Volume 8, No. 1, Art. 28 – Januar 2007

Gibt es eine qualitative Netzwerkanalyse?

Rainer Diaz-Bone

Review Essay:

Betina Hollstein & Florian Straus (Hrsg.) (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen. Wiesbaden: VS-Verlag, 514 Seiten, ISBN-10 3-531-14394-8 / ISBN-13 978-3-531-14394-1; 39,90 €

Zusammenfassung: Die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse hat sich in den 1970er Jahren formiert und seitdem als ein eigenes empirisches Paradigma für die Analyse sozialer Beziehungssysteme etabliert. In diesem Beitrag werden der theoretisch-methodologische Standort der Netzwerkanalyse ("strukturale Analyse") und die verschiedenen Formen der Netzwerkanalyse vorgestellt. Die strukturale Analyse argumentiert, dass soziale Akteure und soziale Beziehungen in Netzwerke eingebettet sind und dass das Handeln und Wahrnehmen von Akteuren und die Performanz sozialer Beziehungen durch die Netzwerkstruktur beeinflusst werden. Seit den 1990er Jahren sind in die strukturale Analyse Konzepte wie das der agency, dasjenige des Diskurses und das der Symbolorientierung aufgenommen worden und haben die strukturale Analyse damit geöffnet. Hieran schließt ein Trend der zunehmenden Aufnahme qualitativer Verfahren in die Netzwerkanalyse an. Diese dienen insbesondere der Einbeziehung der Akteursperspektive in die Netzwerkanalyse, der Exploration von Netzwerken sowie der verstehenden Analyse der Netzwerkdynamiken.

Der von Betina HOLLSTEIN und Florian STRAUS herausgegebene Band "Qualitative Netzwerkanalyse" versammelt zwanzig überwiegend empirische Beiträge, die die Leistungsfähigkeit der Kombination quantitativer und qualitativer Verfahren in der Netzwerkanalyse in verschiedenen Anwendungsfeldern belegen. In diesem Beitrag wird untersucht, wie es gelingt, die Perspektive der strukturalen Analyse hierbei umzusetzen und weiterzuentwickeln. Aus dieser Rezensionsperspektive wird die Selbstpositionierung der "qualitativen Netzwerkanalyse" innerhalb der Netzwerkanalyse beurteilt.

Keywords: sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse, Methoden-Mix, Triangulation, qualitative Netzwerkanalyse, strukturale Analyse, ego-zentrierte Netzwerkanalyse

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Formierung eines Paradigmas

2.1 Die "strukturale Analyse" als theoretisch-methodologischer Standort der Netzwerkanalyse

2.2 Formen der Netzwerkanalyse

2.3 Kritik und Öffnung der strukturalen Analyse

3. Qualitative Methoden in der Netzwerkanalyse

3.1 Programmatik

3.2 Rezensionsperspektive

3.3 Die Beiträge

4. Wie kann man den Band insgesamt bewerten?

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

"The metaphor of social relations as 'a complex network' is much easier to accept than is the formal analytical model of social network that anthropologists are now beginning to use."

(WOLFE 1978, S.58)

"Name me something in sociology that isn't structural. What isn't?

(WHITE 2001, S.5)

1. Einleitung

Gesellschaftsanalyse als Netzwerkanalyse zu unternehmen ist eine Gründungsperspektive der Soziologie und damit der Sozialwissenschaften überhaupt. In seiner Soziologie von 1908 formuliert Georg SIMMEL (1992) seine Grundprinzipien der formalen Soziologie. Für ihn sind es die prozessierenden Wechselwirkungen zwischen Individuen und die aus diesen Wechselwirkungen entstehenden sozialen Dynamiken und sozialen Strukturen, die die Gesellschaft ausmachen und welche den nur der Soziologie eigenen wissenschaftlichen Gegenstand charakterisieren. In der Soziologie argumentiert SIMMEL radikal, nicht nur in der Hinsicht, dass das Soziale als aus Wechselwirkungen entstehend, relational und nicht substantiell zu denken ist. Denn es sind für SIMMEL weniger die Inhalte der sozialen Beziehungen, für die die neue Soziologie zuständig sein soll, als vielmehr die sozialen Formen, die diese Wechselwirkungen zwischen Individuen ausbilden, welche es zu analysieren gilt. SIMMELs relational ansetzende Soziologie, die soziale Beziehungen sowie die daraus entstehenden Strukturen und Dynamiken als den Ausgangspunkt setzt, ist – aus verschiedensten Gründen – nur teilweise für die Soziologie maßgeblich geworden. Die formale Soziologie von VON WIESE und die interaktionistische Perspektive der Chicago School sind als Fortsetzungen der SIMMELschen Soziologie begreiflich. Aber es hat nach dem Erscheinen der Soziologie SIMMELs weitere 70 Jahre gedauert, bis aus einem transdisziplinären Netzwerk verschiedener Forschergruppen das sozialwissenschaftliche Paradigma der Netzwerkanalyse entstanden ist (SCOTT 2000; FREEMAN 2004; JANSEN 2006).1) Die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse beinhaltet sowohl Methoden zur Erhebung und formalen Analyse von sozialen Netzwerken als auch zugehörige soziologische Theoreme. Zudem hat sich seit den 1990er Jahren in der Netzwerkanalyse eine Diskussion über das Verhältnis von Netzwerkstruktur, Akteursperspektiven, Symbolorientierungen und agency2) entwickelt. [1]

2. Formierung eines Paradigmas

Die Forschungsgruppen, aus denen sich die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse entwickelt hat, existierten zeitlich und geographisch verstreut. Ihre Arbeiten waren noch kaum untereinander vernetzt und bis in die 1970er Jahre dadurch gekennzeichnet, dass ihnen der Durchbruch zu einer Netzwerkanalyse noch nicht gelang, weil methodische oder theoretische Grundlagen nicht vollständig waren. In den 1930er Jahren hatte Jacob MORENO mit Hellen H. JENNINGS erste soziometrische Analysen unternommen, die aber noch auf die grafische Darstellung kleiner Gruppen (wie Schulklassen) beschränkt blieben, und denen die weitere formale Strukturanalyse – auch größerer Gruppen – noch nicht gelang. In den 1940er Jahren haben Sozialwissenschaftler um W. Lloyd WARNER (Harvard) in Gemeindestudien Vorformen der Netzwerkanalyse auf die Analyse der Sozialstruktur zweier US-amerikanischer Mittelstädte angewandt. Claude LÉVI-STRAUSS (1981) entwickelte (unterstützt von André WEILL) in Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft 1949 eine erste strukturalistisch-formale Analyse der Verwandtschaftsstrukturen von Ethnien. In den 1950er Jahren findet man in der britischen Anthropologie (an der Universität Manchester und der London School of Economics) dann ebenfalls eine strukturalistische Anthropologie (insbesondere mit den Arbeiten von Alfred R. RADCLIFFE-BROWN). In dieser anthropologischen Tradition wurde dann der Netzwerkbegriff von John BARNES (1954) präzisiert: Netzwerke bestehen hiernach aus einem zu definierenden Set von Akteuren und den zu definierenden Beziehungen zwischen ihnen.3) Siegfried NADEL (1957) erweiterte die strukturalistische Perspektive als Entwurf für eine Analyse des gesamtgesellschaftlichen Systems von Rollen, die durch soziale Beziehungen untereinander verbunden sind.4) Mit den strukturalistischen Arbeiten von LÉVI-STRAUSS und NADEL wurde erstmals eine soziologische Sozialstrukturanalyse als Netzwerkanalyse nicht nur denkbar, sondern auch ihre methodische Umsetzung erschien bald als realisierbar. Elizabeth BOTT (1957) analysierte dann die Einbettung Londoner Familien in soziale Netzwerke. Dabei bezog sie zum ersten Mal die Dichte der Netzwerke ein und untersuchte, wie diese die im Netzwerk geleistete Form sozialer Unterstützung und die Rollenteilung der Ehepaare beeinflusste. John BARNES und Clyde MITCHELL arbeiten in den 1960er Jahren weitere formale Maßzahlen für die Analyse von Netzwerken aus, ohne sie jedoch in der empirischen Forschung einzusetzen (FREEMAN 2004; KNOX, SAVAGE & HARVEY 2006). Die heutige Netzwerkanalyse wäre jedoch nicht möglich und ihre Leistungsfähigkeit nicht erklärlich, wenn neben den soziometrischen, gemeindesoziologischen und anthropologischen Vorläufern nicht auch die parallel stattfindenden Entwicklungen der mathematischen Grundlagen einbezogen würden. Seit den 1960er Jahren hat sich einmal nach und nach eine mathematische Soziologie ausgebildet, in der formale Verfahren für die Analyse von Beziehungsdaten (relationalen Daten) entwickelt wurden; damit einhergehend haben sich soziologisch und sozialpsychologisch interessierte Mathematiker und Mathematikerinnen an der Entwicklung grundlegender formaler Verfahren für die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse beteiligt.5) [2]

Aber erst die Arbeiten der Gruppe um Harrison C. WHITE an der Harvard Universität haben zu einem vollständigen Paradigma für die soziologische Analyse sozialer Netzwerke geführt. Erst seit den Bahn brechenden Arbeiten von WHITE und Mitarbeitern kann man davon sprechen, dass 1. soziologisch-theoretische Netzwerkkonzepte vorliegen, für die dann 2. zugehörige mathematische Analysetechniken entwickelt wurden und die 3. in empirischen Netzwerkanalysen zur Anwendung gekommen sind. Übersehen wird heute häufig der erste Punkt: dass mit den Arbeiten von WHITE und seinen Mitarbeiter(inne)n und Schüler(inne)n auch ein theoretisches Programm verbunden war, das kritisch sowohl gegen den Positivismus der bereits damals dominierenden quantitativen Survey-Forschung gerichtet war als auch gegen das (zu dieser Zeit noch) einflussreichste soziologische Paradigma: den Strukturfunktionalismus von Talcott PARSONS. Der a-theoretischen Survey-Forschung wurde nicht nur ihr Theoriedefizit vorgehalten, sondern auch ihre Praxis, soziale Akteure in der Analyse wie isolierte Atome zu handhaben. Der Theorietradition des Strukturfunktionalismus wurde nicht nur vorgehalten, dass sie kein empirisches Forschungsprogramm zur Folge hatte. Kritisiert wurde mit Bezug auf NADEL das Strukturkonzept insgesamt, denn für den Strukturfunktionalismus sei "Struktur" ein prästabilisiertes Normensystem, aber keine empirisch vorliegende Struktur sozialer Beziehungen.

"First, social structure is regularities in the patterns of relations among concrete entities; it is not a harmony among abstract norms and values or a classification of concrete entities by their attributes. Second, to describe social structure, we must aggregate the regularities in a fashion consistent with their inherent nature as network" (WHITE, BOORMAN & BREIGER 1976, S.733f.). [3]

Die Arbeiten der Gruppe um WHITE, die heute als der Kristallisationspunkt der sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse gelten, werden nicht adäquat begriffen, wenn hierin nur der Anfang eines methodischen Paradigmas gesehen wird, das allein Techniken und Instrumente für die Analyse von Netzwerken zur Verfügung stellt. WHITE und Mitarbeiter(inne)n ging es immer auch um die Integration von soziologischen Theoremen und zugehörigen Methoden für die Anwendung der theoretischen Grundlagen in empirischen Analysen (AZARIAN 2003). Die Aufsätze dieser Gruppe aus den 1970er Jahren (LORRAIN & WHITE 1971; WHITE, BOORMAN & BREIGER 1976; BOORMAN & WHITE 1976) knüpfen wieder an die verschiedenen Vorarbeiten für eine Netzwerktheorie – beginnend bei SIMMEL und DURKHEIM –, konkret bei den britischen Anthropolog(inn)en an.

"Network metaphors date back at least to Simmel […] and the so-called formal school of German sociologists. Simmel emphasized the ubiquity of social networks […]. Insightful expositions of recent work on network interrelations are those by Mitchell […] and Barnes […]. While we use the term as central reference, we want to state one fundamental disagreement. Both see network analysis to date as, at best, eclectic bag of techniques […] for studying the details of individuals' variability around some basis ordering by categories and concrete organizations […]. We would like the reader to entertain instead the idea that the presently existing, largely categorical descriptions of social structure have no solid theoretical grounding; furthermore, network concepts may provide the only way to construct a theory of social structure" (WHITE, BOORMAN & BREIGER 1976, S.730/732). [4]

Hiermit liegt die Doppelbewegung der Gründung der Netzwerkanalyse deutlich zu Tage: sowohl theoretische Konzepte vorzulegen als auch die methodischen Verfahren für deren Anwendung in empirischen Analysen zu entwickeln. Auch wenn viele Netzwerkanalysen das methodische Instrumentarium der Netzwerkanalyse in eklektischer Weise als "Werkzeugkasten" ansehen und so die netzwerkanalytischen Methoden in a-theoretischer Weise verwenden – für die Gruppe um Harrison C. WHITE ist die Netzwerkanalyse ein integriert methodologisches und soziologisches Programm. WHITE hat nicht nur durch seine netzwerkanalytischen Arbeiten das Paradigma der Netzwerkanalyse maßgeblich mit formiert: Er hat als Lehrer viele Netzwerkanalytiker(innen) der zweiten Generation ausgebildet, die seit den 1970er Jahren in zahlreichen Studien und in den verschiedensten Feldern die Netzwerkanalyse weiter entwickelt haben.6) Zu seinen direkten Schülern und Schülerinnen der 1960er bis 1980er Jahre zählen unter anderem Mark GRANOVETTER, Barry WELLMAN, Kathleen CARLEY, Ronald BREIGER, Scott A. BOORMAN, Peter S. BEARMAN, aber auch Soziolog(inn)en, die heute vor allem als Kultursoziolog(inn)en wahrgenommen werden, wie Paul DIMAGGIO oder Wendy GRISWORLD (AZARIAN 2003, S.213). [5]

2.1 Die "strukturale Analyse" als theoretisch-methodologischer Standort der Netzwerkanalyse

Verschiedentlich ist die methodologisch-theoretische Position der sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse als "strukturale Analyse" bezeichnet worden (BERKOWITZ 1982; BURT 1982; WELLMAN 1988; WHITE 1992; DEGENNE & FORSÉ 1999; WHITE 2001; FREEMAN 2004; KNOX, SAVAGE & HARVEY 2006; MÜTZEL 2006). Diese lässt sich durch einige Positionen charakterisieren.

2.2 Formen der Netzwerkanalyse

Es haben sich verschiedene Formen der Netzwerkanalyse ausdifferenziert. Zunächst unterscheidet man ego-zentrierte Netzwerkanalysen von solchen Netzwerkanalysen, die die Struktur von Gesamtnetzwerken analysieren.

2.3 Kritik und Öffnung der strukturalen Analyse

Auch wenn in der Netzwerkanalyse die Entwicklung der formalen Analysemöglichkeiten (insbesondere für die Modellierung von Netzwerkdynamiken, für die Analyse großer Netzwerke und für die Visualisierung von Netzwerken) in den 1990er Jahren im Vordergrund stand, so hat sich die Netzwerkanalyse in dieser Zeit doch auch mit der Öffnung der soziologisch-theoretischen Position der strukturalen Analyse befasst (MIZRUCHI 1994; TREZZINI 1998; BECKERT 2005).13) [8]

Harrison C. WHITE hat – nach der Etablierung der Netzwerkanalyse in den 1970er und 1980er Jahren – seit den 1990er Jahren mit verschiedenen Arbeiten deren Öffnung für die Aufnahme symbolischer und diskursiver Praktiken skizziert (WHITE 1992, 2000; MISCHE & WHITE 1998) und sich hinsichtlich der interpretativen Praxis netzwerkender Akteure auf den Symbolischen Interaktionismus bezogen. Diese Neuerungen, die gerade für die interpretative Sozialforschung wegweisend sein könnten, sind bislang in der deutschsprachigen Soziologie kaum rezipiert worden.14) Kurz nach der Öffnung der netzwerkanalytischen Theorie durch WHITEs Monographie Identity & Control (1992)15) haben Mustafa EMIRBAYER und Jeff GOODWIN eine einflussreiche Kritik an der frühen theoretischen Position der Netzwerkanalyse geübt, die sie als "strukturalistischen Determinismus" bezeichnen. EMIRBAYER und GOODWIN (1994) ziehen zusätzlich auch neuere netzwerkanalytische Arbeiten heran und identifizieren dann insgesamt drei theoretisch-methodologische Positionen der Netzwerkanalyse, die soziale Struktur, kulturelle Formationen und agency unterschiedlich vermitteln.

"The first of these implicit models that of structuralist determinism, neglects altogether the potential causal role of actor's beliefs, values, and normative commitments – or, more generally, of the significance of cultural and political discourses in history. It neglects as well those historical configurations of action that shape and transform pregiven social structures in the first place. A second and more satisfactory – but still deeply problematic – approach is that of structural instrumentalism. Studies within this perspective accept the prominent role of social actors in history, but ultimatively conceptualize their activity in narrowly utility-maximizing and instrumental forms. And finally, the most sophisticated network perspective on social change, which we term structuralist constructivism, thematizes provocatively certain historical processes of identity conversion and ‘robust action.' It is the most successful of all of these approaches in adequately conceptualizing human agency and the potentially transformative impact of cultural idioms and normative commitments on social action" (EMIRBAYER & GOODWIN 1994, S.1425f..; Herv. im Orig.).16) [9]

Gegenüber den frühen netzwerkanalytischen Strukturanalysen ist neu, dass EMIRBAYER und GOODWIN den kulturellen Formationen dieselbe handlungsprägende und handlungsermöglichende Wirkung zusprechen wie den sozialen Beziehungen. Handlungen sind damit als sowohl in soziale wie in kulturelle Strukturen "embedded" anzusehen. Hier wird die Ablehnung der Aufnahme symbolischer Strukturen in die Theorie sozialer Struktur durch NADEL und die Strukturalisten um WHITE durch Hinzuziehung neuerer netzwerkanalytischer Arbeiten zurückgenommen. Wegweisend ist aus Sicht von EMIRBAYER und GOODWIN die Untersuchung von John F. PADGETT und Christopher K. ANSELL (1993) zum Aufstieg der Medici als führender Familie im mittelalterlichen Florenz des frühen 15. Jahrhunderts. An diesem Beispiel rekonstruieren sie in einer historischen Dokumentenanalyse, wie die Familien dieser Stadt mit Heiratsstrategien und dem Eingehen wirtschaftlicher Kooperationen versucht haben, ihre soziale und wirtschaftliche Stellung gegenüber anderen Familien abzusichern und zu verbessern. In der Konstellation mit ihrer politischen Zurückhaltung in einem gescheiterten Weberaufstand und ihren Finanzbeziehungen über die Stadtgrenzen hinaus ist es den Medici gelungen, den Weberaufstand und seine Folgen im Vergleich zu anderen Familien politisch und wirtschaftlich weitgehend unbeschadet zu überstehen. Zudem haben sie als einzige Familie im Florentiner Familiennetzwerk (aus Heirats- und Wirtschaftsbeziehungen) eine integrierende Stellung eingenommen. Anhand einer Blockmodellanalyse zeigen PADGETT und ANSELL, dass in Florenz ein Netzwerk entstanden ist, in dem verschiedene Familienfraktionen nur über die Familie der Medici vernetzt waren.17) Die Medici wurden damit zu der zentral positionierten Familie, die durch ihre Stellung im Netzwerk der Familien den Stadtstaat politisch und wirtschaftlich formen konnte. PADGETT und ANSELL zeigen weiter, welche Bedeutung das Leitbild von Cosimo de Medici als "Vater der Väter" und seine undurchsichtige und indirekte Diplomatie für die Formierung des Netzwerks Florentiner Kaufmannsfamilien und die Ausübung von Macht in dieser Epoche hatte. Gleichzeitig betonen sie, dass Cosimo de Medici lange nicht erkannte, welche besondere Position die Medici im Netzwerk inne hatten, und dass das resultierende Netzwerk nicht durch die vorausschauende Politik von Cosimo de Medici, sondern durch viele eigennützig und strategisch handelnde Familien (und auch: durch unterlassenes Netzwerken anfänglich einflussreicher Familien) zustande gekommen ist. Netzwerkanalysen nach den späten Arbeiten WHITEs (1992, 2000, 2002) und der kulturalistischen Kritik (EMIRBAYER & GOODWIN 1994) beziehen also nicht allein die Struktur, sondern auch die kulturellen Formationen (Symbole) sowie die Handlungskapazitäten und die Interpretationsleistungen der netzwerkenden Akteure ("agency") in die Analyse ein. [10]

3. Qualitative Methoden in der Netzwerkanalyse

In dem hier zu besprechenden Band "Qualitative Netzwerkanalyse" finden sich nun zwanzig verschiedene Beiträge, die ebenso die Einbeziehung der Akteurperspektiven und die Hinzunahme qualitativer Verfahren in die Analyse von Netzwerken einfordern oder diese Hinzunahme selber in empirischer Forschung bereits realisiert haben. Diese Beiträge könnte man insofern auch als eine Fortsetzung der Öffnung der strukturalen Analyse auffassen. In dem voluminösen Band sind die verschiedenen Beiträge in Abteilungen gruppiert. Zunächst finden sich ein einleitender Beitrag von Betina HOLLSTEIN und vier eher konzeptionell und grundlegend ausgerichtete Beiträge in einer Abteilung "Grundlagen". Danach sind drei Beiträge zusammengestellt, die die Triangulation qualitativer und quantitativer Verfahren in der Netzwerkanalyse behandeln. Es folgen dann drei Abteilungen zur Netzwerkdynamik, zu Migration/Mobilität und zu Lebenslauf/Biografie, in denen mit je drei Beiträgen die Netzwerkanalyse in diesen Forschungsbereichen herangezogen wird. Zwei Beiträge in der Abteilung "Dokumentenanalyse" demonstrieren, wie die Netzwerkanalyse auf Dokumente als Datengrundlagen angewendet werden kann. Zuletzt resümiert Florian STRAUS auf den Stand und die weiteren Entwicklungen einer "qualitativen Netzwerkanalyse". [11]

3.1 Programmatik

In ihrem programmatischen und einleitenden Beitrag "Qualitative Methoden und Netzwerkanalyse – ein Widerspruch?" schließt Betina HOLLSTEIN an diese theoretischen Diskussionen in der Netzwerkanalyse, die eine Neubestimmung des Verhältnisses von Akteur, agency und Struktur fordern, unmittelbar an. HOLLSTEIN schlägt als Bezeichnung der Netzwerkanalyse, die sich nur der quantitativen Techniken bediene, die Bezeichnung "formale Netzwerkanalyse" vor. Sie benennt nun verschiedene Potenziale, die qualitative Verfahren für diese formale Netzwerkanalyse aufweisen können. [12]

Dazu zählt die qualitative Exploration neuer Netzwerktypen und Strategien des Netzwerkens, an die dann eine formale Netzwerkanalyse anschließen kann. Zu explorieren sind mittels qualitativer Verfahren aber auch die relevanten Akteure und Beziehungsformen in einem zu untersuchenden Feld. Nachdem diese mit qualitativen Verfahren identifiziert sind, können sie dann in eine formale Analyse einbezogen werden, um die Netzwerkstruktur zu analysieren. [13]

Erst mit Einbeziehung qualitativer Verfahren können die Deutungen und Wahrnehmungen der vernetzten und sich vernetzenden Akteure in der Netzwerkanalyse erfasst werden. Hiermit erschließen sich – so HOLLSTEIN – Erklärungsleistungen der Netzwerkanalyse für Erfolg und Misserfolg von netzwerkartiger Kooperation (wie sie beispielsweise in Innovations- und Forschungsnetzwerken angestrebt werden). Betina HOLLSTEIN hebt hervor, dass erst durch die Einbeziehung der Sichtweise der Akteure Handlungen und Strategien für die Analyse verständlich werden. [14]

Der Einsatz nicht-standardisierter (offener) Beobachtungs- und Interviewverfahren soll als Drittes die Praxis der Handlungsvollzüge von netzwerkenden und in Netzwerken agierenden Akteuren in ihren Netzwerkkontexten rekonstruieren helfen. Gerade hierin sieht HOLLSTEIN die Möglichkeit, methodisch die Wechselbeziehungen zwischen den Netzwerkstrukturen und Akteuren – wie sie von EMIRBAYER und GOODWIN angemahnt wurden – mit Hilfe qualitativer Verfahren der Analyse zugänglich zu machen. [15]

Als Viertes sieht HOLLSTEIN qualitative Verfahren als geeignet an, das "Verstehen" der Netzwerkdynamik zu ermöglichen. Dabei gehe es nicht nur um die Analyse von Netzwerkveränderungen in der Zeit, sondern auch um diejenige der Netzwerkbewegungen im Raum. [16]

3.2 Rezensionsperspektive

Eine Fragestellung ist nun, ob und dann auch wie die in dem Band versammelten Beiträge evident machen, dass die Ergänzung der formalen Netzwerkanalyse um qualitative Verfahren die sozialwissenschaftliche Analyse von Netzwerken weiter verbessern und so die von EMIRBAYER und GOODWIN beschriebenen, geöffneten Haltungen der strukturalen Analyse systematisch ausarbeiten kann. [17]

Eine zweite Fragestellung ist, ob diese qualitativen Verfahren als Ergänzungen der formalen Analyse in der Netzwerkforschung angesehen werden. Dann handelt es sich mit dem Band um die Einführung einer Ergänzungsperspektive, unter der die qualitativen Verfahren für die formale ("quantitative") Netzwerkanalyse betrachtet werden. Oder handelt es sich um mehr? Denn HOLLSTEIN und STRAUS verwenden den Begriff der "qualitativen Netzwerkanalyse", der auch der Titel des Bandes ist, welcher nahe legt, dass eine Netzwerkanalyse mit qualitativen Verfahren möglich sei. Der strukturalen Analyse geht es – wie oben eingeführt – mittlerweile ebenso um die Einbeziehung der Akteursperspektive, aber eben gleichzeitig um die Analyse der Netzwerkstruktur und der Wechselbeziehungen zwischen Netzwerkstruktur und Akteuren, kulturellen Praktiken und Symbolen. Zu fragen wäre also, ob eine Analyse der Netzwerkstruktur mit qualitativen Verfahren möglich sein soll (was der formalen Netzwerkanalyse nur mit Hilfe mathematischer Verfahren möglich erscheint). Wäre eine so als selbstständig gedachte qualitative Netzwerkanalyse möglich, so läge damit auch eine Alternativperspektive vor. [18]

3.3 Die Beiträge

Aus netzwerkanalytischer Sicht sollen hier nun ausgewählte Beiträge besprochen werden. Die Mehrheit der empirischen Beiträge versteht die eigene Netzwerkanalyse als eine Kombination quantitativer (standardisierter) und qualitativer (offener) Methoden. Eine hierbei für die im Band enthaltenen Beiträge typische Konstellation des Methoden-Mix qualitativer und quantitativer Methoden besteht in der Kopplung von nicht-standardisierten Interviews und dem Einsatz der so genannten "Netzwerkkarte" oder "Methode der konzentrischen Kreise".18) In den hier präsentierten Forschungsprojekten wurden zunächst nicht-standardisierte Interviews durchgeführt, in denen die Befragten aus ihrer Perspektive ihre Lebenswelt, biographische Abschnitte und Übergänge oder ihre alltägliche Lebensführung aus einer untersuchungsrelevanten Perspektive schildern konnten. In diesen offenen Interviews wurden durch die Befragten die ihnen "wichtigen" Personen (die alteri) häufig bereits genannt. Nach dem nicht-standardisierten Interview wurde den Befragten die Netzwerkkarte vorgelegt. Diese ist ein grafisches Schema, das aus einem inneren Kreis in der Mitte besteht, der den Befragten oder die Befragte ("ego") darstellen soll, und um den herum dann mehrere konzentrische Kreise mit unterschiedlichem Radius angeordnet sind. Die Befragten wurden nun – mit je nach Forschungsprojekt variierenden Formulierungen – gebeten, diejenigen Personen, die ihnen "emotional nahe stehen" oder die ihnen "im Leben wichtig sind", in diese Kreise so einzutragen, dass Personen (die alteri), die wichtiger sind, eher an die inneren Kreislinien nahe zu dem oder der Befragten (zu ego) eingetragen wurden, und Personen, die als weniger nahe stehend oder weniger wichtig betrachtet wurden, an die entsprechend weiter von ego entfernt liegenden Kreislinien einzutragen waren. Die im nicht-standardisierten Interview genannten Personen (alteri) wurden dann daraufhin abgeglichen, ob sie auch in der Netzwerkkarte eingetragen waren. Zusätzlich konnten weitere attributionale (personenbezogene) Daten zu den genannten alteri erhoben werden. In einigen Beiträgen wird nun hervorgehoben, dass dieses Erhebungsverfahren deswegen qualitative Züge trage, weil hier die Befragten aus ihrer Sicht und mit der Netzwerkkarte auch visualisierend ihr Netzwerk systematisch darstellen können. Grundsätzlich kann aber der Einsatz der Netzwerkkarte auch als eine grafisch gestützte Form der standardisierten Erhebung von ego-zentrierten Netzwerken aufgefasst werden. Denn auch hier liegt der Einsatz eines Generators (die für alle Befragten standardisierte Aufforderung, die nahe stehenden bzw. wichtigen Personen in die Karte einzutragen) und der Einsatz eines Interpretators vor (nämlich mit der standardisierten Vorgabe, die Intensität der Beziehung durch die Nähe zum Mittelpunkt der einheitlichen Netzwerkkarte, zu ego, zum Ausdruck zu bringen). [19]

In ihrem prägnant argumentierenden Beitrag "Möglichkeiten der Triangulation quantitativer und qualitativer Methoden der Netzwerkanalyse" weisen Karola FRANCKE und Andreas WALD genau auf diese Äquivalenz hin. "Die unterschiedliche Bezeichnung des Erhebungsinstruments als Netzwerkkarte sowie die offenere Gestaltung sollten nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich dabei grundlegend um die aus quantitativen Studien bekannten Namensgeneratoren handelt […]" (FRANCKE & WALD, S.161).19) Die Visualisierungsstrategie sehen sie dabei nicht als eine Berücksichtigung von Gestalt oder anderer qualitativer Konzepte, sondern sie sehen diese als die eigentliche Domäne der formalen Netzwerkanalyse. In demselben Beitrag wird aber die Bedeutung qualitativer Verfahren für die einer quantitativ-formalen Netzwerkanalyse vorlaufende Exploration (der im zu untersuchenden Feld bedeutsamen Beziehungen und Akteure) betont. Den Einsatz qualitativer Verfahren sehen FRANCKE und WALD dann als eine die Analyse verbessernde Strategie an, wenn nur geringes Vorwissen oder wenig spezifizierte Fragestellungen vorliegen. Außerdem zeige sich, "wie vergleichsweise wenig Antworten eine reine quantitative Netzwerkanalyse liefern kann, wenn es darum geht, zu erklären, wie die Akteure ihre Kooperationen aufbauen, warum welche Faktoren ihr Handeln limitieren oder ermöglichen" (FRANCKE & WALD, S.171). Bemerkenswert ist aber ihre unbestechliche Diagnose über die Möglichkeit einer qualitativen Netzwerkwerkanalyse, wenn man diese über die Gegenstandsbezogenheit qualitativer Verfahren bestimmen wollte – was häufig als ein Kriterium für das "Qualitative" an qualitativer Sozialforschung angeführt wird.

"Qualitative Verfahren, die zur Untersuchung sozialer Netzwerke eingesetzt werden, sind generischer Art. Das bedeutet, sie wurden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, weder speziell für die Analyse relationaler Daten entwickelt, noch beschränkt sich ihre Anwendbarkeit auf diese. Sind demnach […] keine Netzwerkanalyseverfahren" (FRANCKE & WALD, S.160). [20]

FRANCKE und WALD zeigen dann anhand einer netzwerkanalytischen Studie zur Struktur von Kooperationen zwischen Forschungsgruppen, dass das "Kerngeschäft" der Analyse der Netzwerkstruktur dem Einsatz der formalen Netzwerkanalyse überlassen bleibt. Hier werden die Netzwerkstrukturen um einzelne Forschungsgruppen mit einer ego-zentrierten Netzwerkanalyse (die egos und alteri sind dann Forschungsgruppen) durchgeführt, indem die ego-alter-Relationen und die alter-alter-Relationen erhoben und analysiert werden. [21]

Der Beitrag von Roger HÄUSSLING "Ein netzwerkanalytisches Vierebenenkonzept zur struktur- und akteursbezogenen Deutung sozialer Interaktionen" beinhaltet eine eindrucksvoll gelungene Kombination von quantitativen und qualitativen Verfahren in der Netzwerkanalyse. Er reflektiert hierbei in präziser Weise das Paradigma der strukturalen Analyse und dessen Öffnung. HÄUSSLING untersucht in einer Organisation, wie sich die Zusammenlegung von zwei vorher getrennten Abteilungen zu einer neuen, formal integrierten Abteilung auf die Netzwerkstruktur und deren Wahrnehmung auswirken. Er setzt standardisierte und offene Befragungen (Experteninterviews), teilnehmende Beobachtungen und Dokumentenanalysen sowie die Netzwerkkarte ein. HÄUSSLING kann zeigen, dass der Versuch der beiden Leiter der vormals getrennten Abteilungen, eine integrierte und den Arbeitsabläufen förderliche informelle soziale Netzwerkstruktur herzustellen, nicht gelingt, weil sich in den vormals in Konkurrenz stehenden Abteilungen eigene Netzwerkstrukturen herausgebildet haben; die beiden Abteilungen waren untereinander kaum durch abteilungsübergreifende Beziehungen zwischen den Mitarbeiter(inne)n der Organisation vernetzt. HÄUSSLING macht deutlich, warum es nicht ausreicht, nur die Perspektive einzelner Akteure und deren Handlungsabsichten zu rekonstruieren.

"Interventionen resultieren aus mikropolitischen Kalkülen einzelner Akteure und sind daher Ausdruck des Versuchs, sich in laufende Interaktionssequenzen mit einem eigenen Beitrag einzubringen. […] Da es im Netzwerk keine isolierte Akteursposition gibt, kann selbst eine noch so qualitativ hochwertige Interventionsstrategie scheitern. Gegenläufige Strategien anderer Netzwerkakteure können wirkmächtiger sein, oder die Netzwerkstrukturen und -dynamiken verleihen der Intervention eine andere Richtung. Solche Richtungsänderungen resultieren dann daraus, dass sich Impulse von Akteuren auf der Netzwerkebene als Interaktionen fortsetzen, die durch die Interaktionskorridore eine Richtungsänderung erfahren bzw. eine Eigendynamik entwickeln und damit den eigentlichen Intentionen des Initiators zuwiderlaufen können" (HÄUSSLING, S.128/130). [22]

Die formale Netzwerkanalyse wird mit den standardisiert erhobenen Beziehungsformen "intensive formelle Kontakte" und "intensive informelle Kontakte" durchgeführt. Hier zeigt sich, dass nach der Zusammenlegung der vormals getrennten Abteilungen die formellen Kontakte (als durch die Organisation "vorgegebene" Beziehungen) die neue Abteilung formell integrieren, aber die informelle Beziehungsstruktur immer noch die alte Einteilung (in zwei getrennte Abteilungen) widerspiegelt und die neue Abteilung nicht informell integriert. Mit der Erhebung der Akteursperspektive auf ihre wahrgenommenen Netzwerkbeziehungen in der neuen Abteilung kann HÄUSSLING diesen Befund bestätigen. Auch die Wahrnehmung der ego-zentrierten Netzwerke durch die Akteure bleibt wesentlich in den alten Grenzen der ehemaligen Abteilungen. [23]

Auch Yvonne SCHÜTZE berichtet in dem Beitrag "Quantitative und qualitative Veränderungen in den sozialen Netzwerken junger Migranten – Ergebnisse einer Langzeitstudie" von der Anwendung einer solch typischen qualitativ-quantitativen Methoden-Kombination von Leitfadeninterviews und der Netzwerkkarte. Untersuchungsgegenstand ist die Integration russisch-jüdischer Immigrant(inn)en, besser gesagt: deren Akkulturation. SCHÜTZE analysiert über drei Wellen, wie sich die Akkulturationsprozesse als simultane Veränderungen von subjektiver Akkulturationsperspektive und sich verändernden personenbezogenen Netzwerkstrukturen analysieren lassen. Sie kann in ihrer empirischen Analyse gut belegen, wie sich die Netzwerke von russisch-jüdischen Migrantinnen und Migranten mit unterschiedlichen Sichtweisen (auf die neue Gesellschaft, die in ihr vorfindbaren Beziehungsoptionen und die eigene Rolle in dieser) verändern können. Aus ihrer Sicht gehen die Akteurorientierungen und die darauf beruhenden Handlungsstrategien der Akteure den Netzwerkstrukturen voran. Allerdings erhebt sie mit der Netzwerkkarte nicht die alter-alter-Relationen und erhält so nur die Größe und die Besetzung des Netzwerks (mit den erfragten attributionalen Daten zu den alteri). Was fehlt, ist die Einbeziehung der ego-zentrierten Netzwerkstruktur selber. Welche Rolle spielt die Tatsache, dass diese Netzwerke dicht oder fragmentiert sind? Resümierend schreibt SCHÜTZE: "Ebenso blieb die Frage nach dem Zusammenhang von Gelegenheitsstrukturen, Handlungsstrategien und Netzwerksstrukturen unterbelichtet" (SCHÜTZE, S.309). SCHÜTZEs Analyse ist soweit sicher ein überzeugendes Beispiel für den kausalen Zusammenhang zwischen Akteursperspektiven und unterschiedlich großen und unterschiedlich besetzten Netzwerken. Und sie legt eine qualitativ-quantitative Analyse von Netzwerkdynamiken vor, die bislang vorwiegend mit komplexen statistischen Modellen analysiert werden. Interessant wäre nun der – aus Sicht der strukturalen Analyse – notwendig nächste Schritt: die Einbeziehung der Netzwerkstruktur auf die Analyse der Handlungsräume und die von SCHÜTZE ausgemachte kausale Beziehung. [24]

Diesen Schritt beziehen Laura BERNARDI, Sylvia KEIM und Holger VON DER LIPPE in ihrer Analyse des Einflusses sozialer Netzwerke auf die Lebens- und Familienplanung mit ein. Die beiden Autorinnen und der Autor haben ein ambitioniertes netzwerkanalytisches Design entwickelt, anhand dessen die ego-zentrierten Netzwerke in zwei Hansestädten (Lübeck und Rostock) in eine demographische Forschungsperspektive einbezogen werden. Netzwerke werden hier als eine Einflussgröße auf die Entscheidung für die Familiengründung und den Kinderwunsch angesehen. Auch hier werden nach der Durchführung von Leitfadeninterviews Netzwerkkarten eingesetzt (jeweils drei, denen die Generatoren "Wichtigkeit", "Nähe" und "Unterstützung" zugrunde liegen). Im dritten Schritt werden die Beziehungen zwischen den genannten alteri erfasst anhand der (von den Befragten wahrgenommenen) Beziehungsintensität zwischen den alteri. Bemerkenswert ist, dass nicht nur mit den im ersten Schritt ausgewählten Personen Befragungen und die Erhebung ihrer Netzwerke durchgeführt werden, sondern auch, dass dann bis zu drei der genannten alteri befragt werden. Hierdurch ist es möglich, verschiedene Akteurssichten in einem ego-zentrierten Netzwerk abzugleichen und gegenseitig zu validieren. Soweit in dem Beitrag die empirische Analyse dargelegt wird, lässt sich aber folgern, dass ein Pretest der drei Generatoren auf ihre (wahrgenommene) Trennschärfe nicht erfolgt ist.20) Denn das von den Autor(inn)en berichtete Problem ist, dass Befragte nach der Erstellung der ersten Netzwerkkarte unter Vorgabe des ersten Generators ("Wichtigkeit") nicht bereit waren, die folgenden Netzwerkkarten auszufüllen. Dies nicht nur weil das Erstellen der ersten Netzwerkkarte bereits als eine zeitaufwändige Prozedur erfahren wurde, sondern auch, weil diese Befragten die verwendeten Generatoren ("Wichtigkeit" und "Nähe") für sich nicht als sinnvoll differenzierbar ansahen, d.h. diese gleich setzten und damit das Erstellen einer zweiten Netzwerkkarte aus ihrer Sicht unverständlich erschien. Möglicherweise ist es der Kürze des Aufsatzformates geschuldet, dass nicht deutlich wird, wie die Autor(inn)en die erhobenen Informationen zur Netzwerkstruktur in Hinblick auf das Forschungsinteresse einbeziehen und auswerten. Die alter-alter-Relationen werden zumindest in dem Beitrag nicht als erklärende Größen analytisch einbezogen, auch wenn einige netzwerkanalytische Strukturmaße berichtet werden.21) [25]

Auch Renate HÖFER, Heiner KEUPP und Florian STRAUS kombinieren qualitative Interviews und Netzwerkkarten in ihrer Analyse der Segmentierung von Lebenswelten. Sie untersuchen, wie die alteri in dem Beziehungsnetz der Befragten nach unterschiedlichen Rollen und lebensweltlichen Bereichen (Familie, Arbeit, Vereine, Freunde, Bereiche des sozialen Engagements usw.) aus Sicht der Befragten eingeteilt werden. Neu an dem Einsatz der Netzwerkkarte ist in diesem Beitrag, dass den Befragten angeboten wurde, die Kreise in unterschiedliche lebensweltlich-thematische Segmente einzuteilen, die grafisch nach eingeschätzter Bedeutung als unterschiedlich große "Tortenstücke" (Segmente) in die Netzwerkkarte eingezeichnet wurden. Danach wurden die alteri von dem/der Befragten hinzugefügt. Zudem konnten die Befragten einzelne alteri verschiedenen Segmenten zuordnen, wenn diese im Leben der Befragten verschiedene Rollen ausübten, so dass möglich war, dass alteri mehrfach und mit verschiedenen Rollen in der Netzwerkkarte repräsentiert waren. Das Untersuchungsinteresse war, nachzuzeichnen, ob sich Modernisierungseffekte ("Individualisierung", Erosion des sozialen Kapitals) anhand des Grades der Segmentierung der Netzwerkstruktur belegen lassen. Die Intensität der Segmentierung wiederum wurde durch 1. die wahrgenommene Einteilung der eigenen Lebenswelt in trennbare Bereiche, vor allem aber 2. durch die Zuordnung der alteri in nur je ein Segment operationalisiert. Die Analyse der Segmentierung der ego-zentrierten Netzwerke, die die Autor(inn)en durchführen, ist allerdings keine Analyse der Netzwerkstruktur, sondern eine Analyse der von den Befragten wahrgenommenen Einteilung der Lebenswelt in Rollen- oder Themenbereiche (Segmente). Auch wenn eine "Mehrfachrolle" möglich ist, fehlen die alter-alter-Relationen. Was hier netzwerkanalytisch interessant wäre, ist die Frage, ob diese lebensweltlichen Segmente, die ja nach Rollen und Themen voneinander getrennt sein mögen, nicht doch durch Netzwerkbeziehungen integriert sein können. Die soziale Differenzierung in soziale Teilsysteme scheint also als Grundannahme diesem Ansatz vorangestellt zu sein, ohne aber zu sehen, dass die Netzwerkanalyse mit ihrer Einbettungsperspektive (GRANOVETTER 1985) gerade die Gegenperspektive (Reintegration ausdifferenzierter Bereiche durch Netzwerke) für empirische Forschung einbringt. Und: Einbettung und Integration wird netzwerkanalytisch nicht durch das Ausüben von Mehrfachrollen – also durch die Integration von Segmenten anhand von "Personalunionen" – bewerkstelligt, sondern erfolgt durch die Vernetzung von verschiedenen Akteuren in verschiedenen Segmenten. Beispiele: Wenn in einem Betrieb ein familienfreundliches Betriebsklima vorliegt, welches dazu führt, dass die Betriebsangehörigen und die Familienangehörigen der Beschäftigten sich kennen lernen können, dann entsteht hier – trotz sozialer Differenzierung der Teilsysteme Wirtschaft und Familie – eine durch Netzwerkbeziehungen hergestellte wechselseitige Einbettung. Es ist also nicht notwendig, in einem Familienbetrieb zu arbeiten, damit diese Sphären integriert werden. Ein weiteres Beispiel: Wenn die von Befragten benannten Freunde mit den Familienangehörigen vernetzt sind, dann handelt es sich zwar um zwei Segmente, die nicht durch Mehrfachrollen integriert werden können (da man Freund[in], nicht aber einfach Familienmitglied werden kann). Es liegen aber nicht zwei unvernetzte Gruppen und auch nicht unvernetzte Segmente vor. Die Segmente wären so in dem ego-zentrierten Netzwerk integriert. Wenn die Befragten gebeten werden, die Größe der Segmente einzurichten, ist die Frage, ob sie damit wirklich die Netzwerkbestandteile gewichten oder nicht vielmehr die Bedeutung, die einzelne thematische Bereiche zum Befragungszeitpunkt inne haben.22) Entgegen dem Verständnis der Autor(inn)en handelt es sich damit insgesamt nicht um eine Strukturanalyse des Netzwerks. Denn die Struktur wird erst analysierbar, wenn man die alter-alter-Relationen auch wirklich erhebt und in die Analyse einbezieht und nicht implizit unterstellt, dass lebensweltliche Segmente auch getrennte Sphären sind. Erst dann kann analysiert werden, ob ein Netzwerk in mehrere getrennte Komponenten zerfällt. (Komponenten sind Bestandteile eines Netzwerkes, die untereinander nicht durch Beziehungen vernetzt sind.) Der Einsatz von Netzwerkkarten, der nicht ergänzt wird um die Erhebung der alter-alter-Relationen, kann also die vollständige Netzwerkstruktur nicht abbilden. Allerdings ist die Erhebung der alter-alter-Relationen nur praktikabel, wenn die Zahl der alteri nicht allzu groß wird, worauf die Autoren und die Autorin auch hinweisen.23) Dagegen kann die Einteilung in unterschiedlich große Segmente auch bei großen ego-zentrierten Netzwerken (mit vielen alteri) erfolgen. Der Beitrag kann in zwei Hinsichten von der formalen Netzwerkanalyse aufgegriffen werden. Hier kann nämlich zum einen gefragt werden, wie sich die beiden Prinzipien Komponente und Segment (auch in der Wahrnehmung der Akteure) zueinander verhalten. Und zum anderen legt dieser Beitrag eine operationalisierbare Bestimmung lebensweltlicher Strukturen vor, wie sie bislang in der Netzwerkanalyse noch nicht entwickelt wurde. [26]

Obwohl ihm nur wenige Seiten zur Verfügung stehen, kann Wolfgang JÜTTE in seinem Beitrag "Netzwerkvisualisierung als Triangulationsverfahren bei der Analyse lokaler Weiterbildungslandschaften" in anderer Weise evident zeigen, wie sich durch die Kombination qualitativer und formal-quantitativer Vorgehensweisen bzw. Verfahren eine Steigerung der Analyse ergeben kann. Ein Ausgangspunkt ist, dass zwischen dem Vernetzungsgedanken, wie er einer Vorstellung von "Kooperation" in dem von JÜTTE untersuchten "Feld" der Weiterbildung unterliegt, und dem Zusammenspiel des faktischen Netzwerkverhaltens in einer Netzwerkstruktur ein Unterschied besteht. Hier wurden zunächst mit explorativen qualitativen Interviews die Perspektiven der Akteure im Weiterbildungssektor hinsichtlich ihrer Problemdefinitionen, ihrer Sicht auf das Feld und ihrer Handlungsorientierungen im Feld erfragt. In der Auswertung dieser qualitativen Interviews war es möglich, die wichtigen Beziehungsformen zu identifizieren. Dann wurde mit einem standardisierten Fragebogen erhoben, zwischen welchen Akteuren im Feld diese jeweils vorlagen. Damit konnten soziometrische Maßzahlen für jeden Akteur im Feld errechnet werden, die wiederum zusammen mit den Relationen selber als die Datengrundlage für die Visualisierung des gesamten Netzwerks mit Hilfe einer Software genutzt wurden. Erst diese formale Analyse eröffnet einen analytischen Blick auf die objektive Netzwerkstruktur. Diese visualisierende Analyse der formalen Netzwerkstruktur wird dann von JÜTTE herangezogen, einmal um die Feldstruktur als Netzwerkstruktur begreiflich zu machen, zum anderen aber auch, um nun detailliert den Zusammenhang zu untersuchen, wie die Positionen der Akteure zusammenhängen, mit ihrer Wahrnehmung des Netzwerks und ihren Aussagen zu ihrer Handlungsorientierung. Hier zeigt sich das besondere Surplus dieser Analyse, das aus der Kombination qualitativer und quantitativer Analyseschritte entsteht. Hier findet sich eine weitgehende Kohärenz aus Netzwerkposition und Akteurssicht auf das Netzwerk, die zunächst wenig überraschend ist. Der Befund kann aber ein Hinweis auf die Validität sowohl der formalen als auch der qualitativen Analyseschritte geben. In der Befragung zeigen sich dann aber auch Akteursstrategien, die zu "gewählten" peripheren Netzwerkpositionen führen, was einer allein formalen Analyse nicht voll verständlich werden kann, ohne weitere Informationen hinzuzuziehen. JÜTTE hat 31 Akteure identifiziert, die die Knoten in dem Netzwerk bilden. Das Netzwerk wird mit einer (hier von Lothar KREMPEL entwickelten) Visualisierungssoftware dargestellt. Leider sind die Grafiken nicht nur nicht farbig – was sie hätten sein müssen, denn der Text bezieht sich auf die farbigen Informationen, mit denen gerade die Software von KREMPEL arbeitet –, sondern die Schwarz-weiß-Druckqualität ist so miserabel, dass es unmöglich ist, den Interpretationen (insbesondere zu Abbildung 2, S.211), die sich auf andere Aspekte beziehen, zu folgen. Dennoch erhält man eine Idee, welche Möglichkeiten der Analyse die neuen Visualisierungsprogramme eröffnen. JÜTTEs Beitrag zeigt, dass eine qualitative Analyse allein das Feld der Weiterbildung nicht verständlich macht, und dass erst die Hinzuziehung der objektiven Netzwerkstruktur einen Interpretationsrahmen für die Akteurssicht zur Verfügung stellt, auf den sich die interpretierende Analyse dann beziehen kann. Und umgekehrt: erst die Einbeziehung qualitativer Verfahren reichert die formale Netzwerkanalyse mit Erklärungsgehalt an. Irritierend ist dann die Auskunft von JÜTTE darüber, wie er seine Analyse bezeichnet:

"Die Arbeit wird als eine 'qualitative Netzwerkanalyse' verstanden. Die Bezeichnung unterstreicht den methodenpluralen Ansatz der Arbeit und bezieht sich vor allem auf die Verfahren der Dateninterpretation. So sollen Aussagen über faktische Interaktionsbeziehungen im sozialen Feld der Weiterbildung und die sich darauf beziehenden subjektiven Sichtweisen der Handelnden gewonnen werden. Die qualitativ-subjektive Dimension, wie sie sich in Bewertungen und Wahrnehmungen der Akteure ausdrückt, wird durch qualitative Verfahren erhoben. Interviews und Fallstudien sollen einen tieferen Einblick in die Alltagsstrukturen des Handelns und den Facettenreichtum der Interaktionsmuster ermöglichen. Die sozialen Beziehungsstrukturen als faktische Interaktionsbeziehungen werden ergänzend mit Hilfe [von] Verfahren der formalen Netzwerkanalyse eingeholt" (JÜTTE, S.202f.). [27]

Hier schildert JÜTTE noch einmal, dass er eine Methodenkombination als Forschungsdesign gewählt hat. Dass aber die formale Analyse nur ergänzend sei, ist angesichts der zentralen Rolle, die sie (zumindest in dem hier vorliegenden Aufsatz) einnimmt, nicht nachvollziehbar. Wenig begreiflich ist dann, warum das ganze Vorgehen "qualitative Netzwerkanalyse" heißen soll. Denn das Netzwerk wurde formal-quantitativ analysiert; diese Analyse wurde vorbereitet durch qualitative Interviews, welche wiederum herangezogen wurden, um die Akteurssicht einzubeziehen. Die letzten beiden Elemente sind zwar für JÜTTEs Analyse notwendig, die eigentliche Analyse der Struktur erfolgt aber unter Berechnung soziometrischer Maße und der formalen Visualisierung. Gerade die qualitativen Verfahren, die JÜTTE so überzeugend eingesetzt hat, sind allein ja nicht in der Lage, die Netzwerkstruktur zu erfassen. [28]

Der Beitrag von Daniela MANGER ist symptomatisch für eine weit von der traditionellen Netzwerkanalyse und der Verwendung eines analytischen Netzwerkbegriffs entfernte Analyseposition. Zudem ist der Beitrag auch typisch für ein Problem der Innovationsforschung: Wie können "Netzwerke" untersucht werden, wenn der Untersuchungsgegenstand "Netzwerk" von einer Organisation als ein "Netzwerk" initiiert wurde oder zu initiieren versucht wird? Ansatzpunkt für den Beitrag "Entstehung und Funktionsweise eines regionalen Innovationsnetzwerks – Eine Fallstudienanalyse" ist ein Förderprogramm eines Zusammenschlusses von deutschen und niederländischen Gemeinden, Städten und Kreisen in dem Förderprogramm für Innovationsnetzwerke EUREGIO. Dieses hat zum Ziel, die grenzüberschreitende Kooperation in der Entwicklung von technologischen Innovationen zu fördern. Hier hat man nun zu tun mit einer Initiative, die letztlich versucht, ein "Netzwerk" zu gründen (MANGER, S.223). Damit ist das Netzwerkkonzept nicht mehr länger nur ein analytisches Konzept, sondern als Diskurskonzept auch ein empirisches Phänomen, ein Begriff, der in der Empirie zirkuliert und dort als Konzept implementiert werden soll, um die Kooperationsbereitschaft von relevanten Akteuren zu fördern. Dies ist ein Beispiel für den von BOURDIEU (1985, S.42) so bezeichneten Theorieeffekt, der darin besteht, dass sozialwissenschaftliche Konzepte in sozialen Feldern aufgenommen und dort in die Wissensordnung und die Diskursordnung strategisch eingebracht werden. Damit wird die Ausgangslage für sozialwissenschaftliche Analysen komplexer: Sie haben fortan mit zu berücksichtigen, dass die Theorie, die eigentlich zunächst nur eine analytisch-interpretative Ressource auf der Seite der Analyse war, nun im zu analysierenden Bereich selbst Effekte auslöst. Dieser Ausgangslage als besonderer Problemlage ist sich MANGER auch bewusst. Denn sie geht nicht a priori davon aus, dass ein Netzwerk vorliegt, sondern dass die EUREGIO-Initiative, mit dem Konzept von "Netzwerk" als Dispositiv arbeitend, in einer Grenzregion versucht, die Bedingungen für Kooperation und vor allem die Kooperationsbereitschaft der relevanten Akteure zu beeinflussen. Damit ist das eigentliche Analyseinteresse hier nicht, die Netzwerke zu analysieren. Das Interesse dieser Art von Netzwerkanalyse ist vielmehr, die durch die Politik initiierten Maßnahmen in einem Feld daraufhin zu evaluieren, ob sie förderliche Auswirkungen auf die Kooperationseinstellungen und Kooperationsaktivitäten haben. MANGER untersucht mit Hilfe von qualitativen Interviews und nicht-standardisierten Beobachtungen, wie sich die Wahrnehmungen von relevanten Akteuren in diesem Feld verändern. Im Fokus steht dabei (im Anschluss an den Organisationsforscher WEICK), wie sich die Deutungsmuster in einem organisationalen Feld entwickeln, die MANGER als Voraussetzung für erfolgreiche projektförmige Kooperationen ansieht. In diesem organisationalen Feld ist sowohl der Analyse als auch den Akteuren sichtbar, wer hier als Akteur "relevant" ist. Worauf in diesen Analysen das Augenmerk gerichtet wird, ist die Frage: Wie kommt eine organisationsübergreifende Kooperation zustande? Worauf es nicht ankommt – wie in dem Beitrag von MANGER –, ist die Frage, welche Netzwerkstruktur sich einstellt, wie ihre Dynamik formal rekonstruiert werden kann und welche Rolle diese für die Ermöglichung oder Beschränkung von Kooperation spielt. Für MANGER ist das Entstehen von Vertrauen und von geteilten Deutungsmustern die eigentlich erklärende Größe. Der Fokus der qualitativen Analyse liegt auf der Rekonstruktion der bewertenden Sicht der Akteure aufeinander, der Analyse sozialer Beziehungen und der Handlungslogiken (Kooperation versus Konkurrenz). Worauf es ankommt ist festzustellen, ob und warum gelingende Kooperation statt findet, also zu Projekten führt, die wiederum zu Innovationen führen oder ob (und warum) dies nicht geschieht. Damit ist sowohl in dem untersuchten Realitätsausschnitt als auch in der Analyse das Netzwerk ein nur metaphorisches Konzept. Die empirische Analyse der faktischen Netzwerksstruktur als intermediäre Wirkungsgröße (zwischen Steuerung und erfolgreicher Kooperation) und ihrer im Sinne des Steuerungsinteresses "günstigen" Strukturdynamik (als Resultat der Steuerung) findet nicht statt. Man könnte hier anfragen, ob das Netzwerkkonzept überhaupt notwendig ist oder ob nicht stattdessen das Konzept des organisationalen Feldes und der in ihm kontextgesteuerten (d.h. durch die politische Steuerung geförderten) Kooperationen nicht äquivalent und damit ausreichend wären. Denn die Erklärung wird hier nicht in der Netzwerkstruktur verortet, sondern in dem Verhältnis zwischen externer Steuerung des Feldes und den Akteurkompetenzen und Akteurdeutungen im Feld. Damit liegt hier eine kombinierte Feld- und Deutungsmusteranalyse (Diskursanalyse) vor. Der Beitrag von MANGER ist in sich eine stimmige und kohärente Analyse in dieser Tradition der organisationssoziologischen Feldanalyse. Aus der – der Rezension unterlegten – Perspektive der strukturalen Analyse zeigt sich aber, dass es sich hierbei nicht um eine Netzwerkanalyse im Sinne einer Analyse der Netzwerkstruktur handelt, die in letzterer einen erklärenden oder bedingenden sozialen Sachverhalt sieht. Denn das Zustandekommen von organisationsübergreifenden Kooperationsphänomenen in Feldern wird nicht durch die Netzwerkstruktur erklärt oder als durch die Netzwerkstruktur bedingt angesehen. [29]

Dennoch sind solche Analysen dann auch für Netzwerkanalysen bedeutsam, wenn man sieht, dass diese ihre Stärke in der Analyse der Voraussetzungen für Netzwerkbildung entfalten können. Sie müssten nur um die tatsächliche Analyse der Netzwerkdynamik ergänzt werden. [30]

Auch Martin ENGELBRECHT umgeht in seinem Beitrag "Netzwerke religiöser Menschen – Die Dynamik von Wissensbeständen und Netzwerken religiöser Traditionen zwischen kollektiver Selbstabgrenzung und individueller Wahl" die konkrete empirischen Analyse der Netzwerkstruktur. Er bezieht sich auf das Konzept der strukturellen Löcher von Ronald S. BURT (1992), um hiermit zu zeigen, dass zwischen Religionsgemeinschaften diese "Löcher" durch einzelne Akteure, die zwischen den Gemeinschaften "wandern" oder die als "Botschafter" fungieren, überbrückt werden. ENGELBRECHT bezeichnet Religionsgemeinschaften als Netzwerke, die er im Zusammenhang mit (von ihm diesen Netzwerken zugeordneten) diskursiven Wissensordnungen analysiert. Er setzt religiöse Gruppierungen, Strömungen und Initiativen, die noch nicht notwendig Organisationen oder formal organisierte Gruppen sein müssen, begrifflich mit Netzwerken gleich und nimmt weiter an, dass diese in sich dicht und untereinander kaum (nur durch die überbrückenden Beziehungen der "Wanderer" und "Botschafter") vernetzt sind. Auch hier wäre eine Klärung des Netzwerkkonzeptes hilfreich. Und auch hier wäre es interessant, einmal zu untersuchen, welche Beziehungen denn für die Analyse relevant wären und wie diese dann als Netzwerk vorliegen. ENGELBRECHT begegnet eingangs solchen empirischen Denkweisen mit der Unterscheidung zwischen der sozialwissenschaftlichen "Netzwerkanalyse" (als Methodik) und der "Analyse von Netzwerken", die eben von diesen sozialen Formen ausgeht, um sie dann im Zusammenhang mit den zugehörigen Wissensbeständen zu untersuchen. Der Netzwerkanalyse von BURT hält er kritisch entgegen, dass sie die formale Netzwerkstruktur analysierbar mache, aber die Ebene der Wissensbestände nur "implizit als im Netzwerk 'gleich verteilte' Konstante" (S.263) behandele. BURTs (2004, 2005) Analyse des "brokerage" von Ideen zwischen Abteilungen eines großen amerikanischen Unternehmens zeigt aber, dass auch in diesem Ansatz die gleichzeitige Einbeziehung von Wissen und Netzwerkstrukturen möglich ist, und dass gerade in den unterschiedlichen Verteilungen von Ideen die Möglichkeit für brokerage begründet liegt. Akteure, die strukturelle Löcher überbücken, vernetzen als einzige (oder als eine bzw. einer unter wenigen) verschiedene Abteilungen des Unternehmens. Sie können eine Idee, die in einer Abteilung nicht länger als wertvoll erachtet wird, daraufhin betrachten, ob sie nicht doch in einer anderen Abteilung einen Wert haben könnte, indem sie abzuschätzen versuchen, ob in einer anderen Abteilung diese Idee als nützlich erachtet werden wird und ob sie diese daher in dieser anderen Abteilung einbringen. BURT argumentiert nun, dass durch diese Praxis des brokerage ad acta gelegte Ideen einer Abteilung für eine andere Abteilung einen Wert erhalten können. Diesen Beitrag von ENGELBRECHT nur unter methodischen Gesichtspunkt zu bewerten, würde verkennen, dass es ENGELBRECHT mit der Verwendung der Netzwerkmetapher um die Bezeichnung des sowohl fehlenden Institutionencharakters (S.249) dieser religiösen Strömungen und Initiativen geht, als auch um die Bezeichnung der zirkulären Dynamik zwischen Netzwerken und Wissensbeständen, die durch Interpretationen gleichzeitig angewandt und verändert würden (S.247). Hiermit liegt ein vorwiegend theoretischer Betrag zur Anwendung der Netzwerk-Metapher vor. [31]

Wie man mit Hilfe einer quantitativen formalen Netzwerkanalyse die Struktur eines Romans analysieren kann, zeigt eindrucksvoll der Beitrag "Die Netzwerkanalyse literarischer Texte – am Beispiel Thomas Manns 'der Zauberberg'" von Marina HENNIG. Sie schließt an die die seit den 1980er Jahren vor allem durch Kathleen CARLEY aufgezeigten Strategien für die Analyse von kognitiven Netzwerken an, wie das auch die netzwerkanalytisch arbeitenden Strukturalisten John W. MOHR (1998) und Peter S. BEARMAN (1993) in den 1990er Jahren getan haben. CARLEY (1986, 1988) hat die kognitiven Strukturen als Netzwerke zwischen Begriffen (concepts) in Texten analysiert. Auch HENNIGs Analyse ist insofern ein Beispiel dafür, dass die Daten für eine formale Netzwerkanalyse auch aus Dokumenten gewonnen werden können. Und auch sie setzt wie bereits JÜTTE die fortgeschrittenen Visualisierungsmöglichkeiten der formalen Netzwerkanalyse anschaulich und Erkenntnisgewinn bringend ein. Das Netzwerk der von Thomas MANN eingeführten Protagonisten wird mit Hilfe von Grafiken visualisiert und mit einigen einfachen statistischen Kennzahlen dann auf der Ebene der Teilnetzwerke analysiert. Irritierend ist dann (erneut), dass Marina HENNIG zum Ende ihres Beitrages diesen als eine "qualitative Netzwerkanalyse" ausweist und die Potenziale der "qualitativen Netzwerkanalyse" hervorhebt. Warum? Die Herleitung der Kategorien für die Zuordnung der Protagonist(inn)en zu Teilnetzwerken ("Gruppen") wurde dabei dem Roman entnommen. Hierin begründet Marina HENNIG das "Qualitative" an ihrer Analyse. Aber gerade das ist eine übliche Vorgehensweise der Anwendung dieser quantitativen formalen Analyse in der Strukturanalyse von Texten (CARLEY 1994; BEARMAN & STOVEL 2000). Ihr Hinweis, dass es typisch für qualitatives Vorgehen sei, dass die "Daten in ihrem natürlichen Kontext erhoben [und] im Kontext der Erzählung analysiert" würden, ist hier irreführend. Denn Leserinnen und Leser, die die formale Netzwerkanalyse nicht kennen, können den Eindruck gewinnen, dass diese die Daten nicht als relationale Daten in einem Kontext erhebt. Und auch: dass es hier nicht üblich sei, induktiv und explorativ die Kategorienbildung vorzunehmen. Dem ist nicht so.24) HENNIG wendet grundsätzlich keine Analysestrategien an, die als typisch für eine Vorgehensweise allein der qualitativen Sozialforschung zu bezeichnen wären. Der Beitrag ist also kein Beispiel für eine "qualitative Netzwerkanalyse". Dennoch wird das behauptet.

"Die qualitative Netzwerkanalyse weist nach, welche soziale Struktur dem Text zugrunde liegt und liefert eine abstrakte Karte von Personen und ihren Beziehungen, die es ermöglichen, die Personen und Ereignisse des Romans in ihren Ordnungsmustern besser zu verstehen und in das Gesamtgeschehen des Romans einzuordnen" (HENNIG 2006, S.478). [32]

Dieser Nachweis der Struktur und diese "Karte" sind nicht Resultat der explorativen Elemente ihres Vorgehens (die in so gut wie jeder standardisierenden Analyse enthaltenen sind), sondern erst Resultat der Anwendung der formalen Analyse auf die standardisierten Beziehungsdaten, damit: der quantitativen und formalen Netzwerkanalyse. Erst diese ermöglicht das Visualisieren und das Verstehen der Romanstruktur! Hier entsteht der nun falsche Eindruck, was die "qualitative Netzwerkanalyse" vermeintlich geleistet habe und (zumindest kann man das schließen, wenn man mit der Netzwerkanalyse nicht vertraut ist) was daher eine formale Netzwerkanalyse wohl nicht leisten könne. [33]

4. Wie kann man den Band insgesamt bewerten?

Der von HOLLSTEIN und STRAUS herausgegebene Band beinhaltet viele Arbeiten, in denen anschaulich gezeigt wird, dass der Einsatz qualitativer Verfahren im Rahmen von Netzwerkanalysen diese methodisch steigern und deren Resultate validieren kann. In diesem Sinne einer solchen Ergänzung der Netzwerkanalyse durch qualitative Verfahren kann man Betina HOLLSTEINs einleitende Bemerkungen zu den Potenzialen qualitativer Verfahren für die Netzwerkanalyse nach der Lektüre der Beiträge nur zustimmen. Denn die Exploration der in einem zu untersuchenden Feld als bedeutsam anerkannten Beziehungsformen, die Einbeziehung der Akteursperspektive auf ihre Netzwerkumgebung, in der Analyse der Netzwerkdynamik, die Einbeziehung der Handlungsstrategien von Akteuren in ihren Netzwerken sowie die Analyse der Ausgangsbedingungen für das Netzwerken und die Netzwerkbildung sind entscheidende Erweiterungen, um ein Verständnis für Netzwerke, ihre Strukturen und Dynamiken, ihre Wahrnehmung und ihre Effekte zu erhalten. Dieser Band ist insofern gerade für diejenigen Netzwerkanalytikerinnen und Netzwerkanalytiker gewinnbringend, die in der Tradition der Netzwerkanalyse arbeiten und hier Einblicke erhalten wollen, wie sie ihre quantitativen Analysen um – je nach Forschungsprojekt verschiedene – weitere Perspektiven erweitern können, um so verstehen zu können, warum die mit formalen Mitteln identifizierte Struktur so zustande gekommen ist, warum sie eine mit formalen Mitteln beschriebene Strukturdynamik aufweist und: was überhaupt die Netzwerkstruktur für Akteure bedeutet. Die Analyse von agency im Rahmen von Netzwerkanalysen kann so im Grunde erst ermöglicht werden (EMIRBAYER & MISCHE 1998; PADGETT & ANSELL 1993). Der Band zeigt auch auf, dass eine Erweiterung der netzwerkanalytischen Instrumententheorie um qualitative Strategien gewinnbringend ist. Standardisierte Generatoren und andere Erhebungsinstrumente können mit Hilfe explorativer Verfahren zunächst auf ihre Validität untersucht werden. Der Band belegt, dass die qualitative Perspektive in der Ergänzung formaler quantitativer Netzwerkanalyse ihre Stärken hat. [34]

Der Band dokumentiert insgesamt auch die organisatorische Leistung von Betina HOLLSTEIN und Florian STRAUS, die nicht allein in der Herausgabe und der editorischen Arbeit des Bandes selbst besteht. Die beiden haben das Feld der mit qualitativen Verfahren arbeitenden Netzwerkforscherinnen und Netzwerkforscher mit vernetzt und in verschiedenen Veranstaltungen präsentiert, welche letztlich den Band vorbereitet haben. Die von hier ausgehenden Fragen nach den Defiziten und Potenzialen jedweder Form von Netzwerkanalyse sind für die im deutschsprachigen Raum immer noch wenig etablierte Netzwerkanalyse (so lange sie empirisch und nicht metaphorisch verstanden wird) wertvoll. Dass der Herausgeberin und dem Herausgeber und den meisten der Beitragenden gerade an der Kritik der nur metaphorisch verstandenen Netzwerkanalyse liegt und hier jeweils operable Lösungen entworfen oder angewandt werden, macht das Einmischungspotenzial des Bandes für die empirische Netzwerkanalyse aus. [35]

Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Labelung "qualitative Netzwerkanalyse" aus verschiedenen Gründen problematisch ist: 1. Die Mehrheit der hier versammelten Beiträge versteht das eigene methodische Vorgehen als "Methoden-Mix" aus quantitativen und qualitativen Verfahren. Diese Beiträge unter einem solchen Label zu subsumieren verkennt, dass die Praxis der "qualitativen Netzwerkanalyse" eben nicht einfach eine nur qualitative ist. 2. Am gewichtigsten dürfte aber der Befund sein, dass das Kerngeschäft der Strukturanalyse – also die Analyse der Netzwerkstruktur selber – immer noch den standardisierenden Vorgehensweisen und den standardisierten Methoden überantwortet wird. Die hier so prominente Netzwerkkarte ist gerade dafür paradigmatisch. Denn diese ist eine visualisierende Form eines Generators. Nicht nur die Aufforderung, "wichtige Personen nach Wichtigkeit nah oder entfernt zu positionieren" ist eine standardisierte Form, sondern insbesondere die Technik der Visualisierung ist eine Grundform der formalen Analyse. 3. Kritisch ist die Verwendung des Begriffs "qualitative Netzwerkanalyse" aber dann zu sehen, wenn die Vorgehensweise sich nicht von der traditionellen quantitativen Netzwerkanalyse unterscheidet oder wenn in der Analyse zwar reflektiert wird, dass qualitative und quantitative Verfahren eingesetzt wurden, man sich aber entscheidet, den Ansatz "qualitativ" zu nennen. Gerade diese letzte Entscheidung ist doch fraglich. Würde man eine Untersuchung, in der eine statistische Analyse eines Sachverhalts in einer Population verbunden wird mit der Einbeziehung der subjektiven Perspektiven der untersuchten Akteure dieser Population eine "qualitative statistische Analyse" nennen? Hier sind solche Labelpolitiken für das Anliegen des Bandes – das Potenzial qualitativer Verfahren zu demonstrieren nicht nur wenig förderlich, sie verstellen durch diese irreführende Labelung für diejenigen, die nicht mit der Netzwerkanalyse vertraut sind, eine Bewertung der wechselseitigen Potenziale und Defizite von qualitativen Verfahren einerseits und standardisierender Analyse der formalen Netzwerkstruktur andererseits sowie auch der wechselseitigen Anschluss- und Steigerungsmöglichkeiten. Denn wenn ein Ansatz "qualitative Netzwerkanalyse" genannt wird, der die formale Analyse im Kern integriert, dann ist für eine Außensicht nicht nachvollziehbar, was wirklich das Qualitative an der vorgelegten Analyse ist. [36]

Nicht alle Beiträge erreichen eine Einbeziehung der vollständigen Netzwerkstruktur (oder streben das an) – bei ego-zentrierten Netzwerkanalysen heißt dies: die Einbeziehung der vollständigen Netzwerkumgebung von ego. Bemerkenswert ist hier an diesen Beiträgen, dass sie zwar versuchen, das interpretative Defizit der formalen Analyse auszugleichen, aber dabei selbst die gleichzeitige Einbeziehung der Netzwerkstruktur und die damit mögliche Analyse der Wechselbeziehung zwischen Struktur und agency vernachlässigen. Der Einsatz von offenen Interviews und Netzwerkkarten ohne die Erhebung der alter-alter-Relationen bleibt auf der analytischen Ebene der Wahrnehmung der ego-alter-Relationen und der Analyse dieser sozialen Beziehungen stehen. Florian STRAUS macht in seinem resümierenden Beitrag "Entwicklungslabor qualitative Netzwerkanalyse" auf eben dieses Erfordernis aufmerksam. Die Analyse der Netzwerkstruktur und damit die Möglichkeit zur Kenntnis zu nehmen, was von hier aus sowohl Einschränkungen als auch Ermöglichungen für das Handeln und Wahrnehmen von ego sind, wird sonst verfehlt. Die Interpretationen betonen dagegen, welchen Anteil ego an der Konstruktion und Interpretation des Netzwerks hat. Aber welchen Anteil hat das Netzwerk, genauer dessen Struktur an (a) den Konstruktionsmöglichkeiten für ego, (b) der Wahrnehmung des Netzwerks und (c) der Handlungslogik von ego? Wie beeinflusst das Netzwerk die Performanz der Beziehungen? Das ist die zentrale Analyseperspektive der strukturalen Analyse, die es zu ergänzen und durch Aufnahme interpretativer Perspektiven zu steigern, nicht aber einfach nur zu ersetzen gilt. Gerade hierin kann man (noch) ein erstes Defizit der "qualitativen Netzwerkanalyse" ausmachen. (Die Beiträge von HÄUSSLING, JÜTTE, FRANCKE und WALD sowie von BERNARDI, KEIM und VON DER LIPPE in dem Band sind die hier bemerkenswerten Ausnahmen.) Die strukturale Analyse unterlegt eine radikal relationale und nicht substanzialisierende Perspektive auf das Soziale (WELLMAN 1988; WHITE 1992; MIZRUCHI 1994; EMIRBAYER 1997). Interpretative Analysen, die der Tradition des Symbolischen Interaktionismus nahe stehen, erweisen sich hier als kompatibel. Aber solche qualitative Analysen, die ein einseitig starkes Akteurkonzept unterlegen und die Strukturanalyse vernachlässigen, ersetzen eine relationale Perspektive durch einen neuen Subjektivismus. Ego wird zu dem erklärenden Prinzip für die Netzwerkanalyse inthronisiert. [37]

Was fehlt? Es wäre sicherlich für qualitativ arbeitende Sozialforscherinnen und Sozialforscher, die nicht mit der nun 30-jährigen Tradition der Netzwerkanalyse vertraut sind, hilfreich, wenn in dem Band die Kritik an den Defiziten der allein quantitativen Netzwerkanalyse mit einer Darstellung fundiert würde (und so nachvollziehbar gemacht wird), was diese denn ist, prinzipiell leisten kann, geleistet hat und was eben nicht. Erst danach kann wirklich die kritische Absetzung beurteilt werden. Aber auch erst dann kann wirklich bewertet werden, was die "qualitative Netzwerkanalyse" selber an Neuem einbringt. Die Öffnung der strukturalen Analyse ist eine Bewegung innerhalb der Netzwerkanalyse. Gerade die herausragende Arbeit von PADGETT und ANSELL (auf deren methodologische Innovativität in dem Band niemand Bezug nimmt) veranschaulicht dieses.25) Die Beiträge von Betina HOLLSTEIN und Florian STRAUS sprechen verschiedentlich Vorläufer der sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse an (britische Anthropologie, Soziometrie), die sie als Vorläufer einer "qualitativen Netzwerkanalyse" ansehen. Wäre es nicht einen Beitrag (für eine folgende Ausgabe) wert, in dem der Versuch gemacht wird, noch einmal bei diesen Traditionen der Netzwerkanalyse anzusetzen, um hier zu zeigen, dass die Integration standardisierender und interpretativer Vorgehensweisen in der Netzwerkanalyse bereits vorlaufende Grundlagen hat (KNOX, SAVAGE & HARVEY 2006)? Wie STRAUS in seinem abschließenden Beitrag bemerkt, stehen quantitative und qualitative Verfahren heute auf gleicher Augenhöhe. Es wäre doch erstrebenswert, dass der gekoppelte Einsatz von formalen und interpretativen Verfahren für die strukturale Analyse von Netzwerken sowohl in der qualitativen Sozialforschung als auch in der quantitativen Sozialforschung selbstverständlich würde. Die sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse könnte zu einem bedeutenden Feld für solche Formen des Methoden-Mix werden und Kategorisierungen wie "quantitative …" oder "qualitative …" könnten allmählich unbedeutend werden. Das wäre auch ein Verdienst des vorliegenden Bandes. [38]

Anmerkungen

1) Mit jährlich stattfindenden internationalen Konferenzen, einer eigenen Organisation: dem Social Network for the Analysis of Social Networks (INSNA), eigenen Print-Zeitschriften wie Social Networks und CONNECTIONS, den Online-Zeitschriften Journal of Social Structure und Structure and Dynamics, sowie einer eigenen Buchserie (Structural Analysis in the Social Sciences bei Cambridge University Press). <zurück>

2) Unter agency verstehen EMIRBAYER und MISCHE die Handlungs- und Gestaltungskapazitäten von sozialen Akteuren, die in soziale Situationen involviert sind. Die Akteure und ihre Handlungs- und Gestaltungskapazitäten sind einerseits sozial vorgeprägt, dennoch ermöglichen sie Entwürfe und Veränderungen, weil die Akteure Gegenwart bewerten, Zukunft projektieren und alternative Möglichkeiten entwerfen, um dann situativ in Kontexten zu handeln. EMIRBAYER und MISCHE (1998, S.962) verstehen agency "as a temporally embedded process of social engagement, informed by the past (in its 'iterational' or habitual aspect) but also oriented toward the future (as a 'projective' capacity to imagine alternative possibilities) and toward the present (as a 'practical-evaluative' capacity to contextualize past habits and future projects within the contingencies of the moment)". <zurück>

3) "Each person is, as it were, in touch with a number of people, some of whom are directly in touch with each other and some of whom are not. [...] I find it convenient to talk of a social field of this kind as a network. The image I have is of a net of points some of which are joined by lines. The points of the image are people, or sometimes groups, and the lines indicate which people interact with each other" (BARNES 1954, S.43, Herv. im Orig.). <zurück>

4) "Though relationships and roles (more precisely, relationships in virtue of roles) 'arrange' and 'order' human beings who make up society, the collection of existing relationships must itself be an orderly one; at least, it must be so if the ordered arrangements of human beings is indeed a total arrangement, running through the whole society" (NADEL 1957, S.11). <zurück>

5) Siehe dafür die Autor(inn)en und Beiträge in dem 1971 gegründeten Journal of Mathematical Sociology sowie die Beiträge von Mathematiker(inne)n in der 1978 gegründeten netzwerkanalytischen Zeitschrift Social Networks. <zurück>

6) Es gibt einige wichtige Ausnahmen: Zum Beispiel ist Ronald BURT ein Schüler von James COLEMAN, oder Linton FREEMAN ist Schüler von Claire DRAKE. Zudem sind die Graphentheoretiker (HARARY) und die Balance-Theoretiker (DAVIS, HOLLAND, LEINHARDT) aus eigenen mathematischen und sozialpsychologischen Traditionen hervorgegangen, so dass die daraus resultierende heutige Kohärenzanalyse von Douglas R. WHITE und James MOODY ebenso nicht der Harvard-Tradition der Gruppe um Harrison C. WHITE zuzurechnen ist. <zurück>

7) Siehe insgesamt zum Stand der formalen Verfahren bis in die 1990er Jahre WASSERMAN und FAUST (1994), dann CARRINGTON, SCOTT und WASSERMAN (2005) sowie JANSEN (2006). <zurück>

8) Hier erkennt man auch, dass in der methodischen Praxis der Netzwerkanalyse die Netzwerke operational definiert werden: unterschiedliche Generatoren generieren unterschiedliche Netzwerke. <zurück>

9) Siehe zu den methodischen Grundlagen und instrumententheoretischen Eigenheiten der ego-zentrierten Netzwerkanalyse DIAZ-BONE (1997), WOLF (2004), STOCKÉ (2005), MARSDEN (2005). <zurück>

10) Die uniplexe Analyse betrachtet nur eine Beziehungsform, die multiplexe Analyse betrachtet mehrere Beziehungsformen. <zurück>

11) Siehe für frühe blockmodellanalytische Arbeiten WHITE, BOORMAN und BREIGER (1976), dann insbesondere PADGETT und ANSELL (1993) sowie zu den Entwicklungen der Blockmodellanalyse DOREIAN, BATAGELJ und FERLIGOJ (2005). HEIDLER (2006) führt aktuell in die Blockmodellanalyse ein. <zurück>

12) Siehe für aktuelle kohärenzanalytische Arbeiten MOODY (2004), MOODY und WHITE (2003) sowie BEARMAN, MOODY und STOVEL (2004). <zurück>

13) Dass es eine solche Kritik an der einseitig strukturalistischen Perspektive auch in der britischen Kulturanthropologie in den 1970er Jahren gegeben hat, rekonstruiert der Beitrag von KNOX, SAVAGE und HARVEY (2006). <zurück>

14) Siehe aber BECKERT (2005) und MÜTZEL (2006). Zudem haben WHITEs netzwerkanalytisches Marktmodell und die damit durchgeführten Marktanalysen (WHITE 1981, 2002) dazu beigetragen, dass in den USA die Wirtschaftssoziologie zu einem der dynamischsten Bereiche der Soziologie geworden ist. Seit einigen Jahren zeichnet sich – noch vor einer breiteren Rezeption in Deutschland – für Frankreich eine eigenständige Rezeption der wirtschaftssoziologischen Arbeiten von WHITE ab (FAVEREAU & LAZEGA 2002). <zurück>

15) Diese soll 2007 in einer überarbeiteten Neuausgabe erscheinen. <zurück>

16) Unter "robust action" verstehen PADGETT und ANSELL den Kontrollstil von Cosimo de Medici, den sie in ihrer Untersuchung des Familiennetzwerks im Florenz des frühen 15. Jahrhunderts identifiziert haben. Cosimo de Medici hatte die einmalige Führungsposition inne, sowohl als Richter in den Konflikten zwischen den Familienfraktionen angerufen zu werden, als auch als Führungsfigur für eine dominierende Familienfraktion in dem Netzwerk hervorzutreten Diese Akteurstrategie beschreiben sie so: "The key to understand Cosimo's sphinxlike character, and the judge/boss contradiction thereby, we argue, is multivocality – the fact that single actions can be interpreted coherently from multiple perspectives simultaneously, the fact that single actions can be moves in many games at once, and the fact that public and private motivations cannot be parsed." (PADGETT & ANSELL 1993, S.1263) <zurück>

17) "We now have a clear picture of the structure of the Medici Party and of its roots in elite network strategies. The Medici party was an agglomeration of doubly disarticulated parts: structurally isolated new men living within San Giovanni, whom the Medici mobilized directly through economic relations, and structurally isolated patricians residing outside San Giovanni, whom the Medici mobilized directly through marriage. Conscious residential segregation, as well as 'natural' social class segregation, were the keys to the inhibition both of independent ties among followers and of multiplex ties with the Medici themselves. The result was an awesomely centralized patrimonial machine, capable of great discipline and 'top down' control because the Medici themselves were the only bridge holding this contradictory agglomeration together" (PADGETT & ANSELL 1993, S.1285). <zurück>

18) Dieses Erhebungsverfahren für die personenbezogenen Netzwerke ist von KAHN und ANTONUCCI (1980) eingeführt worden. <zurück>

19) Instrumententheoretisch ist der Einsatz von Generatoren und Interpretatoren im Rahmen standardisierter Befragungen durchaus eine Erfragung der subjektiven Sichtweisen der Befragten auf ihr ego-zentriertes Netzwerk. Auch aus Sicht der qualitativen Sozialforschung ergibt sich so eine "Äquivalenz". <zurück>

20) Wenn es in der abschließenden Diskussion heißt, es gäbe wenig gesicherte Erkenntnisse über die Eigenschaften der Generatoren, so ist das unverständlich, weil gerade hier die quantitative "formale Netzwerkanalyse" eine ganze Reihe von Untersuchungen vorgelegt hat (vgl. DIAZ-BONE 1997; WOLF 2004; STOCKÉ 2005; MARSDEN 2005). <zurück>

21) Leider in dieser Auflage noch fehlerhaft. Was sich nachvollziehen lässt, weil die Daten für die alter-alter-Relationen für ein Netzwerk (das in dem Projekt mit einem Kürzel "L05em" bezeichnet wird) in einer Matrix (Abb.7, S.387) angegeben werden. Die Autor(inn)en haben einmal für die alter-alter-Relationen Beziehungsstärken erfragt mit den möglichen Ausprägungen auf einer Ordinalskala von 0 ("kennen sich gar nicht") bis 4 ("haben engen Kontakt/sind enge Freunde"). Auf S.386 wird der arithmetische Durchschnitt der Beziehungsstärke für dieses Netzwerk ("L05em") – trotz der fehlenden metrischen Skalenqualität – berechnet. Das Resultat wird mit 0,6 angegeben, tatsächlich ist der Wert aber 1,067. Die Dichte dieses abgebildeten Netzwerkes ist 0,311 und nicht wie angegeben 0,16. Zudem ist angegebene Interpretation der Dichte nicht richtig. Grundsätzlich gilt, dass die Netzwerkdichte nicht (wie angegeben) besagt, wie viele der alteri sich untereinander kennen, sondern wie viele der möglichen alter-alter-Relationen tatsächlich empirisch vorhanden sind. Die im letzen Abschnitt auf S.386 berichtete "durchschnittliche Beziehungsstärke" ist offensichtlich der über die Netzwerke berechnete arithmetische Mittelwert der durchschnittlichen Beziehungsstärke in den Netzwerken. <zurück>

22) Denn auffällig ist, dass die Zahl der genannten Personen in den beispielhaft dargestellten Segmenten nicht eng mit der von den Befragten eingerichteten Größe der Segmente zusammenhängt. Die Tatsache, dass einzelnen Personen unterschiedliches Gewicht im Netzwerk zuerkannt wird, ist ja bereits durch die Nähe zu ego berücksichtigt worden. <zurück>

23) Denn die Zahl der möglichen (symmetrischen) alter-alter-Relationen steigt nicht-linear mit der Zahl der alteri an. Sie beträgt bei n alteri: n · (n-1) · 0,5. Beispiel: bei n = 10 alteri sind 10 · 9 · 0,5 = 45 alter-alter-Relationen möglich. Bei 10 Mal so vielen alteri (n = 100) sind es: 100 · 99 · 0,5 = 4 950 alter-alter-Relationen, also mehr als das 100fache statt des 10fachen an Relationen. <zurück>

24) "For either content analysis or map analysis the researcher may choose to pre-define a set of concepts or let the text dictate the concepts" (CARLEY 1994, S.294). Siehe weiter auch die Überblicksdarstellung von MOHR (1998, S.358) zur Analyse der Einbettung von Konzepten anhand netzwerkanalytischer Strategien. <zurück>

25) Zudem gibt es weitere Arbeiten in der Netzwerkanalyse, die andere Strategien entwerfen und anwenden, um mit qualitativen Verfahren die Netzwerkstruktur zu erheben und abzubilden, wie dies beispielsweise in der Arbeit von Brian UZZI (1997) versucht wird. UZZI würde sich wohl nicht einer "qualitativen Netzwerkanalyse" zurechnen, aber diese nicht-standardisierte Analyse der Rekonstruktion von underembedded networks, integrated networks und overembedded networks und die Entwicklung von qualitativen Kausalmodellen auf der Grundlage qualitativer Interviews steht methodologisch der Vorgehensweise des Symbolischen Interaktionismus (bzw. der Methodologie der Grounded Theory) näher als der einer Blockmodell- oder Kohärenzanalyse. Die Analyse UZZIs rekonstruiert die Netzwerkstruktur über die ego umgebenden alteri hinaus. Allerdings erhebt auch UZZI nicht die alter-alter-Relationen. Weitere Beispiele für den Einsatz qualitativer Verfahren in der Netzwerkanalyse finden sich mit den Arbeiten von PROVAN und MILWARD (1995) sowie HUMAN und PROVAN (1997). <zurück>

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Zum Autor

Rainer DIAZ-BONE, Dr. phil., Dipl. Soz.-Wiss., 1991 bis 1996 Studium der Sozialwissenschaft (Schwerpunkt: angewandte Sozialforschung) an der Ruhr-Universität Bochum, von 1996 bis 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (Hochschule für Musik und Theater Hannover), seit 2002 Wiss. Assistent am Institut für Soziologie (Freie Universität Berlin) im Lehrgebiet "Empirische Methoden und Statistik". Forschungsschwerpunkte: angewandte Diskursanalyse, empirische Kultur- und Sozialstrukturanalyse, Wirtschaftssoziologie, Methoden der empirischen Sozialforschung, Wissenschaftstheorie, sozialwissenschaftliche Statistik und Netzwerkanalyse. Rainer DIAZ-BONE hat in FQS bereits die Sammelbesprechung Entwicklungen im Feld der foucaultschen Diskusanalyse, den Artikel Milieumodelle und Milieuinstrumente in der Marktforschung, den Artikel Zur Methodologisierung der Foucaultschen Diskursanalyse sowie die beiden Interviews Operative Anschlüsse: Zur Entstehung der Foucaultschen Diskursanalyse in der Bundesrepublik. Jürgen Link im Gespräch mit Rainer Diaz-Bone und Kritische Diskursanalyse: Zur Ausarbeitung einer problembezogenen Diskursanalyse im Anschluss an Foucault. Siegfried Jäger im Gespräch mit Rainer Diaz-Bone veröffentlicht.

Kontakt:

Dr. Rainer Diaz-Bone

Freie Universität Berlin
Institut für Soziologie
Garystraße 55
D-14195 Berlin

Tel.: (49) 030-838-57620

E-Mail: diazbone@zedat.fu-berlin.de
URL: http://www.rainer-diaz-bone.de/

Zitation

Diaz-Bone, Rainer (2006). Gibt es eine qualitative Netzwerkanalyse? Review Essay: Betina Hollstein & Florian Straus (Hrsg.) (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen [38 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 8(1), Art. 28, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0701287.

Revised 7/2007

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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