bezug genommen. Der Interviewte Herr Cesnik, der diesen Typ repräsentiert, ist Landesschulinspektor für die Gymnasien. In seiner Funktion verantwortet er u.a. die unterrichtliche Gestaltung und Qualitätsentwicklung dieser Schulform. [61]
Bei den beiden Typen sachlich-homogen und bürokratisch-homogen beinhalten die Konzeptionen die Reproduktion und Stärkung der bestehenden gegliederten Struktur des Schulsystems sowie die unterschiedliche Ausbildung von Lehrkräften. Auch bei dem von Frau Berger repräsentierten sachlich-heterogenen Typ lässt sich eine Fortführung ihrer Aufgaben als für Fortbildung Zuständige erkennen. Dazu gehört es, Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrer/innen aller Schultypen zu organisieren. Ihr schultypenunabhängiges Aufgabenverständnis wird in ihrem Netzwerkverständnis deutlich; auch sie kommt dadurch ihrem beruflichen Auftrag nach. Die Netzwerke werden von den Steuergruppenmitgliedern somit genutzt, um eigene Interessen zu realisieren und auf weiterer Ebene zu stärken. [62]
Die Kontrastierung der Typen unter Einbezug des soziogenetischen Aspekts der beruflichen Position der interviewten Personen zeigt, dass ihre Orientierungen mit ihren jeweiligen beruflichen Aufgabenfeldern korrespondieren. Das Netzwerk bzw. die Steuergruppe wird somit zu einem Feld, in dem berufsspezifisch unterschiedliche Konzeptionen aufeinandertreffen. Die Steuergruppe kann somit als Aushandlungsort für die potenziell divergierenden Interessen zuvor nicht kooperierender Bereiche verstanden werden. Die Interviewten berichten nicht von konkreten Zugängen im Modus von Erzählungen, sondern konstruieren diesen Fall erst im Gespräch. Dies ist durch die Fragestellung impliziert, um ihre individuellen Überlegungen zu erhalten. In ihren Antworten entfalten sie ihre Konzepte und Vorstellungen, nicht jedoch die Praxis ihrer jeweiligen Steuergruppen, in denen sie ggf. gar nicht an derartigen Überlegungen beteiligt sind. An dieser Stelle ist noch einmal hervorzuheben, dass nicht konkrete Praktiken einzelner Steuergruppen Untersuchungsgegenstand sind, sondern dass entlang des gewählten methodologischen Ansatzes die handlungspraktischen Überlegungen Einzelner betrachtet wurden. Die Notwendigkeit einer zukünftigen Betrachtung der kollektiven Zugangspraxis durch Steuergruppen ist an dieser Stelle jedoch deutlich zu erkennen. [63]
5. Fazit: Distinktionsprozesse im Rahmen der Vermittlung zwischen Netzwerk und neuen Mitgliedern
Die Vermittlungsprozesse zwischen Netzwerken und Personen werden in den Vorstellungen von Steuergruppenmitgliedern über den Zugang neuer Mitarbeiter/innen deutlich. Sie werden innerhalb von Orientierungsrahmen bearbeitet, die in Verbindung sowohl zum Netzwerkverständnis als auch zu dem jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Steuergruppenmitgliedes im Schulsystem stehen. Orientierungen, in denen Zugangsprozesse neuer Netzwerkmitglieder von den Steuergruppenmitgliedern bearbeitet werden, lassen sich anhand von zwei Dimensionen beschreiben: den Entscheidungsstrukturen des Netzwerks und dem Ausmaß an Heterogenität bzw. Homogenität in den Zielsetzungen des Netzwerks, das von den Mitgliedern gewünscht wird. [64]
Entlang dieser Dimensionen eröffnen sich Forschungsperspektiven, die eine weitere Differenzierung der Typen zum Ziel haben können. So könnten die aus den österreichischen Regionalen Netzwerken herausgearbeiteten Orientierungsdimensionen mit denen anderer Netzwerke im schulischen Bereich – z.B. vergleichbaren Projekten aus Deutschland oder der Schweiz (vgl. BERKEMEYER et al. 2009b) – kontrastiert werden. Durch derartige Vergleiche kann die Verallgemeinerbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse gesteigert und die Typen können ausdifferenziert werden. [65]
Orientierungen werden in unterschiedlicher Form herangezogen und durch Distinktionen realisiert: zum einen mittels habitueller Einstellungen, also eher indirekter Formen und zum anderen entlang konkreter Kriterien. Die Ergebnisse bestätigen diejenigen SYDOWs und WINDELERs (2000), dass bei den gezeigten Dimensionen die Erwartungen und Erfahrungen der Steuergruppenmitglieder in die Vermittlungsprozesse einfließen. Bezieht man, wie gezeigt, die Funktionen und Positionen der Interviewten innerhalb des Schul- bzw. Bildungswesens in die Interpretation ein, so wird deutlich, dass diese entscheidend in die von den Interviewten konzipierten Zugangsprozesse einfließen. Die Orientierungsrahmen, innerhalb derer die Interviewten Distinktionsprozesse vornehmen, sind eng an ihr professionelles Selbstverständnis bzw. das Feld, worauf sie zurückgehen und worin sie berufliche Verantwortung tragen, geknüpft. Die dort generierten Konzepte werden in Entscheidungsmomenten wie diesen offensichtlich herangezogen. Hieran anknüpfend kann die Perspektive entwickelt werden, dass die Personen und ihr genuines berufliches Handlungsfeld mit seinen leitenden Interessen zentrale und zu beachtende Momente bei der Gestaltung von affiliation networks darstellen. Mit anderen Worten, der professionelle Habitus und die damit einhergehende Verantwortung stellen grundlegende Prinzipien dar, die in die Gestaltung von Netzwerken einfließen. [66]
Die Relevanz der professionellen Ausgangssituation wirft die Frage auf, inwieweit die Konkurrenz verschiedener Positionen – in den vorgestellten Fällen schultypenbezogene – bei der Auseinandersetzung um Ressourcen durch Kooperation zu überwinden bzw. reflexiv in die Entwicklungs- und Etablierungsüberlegungen sowie entsprechende Konzepte einzubeziehen ist. Es wäre zu untersuchen, inwieweit die Zusammensetzung der Steuergruppe mit Personen unterschiedlicher Handlungsfelder und Schultypen Einfluss auf die Ausgestaltung und damit auch den jeweiligen (selektiven) Möglichkeitsrahmen des Netzwerks nimmt. So stehen die exklusiven Perspektiven konträr zu der Projektperspektive der Regionalen Netzwerke, dem Ziel einer Einbindung möglichst vieler Schulen (vgl. RAUCH & KREIS 2009, S.79). Die Ausweitung der Untersuchung auf die kollektiv konstruierte Zugangspraxis konkreter Steuergruppen – wie sie Gruppendiskussionen ermöglichen können – stellt eine konkrete Forschungsperspektive dar. [67]
Über die eingangs formulierten Fragestellungen hinaus verdeutlichen die Ergebnisse, dass sich die Schulentwicklungsstrategie der Netzwerke mit dem Risiko der Reproduktion bestehender Entscheidungsstrukturen des Schulsystems konfrontiert sieht bzw. dass diese in ihrer Konzeption und Wirksamkeit zu reflektieren ist. Bei den dargestellten Typen wird dieser Aspekt anhand der exklusiven Position der Gymnasien innerhalb des Schulsystems deutlich. Damit geht das Risiko einher, dass Netzwerke zur unreflektierten Reproduktion bestehender Strukturen des Schulsystems beitragen. Dieses Risiko speist sich aus der Verbindung von Personen- und Sachorientierung im Netzwerk. Die Skepsis, die BERKEMEYER et al. (2009a) gegenüber Netzwerken formulieren, wird dadurch bestätigt. Bei der praktischen Umsetzung könnte eine Bereitstellung von Moderatoren/Moderatorinnen, die inhaltliche Aushandlungs- und Verständigungsprozesse garantieren und ermöglichen, hilfreich sein. [68]
Entlang der dargestellten Typen sachlich-homogen und bürokratisch-homogen wird das Prinzip der Konkurrenz in Verbindung mit einem Exklusivitätsanspruch gymnasialer fachlicher und fachdidaktischer Orientierung deutlich. Setzen sich Steuergruppen so zusammen, dass dieser Typ überwiegt, wäre die Frage nach der Balance von Konkurrenz und Kooperation in Netzwerken differenzierter zu stellen. Die Gefahr, dass die Integrationskraft einer formal und bürokratisch organisierten Institution, wie sie die Schule darstellt, dem Marktmechanismus geopfert wird, lässt sich an diesem Punkt nur erahnen. Ein entsprechender empirisch fundierter Nachweis steht noch aus. [69]
Bildungsnetzwerke können – nicht zuletzt aufgrund ihrer Finanzierung – nicht einfach aufgelöst werden, auch dann nicht, wenn Konkurrenz die Kooperation übersteigt. Erstere kann in einem solchen Fall dazu führen, dass durch das Netzwerk exklusive Positionen reproduziert und nachhaltig legitimiert werden. Dies gilt auch für andere denkbare exklusive, d.h. ausschließende Perspektiven. [70]
Beide genannten Aspekte – der Exklusivitätsanspruch und das Übergewicht eines konkurrierenden Vorgehens – heben die Notwendigkeit hervor, neben konkreten Zielen die professionellen Hintergründe und Verantwortungsbereiche der für die Netzwerkgestaltung signifikanten Steuergruppenmitglieder zu berücksichtigen sowie konzeptuelle Überlegungen von Netzwerken im schulischen Bereich einzubeziehen. Eine vergleichende Betrachtung mit Personen aus unterschiedlichen professionellen und beruflichen Bereichen, die gemeinsam in Netzwerken kooperieren, könnte hierüber Aufschluss geben. [71]
Die Frage nach dem Umgang mit Konkurrenz – hier als Erhalt des gymnasialen Exklusivitätsanspruchs – gegenüber Kooperationsmöglichkeiten erscheint vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vorliegenden Studie als zentral für die Konstitution von Bildungsnetzwerken und Steuergruppen. Diese Frage sollte, über die hier betrachteten Einzelperspektiven der Steuergruppenmitglieder hinausgehend, aufgegriffen werden. Eine Möglichkeit stellt die Untersuchung konkret gestalteter Zugangsprozesse in (diskursiven) Entscheidungen innerhalb von Steuergruppen dar. Diese Perspektive könnte weiteren Aufschluss darüber geben, ob die Schulentwicklungsstrategie zum Erhalt bestehender Strukturen und den damit verbundenen Widersprüchen beiträgt. In diesem Fall würden die Netzwerke Gefahr laufen, zum Delegationsort ungelöster Probleme des Schulsystems und der Gesellschaft zu werden. [72]
1) (1) Erzählen Sie bitte, wie Sie in die Steuergruppe/Koordination des Netzwerks XX gekommen sind? (2) Wie sieht Ihre Tätigkeit im Netzwerk zurzeit aus? (3) Welche Ziele verbinden Sie mit dem Netzwerk? (4) Erzählen Sie bitte, wie eine "typisches" Veranstaltungsplanung/ Aktivitätsplanung in ihrer Steuergruppe verläuft. (5) Wie könnte ich, als interessierte Lehrerin in X-Land, im Netzwerk mitarbeiten? Welche Möglichkeiten gäbe es für mich und wie könnte ich ein Mitglied werden? (6) Wie wirkt das Netzwerk auf den Unterricht? (7) Wie wirkt das Netzwerk in der Region? (8) Welche Kooperationen hat das Netzwerk und wie kooperieren Sie mit ihnen? (9) Wie wünschen Sie sich die Zukunft des Netzwerks? (10) Beschreiben Sie Ihr Netzwerk bitte mit drei Worten! <zurück>
2) "Steigerung der Attraktivität und Qualität des Unterrichts und der Schulentwicklung [...] in den [naturwissenschaftlichen] und verwandte[n] Fächern [...], Weiterentwicklung der Professionalität von Lehrer/innen [und] Einbindung möglichst vieler Schulen" (RAUCH & KREIS 2009, S.79). <zurück>
3) Einer Veröffentlichung – in anonymisierter Form – haben die Interviewpartner/innen zugestimmt. <zurück>
4) Alle genannten Eigennamen wurden erfunden, um die Anonymität der realen Personen zu gewährleisten. In den Interviewpassagen geben die Zahlen, die zwischen den Transkriptionszeichen ** stehen, die Länge der Gesprächspause an. <zurück>
5) Das Gespräch mit Frau Berger konnte aus technischen Gründen nicht aufgezeichnet werden. Daher steht für Analyse und Interpretation eine auf der Basis der Gesprächsnotizen und Erinnerungen erstellte Rekonstruktion zur Verfügung. Diese wurde von Frau Berger schriftlich vorgenommen. <zurück>
6) Arbeitsgemeinschaft wird im österreichischen Sprachgebrauch üblicherweise durch "ArGe" abgekürzt. <zurück>
Berkemeyer, Nils; Kuper, Harm; Manitius, Veronika & Müthing, Kathrin (2009a). Einleitung. In Nils Berkemeyer, Harm Kuper, Veronika Manitius & Kathrin Müthing (Hrsg.), Schulische Vernetzung. Eine Übersicht zu aktuellen Netzwerkprojekten (S.7-12). Münster: Waxmann.
Berkemeyer, Nils; Kuper, Harm; Manitius, Veronika & Müthing, Kathrin (Hrsg.) (2009b). Schulische Vernetzung. Eine Übersicht zu aktuellen Netzwerkprojekten. Münster: Waxmann.
Bohnsack, Ralf (2007). Typenbildung, Generalisierung und komparative Analyse: Grundprinzipien der dokumentarischen Methode. In Ralf Bohnsack, Iris Nentwig-Gesemann & Arnd-Michael Nohl (Hrsg.), Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung (2., erweit. und akt. Aufl., S.225-254). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bohnsack, Ralf (2008). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. Opladen: Budrich.
Bohnsack, Ralf; Nentwig-Gesemann, Iris & Nohl, Arnd-Michael (Hrsg.) (2007). Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlage qualitativer Sozialforschung (2., erweit. und akt. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bourdieu, Pierre (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Bourdieu, Pierre (1987). Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Bourdieu, Pierre (1992). Die verborgenen Mechanismen der Macht. Schriften zu Politik und Kultur 1 (hrsg. von Margareta Steinrücke). Hamburg: VSA-Verlag.
Bourdieu, Pierre (1993). Sozialer Sinn. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Braun, Karl-Heinz & Wetzel, Konstanze (2006). Soziale Arbeit in der Schule. München: Ernst Reinhardt Verlag.
Emmerich, Marcus & Maag Merki, Katharina (2009). Netzwerke als Koordinationsform Regionaler Bildungslandschaften. Empirische Befunde und governancetheoretische Implikationen. In Nils Berkemeyer, Harm Kuper, Veronika Manitius & Kathrin Müthing (Hrsg.), Schulische Vernetzung. Eine Übersicht zu aktuellen Netzwerkprojekten (S.13-30). Münster: Waxmann.
Hollstein, Bettina (2007). Sozialkapital und Statuspassagen – Die Rolle von institutionellen Gatekeepern bei der Aktivierung von Netzwerkressourcen. In Jörg Lüdicke & Martin Diewald (Hrsg.), Soziale Netzwerke und soziale Ungleichheit. Zur Rolle von Sozialkapital in modernen Gesellschaften (S.53-83). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialswissenschaften.
Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS), Alpen-Adria Universität Klagenfurt (2009). IMST – Innovationen machen Schulen top, http://imst.uni-klu.ac.at/ [Zugriff: 1.4.2009].
Koller, Hans Christoph (2009). Bildung als Habituswandel? Zur Bedeutung der Sozialisationstheorie Bourdieus für ein Konzept transformatorsicher Bildungsprozesse. In Jürgen Budde & Katharina Willems (Hrsg.), Bildung als sozialer Prozess. Heterogenitäten, Interaktionen, Ungleichheiten (S.19-34). Weinheim: Juventa Verlag.
Kramer, Rolf-Torsten & Helsper, Werner (2010). Kulturelle Passung und Bildungsungleichheit – Potenziale einer an Bourdieu orientierten Analyse der Bildungsungleichheit. In Heinz-Hermann Krüger, Ursula Rabe-Kleberg, Rolf-Torsten Kramer & Jürgen Budde (Hrsg.), Bildungsungleich revisited. Bildung und soziale Ungleichheit vom Kindergarten bis zur Hochschule (S.103-126). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Legewie, Heiner & Paetzold-Teske, Elke (1996). Transkriptionsempfehlungen und Formatierungsangaben, http://www.qualitative-forschung.de/publikationen/postpartale-depressionen/Transkription.pdf [Zugriff: 28.4.2005].
Nohl, Arnd-Michael (2007). Komparative Analyse: Forschungspraxis und Methodologie dokumentarischer Interpretation. In Ralf Bohnsack, Iris Nentwig-Gesemann & Arnd-Michael Nohl (Hrsg.), Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung (S.255-276). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Nohl, Arnd-Michael (2008). Interview und dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Prim, Rolf (1998). Wider die ökonomische Kolonialisierung des Bildungswesens. In Heinrich A. Henkel, Lothar F. Neumann & Hajo Romahn (Hrsg.), Gegen den gesellschaftspolitischen Imperialismus der reinen Ökonomie. Gedächtnisschrift für Gerhard Weisser (S.237-249). Marburg: Metropolis-Verlag.
Przyborski, Aglaja, & Wohlrab-Sahr, Monika (2009). Qualitative Sozialforschung. München: Oldenbourg Verlag.
Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Rauch, Franz & Kreis, Isolde (2006). Ergebnisbericht zum Projekt IMST3 2005/06. Unveröffentlichtes Manuskript, Klagenfurt.
Rauch, Franz & Kreis, Isolde (2009). Lernen an Schnittstellen. Regionale Netzwerke im österreichischen Projekt IMST (Innovations in Mathematics, Science and Technology Teaching). In Nils Berkemeyer, Harm Kuper, Veronika Manitius & Kathrin Müthing (Hrsg.), Schulische Vernetzung. Eine Übersicht zu aktuellen Netzwerkprojekten (S.79-91). Münster: Waxmann.
Rihm, Thomas (2006). Schule als Ort kooperativer Selbstverständigung entwickeln ... In Thomas Rihm (Hrsg.), Schulentwicklung. Vom Subjektstandpunkt ausgehen ... (S.393-428). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Smith, Andrew K. & Wohlstetter, Priscilla (2001). Reform through school networks: A new kind of authority and accountability. Educational Policy, 15(4), 499-519.
Sturm, Tanja (2009). Die Steuergruppen der Regionalen Netzwerke. Begleitforschung zum Selbstverständnis der IMST-Regionalen Netzwerke mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer in Österreich. Forschungsbericht, Alpen-Adria Universität Klagenfurt.
Sydow, Jörg & Windeler, Arnold (2000). Steuerung von und in Netzwerken – Perspektiven, Konzepte, vor allem aber offene Fragen. In Jörg Sydow & Arnold Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken. Konzepte und Praktiken (S.1-24). Opladen: Westdeutscher Verlag.
Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228 [Zugriff: 25.05.2009].
Tanja STURM ist Assistenzprofessorin am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Ihre Forschungs- und Lehrschwerpunkte sind neben Schul- und Unterrichtsentwicklung u.a. Inklusion und Differenzkonstruktionen von Lehrkräften. Derzeit ist sie Vertretungsprofessorin für Lernbehindertenpädagogik und inklusive Bildung an der Universität Hamburg.
Kontakt:
Tanja Sturm
Universität Hamburg
Sedanstraße 19
D-20146 Hamburg
E-Mail: tanja.sturm@uni-klu.ac.at
URL: http://ius.uni-klu.ac.at/tanjasturm
Sturm, Tanja (2010). Steuergruppen von Schulnetzwerken: Gestaltungsmöglichkeiten durch Distinktionen in Erweiterungsprozessen [72 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 11(3), Art. 23, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1003234.