Volume 16, No. 3, Art. 17 – September 2015
Doing religion im Phowa-Kurs: Praxeologische und reflexionslogische Studien zum "bewussten Sterben" im Diamantweg-Buddhismus
Werner Vogd, Jonathan Harth & Ulrike Ofner
Zusammenfassung: Im Sinne einer pragmatistischen Perspektive, wie sie zuerst John DEWEY (1987 [1934]) in Anschluss an William JAMES formulierte, ist das Religiöse weniger als eine spezifische Art von experience zu verstehen, denn als ein adjustment hin zu einer epistemischen Perspektive, die alle Erfahrungen in einem veränderten Licht erscheinen lässt. Religiosität zielt damit auf ein besonderes Selbst- und Weltverhältnis, in dem die Beziehung zwischen Selbst und Welt aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachtet wird.
Wie aber können fremde, auf den ersten Blick in ihrer Genese unwahrscheinliche und unter modernen Verhältnissen zudem anzweifelbare religiöse Haltungen und Sinnsysteme etabliert werden? Am Beispiel der im tibetischen Buddhismus verbreiteten Phowa-Meditation des "bewussten Sterbens" wird untersucht, wie für westliche Adept/innen auf den ersten Blick befremdlich und esoterisch anmutende spirituelle Lehren mit zunehmender Praxis an Evidenz und Sinnhaftigkeit gewinnen können, indem sich Gruppenprozesse, Visualisierungen, körperorientierte Übungen und psychisches Erleben zu einem übergreifenden Arrangement verschränken. Die empirische Datengrundlage für die Untersuchung liefern narrative Interviews mit westlich sozialisierten Schüler/innen und Lehrer/innen des Diamantweg-Buddhismus, der derzeit größten buddhistischen Gemeinschaft des tibetischen Buddhismus in Deutschland. Die Auswertung der Interviews erfolgte angelehnt an die dokumentarische Methode, erweitert durch eine Kontexturanalyse, um den Reflexionsverhältnissen gerecht zu werden, die den religiösen Selbst- und Weltbezug aufspannen.
Keywords: Buddhismus; Praxistheorie; Pragmatismus; doing religion; qualitative Forschung; Meditation; dokumentarische Methode; Kontexturanalyse, Experteninterview, narratives Interview
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Religiöse Praxen als mehrwertige Lagerungen
2.1 Pragmatismus: vorsprachliche experience und adjustment
2.2 Reflexionslogische Erweiterung
2.3 Selbstverhältnisse und das Problem des Todes
2.4 Leib, Gemeinschaft und Gesellschaft
3. Datengrundlage und methodologische Überlegungen
3.1 Phowa als fremde Praxis, in der sich die Reflexionsverhältnisse der vertrauten Welt widerspiegeln
3.2 Sampling und Datenerhebung
3.3 Analysemethodik
4. Rekonstruktion der Phowa-Praxis
4.1 Setting
4.2 Vergemeinschaftung
4.3 Transformation
4.4 "Meisterschaft"
5. Schluss
Zur Autorin und zu den Autoren
"Eine monokontexturale Welt ist eine tote Welt, und der Tod ist das überall Zugängliche: ein anderer Ausdruck dafür, daß alles Lebendige sterben muß. Das Phänomen des Todes bedeutet vom Standpunkt des Logikers nichts anderes als den Übergang aus der Polykontexturalität in das Monokontexturale. [...] Leben und kontextureller Abbruch im Wirklichen sind nur zwei verschiedene Ausdrücke für denselben Sachverhalt. Was jenseits des Abbruchs liegt, ist schlechterdings unzugänglich. Was hiermit gemeint ist, muß jedem sofort deutlich werden, wenn wir auf eine ganz alltägliche Erfahrung hinweisen. Für jedes erlebende Ich ist die innerste Privatheit der Du-Subjektivität ein ebenso unzugänglicher Raum wie die mythologischen Dimensionen, in denen die himmlischen Heerscharen schweben. In beiden Fällen stehen wir am Rande eines Kontexturabbruches, der in keinem Fall größer oder geringer ist als in dem anderen" (Gotthard GÜNTHER 1975, S.61f.).
Mit der "Entzauberung der Welt" (WEBER 1988 [1919]) verschwindet in den modernen westlichen Gesellschaften zwar nicht die Suche nach einer übergreifenden, im weitesten Sinne als religiös zu verstehenden Integration der Selbst- und Weltbezüge, doch die religiösen Sinnbezüge stehen im "säkularen Zeitalter" (TAYLOR 2009 [2007]) in besonderer Weise unter Druck. Zum einen sind sie unter dem Blickwinkel eines wissenschaftlich-realistischen Weltbildes anzweifelbar. Zum anderen treffen sie auf eine Kultur des "expressiven Individualismus" (TAYLOR 2002, S.71f.), die eher auf eine erfahrungsorientierte Spiritualität setzt denn auf die Unterwerfung unter die Dogmen und Regeln religiöser Institutionen (KNOBLAUCH 2009). Doch entgegen der klassischen Theorien der Modernität verschwindet das Religiöse in den durch die Aufklärung geprägten Gesellschaften nicht, es findet stattdessen vielfältige Ausdrucksformen. Damit entsteht ein grundlegender Widerspruch zwischen dem Anspruch von Religion, allumfassende, alles übergreifende Weltsicht zu sein und dem Religiösen als einer Existenzweise neben anderen. [1]
Der vorliegende Artikel konzeptioniert dieses Problem in Erweiterung einer pragmatistischen Perspektive. Empirisch wird die Frage am Beispiel der Phowa-Meditation, die im tibetischen Buddhismus praktiziert wird, bearbeitet. Dabei zeigt sich, wie die religiöse Praxis ein komplexes Arrangement ausbildet. In diesem bringen unterschiedliche Evidenzen und soziale Bezüge – einschließlich der weiterhin bestehenden Möglichkeit des epistemischen Zweifels – ein übergreifendes Muster bzw. Arrangement hervor, das wiederum die religiöse Praxis trägt. [2]
Schauen wir zunächst auf den Stand der Buddhismusforschung mit Blick auf die Frage der religiösen Praxis. Der Buddhismus erscheint für viele Menschen aus dem Westen interessant, denn seit dem Chicagoer Weltparlament der Religionen von 18931) kapriziert er sich als die modernere Religion und bietet zudem eine Vielzahl von Verfahren und Praxen an, die Spiritualität selbst erfahren lassen. Somit entspricht er gut dem Rezeptionsmodus einer hochgradig individualisierten Gesellschaft. Mit der Lehre vom Nicht-Selbst (Pali: anattā) scheint der Buddhismus gewissermaßen ein Gegenmittel in Hinblick auf die Zumutungen weiterer Individualisierung zu liefern. Dessen Wirkung kann – zunächst paradox anmutend – als Vollzug von kollektiver und institutionalisierter Praxis in der nun ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückenden Gegenwart subjektiv als Transzendenz erfahren werden.2) [3]
Buddhistische Lehren, individuelle Erfahrungsmöglichkeiten, gemeinschaftlich vollzogene Praxen und die hierarchisch organisierten Institutionen der Vermittlung scheinen hiermit ein besonderes Arrangement einzugehen. Denn einerseits können wir hier, wie auch PHILLIPS und Aarons (2005) für Australien feststellen, einen eher traditionalen Stil des religiösen Engagements entdecken, der sich erheblich vom New-Age-Stil einer individualisierten Populärreligion unterscheidet. Wir treffen hier auf eine zunehmend größere Gruppe ernsthafter Adept/innen, die sich in der Regel einem Schulungsweg bzw. einer Tradition verpflichten und diesem bzw. dieser treu bleiben. Dadurch ist auch in den westlichen Ländern eine größere Anzahl von Anhänger/innen anzutreffen, die mehr als 25 Jahre einem Schulungsweg angehören. Diese Langzeitpraktizierenden übernehmen üblicherweise auch spezifische Dogmen ihrer Schule.3) Andererseits gilt aber mit SHARF (1995), dass der erfahrungsorientierte, moderne Buddhismus gewissermaßen eine spirituelle Neuerfindung (oder Wiederentdeckung) ist, die nur bedingt an die buddhistischen Traditionen der asiatischen Länder anknüpft. In der Praxis des traditionellen mönchischen Lebens treten die meditative Praxis und auch das Anstreben von Erleuchtung nämlich eher in den Hintergrund.4) [4]
Diese beiden Befunde erscheinen zunächst widersprüchlich, verweisen jedoch auf genau jene Spannungslage, die die Praxis hochgradig individualisierter westlicher Adept/innen auszeichnet: die Suche nach religiöser und spiritueller Authentizität der die Lehren verkörpernden Institutionen bei gleichzeitigem Anspruch, die Wahrheit der vermittelten Lehren selbst erfahren zu können. Der Erfolg vieler Schulen des westlichen Buddhismus ist deshalb als Antwort auf die religiösen Bezugsprobleme der Moderne anzusehen. Man könnte aber auch sagen, dass der westliche Buddhismus in gewisser Weise die individualisierte Religion der Moderne par excellence ist, denn er vereint sowohl den Anspruch nach einer weiteren Subjektivierung als auch den Wunsch, den hiermit verbundenen gesellschaftlichen Zumutungen durch den Verweis auf Transzendenz entkommen zu können. Hiermit stellt sich aber die Frage, wie es den modernen buddhistischen Schulen in der Praxis gelingt, diesen Spagat zu leisten, wie es ihnen möglich ist, Brücken zu schlagen zwischen Tradition und Moderne, zwischen Erfahrung, Glauben und Wissen, zwischen Institution und autonomem Individuum. [5]
Im Verhältnis zu dem mittlerweile recht großen Korpus an Studien zum westlichen Buddhismus (siehe etwa BAUMANN 2002; NUMRICH 2003; SEAGER 1999; WILLIAMS & QUEEN 1999)5) gibt es relativ wenige ethnografisch oder rekonstruktiv angelegte Studien, in denen die Frage im Vordergrund steht, wie die konkrete Praxis westlicher Adept/innen aussieht bzw. wie sich diese über institutionalisierte (Ritual-) Formen reproduziert und wie dies mit den (sonstigen) lebensweltlichen Verhältnissen verwoben ist. In Bezug auf den tibetischen Buddhismus untersucht BITTER (1988) die biografischen Lagerungen, die zur Konversion zum Buddhismus führen. SAALFRANK (1997) beschreibt die Entwicklung der bundesdeutschen Kagyü-Tradition (einer der Schulen des tibetischen Buddhismus) in Hinblick auf rituelle, subkulturelle und biografische Aspekte. OBAIDA (2008) untersucht die Therapeutisierung des tibetischen Buddhismus und McKENZIE (2011) die Balancebewegung, eine Tradition trotz spezifischer Ansprüche westlicher Schüler/innen authentisch zu halten. PROHL (2004) zeigt die Verbindung von Praxis, Erleben und Ritualform in einer Zen-Gruppe auf. PAGIS (2009, 2010a, 2010b, 2014) rekonstruiert am Beispiel der Vipassanā-Meditation auf Basis einer praxistheoretischen Reflexion die Beziehungen zwischen buddhistischer Dogmatik, Sozialisation der Adept/innen und der Verkörperung einer jeweils spezifischen Praxiskultur.6) Hier wird deutlich, dass die soteriologische Dimension7) der vollzogenen Praxen nicht allein in der Erfahrung von Gemeinschaft und Kollektivität aufgeht, sondern der theoretischen Konzepte der buddhistischen Lehren bedarf, die allerdings in einer jeweils spezifischen, von der Schule abhängigen Weise verkörpert werden müssen. [6]
Die eigentliche buddhistische bzw. religiöse Praxis präsentiert sich also mehrdimensional: Körper, Bewusstsein, Gemeinschaft, Lehrer/in und die "heiligen" Texte verschränken sich in einer jeweils spezifischen Weise. Wie lässt sich aber eine solche Verschränkung theoretisch konzeptionieren, um einerseits die empirischen Verhältnisse in hinreichender Auflösung aufschließen zu können und anderseits aus der Empirie Hinweise für eine übergreifende gegenstandsbezogene Theoriebildung zu gewinnen? Der folgende Abschnitt 2 handelt zunächst von der Skizzierung einer diesbezüglich angemessenen metatheoretischen Perspektive. Im Anschluss daran wird die Datengrundlage und die Methodologie dieser Studie vorgestellt (Abschnitt 3). Es folgt Abschnitt 4 mit den Fallrekonstruktionen sowie die abschließende Diskussion. [7]
2. Religiöse Praxen als mehrwertige Lagerungen
Zur metatheoretischen Sensibilisierung werden wir zunächst auf einige religionswissenschaftlich relevante Einsichten des Pragmatismus zurückgreifen. Darüber hinaus wird eine reflexionslogische Perspektive eingeführt, um den Blick insbesondere auf die komplexen Lagerungen und Arrangements religiöser Praxen zu lenken, die immer auch unterschiedliche, teils inkommensurable Reflexionsperspektiven zu integrieren haben. [8]
2.1 Pragmatismus: vorsprachliche experience und adjustment
Im Folgenden betrachten wir buddhistische Praxen zunächst im Sinne einer pragmatistischen Perspektive, wie sie John DEWEY in Anschluss an William JAMES' "Die Vielfalt der religiösen Erfahrung" (1997 [1901]) entwickelt hat. Dabei erscheint das Religiöse mit DEWEY (1986 [1934]) weniger als spezifische Art von experience8) denn als adjustment9) hin zu einer epistemischen Perspektive, die sämtliche Erfahrungen in einem anderen Licht erscheinen lässt als zuvor. Religiosität darf vor diesem Hintergrund nicht mit einem spezifischen Glaubensinhalt verwechselt werden, sondern muss als die Ermöglichung einer besonderen Erfahrungsqualität gesehen werden, welche das Erleben, die Wahrnehmung und die Reflexion in einer besonderen Weise rahmen und verstehen lässt (S.9). Religiosität zielt damit auf ein besonderes Selbst- und Weltverhältnis, innerhalb dessen die Beziehung zur Welt in einer allumfassenden Perspektive erscheint. Das adjustment steht dementsprechend nicht bloß für veränderte Sinndeutung oder Sinnauslegung, sondern vielmehr für eine veränderte epistemische Haltung gegenüber der Welt. [9]
Diese Veränderung ist nach DEWEY jedoch nur durch eine "imaginative projection" möglich (S.14), innerhalb der sich das Selbst mit den wechselnden Szenen der Welterfahrung in einer jeweils spezifischen Weise über eine "imaginative totality" in Beziehung setzen kann, die ihm als spirituelles Universum erscheint.10) Nur so lässt sich Transzendenz in Immanenz einführen, nämlich als immanent vollzogene Perspektive auf die Welt. Insbesondere im Kontext der Bedingungen der Moderne, die sich durch eine Vielzahl inkommensurabler Reflexionsperspektiven auszeichnet, beruht ein solches adjustment auf einem komplexen Arrangement, das Geltungsansprüche situativ ein- und ausklammern lässt. Nach der spirituellen Transformation ist ein Mensch zwar nicht mehr derselbe wie zuvor, aber er hat weiterhin in einer modernen Welt zu agieren, in der beispielsweise weiterhin wissenschaftliche Rationalitätsvorstellungen herrschen. Aus einer praxistheoretischen Perspektive muss ein solches, mehr oder weniger subtiles Arrangement der Perspektiven immer wieder von Neuem hergestellt werden, es bedarf also einer kontinuierlichen Praxis, welche die hiermit verbundenen Rahmungen reaktualisieren lässt. [10]
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich die Selbst- und Weltverhältnisse und die Transformation im religiösen adjustment analytisch in angemessener Weise fassen lassen. Aus dem Pragmatismus können wir zunächst lernen, dass das Selbst wesentlich weiter zu fassen ist als als reflexive Selbstvergewisserung.11) Mit DEWEY kann es als Fluss von experience gesehen werden, die sich aus der Interaktion eines Organismus mit seiner Umwelt ergibt und in der "(zunächst) nicht zwischen Subjekt und Objekt unterschieden [wird]; die Subjekt-Objekt-Positionen bleiben auf der primären, vorreflexiven Ebene der experience also verschwommen. Erst in einer Reflexion auf diese experience können derlei Unterscheidungen getroffen werden" (NOHL 2006a, S.83). Genau hier setzt auch MEADs Unterscheidung zwischen I und me an. Ersteres bezeichnet das "amorphe, unorganisierte Gebiet" der experience, während Letzteres die typisierende "Übertragung aus dem Gebiet sozialer Objekte" auf den inneren Erfahrungsfluss benennt (1980 [1910], S.239). Das, was wir mit SCHÜTZ (1981 [1932]) als Handlung bzw. als Erfahrung begreifen, ist in diesem Kontext nur der bewusste Teil eines umfassenderen Weltbezuges. Dies wird insbesondere am Problem der Interaktion deutlich, denn nach NOHL (2006a) interagieren in der Begegnung zwischen zwei Menschen zwei leibliche Vollzüge, also "stets deren 'I's', während diese Interaktion wiederum" im Bewusstsein nur "auf der Ebene der 'me's' repräsentiert werden kann". Hiermit wird auch denkbar, dass mehrere "'I's' so untereinander interagieren, dass sie der 'me's' nicht bedürfen" (S.185). Man denke beispielsweise an spontane, kollektive Handlungspraktiken oder aber auch an rituelle Formen der Vergemeinschaftung, wie sie vielfach in buddhistischen Schulungskontexten anzutreffen sind. So darf etwa, wie PAGIS (2014) aufgezeigt hat, das stille meditative Sitzen keineswegs als sozialfreier Raum verstanden werden, da sich die schweigenden Praktizierenden sehr wohl in Hinblick auf ihre leiblichen Ausdrucksformen wahrnehmen und nonverbal aufeinander beziehen. Dadurch kann wiederum eine besondere Qualität der Erfahrung von Stille und Frieden evoziert werden (a.a.O.). Gerade hier treffen wir auf Formen der Kollektivität und Vergemeinschaftung, die ein "Wir" als Erfahrungsraum generieren lassen, der dann später – wie auch immer – reflexiv angeeignet werden kann. [11]
Da der Pragmatismus jedoch weiterhin akteurs- bzw. handlungstheoretischen Perspektiven verhaftet bleibt, lässt sich Kollektivität als eigenständiger Erfahrungsraum in diesem Rahmen nicht so recht fassen, wie insbesondere NOHL (2006a, S.205ff.) aufzeigt. Ebenso lassen sich abstrakte Reflexionsperspektiven, die nicht ans Individuum gebunden sind – LATOUR (2014 [2012]) würde hier von "Existenzweisen" sprechen –, nicht als eigenständige epistemische Perspektiven beschreiben, wenngleich dies für das Verständnis religiöser Praxen von zentraler Bedeutung ist. Denn wenn Transzendenz als nicht phänomenal zugängliche Sphäre im Sinne eines adjustment die Welt integriert, muss ebendiese Transzendenz in die Welt integriert werden als auch in die Welt integriert sein. Sie ist sozial, organisational, psychisch und gemeinschaftlich eingebettet und verkörpert, auch wenn ihr in dieser Welt (also in der Immanenz) kein ontischer Platz zugewiesen kann. Zugleich ist die religiöse Praxis mit unterschiedlichen Rationalitäten konfrontiert (z.B. Wissenschaft und Politik), denen sie sich nicht einfach entziehen kann. Sie muss es also schaffen, in der Immanenz Transzendenz zu finden und die Immanenz in Transzendenz zu überführen – ohne jedoch die Immanenz im Sinne einer religiösen Einheitssemantik vollständig unterwerfen zu können. Denn gerade diese Ambivalenz zeichnet Religiosität in einer individualisierten Moderne aus. [12]
2.2 Reflexionslogische Erweiterung
Wie deutlich geworden sein sollte, liefert der Pragmatismus wichtige Hinweise dafür, wie sich die religiöse Sinn- und Wissensgenese verstehen und rekonstruieren lässt. Die Position bleibt jedoch in Hinblick auf mehrere wichtige Fragen ergänzungsbedürftig. Zunächst ergibt sich mit Bruno LATOUR (2007 [2005]) das Desiderat einer empirischen Metaphysik, also die Frage, wie in komplexen Praxen Seinsverhältnisse, also ontologische Gewissheiten, situativ auf-, ab- und umgebaut werden können, um sich zu einem mehr oder weniger beständigen Gesamtarrangement zu verweben. Zudem bedarf es einer Konzeption, die nicht nur seinslogisch argumentiert – und sei es nur mit der Positivität des "stream of consciousness" (JAMES 1918 [1890]) –, sondern auch sogenannte negativsprachliche Referenzen als Reflexionsperspektiven zulässt, d.h. Referenzen auf etwas, das dem Sein bzw. der phänomenalen Erfahrung nicht zugänglich ist, aber dennoch als Reflexion wirksam in das Sein eintreten kann.12) Erst hierdurch wird es möglich, auch abstrakten Entitäten – wie Gott, den transzendenten Buddhas, Nirvāṇa als dem positivsprachlich nicht erreichbaren Heilsziel des Buddhismus oder auch der "Wahrheit" der Wissenschaft – Wirkmächtigkeit zuzugestehen, ohne sie dabei in simplifizierender Form auf Zeichen oder Symbole reduzieren zu müssen. Nicht zuletzt ist von der Kopräsenz unterschiedlicher logischer Räume auszugehen, also davon, dass in der menschlichen Praxis unterschiedliche Reflexionsperspektiven koexistieren, ohne dass diese logisch ineinander übergeführt werden müssen. So kann etwa eine Person ihre wissenschaftliche Haltung des Zweifels auch dann beibehalten, wenn sie im Glauben Gewissheit fühlt, oder sie kann eine Verschmelzung mit dem Lama (dem spirituellen Lehrer bzw. der spirituellen Lehrerin im tibetischen Buddhismus) empfinden und gleichzeitig eine Stärkung der eigenen Subjektivität. [13]
Ontologie ist untrennbar mit Logik, also mit der Frage nach Sein und Nicht-Sein verbunden. Eine empirische Metaphysik, welche von multiplen logischen Räumen bzw. Existenzweisen (LATOUR 2014 [2012]) ausgeht, benötigt das Reflexionsinstrument einer mehrwertigen Logik. Denn ohne diese kann es letztlich nur ein Subjekt, also nur ein epistemisches Zentrum der Reflexion geben. Damit würden wir in der monadischen Struktur des Ich im Sinne des deutschen Idealismus (LEIBNIZ 1971 [1704]) stecken bleiben, die nur die Selbstreferenz einer in den eigenen Konstruktionen verstrickten Identität erkennen lässt. Alterität und Transzendenz könnten dann nicht jenseits der Aneignung durch sprachliche Typisierungen gedacht werden.13) Eine solche Haltung würde aber dem metaphysischen Reichtum empirischer Verhältnisse, wie wir sie in vielen buddhistischen Praxen vorfinden, nicht gerecht werden, zumal hier als soteriologisches Ziel explizit die Überwindung sprachlichen Sinns angestrebt wird.14) [14]
Aus diesem Grunde schlagen wir vor, die analytische Perspektive des Pragmatismus mithilfe von Gotthard GÜNTHERs Theorie der Polykontexturalität (1979) zu erweitern. Dass die metatheoretische Anlage des Pragmatismus eine solche Erweiterung nahelegt, hat bereits ORT (2007) anhand der Aufarbeitung von GÜNTHERs Schriften in Hinblick auf die PEIRCEsche Semiotik am Beispiel literaturwissenschaftlicher Studien aufgezeigt. [15]
Kontexturen stehen im Sinne Gotthard GÜNTHERs für Reflexionsverhältnisse, die jeweils einen spezifischen Selbst- und Weltbezug ausdrücken und gestalten. GÜNTHER schlägt die Einführung einer Logik vor, die in der Lage ist, mit Mehrwertigkeiten zu arbeiten. Er entwirft hierfür zunächst eine Stellenwertlogik (1976, S.137f.) und baut diese dann zu einer Logik der Polykontexturalität aus.15) Dabei ist die grundlegende Überlegung, dass in der klassischen zweiwertigen Logik mit der Operation der Negation ein Schritt angelegt ist, der über die Zweiwertigkeit selbst hinausreicht: Durch die Axiomatik der klassischen Logik, den Satz der Identität, den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch und den Satz des ausgeschlossenen Dritten wird eine Umtauschrelation zwischen p (p ist) und ~p (der Sachverhalt p ist nicht) etabliert, in der beide Positionen durch die Differenz zu der je anderen bestimmt sind. Einzig die Negation bildet sich selbst ab. GÜNTHER weist darauf hin, dass die Negation die Zweiwertigkeit nolens volens allein schon dadurch transzendiert, dass sie diese als Umtauschrelation der Werte überhaupt erst konstituiert, wenngleich innerhalb der Axiomatik die hiermit verbundene Reflexionsbeziehung selbst nicht bestimmt wird. [16]
Dementsprechend ist es die Negation, die für GÜNTHER den Ausgangspunkt zum Aufbau einer mehrwertigen Logik bildet. Sie ist vor diesem Hintergrund als transjunktionale Operation anzusehen, weil sie die Einheit einer bestimmten Zweiwertigkeit als Kontextur erst konstituiert. Indem jedoch der Blick auf diese Operation der Konstitution gerichtet wird, wird diese gleichsam transzendiert und die Möglichkeit des Aufbaus weiterer Kontexturen geschaffen. Die transjunktionale Operation ist in diesem Sinne der Hinweis auf die jeweilige Beobachter/innenposition. Sie ermöglicht das Umschalten zwischen verschiedenen Kontexturen als unterschiedlichen Orten der Reflexion. [17]
Darüber hinaus können mehrere einzelne Kontexturen eine gemeinsame Metastruktur aufbauen. GÜNTHER spricht hier von Verbundkontexturen (1979, S.191ff.). Als Minimalbedingung für eine solche Verbundkontextur wird die Verschränkung dreier Elementarkontexturen genannt, wobei die dritte Kontextur das Verhältnis der anderen beiden Kontexturen zueinander regelt. Während die klassische philosophische Logik nur mit der ausschließenden Polarität von Sein und Nicht-Sein arbeiten kann, lässt sich mit GÜNTHER die beispielsweise noch bei SARTRE (2006 [1943]) angelegte rigide Gegenüberstellung von Sein und Nichts überwinden, um auf diesem Wege zu einer prozessualen und ontologischen Offenheit des Seins als primärem Datum der empirischen Analyse zu gelangen, welche die Möglichkeit von Sein und Nicht-Sein umschließt. [18]
Der Rekurs auf das Instrumentarium der Reflexionslogik stellt an dieser Stelle kein erkenntnistheoretisches oder erkenntnislogisches Glasperlenspiel dar, sondern dient vielmehr primär dazu, analytische Begrifflichkeiten zur Verfügung zu stellen, um den metaphysischen Reichtum der Reflexionsverhältnisse zeitgenössischer religiöser Praxis aufschließen zu können – oder um es mit LATOUR zu formulieren: "[W]enn man die Sozialwissenschaften von den Reservoirs philosophischer Innovationen abschneidet, dann ist das ein sicheres Rezept dafür, dass niemand je die philosophischen Innovationen gewöhnlicher Akteure bemerken wird, die oft über die professioneller Philosophen hinausgehen" (2007 [2005], S.91). [19]
Die religionswissenschaftliche Relevanz der GÜNTHERschen Konzeption wird etwa dann deutlich, wenn wir versuchen, die soteriologische Rede des Buddhismus von nibbāna (Pali, Sanskrit: nirvāṇa) als dem definiten Heilsziel zu verstehen. Nach der klassischen, zweiwertigen Seinslogik ist nibbāna die Negation von Sein, also Nichts, und in diesem Sinne verwundert es nicht, dass der Pali-Begriff vielfach mit "Verlöschen" übersetzt wurde und in der frühen europäischen Rezeption (man denke etwa an SCHOPENHAUER 1986 [1859]) mit einer depressiven Konnotation einherging. Diese Interpretation steht jedoch in starkem Widerspruch zur Auffassung nahezu aller noch bestehenden buddhistischen Schulen, die nibbāna als etwas absolut Positives ansehen (vgl. KING 1964, S.89f.). Die soteriologische Bedeutung der Rede von nibbāna erschließt sich also nicht aus einer Seinslogik, entsprechend der die Negation von Erfahrung und Bewusstsein mit Nicht-Bewusstsein und Tod gleichgesetzt wird. Sie wird vielmehr aus der Perspektive einer Negativsprache verständlich, in der die Negation über die zweiwertige Logik hinausweist, das Nichts also nicht Nichts ist, sondern auf eine Transzendenz in einem unbekannten Raum verweist. Erst die negativsprachliche Reflexion gibt den Hinweis auf eine Reflexionsbeziehung, die in ein Arrangement münden kann, in dem das Nicht-Existierende, das nicht Erscheinende und nicht Vergehende, mit Transzendenz verbunden wird. Nur auf diese Weise kann die soteriologische Rede des Buddhismus in der Praxis wirksam werden. Denn sie erlaubt, in der interpretativen Aneignung zwischen den zwei Weisen der Negation hin- und herzupendeln.16) [20]
2.3 Selbstverhältnisse und das Problem des Todes
Darüber hinaus lässt sich mit der Kontexturanalyse auch die Emergenz der Subjekt-Objekt-Dichotomie, von der sowohl DEWEY als auch MEAD spricht, analytisch genauer fassen. Das "Ich" steht zunächst für ein einfaches Reflexionsverhältnis, nämlich die Reflexion des "Es" durch das "Ich", wobei sich das Subjekt qua Reflexion einer Welt gegenüberstellt. Einhergehend mit der Etablierung dieser Beziehung wird eine Kontextur eröffnet, d.h. ein epistemisches Zentrum, das über eine Ontologie verfügt, denn das auf diese Weise konstituierte Subjekt ist nicht nur Welt, sondern verhält sich zur Welt. Mit der Entstehung einer solchen Monokontextur tritt zugleich die Möglichkeit des Todes auf, also der reflexionslogisch zwingende Schluss, dass es eine Welt geben kann, in der das "Ich" nicht mehr ist. Das mit der Projektion eröffnete Reflexionsverhältnis generiert also die Möglichkeit der Negation. Diese kann jedoch im Kontext einer soteriologischen Kommunikation wiederum als Negation der Alternative von Sein und Nicht-Sein im Sinne von Transzendenz in einem offen Raum verstanden werden. [21]
Sobald wir aber die Sphäre des Sozialen betreten, also ein "Alter Ego" in Rechnung stellen, erscheint die Welt als eine polykontexturale Welt. Während das "Ich-Es"-Verhältnis die Beziehung eines Subjekts zu einem objektivierbaren Gegenstand bedeutet und dementsprechend eine einfache Kontextur bildet, stellt sich die Sachlage beim "Ich-Du"-Verhältnis anders dar: Hinter dem "Du" steht im wechselseitigen Austauschverhältnis ein anderes "Ich", das eine eigene Subjekt-Objekt-Relation – und damit eine eigene Kontextur mit einer eigenen Ontologie – ausbildet. Da die phänomenale Perspektive des "Du" aus der Monokontextur des "Ich" heraus nicht erreichbar ist, fügt die Reflexion des "Du" der eigenen Wirklichkeit etwas hinzu, was durch die Spiegelung von Sein im Subjekt nicht gedeckt ist. Zur fremden Subjektivität besteht kein Zugang. [22]
Darüber hinaus ergibt sich die Möglichkeit, das Verhältnis zweier Kontexturen zueinander zu reflektieren. Das "Ich" kann sich etwa das Verhältnis von "Es-Du" (also die Wahrnehmung und Perspektive einer/eines anderen) vergegenwärtigen. Durch die hiermit erzeugte reflexive Distanz kann eine Operation vollzogen werden, welche die durch die binäre Struktur aufgeworfene Sicht einer unhintergehbaren Wahrnehmung verwirft. Eine Täuschung ist beispielsweise für die/den Wahrnehmende/n als solche nicht sichtbar. Aus dem Blickwinkel einer weiteren Kontextur, welche das Verhältnis der/des Wahrnehmenden zum wahrgenommenen Gegenstand reflektiert, kann die Wahrnehmung jedoch infrage gestellt oder ihr ein anderer Stellenwert beigemessen werden. Dementsprechend sind transjunktionale Operationen der Relationierung unterschiedlicher Kontexturen nicht in einem zwingenden Seinsverhältnis gefangen. Die Reflexion kann das Verhältnis anderer Kontexturen konfigurieren, indem bestimmte Reflexionsverhältnisse affirmiert, andere abgeblendet oder zurückgewiesen, also partiell oder vollständig rejiziert werden können. [23]
Transjunktionale Operationen eröffnen hiermit eine differenzierte Analyseperspektive auf das, was in den Religionswissenschaften üblicherweise unter dem Verhältnis von Immanenz und Transzendenz gefasst wird. Dieses Verhältnis erscheint jetzt nämlich immanent als eine Reflexionspraxis, die jedoch auf Werte zugreift, die positivsprachlich nicht zugänglich sind (dies ist wie gesagt schon beim Alter Ego der Fall). [24]
2.4 Leib, Gemeinschaft und Gesellschaft
Da hier nun spirituelle bzw. religiöse Transformationsprozesse aus einer polykontexturalen Perspektive analysiert werden sollen, sind einige Formen möglicher Relationierung genauer anzuschauen, und zwar die Verhältnisse von "Ich" und Körper, von "Ich" und Gemeinschaft sowie von "Ich" und Gesellschaft, die im Folgenden kurz aufgegriffen werden. Schon die Leiblichkeit stellt keine logische Einheit dar, sondern lässt sich als Verbundkontextur begreifen. Dies wird mit Blick auf die Dynamik der Reflexion "einen Körper haben" und "Leib sein" deutlich. Das Bewusstsein kann sich mit seinem Körper identisch und nicht-identisch fühlen, was durch die Sprache als sozial angelieferten Sinn in nicht trivialer Weise moderiert wird. Einerseits "schnappen" die Dramen, welche die Worte spinnen, in den "Körper hinein", ohne dass sich ein Selbst dagegen wehren könnte (MERLEAU-PONTY 1974, S.275). Andererseits werden im "Innen-Sprechen", also im inneren Dialog des Denkens, die gleichen psychomotorischen Pfade benutzt wie in den Vollzügen der menschlichen Interaktion (FUCHS 2010, S.91ff.). Demnach wird auch die Nichtidentifikation mit der eigenen Leiblichkeit subjektiv empfunden. Auch das Bewusstsein zeigt sich hier also als Differenzstruktur eines übergreifenden polykontexturalen Arrangements. [25]
Daneben ist auch das Verhältnis von "Ich" und Gemeinschaft als ein polykontextural gelagertes zu begreifen. Es geht hier nämlich um ein vorreflexives "Wir" im Sinne einer Vergemeinschaftung, die jedoch wiederum reflexiv angeeignet und relationiert werden kann. Man wird von der Gruppenstimmung affiziert, wodurch man sich in Folge hierzu affirmierend oder distanzierend verhalten kann. Im Sinne von MEAD (1980 [1910]) wird sich hier Sozialisation nicht nur auf der Ebene von me–me, sondern auch von I–I und der Verschränkung dieser Ebenen abspielen. [26]
Ferner gilt es, die kommunikativen Reflexionsverhältnisse der Gesellschaft stärker zu betonen als es praxistheoretische oder pragmatistische Perspektiven üblicherweise nahelegen. So bilden Wissenschaft, Medizin, Religion etc. jeweils eigenständige kommunikative Kontexturen, welche wiederum das Verhältnis anderer Kontexturen moderieren. Daher können beispielsweise jeweils religiöse Transzendenz, wissenschaftliche Wahrheitsansprüche und medizinisch geprägte Ontologien strukturierend und relationierend in die Beziehung eines Menschen zu sich selbst, zu anderen Menschen und zur Welt eintreten. Im Gegensatz zu den leiblich verankerten "Ich-Du"-Kontexturen (man fühlt sich selbst und kann die andere/den anderen sehen und betasten) erscheinen diese Kontexturen als a-sinnliche Abstrakta. Doch obwohl sie als Reflexionsverhältnisse unkörperliche Referenzen darstellen, sind sie als wirkmächtig und damit real zu betrachten, weil sie ordnend auf andere Prozesse einwirken. In diesem Sinne können auch Geister, Imaginationen und andere Phantasmen aus den "Coda speculativa" der Religionen und der Philosophie an gefühlter Realität gewinnen (FUCHS 2010, S.287ff.), nämlich dann, wenn diese Reflexionsperspektiven in der Kommunikation evoziert und durch andere Reflexionsverhältnisse stabilisiert werden. [27]
Aus religionsanthropologischer Perspektive hat insbesondere BOYER (2004, S.276ff.) aufgezeigt, wie sich hierbei unterschiedliche Sinnesmodalitäten und kognitive Prozesse verschränken. Solche Dualitäten in Bezug auf das Verhältnis von Geist und Körper können nicht nur in der Begegnung mit anderen (etwa in Erfahrung der Präsenz verstorbener, ehemals nahestehender Menschen), sondern auch in Bezug auf das eigene Selbst erfahren werden. Dies ist beispielsweise in der Möglichkeit der "Out-of-Body-Experience" angelegt, die erlebt werden kann, wenn die sinnliche Repräsentation des eigenen Körpers auf zwei Sinnesmodalitäten verteilt wird, die sich voneinander dissoziieren, um dann wiederum zu einem spezifischen metaphysischen Arrangement verwoben zu werden (vgl. METZINGER 2005). [28]
Dies leitet zur eigentlichen Fragestellung unserer Studie hin, denn mit dem Gesagten verfügen wir nun über einen hinreichend elaborierten analytischen Begriffsapparat, um den metaphysischen Reichtum zeitgenössischer buddhistischer Praxen aufschließen zu können. [29]
3. Datengrundlage und methodologische Überlegungen
Wie können religiöse Haltungen und religiöses Wissen durch konkrete Praxen innerhalb konkreter Institutionen einer buddhistischen Schule generiert werden? Wie verläuft dabei die Beziehung von Praxis und Reflexion? Wie entwickeln und verändern sich die Selbst- und Weltverhältnisse innerhalb einer religiösen Transformation? Dies sind die Fragen, die in der im Folgenden berichteten Studie im Vordergrund stehen. [30]
3.1 Phowa als fremde Praxis, in der sich die Reflexionsverhältnisse der vertrauten Welt widerspiegeln
Paradigmatisch lassen sich die oben benannten Prozesse besonders gut an Beispielen religiöser Praxisformen aufzeigen, die einerseits aufgrund der kulturellen Ferne der verwendeten Symbolik unvertraut, möglicherweise sogar abstrus erscheinen mögen, die aber andererseits von Menschen ausgeübt werden, die wegen ihrer kulturellen Prägung als typische Vertreter/innen einer modernen, westlichen Sozialisation angesehen werden können. Deshalb bieten die in vielen ihrer Praktiken zunächst recht fremd anmutenden, doch seit gut 30 Jahren im Westen zunehmend Verbreitung findenden Schulen des tibetischen Buddhismus einen guten Startpunkt für die Rekonstruktion der Genese und Stabilisierung religiöser Orientierungen. Interessant sind hierbei vor allem religiöse Formen, die aufgrund der verwendeten Praxen und Zeichen sowie der Kosmologie, in die diese eingebettet sind, stark von den Konzeptionen der christlichen Religionen abweichen. [31]
In einigen Schulen des tibetischen Buddhismus, insbesondere bei den Kagyüpa und Nyingmapa,17) wird die sogenannte Phowa-Meditation gelehrt – auch als "Bewusstseinsübertragung" oder "Praxis des bewussten Sterbens" bekannt (SEEGERS 2013, S.273). Hierdurch sollen Praktizierende als Vorbereitung auf den Tod schon zu Lebzeiten einen erfolgreichen Sterbeprozess erlernen, der dann zu einer glücklichen Wiedergeburt in der Einflusssphäre des transzendenten Buddhas Amitābha18) führe. Dadurch sei die künftige Erlösung garantiert. Darüber hinaus sollen sehr erfahrene Praktizierende in der Lage sein, bereits verstorbene Menschen über in der Phowa-Praxis realisierte "Astralprojektion" in eine "segensreiche Wiedergeburt" zu begleiten.19) [32]
Insbesondere die Vertreter/innen der Kagyü-Schule verweisen als Beweis für den erfolgreichen Vollzug dieser Praxis auf körperlich sichtbare Zeichen, die sich nicht nur in den Reliquien kompetenter Praktizierender zeigen würden, sondern bereits bei lebenden Praktizierenden. Nach deren erfolgreichem Vollzug der Praxis zeige sich etwa ein Blutstropfen an der Fontanelle als vermeintlicher Austrittstelle des Bewusstseins. [33]
Im Kontext des westlichen Buddhismus ist die Phowa-Praxis vor allem durch zwei, mittlerweile in Europa und Amerika recht weit verbreitete Gruppen bekannt geworden. In "Rigpa", 1979 durch Sogyal RINPOCHE gegründet, wird eine niederschwellig erlernbare Visualisierungsübung gelehrt, die von den Praktizierenden unter anderem im Sinne einer spirituellen Sterbebegleitung genutzt werden kann. Der 1972 von Ole und Hannah NYDAHL gegründete Diamantweg-Buddhismus bietet seinen Schüler/innen darüber hinaus Phowa-Intensivkurse an, deren Erfolg schließlich auch anhand der oben formulierten Zeichen sichtbar werde. [34]
Die Phowa-Praxis kann hiermit als eine besondere Form des doing religion angesehen werden, mittels der sich der Tod als die schlechterdings unzugängliche Negativität des Lebens als spirituelle Ressource im diesseitigen Leben aneignen lässt. Von einem religionssoziologischen Standpunkt aus erscheint vor allem der Blick auf die zweite Schule reizvoll, denn wir treffen hier auf eine besondere Form der Verschränkung von spirituellen Lehren mit den entsprechenden Reflexionsangeboten, von Visualisierungen, intensiven körperorientierten Übungen, Gruppenprozessen, psychischen Erlebnissen und körperlichen Evidenzen. [35]
Im Sinne der zuvor entwickelten Analyseperspektive stellen sich vornehmlich folgende Fragen:
Wie generiert die Phowa-Praxis im Sinne eines praktischen Vollzugs die spirituellen Evidenzen, welche eben jene Praxis erst plausibilisieren und institutionalisieren lassen (doing religion würde hiermit immer auch mit doing ontology einhergehen).
Wie gestaltet sich die Genese und Etablierung dieser metaphysischen Haltungen über einen Zeitraum hinweg?
Wie wird der Zweifel an der religiösen Form beruhigt bzw. wie verzahnen sich die Evidenzen des Glaubens mit der in unserer Kultur dominanten realistischen Weltsicht?
Auf welche Weise verändert sich durch die religiöse Praxis die Szenerie bzw. das Arrangement der Selbst- und Weltverhältnisse, und wie kann sich das moderne individualisierte Selbst in diesem Arrangement in produktiver Weise wiederfinden?
Wie wird ein solches, unter modernen Verhältnissen immer auch anzweifelbares Arrangement etabliert und auf Dauer gestellt? [36]
Die in diesem Beitrag rekonstruierte Phowa-Meditation stellt selbstverständlich nur eine spezielle, nur in dieser Schule verbreitete Praxisform dar. Allerdings ist sie ein typischer Fall dafür, wie im tibetischen Buddhismus das Verhältnis von Immanenz und Transzendenz konzipiert wird. Vor diesem Hintergrund sind die Analysen von übergreifendem religionswissenschaftlichem Interesse, da in einer praxistheoretischen Perspektive die Form bzw. die Reproduktion der hiermit einhergehenden Reflexionsverhältnisse rekonstruiert wird. [37]
3.2 Sampling und Datenerhebung
Die hier dargestellte Studie entstammt einem größeren Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, am Beispiel von sechs unterschiedlichen, im Westen vertretenen buddhistischen Schulen deren spezifische Formen der Praxis und Sinngenese zu rekonstruieren.20) Im Sinne einer mehrfachen komparativen Analyse wird dabei einerseits die Entwicklungsdimension beachtet, d.h. es werden sowohl Novizen/innen wie auch mäßig bzw. existenziell engagierte Praktizierende21), aber auch Langzeitpraktizierende und Lehrer/innen sowie Drop-outs aus den jeweiligen Schulen einbezogen. Andererseits werden unterschiedliche Traditionen berücksichtigt; im Sample sind jeweils zwei Schulen aus dem Theravāda-, Zen- und tibetischen Buddhismus vertreten. Die Entwicklung des Samples erfolgte in Anlehnung an das Prinzip des Theoretical Samplings, wie es ursprünglich von GLASER und STRAUSS (1967) vorgeschlagen wurde. Konkret erfolgten sowohl Auswahl als auch Erhebung der Daten sukzessive und angeleitet vom jeweiligen Stand des Forschungsprozesses (vgl. hierzu STRÜBING 2002, 2008). [38]
Die praxistheoretisch begründete Annahme lautet hier, dass die Genese religiösen Wissens nicht sprunghaft, etwa im Sinne eines singulären Sprungs einer Konversion, sondern in einer kontinuierlichen, oftmals viele Jahre andauernden Aneignung der jeweiligen Praxis verläuft. Dementsprechend sind sowohl innerhalb der einzelnen Schulen deutliche Unterschiede zwischen Anfänger/innen- und Meister/innenschaft zu erwarten wie auch zwischen den Schulen, die teils sehr unterschiedliche Formen der Verbindungen von Lehre und Praxis anbieten und betonen. [39]
Bislang wurden insgesamt 120 Einzelinterviews und 10 Gruppendiskussionen geführt,22) jeweils verteilt auf die sechs untersuchten Schulen. Die Interviews haben durchschnittlich eine Länge von etwa 90 Minuten. Das kürzeste Interview dauerte 35 Minuten, das längste knapp 4 Stunden.23) In einzelnen Fällen wurden Nachinterviews geführt, um über interessante Aspekte zusätzlichen Aufschluss zu erhalten. [40]
Die empirische Datengrundlage für die in diesem Beitrag vorgestellte Untersuchung liefern Expert/inneneninterviews mit narrativen Elementen (MEUSER & NAGEL 1994), welche mit Praktizierenden des Diamantweg-Buddhismus geführt wurden: Mit Fritz SCHÜTZE (1983) besteht die methodologische Leistung des narrativen Interviews darin, dem Interviewten durch eine offene Form der Befragung die Möglichkeit zu geben, seine eigene Relevanzstruktur zu entfalten, also seine Aussagen im Sinne seiner eigenen impliziten Orientierungen zu tätigen. Im Idealfall zeigt sich hierin eine Erlebnisaufschichtung, welche die Wertstruktur der befragten Akteur/innen und die Art und Weise, wie diese ihre Welt auslegen und deuten, offenbaren kann (vgl. RIEMANN 2003). Im Kontext der angestrebten Untersuchung kann das narrative Interview jedoch auch dazu genutzt werden, Einsichten in die Orientierungen und Zurechnungsmuster der befragten Akteur/innen zu gewinnen, um dann auf diesem Wege zu versuchen, die Handlungszwänge und Interdependenzen der buddhistischen Schulungsformen zu rekonstruieren. Darüber hinaus lassen sich hierdurch Informationen über die Interdependenzen von Handlungspraxis und Lehre innerhalb der zu untersuchenden Schulen erhalten. Es interessieren dabei weniger die biografischen Gründe für das Engagement, sondern eher all die Aspekte, welche mit einer sekundären (ggf. auch tertiären) Sozialisation in eine Gruppierung des westlichen Buddhismus zusammenhängen. Es handelt sich hier also vorrangig um offene Expert/inneninterviews im Sinne von MEUSER und NAGEL (1994). Expert/innenwissen ist dabei nicht einfach als "Rezeptwissen" zu verstehen, sondern repräsentiert eine "Wissensform, die alltagssprachlich als "ungeschriebene Gesetze' bezeichnet" werden kann (S.182). In diesem Sinne wurde in den hier referierten Befragungen ein besonderes Augenmerk auf das Erleben des ersten Phowa-Kurses sowie die dort gemachten Erfahrungen gelegt. Wenn im Interviewgespräch längere und dichte Narrative zum Erleben während des ersten Kurses evoziert werden konnten, entstanden also Textprotokolle, die zugleich auf die Erlebnisdynamik während des Kurses als auch auf die Reflexion, Deutung und spätere Aneignung des Materials durch den Erlebenden verweisen. [41]
Insgesamt wurden 25 Vertreter/innen dieser Schule befragt, darunter Lama Ole NYDAHL, der Meister bzw. Gründer der Schule sowie zwei untergeordnete Lehrer/innen, und zwei Gruppendiskussionen wurden initiiert. Drei der Interviewten waren Langzeitpraktizierende, vier Anfänger/innen; hinzu kommen sechs Adept/innen, die "existenziell" engagiert sind, zwei Schüler/innen mit nur mäßigem Engagement sowie fünf Drop-outs, also Schüler/innen, die sich aus verschiedenen Gründen vom Diamantweg-Buddhismus abgewendet haben. Für die Interpretation und Darstellung in diesem Beitrag wurden drei Fallbeispiele ausgewählt, die das Spektrum vom Anfänger/innen- bis zum Meister/innenstatus repräsentieren. [42]
An eine qualitative Untersuchung, die zu den hier genannten Fragen Einsicht gewinnen möchte, sind bestimmte methodologische Anforderungen bezüglich der Datenanalyse zu stellen. So wird etwa Sensitivität in Hinblick auf die in den Praxen verkörperten epistemischen Haltungen verlangt. Es wird ein praxeologischer Zugang gefordert, und in diesem Sinne folgt die Untersuchung zunächst der dokumentarischen Methode (BOHNSACK 2008), die das Material in den drei Schritten der formulierenden Interpretation, der reflektierenden Interpretation und der komparativen Analyse systematisch aufschließen lässt. [43]
Die dokumentarische Methode hebt zunächst vor allem die Unterscheidung zwischen immanentem und dokumentarischem Sinn als beobachtungsleitende Differenz hervor und ermöglicht damit die Trennung der Ebenen von Common-Sense-Theorien und der Logik der Praxis. Aus diesem Grunde ist sie für uns die Methode der Wahl, denn mit ihr wird ein methodologischer Zugang eröffnet, auf die handlungsleitenden Orientierungen – den dokumentarischen Sinngehalt – zurückzuschließen, welche die religiösen Praxen begleiten und formatieren. An den dokumentarischen Sinngehalt gelangt man, indem eine "gleiche Problemstellung“ (NOHL 2006b, S.12) in verschiedenen Interviews (mittels formulierender und reflektierender Interpretationen, s.u.) beobachtet wird und die Interviews vor dem Hintergrund der Problemstellung miteinander verglichen werden (komparative Analyse). Erst auf diese Weise lässt sich die "Standortgebundenheit“ (MANNHEIM 1980 [1920-25], S.85ff.) des/der Forschenden dergestalt auflösen, dass nicht nur der dessen/deren Hintergrund und Wissen als Kontrast herangezogen wird, sondern auch die weiteren erhobenen Fälle, welche auf andere Art und Weise die gleiche Problemstellung bearbeiten. Das Wissen der Interpret/innen wird damit nicht getilgt, sondern relativiert (vgl. NOHL 2006b, S.13). [44]
Die dokumentarische Methode orientiert sich somit an einem mehrstufigen Prozess, in welchem mehrere Arbeitsschritte aufeinander folgen, um sowohl die einzelnen Fälle interpretierend verstehen zu können als auch eine sinngenetische oder soziogenetische Typenbildung zu ermöglichen. Diese Arbeitsschritte lassen sich wie folgt bestimmen: Bei der formulierenden Interpretation wird zunächst ein Überblick über die im Interview vorkommenden, immanenten Themen in Form eines thematischen Verlaufs erarbeitet, um diese Themenbearbeitungen dann in Form einer Feingliederung in der Sprache des/der Interpretierenden zu re-formulieren. Bei der reflektierenden Interpretation werden auf der Grundlage der in der formulierenden Interpretation identifizierten, thematisch bedeutsam erscheinenden Stellen latente Orientierungsmuster herausgearbeitet und mittels komparativer Analyse zu anderen Fällen in Beziehung setzt (BOHNSACK 2008, S.178ff.). [45]
Die dokumentarische Methode gestattet es zudem, implizite bzw. vorreflexive Wissensbestände zu rekonstruieren, da in der Analyse insbesondere Wert auf performative Aspekte und die sich hierin ausdrückenden Rahmungen und Orientierungen gelegt wird. Wie NOHL (2006a, S.100ff.) vor allem im Rekurs auf DEWEYs religionssoziologische Arbeiten herausgearbeitet hat, zeigen sich zudem eine Reihe erkenntnis- und metatheoretischer Homologien zwischen dem Pragmatismus und der praxeologischen Wissenssoziologie BOHNSACKs. [46]
Zudem eröffnet sich hier in Einklang mit NEITZ und SPICKARD (1990) eine methodologische Sichtweise, welche zwar die Induktion außeralltäglicher Erfahrungen durch körperorientierte, in Gruppen vollzogene Praxen anerkennt, diese allerdings mit Alfred SCHÜTZ (1981 [1932]) an eine vorkonzeptionelle soziale Erfahrung geteilter innerer Zeit anbindet, was in hohem Maße in Übereinstimmung mit aktuellen kognitionswissenschaftlichen phänomenologischen Studien steht (ZAHAVI 2008). Hierbei ist allerdings mit YAMANE (2000) darauf hinzuweisen, dass im Rahmen solch einer Konzeptualisierung religiösen Erlebens die spirituelle Erfahrung nicht ohne ein Verständnis der Narrative zu haben ist, in die dieses Erleben eingebettet ist. Und genau dort schließt die reflektierende Interpretation der dokumentarischen Methode in ihrer Hermeneutik an, um dann Rückschlüsse auf die latenten Ebenen der Praxis ziehen zu können. [47]
Um darüber hinaus den Reflexionsverhältnissen gerecht zu werden, die den religiösen Selbst- und Weltbezug aufspannen, wurde, wie bereits angedeutet, die reflektierende Interpretation durch eine Kontexturanalyse erweitert (JANSEN & VOGD 2014, S.459 ff.; JANSEN, VON SCHLIPPE & VOGD 2015; VOGD 2014, S.9 ff.) Dabei geht es um die Identifizierung der logischen Räume, die jeweils spezifische Selbst- und Weltbezüge herstellen bzw. hervorbringen. Diese zeigen sich insbesondere in der Relationierung von Perspektiven, die auf die Sozialdimension von Sinn fokussieren, wie sie sprachlich etwa durch bestimmte Präpositionen, Einklammerungen, Distanzierungen etc. ausgedrückt werden. Von Interesse ist hier u.a., wie die Grenzen zwischen Sinnprovenienzen und Kontexturen bestimmt werden. Dies ist beispielsweise immer dann zu beobachten, wenn innerhalb der Erzählung Probleme und Spannungen auftreten, die durch bestimmte sprachliche Praxen markiert sind – etwa durch Distanzierungen, Rahmenwechsel –, und eine Veränderung in den Reflexionsverhältnissen indizieren. Außerdem ist im Sinne der mehrwertigen Hermeneutik einer Kontexturanalyse darauf zu schauen, "wie durch verschiedene transjunktionale Operationen Kontexturen geöffnet und geschlossen werden" (JANSEN et al. 2015, §30). Dabei ist vor allem nach Praxen zu suchen, mit denen "verschiedene Reflexionsräume in ein stabiles Verhältnis gesetzt" werden (a.a.O.), etwa indem Tabus Sinnabbrüche und Reflexionssperren markieren. In einem zweiten Schritt kann die Kontexturanalyse schauen, wie sich unterschiedliche Reflexionsperspektiven wechselseitig konditionieren, also in Hinblick auf die Selbst- und Weltverhältnisse zu einem beständigen Arrangement stabilisieren. [48]
Aus praxistheoretischer Perspektive ist zudem darauf hinzuweisen, dass Erleben und Reflexion zwar miteinander in einem wechselseitigen Konstitutionsverhältnis stehen, aber zeitlich auseinanderfallen und auch in inhaltlicher Hinsicht nicht synchron verlaufen müssen. Mehrstündige oder mehrtägige, oftmals im Schweigen vollzogene meditative Praktiken können beeindruckende Erlebnisse bei den Schüler/innen evozieren, die den unterliegenden Sinn und konzeptionellen Status innerhalb des buddhistischen Lehrsystems – wenn überhaupt –häufig erst einige Jahre später verstehen (PAGIS 2009, 2010a). Dementsprechend ergeben sich auch in diesbezüglichen Interviewpassagen wichtige Hinweise für die Kontexturanalyse, nämlich auf die Kopräsenz verschiedener Reflexionsperspektiven, die auf jeweils unterschiedliche Weise zu einem Arrangement zusammenfinden können. [49]
4. Rekonstruktion der Phowa-Praxis
Wir haben uns im Kontext dieses Beitrags entschieden, nach einer kurzen Schilderung des Kurs-Settings (Abschnitt 4.1) zunächst den Bericht einer Schülerin darzustellen, die nur einen Phowa-Kurs besucht hat (Abschnitt 4.2), und daran anschließend den Fall einer Langzeitpraktizierenden ausführlicher zu analysieren, die auf den Phowa-Kurs als zentrales Initiationserlebnis zurückblickt (Abschnitt 4.3). Abschließend werden einige Sequenzen aus dem Interview mit Lama Ole NYDAHL vorgestellt (Abschnitt 4.4). Die drei Beispiele stehen damit für unterschiedliche Modi der Affizierung, Distanzierung und Kontextualisierung gegenüber den impliziten und expliziten Gehalten des Phowa-Kurses.24) Dies entspricht der Entwicklungstypik einer zunehmenden Aneignung der buddhistischen Praxis von Anfänger/innen im ersten Kurs bis hin zur Identifikation mit eben dieser Praxis in der Meister/innenschaft. [50]
Die Darstellung der Interviewinterpretation in den Abschnitten 4.2-4.4 folgt in der Regel diesem Muster:
zusammenfassende formulierende Interpretation,
Interviewprotokoll,
reflektierende Interpretation sowie
ggf. eine Kontexturanalyse, welche die Relationen bzw. das Arrangement der Reflexionsperspektiven aufzeigt. [51]
Die Phowa-Kurse im Diamantweg-Buddhismus wurden bislang durch einen Vortrag von Ole NYDAHL eingeleitet,25) der grundlegende Konzepte des tibetischen Buddhismus im Hinblick auf den folgenden Meditationskurs reformuliert und über einige Kursregeln informiert. In diesem Rahmen wird unter anderem angekündigt, dass die Praktizierenden auf unterschiedlichen Ebenen "Zeichen" erhalten werden. Zum einen würden äußere Zeichen erscheinen, die auf der Oberfläche des Kopfes in der Nähe der Fontanelle sichtbar sein würden, dort, wo das Bewusstsein austrete. Manchmal sei es ein Riss in der Kopfhaut, manchmal sogar ein Blutstropfen, oftmals aber nur ein kleiner Schorf. Außerdem wird angekündigt, dass innere Zeichen im psychischen Erleben auftreten würden. Diese würden sich zunächst in einer Vielzahl von Problemen, dann aber in den Freuden der Reinigung und der Befreiung manifestieren. Zudem werde der Lama im Positiven wie im Negativen als Projektionsfläche erscheinen. All dies sei in Ordnung und sogar ein Hinweis darauf, dass die Meditationspraxis funktioniere und man einfach weitermachen solle. Schließlich würden die Bemühungen darin münden, die eigene Buddhanatur zu erkennen, also zu erfahren, dass man den Buddha draußen nur deshalb sehen und visualisieren kann, weil man innerlich selbst schon immer Buddha gewesen ist.26) [52]
Darüber hinaus werden die Schüler/innen angewiesen, untereinander nicht über ihre eigenen inneren Erfahrungen zu reden, da jede/r andere Erfahrungen mache und durch das Vergleichen mit anderen die Meditation – und damit der eigene spirituelle Fortschritt – empfindlich gestört werden könne. Es dürfe aber während des Kurses über andere Dinge gesprochen werden. [53]
Der Vortrag bildet allein schon deshalb einen essenziellen Teil des Kurses, da hier von einem signifikanten Anderen Erwartungen formuliert und kanalisiert werden, etwa das Auftreten von Zeichen, und die individuelle Praxis damit in gewisser Weise vorstrukturiert wird. Der eigentliche Kurs dauert in der Regel vier bis sieben Tage, wobei ein Tag durch drei jeweils dreistündige Meditationssitzungen strukturiert ist. In diesen Sitzungen wird eine bestimmte Visualisierung aufgebaut, die darin münden soll, das eigene Bewusstsein über dem Kopf mit dem Buddha Amitābha zu verschmelzen. Diese Übung ist mit der Rezitation eines spezifischen Mantra27) verbunden, das in einen bestimmten Schlüssellaut einmündet und mit einem eindrücklichen Sprech- und Atemrhythmus einhergeht. Schüler/innen, die zum ersten Mal einen Phowa-Kurs besuchen, werden angewiesen, im vorderen Bereich zu sitzen, also zwischen der Bühne, auf welcher der Lama sitzt, der die Übung instruiert und orchestriert, und dem hinteren Bereich des Raumes, in dem die bereits erfahrenen Schüler/innen sitzen. Da die Veranstaltungen oftmals mit 2.000 bis 3.000 Schüler/innen durchgeführt werden, entsteht allein schon durch die Menge der Praktizierenden eine eindrucksvolle Gruppendynamik. [54]
Im letzten Drittel des Kurses geht der Lehrer durch die Reihen der Meditierenden und untersucht mit seinem Team die Köpfe der Praktizierenden. Nach eigener Darstellung28) werden bei nahezu allen neuen Schüler/innen äußere Zeichen gefunden, die auf eine erfolgreiche Phowa-Meditation hinweisen würden. [55]
Nicht zuletzt wird während des Vortrags und während des Kurses vermittelt, dass die Phowa-Praxis auch genutzt werden kann, um verstorbene Angehörige und Freund/innen nach deren Tod in eine Wiedergeburt begleiten zu können. Zudem können tibetische Lamas, aber auch Ole NYDAHL selbst, gebeten werden, den Verstorbenen ihrerseits zu begleiten. Die in dem Phowa-Kurs vermittelte Meditation erscheint damit gleichsam als eine universell anwendbare spirituelle Technik, um mit dem eigenen wie auch mit dem Tode eines anderen Menschen umgehen zu können. [56]
Mit der Phowa-Praxis des Diamantweg-Buddhismus treffen wir also auf ein Setting bzw. Arrangement verschiedener Aspekte. Wir finden einen für den Übungsweg signifikanten und zugleich charismatischen Lehrer, eine Gemeinschaft von Praktizierenden, eine hochspezifische körperorientierte Praxis der Imagination, als Massenveranstaltung organisierte Kurse sowie die religiösen Konzepte des tibetischen Buddhismus. Zwar ist die Phowa-Praxis eingebettet in die traditionelle spirituelle Kosmologie des tibetischen Buddhismus, diese wird jedoch durch verschiedene Publikationen bundesdeutscher Buddhist/innen zunehmend auch ins Deutsche "übersetzt" und somit gewissermaßen auch mehr und mehr europäisiert.29) [57]
Damit kommen wir zu der Frage, wie sich die genannten Aspekte in der Praxis und Reflexion westlicher Adept/innen verzahnen. Wir beginnen mit Frau Vera Schiller30), für die der Kurs eine wichtige Bedeutung bekommt, die jedoch nicht unbedingt als religiös zu bezeichnen ist. [58]
Vera Schiller ist zum Zeitpunkt des Interviews 39 Jahre alt und mittlerweile nicht mehr so fest mit dem Diamantweg-Buddhismus verbunden. Auf Anregung von Bekannten und ihrer Lebensgefährtin habe sie zwei Jahre vor dem Interview einen Phowa-Kurs besucht. [59]
Frau Schiller beschreibt, dass sie zunächst nicht gewusst habe, was sie in dem Kurs erwarte. Anfangs habe sie das Sitzen auf dem Boden "gestresst", dann sei sie aber mehr und mehr in die Meditationsübung hineingekommen und schließlich habe sich die Sache auch "sehr gut angefühlt". Insbesondere die Gruppenatmosphäre habe sie sehr berührt und sie verstehe seitdem auch, was die anderen Praktizierenden durch diese Kurse gewinnen:
"Ich bin da hingefahren, mit 'nem bisschen Ressentiments: Oh Gott, das ist ja sechs Tage und ganz viel Meditation und du weißt nicht, was da kommt. Die Idee bei dem Kurs ist ja auch, dass man inhaltlich nicht so genau Bescheid weiß vorher schon, was passiert. [...]31) Und ähm dann ging das so los und der erste Abend hat mich noch fürchterlich gestresst, auch so, weil es schon sehr, sehr eng war, gleich wieder/ man hatte wieder diese kleinen Plätzchen da nur und, und/ die Buddhisten sagen dann: ja, das sind die ganz typischen Sachen und das geht alles wech, aber das ähm ist für mich anders, also es kommt halt immer wieder, so eine, also diese/ man sitzt auch die ganze Zeit dann immer auf dem Boden sitzen, also es klingt alles so'n bisschen divenhaft, aber es, es hat mich einfach gestresst. Und dann war ich ähm da irgendwie ab dem zweiten Tag und da ging auch die eigentliche Phowa-Meditation los und da bin ich dann irgendwie immer mehr reingekommen. Und ich kann gar nicht sagen, was das war/ also das war aber irgendwie das war irgendwie, hat sich sehr gut angefühlt. Und das war auch so 'ne Gruppenatmosphäre, die mich irgendwie angesprochen hat. Und ähm ich hab' auch was gespürt bei dieser Meditation, wobei ich das überhaupt nicht orten kann und auch nicht ähm nicht benennen, oder beschreiben kann, aber das war/ also das hat mich da/ so hat mich das vorher noch nie berührt. Und ähm da hatte ich das Gefühl: Jetzt versteh' ich, was die Leute haben und die haben das anscheinend noch viel intensiver und auch in anderen Situationen bereits. Also ich glaube das WAR das genau." [60]
In Zusammenhang mit unserer Fragestellung erscheint in dieser Interviewsequenz zunächst die zeitliche Verzahnung unterschiedlicher Aspekte und Erlebnisse interessant. Erst besteht ein gewisser Widerstand und Zweifel gegenüber dem Kursbesuch, da sie vorher nicht gewusst habe, worauf sie sich bei dieser Veranstaltung einlassen würde. Vor diesem Hintergrund mutet der Besuch eines solchen Kurses wie ein Abenteuer an, dessen Rahmenhandlung zwar bekannt ist – es handelt sich um einen Intensivkurs des tibetischen Buddhismus in der Technik des bewussten Sterbens –, wobei jedoch die Einzelheiten des Ablaufs und die Bedeutung für die Teilnehmerin unklar waren. Die hiermit verbundene Dramaturgie des Sprungs ins Ungewisse wird von den Veranstalter/innen als intendiert kommuniziert ("Die Idee bei dem Kurs ist ja auch, dass man inhaltlich nicht so genau Bescheid weiß vorher schon, was passiert"). Der Besuch eines solchen Kurses erscheint damit nolens volens vor dem Erwartungshorizont, dass etwas Besonderes, etwas Unerwartetes geschehen wird. [61]
Allerdings erscheint die Praxis der Meditation im Beispiel zunächst als eine eher unangenehme Anstrengung ("es hat mich einfach gestresst"). Bei der Phowa-Praxis handelt es sich aber um eine Übung, die sich über die Zeit aneignen lässt. Frau Schiller wird mit ihr im zunehmenden Verlauf vertraut und zudem assoziiert sie das Gelingen der Übung mit positiven Gefühlen, die wiederum mit Besonderheiten der Gruppenatmosphäre verbunden erscheinen ("das war irgendwie, hat sich sehr gut angefühlt. Und das war auch so 'ne Gruppenatmosphäre, die mich irgendwie angesprochen hat"). In Folge dieser Erfahrung kann Frau Schiller auch auf einer gefühlsmäßigen Ebene nachvollziehen, warum andere Meditierende diese Kurse wertschätzen ("da hatte ich das Gefühl: Jetzt versteh' ich, was die Leute haben "). Reflexiv bzw. theoretisch scheint sie diese Erfahrung jedoch nicht aneignen oder verorten zu können. In Erinnerung bleibt allein das Wissen, wie nie zuvor emotional berührt worden zu sein ("wobei ich das überhaupt nicht orten kann und auch nicht ähm nicht benennen, oder beschreiben kann, aber das war/ also das hat mich da/ so hat mich das vorher noch nie berührt"). [62]
In der folgenden Sequenz geht Frau Schiller auf die äußeren und inneren Zeichen ein, auf die hiermit einhergehenden Empfindungen und auf die Identifizierung der äußeren Zeichen durch Ole NYDAHL:
"Ähm und dann haben sich auch echt so 'n paar Sachen aufgelöst. Also so'n bisschen so dieses Gefühl: Ich gehör' nicht dazu und das, das ging dann so langsam weg und bei diesem Phowa ist es ja auch so, da gibt es ja dann auch so'n äußeres Zeichen, ich weiß nicht, wie weit Sie da schon drin sind, dieses, dieses, 'ne, also es öffnet sich 'ne Stelle im Kopf und da hab' ich vorher auch: Das ist doch Blödsinn (lacht leicht) 'ne, und ähm ich hab' (schmunzelnd) tatsächlich während dieser Meditation schon was in der Richtung gespürt/ wobei ich ja auch nie, man ja nie weiß, was das, was das nun genau ist. Aber ähm und dann/ Ole kontrolliert ja dann auch die Köpfe und die anderen auch, ich hab' das ja selber nie gesehen, aber anscheinend war das ich hab' auch das Gefühl: Klar, da fühl' ich irgendwas, irgend so 'ne Art Wunde oder so, aber ähm es ist natürlich schon diese Vorstellung das da bin ich vielleicht einfach zu rational der Geist schießt letztendlich da raus und öffnet da was/ aber anscheinend war das was bei mir. Und was sehr Eindeutiges sogar. Und ähm das hat mich dann schon beschäftigt. So was, was ist das und, und vielleicht ist ja diese/ ist DOCH irgendwas dran an dieser transzendentalen Ebene, transzendenten Ebene." [63]
Auf phänomenaler Ebene erscheint für Frau Schiller vor allem die Veränderung der eigenen Gefühle evident, was mit einer veränderten Selbstverortung einhergeht. Zuvor hatte sie das Gefühl, nicht so recht dazuzugehören, doch dieses Gefühl der Exklusion verschwindet mit zunehmender Praxis ("so'n bisschen so dieses Gefühl: Ich gehör' nicht dazu und das, das ging dann so langsam weg"). Gerade auch im Hinblick auf den an anderer Stelle im Interview erläuterten biografischen Hintergrund von Frau Schiller ist das neue, veränderte Gefühl der Zugehörigkeit für sie in hohem Maße signifikant.32) Aus diesem Grund ist für sie in der Tat evident, dass im Verlauf dieses Kurses etwas Bedeutsames geschehen ist. [64]
Interessant ist auch ihre Ausführung zu dem äußeren Zeichen. Der Lama kontrolliert die Köpfe der Schüler/innen und identifiziert das Zeichen. Frau Schiller selbst hat jedoch noch nie ein solches Zeichen gesehen. Es bleibt ihr dementsprechend nichts anderes übrig, als dem Lama zu glauben. Da aber das hiermit vermittelte Urteil nicht auf sinnlicher Evidenz, sondern auf Kommunikation beruht, wird das Zeichen nicht durch die unhintergehbare Unmittelbarkeit phänomenalen Erlebens validiert. Einerseits spürt sie etwas, das mit dem äußeren Zeichen assoziiert werden kann ("Klar, da fühl' ich irgendwas, irgend so 'ne Art Wunde oder so"). Andererseits bleibt aber der Zweifel, ob sie sich dies nicht doch einfach nur eingebildet habe ("da bin ich vielleicht einfach zu rational"), woraufhin sie zu einer Deutung wechselt, nach der anscheinend doch irgendetwas Besonderes geschehen ist ("aber anscheinend war das was bei mir"). [65]
In Hinblick auf die in diesem Beitrag verfolgte Fragestellung ist gerade die hier aufscheinende Ambivalenz von Bedeutung. Der durch den Lama kommunikativ vermittelte Konnex von inneren und äußeren Zeichen bleibt anzweifelbar, und dementsprechend pendelt Frau Schiller als eine in rational-wissenschaftlichen Denkformen sozialisierte Persönlichkeit zwischen zwei Deutungen, was wiederum weitere Reflexionsprozesse anregt und die magische Kausalität der Bewusstseinsübertragung zumindest in die Möglichkeit des Denkbaren rücken lässt ("vielleicht ist ja diese, ist DOCH irgendwas dran an dieser transzendentalen Ebene, transzendenten Ebene"). [66]
Letztlich bleibt aber allein das innere Erleben des starken Gefühls der Zugehörigkeit evident, ebenso wie die Praxis der Meditationsübung selber, etwa die gemeinsame Rezitation der Mantren und die hiermit assoziierte Gruppenatmosphäre. Durch diese beiden generiert die tibetische Meditationspraxis hier eine vorreflexive Evidenz. An diese Erfahrungen können dann einige der Deutungsangebote des tibetischen Buddhismus anschließen, wenngleich in Form einer Denkbewegung, die zwischen Glauben und Zweifel oszilliert. Auf rationaler Ebene mögen zwar weiterhin Gedanken des Zweifels auftreten, aber auf Ebene der gefühlten Praxis ist der Konnex zwischen Zeichen, Kommunikation durch den Lama und gefühltem Erleben weiterhin evident. Im doing religion entsteht also eine erste Gewissheit. Der Besuch des Phowa-Kurses geht mit ersten Veränderungen der Selbst- und Weltbezüge von Frau Schiller einher. [67]
Zu Beginn erscheint Frau Schiller die körperlich vollzogene Praxis ebenso wie die Enge der Zwangsgemeinschaft problematisch. Hier überwiegt in der Praxis zunächst noch die Orientierung an der Form der Ich-Du-Relation, nämlich einerseits in der Beziehung zur Partnerin und andererseits auch zum Lama, welcher die Praxis als Vorbild anleitet. Am Ende steht hingegen die Vergemeinschaftung im Sinne einer emotional positiv besetzten Ich-Wir-Relation. Der kollektive Vollzug der Rituale und die hiermit verbundene Reflexion auf eine Gemeinschaft, der sich Frau Schiller nun zugehörig empfindet, verschmelzen hier zu einer Einheit. Diese ist allerdings kaum verbunden mit der Kosmologie des tibetischen Buddhismus und den hiermit einhergehenden Reflexionsfiguren. Der Prozess führt zwar temporär zu einem adjustment im Sinne eines neuen Selbst- und Weltverhältnisses (nämlich indem sich Frau Schiller während des Kurses als Teil der Gemeinschaft empfinden kann), jedoch nicht zu einer religiösen Sozialisation, die zugleich die Ontologie, d.h. den reflexiven Weltbezug verändert. Der tibetische Buddhismus mit seinen Deutungsangeboten bleibt Frau Schiller noch fremd und äußerlich. [68]
Miriam Kraft ist zum Zeitpunkt des Interviews 55 Jahre alt. 20 Jahre zuvor hat sie sich dem tibetischen Buddhismus zugewandt, nachdem sie bereits einige Erfahrungen mit Meditation, unter anderem in einer Zen-Gruppe, gesammelt hat. Der Anlass für ihre Hinwendung zum Diamantweg ist die tödliche Erkrankung ihrer Mutter. Die nüchterne Philosophie des Zen kann ihr auf die nun aufkommenden religiösen Bedürfnisse keine befriedigende Antwort geben: Während der Zen-Buddhismus in einer solchen Situation üblicherweise agnostisch bleibt und auf die Klarheit des gegenwärtigen Augenblicks des Lebens setzt, bietet der tibetische Buddhismus mit dem "Tibetischen Totenbuch" (THURMAN 2003) als Schlüsseltext des tantrischen Buddhismus33) ein religiöses Deutungsangebot in Form einer Landkarte für die Zeit danach an. Dementsprechend weckten die von Ole NYDAHL angebotenen Phowa-Kurse zum "bewussten Sterben" Frau Krafts Interesse. Der Kurs selbst erscheint aus der Retrospektive der Erzählung als eine "geniale Methode", um "vor allem praktisch damit zurecht zu kommen". Zu beachten ist hier, dass mit dem Begriff "praktisch" im Gegensatz zu theoretisch oder argumentativ begründeten Geltungsansprüchen eine pragmatische Perspektive markiert wird. Denn es geht darum, im Angesicht des Problems des Todes etwas tun zu können. Im Nachhinein erscheint Frau Kraft die Aneignung des tibetischen Buddhismus als längerer "Weg oder Prozess", doch der "Anfang" ist nach dem ersten Kurs vor allem auch in emotionaler Hinsicht getan. Sie ist nun besonders von Lama Ole NYDAHL "sehr inspiriert" und nimmt auch in formeller Hinsicht "Zuflucht" zum Diamantweg. [69]
Die folgenden Erzählungen zum ersten Phowa-Kurs sind vor allem deshalb interessant, weil sich unterschiedliche Zeitebenen in einer Weise verzahnen, die Aufschluss darüber geben kann, wie sich Erleben und Reflexion wechselseitig zu einem Evidenzerleben im Sinne kohärenter Glaubensvorstellungen verschränken, die schließlich in eine stabile, langjährige spirituelle Praxis und ein verbindliches Bekenntnis zum Diamantweg-Buddhismus münden. [70]
Betrachten wir deshalb im Folgenden all jene Stellen des Interviews ausführlicher, in denen diesbezüglich über die Phowa-Praxis berichtet wird. Zunächst schildert Frau Kraft, dass ein bestimmter Konnex zwischen der Phowa-Praxis und einem spezifischen Muster von Körperempfindungen bestehe. Diese Verbindung aktualisiere sich sogar in der Interviewsituation:
"Ja. Das ist/ Das spürt man auch. Also man spürt, wenn man das Phowa hat, spürt man, dass das manchmal so ein Gefühl von wie wenn Ameisen auf dem Kopf laufen. Das ist genau an der Stelle. Oder wenn das so ein kleines, manchmal kriegt man auch so ein kleines. Also ich merke das jetzt auch während ich drüber rede witziger Weise, das ist so, ja, so ein Gefühl wie so ein Kribbeln oder so Ameisen drüber. Und das ist eine höchst sensible Stelle. Auch wenn man manchmal so mit der Hand oder mit dem/ drüber geht oder so manchmal so wie/ Also für mich, kann ich sagen, fühlt sich das an wie so ein kleines, dünnes Häutchen. Aber wenn ich drauf drücke, passiert nichts." [71]
Als Evidenz tritt zunächst das Kribbeln an der vermeintlichen Stelle des Bewusstseinsaustritts auf. Hier scheint sich eine "höchst sensible Stelle" zu befinden, die jedoch merkwürdigerweise nicht besonders sensitiv auf eine äußere Berührung reagiert ("wenn ich da drauf drücke, passiert nichts"). Sinnlogisch erklärt sich die Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen Sensibilität und dem Fehlen einer besonderen Berührungssensitivität wohl am ehesten dadurch, dass es sich beim geschilderten Phänomen um eine Suggestion bzw. aus der Retrospektive um eine Autosuggestion handelt, welche das in der Phowa-Meditation evozierte Erleben reproduzieren lässt, ohne dabei sichtbare physiologische Zeichen hervorzurufen. Nichtsdestotrotz ist dieser Konnex auf Ebene des phänomenalen Erlebens evident. Dass Suggestionen nach einer hinreichenden Übungs- oder Praxisphase verankert werden können – man denke hier etwa an das Autogene Training – ist nichts Außergewöhnliches, sondern stellt ein aus der Hypnoseforschung gut bekanntes Phänomen dar.34) [72]
Wie aber kommt es zu einer Verbindung zwischen dieser Evidenz und den im Hinblick auf ihre metaphysischen Implikationen für den westlich sozialisierten Menschen wohl ebenso fremden wie herausfordernden Deutungsschemata des tibetischen Buddhismus? Frau Kraft schildert, dass sie vor Kursbeginn bereits einige Texte über den tibetischen Buddhismus gelesen hatte. Die Praxis sei ihr dahingegen zunächst fremd gewesen, da sie – wie sie sagt – den Buddha, auf den sich die Rezitation der Mantren bezieht, nicht gekannt habe. Im Kurs sei aber gerade auf Ebene der Gefühle und Empfindungen sehr viel passiert. Eine wichtige Rolle habe dabei die Begleitung durch Lama Ole NYDAHL gespielt:
"Und ich war auch nicht/ Ich war auch noch nicht so/ Ich war ja auch nicht gesettlet. Also ich war auch noch nicht so/ Ich fand das alles spannend, hatte theoretisch schon relativ viel Ahnung zum Buddhismus. Habe sehr viel auch gelesen, auch aus verschiedenen Linien. [...] Aber das war alles dieses mehr so diese Kopfgeschichte. Und das andere war ja dann die Praxis. Das war ja dann das Praktische. Und dann war ich auch noch nicht so ganz/ Was mache ich da eigentlich? Spreche da irgendwie Mantren zu einem Buddha, den ich eigentlich irgendwie gar nicht richtig kenne. Also ich war da schon noch nicht so in der Vorbereitung war ich überhaupt noch nicht klar. Ich habe es gemacht, aber ich kann da nicht sagen, dass ich da so richtig, ja, wie soll ich sagen, dass das so/ so Hand und Fuß hatte. Das kam erst, wie ich Lama Ole kennengelernt habe und wie ich dann auch dieses Phowa halt gemacht habe und plötzlich gedacht habe, ups, und das war/ das ist super anstrengend und es geht auch einem auch nicht nur gut dabei. Also ich habe ganz viel Kopfschmerzen gehabt. Und es gibt viele, die das haben. Also es ist/ energetisch passiert da sehr viel. Es gibt auch viele, denen es nicht gut geht. Also der Ole sagt, es kommen so Speicher/ aus dem Speicherbewusstsein einfach viele, viele Gefühle hoch. Also das ist kein Spaziergang. (lacht) [...] Und ihr müsst das im geschützten Rahmen machen, deshalb läuft das ja auch im Rahmen dieser Kurse ab. Wir machen das ja nicht irgendwo auf der Wiese. Sondern wir machen es nur im Kontakt mit unserem Lama. Also das ist auch ein Schutz, der dahinter steht." [73]
Frau Kraft sucht in diesem Abschnitt anfangs nach Worten, welche die globale Befindlichkeit vor und während des Kurses ausdrücken. Sie wählt die Begrifflichkeit "nicht gesettlet", was einerseits als nicht gefestigt oder noch nicht geordnet verstanden werden kann. Andererseits lässt sich hierunter verstehen, dass sie damals noch keine spirituelle Heimat im Sinne einer verbindlichen Gruppe und Lehre gefunden hatte, also noch auf der Suche war. Darüber hinaus – dies lassen die anschließenden Explikationen deutlich werden – scheinen Theorie und Praxis für sie noch unverbunden nebeneinander gestanden zu haben. Sie empfand die metaphysischen Konzepte des tibetischen Buddhismus zwar als "kolossal" beeindruckend, doch sie blieben vorerst eine "Kopfgeschichte". Homolog erfährt sie auch die Praxis des tibetischen Buddhismus zunächst als unvermittelt ("Spreche da irgendwie Mantren zu einem Buddha, den ich eigentlich irgendwie gar nicht richtig kenne"). Sie führt die Übungen zwar aus, hat sie irgendwie "gemacht", kann aber zunächst nicht feststellen, ob das "so Hand und Fuß" hat. Das Bild der Körperextremitäten verweist auf das fehlende Tun im Sinne einer vermittelnden Praxis. [74]
Fraglich ist nun, welche Charakteristika die Praxis hat, die hier für Frau Kraft eine Vermittlung leisten kann. Es wird deutlich, dass diese Praxis anstrengend ist und mit Schmerzen einhergeht ("ist super anstrengend", "ganz viel Kopfschmerzen gehabt"). Darüber hinaus wird sie von emotionaler Aufwühlung begleitet ("energetisch passiert da sehr viel"). Dabei schließt Frau Krafts Rede an die der Physik entlehnte Energiemetaphorik an. Auf diese Weise werden objektive Prozesse (nämlich Energieflüsse) und das subjektive Erleben emotionaler Prozesse analog gesetzt, wodurch diese Prozesse einen objektiven Charakter bekommen. Es kann also festgehalten werden, dass hier harte Arbeit geleistet wird ("also das ist kein Spaziergang"). [75]
An dieser Stelle ist jedoch auffällig, dass der Deutungsrahmen, welcher die Verbindung von der Arbeit und den erlebten psychologischen Prozessen ermöglicht, scheinbar für Frau Kraft noch nicht selbstevident ist, sondern weiterhin der Vermittlung durch einen Dritten bedarf. Während die energiereichen emotionalen Prozesse als nackte Faktizität gesehen werden, wird das Wissen um die Bedeutung dieser Emotionen als ein kommunikativ vermitteltes verstanden. Denn erst wenn der Lama das Geschehen im Rahmen der Karma-Lehre35) des tibetischen Buddhismus deutet ("also der Ole sagt, es kommen [...] aus dem Speicherbewusstsein"), erscheint es im Rahmen des Phowa-Kurses sinnvoll. [76]
Zugleich ist damit allerdings auch kontingent, was erlebt wird. Das Setting des Kurses stellt lediglich sicher, dass etwas erlebt und erfahren wird. Der vom Lama angebotene Deutungsrahmen des "Speicherbewusstseins" erscheint auf der einen Seite so abstrakt, dass sich hier nahezu jeder psychische Inhalt integrieren ließe. Auf der anderen Seite ist das Setting der Kurses so gestaltet, dass ein ebenso eindrucksvoller wie auch intensiver Prozess durchlaufen wird – schon weil es sich um eine ernsthafte und Anstrengung erfordernde Arbeit handelt – und allein dies sorgt dafür, dass Schüler/innen etwas Besonderes wahrnehmen und fühlen werden, sofern sie sich auf das Ganze einlassen. [77]
Die Unbestimmtheit oder wenn man so will: das Abenteuer im Hinblick auf das, was man während des Kurses erfährt, wird wiederum durch die strenge Ritualform des Kurses stabilisiert. Aus einer praxistheoretischen Perspektive schützen die Mantren die Praktizierenden dementsprechend nicht etwa deshalb, weil den gesprochenen Silben eine transzendente Kraft innewohnt, sondern weil jede rituelle Tätigkeit unter Anweisung des "Ritualmeisters" per se jenen Rahmen herstellt, in dem Beliebiges – auch Krisenhaftes – erfahren und ausgehalten werden kann ("also das ist auch ein Schutz, der dahinter steht"). [78]
Die folgende Interviewsequenz gibt Auskunft darüber, wie sich solche Ritualform und persönliches Erleben in einem konkreten Prozess produktiv verzahnen können. Im Vordergrund stehen hier zunächst die körperlichen Qualen, die mit der intensiven Phowa-Übung einhergingen, dann aber auch die innerpsychische Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Sterben der Mutter. Zudem gibt dieser Interviewausschnitt in recht detaillierter Form Auskunft über die Wechselbeziehung von Praxis und Theorie:
Miriam Kraft: "Also körperlich ging's mir schlecht. Ich habe halt einfach rasende Kopfschmerzen gehabt."
Interviewer: "Gleich von Anfang an?"
Miriam Kraft: "Ja. Relativ schnell. Viel Kopfschmerz und ich fand es sauanstrengend. Ich kann's nicht anders sagen, aber das war ich auch nicht gewohnt. Also ich war nicht gewohnt, dreimal am Tag drei Stunden mich hinzusetzen. Das muss ich einfach so sagen. Habe aber gemerkt, ja, da ist was. Da war so ein gewisse, aber vielleicht auch so dieser Gruppenzwanggeist. Und ich habe irgendwie ganze Zeit das Gefühl, also/ (...) das ist relativ kompli/ Ja, das ist nicht kompliziert, das ist ein bisschen verrückt, weil, ich wusste, ich bin mit meiner Mutter zum Zeitpunkt ihres Todes war ich sehr verbunden. Also ich habe das den Moment gesehen, gemerkt. Ich war mit ihr auf einer energetischen Ebene verbunden."
Interviewer: "Also nicht jetzt physisch?"
Miriam Kraft: "Nein. Den Todeszeitpunkt gesehen und so weiter. Also das war eh schon so was Spezielles, wo ich eigentlich mit meinem Kopf und mit meinem (unklar) gar nicht so richtig hinter gekommen bin. Das fand ich so großartig, neben dem, dass ich natürlich traurig war, aber ich war so tief mit ihr verbunden energetisch, dass mir das so viel Kraft gegeben hat, dass ich an so was geglaubt habe wie, es gibt noch was, was du nicht fassen kannst. Und das hat mich eigentlich das Phowa über getragen. Also ich spreche jetzt zum ersten Mal drüber. Ich/ Weil finde ich gerade spannend die Frage. So. Und dann habe ich gedacht, wenn das/ wenn das, auch wenn es so weh tut, und wenn es so anstrengend ist und der Kopf tut so weh und der Hintern und du weißt nicht mehr, wie du sitzen magst und überhaupt, wenn da/ wenn da offensichtlich, und wir kriegten ja eine Einführung und abends gab es immer Fragen und Antworten. Also die Sitzungen sind auch so schon auch auf der intellektuellen Ebene begleitet worden, dachte ich, wenn du so eine tiefe energetische Verbindung zu dem Todeszeitpunkt mit deiner Mutter hattest, und sie auch begleitet hat das/ in ihrem Weg zwar, also sie war Christin und ich wusste, die kommt in Him/ wird abgeholt also so in ihrer Vorstellung, dann hast du die Kraft für diese Praxis. Und das hat mich schon getragen. Das hat mich eigentlich die Ta/ die Zeit über getragen. Und ich habe eigentlich die ganze Zeit während des Phowas das nicht gedacht, dass/ ich mache das für mich. Ich mache das einfach erst mal und dann/ das kam später. Das kam beim zweiten und beim dritten Phowa, wo ich dann halt einfach gemerkt habe, dass das auch für mich eine Riesenqualität ist. Also für mein/ für mein/ Ja, Leben und Sterben, keine Ahnung. Kann (unklar) und kann tot sein und keine Ahnung. Und das war dann/ Das hat die dann ganz/ Hatte dann eine ganz anderen/ Ganz anderen Tick gekriegt. Aber die vier Tage war das so die Kraft, dass ich irgendwie total überzeugt war, dass, ja, dass das irgendeine Bedeutung haben muss, aber ich wusste noch nicht welche." [79]
Frau Kraft beschreibt zunächst die Schwierigkeiten, denen sie während der ersten Tage des Kurses begegnete. Darüber hinaus verweist sie mit der eigentümlichen Wortschöpfung "Gruppenzwanggeist" auf eine Ritualdynamik, der sie sich nicht entziehen konnte. Parallel läuft innerlich ein intensiver innerer Erlebensprozess ab: die Beziehung zu ihrer verstorbenen Mutter ("war mit ihr auf einer energetischen Ebene verbunden"). Die Antwort auf die Nachfrage des Interviewers lässt deutlich werden, dass hiermit keine im physikalischen oder objektiven Sinne zu verstehende Verbindung gemeint ist, sondern vielmehr die damit einhergehenden Emotionen und Vorstellungen. Frau Kraft vollzieht also keinen esoterischen Analogieschluss, demzufolge Innen mit Außen und Psyche mit Physik gleichgesetzt würde. Sie bleibt stattdessen in einer gewissermaßen realistischen Metaphysik, welche die Unterscheidung von Subjekt und Objekt beibehält. [80]
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, wie genau und begrifflich exakt Frau Kraft an dieser Interviewstelle zwischen unterschiedlichen Formen des Wissens und Glaubens differenzieren kann. Sie weiß einerseits, dass die emotionale Verbindung mit ihrer Mutter eine Realität darstellte und ebenso weiß sie um den Konnex, dass genau diese Beziehung ihr die Kraft gegeben hat, die Übungen des Phowa-Kurses in der gezeigten Intensität und Hingabe durchzuführen. Anderseits formuliert sie, dass eben hierdurch erst die "Kraft" entstanden sei, an eine transzendente Dimension zu glauben ("aber ich war so tief mit ihr verbunden energetisch, dass mir das so viel Kraft gegeben hat, dass ich an so was geglaubt habe wie, es gibt noch was, was du nicht fassen kannst"). [81]
Der Begriff "Glaube" markiert per se eine Differenz zum Wissen, weshalb es von Bedeutung ist, dass Frau Kraft diese Begrifflichkeit selbst gewählt hat. Wenn wir hier die emotionale Kraft mit der Willenskraft gleichsetzen, könnte man mit William JAMES sagen: Frau Kraft entscheidet sich, den Glauben zu wollen.36) Bezeichnenderweise sind es in diesem Bericht auch noch nicht die metaphysischen Konzepte des tibetischen Buddhismus, die Frau Kraft tragen, sondern die Vorstellungen einer christlichen Spiritualität, an die sie mit ihren Vorstellungen anschließen kann ("also sie war Christin und ich wusste, die kommt in Him/ wird abgeholt also so in ihrer Vorstellung, dann hast du die Kraft für diese Praxis. Und das hat mich schon getragen"). [82]
Im Einklang mit DEWEY (1986 [1934], Kapitel II.7) entsteht auch hier die religiöse Qualität des Erlebens nicht aufgrund der konzeptionellen oder theoretischen Konsistenz einer bestimmten religiösen Vorstellung, sondern auf Basis einer Erfahrungsqualität, welche den Willen in Richtung des Glaubens wendet, ohne dass Letzterer dabei schon reflexiv als Bedeutung angeeignet worden wäre, geschweige denn elaboriert oder systematisch ausformuliert sein muss. Wieder gelingt es Frau Kraft, dieses auf den ersten Blick paradox anmutende Reflexionsverhältnis sprachlich außerordentlich genau zu fassen ("Aber die vier Tage war das so die Kraft, dass ich irgendwie total überzeugt war, dass, ja, dass das irgendeine Bedeutung haben muss, aber ich wusste noch nicht welche"). [83]
Die tibetische Kosmologie, derzufolge in der Phowa-Übung das Bewusstsein zum Amitābha-Buddha "ausgeschleudert" wird, wirkt auch hier noch mittels abstrakter, eher unverbindlicher Konzepte. Tragend ist allein die durch die starke Trauer aufgeladene emotionale Kraft sowie der hieraus erwachsende Wunsch, einen heilsamen Selbst- und Weltbezug für sich zu (er-) finden (konkret als die Reaktualisierung der Beziehung zur verstorbenen Mutter). [84]
Erst aus der Retrospektive und im Anschluss an den Besuch weiterer Phowa-Kurse gewinnt die Konzeption des tibetischen Buddhismus für Frau Kraft auch in reflexiv-theoretischer Sicht an Bedeutung. Diese liegt darin, auch im Hinblick auf das eigene "Leben und Sterben" eine Ahnung zu bekommen, wo sie zuvor "keine Ahnung" gehabt hatte. Die hiermit verbundene reflexive Aneignung verleiht der damals vollzogenen Praxis nochmals einen "ganz anderen Tick". Doch diese zusätzliche Dimension besteht weit weniger in einer theoretisch-konzeptionellen Präzisierung metaphysischer Fragen, sondern vor allem in der nun auch für die individuelle Lebenspraxis nachvollziehbaren Bedeutung des tibetischen Buddhismus ("dann halt einfach gemerkt habe, dass das auch für mich eine Riesenqualität ist"). Eine Ahnung zu haben reicht hier scheinbar aus, denn ein Mehr an Reflexivität könnte die Praxis unterminieren. Die Praxis des Glaubens braucht, zumindest an bestimmter Stelle, eine Reflexionssperre. Das Numinose ("was du nicht fassen kannst") würde allzu schnell durch das Licht des Zweifels an Strahlkraft verlieren. [85]
Wie bereits geschildert, sollen mit dem erfolgreichen Vollzug der Phowa-Meditation äußerliche und innerlich wahrnehmbare Zeichen erscheinen. Schauen wir auf eine weitere Interviewsequenz, in der deutlich wird, in welcher Form sich Frau Kraft diese Zeichen zeigen:
"Und das kommt so am dritten Tag ungefähr. Allerdings bei mir. Da habe ich so das Gefühl gehabt, boah, jetzt schießt da irgendwas durch, was, ja, was man schon als Flash nennen kann. Das passt schon. Der Begriff passt schon. Und das kann ja auch sein, dass es da schon geöffnet war. Also wir machen den Check oder unser Lama macht den Check nach vier Tagen. Aber wir dürfen auch nebenher/ Wir dürfen keine Haare waschen und so. Wir sollen möglichst auch keine Haare waschen und ist klar. Weil, es/ Manchmal ist das auch nur ein Krüstchen oder so was. Und er ist auch super, super/ Er und seine Frau sind super genau und checken echt 2.000 Köpfe oder 2.500 Köpfe extrem genau. Da können wir auch dran teilhaben. Also so macht er meistens im Sommer draußen. Und das, denke ich, schon bei mir vielleicht so nach dem dritten Tag durch, keine Ahnung. Aber es ist schon, ja, es baut sich schon auf." [86]
Zunächst verweist Frau Kraft auf die phänomenale Qualität ihres inneren Erlebens. Sie habe das "Gefühl" gehabt, dass da "irgendwas durchschießt". Diese Erfahrung könne man "schon als Flash" bezeichnen. Allerdings wird deutlich, dass sich Frau Kraft epistemisch unsicher ist, ob das innere Erleben mit einer realen Öffnung der Schädeldecke einhergegangen ist. Möglich sei es, doch es sei nicht nachgeprüft oder nachgewiesen worden ("kann ja auch sein, dass es da schon geöffnet war"). Die einzige Verifizierung geschieht einen Tag später in Form einer Überprüfung durch Ole NYDAHL und seine Frau Hannah. Die Interviewerzählung lässt an dieser Stelle deutlich werden, dass es keinesfalls immer markante Merkmale sind, die als äußere Zeichen identifiziert werden, sondern oftmals nur "ein Krüstchen" auf der Haut. [87]
Unter den vielen Interviewpartner/innen der Schule des Diamantwegs findet sich nur ein Bericht, in dem eine Kursteilnehmerin explizit schildert, wie sie bei einem anderen Schüler, der zudem eine Glatze hatte, den besagten Blutstropfen gesehen habe. Alle anderen Schüler/innen berichten zwar, dass sie erfolgreich überprüft worden seien, dass die Zeichen, an denen ihr Erfolg festgemacht wurde, aber nicht so spektakulär gewesen seien. Aufsehenerregende Zeichen scheinen also während der Phowa-Kurse eher die Ausnahme denn die Regel darzustellen. [88]
Andererseits ist aus der Hypnoseforschung bekannt, dass bei Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen durch Suggestion religiöse Stigmata hervorgerufen werden können. Es gibt einige wenige Fälle, in denen durch Hypnose die Wundmale Jesu Christi bis hin zu realen Blutungen und Wunden reproduziert wurden. Dabei zeigen die Forschungen allerdings auch auf, dass die Stelle der Blutung und die Merkmale der Stigmata allein durch die Art der verwendeten Vorstellung bestimmt sind, also weniger situationsunabhängige Merkmale einer höheren symbolischen Wirklichkeit sind, als Produkte der verwendeten Suggestionsweise.37) [89]
Wenn im Kontext christlicher Religiosität Stigmata auftreten können, warum sollte dies nicht auch im tibetischen Kontext geschehen, zumal auch hier oftmals eine hohe Identifikation der Praktizierenden mit den durch die Übungen suggerierten Bildern stattfindet? Der Wahrheitsgehalt entsprechender Berichte bräuchte dann nicht per se angezweifelt zu werden. Vielmehr wäre in einzelnen, allerdings eher seltenen Fällen durchaus damit zu rechnen, dass auch eindrucksvollere Zeichen wie Blutungen oder spontane Wundentstehungen auftreten können.38) [90]
Doch bei Frau Kraft wie auch den meisten anderen interviewten Schüler/innen finden sich keine dramatischen Zeichen, sondern "nur" der Konnex zwischen einem intensiven innerpsychischen Erleben, das als Durchbruch interpretiert werden kann, und der durch den Lehrer überprüften und bestätigten, ihrer Natur nach eher unspektakulären Zeichen, die Außenstehenden vielleicht gar unbedeutend erscheinen mögen. [91]
Zusammen mit der Rahmentheorie, dass spektakuläre Zeichen auftreten können (und sich vermutlich vereinzelt während eines Kurses ereignen), reicht im Falle von Frau Kraft und bei einer Reihe anderer interviewter Praktizierender die Bestätigung durch den Lehrer aus, um den Zweifel in eine Überzeugung zu überführen. An dieser Stelle ist auf den Preis hinzuweisen, der im Falle der Aufrechterhaltung eines starken Zweifels zu zahlen wäre: Man hätte entweder anzunehmen, dass die Lehrer/innen das Auffinden der Zeichen nur vortäuschen, die Schüler/innen also bewusst belügen, oder es wäre zu vermuten, dass sie einer Selbsttäuschung aufsitzen, da sie Merkmale als Zeichen identifizieren, die nicht als Hinweis für den im Phowa vollzogenen Bewusstseinsaustritt und somit den Erfolg der Übung genommen werden können. Gegen diese Lesarten spricht zum einen das große Vertrauen der interviewten Schüler/innen in die Kompetenz der Lehrer/innen, das sich im Vollzug der intensiven Übungspraxen aufbaut. Zum anderen würde sich bei der Aufrechterhaltung des Zweifels eine Diskrepanz zum inneren Erleben ergeben. Denn hier zeigen sich in der Regel markante Veränderungen in der Selbstwahrnehmung, welche den Phowa-Kurs begleiten. Darüber hinaus müsste den Auffassungen einer Gruppe widersprochen werden, für die das Auftreten solcher Zeichen selbstverständlich ist. [92]
Schauen wir deshalb auf eine Interviewsequenz, die weiteren Aufschluss über das wichtige Verhältnis von Erleben und Reflexion geben kann:
"Der rasende Kopfschmerz, das war wie so eine Spannung, die sich aufgetan hat in der Schädeldecke. Und danach nicht mehr, aber es war noch so, okay, was ist denn das so? (lachend) Das war alles noch so, hä. Und es kribbelte immer so und wir sind ganz, ganz viel Lachen dann. Also wir haben ganz viel/ Ich habe ganz viel gelacht. Wusste natürlich nicht, dass das Lachen vielleicht auch Glück ist, aber ich habe irgendwie so (lacht) (lachend) das hatte manchmal so eine Mischung zwischen/ man bewertet das ja so schnell. Das ist ja zurück, dann packt er immer gleich ein Konzept drauf. Ich sage, was machen wir jetzt hier noch. Jetzt schreiben wir noch weiter (unklar). Das ist immer das Geräusch. Und eigentlich/ Es geht ja doch/ ist alles gut und dann aber auch ganz viel/ Also ich habe ganz viel Licht. Bei mir ist ganz viel Licht da. Ganz viel Licht gesehen." [93]
In dieser Sequenz wird nochmals deutlich, dass sich bei Frau Kraft auffällige Veränderungen des Empfindungserlebens vollziehen. Zunächst stehen die "rasenden Kopfschmerzen" im Vordergrund. Die "Spannung", die sich hiermit einhergehend "aufgetan hat", lokalisiert sie in der "Schädeldecke". Dann löst sich die Spannung und damit auch der Schmerz ("und danach nicht mehr"). Die mit der Phowa-Übung verbundene Aufmerksamkeit für die Schädeldecke bleibt jedoch weiter bestehen, nun allerdings mit einem veränderten Empfindungsmuster ("und es kribbelte immer so"). Zudem geht die Übung mit inneren Lichterscheinungen einher ("ganz viel Licht gesehen"). [94]
Der Vollzug der Phowa-Meditation ist im letzten Drittel des Kurses auch durch eine signifikante Veränderung des inneren Erlebensflusses von Frau Kraft charakterisiert. Die emotionale Wirkung scheint dabei so stark gewesen zu sein, dass sich die mit ihr verbundenen Empfindungsmuster in der Interviewsituation reproduzieren: Auch hier beginnt Frau Kraft zu lachen, genau wie sie in einigen Erzählsequenzen erneut das "Ameisenkribbeln" gespürt hatte. [95]
Wenn wir spontanes Lachen hier als eine Form der Kommunikation begreifen, die auf vorreflexiver Ebene etwas mitteilen lässt, was reflexiv noch nicht angeeignet worden ist, verweist die Erzählung im Sinne einer Initiation auf die unmittelbare Überwindung einer qualvollen, anstrengenden Lebenslage, ohne dass die Betreffende zu diesen Zeitpunkt weiß, was sie durchgestanden hat und was dies für sie persönlich bedeutet. Analog könnte man hier etwa an Menschen denken, die im Anschluss an eine langwierige und belastende Prüfung unkontrolliert zu lachen anfangen. [96]
Bemerkenswerterweise kommentiert Frau Kraft an dieser Stelle erneut selbst ihr damaliges Reflexionsdefizit und den hiermit verbunden Unterschied zu ihrem gegenwärtigen Wissen ("wusste natürlich nicht, dass das Lachen vielleicht auch Glück ist"). Innerhalb des Deutungsrahmens des Diamantweg-Buddhismus wird die gelungene Übertragung des eigenen Bewusstseins in den Buddha Amitābha mit dem Eintritt in ein Feld "purer Glückseligkeit" bzw. "höchster Freude" gleichgesetzt (NYDAHL 1996). Der Eintritt in dieses sogenannte "Buddha-Feld" wird der Theorie nach durch die Visualisierung begleitende Lichterscheinungen indiziert. Frau Kraft weiß zum Zeitpunkt ihres ersten Phowa-Kurses jedoch noch nichts von diesen Konzepten bzw. hat diese noch nicht verinnerlicht. Deswegen kann sie ihr Erleben, das sich gegen Ende des Kurses ereignet, auch noch nicht mit "Glück" verbinden. Diese Deutung wird erst aus der Retrospektive der mittlerweile angeeigneten Denkformen des tibetischen Buddhismus als emotional-kognitiver Konnex von Lachen und Glückseligkeit möglich. Hierdurch erscheinen die während des Kurses gemachten eindrucksvollen Erfahrungen nochmals bedeutsamer. Hiermit schließt sich der Kreis: Individuelle Faktoren verbinden sich mit dem Kurssetting zu einer die spirituelle Biografie prägenden Erfahrung. [97]
Nach dem Abschluss des Phowa-Kurses verbinden sich verschiedene Aspekte zu einem Arrangement, welches die Initiation von Frau Kraft erfolgreich abschließt: die körperliche Meditations-Praxis, die sich in schwerer Arbeit und Auseinandersetzung äußert; die emotional aufzubringende Kraft, im Angesicht des Todes der Mutter weiterhin an die fortbestehende Präsenz ihres Geistes glauben zu wollen; die negativsprachlich formulierte Dimension von Transzendenz, welche die geliebten Toten nicht tot, sondern weiterhin präsent erscheinen lässt; die Evokation innerer Erlebnisse, an die spirituelle Deutungen anschließen können und schließlich die charismatische Lehrerpersönlichkeit, die entsprechende Deutungsangebote kommunikativ zu vermitteln weiß. All dies zusammengenommen mit dem "Gruppenzwanggeist" der Gemeinschaft führt nun zu einer (neuen) Praxis, die erhebliche spirituelle Sinnüberschüsse birgt. [98]
Der Phowa-Kurs kann für Frau Kraft dementsprechend buchstäblich als die Initiation in den tibetischen Buddhismus gesehen werden. Wie bei jedem Initiationsprozess wird dabei zunächst der Leib vergemeinschaftend eingenommen, anschließend folgt die Deutung im Rahmen bereits bestehender oder neu erworbener Sinnangebote. Eine den Prozess selbst thematisierende Reflexion eignet dem Geschehenen – wenn überhaupt – erst wesentlich später an. Oftmals zeichnen sich (rituelle) Initiationen vielmehr dadurch aus, dass eine kommunikative Reflexionssperre aufrechterhalten wird.39) [99]
In diesem Sinne lässt sich auch die in dieser Interviewsequenz aufscheinende leichte Diskrepanz deuten, entsprechend der das Lachen für Frau Kraft nur "vielleicht" das Glück bedeutet. So wie sie sich nicht ganz sicher sein kann, ob ihre Schädeldecke wirklich geöffnet wurde, kann sie auch diesen Konnex für sich nicht in absolute Gewissheit überführen. Glaube ist kein Wissen, und dementsprechend bleibt der epistemische Zweifel als Keim bestehen. Religion und Wissenschaft stellen auch für Frau Kraft unterschiedliche Sphären der Reflexion dar, in diesem Sinne bleibt sie also modern. Nichtsdestotrotz gelingt die Initiation, denn sie braucht kein Wissen, sondern nur den als Evidenz gefühlten Glauben. Die Bedeutung des Erlebens im Rahmen der Bewältigung der Trauer um ihre Mutter entfaltet eine solche Kraft, dass der tibetische Buddhismus von nun an ihre spirituelle Heimat darstellt. Praxis, Gruppe, Erleben und der durch die Lehrer/innen vermittelte religiöse Deutungsrahmen fallen mehr und mehr zusammen. [100]
Abstrakt formuliert, gelingt die Konversion zum tibetischen Buddhismus als besonderes Arrangement, das vor allem durch die Ich-Du-Relation zur verstorbenen Mutter getragen wird. Erst der gefühlte Geist der Mutter generiert die notwendige emotionale Kraft, um den "Gruppenzwanggeist" in einer Weise zu nutzen, die an die Reflexionsangebote des tibetischen Buddhismus als Glauben anschließen lässt. Dadurch tritt die transzendente Sphäre des Buddhas Amitābha nicht mehr nur als Fiktion auf, sondern sie entfaltet innerhalb der Praxis eine eigene Wirkmächtigkeit und erscheint nun als "Licht". [101]
Zugleich nutzt dieses Arrangement das negativsprachlich verfasste Heilsangebot des Buddhismus, und zwar den Tod nicht bloß als Negation des Seins – also die Annihilation des Bewusstseins – zu begreifen, sondern ihn im Sinne einer Negation der Alternative von Sein und Nicht-Sein als transzendenten Raum zu konstruieren, der beides umschließt. Einzig aus dieser Reflexionsperspektive kann die verstorbene Mutter als real präsent gesehen werden, wenngleich sie im Diesseits "nur" als imaginierte Form erscheint. Wenn dies möglich ist, dann ist homolog ein Arrangement denkbar, in dem auch der seinslogisch ebenso wenig zugängliche transzendente Buddha in der Gegenwart als Glück erfahren werden kann – unter der Voraussetzung, dass die Schüler/innen mit der Zeit wissen lernen, dass sie auch die eigenen Erfahrungen (und sei es nur das banale "Lachen") so sehen und empfinden können. [102]
Die Vernunft – und die mit ihr verbundene Möglichkeit des Zweifels – ist damit nicht suspendiert, sie wird jedoch an einen Ort verschoben, der die Stabilität der gefühlten spirituellen Praxis nicht stört. Glaube und Wissenschaft können in einem solchen Arrangement koexistieren, ohne einander infrage stellen zu müssen. Im Sinne von DEWEY (1986 [1934], S.14) gelingt hier die Integration der shifting scenes in eine imaginäre Totalität im Sinne eines befriedigenden Selbst- und Weltbezuges. [103]
Abschließend möchten wir uns einigen Sequenzen aus dem Interview mit Lama Ole NYDAHL, dem Lehrer, der die oben erwähnten Phowa-Kurse anleitete, zuwenden, um herauszufinden, wie sich hier Evidenzen und Reflexionsperspektiven verzahnen. Zunächst referiert Ole NYDAHL sowohl im Sinne der Lehrerrolle als auch im Hinblick auf die erfolgreiche Durchführung der Übung auf seinen Expertenstatus:
"Beim Tod, bin ich, Tod bin ich ja der Experte, nicht? Ich hab' wohl hundert, die haben jetzt gerech- ausgerechnet: So hundertzwanzigtausend Menschen das bewusste Sterben beigebracht [...] Phowa heißt das und dann lernt man, meditiert da auf den roten Buddha höchster Freude40) oberhalb seines und schiebt dann das Gewahrsein (macht ein Geräusch) durch die Schädeldecke hoch und hinterher haben die Leute Löcher im Kopf. Ich selbst hab/ ich wurde mal gecheckt, oben in Hamburg äh in Hamburg, weil die Leute41) wollten sehen, äh die wollten sehen, was Meditation macht, nicht? [...]. Kernspin [...] Ja, ja, das wollte er [der untersuchende Radiologe] wissen. Und dann (amüsiert) fanden sie sieben Löcher auf meinem Kopf, nicht? Vom Phowa, vom Hochschleudern des Bewusstseins." [104]
In vorliegenden Zusammenhang scheint hier einerseits der Verweis auf die immense Lehr- und Übungspraxis des Lamas von Bedeutung zu sein ("hundertzwanzigtausend Menschen das bewusste Sterben beigebracht"), andererseits ist der Verweis auf die Evidenz der äußeren Zeichen von Interesse. Die Löcher in den Köpfen der Praktizierenden werden auch von dritter Seite, nämlich aus Perspektive einer objektivierenden medizinischen Untersuchung bestätigt. Diese Zeichen sind als Hinweis auf den metaphysischen Kausalnexus anzusehen, der mit der Phowa-Übung verbunden wird ("vom Hochschleudern des Bewusstseins"). Als Sozialwissenschaftler/innen enthalten wir uns an dieser Stelle wiederum eines Urteils darüber, ob der hiermit vollzogene Konnex stimmt.42) Dies hindert jedoch nicht daran, wie bereits bei den anderen Interviews im Sinne der Einklammerung des Geltungscharakters (MANNHEIM 1980 [1920-25], S.88) davon auszugehen, dass für den Sprecher nicht nur in dieser Hinsicht Evidenz besteht, sondern auch im Hinblick auf die mit dem tibetischen Buddhismus verbundenen metaphysischen Implikationen ("Beim Tod, bin ich, Tod bin ich ja der Experte, nicht?"). [105]
Im folgenden Interviewausschnitt schildert Ole NYDAHL unter Nennung einiger spezifischer Details, wie er in der Vermittlung der Phowa-Übung ebendiese Evidenz zugleich auch für sich selbst vollzieht:
Ole NYDAHL: "Ja. Ich zieh sie hoch, klar, klar, klar, also man/"
Interviewer: "Du43) leitest nicht nur an, sondern machst genau denselben Zustand."
Ole NYDAHL: "Ohne, ohne ist es nicht Diamantweg. Dann ist es nur so'n intellektuelle Erklärung. Nein nein, muss es (klatscht in die Hände) selbst tun und dann kommt's, nicht? (I: Ja(-)) Ja-ja. Das muss man, das ist nötig. Und ich hatte so phantastische Lehrer, also den ersten wiedergeborenen Lama Tibets, der Karmapa44), unser Hauptlehrer, nicht? Der/ er war der sechzehnte Karmapa war Han- Hauptlehrer von meiner Frau und mir. Jetzt haben wir den siebzehnten und wir haben ganz viele tüchtige Lehrer und so weiter. Ja, WIRKLICH, Hannah [seine Frau] und ich waren vier Jahre im Himalaya, nicht? Vier, vier Jahre, ja: Achtundsechzig bis zweiundsiebzig waren wir im Himalaya und haben da meditieren gelernt und [...] du kriegst 'n Loch in' Kopf. [...] Also ist 'ne Atmung und man ruft, man erweckt ein Kraftfeld. Innerlich, wie äußerlich. Und das ist, was zieht, nicht? Stellt sich ein, das Gewahrsein, nicht? Man schickt das Stufe nach Stufe hoch bis zur Schädeldecke und dann mit (macht ein Geräusch) dann geht man hoch. Und nach einiger Zeit dann fangen die Leute an Kopfweh zu kriegen und innerhalb von 'n paar Tagen, nicht? Das/ jetzt werde ich 'n bisschen mehr Zeit nehmen, aber sagen wir, drei-vier Tagen haben sie alle ein Loch im Kopf. Kommen wir hin und man kann berühren und da ist 'n Tropf- Bluttropf, oder man berührt es ganz leicht und die sind sehr empfindlich (I: Ja.) und das BLEIBT dann hinterher. Es geht nicht wieder weg. (I: Und äh äh) Die Verbindung, die man da hat, diese energetische Verbindung durch den Körper, den, der bleibt."
Interviewer: "Also das zu erfahren, woll, wenn man das"
Ole NYDAHL: "Ja, das ist es, das ist/ fängt man WIRKLICH, dass das das größte Geschenk ist." [106]
An dieser Stelle wird nochmals im Detail deutlich, dass es sich bei der Phowa-Übung um eine körperorientierte Praxis handelt, in der sich Konzepte, Visualisierungen und bestimmte yogische Atempraxen in besonderer Weise verzahnen. Darüber hinaus wird auf die Autorität der Traditionslinie verwiesen: Kein Geringerer als der oberste Linienhalter der Karma-Kagyü-Tradition – nämlich der 16. Karmapa – und weitere "tüchtige Lehrer" aus der Tradition hätten Ole NYDAHL in Meditation unterwiesen. Die Evidenz der leiblich vollzogenen Praxis wird hier also wieder durch signifikante Dritte kommunikativ stabilisiert: So wie den Schülerinnen Vera Schiller und Miriam Kraft die Übung erst in der gemeinschaftlichen Praxis und in der kommunikativen Vermittlung zugleich als gefühlt und metaphysisch sinnhaft erscheinen, sind Ole NYDAHL und seine Frau ihrerseits in eine Übertragungslinie eingebunden, durch die das Vermittelte seinen Sinn erhält. [107]
Worin zeigt sich nun aber der motivierende Sinn für Ole NYDAHL? Zur Ergründung dieser Frage dient abschließend eine weitere und sehr dichte Interviewsequenz, in der er noch immer euphorisch von einem besonders intensiven Erlebnis berichtet, nämlich wie er die Phowa-Praxis für einen verstorbenen Schüler vollzog, obwohl er zu diesem Zeitpunkt selbst nach einem schweren Unfall im Krankenhaus lag:
Interviewer: "Und äh wenn man das macht dann ist das innerlich 'ne Freude, oder so, (Ole NYDAHL: Ja-ja) wenn man da ist. Also Amitābha ist das? (Ole NYDAHL gleichzeitig: Ja-ja, Amitābha ist das)"
Ole NYDAHL: "RIESIGE Freude. RIESIGE Freude. Das, also wenn man DAS kriegt, das ist das größte Geschenk."
Interviewer: "Und das ist einfach ein Zustand der Leere? Oder, oder wie? Oder der Freude, oder der äh der Präsenz, oder wie kann man das beschreiben?"
Ole NYDAHL: "Eins der riesigen Wonne, nicht und dann 'Bäng', alles da, ich war ich war IM Buddha drin. Bei meinem, also bei meinem Unfall da, da war ich VOLL, VOLL in ihm drin und/ und dann [...| und dann hab' ich das getan. Dann hab' ich's, dann bin ich mit ihm rausgegangen, ich hab' ihn abgeliefert da.45) Dann war die Wonne so groß, also einige Zeit war ich nicht voll bewusst und dann, als ich da war, dann befand ich mich auf der rechten Seite vom Buddha und ich habe gedacht: Ei- und ich gesehen, so ei- dasselbe Profil, wie, wie Shamarpa46) eigentlich […] Ja-ja. Und so eine knubbelige Nase und alles, und der war/ und dann hab' ich gesagt: Ja, hm, ja dann wollt' ich sehen, was war. Dann war ich aus ihm raus, dann hatte ich die ganze Gegend gesehen und weil mein Geist vor allem eben Schützer Schutz/ (Interviewer: Hm-hm, hm-hm) also so wirklich, nicht? Ich denke immer: Was ist hier zu schützen, nicht? Ähm dann ähm"
Interviewer: "Und das siehst du alles sehr klar [...]"
Ole NYDAHL: "Ja-ja, ich seh's voll, ich seh' da: Ja, haha: Da ist 'n (unverständlich) da ist 'n Eck, da, wenn etwas passiert, könnte man das tun, nicht? Und so weiter, und das hat sich so ausgewirkt, dass ich da war dann raus aus dem roten Buddha rauf: Da hab' ich gewusst: Ich müsste wieder zurückkommen, nicht? Ich könnte nicht oben bleiben. Ich hab für/ Hannah war da, Caty47) war da, wir alle, die Arbeit war da. Aber dann bin ich rum und das letzte, was ich dann gesehen habe auf dem Weg, das waren die kleinen Tierchen, die die noch kleineren und Krankheitserreger gegessen haben, nicht? Und dann mit diesem Gefühl: Ah, in Ordnung, dann bin ich wieder in den Körper und dann saßen sie rechts und links: Hannah und Caty. Rechts und links von mir. Das war spannend. War schön. [...]"
Interviewer: "Also praktisch, wenn ihr erfahrt, da ist jemand, der stirbt."
Ole NYDAHL: "Ja, dann krieg' ICH den. Oder, oder der dann äh dann praktisch 'n Kontakt aufnehmen. Kann man ihn retten, ja-ja, geistig, oder geistigen Kontakt und dann schicken." [108]
Der Interviewer fragt zunächst nach der mit der Phowa-Meditation verbundenen Erlebnisqualität und verweist auf den in der Meditation visualisierten roten Buddha Amitābha. Ole NYDAHL spricht daraufhin von der Erfahrung riesiger Freude und betont, dass es sich um das "größte Geschenk" handele, wenn einem diese Erfahrung zuteilwerde. Als Antwort auf die Frage nach der Spezifizierung der Erfahrungsqualität gleitet die Erzählung nahtlos in die Schilderung einer konkreten Erfahrung, die der Lama während eines Krankenhausaufenthaltes gemacht hat. Er erscheint dort "eins" mit "der riesigen Wonne" und erfährt sich schlagartig ("Bäng") mitten "im Buddha drin". Anschließend beginnt er damit, den Verstorbenen beim Buddha abzuliefern, wobei sich wohl Phasen von klarer und weniger klarer Bewusstheit abwechseln. Insgesamt mutet die Szene symbolisch sehr aufgeladen an. [109]
Von Bedeutung erscheint nun vor allem, dass der Lama durch den Segen der Buddhas als aktiver Schützer auftritt, der etwas für seinen Schüler tun kann ("dann hab' ich das getan, dann bin ich mit ihm rausgegangen, ich hab' ihn abgeliefert"). Zugleich leuchtet die Rückbindung an weltliche Aufgaben auf. Die Gedanken an seine Verpflichtungen gegenüber den (lebenden) Schüler/innen und Hannah, seiner Ehepartnerin, weisen den Lama darauf hin, dass er nicht in den Ekstasen des Buddha-Himmels verbleiben kann, sondern zurückkehren muss. Diese Bewegung wird schließlich vollzogen und die Rückkehr zu den vertrauten Menschen, die am Krankenbett stehen, wird als schön erlebt. Die Imagination der Krankheitserreger und ihrer Vertilgung durch andere Organismen symbolisiert den Krankenhauskontext wie auch die Bearbeitung der eigenen körperlichen Versehrtheit. [110]
Im Angesicht der Zusammenschau dieser Aspekte verwundert es nicht, dass für NYDAHL gerade diese Szene das Referenzerlebnis darstellt, an dem das Geschenk der Phowa-Meditation erfahrbar wird: Vor dem existenziellen Hintergrund des eigenen Unfalls erscheinen ihm die imaginierten Welten des tibetischen Buddhismus besonders real. Die tief habitualisierte Phowa-Visualisierung vermittelt NYDAHL gerade hier als einen geistigen Akteur, der auch im Angesicht von körperlichen Widrigkeiten seine Sinnbestimmung findet: nämlich von sich selbst zu abstrahieren, um anderen zu helfen. Dies wiederum ist in den rekursiven Zusammenhang eingebettet, Sharmapa, also seinem eigenen Lehrer, zu begegnen, um auf diese Weise den Segen bzw. die Ermächtigung zu erfahren, anderen dienen zu können. [111]
Es kann festgehalten werden, dass in dieser Szene die Form des Lehrers in Meisterschaft zum Ausdruck kommt: Die Phowa-Übung ist hier nicht mehr Übung, sondern vollzieht sich als Praxis zu einem Arrangement, das den Praktizierenden in genau jenen Selbst- und Weltbezügen hervorbringt, die für den tibetischen Buddhismus konstitutiv sind. Das Mahayana-Ideal (zum spirituellen Fortschritt anderer Wesen beizutragen) und der Tantrismus (sich mit der Projektion des Idealselbst über die mimetische Identifikation mit den Autoritäten der Tradition zu verschmelzen) finden in der Selbstvergessenheit dieser Praxis zusammen. Für den Praktizierenden besteht kein Grund zu zweifeln, wenn die Frucht der im Interview berichteten "Wonne" erfahren und die Transzendenz in die Immanenz phänomenalen Erlebens geholt wird – nämlich dadurch, dienen und lieben zu können und hiermit nützlich zu sein und geliebt zu werden. [112]
Wiederum abstrakt formuliert treffen wir hier auf eine generalisierte Ich-Du-Relation, die in jedem Vollzug der Phowa-Praxis in sich selbst eintritt,48) so ihre phänomenale Evidenz aktualisiert und damit zugleich die Realität der mythischen Welten des tibetischen Buddhismus aktualisiert. Das zu Beginn des Beitrags angeführte Zitat aufgreifend, lässt sich nur mehr sagen, dass die "innerste Privatheit der Du-Subjektivität ein ebenso unzugänglicher Raum [ist] wie die mythologischen Dimensionen, in denen die himmlischen Heerscharen schweben" (GÜNTHER 1975, S.61f.). Statt jedoch auf Transzendenz zu verzichten, richtet sich Ole NYDAHL im Imaginären ein, wo das seinslogisch nicht zugängliche Du als Reflexion konstituiert ist und eröffnet damit eine transzendente Welt, die diesseitig gefühlt wird. Im Fall von Ole NYDAHL verschränken sich zudem die inneren Zeichen mit externen Evidenzen. Hiermit gelingt gewissermaßen eine Naturalisierung der Transzendenz: Die von Mediziner/innen erstellten Bilder der Schädeldecke naturalisieren die Transzendenz, ebenso wie es die bei der Überprüfung der Schüler/innen gefundenen Stigmata zeigen. Was sie zeigen bzw. die Frage, ob und worin der Konnex zwischen Übung, Zeichen und Bezeichnetem besteht, erscheint angesichts des Zeichens unbedeutend. Man sieht es doch! Wieder gelingt performativ der Schluss zwischen der evidenten Sphäre des Seins und der per se durch das Bewusstsein nicht erreichbaren Sphären, die jenseits des Kontexturabbruchs liegen. In diesem Sinne fallen hier Weltbezug und Weltsicht, Praxis und Theorie zusammen. [113]
Im Ergebnis zeigt sich also, dass nur in der Praxis vollzogen werden kann, was aus dem Blickwinkel der theoretischen Vernunft unmöglich ist: die Rückbindung der Transzendenz in die Immanenz. Nur auf diese Weise kann gelernt werden, bestimmte, immer nur diesseitig erfahrbare Empfindungen, Bilder und Evidenzen mit der Transzendenz zu verwechseln. Versuchen wir nun, dieses Ergebnis abschließend zu diskutieren. [114]
Die vorliegende Studie rekonstruiert doing religion als eine besondere Form der Praxis, in der sich Selbst- und Weltbezüge und die hiermit einhergehenden Reflexionsperspektiven in jeweils spezifischer Weise verschränken. Am Beispiel der Initiation durch den Phowa-Kurs wird aufgezeigt, wie diese Prozesse vonstattengehen können. Zudem wird deutlich, dass unterschiedliche Arrangements gefunden werden, in denen sowohl Immanenz und Transzendenz als auch Zweifel und Glaube zueinander in Beziehung gesetzt werden können. [115]
Im Fall von Frau Schiller scheint das Gefühl der Gemeinschaft als eigenständige Reflexionsperspektive das tragende Moment zu sein, während die metaphysischen Angebote des tibetischen Buddhismus weiterhin mit dem Index des Zweifels besetzt sind. Nichtsdestotrotz findet Frau Schiller eine soziale Gemeinschaft, die ihr für die weitere Praxis Kraft gibt. [116]
Bei Frau Kraft hingegen verbinden sich in der Auseinandersetzung mit der verstorbenen Mutter Alterität und Transzendenz zu einem Arrangement, das die metaphysischen Reflexionsangebote des tibetischen Buddhismus hochgradig attraktiv erscheinen lässt. Der weiterhin mögliche Zweifel lässt sich nun beruhigen, indem zwischen Glauben und Wissen eine Reflexionssperre eingerichtet wird, um sich dann primär in den phänomenalen Qualitäten der vollzogenen Praxis einzurichten. [117]
Ole NYDAHL schließlich verkörpert buchstäblich die Reflexionsperspektiven des tibetischen Buddhismus. Bei ihm rückt die Alterität in den Vordergrund als eigentlicher Schlüssel zur Praxis. Sowohl in der Imagination des eigenen Lehrers als Buddha wie auch in der Übernahme der Lehrerrolle wird das Ich-Es-Verhältnis über die Projektion des Ich in ein vermittelndes Du transzendiert, was wiederum der eigenen spirituellen Praxis enorme Evidenz verleiht. Hierin – nämlich anderen zu helfen – liegt die "eigentliche Bedeutung der Phowa-Praxis", wie SEEGERS (2013, S.273) formuliert, und dies im Alltag, ja sogar am Krankenbett zeigen zu können, erscheint als der eigentliche Beweis, dass NYDAHL verstanden hat, worum es geht: das eigene Ich zu transzendieren, da dieses monokontextural – und damit sterblich ist. [118]
Diese Bewegung gelingt freilich nur aus der Perspektive eines Selbst, das all diese Selbst- und Weltverhältnisse mitführt. Im Anschluss an DEWEY (1986 [1934]) handelt es sich bei diesen Prozessen selbstredend um imaginative Projektionen, die sich aus Quellen speisen, die nicht der willentlichen Entscheidung unterliegen. Es bedarf des "Gruppenzwanggeist", von dem Frau Kraft redet, und einer starken Bindung an ein signifikantes Alter Ego (man denke hier etwa an die Bedeutung der verstorbenen Mutter), um eine entsprechende religiöse oder spirituelle Neuausrichtung zu katalysieren. Erst auf dieser Basis kann die Idee "of the integration of the shifting scenes of the world into that imaginative totality we call Universe" (S.14f.) an Kraft und Plausibilität gewinnen.49) [119]
Dieses Universum ist aber – und dies ist wohl die religionssoziologisch wichtigste Einsicht dieser Studie – vor allem ein soziales. Die typische Qualität der religiösen Erfahrung (JAMES (1997 [1901]) erschließt sich aus der Perspektive von Praktizierenden des tibetischen Buddhismus dann nur auf Basis eines bevölkerten Universums, in dem unterschiedliche leiblich verfasste und nichtkörperliche Akteur/innen (sprich: Geister) in jeweils spezifischer Form miteinander in Beziehung treten. Denn nur ein Universum, das ebenso von lebenden wie nicht mehr lebenden Wesen bevölkert ist (denn beide sind epistemisch unerreichbar), kann auch transzendente Buddhas und andere Zentren von Heiligkeit (oder auch boshafte Geistern) beherbergen. [120]
Diese Deutung bleibt jedoch nicht absolut, vielmehr sind auch andere Deutungen wahrscheinlich, die als funktionale Äquivalente zum doing religion gesehen werden können. Es muss also vor allem davon ausgegangen werden, dass andere Praxissysteme auch andere Arrangements sowohl voraussetzen als auch ermöglichen. An diesen Befund ließen sich dann entsprechend weitere Fragestellungen und Untersuchungen anschließen.50) [121]
Einzig aus einer Perspektive, die für die Zurechnung von Zentren der Reflexivität, Subjektivität und vorreflexiven Sozialität51) als eigenständige logische Räume der Referenz sensibel ist, erschließen sich die Unterschiede der hier vorgestellten Fälle. Religiöse Praxen gehen nicht allein in der Erfahrung von Kollektivität und Gemeinschaft auf (Frau Schiller), sondern bedürfen zur Stabilisierung einer Referenz in Form einer konkreten Alterität, die als Quelle der Transzendenz die Brücke zu anderem Unerreichbarem – da nicht dem Sein zugehörig – schlägt (so bei Frau Kraft). [122]
In der Meisterschaft des Lehrers ist die Bewegung der Selbsttranszendenz durch Imagination einer entsprechenden Ich-Du-Relationierung schließlich vollkommen internalisiert, also habituell so natürlich geworden, dass im Sinne von JAMES ein Charakter entsteht, "für den spirituelle Gefühle das Zentrum seiner persönlichen Energie darstellen" (1997 [1901], S.283f.). Eine solche Form der Spiritualität oder Heiligkeit darf allerdings nicht mit dem Verlust von Selbst- und Weltbezügen – etwa in dem diffusen Gefühl des Alleinseins – verwechselt werden. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Da, wo das Sein nicht zu finden ist (wo also Leere herrscht), kann kein mit "Wonne" besetzter Weltbezug konstruiert werden. Ole NYDAHLs Universum ist dementsprechend kein einsames. Im Nahbereich finden sich lebendige und verstorbene Schüler/innen und Lehrer, im Fernbereich eine unendliche Anzahl anderer Wesen, die bei Bedarf assoziiert werden können. [123]
Darüber hinaus bietet sich noch der Verweis auf die gesellschaftstheoretische Rückbindung der Ergebnisse an. Dass die Schule des Diamantwegs unter den im deutschsprachigen Raum vertretenen buddhistischen Gruppierungen in Hinblick auf Mitgliederzahl und Verbreitung die stärkste darstellt, dürfte kein Zufall sein, sondern sich der besonderen Form der im doing religion realisierten Arrangements verdanken: Individuum, Gruppe, Evidenz und Transzendenz scheinen hier in einer Weise zusammenzufinden, die für westliche Adept/innen besonders attraktiv ist.52) Wir treffen hier einerseits auf eine Form der Spiritualität, die individuelle Zugänge der Rezeption erlaubt, also unterschiedliche Zugänge eröffnet, wie sich das Ich in diesen Arrangements auch als ein westliches Individuum wieder(er)finden kann. Vor allem wird eine soteriologisch wirksame Antwort auf Krisen möglich, die mit dem Verlust geliebter Menschen einhergehen, die zugleich als präsent und a-präsent erlebt werden und so den Raum zu anderen Transzendenzen öffnen.53) Andererseits erscheint die Macht des Geistes in naturalisierter Form – man "sieht" und "spürt" es selbst (so zumindest die Erzählung). [124]
Abschließend eine kurze Reflexion des methodologischen Zugangs und der sich hiermit eröffnenden religionswissenschaftlichen Forschungsperspektive. Eine praxistheoretisch informierte Kontexturanalyse eröffnet – dies hat die vorliegende Untersuchung gezeigt – einen fruchtbaren Zugang zu einer empirischen Metaphysik, welche den Blick auf die Frage lenkt, wie religiöse Evidenzen entstehen und in welchen Arrangements sie hervorgebracht und stabilisiert werden. Hiermit stellt sich selbstredend die Frage, welche anderen Arrangements unter den gegebenen Verhältnissen möglich sind. Im Sinne unseres Forschungsprojekts bietet sich hier zunächst die komparative Analyse zu anderen im Westen vertretenen buddhistischen Schulen an. Beispielweise finden sich im Zen-Buddhismus Arrangements der Selbstranszendenz, die ebenfalls durch körperorientierte Praxen und eine prominente Lehrer/in-Schüler/in-Relation stabilisiert werden. Im Gegensatz zum tibetischen Buddhismus kann hier aber auf eine elaborierte religiöse Kosmologie bzw. sogar auf die Vorstellung von Wiedergeburt und ein Leben nach dem Tode verzichtet werden, ohne dabei jedoch das für doing religion konstitutive Moment aufzugeben, das darin besteht, die Transzendenz in die Immanenz zu holen (vgl. VOGD & HARTH 2015, Kapitel III). Dies eröffnet nolens volens eine Reihe fruchtbarer Forschungsperspektiven auf andere zeitgenössische religiöse Phänomene. [125]
1) Mit dem in Chicago gegründeten Weltparlament der Religionen wurde zum ersten Mal auch in den USA und in Europa die Idee eines symmetrischen Religionsvergleichs prominent. <zurück>
2) Dieser Prozess lässt sich in Referenz auf GIRARDs mimetische Theorie mit CHUNG auch "als Paradoxie der weltgestaltenden Weltentsagung" charakterisieren (2009, S.143ff.). <zurück>
3) Die Laissez-faire-Ausprägungen der Anfangszeit scheinen überwunden zu sein, und im Hinblick auf die ethische Lebensführung werden heute auch im Westen strengere Maßstäbe an die Vertreter/innen buddhistischer Institutionen gestellt (CADGE 2007; COLEMAN 2002). <zurück>
4) Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der tibetische Buddhismus im Gegensatz zu den buddhistischen Schulen in den Ursprungsländern (gemeint ist hier der Zen-Buddhismus in Japan und der an den ursprünglichen Texten orientierte Theravāda-Buddhismus aus Südostasien) im Kontext der Kolonialherrschaft noch keinen Modernisierungsprozess durchlaufen hat. Er kam vielmehr infolge der chinesischen Machtübernahme in den 1960er Jahren mit den vielfach magisch und esoterisch anmutenden Elementen der tibetischen Kultur in den Westen, um erst hier aus Perspektive einer wissenschaftlich geprägten Kultur adaptiert zu werden (vgl. SAMUEL 1983). <zurück>
5) Wenngleich die frühen Begegnungen des Westens stark durch protestantische Denkweisen geprägt zu sehen sind (BAUMANN 1997; McMAHAN 2008) und die spätere erfahrungsorientierte Rezeption insbesondere durch die Gegenkulturen der 1960er Jahre beeinflusst wurde, zeigt sich auch hier, dass der westliche Buddhismus nicht einfach als eine Variante westlicher Kultur – etwa im Sinne der individualistischen New-Age-Spiritualität einer "unsichtbaren Religion" – verstanden werden kann (LUCKMANN 1991 [1967]). <zurück>
6) Vipassanā ist die zentrale Meditationstechnik der Schulen des Theravāda-Buddhismus und wird oft mit "Einsichtsmeditation" übersetzt. <zurück>
7) Der griechische Begriff σωτηρία (sotēría) bedeutet Rettung, Erlösung und Heil. <zurück>
8) Wir bleiben hier im Sinne des Pragmatismus bei dem englischen Begriff experience, der im Gegensatz zum deutschen Begriff der Erfahrung mehr die dynamische Erfahrungsqualität und weniger die reflexive Aneignung des Erfahrenen ausdrückt. <zurück>
9) Der englische Begriff adjustment steht hier sowohl für Adaptierung als auch für eine neue Wertausrichtung, in der dann die einzelnen Erfahrungen erscheinen bzw. Sinn ergeben. DEWEYs adjustment erscheint damit mehr als nur eine Einstellung, sondern steht für eine Haltung zu den alltäglichen Lebenserfahrungen. <zurück>
10) "The self is always directed toward something beyond itself and so its own unification depends upon the idea of the integration of the shifting scenes of the world into that imaginative totality we call the Universe" (DEWEY 1986 [1934], S.14). Dem Pragmatismus folgend würde dieser "shift" zu einer religiösen Weltsicht zudem mit einem "better adjustment in life and its conditions" einhergehen (S.11). <zurück>
11) Eine pragmatistisch inspirierte Wissenssoziologie erlaubt, den cartesianischen Dualismus der Subjekt-Objekt-Dichotomie zu unterlaufen, indem sie eine "konsequent relationale (nicht) aber relationistische Perspektive" entwickelt (STRÜBING 2007, S.127). <zurück>
12) Siehe zur Bedeutung der Negativität aus einer religionsphilosophischen Perspektive für das Christentum Thomas RENTSCH (2010). <zurück>
13) Hier ergibt sich eine deutliche Differenz zwischen dem durch uns vorgeschlagenen Transzendenzbegriff und den Transzendenzen, von denen LUCKMANN (1991 [1967]) spricht. <zurück>
14) Dementsprechend kommt Luc FERRY (1997, S.32) zu dem Schluss, dass der buddhistische Heilsweg darauf abziele, "zu einer Weltsicht zu gelangen, in der die Frage nach dem Sinn verschwindet". <zurück>
15) Polykontexturalität ist ein Thema, das insbesondere mit der LUHMANNschen Systemtheorie aufgeworfen wurde. Die Kontexturanalyse findet in der empirischen soziologischen Forschung allerdings bislang kaum Anwendung, wenngleich das Desiderat der hiermit verbundenen Forschungsperspektive schon seit Langem formuliert ist (s. BÜHL 1969). <zurück>
16) Siehe ausführlich unter dem Blickwinkel einer praxis- und kommunikationstheoretischen Perspektive VOGD (2015). <zurück>
17) Der tibetische Buddhismus ist traditionellerweise in vier große Schulen aufgeteilt, die dann jeweils über ihre eigenen Lehrtraditionen verfügen, im Einzelnen die Kagyüpa, die Nyngmapa, die Gelugpa und die Sakyapa. <zurück>
18) Der Buddha Amitābha spielt im tibetischen Buddhismus eine große Rolle, da er als Urbuddha (Adibuddha) gilt und den Zugang zum sogenannten "Reinen Land" gewährt. Mithilfe der Phowa-Praktiken wird von den Anhänger/innen versucht, hier Zugang zu erlangen, um schließlich im "Buddhafeld" (sankr.: buddhakṣetra) wiedergeboren zu werden. <zurück>
19) Das tibetische Phowa schließt einerseits an den seit dem 5. Jahrhundert in Ostasien weit verbreiteten Amitābha-Buddhismus an, andererseits an Konzepte und Praxen des yogischen Tantrismus, insbesondere an die Vorstellung der Existenz von subtilen Energiekanälen, über die sich die männlichen und weiblichen Essenzen vereinigen lassen, um durch entsprechende Übung des Bewusstseins gezielt astrale Sphären aussenden bzw. "ausschleudern" zu können. Siehe zu der Verbindung von Yoga und dem tantrischen Buddhismus bereits ELIADE (1988 [1960], Kapitel V). <zurück>
20) Das Projekt wird unter dem Titel "Buddhismus im Westen" von der Deutschen Forschungsgemeinschaft von April 2013 bis Juli 2016 gefördert. Siehe als erste umfassendere Monografie aus dem Projekt VOGD und HARTH (2015). <zurück>
21) Unter existenziellem Engagement wird hier eine Haltung verstanden, entsprechend der die buddhistische Praxis zur Zeit der Ausübung so bedeutsam ist, dass sie nahezu als zentrales, wenn nicht gar als das wichtigste Element im eigenen Leben gesehen wird. <zurück>
22) Das Gruppendiskussionsverfahren (siehe BOHNSACK 2000) eröffnet nochmals einen besonderen Einblick in den Relevanzrahmen und die geteilten Orientierung der untersuchten Gruppen, weshalb es im Sinne der Methodentriangulierung als zusätzliches Erhebungsinstrument eingesetzt wurde. <zurück>
23) Aufgrund der großen Zahl an Interviews wurden nur wichtig erscheinende Interviews ganz, die anderen passagenweise transkribiert. Dies übernahm eine externe Agentur. <zurück>
24) Interessanterweise zeigte sich für die in diesem Beitrag behandelte Fragestellung keine Differenz zwischen Aussteiger/innen und den in der Schule verbleibenden Akteur/innen im Hinblick auf die Reflexion ihrer meditativen Praxis. Daher verzichten wir hier aus Gründen der Redundanz auf die Darstellung eines Drop-outs). <zurück>
25) Siehe als Beispiel den Einführungsvortrag von Ole NYDAHL am 23.7.1993 in Immenhausen bei Kassel: https://www.youtube.com/watch?v=FgZDoq1VfNI [Datum des Zugriffs: 9.12.2014]. <zurück>
26) Siehe als kompakte Einführung in die Phowa-Meditation des Diamantweg-Buddhismus NYDAHL (1996), sowie ausführlicher die Monografie NYDAHL (2011). <zurück>
27) Mantren sind Wörter und Silben, die mit entsprechender Bedeutung aufgeladen sind und laut oder in Gedanken rezitiert werden. <zurück>
28) So etwa auf der Webseite des Europe Centers, wo viele der Phowa-Kurse abgehalten werden: http://europe-center.org/ec-blog/de/2012/08/11/phowa-course-with-lama-ole-nydahl/ [Datum des Zugriffs: 7.7.2015]. <zurück>
29) Siehe als Beispiel einer solchen Übersetzung etwa Manfred SEEGERS (2001). <zurück>
30) Sowohl die Namen als auch manche Details in den folgenden Interviewanalysen wurden zugunsten der Anonymität der Interviewpartner/innen verändert. <zurück>
31) Die Interviews wurden in Anlehnung an DRESING und PEHL (2013) transkribiert. Dabei wurde wörtlich transkribiert, also nicht lautsprachlich oder zusammenfassend. Die Interpunktion wurde zugunsten der Lesbarkeit geglättet. Sinnabbrüche werden durch "/" gekennzeichnet, besonders betonte Wörter oder Äußerungen durch Großschreibung. Auslassungen wurden in eckige Klammern gesetzt. Nonverbale Äußerungen der Interviewteilnehmer/innen (etwa Lachen oder Seufzen sowie Geräusche) werden beim Einsatz in Klammern notiert. <zurück>
32) Da Frau Schiller in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, in der sie sich bislang sehr exklusiv auf ihre Partnerin konzentrierte, ist das Gefühl, (endlich) auch in einem größeren sozialen Umfeld dazuzugehören und Teil einer "spannenden" Gemeinschaft zu sein, für Frau Schiller in gewisser Weise neu. <zurück>
33) Tantra ist eine Strömung indischer Philosophie bzw. Spiritualität, die sich an yogischen Praktiken orientiert und den tibetischen Buddhismus stark geprägt hat (siehe zur Einführung ELIADE 1988 [1960]). <zurück>
34) Siehe zur Einführung in die Hypnoseforschung REVENSTORF (1993). <zurück>
35) Nach der buddhistischen Bewusstseinslehre (sansk.: Vijnanavada) sammelt das Speicherbewusstsein alle Erfahrungen eines Lebewesens und stellt auf diese Weise die Grundlage sowohl für die aktuelle Existenzweise als auch für alle weiteren Existenzen bzw. Wiedergeburten dar. Im Sinne der Karma-Lehre des Buddhismus wirken hierdurch alle getätigten Handlungen und Erfahrungen direkt in zukünftige Handlungen und Erfahrungen ein. <zurück>
36) Hier in Anspielung an die Abhandlung "Der Wille zum Glauben" (JAMES 1975 [1896]). <zurück>
37) Siehe zur Phänomenologie der Stigmata, ihrer Genese durch Hypnose und zu den psychischen bzw. psychopathologischen Persönlichkeitsmerkmalen diesbezüglich suggestiv besonders empfänglicher Menschen WILSON (1988). <zurück>
38) Nicht nur für religiös empfängliche Menschen wohnt diesen psychosomatischen Phänomenen ein Zauber inne. Zumindest wird hier deutlich, in welchem Ausmaß physiologische Prozesse durch Vorstellungen beeinflusst werden können. <zurück>
39) Siehe zur Verkörperung von Initiationsritualen BOYER (2004, S.290ff.). <zurück>
40) Sowohl die rote Form von Tschenresig (innerhalb der Ikonografie des tantrischen Buddhismus die Verkörperung des mitfühlenden Aspekts des Buddhas), genannt Gyalwa Gyamtso (tib.: der allmächtige Ozean), als auch Khorlo Demchog (tib.: "Höchste Freude") sind besonders wichtige Haupt-Gottheiten der Karma-Kagyü-Linie des tibetischen Buddhismus. <zurück>
41) Ole NYDAHL verweist hier im Interview auf eine medizinische Untersuchung, die wir jedoch bislang nicht extern verifizieren konnten. <zurück>
42) Als Sozialwissenschaftler/innen verfügen wir weder über die medizinische oder psychologische (etwa psychosomatische) noch über die spirituelle Kompetenz, um hier zu einem Urteil zu gelangen. Es bleibt nur die Haltung eines methodologischen Agnostizismus, in der wir die Aussagen der interviewten Akteur/innen als Ausdruck jeweils spezifischer Selbst- und Reflexionsverhältnisse ernst nehmen. <zurück>
43) Der Interviewer und Ole NYDAHL trafen zwar bei der Interviewführung das erste Mal aufeinander, Ole NYDAHL bot jedoch direkt bei der Begrüßung das "Du" an. <zurück>
44) Der Karmapa ist traditionell der Hauptlinienhalter der Karma-Kagyü-Schule. Aktuell wird darüber gestritten, wer offiziell als rechtmäßiger Nachfolger zum 17. Karmapa anerkannt wird. <zurück>
45) Ole NYDAHL berichtet davon, dass er während seines Aufenthalts im Krankenhaus das Phowa für einen verstorbenen Freund machte. Er erzählt, wie er gemeinsam mit diesem Freund zum Buddha Amitābha gelangte und ihn dort "ablieferte", um jedoch selbst anschließend wieder in die Welt der Immanenz zurückzukehren. Siehe für eine ausführlichere Darstellung dieser Erzählung NYDAHL und HARTUNG (2011). <zurück>
46) Der Shamarpa gilt als eine Emanation des Buddha Amitābha und stellt nach dem Karmapa den zweithöchsten Lama der Karma-Kagyü-Linie dar. <zurück>
47) Gemeint sind hier seine im Jahr 2007 verstorbene Ehefrau Hannah NYDAHL und Frau Caty HARTUNG, die schon zu Hannahs Lebzeiten seine zweite Lebensgefährtin war und bis heute viele leitende Aufgaben in der Organisation übernimmt. <zurück>
48) Nämlich als Beziehung zum transzendenten Buddha, der dann mit dem/der Praktizierenden im Verlauf der Übung verschmilzt. <zurück>
49) Der nicht zuletzt auch von DEWEY (1987 [1934]) vermutete Zusammenhang von Religion und Kunst erscheint unter dem Blickwinkel einer reflexionslogisch informierten Praxistheorie noch deutlicher: Wie im Theater kommt es einerseits auf das Arrangement an, andererseits auf das Charisma der beteiligten Schauspieler/innen (insbesondere die noch unter den Lebenden Weilenden haben mitzuspielen!). Nur in gelungener Kombination erscheint das Aufgeführte authentisch. <zurück>
50) Diese funktionale Perspektive wird allem in der umfassenderen Publikation von VOGD und HARTH (2015) elaboriert. Hier zeigen sich dann beispielsweise im Zen-Buddhismus gänzlich andere Formen der Praxis, die weniger auf Transzendenz oder Religiosität setzen, aber im Sinne der Soteriologie mindestens ebenso erfolgreich und wirksam sind. <zurück>
51) Siehe zu einer derartigen praxeologischen Erweiterung der von DEWEY und MEAD entwickelten pragmatistischen Perspektive NOHL (2006a). <zurück>
52) Damit wird nochmals deutlich, dass die Kritik von TAYLOR (2002, S.101ff.) an JAMES weiterhin berechtigt ist und man die Institutionen, welche die Bedingung zur Möglichkeit der religiösen Transformation stellen, nicht vergessen darf. Ohne den Phowa-Kurs und die organisierte Religion des tibetischen Buddhismus gäbe es kein "bewusstes Sterben". <zurück>
53) Oder um es mit den Worten von LATOUR zu fassen: Heutzutage vom "Religiösen zu sprechen" gelingt insbesondere aus der Perspektive der "Erfahrung der Krise in Liebesbeziehungen". Denn gerade in diesem Kontext öffnet sich jener Raum, in dem sich "Engel" entdecken lassen, welche die "Erschütterungen der Seele" tragen (2014 [2012], S.409f.). <zurück>
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Zur Autorin und zu den Autoren
Werner VOGD ist Professor für Soziologie an der Universität Witten/Herdecke. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen qualitative Methoden, Systemtheorie, Religions-, Organisations- und Medizinsoziologie.
Kontakt:
Prof. Dr. Werner Vogd
Universität Witten/Herdecke
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58448 Witten
E-Mail: Werner.Vogd@uni-wh.de
Jonathan HARTH ist Mitarbeiter am Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Witten/Herdecke. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen qualitative Sozialforschung, Computerspiel- und Techniksoziologie und Religionssoziologie.
Kontakt:
Dr. Jonathan Harth
Universität Witten/Herdecke
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58448 Witten
E-Mail: Jonathan.Harth@uni-wh.de
Ulrike OFNER ist Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Witten/Herdecke. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Migrationsforschung, Ethnologie und Religionswissenschaften.
Kontakt:
Dr. Ulrike Selma Ofner
Universität Witten/Herdecke
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58448 Witten
E-Mail: Ulrike.Ofner@uni-wh.de
Vogd, Werner; Harth, Jonathan & Ofner, Ulrike (2015). Doing religion im Phowa-Kurs: Praxeologische und reflexionslogische
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http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1503179.