Volume 11, No. 3, Art. 26 – September 2010
Diskursanalyse – Bestandsaufnahme und interessierte Anfragen aus einer dichten Foucault-Lektüre
Lars Allolio-Näcke
Zusammenfassung: Inzwischen blickt die Diskursanalyse in Deutschland auf mehr als 20 Jahre Forschungsgeschichte zurück und hat doch ihr größtes Manko nicht überwinden können: Zumindest was das Denken Michel FOUCAULTs betrifft, auf dessen Ideen sich die Diskursanalytiker/innen hauptsächlich berufen, bewegt sie sich auf sehr dünnem Eis, obwohl – bis auf wenige Vorlesungen – nun alle Texte in sehr guten Übersetzungen vorliegen.
In diesem Beitrag soll zunächst eine Bestandsaufnahme derzeitiger diskursanalytischer Verfahren erfolgen, um dann in einem zweiten Schritt vier zentrale Fragen mit FOUCAULT zu beantworten, die für die Diskursanalyse virulent sind bzw. von ihren prominenten Vertreter/innen falsch gestellt oder unzureichend beantwortet werden. Am Ende des Beitrags wird offen gelassen, inwieweit die Protagonist/innen sich auf die hier vorgetragenen Ideen einlassen sollten – allgemeinere method(olog)ische Fragen stehen stattdessen am Ende.
Keywords: Diskursanalyse; Dispositivanalyse; Michel Foucault; Autonomie; Subjekt; Konstruktivismus; Hermeneutik
Inhaltsverzeichnis
1. Bestandsaufnahme: Aktuelle Ansätze
2. Theoretische Anfragen
2.1 Kennt Michel FOUCAULT kein (autonomes?) Subjekt?
2.1.1 Das Subjekt als Objekt (Archäologie des Wissens)
2.1.2 Das Subjekt und die Macht
2.1.3 Wissen – Macht – Subjektivität (Genealogie)
2.2 War Michel FOUCAULT ein Konstruktivist?
2.3 Kommt FOUCAULT ohne Hermeneutik aus oder schließen sich DA und Hermeneutik aus?
2.4 Kann man ein Dispositiv wie einen Diskurs behandeln und analysieren?
3. Konsequenzen und Desiderata
3.1 Standpunkt
3.2 Methodologische Mehr- statt Unterbestimmung
3.3 Vollständigkeit
Es ist es nicht selbstverständlich, dass die Diskursanalyse (DA) zu den anerkannten Methoden der qualitativen Sozialforschung gehört, auch wenn in FQS eine rege Publikationstätigkeit hierzu herrscht.1) Dies hat vor allem zwei Gründe: 1. hatte Siegfried JÄGER bereits vor mehr als zehn Jahren festgestellt, "[e]inen Königsweg gibt es nicht" (1999a), und damit angedeutet, dass DAen eine erhebliche Varianz an methodischen Grundschritten aufweisen können, je nach Fragestellung und Material (vgl. DIAZ-BONE 2006a, Abs.76). 2. schreiben Aglaya PRZYBORSKI und Monika WOHLRAB-SAHR in ihrem "Arbeitsbuch":
"Die Diskursanalyse [...] wäre, gerade wegen ihrer derzeitigen Popularität, einer genaueren Behandlung durchaus wert gewesen. Allerdings werden mit dem Label Diskursanalyse derzeit so viele verschiedene Vorgehensweisen belegt, die im Hinblick auf ihr methodisches Prozedere oft nicht besonders gut ausgearbeitet sind, dass eine Behandlung dieser Verfahren unsere Kapazitäten [...] überstiegen hätten" (2008, S.183). [1]
Damit weisen sie auf den wichtigen Umstand hin, dass es die DA nicht gibt, sondern lediglich von DAen gesprochen werden kann – und im Wesentlichen sind die Vertreter/innen der Diskursanalyse selbst an dieser Situation schuld. Sie bastel(te)n ihre je eigene Methode aus theoretischen Versatzstücken und verlieren so z.T. ganz den Bezug zum Werk ihres Ideengebers Michel FOUCAULT. Insofern muss man sagen, dass es an sich keine FOUCAULTsche DA gibt, sondern sich aus seinen Ideen zahlreiche verschiedene Ansätze entwickelt haben, die mehr oder weniger stark auf FOUCAULT zurückgreifen. Dies hat zu einer unüberschaubaren Fülle an Konkretisierungen geführt, für die mit Recht die Fragen aufgeworfen werden können, "ob es sich bei der Diskursanalyse um eine Methode sensu strictu [...] handelt" (KÖHNEN 2007, S.425) und inwieweit hierbei noch von FOUCAULTscher DA gesprochen werden kann. [2]
Insbesondere der letzten Frage möchte ich mich in diesem Beitrag zuwenden, nämlich anhand einer dichten Lektüre von FOUCAULTs Schriften zeigen, dass sich die aktuellen deutschsprachigen Ansätze2) nur in der Verwendung von Begrifflichkeiten, aber nicht im Verständnis des FOUCAULTschen Werkes auf ihn berufen können. Anhand vier immer wieder auftauchender Behauptungen, die ich zu Fragen umformuliert habe, wird dies exemplarisch durchgespielt. Ich hoffe der Leser/die Leserin findet die längeren Ausführungen zu FOUCAULTs Denken nicht langweilend, ehe ich in jedem Kapitel abschließend auf die Beiträge der DA zu sprechen komme, aber die Darstellung der theoretischen Dichte und der Konsistenz des Werkes erscheint angesichts der offensichtlichen Missverständnisse der Diskursanalytiker/innen notwendig. [3]
1. Bestandsaufnahme: Aktuelle Ansätze
Als erster aufgegriffen und nach Deutschland importiert hat die DA der Literaturwissenschaftler Jürgen LINK, der sich in Ende der 1960er Jahre in Frankreich aufhielt. Als er 1975 habilitierte, legte er damit "einen operativen Beitrag zu strukturalen Kultur- und Literaturtheorie" (DIAZ-BONE 2006b, Abs.9) vor, den er im Zusammenhang mit der Bochumer Diskurswerkstatt bis heute zur sogenannten Interdiskursanalyse (vgl. u.a. LINK 1983, 1988, 1997, 1999) weiter ausbaute. Dass er FOUCAULTs "Werkzeugkiste" ausgeschlachtet hat (vgl. DIAZ-BONE 2006b, Abs.10), kann man wörtlich nehmen, denn LINKs Interdiskursanalyse ist eine sehr stark im Strukturalismus3) verankerte Variante, die die DA mit Ideen der literaturwissenschaftlichen "immanenten Schule"4) und strukturalistischen Ideen, hier vor allem den generativistischen Ideen CHOMSKYs5), verbindet. Die Interdiskursanalyse ruht auf dem Dreiklang Diskurs (Spezialdiskurse – Interdiskurse – Elementardiskurse), Kollektivsymbolik und Normalismus. Dabei stellen die kollektiv verankerten Symbole quasi Scharniere oder "Siebe" dar, durch die Wissen von einem Diskurs auf einen anderen übergeht. Insbesondere wenn Wissen aus Spezialdiskursen (z.B. Biologie, Medizin, Psychologie) in Interdiskurse (kombinatorisch-generalistische Diskurse wie Populärwissenschaft, -philosophie, -geschichte oder Literatur), aber auch in Elementardiskurse (z. B. Liebe, Familie) übergeht, bildet dieses Wissen normative Wirkung aus, es entstehen zwingende Normalitäten (vgl. DIAZ-BONE 2006b, Abs.22ff.). [4]
Inspiriert durch die LINKsche DA und im Wesentlichen verbunden mit dem Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) hat der Historiker und Germanist Siegfried JÄGER eine problembezogene Variante vorgelegt: die Kritische Diskursanalyse (1999b, für Oktober 2009 war eine 5. überarbeitete Auflage angekündigt). JÄGERs DA ist weniger strukturalistisch als pragmatisch orientiert: So lehnt er CHOMSKYs Thesen ab (vgl. DIAZ-BONE 2006a, Abs.10) und richtet das analytische Augenmerk nicht auf die Struktur, sondern den Inhalt, sprich konkrete brisante Themen wie z.B. Rechtsextremismus, Migration etc. Hinzu kommen zwei weitere Inspirationsquellen: das Buch von Utz MAAS "Als der Geist der Gemeinschaft eine Sprache fand" (1984) – hier übernimmt JÄGER die Argumentationsanalyse6) – sowie die Berliner Kritische Psychologie oder Psychologie vom Subjektstandpunkt (vor allem HOLZKAMP 1985, 1991,1995), hier insbesondere deren Rekurs auf die LEONTJEWsche Tätigkeitspsychologie (LEONTJEW 1982; vgl. DIAZ-BONE 2006a, Abs.29f. u. 41). Auch JÄGER verwendet das FOUCAULTsche Œuvre als "Werkzeugkiste", denn seine Operationalisierung, insbesondere die argumentative Feinanalyse (vgl. JÄGER 1999b, S.140), findet sich bei FOUCAULT nirgends. Zudem bedarf es m.E. auch keiner "kritischen" Gesamteinschätzung (deshalb ja Kritische Diskursanalyse), bei der das Subjekt seine eigene Position nach Abschluss der DA offenlegt, hätte das Werk FOUCAULTs inkl. seiner Spätwerke vorgelegen und wäre von JÄGER rezipiert worden (siehe hierzu Abschnitt 2.2, Abs.43). [5]
Je länger, desto mehr schreiben sich LINK (2006) und JÄGER (2006) aufeinander zu, wobei Ersterer anerkennend auf die Methodenschritte der Feinanalyse JÄGERs verweist, Letzterer auf LINKs Interdiskurstheorie zurückgreift und dessen Kategorien übernimmt. Nicht einig sind sich die beiden darüber, welche Stellung das Subjekt – und damit auch das Forscher/innensubjekt – im Gesamtsystem hat, außer, dass es "nicht außerhalb der Diskurse steht" (JÄGER 2006, S.85), und darüber, welchen Stellenwert das Konzept des Dispositivs in der FOUCAULTschen Theorie sowie im Verhältnis zur DA einnimmt. [6]
Einen dritten Ansatz hat der Soziologe Reiner KELLER unter dem Titel "Wissenssoziologische Diskursanalyse" (2006, 2008) vorgelegt, bei der er den wissenssoziologischen Ansatz von BERGER und LUCKMANN (1980) ebenso wie sozialwissenschaftliche Hermeneutik und interpretative Sozialforschung mit der DA zu kombinieren sucht. Oder in seinen eigenen bescheidenen Worten: "Einfach und knapp formuliert geht es darum, dieses Buch [BERGER & LUCKMANN 1980; LAN] um ein Kapitel 'Diskurse' zu ergänzen" (KELLER 2006, S.117). Als Analysekonzepte oder Heuristiken dienen ihm die Ideen der Wissenssoziologie zu
"Deutungsmustern, Klassifikationen, Phänomenstrukturen und narrativen Strukturen. [...] Sie eignen sich gleichzeitig in besonderer Weise als Brückenkonzepte, wenn es darum geht, die Auseinandersetzung mit Diskursen in gesellschaftlichen Praxisfeldern bis hin zur Ebene der 'privaten Lebensführung' zu untersuchen. Als in Diskursen spezifisch prozessierte Strukturierungselemente bilden sie das diskurstypische Interpretationsrepertoire" (KELLER 2007, Abs.16ff.). [7]
Methodisch hat KELLER kein eigenes Instrumentarium entwickelt, sondern nutzt die bereits vorhanden Methoden der qualitativen Sozialforschung, nämlich die Grounded-Theory-Methodologie (vgl. STRAUSS & CORBIN 1996) mit Theoretical Sampling und den Prinzipien der minimalem bzw. maximalen Kontrastierung sowie im weiteren Verlauf Kodieren, Kommentaren und Memos. [8]
Schließlich lässt sich ein vierter Ansatz finden, den der Soziologe Rainer DIAZ-BONE verantwortet (2002) und den ich als Synthetische Diskursanalyse bezeichnen würde. Synthetisch deshalb, weil es mir scheint, DIAZ-BONE versucht, 1. eine näher an FOUCAULTscher Diskurstheorie liegende Operationalisierung zu gewinnen und 2. eine Integration der verschiedenen Ansätze und Ideen, um eventuell zu einer einzigen DA zu gelangen. Für ersteres zieht er allerdings stärker die Ideen von FOUCAULTs Lehrer ALTHUSSER und beider Schüler PÊCHEUX zurate, statt das FOUCAULTsche Werk selbst. Letzteres gelingt ihm m.E. hervorragend, finden sich doch alle wesentlichen Bezugselemente insbesondere von LINK und KELLER, wobei er sich stärker auf BOURDIEU bezieht, auch hier wieder. Der wichtigste Unterschied dieser Variante zu den drei vorher genannten liegt darin, dass hier eine übergeordnete Perspektive eingeführt wird (Dispositivanalyse), die den Systemcharakter des Regelsystems berücksichtigt (vgl. Abschnitt 2.1.3). Im sonstigen Vorgehen unterscheidet sich diese Variante nicht wesentlich von den anderen (vgl. DIAZ-BONE 2005, Abs.19ff.). [9]
Auch im englischsprachigen Bereich lassen sich zahlreiche Ansätze finden, die sich als (critical) discourse analysis oder disc(o)ursive psychology bezeichnen. Allerdings gilt es hier stark zu differenzieren und sie nicht, wie JÄGER dies tut, über einen Kamm zu scheren (vgl. JÄGER im Interview mit DIAZ-BONE 2006a, Abs.38).
Was in den USA als discourse analysis bezeichnet wird, meint in Europa in aller Regel Gesprächs- oder Konversationsanalyse (KA), was immer wieder bei internationalen Begegnungen zu Verwirrungen führt.7) Das eigentliche Unterscheidungsmerkmal liegt im Zugriff auf die durch bzw. im Text ausgedrückten Dinge. Die KA ist an Sprache orientiert, d.h. ihre Logik ist textimmanent, sie sucht nach einer geschlossenen Sinnstruktur des Einzeltextes bzw. der Konversation. Diskursanalytiker/innen sind nicht hauptsächlich an Sprache, sondern an dem, was mit Sprache vermittelt oder durch sie repräsentiert wird, interessiert, d.h. sie sehen Texte als Teil eines Kontexts. Erstere arbeiten eher auf der Sprachoberfläche, Diskursanalytiker/innen wollen hinter die Sprache zur sozialen Praxis gelangen.
Handelt es sich nicht um KA, dürfen bestimmte Ansätze – und hier ist JÄGER zustimmen – nicht als DA klassifiziert werden (vgl. EDWARDS 1997; EDWARDS & POTTER 1992; POTTER 1996, POTTER & WETHERELL 1987; WODAK 1996), auch wenn sie in jüngster Publikation wieder in diesem Kontext auftauchen (vgl. POTTER 2006). Diese Ansätze sind stark am linguistischen Paradigma orientiert und tendieren zu einer Synthese mit der Konversationsanalyse. Zudem basieren sie auf dem (sozial-) konstruktivistischen Paradigma und operieren ausschließlich auf Verhaltensniveau (vgl. HEPBURN 2004; POTTER 2005), womit sie die Besonderheit des FOUCAULTschen Ansatzes, die Subjektivierung (s.u., Abschnitt 2.1), verfehlen (vgl. NÄCKE & PARK 2000) – ganz zu schweigen von den nicht zurückweisbaren Parallelitäten zum Behaviorismus (vgl. ALLOLIO-NÄCKE 2006, Abs.51). Ein handelndes Subjekt und daraus resultierende Subjektivität wird von Vertreter/innen der disc(o)ursive psychology zurückgewiesen (vgl. ZIELKE 2007, S.109). In den Mittelpunkt werden situationsorientierte Praktiken gestellt, aus denen dann Effekte hervorgehen, die Kognition oder Subjektivität genannt werden. Oder anders ausgedrückt: Menschen handeln zuerst und schreiben dann diesen Handlungen Sinn zu. Z.B. hat Alexa HEPBURN (2004) aus dieser Perspektive das Weinen in Alltagssituationen untersucht und findet spezifische Elemente, die Weinen auszeichnen: zitternde Stimme, Naselaufen, Schluchzen etc. Anhand dieser Elemente zeigt sie, wie diese mit spezifischen Handlungen verbunden werden (z.B. Trauer), und dass "Emotionen" als interaktional und relational, gemeinsam konstruiert und "gemanagt" verstanden werden müssen, statt sie als individuelle mentale Phänomene zu begreifen.
Dennoch lassen sich unter ähnlichem Label Ansätze finden, die mit Recht als DA bezeichnet werden können, jedoch in der deutschsprachigen Debatte um die DA nur wenig Berücksichtigung finden (vgl. BURMAN, AITKEN & ALLDRED 1996; HENRIQUES, HOLLWAY, URWIN, VENN & WALKERDINE 1998; PARKER 1997, 2005; PARKER & BURMAN 1993; WALKERDINE 1997, 2002, 2006; WILLIG 1999). Um diese besonders zu kennzeichnen und von der disc(o)ursive psychology abzugrenzen, hat sich die Bezeichnung Foucauldian studies oder Foucauldian discourse analysis eingebürgert; selbst nutzen sie oft das Label critical discourse analysis. Zwar weisen diese Ansätze wesentlich weniger Operatonalisierung als die oben genannten bzw. die deutschen Ansätze auf, jedoch beruhen sie auf dem FOUCAULTschen Diskursbegriff sowie dessen Intention und legen gesellschaftskritische Analysen vor. Im Mittelpunkt der Foucauldian discourse analysis steht das Verhältnis von Sprache und Subjektivität und die daraus resultierende Frage für die Psychologie, wie diese untersucht bzw. das Subjekt begriffen werden solle (vgl. WILLIG 2001, S.106). Das Subjekt wird als vom Nicht-Diskursiven beeinflusst konzipiert, und deshalb werden vor allem Institutionen und soziale (Macht-) Beziehungen untersucht. Letztere haben Auswirkungen auf das Subjekt, indem sie Handlungen ermöglichen oder unterdrücken. Dem FOUCAULTschen Denken verpflichtet, wird nicht das Subjekt an sich verabschiedet, sondern nur eine bestimmte Vorstellung desselben. Statt von Subjekt sprechen die Vertreter/innen deshalb von "Subjektpositionen" (PARKER 1994, S.245) oder vom positioning (HARRÉ & VAN LANGENHOVE 1999). Das heißt z.B. für das Problem der Emotionen, dass diese als Internalisierungen von in Diskursen verhandelten Subjektpositionen und Verhaltensweisen zu begreifen sind. Es heißt aber nicht, dass hier ein Determinationsverhältnis angenommen wird, ganz im Gegenteil, dem Subjekt wird ein "Sich-Verhalten-Zu" zugestanden. [10]
Daneben findet sich – wieder zurück im deutschsprachigen Raum – mittlerweile eine Vielzahl an DA-Ansätzen auch in der Sozialwissenschaft benachbarten Disziplinen. So hat Ingo WARNKE eine "Diskurslinguistik nach Foucault" (2007) und mit SPITZMÜLLER ein Methodenbuch hierzu (2008) vorgelegt. In der Geschichte hat Achim LANDWEHR eine Anleitung zur "Historischen Diskursanalyse" (2008) veröffentlicht, nachdem Philipp SARASIN in "Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse" (2006) den Rahmen abgesteckt hatte. Für die Politologie haben Brigitte KERCHNER und Silke SCHNEIDER (2006) einen Band verfasst, an dem auch Rainer DIAZ-BONE mitgewirkt hat. In den Literaturwissenschaften gibt es viele Publikationen zum Thema, wobei diese eher speziellerer Natur sind, z.B. über "Probleme der Diskursanalyse im Englischen" (KRENN 1985), und nur vereinzelt einen allgemeinen Charakter haben, z.B. die "Historische Diskursanalyse" der Literatur (BOGDAL 2007). [11]
2.1 Kennt Michel FOUCAULT kein (autonomes?) Subjekt?
Das Entstehen der DA ist an die überwiegend im französischen Sprachraum entstandenen "Paradigmen" Strukturalismus und Poststrukturalismus gebunden. Der Strukturalismus trägt insofern zur Entwicklung der DA bei, als er den formalen, gegen die klassische hermeneutische Tradition gerichteten Rahmen liefert: Texte folgen (grammatischen) Regelmäßigkeiten, die nicht vollständig auf das intentionale, sprechende/schreibende Subjekt zurückgeführt werden können; Texte folgen einer eigenen, subjektunabhängigen Logik. Diese Regelmäßigkeiten werden im Strukturalismus als statische Prinzipien betrachtet, die unabhängig vom Kontext der Textproduktion gedacht werden. Mit diesem "rigiden" System unzufrieden, richten die Poststrukturalist/innen ihr Augenmerk auf den Entstehungskontext des Textes sowie dessen historische (Weiter-) Verwendung. Betrachtet also der Strukturalismus Texte als geschlossene, einer Eigenlogik folgende Gebilde, so bettet der Poststrukturalismus sie in einen Kontext ein, d.h. Texte bilden diskursive Formationen, und erst über deren Verknüpfung mit Kontext, Geschichte und Subjektivität über bestimmte Regeln und Mechanismen lassen sich die Logik wie die Wirkweise des Einzeltextes bestimmen. [12]
Will man verstehen, warum sich entgegen dem bis dahin in Frankreich vorherrschenden Denken ein das Subjekt verneinendes (Strukturalismus) bzw. es infrage stellendes (Poststrukturalismus) Paradigma entwickelte, muss der Begriff des Subjekts, für das Text nur eine Chiffre ist, erläutert werden. Das Subjekt wurde bis dato in den vorherrschenden Philosophien als Substanz oder als (Bedeutungs-) Einheit aufgefasst, hatte somit bereits Sinn an sich, z.B. als vernunftbegabtes Wesen, und verlieh aufgrund dieser Bestimmung der Welt Sinn. Subjekt und Sinn stellten eine untrennbare Einheit dar, die sich insbesondere in politischen oder Handlungstheorien wiederfand. Jedoch handeln Menschen oft, ohne dass sie begründen können, warum sie so gehandelt haben, und Menschen handeln sogar – von einer übergeordneten Ebene betrachtet – gegen ihre Interessen. Genau hierauf reagiert der Poststrukturalismus und kritisiert das Subjekt als Substanz oder vorgängige Bedeutungseinheit zugunsten der Vorstellung vom Subjekt als Effekt von Differenzen (DERRIDA) oder Wissens-Macht-Strukturen (FOUCAULT). [13]
Nimmt man diesen Perspektivwechsel ernst, dann ist das Subjekt in seinem historischen Handeln nicht absolut autonom, denn es wird als dieses erst geschaffen und hat nicht bereits qua Existenz Sinn, und es darf nicht als vorgängige Bedeutungseinheit und damit als absolut autonomes Handlungszentrum aufgefasst werden (vgl. RÜB 1990, S.187), denn wenn ihm kein Sinn an sich anhaftet, kann derjenige, der im zuwächst, auch gebrochen, fragmentarisch, fremdbestimmt, diskontinuierlich usw. sein.8) Eine Zurückweisung eines autonomen, verantwortlich handelnden Subjekts jedoch, wie oft interpretiert, bedeutet dies nicht, ganz im Gegenteil. [14]
Verabschiedet wird also nicht das Subjekt an sich, sondern die substanzontologische Vorstellung desselben, die Form und Inhalt gleichsetzt (vgl. ALLOLIO-NÄCKE 2007, S.55ff.) bzw. diese dialektisch aufzuheben versucht (vgl. BUTLER 2003, S.58). Das Subjekt ist demnach "keine Substanz. Es ist eine Form, und diese Form ist weder vor allem noch immer mit sich selbst identisch" (FOUCAULT 1985, S.18). [15]
2.1.1 Das Subjekt als Objekt (Archäologie des Wissens)
Was aber ist dann ein Subjekt bei Michel FOUCAULT? Bereits in der "Archäologie des Wissens" (1973), auf die sich die Diskursanalytiker/innen hauptsächlich berufen, geht FOUCAULT der Hypostasierung des Subjekts (das Subjekt als Objekt) in der Analyse der Konstitution des Wissens durch die Wissenschaften vom Leben nach. So sucht er mittels seiner als Archäologie bezeichneten Methodologie "die Konstitution einer Erkenntnis, das heißt einer Beziehung zwischen einem starren Subjekt und einem Bereich von Objekten, an ihren historischen Wurzeln zu fassen, in der Bewegung des Wissens zu verfolgen, das die Erkenntnis ermöglicht" (FOUCAULT 1996, S.52), also aufzuklären, wie die Menschen "in einen Prozess der Erkenntnis eines Objektbereichs eintreten und dabei sich selbst gleichzeitig als Subjekt mit einem festen und determinierenden Status konstituieren" (a.a.O.). In dieser Analyse rechnet FOUCAULT mit den abendländischen Wissenschaften ab, entlarvt sie als Konstituenten einer bestimmten Rationalität und einer bestimmten Vernunft, die dazu beitragen, das Subjekt als Objekt zu konstituieren und damit epistemologisch zu thematisieren. In dieser Art der historischen Ontologie ging es ihm also um "unser Selbst im Verhältnis zur Wahrheit, durch das wir uns als Subjekte des Wissens konstituieren" (FOUCAULT 1994a, S.275). [16]
Damit legt FOUCAULT zugleich die Historizität dieser Erkenntnisse und dieser Wahrheiten dar, entlarvt die wissenschaftliche Praktik als "eine bestimmte Art, Diskurse zu regeln und zu konstruieren, die einen bestimmten Objektbereich definieren und zugleich den Platz des idealen Subjekts festlegen, das diese Objekte erkennen soll und kann" (FOUCAULT 1996, S.71). Das Subjekt ist damit "keine ahistorische Tatsache, die einen dauerhaften Wesenskern beinhaltet, von dessen Erkenntnis oder Befreiung sich Bestimmungen über gegenwärtiges oder zukünftiges Leben ableiten lassen" (HAFIZ 1997, S.56). Diese Einsicht wird FOUCAULT später dazu führen, genau diese wissenschaftlichen Erkenntnisse in ihrer Relativität wahrzunehmen und deren Veränderbarkeit durch "Erfahrung" zu postulieren (vgl. FOUCAULT 1996, S.24). "Nicht, was die Menschen sind, sondern was sie sein könnten, wie sie anders leben, handeln, denken, ihre sozialen Beziehungen gestalten könnten" (MARTI 1988, S.2), wird FOUCAULT interessieren. [17]
2.1.2 Das Subjekt und die Macht
Ausgehend von diesen archäologischen Analysen gelangte FOUCAULT zu der Thematik, mit der er den monolithischen Block der Geisteswissenschaften sprengte und so das Denken innerhalb dieser revolutionierte: die Analytik der Macht. "Den Aussagen der Humanwissenschaften misstraut Foucault deshalb, weil diese in ihrem Bemühen, die Menschen zu erkennen und zu definieren, immer zugleich soziale Normen festlegen oder reproduzieren" (MARTI 1988, S.2; vgl. FOUCAULT 1996, S.111). Genau hier setzt FOUCAULTs Kritik an, denn auch die so verstandene Macht beruht letztlich auf substanzontologischem Denken.
"Machtausübung bezeichnet [...] nicht einfach ein Verhältnis zwischen individuellen oder kollektiven Partnern, sondern die Wirkungsweise gewisser Handlungen, die andere verändern. Es gibt also nicht etwas wie die Macht oder einen Stoff der Macht, der in globaler, massiver oder diffuser, konzentrierter oder verteilter Form existierte; es gibt Macht nur als von den 'Einen' auf die 'Anderen' ausgeübte. Macht existiert nur in actu" (1994b, S.254). [18]
Es geht also nicht (nur) um Macht als Herrschaft, ganz im Gegenteil. Es geht nicht um die zerstörerische und repressive Gewalt, sondern um die produktive Seite der Macht. Macht ist demnach eine genuine Eigenschaft vollzogener Handlungen: In jedem interaktiven Verhältnis wird Macht reproduziert und ausgeübt. Allerdings besitzt keiner in diesem Verhältnis etwas, was die Macht wäre – Macht ist das Andere, das, was in actu aktualisiert, realisiert und reproduziert wird. [19]
Eine solche Vorstellung von Macht impliziert die Veränderbarkeit von Verhältnissen, denn das Ausüben von Macht in Handlungen ruft immer eine Handlung des Gegenübers hervor und "operiert auf einem Feld von Möglichkeiten, in das sich das Verhalten der handelnden Subjekte eingeschrieben hat" (FOUCAULT 1994b, S.255). Das heißt, dass potenziell das Gegenüber, auf welches Macht ausgeübt und das dadurch erst konstituiert wird, in einer Form antworten kann, die dem entweicht, was es unterdrücken soll. Das heißt aber auch, dass es sich dadurch gleichzeitig als das je Eigene zu konstituieren vermag, indem es Möglichkeiten entdeckt und realisiert, die es ihm oder ihr gestatten, sich abzugrenzen, die "je eigene Art" zu entwickeln und umzusetzen. Macht – als Verhältnis von Partner/innen – ist in diesem Sinne produktiv: Sie schafft reale Entitäten wie das Subjekt und ermöglicht dadurch diesem Handlungen im Sinne von Handlungsfähigkeiten.
"Ein Machtverhältnis errichtet sich demnach auf zwei Elementen, ohne die kein Machtverhältnis zu Stande kommt: so dass der 'andere' (auf den es einwirkt) als Subjekt des Handelns bis zuletzt anerkannt und erhalten bleibt und sich vor dem Machtverhältnis ein ganzes Feld von möglichen Antworten, Reaktionen, Wirkungen, Erfindungen eröffnet" (S.254). [20]
Machtverhältnisse, zu denen auch Herrschaftsverhältnisse zählen, sind folglich immer nach dem Grad zu beurteilen, nach dem sie Möglichkeiten bieten, sich selbst zu verändern. [21]
In den Machtverhältnissen werden Individuen "zu Subjekten im doppelten Wortsinn, einerseits Subjekte ihrer Handlungen, andererseits zu Subjekten in den Augen der Machtinstanzen. [...] Foucault fasst diesen zweiseitigen Vorgang eines Konstitutionsprozesses als 'subjektivierende Unterwerfung', eben als Subjektbildung und Unterwerfung in Machtverhältnissen in einem" (HAFIZ 1997, S.57). Das heißt, dass das Subjekt durch Machtausübung unterworfen wird und sich dieser gleichzeitig aktiv unterwirft, um Handlungsmöglichkeiten – und damit Autonomie – zu erlangen. Und eben um die Möglichkeiten der Veränderung dieser Machtverhältnisse und den daraus resultierenden Formen von Subjektivität geht es FOUCAULT in seinen zahlreichen Analysen, die er dem Phänomen der Macht widmete.
"Ich war bestrebt, Mechanismen der effektiven Machtausübung zu erfassen; und ich tat es, weil diejenigen, die in sie verwickelt sind, in ihrem Handeln, in ihrem Widerstand und in ihrer Rebellion diesen Machtbeziehungen entkommen können, sie transformieren können, kurz, ihnen nicht mehr unterworfen sein müssen" (1996, S.117). [22]
Dieses Selbst ist also nicht das gleiche wie das, von dem Siegfried JÄGER postuliert, "dass die (sehr späten) Überlegungen FOUCAULTs zum (relativ autonomen) Subjekt letztlich nicht an sein Diskurs-Konzept zurückgebunden sind" (JÄGER in DIAZ-BONE 2006a, Abs.62).9) Diskurs (Wissen) und Macht ermöglichen erst die relative Autonomie des Subjekts; sie sind dessen Konstitutionsbedingungen. Mithilfe des Dispositivs lässt sich dies abschießend verdeutlichen. [23]
2.1.3 Wissen – Macht – Subjektivität (Genealogie)
Im Anschluss an die Untersuchungen zur Macht und ihrer unterwerfenden wie konstituierenden Funktion für das Subjekt lässt sich eine dritte Wende10) im FOUCAULTschen Schaffen erkennen: die Ablösung der archäologischen durch die genealogische Methode. Dieser Wechsel zeichnet sich durch die Erweiterung des theoretischen Rahmens durch die nicht-diskursiven Elemente (Institutionen: Staat, Gefängnis, Klinik, Familie, Moral etc.) aus. So wie die Genealogie die Archäologie als Methode umfasst, stellt der Diskurs ein Teil des umfassenderen Dispositivs11) dar (vgl. Abschnitt 2.2). [24]
Im Dispositiv treten uns die Achsen als Linien der Sichtbarkeit und Linien des Aussagens (Wissen), als Kräftelinien (Macht) und als Subjektivierungslinien (Subjektivität) entgegen. Durch die ersten beiden gewinnt das Dispositiv die Fähigkeit, "sehen zu machen oder sehen zu lassen und sprechen zu machen oder sprechen zu lassen" (DELEUZE 1991, S.154). Damit wird bestimmt, welches Wissen und welche Aussagen, die erst Objekte (z.B. das Subjekt) entstehen lassen, an einem bestimmten historischen Ort möglich sind. Die Kräftelinien stellen in dieser Konstellation den Garanten der Stabilität einer solchen Realität dar, sie "bewerkstelligen das Kommen-und-Gehen vom Sehen zum Sprechen und anders herum" (a.a.O.). Schließlich sind da noch die Subjektivierungslinien, denen FOUCAULTs besondere Aufmerksamkeit gilt. Sie können die Dimension bilden,
"durch die der gesamte Raum neustrukturiert wird, um zu verhindern, dass die Kraftlinien definitive Konturen festlegen. Die Subjektivierungslinie ist ein Prozess, eine Produktion von Subjektivität in einem Dispositiv: sie muss, insoweit es das Dispositiv zulässt oder ermöglicht, geschaffen werden. Sie ist eine Fluchtlinie. Sie entgeht allen vorangehenden Linien, sie macht sich davon. Das Selbst ist weder ein Wissen noch eine Macht. Es ist ein Individuierungsprozess, der sich auf Gruppen oder Personen bezieht und sich den etablierten Kräfteverhältnissen sowie den konstituierten Wissensarten entzieht: eine Art Mehrwert" (DELEUZE 1991, S.155f.; vgl. FOUCAULT 1996, S.85). [25]
Es geht also darum, die bestehenden Beziehungen zwischen den drei Dimensionen (Wissen – Macht – Subjektivität) zu erkennen und sich in dieser Konstellation als ein Subjekt zu begreifen, "das um seine letztlich nie zu überwindende Unterworfenheit weiß und sich durch seine reflektierte Lebenskunst, eine 'Ästhetik der Existenz' ... [FOUCAULT 1986, S.317] konstituiert und so Momente von Freiheit gewinnt; ein gedoppeltes Subjekt also, das unterworfen und frei zugleich ist" (RÜB 1990, S.199). [26]
Insofern lässt sich hier abschließend, auf JÄGER antwortend und in Ausblick auf den kommenden Abschnitt resümieren, dass es nicht ausreicht "zu sagen, dass das Subjekt in einem symbolischen System gebildet wird. Es bildet sich in realen und historisch analysierbaren Praktiken. Es gibt eine Technologie der Selbstkonstitution, die symbolische Systeme durchschneidet, während sie sie gebraucht" (FOUCAULT 1994a, S.289). [27]
2.2 War Michel FOUCAULT ein Konstruktivist?
Diese Verwirrung muss sich FOUCAULT selbst zuschreiben lassen, hat er diese doch selbst provoziert, indem er nicht suffizient das Verhältnis von Diskurs und Wirklichkeit spezifiziert hat. Vielmehr noch hat er den Diskursbegriff in dreifacher Weise verwendet, sodass es einige Mühe macht, diese auseinanderzuhalten. Dennoch lohnt sich eine solche Analyse, denn auch im Kontext der Diskursanalyse wird dieses Problem immer wieder virulent, wenn Siegfried JÄGER "eindeutig ein Nebeneinander von Diskurs und Wirklichkeit" bzw. einen "Dualismus zwischen Diskurs und Wirklichkeit" postuliert (vgl. 2006, S.91 bzw. 92) oder Reiner KELLER "von einem allzu starken Akzent auf der Emergenz, Autonomie und Eigenwilligkeit der Wissensordnungen oder -strukturen" (2006, S.126) spricht. [28]
Diskurs bezeichnet bei FOUCAULT erstens etwas Ontisches, also etwas, das unabhängig vom persönlichen Sein existiert, zweitens eine ganzheitlich umfassende Realität und drittens eine Fiktion12). Verschwindet die Bedeutung als ganzheitlich umfassende Realität im Laufe der Entwicklung seiner Theorie, indem diese mit dem später eingeführten Begriff des Dispositivs belegt wird, bleibt die Konfusion des Diskursbegriffs als ontische und als fiktive Kategorie bestehen. [29]
Im Grunde ist es irreführend, den Begriff "Diskurs" zu verwenden, denn "der Begriff 'Diskurs' bezeichnet eine Praxis und nicht, wie die Sprache, einen Gegenstand, ein Objekt" (BUBLITZ 1999, S.23). Jürgen LINK weist darauf hin, dass der Begriff lediglich eine Abkürzung für 'diskursive Formation' sei. Auch wenn dieser Begriff ebenfalls eher statisch erscheint, so meint er doch eine Praxis, denn " 'diskursive Formationen' (kurz Diskurse) produzieren und enthalten spezielle Wissensmengen" (LINK 1999, S.151) und definieren so den Bereich des Wahren. Für Michel FOUCAULT gibt es eine ontische Seite dieser diskursiven Formationen:
"Foucault [...] geht im Einklang mit der Archäologie stets von einem bestimmten und endlichen Corpus aus, so verschiedenartig dieses auch sein mag, von gesprochenen Worten und von Texten, von Sätzen und von Propositionen, die in einer Epoche hervorgebracht wurden und deren 'Aussageregelmäßigkeiten' er herausarbeiten möchte" (DELEUZE 1992, S.80). [30]
Auf dieser Ebene wäre es demnach das Einfachste, Diskurs wie folgt zu definieren: Der Diskurs ist die erschöpfende Anzahl von Äußerungen (geschriebene oder gesprochene Texte), die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auffindbar sind – in ganz ähnlicher Weise definieren Diskursanalytiker/innen ihren Gegenstand (zum Zeitaspekt vgl. BUBLITZ, BÜHRMANN, HANKE & SEIER 1999, S.11). [31]
Völlig vernachlässigt wird dabei aber die produktive Seite, die Handlungsebene von Sinnstiftung durch Sprechen/Schreiben und als Sinnstiftung durch Lesen/Wieder- bzw. Neuerzählen, denn der Diskurs wird so auf Aussagen als (manifeste) Texte oder Sätze reduziert. Aus dem Blick gerät, dass sich Sinn nur in einem diskursiven Raum (Kontext) erschließt – also außerhalb der Äußerung, des Textes, liegt (vgl. BUBLITZ 1999, S.23). Diese Ausblendung machen sich Diskursanalytiker/innen zu eigen, vor allem wenn es darum geht, die FOUCAULTschen Analysen als Methode, als DA, fruchtbar zu machen. Demnach ist es irreführend, wie z.B. JÄGER (1999b) vorschlägt, im bestmöglichen Falle alle verfügbaren Dokumente zu sichten, um möglichst den Diskurs in seinen Aussageregelmäßigkeiten zu erfassen, auch wenn er dann rät, sich aufgrund der "riesigen Materialfülle" einzuschränken. Eine solche Einschränkung müsse jedoch "genau begründet werden" (JÄGER 1999a, S.136f.). JÄGER erliegt damit einem ontologischen Trugschluss, denn er suggeriert, der Diskurs wäre als positivum erfassbar, der daraus resultierende fiktionale Diskurs sei etwas Vorgängiges, das es der Welt zu entreißen, das es abzulesen gilt – die Regeln dafür, wie gelesen werden soll, erscheinen so dem Diskurs immanent zu sein: "Zu glauben, dass es 'draußen' in der Welt tatsächlich eine Geschichte gibt, die darauf wartet, entdeckt zu werden – als etwas, das unabhängig von dem Prozess der narrativen Bedeutungskonstruktion existiert –, bezeichnen wir als ontologischen Trugschluss" (BROCKMEIER & HARRÉ 2005, S.42). [32]
Einer Sichtweise, wie sie JÄGER offensichtlich vertritt, hat sich FOUCAULT selbst immer verwehrt – in "Die Ordnung des Diskurses" (2003), die viel konkreter hinsichtlich der Methodologie und Methode der DA ist. Allerdings wurde dieses Werk nicht hinreichend rezipiert. Diese theoretische Unterbestimmtheit, die auch offen zugegeben wird (vgl. DIAZ-BONE, 2006b, Abs.12 u. 18), lässt sich in allen Formen der DA im deutschsprachigen Raum finden:
"Ob es sich nun um eine Philosophie des begründenden Subjekt handelt oder um eine Philosophie der ursprünglichen Erfahrung oder um eine Philosophie der universellen Vermittlung – der Diskurs ist immer nur ein Spiel: ein Spiel des Schreibens im ersten Fall, des Lesens im zweiten oder des Tauschs im dritten. Und dieses Tauschen, dieses Lesen, dieses Schreiben spielen immer nur mit den Zeichen" (FOUCAULT 2003, S.32f.). [33]
Nach FOUCAULT sind diese drei Varianten, "Wahrheit" über die Welt aussagen zu wollen, Fiktionen, Verschleierungen der subjektiven Weltsicht, die in einem wissenschaftlichen, 'objektiven' Kontext eliminiert werden muss (vgl. a.a.O., S.31f.). [34]
Dass es für FOUCAULT zwar dennoch so etwas geben muss wie einen ontischen Diskurs, dieser – als Ganzes – aber auf dieser Ebene nicht fassbar ist, soll folgendes Zitat zeigen: "Der Diskurs ist ihnen [den Kontrollen und Prozeduren; LAN] ausgeliefert, aber [...] in dieser seiner Spezifität existiert er auch gar nicht ohne sie" (S.79). Das heißt, es ist nicht möglich über den Diskurs zu sprechen oder ihn darzustellen, ohne ihn zu verfremden, ihn erst zu erschaffen, Sinn zu (re)produzieren und damit realisierte Fiktionen zu erzeugen.13) "[D]arin liegt die Materialität von Diskursen" (BUBLITZ 1999, S.23). [35]
Das heißt, erst indem ein bestimmter Diskurs benannt und durch Strukturierung/Zusammenstellung erkannt wird, wird dieser zu einer wahrnehmbaren Entität14):
"Aber dieser Diskurs ist nicht da; Souveränität erlangt das 'Ich spreche' nur in Abwesenheit jeglichen anderen Sprechens; der Diskurs, von dem ich spreche, existiert nicht, bevor ich diesen nackten Satz ausspreche, und er verschwindet, sobald ich verstumme" (FOUCAULT 2001c, S.671f.). [36]
FOUCAULT benennt mehrere Prozeduren und Kontrollmechanismen, die das Wesen des (ontischen) Diskurses verändern und bestimmen: Prozeduren der Ausschließung (z.B. das verbotene Wort, Grenzziehung zwischen Wahrem und Falschen, zwischen Vernunft und Wahnsinn), Prozeduren der Kontrolle und Einschränkung (z.B. Kommentar, Autor/infunktion, Organisation der Disziplinen) und der Verknappung der sprechenden Subjekte (Festlegung von Ritualen und Doktrinen in und für Diskursgemeinschaften). [37]
Die wichtigste dieser Prozeduren stellt die verknappende Funktion des Autors/der Autorin – als Spezialfall der Verknappung der sprechenden Subjekte – dar. Es handelt sich dabei "nicht um den Autor als sprechendes Individuum, das einen Text gesprochen oder geschrieben hat, sondern um den Autor als das Prinzip der Gruppierung von Diskursen, als Einheit und Ursprung ihrer Bedeutungen, als Mittelpunkt ihres Zusammenhalts" (FOUCAULT 2003, S.20). Das heißt, der konkrete Autor/die konkrete Autorin bestimmt, was als Diskurs wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden kann – und zwar zum einen durch seine/ihre Gruppierungsfunktion, zweitens durch die Sinnstiftung und Bedeutungsgebung und drittens durch die Begründung der Einheit zwischen den verschiedenen Textfragmenten. [38]
Bereits der Schritt der Gruppierung von Texten muss als erste Verknappung des Diskurses durch die Autor/innen angesehen werden: die spezifische Auswahl von Texten unter einer bestimmten thematischen Fokussierung. Hinsichtlich der Thematik, die die Autor/innen interessieren, wählen sie bestimmte Texte aus einer endlichen Anzahl von Einzeldokumenten und schließen unbewusst wie bewusst andere aus. Das erscheint legitim, denn es ist für jedes Einzelindividuum erstens unmöglich, alle geschriebenen und sprachlichen Äußerungen zu sichten und zu berücksichtigen. Zweitens ist das Forscher/innensubjekt, das gleichzeitig Autor/in und Schöpfer/in ist, immer und notwendigerweise interessengeleitet – und dieses Interesse schlägt sich auch in der Art und Weise der Hypothesenbildung, der Theorieprüfung sowie im Umgang mit dem empirischen Material nieder: "Das Werk ist mehr als das Werk, das Subjekt, das es schreibt, ist Teil des Werkes" (FOUCAULT 1984, S.607). [39]
Da der Diskurs eine Form ist (vgl. KONERSMANN 2003, S.77) – also an sich bedeutungslos – kommt es den Autor/innen zu, die aufgefundenen Äußerungen im Einzelnen zu interpretieren, ihnen also jeweils einen Sinn zu verleihen und übergreifend eine bestimmte Bedeutung zuzuschreiben: der fiktive Diskurs ist ein Produkt der Subjektivität des Autors/der Autorin:
"Der Diskurs ist nicht in ein Spiel von vorgängigen Bedeutungen aufzulösen. Wir müssen uns nicht einbilden, dass uns die Welt ein lesbares Gesicht zuwendet, welches wir nur zu entziffern haben. Die Welt ist kein Komplize unserer Erkenntnis. Es gibt keine prädiskursive Vorsehung, welche uns die Welt geneigt macht" (FOUCAULT 2003, S.34). [40]
Auf diese Weise werden die Autor/innen hier als sinnstiftendes und bedeutungsgebendes Prinzip zum zweiten Male verknappend wirksam. Im Anschluss daran – im dritten Schritt der Verknappung – versuchen sie eine Einheit, einen Ursprung aller dieser Äußerungen zu definieren (vgl. S.32). Dies benötigen sie, um zu begründen, dass jede dieser Einzeläußerungen einem bestimmten Prinzip folgt, und sie somit zum Teil des Diskurses zu machen: "Der Diskurs verliert so seine Realität, indem er sich der Ordnung des Signifikanten unterwirft" (S.33).15) Zu Recht bezeichnet FOUCAULT diesen Bedeutungsgebungsprozess als "Gewalt, [...] die wir den Dingen antun, jedenfalls als eine Praxis, die wir ihnen aufzwingen" (S.34f.). [41]
Was lediglich wie eine mahnende Ablehnung des abendländischen Wahrheitsdenkens seit DESCARTES' cogito daherkommt, beinhaltet jedoch viel mehr und hat weitreichende Konsequenzen – für jede diskursanalytische Herangehensweise wie auch für das FOUCAULTsche Werk selbst. Hat FOUCAULT nicht allen seinen Leser/innen und Interpret/innen immer wieder gesagt, dass er nichts anderes als Fiktionen schreibt? Man hat ihm nicht geglaubt, denn das hehre Kriterium der Objektivität schien – und scheint in methodischen Diskussionen zur Diskursanalyse noch immer – in Gefahr. Es war Gilles DELEUZE, der den Status der Fiktionalität der FOUCAULTschen Analysen als erster betonte, möglichen Kritiker/innen jedoch zugleich zuvorkommend die Tatsache vor Augen führte, dass mit FOUCAULT "Fiktion [...] niemals so viel Wahrheit und Realität produziert" (DELEUZE 1992, S.169f.) hat. Das heißt, erst durch das Benennen einer bestimmten Bedeutung des Diskurses, z.B. als Ausschluss in Form von Verbot, Grenzziehung oder Verwerfung (vgl. FOUCAULT 2003, S.11), wird der Diskurs samt seiner Wirksamkeit erkennbar, wird der Diskurs als solcher inauguriert. Und erst durch dieses Benennen erhält das Subjekt – Autor/in wie Rezipient/in – die Möglichkeit, sich zur Welt zu verhalten, in ihr zu handeln und auf einen spezifischen Diskurs und die damit verbundenen Prozesse zu reagieren. Diskurs ist somit nicht Sein, sondern Fiktion. Er wechselt von einem ontischen Status hin zu einem fiktiven – er reiht sich ein in die Welt der Bedeutungen, in der Menschen leben und handeln, und nicht in eine des vorgängigen Seins. [42]
Es kommt Judith BUTLER zu, hier am Beispiel von Geschlecht und Körper, Eindeutigkeit in der Rezeption des FOUCAULTschen Ansatzes hergestellt zu haben, indem sie überzeugend darlegte, dass es sich bei Diskurs und Wirklichkeit nicht um zwei getrennte Modi handelt, sondern dass beide ineinanderfallen. Diskurs ist nicht Wirklichkeit, sondern handfeste Realität (vgl. am verständlichsten BUTLER 2003; aber auch 1991, 1997, 2001). Für JÄGER hat die Fehlinterpretation, dass Diskurs und Wirklichkeit auseinanderfallen, die Konsequenz, zwangsläufig eine Vermittlungsinstanz zwischen beiden Ebenen einführen zu müssen – das tätige Subjekt, das er aus der marxistisch geprägten Tätigkeitspsychologie Alexej N. LEONTJEWs (1982) entnimmt –, womit er dieses philosophisch inkompatible Verständnis der DA quasi anhängt: "Diskurse determinieren Realität, natürlich immer nur über die dazwischentretenden tätigen Subjekte in ihren gesellschaftlichen Kontexten als Co-Produzenten und Mit-Agenten der Diskurse und der Veränderung von Wirklichkeit" (JÄGER 1999b, S.168).16) [43]
Bleibt die Frage an Reiner KELLER zu richten, wie sich das hier vertretene Verständnis zu seiner wissenssoziologischen DA verhält, die sich als Erweiterung BERGERs und LUCKMANNs versteht. Die Autoren gingen von der "gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit" (1980) aus. Sind diese Überlegungen kompatibel zu denen Michel FOUCAULTs? Oder um welchen Diskursbegriff handelt es sich, wenn KELLER BERGER und LUCKMANNs Buch "um ein Kapitel 'Diskurse' " ergänzen will (KELLER 2006, S.117)? [44]
Und an Jürgen LINK geht die Frage, ob sich wirklich generativ(istisch)e Vorstellungen in dieses Denken einfügen lassen oder ob sie diesem nicht doch widersprechen, denn eine Veränderung von Wirklichkeit qua Praxis – und Sprechen ist nur ein Teil davon – impliziert auch ein "Sich-Verhalten-Zu" wie auch immer gearteten biologi(sti)schen Programmen, die den Menschen (angeblich) determinieren? [45]
2.3 Kommt FOUCAULT ohne Hermeneutik aus oder schließen sich DA und Hermeneutik aus?
Auch wenn Diskursanalytiker/innen wegen der angenommenen Trennung von Objekt und Subjekt, Realität und Diskursivität noch immer oft davon ausgehen, DA und Hermeneutik würden einander ausschließen bzw. bedürften einer "Vermittlung" (vgl. REICHERTZ 2005), wird hier die Auffassung vertreten, dass ein hermeneutisches Vorgehen für die Durchführung einer DA unerlässlich ist. Denn wenn der Autor/die Autorin – und nicht der Diskurs an sich – die Bedeutung, den Aussagegehalt des Diskurses bestimmen, dann wird folglich auch das Problem des Interpretierens und des Verstehens angesprochen, also das Auslegen von Texten.
"Hermeneutische Ansätze gehen von dem Subjekt aus, dessen persönliche Deutungsmuster entziffert werden sollen. Die Diskurs-analyse [sic!] dagegen hat sich vorgenommen, die eher formale Regelhaftigkeit der Diskurse herauszufinden. Der Gegensatz zwischen Hermeneutik und Diskurstheorie ist aber gar nicht so groß. [...] Auch in der Praxis der Diskursanalyse zeigt sich, dass ohne Hermeneutik und Subjektbegriff Sozialforschung in angemessener Weise nicht unternommen werden kann" (WALDSCHMIDT 1999, Abs.1). [46]
Es gibt kein Entrinnen aus dem "Haus der Sprache", denn die Sprache vermittelt unseren Weltbezug. Da Text und verstehendes Subjekt sich aber des gleichen Ausdrucksmittels bedienen – der Sprache –, ist eine Trennung zwischen Objekt (Text) und Subjekt (verstehenden, interpretierenden Wissenschaftler/innen) nicht aufrechtzuerhalten. Folglich verbleibt jeder Verstehens- und Deutungsprozess im hermeneutischen Zirkel und damit auch wesenhaft subjektiv. Ein Interpretieren, Auslegen und Verstehen bedarf deshalb immer der Vermittlung und spricht nicht für sich selbst. [47]
Michel FOUCAULT wäre aber nicht er selbst, wenn er nicht auch daran etwas auszusetzen gehabt hätte. Seine historischen Analysen legen nahe, Hermeneutik als eine universale Methode abzulehnen. Nimmt man seine Äußerungen zum "Autor" im Speziellen und zum Subjekt im Allgemeinen ernst, so kann Hermeneutik keine universelle ahistorische Methode sein, denn Interpretationen sind nicht über Zeit und Raum invariant – vor allem nicht, da sie an die sprachlichen Fähigkeiten und an die gesellschaftliche Teilhabe gebunden sind. Wie bereits erwähnt: "Aussagen ändern ihren Sinn je nach dem diskursiven, dem gesellschaftlich-politischen und historischen Kontext, in dem sie stehen, je nach dem 'diskursiven Praxisfeld', in welches sie eingebettet sind" (BUBLITZ 1999, S.23). Hermeneutik ist demnach keine universelle Methode, sondern ein Vorgang, der sich immer innerhalb bestimmter sozialer Prozesse vollzieht. [48]
Kritiker/innen haben FOUCAULT immer wieder vorgeworfen, er suggeriere mit seiner Theorie eine universelle Perspektive und verkenne, dass seine Aussagen nur für eine bestimmte Epoche und für den spezifisch französischen Kulturraum gelten. Dabei verkannten sie allerdings, dass sich FOUCAULTs "methodisches Vorgehen" lediglich auf eine Form bezog, nicht auf den konkreten Inhalt. Der Inhalt, der ganz klar aus einer bestimmten raum-zeitlichen Konstellation (vornehmlich der französischen Gesellschaft und Kultur) gewonnen wurde, diente als Illustration: "Mein Problem bestand darin, selbst eine Erfahrung zu machen und die anderen aufzufordern, vermittelt über einen bestimmten historischen Inhalt an dieser Erfahrung teilzunehmen" (FOUCAULT 1996, S.28f.; Kursivsetzung LAN). Die inhaltliche Ausgestaltung obliegt demnach immer dem interpretierenden Subjekt, welches mit der DA als Methode arbeitet, auf das je konkrete, raum-zeitliche Vorwissen zurückgreift und aufgrund dessen Interpretationsversuche vornimmt.
"Eine 'reine Beschreibung diskursiver Ereignisse' ist schlechterdings unmöglich, wenn damit gemeint ist, dass Regelmäßigkeiten ohne Vorwissen bzw. Hypothesen oder Vermutungen als Zusammenhang auch anerkannt werden können. Erst eine theorie- bzw. hypothesengeleitete Beobachtung gibt Hinweise, nach welchen Zeichen gesucht werden muss und wie sich eine Regelmäßigkeit als solche zeigt" (DIAZ-BONE 1999, S.128). [49]
Und genau in diesem Moment muss konsequenterweise von einer Kulturhermeneutik statt von Hermeneutik gesprochen werden, denn Interpretationen und Auslegungen vollziehen sich mittels spezifischer Kulturtechniken und sind in ihrer gesellschaftlich geprägten Form verschieden – sie verweisen auf einen praxeologischen Standpunkt (vgl. ALLOLIO-NÄCKE & KALSCHEUER 2005, S.444ff.). [50]
In diesem kulturhermeneutischen Sinne ist auch jede DA zu betrachten. Die DA legt den Grundstein der Methode, sie liefert ein formalisiertes Verfahren, sich Texten zu nähern, sie zu strukturieren, Ähnlichkeiten aufzudecken und schließlich daraus einen Diskurs zu gewinnen. Eine übergreifende Aussage über einen Text oder über ein Cluster von Texten ist jedoch mittels dieses Verfahrens allein nicht möglich. Erst die (subjektive) Kunst der Interpretation und deren anschließende Darstellung und Vermittlung machen den eigentlichen Aussagekern und damit ihren wissenschaftlichen Gehalt aus (vgl. JÄGER 2006, S.108). Um den Nachvollzug der Interpretationen, ein maximales Verstehen – das dennoch nie ein vollständiges sein kann – zu ermöglichen, bedarf es also zweierlei: erstens die bereits weiter oben beschriebene Rückbindung der Interpretation an die sichtbaren gesellschaftlichen Strukturen als auch zweitens an die biografische Geschichte des schreibenden Subjekts, um somit einen Horizont zu eröffnen, welche kulturell geprägten Erfahrungen und Weltinterpretationen in die Analyse einfließen. [51]
Was also Diskursanalysen produzieren, sind Fiktionen, die – wie das FOUCAULTsche Werk selbst zeigt – mehr oder weniger glaubhaft und nachvollziehbar sind.17) Erst diese Glaubhaftigkeit, die mittels Rückbindung an die nicht-diskursiven Strategien und an die "öffentlich und gemeinschaftlich geteilten Bedeutungen" (BRUNER 1997, S.31)18) oder Kollektivsymbolik (LINK 2006) erfolgt, und die daran knüpfende Nachvollziehbarkeit führen dann dazu, dass die subjektiv gewonnenen Ergebnisse als wahr gelten können.19) Dies ist auch der Grund, warum es für diskursanalytische Arbeiten kein besseres Objektivitätskriterium als die Nachvollziehbarkeit geben kann, mittels der sie ihre Legitimität begründet.
"Die Grundthese [...] ist schlicht, dass Wissen nur 'richtig' oder 'falsch' ist im Lichte der Perspektive, die wir gewählt haben. Solche Urteile über richtig und falsch – so gut wir sie auch immer überprüfen können – summieren sich nicht zu absoluten Wahrheiten und Falschheiten. Wir können bestenfalls hoffen, uns über unsere eigene Perspektive und die Perspektiven anderer ganz klar zu sein, wenn wir Ansprüche auf 'Richtigkeit' und 'Falschheit' erheben" (BRUNER 1997, S.43). [52]
Jede andere Begründung verbleibt auf der Ebene der Suggestion, des Glauben-Machens, indem z.B. davon ausgegangen wird, es handele sich um auffindbare, lediglich gründlich entzifferbare Texte, die bereits einen Sinn "murmeln", "den unsere Sprache nur noch zu heben braucht" (FOUCAULT 2003, S.32).20) Auch hinsichtlich der Validität der Aussagen kann nur das Kriterium der Plausibilität angesetzt werden, erinnert man, dass der Diskurs lediglich eine Form ist, die an sich keine Bedeutung enthält. Das heißt, dass "Validität subjektiv ist und nicht objektiv: Es ist nämlich die Plausibilität der Schlussfolgerung, die zählt. Und die Plausibilität liegt, um ein Klischee noch zu verbiegen, im Ohr des Betrachters" (CRONBACH 1982, S.108). [53]
Diese Gedanken im Hinterkopf sind die Ausführungen Siegfried JÄGERs zu einer "Kritische Diskursanalyse" (1999b) in einem neuen Lichte zu betrachten, und es ist Jürgen LINK zuzustimmen, dass die Formulierung Kritische Diskursanalyse "pleonastisch" (2006, S.427) ist: Die Diskursposition des Autors/der Autorin fließt generell schon in sein/ihr methodisches Vorgehen ein und muss nicht als dieses noch einmal separat herausgestellt werden, wie dies bei JÄGER im Anschluss an eine DA gefordert wird. Diese Dopplung ergibt sich notwendigerweise aus dem Missverständnis, Subjekt- und Diskurstheorie hingen bei FOUCAULT nicht stringent zusammen (vgl. Absatz 2.2). [54]
Muss nun die Kritische Diskursanalyse verworfen werden? Mitnichten. JÄGER selbst erkennt die Funktion des Autors/der Autorin und damit auch der Fiktionalität des diskursanalytischen Produktes an, auch wenn er deren Funktion (als Kritiker/in) außerhalb des diskursanalytischen Vorgehens ansiedelt und somit der FOUCAULTschen Position eine (nicht notwendige) Erweiterung anfügt – und gleichzeitig suggeriert, die "objektive Methode" werde als objektivierende nicht angetastet, denn die Subjektivität wird als Sahnehäubchen nachgeliefert. Das Kritische der DA, so JÄGER, liege im Standpunkt, in der Haltung des Autors/der Autorin selbst. Dieser Standpunkt bestimme, welche Thematiken zu welchem emanzipatorischen Zweck diskursanalytisch angegangen werden, welche versteckten Strukturen und Denkweisen herausgearbeitet und von einem bestimmten ethisch-moralischen Standpunkt kritisiert werden. Deshalb könne und dürfe die Kritische Diskursanalyse nie wertungsfrei sein, da sie ein emanzipatorisches Ziel mit der Aufdeckung bestimmter diskursiver Ausschlussmechanismen verbindet:
"Es geht darum, die gefundenen Sachverhalte zu kritisieren und zu bewerten. Die Beschreibung von Diskursen bzw. Diskurssträngen ist nur eine wichtige Voraussetzung dazu. Und erst dann, wenn wir in der Lage sind, die gefundenen diskursiven 'Sachverhalte' wohlbegründet zu bewerten und zu kritisieren, wird die Diskursanalyse zu einer Kritischen Diskursanalyse" (JÄGER 1999b, S.220f.). [55]
Nichts anderes war die Aussage FOUCAULTs, indem er dem Autor/der Autorin die Deutungs- und Gruppierungsmacht – und damit auch deren implizite Kritik – zusprach. Kritik ist demnach jeder DA immanent und muss nicht als eigens formulierter Standpunkt am Ende nochmals hervorgehoben werden. Es sollte selbstverständlicher Bestandteil der DA selbst sein, die eigene Diskursposition offenzulegen, ohne (marxistisch inspiriert) dazu aufgerufen zu sein. Und vor allem sollte dies vor und während der Analyse und nicht im Anschluss daran geschehen, denn der Standpunkt fließt von vornherein in das Ergebnis der DA ein und schaut nicht abschließend bewertend vom Ende her auf die sonst "neutrale" Analyse. [56]
Am Ende sei hierzu noch auf Hubert L. DREYFUS' und Paul RABINOWs Buch "Michel FOUCAULT. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik" (1994) hingewiesen. Auch dieser Titel wurde zu oft falsch verstanden, denn er bedeutet nicht, dass sich das diskursanalytische Projekt weder strukturalistischer noch hermeneutischer Praxen bedient, sondern vielmehr beide in sich vereint und damit jede für sich überwindet. DREYFUS und RABINOW bezeichnen dies als "interpretative Analytik" (S.11ff.). Damit einher geht aber auch, dass sich Michel FOUCAULT selbst nicht als Strukturalist oder "klassischer" Hermeneutiker verstand – er selbst entzog sich allen Kategorisierungen (vgl. DEFERT 2003, S.358). [57]
Zuletzt und grundsätzlich unterstütze ich Reiner KELLERs Weg, die DA mit sozialwissenschaftlicher Hermeneutik und interpretativer Sozialforschung zu kombinieren. Dabei wäre allerdings noch einmal gründlich zu überlegen, welche der damit gemeinten Interpretationsmethoden infrage kommen und welche sich aufgrund der vorgebrachten Argumente disqualifizieren. Zudem wäre sein Vorwurf gegenüber FOUCAULT, der von "einer polemisierenden Abgrenzung gegen Hermeneutik als endlose, unkontrollierbare Sinnesauslegung und vergebliche, eigenen Vor-Urteile projizierende Suche nach Tiefenstrukturen" ausgehe (KELLER 2006, S.126) zu überdenken. [58]
2.4 Kann man ein Dispositiv wie einen Diskurs behandeln und analysieren?
Mittlerweile ist die Debatte um die DA in der Aufarbeitung des FOUCAULT-Œuvres beim Konzept des Dispositivs angekommen und reagiert darauf. Insbesondere Rainer DIAZ-BONE und Siegfried JÄGER (2006, S.108ff.) haben jüngst vorgeschlagen, der Diskursanalyse eine Dispositivanalyse folgen zu lassen. [59]
Allerdings halte ich dieses Ansinnen für wenig fruchtbar, selbst wenn man wie JÄGER das Dispositiv konzipiert als
"rotierenden und historisch prozessierenden Kreis mit drei zentralen [...] Durchgangsstationen [...]: 1. Diskursive Praxen, in denen primär Wissen transportiert wird. 2. Handlungen als nichtdiskursive Praxen, in denen aber Wissen transportiert wird, denen Wissen vorausgeht bzw. das ständig von Wissen begleitet wird. 3. Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen, die Vergegenständlichungen diskursiver Wissens-Praxen durch nicht-diskursive Praxen darstellen, wobei die Existenz der Sichtbarkeiten ('Gegenstände') nur durch diskursive und nichtdiskursive Praxen aufrechterhalten bleibt" (a.a.O. – kursiv LAN) [60]
Wie die Hervorhebungen zeigen, bleibt die Analyse auf dasjenige beschränkt, was von JÄGER als 'Wissen' bezeichnet wird. Ist dieses bereits schon schwer umfassend und eindeutig zu erfassen, wie JÄGER selbst zugibt, so bleibt das, was den Garanten des Dispositivs ausmacht, ganz außen vor: die Macht. Und wie will man das fassen, was FOUCAULT als Macht beschreibt? Und schließlich, wie den Mehrwert, den die Produktion von Subjektivität ausmacht? (s.o.) [61]
Insofern plädiere ich mit Jürgen LINK (2006, S.414ff.) eher für ein Verständnis des Dispositivs als gesamtgesellschaftliche Realität, die sich zwar stark reduziert abbilden läßt, aber nicht vollständig analysierbar ist. Jeder Versuch über ein Modell, wie es LINK (a.a.O.) vorlegt, hinaus, oder wir es bei Gilles DELEUZE (1991, S.154, s. Abs.25) ausformuliert finden, muss scheitern. Bezug der Aussagen des Diskursfragments bzw. Diskursstranges auf das Dispositiv kann also lediglich bedeuten, es/ihn in den diskursive Kontext und in Bezug auf ein diskursives Ereignis zu verorten. [62]
3. Konsequenzen und Desiderata
Eine ausführliche wie eindrückliche Liste von Problemen, die sich mit der DA ergeben, findet sich bei PARKER und BURMAN (1993). Hier werden 32 methodische, epistemologische und politische Probleme angesprochen und erläutert. Zu den sechs methodischen Kernproblemen zählen sie: 1. Zeit- und Arbeitsintensität; 2. Schwierigkeit der Bestimmung, ab wann ein Diskurs als ein diskretes Ereignis von einem anderen unterschieden werden kann oder ob er nur deshalb als solches erscheint, weil er in bestimmten Kontexten in einer bestimmten Form vorkommt; 3. Schwierigkeit, vom Einzeldokument zu einem höheren kontextuellen Aggregat zu gelangen (Frage der Verallgemeinerung); 4. notwendiger Reduktionismus auf einen begrenzten (meist fachspezifischen) Textkorpus; 5. Ambivalenz und Polyvalenz der Ergebnisse (es gibt nicht eine richtige Interpretation des Textes) und 6. die Machtfunktion der Forscher/innen, also Teil dessen zu sein, was in einer Kritischen DA zum Gegenstand wird. Neben diesen allgemeinen Problemen, die viele qualitative Methoden betreffen, möchte ich drei mir wichtig erscheinende Punkte separat herausgreifen, von denen ich meine, dass sie bis heute von allen Vertretern und Vertreterinnen der Diskursanalyse unzureichend wahrgenommen und entsprechend nicht beantwortet wurden. [63]
Kann eine (gesellschafts-) kritische Methode oder eine solche Haltung, einmal Standard geworden, noch kritisch sein (vgl. STAM, 2006)? Wenn ja, was heißt dann Kritik und welchen Stellenwert hat sie? Wie geht man mit der eigenen Machtposition um, die man – man ist selbst ein handelndes Subjekt und damit Teil dessen, was in einer DA zum Gegenstand wird – ja nicht abschütteln oder leugnen kann (vgl. hierzu kritisch FOUCAULT 2001c, S.675)? [64]
Und wie geht man in einer solchen Situation mit der Stellvertretung bzw. dem Repräsentationsproblem um? Wer spricht wie über wen und mit welcher Legitimation? Und warum wird eine bestimmte Gruppe (z.B. Psychotiker/innen, Schwule, Schwarze) als marginalisiert wahrgenommen, die dann mittels DA emanzipatorisch in die Lage versetzt werden soll (so JÄGER 1999b), sich zu positionieren, die eigenen gesellschaftlichen Zwänge zu erkennen und sich aus diesen zu lösen? Was heißt es – mit allen politischen wie wissenschaftlichen Friktionen – als jemand zu sprechen? Oder schließt sich dies nicht gegenseitig aus? [65]
Schließlich ist eine DA immer standortgebunden, von Forschenden erzeugt und kann somit nie behaupten, dass sie den Diskurs abbildet. Was aber ist eine (ge-) wichtige Interpretation? Wenn es keine einzige Wahrheit gibt, sind dann alle diskursanalytischen Aussagen gleich wichtig, gleich wahr? Oder was privilegiert einen Diskurs vor dem anderen? Eventuell nur, dass er einen befreienden Anspruch hat? Und was ist eigentlich ein Diskurs? Kann jeder Alltagsgegenstand zum Diskurs werden? Ist es demnach das Gleiche, über Familie, Mutterschaft und Kindheit zu sprechen wie über Stofftiere oder Hausarbeit? [66]
3.2 Methodologische Mehr- statt Unterbestimmung
Bereits deutlich geworden sein dürfte, das aus meiner Perspektive zwischen den aktuellen, zu Methoden ausgearbeiteten DAs und der angeblichen theoretischen Basis, dem Œuvre Michel FOUCAULTs, eine Kluft besteht. Für mich kann es hierfür nur zweierlei Lösung geben: Entweder man entscheidet sich, den theoretischen Rekurs auf Michel FOUCAULTs Denken zu streichen und entgeht so dem Beigeschmack, etwas vorzulegen, was fast nichts mehr mit Michel FOUCAULT zu tun hat. In diese Richtung verstehe ich den Vorschlag Reiner KELLERs, der statt den Begriff DA zu verwenden eher von Diskursforschung sprechen möchte (vgl. 2007). Dies wäre unbedenklich und konsequent, allerdings wäre darauf zu achten, wen und welche Wissenschaften man in dieses Label einbindet, damit es innerhalb der qualitativen Sozialforschung erkennbar und nutzbar bleibt. [67]
Oder aber man entschließt sich, den guten methodischen Vorgaben auch ein angemessenes FOUCAULTsches Fundament zu unterlegen. Damit müssten zwar – wie angedeutet – lieb gewonnene Selbstverständlichkeiten (z.B. der Verweis auf die Tätigkeitstheorie), die seit mehr als 20 Jahren Arbeit an der DA mitgeführt werden, verabschiedet werden, jedoch würde dem gegenüber eine höhere philosophisch-theoretische Konsistenz ebenso wie eine bescheidenere Methode (z.B. Verzicht auf eine wie auch immer geartete Dispositivanalyse) gegenüberstehen. [68]
Noch immer steht ein zentrales Problem im Mittelpunkt der Diskussion, nämlich die Frage, wann ein Textkorpus abgeschlossen werden kann, weil es den gesamten Diskursstrang abbildet. Oder anders formuliert, wie lässt sich überzeugend und vor allem methodisch geleitet ein Diskursstrang vom anderen abgrenzen? Bisher finden sich hierzu Aussagen wie: Die "Vollständigkeit der Analyse ist dann erreicht, wenn die Analyse keine inhaltlich und formal neuen Erkenntnisse zu Tage fördert. Die Vollständigkeit ergibt sich [...] meist erstaunlich bald" (JÄGER 2006, S.103). In der Tat "ergibt" sich dies nach einer längeren oder kürzeren Arbeit an der Korpuserstellung bzw. an den einzelnen Diskursfragmenten. Doch "es ergibt sich" ist noch keine suffiziente methodische Begründung für ein Kriterium des Abschlusses der Analyse bzw. der Korpuserstellung. Hierzu bedarf es m.E. einer theoretisch-inhaltlich geführten Diskussion, denn wer oder was schließt aus, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkenne, wenn ich mich nur lang genug darin aufgehalten habe? [69]
1) Unter dem Stichwort Diskursanalyse finden sich in FQS insgesamt 131 Beiträge. Zum Vergleich finden sich beim Stichwort Inhaltsanalyse 82, bei Konversationsanalyse 52 und bei Objektiver Hermeneutik nur 38 Beiträge – lediglich zur Grounded Theory finden sich mehr Beiträge, nämlich 294, um nur Auswertungsmethoden in den Blick zu nehmen. Dieser Überproportionalität steht das faktische Fehlen der DA in vielen gedruckten Überblickswerken zu qualitativen Methoden gegenüber (vgl. z.B. BOHNSACK 2008; BRÜSEMEISTER 2008; MAYRING 2002; PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2008). <zurück>
2) Zwar werde ich vollständigkeitshalber bei der Bestandsaufnahme die englischsprachigen Beiträge mit aufführen, diese aber bei der Kritik auslassen, da sie m.E. viel näher an den FOUCAULTschen Ideen agieren als ihre deutschsprachigen Pendants. Die allgemeinen Problematiken am Ende jedoch gelten für alle – deutsch- wie englischsprachige – Ansätze. <zurück>
3) S. zum Strukturalismus und zur Abgrenzung der poststrukturalistischen Diskursanalyse von ihm Abschnitt 2.1. <zurück>
4) Eigentlich müsste man nicht von Schule, sondern von Methode reden, also einer ästhetisch-formalen Methode, "mit deren Hilfe sich eine Dichtung als [in sich geschlossenes – LAN, Ergänzung aus einer späteren Formulierung in gleichen Text] sprachliches Kunstwerk erschließt" (KAYSER 1956, S.5). Diese Methode bestimmte lange Zeit das Denken und Schaffen der westdeutschen Germanistik nach 1945 (vgl. BERGHAHN 1979). <zurück>
5) Dazu gehören insbesondere die Aufteilung der Sprache in Oberflächen- und Tiefenstrukturen, wobei den Tiefenstrukturen der Primat zukommt, und die generative Grammatik, nach der die Fähigkeit, unsere Äußerungen nach grammatischen Regeln zu strukturieren, angeboren ist. <zurück>
6) Die Argumentationsanalyse (AA) ist eine Unterform der allgemeineren Gesprächsanalyse. Als AA bezeichnet man eine zumeist in der Linguistik angewandte Methode, die sich neben Beschreibungen und Erzählungen Argumenten und Argumentationsmustern zuwendet. Ideengeschichtlich lässt sie sich bis zu ARISTOTELES zurückverfolgen, die moderne AA geht jedoch auf TOULMIN (1958) zurück. Warum JÄGER gerade diese bei MAAS aufgreift, liegt vermutlich in dessen anschlussfähiger Definition von Diskurs sowie seiner Anwendung der AA auf historische Prozesse begründet: "So wie dort die Grammatik die Struktur der Sätze charakterisiert, die in einer Sprache möglich sind [...], so charakterisieren die Diskursregeln die Äußerungen (Texte), die in einer bestimmten sozialen Praxis möglich sind" (MAAS 1984, S.232). <zurück>
7) Aber auch im deutschsprachigen Raum besteht nicht immer Trennschärfe, hatte sich die linguistische Sprechakttheorie in den 1990er Jahren selbst als "Diskursanalyse" bezeichnet (vgl. EHLICH 1994) und stiftet damit bis in die heutigen Tage Verwirrung, wie die jüngst erschienenen Beiträge von HAUSENDORF und QUASTHOF (2005) im "Handbuch Qualitative Entwicklungspsychologie" (MEY 2005) oder von POTTER (2006) im "Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse" (KELLER, HIRSELAND & SCHNEIDER 2006) zeigen. <zurück>
8) Insofern liegt der Ablehnung der FOUCAULTschen DA durch Jürgen HABERMAS nicht die schlechte Übersetzung der FOUCAULTschen Texte zugrunde, wie ANGERMÜLLER mutmaßt (2001, S.12), sondern ist wesentlich in den philosophischen Differenzen begründet. <zurück>
9) Dabei steht schon in der sehr frühen "Archäologie des Wissens": Ich habe "das Problem des Subjekts nicht ausschließen wollen, sondern die Positionen von Funktionen definieren wollen, die das Subjekt in der Verschiedenheit der Diskurse einnehmen konnte" (FOUCAULT 1973, S.285). <zurück>
10) Es ist eigentlich irreführend von Wenden im Œuvre zu sprechen, da die drei hier dargestellten Perspektiven zum Teil parallel entwickelt wurden und FOUCAULT sich insbesondere am Ende seines Lebens dagegen ausgesprochen hat, er hätte eine der drei Perspektiven in seinen früheren Arbeiten ausgespart (vgl. FOUCAULT 1990, S.134) – eine solche Wahrnehmung entstand und wurde als Einwand erhoben vor allem in Deutschland, wo Bücher zum Teil mit erheblicher Verzögerung und nicht in ursprünglicher Reihenfolge erschienen; Französisch scheint in Deutschland offensichtlich keine verbreitete Kultursprache mehr zu sein, sonst hätte man die Arbeiten auch im Original lesen können. <zurück>
11) Was alles zu einem Dispositiv gehört und wie es sich vorgestellt werden muss, dazu gibt es nur sehr wenige konkrete Hinweise bei FOUCAULT selbst (z.B. 1978, S.119f.). Die hier angebotene Beschreibung orientiert sich an Gilles DELEUZE, der die Metapher eines geometrischen Raumes bemüht. <zurück>
12) Fiktion wird hier im Sinne FOUCAULTs verwendet. Er selbst hat mehrfach behauptet, nichts als Fiktionen geschrieben zu haben. Meines Erachtens geht es ihm dabei darum, dass nicht die Wahrheit, sondern lediglich eine Wahrheit gesagt werden kann. Dies ist insoweit konsequent, da FOUCAULT die Geschichte als eine "Abfolge von Großereignissen" (FOUCAULT 2001a, S.751) charakterisierte, die einer spezifischen "Willkür" unterliege. Geschichte könnte man auch anders schreiben, wie er in seinem Buch Das Leben der infamen Menschen (2001b) demonstrierte. Insofern sind das, was FOUCAULT als Diskurse beschreibt, nur Herauslösungen aus einem Strom, einer Fülle von Äußerungen und niemals erschöpfend vollständig. Ihre Gruppierung und Gewichtung obliegt der Entscheidung des Autors/der Autorin (s.u.), ebenso wie die Wahrheit der Geschichte den Historiker/innen obliegt. Deshalb sind die Diskurse, die FOUCAULT tatsächlich anhand der französischen, später auch der griechischen und römischen Geschichte beschreibt, mögliche zulässige Wahrheitsaussagen, die bei einer anderen Gewichtung des Materials an Äußerungen zu einer anderen Wahrheit kommen würden. <zurück>
13) FOUCAULT hat selbst darauf hingewiesen, dass die Erfassung dieser ontischen Realität des Diskurses gar nicht möglich ist, denn das "Erfassen" ist an bestimmte Regeln gebunden, die den Diskurs in seiner Gesamtheit "verknappen" (vgl. 2003, S.11ff.) – und diese Regeln sind dem Diskurs nicht selbst immanent. Der ontische Diskursbegriff verweist lediglich auf eine Form, nicht auf einen Inhalt. <zurück>
14) Als Diskursanalytiker/innen vertreten BUBLITZ (1999, FN 11) und KELLER (2006, S.139) explizit die gleiche These, dass der Diskurs quasi erst durch die Sozialwissenschaftler/innen bzw. die DA geschaffen wird. <zurück>
15) Auch dieses Zitat deutet darauf hin, dass der Diskurs mehr ist als das Textkorpus, das unter einem bestimmten Signifikanten zusammengefasst wird. <zurück>
16) Auch die marxistischen Theorien gehen von der Autonomie des Subjekts und seiner sinnstiftenden Funktion (hier als prinzipielle Verantwortlichkeit für das je eigene Handeln) aus. Zwar kennen sie die negative Seite der Medaille, die sie mit restriktiver Handlungsfähigkeit im Gegensatz zu verallgemeinerter Handlungsfähigkeit beschreiben, jedoch entgeht ihnen die Dimension der generellen – und nicht nur historischen – Abhängigkeit des Subjekts vom diskursiven/gesellschaftlichen Geschehen. <zurück>
17) Konsequenterweise müsste man an dieser Stelle behaupten, selbst die Analysen zu Gefängnis (1976) und Klinik (1988), der Diskurs über die kindliche Sexualität und die hysterische Frau (1977), die uns FOUCAULT "entdeckt" hat, seien "nur" glaubhafte und nachvollziehbare Fiktionen. <zurück>
18) Diese sogenannten nicht-diskursiven Strategien eignen sich besonders gut als "Evidenzbeweise", denn sie bilden den sichtbaren Bereich des Wissens: ein Gefängnis, eine Schule, eine Kaserne sind sichtbar, ein Ehering deutet auf eine Ehe etc. Diese Sichtbarkeiten fallen in den Bereich der Augenscheinwahrscheinlichkeit – ein Zweifel an der Gewissheit ihrer Existenz besteht nicht. Sie sind auch der eigentliche Ausgangspunkt, von dem eine DA ausgeht. Nicht der Text steht am Anfang einer thematischen Beschäftigung, sondern ein soziales, "sichtbares" Phänomen oder eine persönliche Erfahrung (vgl. FOUCAULT 1996, S.28f.). <zurück>
19) Spätestens an dieser Stelle dürfte klar werden, dass auch die Schaffung fiktionaler Diskurse wieder Teil des umfassenden Prozesses der diskursiven Formation ist. Fiktionale Diskurse sind Produktionen von Wahrheiten und konstituieren so soziale Wirklichkeit. Oder haben FOUCAULTs Analysen nicht die Wahrnehmung von Institutionen wie Gefängnissen, Schulen und Psychiatrien nachhaltig verändert? <zurück>
20) Dass solche Suggestionen ihre Berechtigung im wissenschaftlichen Kontext haben, sei hier nicht bestritten – lediglich ihre Legitimation wird infrage gestellt. Hauptsächlich geht es darum, mitzuspielen, die Regeln nicht zu verletzen und zu jenen zu gehören, "die, indem sie den Diskurs bestimmen, damit auch das Recht zu sprechen behalten" (FOUCAULT 2001c, S.675). <zurück>
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Lars ALLOLIO-NÄCKE, Dr. phil., Dipl.-Psych., geb. 1975; Studium der Psychologie, gefördert durch die Friedrich-Naumann-Stiftung. 2001-2004 Stipendiat im von der DFG geförderten Graduiertenkolleg Kulturhermeneutik im Zeichen von Differenz und Transdifferenz an der Universität Erlangen-Nürnberg. 2004-2006 Wiss. Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms BiQua am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel. Derzeit Wiss. Angestellter am Institut für Altes Testament an der Universität Erlangen-Nürnberg in den Projekten Plattform Anthropologie (http://www.plattform-anthropologie.de/) und Anthropologie der Religion. Mitherausgeber der Zeitschrift Psychologie & Gesellschaftskritik. Wissenschaftlicher Beirat bei Erwägen – Wissen – Ethik. Hauptforschungsgebiete: Identität, Subjektphilosophie, Interkulturelle Kommunikation, (handlungstheoretische) Kulturpsychologie und Methoden der qualitativen Sozialforschung. Publikationen zuletzt: Kulturelle Differenzen begreifen. Das Konzept der Transdifferenz aus interdisziplinärer Sicht. Frankfurt/M.: Campus (hrsg. mit Britta KALSCHEUER, 2008); Ostdeutsche Frauen haben (k)eine Chance. Doing Identity 15 Jahre nach der deutsch-deutschen Vereinigung. Hamburg: Dr. Kovač (2007). In FQS finden sich von ALLOLIO-NÄCKE weitere Beiträge, u.a. hat er die Rezensionsaufsätze "Potentiale und Grenzen qualitativer Methoden in der Entwicklungspsychologie" (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs060482; zu dem "Handbuch Qualitative Entwicklungspsychologie", hrsg. von Günter MEY 2005) sowie "Turn, turn, turn around – bis die Konturen verschwimmen" (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0801266; zu "Cultural Turns" von Doris BACHMANN-MEDICK 2006) verfasst.
Kontakt:
Dr. Lars Allolio-Näcke
Lehrstuhl für Altes Testament II
Universität Erlangen-Nürnberg
Kochstraße 6
D-91054 Erlangen
Tel.: +49 (0)9131-85-26506
Fax: +49 (0)9131-85-26506
E-Mail: lars.allolio-naecke@theologie.uni-erlangen.de
URL: http://www.naecke.de/
Allolio-Näcke, Lars (2010). Diskursanalyse – Bestandsaufnahme und interessierte Anfragen aus einer dichten Foucault-Lektüre [69 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 11(3), Art. 26, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1003261.