Volume 17, No. 2, Art. 10 – Mai 2016
Methodik für eine Forschung zum Standpunkt des Subjekts
Helmut Ittner
Zusammenfassung: Subjektwissenschaftlich ausgerichtete empirische Forschung ermöglicht einen ertragreichen Zugang zum Eigensinn subjektiver Handlungsbegründungen, wie er etwa bei Lern- und Bildungsprozessen konstitutiv ist. In dem schmalen Sektor einschlägiger Arbeiten ist die Auseinandersetzung vor allem um adäquate Auswertungsmethoden unzureichend, Fragen des Forschungssettings werden darüber hinaus kontrovers diskutiert. In dem vorliegenden Beitrag wird ein Weg vorgeschlagen, Methoden der dokumentarischen Methode (BOHNSACK 2014) und Prinzipien der Situationsanalyse (CLARKE & KELLER 2012) zu nutzen, um Bestimmungen einer adäquaten Methodik zu erreichen. Unterstellt wird dabei die Notwendigkeit, konkrete Auswertungsmethoden im Hinblick auf ihre Eignung für subjektwissenschaftliche Forschung zu hinterfragen und einen Einsatz sodann definierter Methoden auch zu begründen. Angebunden ist der Beitrag an das Forschungsprojekt d.art ("Didaktik für Kunst- und Kulturschaffende zur Gestaltung außerunterrichtlicher Angebote in Ganztagsschulen"), bei dem es um Lernprozesse von Teilnehmenden einer Weiterbildung geht.
Keywords: Subjektwissenschaft; Methodologie; Bedeutungs-Begründungs-Analyse; Situationsanalyse; dokumentarische Methode; Weiterbildung
Inhaltsverzeichnis
1. Zum Anliegen dieses Beitrags
2. Subjektiver Sinn und soziale Sinnstrukturen
3. Bedeutungs-Begründungs-Analysen
3.1 Bedeutungen als Vermittlung subjektiven Sinns und gesellschaftlicher Strukturen
3.2 Positionierungen und Begründungen
3.3 Analyse als Rekonstruktion
3.4 Maßstäbe für subjektwissenschaftliche Forschung
3.5 Der Standpunkt des Subjekts als wesentliche Orientierung
4. Die dokumentarische Methode als Bezugspunkt für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
5. Erträge des Konzepts der Situationsanalyse für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
6. Schlussfolgerungen für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
7. Exemplarische Erfahrungen mit Bedeutungs-Begründungs-Analysen
1. Zum Anliegen dieses Beitrags
Ein Anlass für die hier dargestellten methodologischen Überlegungen ist die wissenschaftliche Begleitung des Projekts d.art ("Didaktik für Kunst- und Kulturschaffende zur Gestaltung außerunterrichtlicher Angebote in Ganztagsschulen"), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Das Projekt zielt auf die "Entwicklung eines Weiterbildungskonzepts für Kunst- und Kulturschaffende, die an einer künstlerisch-pädagogischen Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen im außerunterrichtlichen Bereich von Ganztagesschulen interessiert sind"1). Die wissenschaftliche Begleitung dieser Weiterbildung interessiert sich für die Lern- und Bildungsprozesse der Teilnehmenden und insbesondere die Frage, inwieweit die Weiterbildung geeignet ist, diese Prozesse zu unterstützen. Untersucht wird, ob und ggf. wie die Teilnehmenden ihr pädagogisches Wissen im Kontext der Weiterbildung transformieren bzw. die Teilnehmenden der Weiterbildung in ihrer Auseinandersetzung mit den Theorieangeboten ihre Begründungen für ihr pädagogisches Handeln modifizieren. Aus dem Bemühen um eine adäquate Methodik für diese Forschung ergaben sich methodologische Fragen, die nicht ohne Weiteres beantwortet werden konnten. [1]
Dem Projekt liegt ein Verständnis von Lernen zugrunde, das von einer Lernintention der Teilnehmenden ausgeht, die auf eine Erweiterung der Verfügung über die eigenen Lebensumstände zielt. Im Projekt geht es dabei speziell um eine mögliche Erweiterung der eigenen Fähigkeit, in einem schulischen Kontext Angebote zu künstlerischer bzw. kultureller Bildung zu realisieren. Derartige Lernprozesse können durch Angebote zu Möglichkeiten des Verstehens, etwa in Form wissenschaftlichen Wissens, unterstützt werden. In der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes d.art wird daher untersucht, in welcher Weise sich Teilnehmende in ihren Verständigungsversuchen lernend auf das Angebot beziehen und in welcher Weise sie ihr Verständnis von pädagogischem Handeln verändern bzw. aufrechterhalten. Dabei wird versucht, Lernprozesse in ihrem gegenständlichen Bezug2) zu der Gestaltung eines künstlerisch-ästhetischen Lehr-Lern-Settings und in ihren Verweisen auf die Angebote und Anforderungen der Weiterbildung sichtbar zu machen. [2]
Dies ist gestützt auf eine Lern- bzw. Bildungsprozessforschung vom Standpunkt des Subjekts (vgl. LUDWIG 2014a), die sich auf die subjektwissenschaftliche Lerntheorie (vgl. HOLZKAMP 1995) bezieht. Da bei HOLZKAMP nicht ausgeführt wird, wie methodisch vorgegangen werden sollte, um aus empirischem Material den subjektiven Sinnhorizont in Relation zu gesellschaftlichen Sinnhorizonten zu gewinnen, erweist es sich als erforderlich, eine methodologisch begründete konkrete Methodik für ein derartiges Vorhaben zu beschreiben. [3]
Mit dem vorliegenden Beitrag soll daher einerseits eine methodologische Grundlage für ein konkretes Forschungsvorhaben dargestellt und andererseits die – nur sehr marginal geführte – Debatte um die Frage befruchtet werden, welche Methoden für eine Forschung, die den Standpunkt des Subjekts zum Ausgangspunkt macht, infrage kommen3). [4]
Wenn hierbei im Folgenden von einer Forschung zum Standpunkt des Subjekts die Rede ist, so ist damit durchaus der Anspruch verbunden, konsequent den Standpunkt des Subjekts als gedanklichen Ausgangspunkt zu nehmen, d.h. tatsächlich eine Forschung vom Standpunkt des Subjekts zu verfolgen. Da in der konkreten empirischen Forschung aber immer nur eine Annäherung aus einer Außenperspektive an diesen Standpunkt möglich ist, soll mit dem Titel verdeutlicht werden, dass es um eine dem Anspruch möglichst gut gerecht werdende Bewegung hin zum Standpunkt des Subjekts geht. [5]
Konkret geht es dabei um die Frage der adäquaten Auswertung empirischen Materials, das aus narrativen Interviews, aus aufgezeichneten Beratungsgesprächen bzw. aus Mitschnitten von Weiterbildungsseminaren gewonnen wurde. Morus MARKARD (2010, 2014), Katia TÖDT (2008) oder Michael WEIS (2005, 2008) diskutieren etwa das Gesamtkonzept einer Forschung vom Standpunkt des Subjekts vor allem im Hinblick auf die Fragen der Gegenstandsadäquatheit und des besonderen Verhältnisses zwischen Forschenden und Beforschten. Dabei bleibt die Frage, wie mit dem konkreten erhobenen Material gearbeitet werden soll, entweder ungeklärt oder beschränkt sich auf wenige allgemeine Hinweise zur Eignung eines Auswertungskonzeptes bzw. von Auswertungsverfahren (vgl. etwa SCHMIDT [2013] mit Bezugnahme auf Methoden der Grounded Theory bzw. FAULSTICH [2014a] mit einem pauschalen Bezug auf die Grounded-Theory-Methodologie [GTM])4). Ähnlich ist es bei der Arbeit HOFMEISTERs (1998), der zwar explizit ein Forschungskonzept für subjektwissenschaftliche Biografieforschung entwickelt, sich aber in der Auswertung mit der von ihm verwendeten Methode der Sequenzanalyse nach SCHÜTZE (1983) nicht differenzierter auseinandersetzt, sondern nur knapp darauf hinweist, diese durch Kodierungen nach der GTM ergänzt zu haben. Daneben findet sich eine Variante, bei der auf die GTM und die subjektwissenschaftliche Theorie Bezug genommen, deren Verhältnis zueinander aber nicht geklärt wird (vgl. etwa FICHTMÜLLER & WALTER 2007)5). HELD hebt entsprechend hervor, dass es für eine Forschung aus Subjektperspektive "keine besonderen empirischen Methoden gibt" (2014, S.240). Stattdessen gehe es darum, übliche qualitative und quantitative Methoden im Rahmen subjektwissenschaftlicher Forschung so umzuarbeiten, dass sie dem jeweiligen Forschungsziel und Gegenstand und damit den beteiligten Subjekten gerecht" (a.a.O.) würden. Eine konkrete Ausführung, wie ein solchermaßen umgearbeitetes Methodenensemble aussehen könnte, findet sich allerdings auch an dieser Stelle nicht. [6]
Andererseits gilt es, sich mit den bis dato erfolgten Setzungen – insbesondere derjenigen der Einbeziehung der Beforschten in den Forschungsprozess – auseinanderzusetzen, da sowohl geklärt sein muss, inwieweit dieses Einbeziehen überhaupt geeignet ist, zu anderen, möglicherweise besser zutreffenden Ergebnissen zu kommen, als auch inwieweit ggf. ein Verzicht auf eine subjektwissenschaftliche empirische Herangehensweise zu rechtfertigen ist, nur weil eine Beteiligung als "Mitforschende" (MARKARD 2014, S.168) aus bestimmten Gründen nicht umfänglich realisiert werden kann oder soll. [7]
Soll bei der Bestimmung von geeigneten Methoden auf bereits beschriebene zurückgegriffen werden, muss es gelingen aufzuzeigen, inwieweit es auf der Ebene der methodologischen Begründungen eine prinzipielle Kompatibilität gibt bzw. inwiefern methodische Elemente übernommen, modifiziert oder neu gerahmt werden können, sodass ein in sich stimmiges und mit dem grundlegenden Paradigma der subjektwissenschaftlichen Theorie in Einklang stehendes Methodenensemble dargestellt werden kann. Darauf weist auch MARKARD (1993) in seiner Auseinandersetzung mit der GTM hin, wenn er deutlich macht, dass deren Postulat, Theorien allein aus empirischen Daten ableiten zu können, u.a. daran kranke, dass einerseits in den empirischen Daten, um die es gehe, immer schon Begründungsmuster enthalten seien, die aber implikativ und daher nicht überprüfbar seien, andererseits sei das Problem der Interpretationsmehrdeutigkeit durch eine strikt datenbasierte Theorienbildung nicht lösbar (S.186). [8]
Im vorliegenden Beitrag wird zunächst geklärt, was in verschiedenen Modellen rekonstruktiver Sinnerfassung jeweils der Gegenstand und bei welchen Fragestellungen welcher Zugang angemessen ist (Abschnitt 2). Sodann wird dargestellt, was zu Bedeutungs-Begründungs-Analysen bereits beschrieben ist (Abschnitt 3). Danach geht es darum zu zeigen, dass auf Prinzipien und Methoden der dokumentarischen Methode (Abschnitt 4) bzw. der Situationsanalyse (Abschnitt 5) zurückgegriffen werden kann. Daraus wird ein Entwurf abgeleitet, der diese Beschreibungen im Hinblick auf konkrete Forschungsanliegen weiter präzisiert und mit einer ausreichend ausdifferenzierten Methodik erweitert (siehe Abschnitt 6). Abschließend wird ein knapper Einblick in erste Erfahrungen mit der beschriebenen Methodik gegeben (siehe Abschnitt 7). [9]
2. Subjektiver Sinn und soziale Sinnstrukturen
Zur Erschließung des hier thematisierten Anliegens gilt es, das Verhältnis von Sinnstrukturen als Ausdruck konkreter historischer gesellschaftlicher Verhältnisse und der sinnkonstituierenden Bezugnahme des handelnden Subjekts auf diese Gegebenheiten zu klären. Oder wie es HITZLER (2002) formuliert: Der Mensch in seinem Handeln ist darauf angewiesen zu deuten; ein Verstehen dieser Deutungen als Rekonstruktion von Sinn ist das Ziel interpretativer Sozialforschung. [10]
Diesem Verhältnis widmen sich in besonderer und teilweise unterschiedlicher Weise u.a. Arbeiten einer in der Tradition von SCHÜTZ und LUCKMANN (2003 [1975]) stehenden sozialwissenschaftlichen Hermeneutik sowie in der Tradition von BOURDIEU (1996) und OEVERMANN (1993) stehende Arbeiten, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Arbeiten BOHNSACKs (2014) und NOHLs (2013a; 2013b), die sich auf MANNHEIM (1980 [1924]) beziehen, erfolgt in Abschnitt 4. [11]
Nach HITZLER besteht die Gemeinsamkeit sozialwissenschaftlich-hermeneutischer Arbeiten darin, "dass sie darauf abzielen, methodisch kontrolliert durch den oberflächlichen Informationsgehalt des Textes hindurchzustoßen zu 'tieferliegenden' Sinn- und Bedeutungsschichten und dabei diesen Rekonstruktionsvorgang intersubjektiv nachvollziehbar zu machen bzw. zu halten" (2002, §24). Methodisch würden sie auf das Bemühen setzen, sich für den Forschungsprozess von den eigenen Sinnkonnotationen zu distanzieren und über reflexive Verfahrensschritte eine alltagsübliche Subsumption zu vermeiden. Die Antwort der sozialwissenschaftlich-hermeneutischen Arbeiten auf die Frage, wie weit die Rekonstruktion in die subjektiven Sinnkonstitutionen eindringen müsse (Anm.10), laute: bis zu einer "kontingenten, (menschen) weltkonstitutiven Handlungsfähigkeit des Akteurs" (a.a.O.). [12]
HONER (1999) verweist auf einen komplexen Zusammenhang zwischen einem "'typologisch' strukturierten, subjektiven Wissensvorrat" (S.53) und "typologisch angelegten gesellschaftlichen Wissensvorräten" (a.a.O.). Menschliche Praxis sei eine deutende und kommunikative Praxis; die Lebenswelt eines Menschen eröffne grundsätzlich weit mehr Erfahrungsmöglichkeiten, als ein Subjekt tatsächlich fokussiere. "Jeder Mensch selegiert deshalb ständig und zwangsläufig unter den ihm jederzeit prinzipiell möglichen Erfahrungen" (S.55), die zwar täuschend sein können, dennoch aber das Handeln bestimmen. Hier trete zwischen das subjektive Wissen und die gesellschaftlichen Wissensvorräte das Erleben als steuerndes Element der Selektion, ohne dass dem Subjekt ständig bewusst sei, dass das sinnhafte Vervollständigen des Erlebens und das Handeln wiederum Folge dieser Selektion seien. [13]
Wie MEUSER (1999, S.121) darstellt, erteilt eine wissenssoziologische Hermeneutik Konzepten eine Absage, die davon ausgehen, dass soziales Handeln von Akteur/innen durch Strukturen determiniert sei. Dies führe aber zu dem Problem, dass es dadurch erschwert werde, strukturelle Zusammenhänge als Sinnzusammenhänge zu analysieren. Auch MEUSER bezieht sich auf SCHÜTZ und LUCKMANN (1975) und dessen Anliegen, jegliche sinnverstehende Soziologie auf die Analyse der Sinnkonzepte der handelnden Subjekte zu stützen, da diese konstituierend für die Gesellschaft seien. Dabei ginge es jedoch nicht um ein Nachvollziehen eines irgendwie subjektiv Gemeinten, sondern darum, das zu erfassen, was sich als Typisches in Interaktionen zwischen Menschen verstehen ließe. Dieses Typische beziehe sich aber auf einen kulturell verankerten, sprachlich vermittelten Sinn, der sich allerdings immer wieder in Erfahrungen bewähren müsse. MEUSER zitiert KIEßLING der gegen ein (post-) strukturalistisches Verständnis argumentiere, wenn er betone, dass Strukturen "nur im Bewußtsein und in der Subjektivität der Akteure" (KIEßLING 1998, zit.n. MEUSER 1999, S.123) existierten. [14]
SOEFFNER (1999) schließlich weist darauf hin, dass ausgehend von der Analogie alltäglichen und wissenschaftlichen Verstehens und Erklärens auch das Problem in den Blick rücke, dass sich beide Vorgehensweisen unreflektiert gegenüber den Resultaten vorgängigen deutenden und verstehenden Handelns verhalten würden. Unklar sei daher häufig, wie weit sozialwissenschaftlich Forschende sich in ihren eigenen Mythen auf jene des Alltags stützen bzw. sich in ihrem Denken "überhaupt strukturell oder formal-analytisch von quasi-mythologischem Denken unterscheiden" (DURKHEIM 1981 [1912], zit.n. SOEFFNER 1999, S.43). Insbesondere aber die "strukturellen Konstitutionsbedingungen" (SOEFFNER a.a.O.) der Mythen wie "Verfahren der Perspektiven-, Erwartungs- und Konsenskonstruktionen" (a.a.O.) würden systematisch hinterfragt. Daher müsse versucht werden, die "impliziten Prozeduren und Perspektiven des Verstehens" (a.a.O., S.44) zu beschreiben und zu explizieren. Gerade auch in diesem Sinne müsse hermeneutisch-rekonstruktive Wissenschaft "Wirklichkeits- und Erfahrungswissenschaft" (a.a.O.) sein. [15]
Einen Gegensatz zu einem der lebensweltorientierten Wissenssoziologie entsprechenden Verständnis bietet das Habitus-Konzept BOURDIEUs, das von der historisch-gesellschaftlichen Determiniertheit subjektiver Dispositionen ausgeht:
"Die soziale Welt umfasst mich als einen Punkt. Aber dieser Punkt ist ein Standpunkt, das Prinzip einer Sichtweise, zu der man von einem bestimmten Punkt im sozialen Raum aus kommt, eine Perspektive, die ihrer Form und ihrem Inhalt nach von der objektiven Position bedingt ist, von der aus man zu ihr kommt" (BOURDIEU & BEISTER 1998 [1985], S.26f.). [16]
Zu analysieren sei das Verhältnis zwischen sozialer Position, den Dispositionen (Habitus) und der aktiv vom Subjekt bezogenen Position6) (S.17). Die handelnden Akteur/innen seien weder durch einen Zwang von Ursachen vollständig determiniert noch bewusste und erkennende Subjekte, die sich von Gründen leiten lassen und in vollem Bewusstsein handelten (S.41):
"Die 'Subjekte' sind in Wirklichkeit handelnde und erkennende Akteure, die über Praxissinn verfügen (...), über ein erworbenes Präferenzsystem, ein System von Wahrnehmungs- und Gliederungsprinzipien (das, was man gewöhnlich den Geschmack nennt), von dauerhaften kognitiven Strukturen (die im Wesentlichen das Produkt der Inkorporierung der objektiven Strukturen sind) und von Handlungsschemata, von denen sich die Wahrnehmung der Situation und die darauf abgestimmte Reaktion leiten lässt" (a.a.O.). [17]
Dieser Praxissinn sei der Habitus, der in Situationen handlungsbestimmend sei und ein intuitives Verhalten ermögliche. [18]
Ebenfalls in Kontrast zu der sich auf SCHÜTZ beziehenden sozialwissenschaftlichen Hermeneutik stehen die Arbeiten OEVERMANNs und das von ihm begründete Verfahren der objektiven Hermeneutik (OEVERMANN 1993; WERNET 2009). Diese seien geeignet, die Strukturlogik in Form von Ausdrucksgestalten zu rekonstruieren. Nur vermittelt über diese sei dann auch ein Zugang zu Empfindungen, Vorstellungen und Volitionen möglich.
"Intentionale Gehalte, generell: innerpsychische Wirklichkeit zum Gegenstand wissenschaftlich-methodisierter Erkenntnis zu machen, setzt deren methodisch greifbare Verkörperung in Ausdrucksgestalten voraus. (...) Latente Sinnstrukturen und objektive Bedeutungsstrukturen sind also jene abstrakten, d.h. selbst sinnlich nicht wahrnehmbaren Konfigurationen und Zusammenhänge, die wir alle mehr oder weniger gut und genau 'verstehen' und 'lesen', wenn wir uns verständigen, Texte lesen, Bilder und Handlungsabläufe sehen, Ton- und Klangsequenzen hören und alle denkbaren Begleitumstände menschlicher Praxis wahrnehmen, die in ihrem objektiven Sinn durch bedeutungsgenerierende Regeln erzeugt werden und unabhängig von unserer je subjektiven Interpretation objektiv gelten. (...) Es ist also ein Verfahren, das sich auf die 'verstehbaren' Gegenstandsbereiche der Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften nicht dadurch richtet, daß es, wie alle sonstigen Methoden dieser Wissenschaften, primär deren subjektiven Niederschlag oder subjektive Repräsentanz im Bewußtsein der Handelnden nachvollzieht oder zu erschließen versucht. Das wäre grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet und ein Verfahren, das selbst noch der zu untersuchenden Praxis des Verstehens angehört. Viel mehr macht die objektive Hermeneutik ernst mit den Konsequenzen der grundlegenden Erkenntnis, daß jede subjektive Disposition, d.h. jedes psychische Motiv, jede Erwartung, jede Meinung, Haltung, Wertorientierung, jede Vorstellung, Hoffnung, Fantasie und jeder Wunsch methodisch überprüfbar nie direkt greifbar sind, sondern immer nur vermittels einer Ausdrucksgestalt" (OEVERMANN 2002, S.2). [19]
Es geht also nicht um die Rekonstruktion der subjektiven Repräsentanzen (als Teil des Eigensinns) des Weltbezugs der Subjekte in der ihnen selbst zugänglichen und anderen vermittelbaren Form, sondern um die dahinter liegenden objektiven Bedeutungsstrukturen als handlungsleitende Regeln.
"(A)nders als bei im weitesten Sinne phänomenologisch orientierten Interpretationen, die auf die Rekonstruktion des typisch gemeinten subjektiven Sinns abzielen, wird in der objektiven Hermeneutik eben gerade nicht das Subjekt als sinnkonstitutionsrelevant angesehen. Konstitutionslogisch relevant sind vielmehr die von OEVERMANN als 'objektiv' vorausgesetzten Strukturen: Sie tragen letztlich den Sinn in sich, den es mit der von ihm als 'objektiv' veranschlagten Methode – sozusagen durch die Lebenspraxis hindurchdeutend – zu rekonstruieren gilt" (HITZLER 2002, S.13). [20]
Die in der Rekonstruktion wesentliche "Kontrastfolie der 'objektiven Möglichkeiten' basiert aber auf jenen in die interpretativen Kompetenzen des Forschers eingelassenen Normalitätsvorstellungen" (BOHNSACK 2014, S.87), sodass der Sprachgebrauch und die Regelnutzung der Forschenden maßgeblich das Ergebnis beeinflussen, ohne dass diese Abhängigkeit konkret dargestellt werden könnte. [21]
Mit diesen knappen Verweisen auf Zugänge zu dem Verhältnis von subjektivem Sinn und Strukturen wird ein mögliches Spektrum deutlich, innerhalb dessen es gilt, sich zu verorten. Dabei sind die unterschiedlichen Begrifflichkeiten wie "Sinn", "Wissen", "Bedeutungen", "Habitus" bzw. "Dispositionen" oder "objektive Bedeutungsstrukturen" wegen teilweise mehrfacher, aber unterschiedlicher Verwendung nur im jeweiligen Kontext verstehbar. Entscheidender sind die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der verschiedenen Modelle. [22]
Gemeinsam sind das "Hier" des Subjekts mit seinem sinnhaften Handeln, das "Dort" sozialer (Sinn-) Strukturen und die Annahme, dass es zwischen beiden wechselseitige Verweise gibt. Gemeinsam ist auch, dass ein verstehender Zugang zum subjektiven Sinn (sei es im Alltag oder auch in der Forschung) über ein unabhängig von den beteiligten Subjekten existierendes Drittes als geteilte Struktur möglich ist. Unterschiedlich ist die Antwort auf die Frage, was (vor allem) wodurch determiniert ist, wie weit von objektiven Strukturen oder doch eher von konjunktiven Erfahrungsräumen7) (MANNHEIM 1980 [1924]) als geistigen Gebilden auszugehen ist und ob und ggf. wie ein Zugang zu dem einen oder dem anderen hergestellt werden kann. Unterschiede gibt es aber auch hinsichtlich der Frage, ob, inwieweit und von wem Latentes bzw. nicht Präsentes explizit gemacht werden kann. [23]
Das subjektwissenschaftliche Modell, das den Menschen als gesellschaftliches Subjekt begreift, führt zu Antworten, die insgesamt anders ausfallen als für die skizzierten Modelle, sich dennoch aber in dem einen oder anderen Aspekt gleichen. In Abschnitt 3 wird darauf eingegangen.8) Für die Frage nach einer adäquaten Methodik ist aber auch entscheidend, um welche Fragestellung es bei dem konkreten Forschungsvorhaben geht. Der wie oben bereits kurz skizzierte Gegenstand des d.art-Projekts sind subjektive Lernprozesse, gefasst als Verständigungsbemühungen in Relation zu Anforderungen und Angeboten einer Weiterbildung. Dies ist nicht unbedingt eine traditionell sozialwissenschaftliche Fragestellung, da die strukturellen Gegebenheiten primär in ihren subjektiven Repräsentanzen von Bedeutung sind. Die Teilnehmenden beziehen sich intentional in ihrem Lernen auf das, was von diesen Gegebenheiten sich für sie in einer Weise erschließt, die wesentlich wiederum von ihnen selbst abhängig ist. Dennoch geht es bei der Erforschung der subjektiven Lernprozesse auch um die Erfassung des "Eigensinn(s) der Lernenden im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen" (LUDWIG 2014a, S.194) und damit auch um jene Bedeutungsstrukturen, die dem lernenden Subjekt in ihrer subjektiven Repräsentanz nicht explizit verfügbar sind. Dabei steht nicht der oder die einzelne Lernende als Akteur/in, also als (stellvertretende/r) Repräsentant/in einer Gruppe von Individuen9) mit bestimmten sozialen Praktiken (vgl. etwa BOURDIEU 1983; HITZLER 2002; RECKWITZ 2000) im Fokus, sondern das Subjekt mit einer ihm eigenen Intentionalität und dem Bemühen um Sicherung seiner Handlungsfähigkeit bzw. deren Erweiterung. Strukturen und Regeln spielen dabei zwar als Rahmenbedingungen durchaus eine bedeutsame Rolle. Wenn es aber darum geht, den (Eigen-) Sinn zu erfassen, so gilt es, eine Eigenwilligkeit zu verstehen, die zu den Rahmenbedingungen in einem Verhältnis einer bedingten Freiheit steht, immer subjektbezogene Besonderheiten einschließt und dennoch Ausdruck einer grundsätzlichen Gesellschaftlichkeit des Subjekts ist. [24]
3. Bedeutungs-Begründungs-Analysen
Der hier verwendete Begriff Bedeutungs-Begründungs-Analyse lehnt sich an den von HOLZKAMP und MARKARD (1989) konzipierten Zugang zu einer kritisch-psychologischen Aktualempirie10) an. Entscheidend ist dabei eine Abkehr von Vorstellungen der Bedingtheit menschlichen Handelns. Stattdessen müsse der Ausgangspunkt die Möglichkeitsbeziehung des Subjekts zu den Gegebenheiten in der ihm verfügbaren Form sein.
"Wir haben es beim Begründungsdiskurs weder mit einer Methode noch mit einer 'Theorie' zu tun, ... sondern eben mit einer bestimmten Diskursform intersubjektiven Umgangs, die zentral durch den Nexus zwischen Bedeutungen, Begründungen, und Handlungsintentionen / Handlungen spezifiziert ist – einerlei, auf welche Weise, wie 'richtig' oder 'falsch', die einzelnen Instanzen dabei inhaltlich gefüllt sind. Entsprechend liegt die einzige Möglichkeit, den Begründungsdiskurs in seiner Besonderheit zu qualifizieren, darin, ihn vom Bedingtheitsdiskurs, dessen Nexus nicht als Bedeutungs- / Begründungszusammenhang, sondern als 'Ursache-Wirkungs-Zusammenhang' spezifiziert ist, abzuheben" (HOLZKAMP 1996, zit.n. MARKARD 2010, S.171). [25]
Bedeutungs-Begründungs-Analysen liefern Erkenntnisse darüber, wie sich ein Subjekt in einer konkreten Situation in seinen Handlungsbegründungen auf gesellschaftliche Sinnhorizonte bezieht, wie also etwa eine Künstlerin, die sich in ihrem künstlerischen Handeln auf ein Verständnis von Kunst als ein Infragestellen gesellschaftlich üblicher Sichtweisen bezieht, z.B. begründet, warum sie ihre Kunstwerke so gestaltet, dass sie andere Sichtweisen oder ästhetische Erfahrungen bezogen auf das Verhältnis von Müll und Schmuck ermöglichen. [26]
Eine konkrete Methodik für Bedeutungs-Begründungs-Analysen wird aus dem zitierten Text nicht abgeleitet. MARKARD und HOLZKAMP (1989) haben ein Beispiel vorgelegt, auf das als Referenz für Bedeutungs-Begründungs-Analysen verwiesen wird (vgl. MARKARD 2010). Dieses beschreibt ein Forschungsarrangement zur Durchführung von empirischen Forschungen, die auf den Erkenntnisgewinn der Beteiligten zielen und die in diesem Prozess für Forschende und Beteiligte sichtbar werdenden Bedingungen und Bezüge für Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge dokumentiert. Mit welchen Methoden zur Aufzeichnung und Auswertung des Forschungs-Erkenntnis-Arrangements gearbeitet wurde, wird nicht ersichtlich, dezidierte Begründungen eingesetzter Methoden erfolgen nicht. Wenn im hier vorliegenden Entwurf für konkrete Methoden für Bedeutungs-Begründungs-Analysen zunächst nicht auf Anforderungen bezüglich eines Forschungsarrangements eingegangen wird, so unterstellt dies, dass Bedeutungs-Begründungs-Analysen in verschiedenen Forschungsarrangements durchgeführt werden können, wobei jeweils geprüft werden muss, inwieweit das Paradigma subjektwissenschaftlicher Forschung (nicht) realisiert werden kann. Die Ergebnisse sind entsprechend zu reflektieren bzw. zu relativieren (siehe hierzu Abschnitt 3.4). [27]
3.1 Bedeutungen als Vermittlung subjektiven Sinns und gesellschaftlicher Strukturen
Nach HOLZKAMP (1985, S.89ff.) ermöglichen Bedeutungen11) einen (erkennenden, verstehenden) Zugriff auf die Welt und auf sich selbst und schränken diesen aber gleichzeitig ein. Der Zugriff ist stets gesellschaftlich vermittelt und entspricht damit den Möglichkeiten und Einschränkungen einer konkreten historischen Situation, aber auch – wegen ungleicher Teilhabe an der Verfügung über gesellschaftliche Prozesse und Ressourcen – denen der konkreten Lage und Position des Subjekts innerhalb der Gesellschaft. Das Erfassen von Bedeutungen ist zwingende Voraussetzung für das Handeln, das sich immer auf Bedeutungen bezieht. [28]
Bedeutungen stellen – bei wie auch immer vorhandenen Einschränkungen – stets Möglichkeiten dar. Ein Subjekt kann – muss aber nicht – eine sachliche oder soziale Gegebenheit so erfassen, wie eine bestimmte Bedeutung dies "nahelegt". Das Subjekt verhält sich zu der Bedeutung, indem es die Bedeutung für sich reinterpretiert (und dabei affirmiert, negiert oder modifiziert). Bedeutungen repräsentieren stets Denk- und Handlungsmöglichkeiten, die sich wechselseitig ergänzen, aufeinander verweisen aber auch widersprechen (a.a.O.). [29]
In dem gleichen Maße, wie ein Subjekt einen historisch sowie lage- und positionsspezifisch bestimmten Möglichkeitsraum von Bedeutungen nicht (ohne Weiteres) überschreiten kann, ist es keineswegs gezwungen, die in den Bedeutungen liegenden Denk- und Handlungsmöglichkeiten im Einzelnen zu realisieren. Zugleich eröffnen ihm die Bedeutungen einen Zugriff auf die Welt und sich selbst, der (prinzipiell) auf der Gesamtheit der gesellschaftlich gewonnenen und zur Verfügung stehenden Denk- und Handlungsmöglichkeiten – einschließlich eines (ggf. auch impliziten) Praxiswissens und des dokumentierten wissenschaftlichen Wissens – beruht und damit das Subjekt mit "gesellschaftlichem Potenzial" ausstattet, ihm aber gleichzeitig einen Rahmen (Orientierungsrahmen, Strukturen) gibt, der den Zugriff auf die Welt in spezifischer Weise prägt. Der oder die Einzelne ist immer gesellschaftliches Subjekt. [30]
Bedeutungen sind mitunter verbal-sprachlich manifestiert, dies ist aber keineswegs zwingend. Neben impliziten – in Handlungsroutinen lediglich vollzogenen, dem handelnden Subjekt aber nicht (mehr) bewussten – Bedeutungsgehalten manifestieren sich Bedeutungen gerade auch in nichtsprachlichen Symbolen12), so z.B. in künstlerischen Äußerungen (Werken). Letztere können auch verstanden werden als intentionale Reinterpretation gesellschaftlicher Denk- und Handlungsmöglichkeiten in einem besonderen Medium. [31]
Beim Handeln werden Bedeutungen relevant, indem sie vom Subjekt in einen Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhang gebracht werden (s.u.). Teilweise sind diese Zusammenhänge wiederum dem handelnden Subjekt bewusst (explizit); teilweise aber auch nicht (implizit). Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge sind häufig deswegen implizit, weil sie zwar irgendwann einmal explizit waren, aber dann in Routinen versteckt wirksam werden, oder weil sie von anderen unhinterfragt übernommen wurden. Sie können (etwa in pädagogischen Situationen oder in Beratungssituationen) – ggf. mit einer gewissen Anstrengung – vom Subjekt (wieder) explizit gemacht werden. [32]
Ein Teil der impliziten handlungsbestimmenden Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge ist allerdings "dynamisch" (S.381) unbewusst, d.h. aus für das Subjekt funktionalen Gründen nicht verfügbar. Würde sich das Subjekt die damit zusammenhängenden Bedeutungen bewusst machen, würde es sein Lebensarrangement, seine Identität13), sein Konzept alltäglicher Lebensführung (vgl. VOSS 1991), seine immer auch in Aspekten restriktive Handlungsfähigkeit (vgl. HOLZKAMP 1985, S.371f.) gefährden. Dynamisch unbewusste Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge sind also solche, die – würde das Subjekt sie sich explizit machen – in eine Krise führen, da eine veränderte Bedeutungs-Begründungs-Konstellation ein angstbesetztes, die Handlungsfähigkeit (vermeintlich) bedrohendes Handeln nach sich ziehen würde. Das dynamisch Unbewusste ist Folge der Unterdrückung anderer möglicher – zu einem erfüllteren Leben beitragender – Bedeutungsmuster, bedingt durch den Versuch, eine relative Handlungsfähigkeit unter Bedingungen der Einschränkung an gesellschaftlicher Teilhabe zu sichern. Damit bleibt die Möglichkeit, auch dieses Unbewusste explizit zu machen (womit sich das dynamisch Unbewusste konzeptionell vom Latenten der objektiven Hermeneutik unterscheidet; vgl. GÜNTHER 2014, S.42). [33]
Lern- und Bildungsprozesse beziehen sich häufig auf implizite, noch nicht entwickelte oder noch zu vertiefende Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge; sie können aber auch, ausgehend von einer das Lebensarrangement insgesamt betreffenden Krise, gerade zu deren Bewältigung beitragen (vgl. HOLZKAMP 1995; KOLLER 2011; MÜLLER-ROSELIUS (2013a)). Die Frage nach impliziten bzw. dynamisch unbewussten Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen und mögliche Antworten können hier nur – ohne Anspruch auf abschließende Klärung – skizziert werden. Eine Anforderung der d.art-Weiterbildung an die Teilnehmenden ist die Reflexion des eigenen Handelns entlang vermittelten wissenschaftlichen Wissens, also eine Veranlassung der Teilnehmenden, sich eigene implizite Bedeutungsmuster zu erschließen. Die Forschung kann an diesen Angeboten und Anforderungen ansetzen und Veränderungen hinsichtlich der Bedeutungs-Begründungs-Muster auch daraufhin untersuchen, inwieweit Teilnehmende für sich selbst entsprechende "Aha-Erlebnisse" konstatieren. [34]
Das Holzkampsche Bedeutungskonzept ist nahe bei dem Verhältnis von subjektivem Wissensvorrat zu gesellschaftlichen Wissensvorräten im Sinne von SCHÜTZ, einschließlich der verschiedenen Ebenen der Explizitheit des subjektiven Wissensvorrats, der subjektiven Selektion und der damit verbundenen Einschränkungen und Erweiterungsmöglichkeiten. Anders als bei einem phänomenologischen Sinnkonzept, bei dem die Sinnkonstituierung ein einer Interaktion entstammender sozial-konstruktiver Akt ist, liegen allerdings die Bedeutungen in den sachlichen und in den sozialen "Gegenständen" als Folge gesellschaftlichen, auf Produktion und Konsumtion gerichteten Handelns, und sie enthalten in ihrem Bezug auf eine verallgemeinerte, gesellschaftlich vorsorgende Absicherung der Befriedigung individueller Bedürfnisse eine "Realität" jenseits interaktiver Konstruktionen. Individuelles Handeln ist bei HOLZKAMP (1985) immer gesellschaftliches Handeln, und es ist dieses, das die Bedeutungen vermittelt. Auch SCHÜTZ und LUCKMANN (2003 [1975]) gehen davon aus, dass die "Dinge der äußeren Welt" (S.45) in einem "subjektiven Bezugsschema von Interessens- und Planungszusammenhängen" erfahren und auf ein "mehr oder minder anonymes Bezugsschema ihrer Brauchbarkeit" (a.a.O.) verweisen würden. Den bei HOLZKAMP (1985) so prominent hervorgehobenen Verweis auf die Materialität vitaler Bedürfnisse gibt es dabei aber nicht. [35]
Die Bedeutungen sind gleichzeitig – anders als bei dem Habitus-Konzept (BOURDIEU 1996) – nicht determinierend, sondern stets Möglichkeiten, die subjektiv realisiert werden können oder eben auch nicht. Wesentlich akzentuiert sind in dem Bedeutungskonzept die Widersprüche gesellschaftlicher Vermitteltheit individueller Existenz: Je nach konkret-historischer Situation, aber auch je nach Lage und Position des Subjekts gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Einschränkungen der Teilhabe am Gesamt gesellschaftlicher Verfügung. Das Subjekt hat jenseits einer Notwendigkeit, sich auch immer in gewisser Weise restriktiv einen darin liegenden Bestand an Handlungsfähigkeit zu bewahren, immer auch die Möglichkeit, darin liegende Behinderungen in Richtung einer verallgemeinerten Handlungsfähigkeit zu überwinden (vgl. HOLZKAMP 1985, S.371ff.). Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass es nicht, wie bei der objektiven Hermeneutik, um die an einer relativen "Normalität" der Forschenden ausgerichtete Rekonstruktion der biologisch verankerten Erzeugungsregeln der humanen Sozialität (vgl. HITZLER 2002, S.13) als latente Sinnstrukturen gehen kann. [36]
Jenseits einer sozialwissenschaftlichen "Neutralität" der Forschenden versteht sich eine Forschung vom Standpunkt des Subjekts der Frage verpflichtet, wo sich in den Untersuchungen Hinweise auf Einschränkungen durch eingeschränkte Teilhabe an gesellschaftlicher Verfügung und Möglichkeiten zu deren Überwindung zeigen. [37]
3.2 Positionierungen und Begründungen
Da Bedeutungen lediglich Denk- und Handlungsmöglichkeiten repräsentieren, bedarf es einer Bezugnahme des Subjekts auf diese Möglichkeiten, also einer Positionierung, um zu konkretem Handeln zu kommen. Gleichwohl ist es dem Subjekt freigestellt, wie es sich positioniert und ob es ggf. aufgrund der mit den Möglichkeiten verbundenen Einschränkungen sich gegen ein Handeln entscheidet. Eine Positionierung kommt dadurch zum Tragen, dass sich das Subjekt aus dem Spektrum der von ihm reinterpretierten Bedeutungen bestimmte auswählt, indem es diese – bezogen auf die Handlungssituation und auf diesbezügliche Emotionen hin – bewertet und für eine Handlungsbegründung nutzt. Häufig erfolgt dies implizit, indem etwa auf Erfahrungen oder auf in ihren Folgen verstehbare bzw. kommunizierte Positionierungen anderer zurückgegriffen wird. In einer Positionierung drückt sich aus, dass diese Auswahl, die Bewertung und das Nutzen für eine Begründung nicht bei jeder Handlung komplett anders erfolgt, sondern eine gewisse Regelmäßigkeit und Systematik aufweist. Während Begründungen auf eine konkrete Handlungssituation bezogen sind, sind Positionierungen zu verstehen als (teils explizite, teils implizite) Entscheidungen, die sich auf generalisierte Handlungskontexte beziehen und einem handlungssituationsübergreifenden sich In-Beziehung-Setzen des Subjekts zu dem jeweiligen Handlungskontext entsprechen. Insbesondere in Spannungsfeldern mit sich widersprechenden Anforderungen müssen vom Subjekt Positionierungen vorgenommen werden. [38]
Bei jeder Handlung verhält sich das Subjekt in bestimmter Weise zu den Denk- und Handlungsmöglichkeiten und in Bezug zu der konkreten Situation. Es begründet sein Handeln durch je spezifische situationserschließende subjektive – reinterpretierte gesellschaftliche – Bedeutungen; HOLZKAMP spricht hier von Bedeutungsaktualisierung (1985, S.236). Es geht also um "Möglichkeitsbeziehungen zwischen den subjektiven Bedeutungshorizonten und den gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen" (LUDWIG 2014a, S.194). Die Begründung muss dabei keineswegs explizit oder gar verbalisiert sein. In jedem Fall aber steht sie in Zusammenhang mit Befindlichkeiten als Ausdruck von Emotionen und beinhaltet Motivationen als emotionale Bilanz von Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung. Begründungen stellen also Zusammenhänge zwischen Denk- und Handlungsmöglichkeiten, reinterpretierten Bedeutungen, der Handlungssituation, den lebensgeschichtlichen Besonderheiten des Subjekts, seinen Emotionen und seinen sozialen und situativen Kontexten her (vgl. auch HOLZKAMP 1985, S.333ff.). [39]
So sehr es dem oder der Einzelnen auch freigestellt ist, sich in eigener Weise subjektiv zu begründen, so sind diese Begründungen doch – da immer auf Bedeutungen bezogen – stets gleichzeitig auch Ausdruck gesellschaftlicher (historischer, aber auch lage- und positionsspezifischer) Verhältnisse. In den Bedeutungen bildet sich das Wissen der Gesellschaft über die Welt, aber auch das Spektrum der Deutungen der Gesellschaft, des Menschen, der Bildung oder der Kunst ab. Je nach (beruflicher) Position unterscheidet sich das Ensemble von üblicherweise benötigten bzw. benutzten Bedeutungen, und je nach individueller Lebenslage treten bestimmte Bedeutungen in den Vordergrund. Trotz der damit verbundenen Unterschiede und trotz unterschiedlicher subjektiver Reinterpretationen bedeutet dies aber auch, dass Begründungen – in gewisser Abstraktion – grundsätzlich intersubjektiv verstehbar sind (vgl. hierzu MARKARD 2014, S.171), da über die Bedeutungen als gesellschaftliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten eine gemeinsame Verstehensbasis gegeben ist. Es besteht die Möglichkeit einer "verallgemeinerten Verständlichkeit subjektiv funktionaler Handlungsgründe im Medium von Bedeutungszusammenhängen" (HOLZKAMP 1985, S.541). Die Bedeutungen sind das gemeinsame Dritte, das ein wechselseitiges Verstehen der Begründungen ermöglicht. [40]
Auch diese Verstehbarkeit beschränkt sich keineswegs auf sprachlich-verbale kommunikative Prozesse, sondern schließt immer auch implizites Verstehen (aber auch ein Verstehen etwa über nichtsprachliche Symbole, künstlerische Manifestationen usw.) mit ein. [41]
Trotz der prinzipiell gegebenen Verstehbarkeit gibt es keine Gewähr für ein tatsächliches Verstehen der subjektiven Begründungen des oder der jeweils Anderen. Da den Begründungen subjektive Reinterpretationen der gesellschaftlichen Denk- und Handlungsmöglichkeiten zugrunde liegen und da Begründungen sich auch auf Emotionen und Motivationen des Subjekts beziehen, ist für ein Verstehen ggf. eine Vermittlung erforderlich. Dies kann etwa dadurch erfolgen, dass ich dem oder der Anderen meine Gründe verbal-sprachlich erläutere, indem ich meine diesen Begründungen zugrunde liegenden, subjektiven Reinterpretationen gesellschaftlicher Denk- und Handlungsmöglichkeiten (teilweise) offenbare. Voraussetzung dafür ist, dass mir diese selbst zugänglich sind, was immer nur partiell gegeben ist (einerseits, weil Begründungen implizit sind, andererseits, weil ich dynamisch-unbewusst Gründe dafür habe, über bestimmte Denk- und Handlungsmöglichkeiten nicht zu verfügen, um mein restriktives Arrangement mit den Gegebenheiten nicht infrage stellen zu müssen; vgl. HOLZKAMP 1985, S.403ff.). [42]
Jede Verständigung ist somit immer auch Selbst- und Fremdverstehen und erfolgt mithilfe einer Vermittlung zwischen dem eigenen Bedeutungshorizont und einem fremden Ensemble von (subjektiv reinterpretierten) Bedeutungen. Das Medium der Verbal-Sprache ist dabei eine Möglichkeit, insoweit sie den Beteiligten als Medium zur Verfügung steht, über das sie verfügen können. Das Maß der Verfügung schränkt dabei die Nutzbarkeit des Mediums ein (in dem Sinne, dass nur das an Vermittlungspotenzial nutzbar ist, was für alle Beteiligte mindestens verfügbar ist; unmittelbar erfahrbar wird dies etwa, wenn statt in der Muttersprache eine Verständigung in einer Fremdsprache erforderlich wird). [43]
Positionierungen mit ihrem situationsübergreifenden Charakter können das Fremdverstehen erleichtern, da sie anders als ggf. Begründungen eine gewisse Konsistenz aufweisen; das andere Subjekt wird mittels seiner Positionierungen in besonderer Weise erkennbar und unterscheidbar. Während in die Begründungen alle für das Subjekt relevanten Aspekte einer Handlungssituation eingehen, beziehen sich Positionierungen auf bestimmte bzw. bestimmbare sachlich-thematische Aspekte und sind somit gleichzeitig genereller (da situationsübergreifend) und spezifischer (da thematisch bezogen). [44]
Im Kontext künstlerischen Handelns kommen für die Verständigung auch nicht-sprachliche Medien infrage (bildnerische, motorische, akustische usw.), für deren Nutzbarkeit aber die gleiche Einschränkung (der Verfügbarkeit für alle Beteiligten) wie für das Medium Verbal-Sprache gilt. Ohne Weiteres denkbar sind intersubjektive Konstellationen, in denen – bezogen auf bestimmte Thematiken – ein wechselseitiges Verstehen auch komplett ausgeschlossen ist; dennoch bleibt auch in solchen Situationen die Möglichkeit des prinzipiellen Verstehens des anderen Subjekts als menschlich handelnd. [45]
3.3 Analyse als Rekonstruktion
Geht man davon aus, dass Handlungen nicht bedingt, sondern – wie dargelegt – begründet sind, so ist es erforderlich, Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge zu analysieren, um das Handeln von Menschen in einem Forschungskontext empirisch zu erfassen. Soll etwa erforscht werden, wie sich Kunstschaffende in ihre Sichten auf ihr – pädagogisches – Handeln (bzw. in ihrem pädagogischen Wissen) auf die Angebote einer Weiterbildung beziehen, geht es darum zu ermitteln, ob und ggf. wie sie ihre diesbezüglichen Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge vor dem Hintergrund der und in Auseinandersetzung mit den durch die Weiterbildung gelieferten Bedeutungshorizonte(n) verändern. Es geht dabei auch darum, "den Eigensinn der Lernenden im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Bedeutungsstrukturen zu rekonstruieren" (LUDWIG 2014a, S.194). [46]
Eine Analyse der Handlungsbegründungen und der damit verknüpften reinterpretierten Bedeutungen ist in einem intersubjektiven Prozess möglich, da sich diese auf auch für die Forschenden prinzipiell verstehbare gesellschaftliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten beziehen. Letztendliches Ziel solcher Bedeutungs-Begründungs-Analysen ist es allerdings nicht, die gesellschaftlichen Denk- und Handlungsmöglichkeiten zu ergründen; die damit verbundenen Bedeutungen stellen sozusagen die notwendige Verstehensbrücke dar. Ziel ist es vielmehr, die je subjektiven Begründungen in ihren Zusammenhängen zu subjektiv spezifisch reinterpretierten Bedeutungen zu rekonstruieren. Interessant ist vordringlich, wie sich das Subjekt in seinen Begründungen und Positionierungen auf Bedeutungen und damit auf gesellschaftliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten bezieht und wie in dieser Bezugnahme Möglichkeiten oder Behinderungen der Teilhabe an gesellschaftlicher Verfügung zum Ausdruck kommen. Hierin liegt dann auch eine Spezifik der subjektwissenschaftlich begründeten erziehungswissenschaftlichen Fragestellung gegenüber auch möglichen soziologischen Fragestellungen. [47]
Als Vermittlungsmedium kommt dabei letztlich nur die Verbal-Sprache infrage, da diese einerseits den Forschenden und den Kunstschaffenden zur Verfügung steht und andererseits das – einzig anerkannte – Medium ist, in dem Forschungsergebnisse anderen zur Verfügung gestellt werden14). Ausgangspunkte der Erfassungen können die von den Kunstschaffenden geäußerten Erläuterungen zu (vollzogenen, vollziehbaren oder zu vollziehenden) Handlungen und zu Gegebenheiten sein, innerhalb derer diese Handlungen stattfinden. [48]
Um auf Äußerungen der Kunstschaffenden zugreifen zu können, sind Mitteilungs-Anlässe erforderlich, die diese provozieren15). Im d.art-Projekt ergeben sich diese Anlässe teils aus der Weiterbildung selbst, teils werden sie im Rahmen der Begleitforschung geschaffen. So wird vor Beginn der Weiterbildung und nach Ende der Weiterbildung seitens der Forschenden jeweils ein narratives Interview16) mit den Teilnehmenden geführt. In den Weiterbildungsseminaren werden die Gruppendiskussionen17) aufgezeichnet und ebenso gibt es Audio-Aufzeichnungen von telefonischen Lernprozess-Beratungsgesprächen18), die von den Weiterbildenden mit den Teilnehmenden individuell geführt werden. Ausgehend von den Audio-Aufzeichnungen werden Transkriptionen angefertigt, die dann in die Auswertung eingehen. Auch wenn in den Auswertungen auf Äußerungen zu Handlungssituationen zugegriffen wird, so spielen diese selbst wiederum eher eine Vermittlungsrolle; von letztlichem Interesse sind die Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge, die hinter den Handlungen stehen, aber ohne die Erzählungen dieser Handlungen wiederum nicht verstehbar wären. [49]
Bei der Analyse des vorliegenden Materials muss es darum gehen, die Begründungen dadurch zu verstehen, dass die von den Kunstschaffenden genutzten Bedeutungen als subjektive Reinterpretationen gesellschaftlicher Denk- und Handlungsmöglichkeiten sichtbar werden. Da – wie dargestellt – Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge weder den Beteiligten selbst vollständig zugänglich sind noch im intersubjektiven Prozess vollständig verstehbar vermittelt werden können19), geht es im Forschungsprozess um eine – partielle – Rekonstruktion dieser Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge. Dabei ermöglicht die Forschungsperspektive eine solche Rekonstruktion dadurch, dass ein vergleichender und durch Theorie angereicherter kontrastierender Blick eingebracht wird. Sie begrenzt aber gleichzeitig die Rekonstruktion, da dieser Blick durch den Standort des Forschenden geprägt ist. Eine Rekonstruktion kann gelingen,
wenn Bedeutungen als überindividuelle Denk- und Handlungsmöglichkeiten (Verstehens- und Erklärungsmöglichkeiten) sichtbar werden, auf die sich die reinterpretierten Bedeutungen und die Begründungen der einzelnen Subjekte beziehen und
wenn deutlich wird, in welcher Weise die einzelnen Subjekte in ihren Begründungen auf diese Denk- und Handlungsmöglichkeiten Bezug nehmen. [50]
Als Kontrastfolien zur Bestimmung infrage kommender Denk- und Handlungsmöglichkeiten bieten sich einerseits die bei verschiedenen Teilnehmenden ggf. in unterschiedlicher, ggf. auch in ähnlicher Weise auftretenden Äußerungen als Verweise auf solche Denk- und Handlungsmöglichkeiten an. Andererseits können die Forschenden neben den eigenen reinterpretierten Bedeutungen (als notwendiger Grundlage und gleichzeitiger Begrenzung jedweder Interpretation) ihre – auch aus dem Rückgriff auf andere Forschungsergebnisse – gewonnenen Kenntnisse über infrage kommende Denk- und Handlungsmöglichkeiten einbringen. Dabei stellen Letztere keineswegs eine Objektivierung dar, sondern erweitern lediglich das Spektrum. [51]
Im Rahmen der Weiterbildung werden deren Inhalte als (weitere) Kontrastfolie in Form wissenschaftlichen pädagogischen Wissens (vermittelt über Beiträge der Weiterbildenden) explizit angeboten. Für die Begleitforschung von Interesse ist, ob die Teilnehmenden sich auf diese Angebote beziehen und auf diese dann auch im Handlungsbezug zurückgreifen und ggf. für eine Modifizierung ihres alltagsweltlichen pädagogischen Wissens nutzen, indem sie damit verbundene Bedeutungen anders (als vor der Weiterbildung) reinterpretieren, andere Bedeutungen als relevant erachten, andere Bewertungen vornehmen und zu anderen Begründungen für pädagogisches Handeln kommen. Über die begründende Bezugnahme der Teilnehmenden der Weiterbildung auf ihre bisherigen Bedeutungshorizonte und auf die Anforderungen sowie Möglichkeiten der Weiterbildung lässt sich eine Veränderung von deren Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen rekonstruieren. [52]
Der Standpunkt der Forschenden ist notwendigerweise ein subjektiver; Forschungsqualität entsteht nicht durch vergebliche Versuche, diese Subjektivität zu umgehen, sondern durch Verfahren, die die Abhängigkeit von diesem Standpunkt dokumentieren und die transparent machen, mit welcher Logik die Interpretationen erfolgen. Eine Objektivierung ist angesichts der Eingebundenheit der Forschenden in jeweils historische sowie lage- und positionsspezifische Denk- und Handlungsmöglichkeiten nicht erreichbar. Notwendig ist es, Interpretationen nach einem definierten Verfahren durchzuführen und die einzelnen Interpretationsergebnisse so darzustellen, dass intersubjektiv nachvollziehbar wird, wie es dazu kam. Darüber hinaus sollten Forschende Methoden haben, die im Forschungsprozess das Einbringen der eigenen Sichtweisen und die Art und Weise des Interpretierens hinterfragen (siehe hierzu auch die Bezugnahme auf SOEFFNER in Abschnitt 2). [53]
Für die Analyse der Handlungsbegründungen ist es nicht nur erforderlich, subjektiv genutzte Bedeutungen (partiell) zu rekonstruieren, sondern es muss darüber hinaus aufgezeigt werden, wie diese Bedeutungen potenziell für Begründungen benutzt werden, also wie sich Subjekte zu diesen Bedeutungen positionieren können. Dabei geht es etwa darum herauszufinden, welche (der möglichen) Bedeutungen ausgewählt werden (können), wie die in den Bedeutungen liegenden Denk- und Handlungsmöglichkeiten bewertet werden (können) und wie Handlungen auf dieser Grundlage begründet werden (können). [54]
Entwickelt werden muss ein Spektrum an möglichen Positionierungen durch ein Gegenüberstellen konkreter rekonstruierter Positionierungen der Befragten zueinander. Diese Gegenüberstellung wird ergänzt durch Positionierungen, die durch die Forschenden eingebracht werden und von diesen als prinzipiell möglich angesehen werden. Dies können etwa Positionierungen sein, die aus anderen Forschungsergebnissen abgeleitet wurden. [55]
Erst vor dem Hintergrund des Spektrums rekonstruierter Bedeutungen und möglicher Positionierungen kann dann erfasst werden, in welcher Weise sich die einzelnen Subjekte in ihren Begründungen auf Bedeutungen beziehen bzw. zu diesen positionieren. [56]
Inwieweit es erforderlich und nützlich ist, Typisierungen (als Zusammenfassungen ähnlicher Bezüge und Positionierungen in Abgrenzung zu anderen) vorzunehmen, hängt von der Forschungsfrage ab. Für das hier angesprochene Vorhaben, mögliche Veränderungen in den – thematischen – Bezugnahmen und Positionierungen im Verlauf der Weiterbildung zu identifizieren, ist eine solche primäre Typisierung nicht zwingend, wohl aber in Hinblick auf die Frage, welche Typen von Veränderungen – also Veränderungsmodi – ggf. sichtbar werden. ROSENBERG (2014, S.201) erachtet daher "für Bildungsprozesse auch prozessanalytische Typenbildungen (als) relevant". In jedem Fall schärfen Überlegungen zur Typenbildung den Blick für Unterschiede in den Bezugnahmen und Positionierungen, da genauer überlegt werden muss, worin Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede in den Bezugnahmen bzw. Positionierungen bestehen und somit auch die Rekonstruktionen präziser werden. [57]
3.4 Maßstäbe für subjektwissenschaftliche Forschung
MARKARD (2014, S.167f.) formuliert vier Bedingungen, die für eine subjektwissenschaftliche Forschung unverzichtbar seien:
Die "objektive Bestimmtheit und subjektive Bestimmung menschlicher Existenz" müssten Berücksichtigung finden. MARKARD sieht dies vor allem bei einer Handlungsforschung, die eine "Einheit von Erkennen und Verändern" ermöglicht, gewährleistet.
Dies schließe eine "gewisse Symmetrie im Verhältnis zwischen den Beteiligten" ein, die dahingehend zu entwickeln sei, dass die Beforschten zu Mitforschenden werden.
Die "inhaltliche Bedeutungshaftigkeit der menschlichen Welt- und Selbstbegegnung" sei zu berücksichtigen, Vorannahmen seien daher gemeinsam mit den Mitforschenden zu Beginn des Forschungsvorhabens zu explizieren.
Die Forschung müsse um den "Eigen-Sinn der Menschen in konkret-historischen Verhältnissen kreisen". Dies impliziere "Kritik und Emanzipation (von) illegitimer Herrschaft"; daher sei jedes Verstehen und Interpretieren im Forschungsprozess auf Aspekte der Machtausübung hin zu hinterfragen. [58]
Zur Frage der wissenschaftlichen Objektivität greift MARKARD auf HOLZKAMP zurück:
"Entsprechend kann die wissenschaftliche Objektivierung [...] nur eine solche des intersubjektiven Verständigungsrahmens sein: Der Verständigungsrahmen selbst muss durch die Forschungsaktivität in Richtung auf die wissenschaftliche Nachprüfbarkeit/Geltungsbegründung/Verallgemeinerbarkeit der Forschungsresultate [...] sozusagen auf ein Niveau wissenschaftlicher 'Metasubjektivität', die die intersubjektive Beziehung zwischen Forscher und Betroffenem einschließt und übersteigt, entwickelbar sein" (HOLZKAMP 1985, S.541). [59]
Verschiedene Arbeiten, die über Forschungsvorhaben berichten, die entlang dieser Maßstäbe konzipiert wurden, zeigen konkrete Schwierigkeiten auf, die bei deren Umsetzung auftreten können. So zeigen etwa BADER und LUDEWIG (2006, S.111f.) folgende Probleme auf:
Es zeigten sich "unterschiedliche bis gegensätzliche Interessen" der Forschungsbeteiligten, "die jedoch unzureichend thematisiert wurden".
"Gegenüber den Profis [gemeint sind forschende Psycholog/innen] setzte sich nach anfänglicher Euphorie eine latente Institutionsfeindlichkeit durch. Fast alle Profis wurden ... als Antwort auf deren Abgrenzung und Desinteresse an der Forschung zu Störfaktoren erklärt und aufgetretene Probleme teilweise vereigenschaftet (sic!)".
Weiterhin hatten die Forschungsbeteiligten "kein bis wenig Interesse an Theorie, geschweige denn an kategorialen Aufschlüsselungen".
Und schließlich habe die Forschung häufig geschwankt zwischen "Methodenunklarheit und methodischer Rechtfertigung".
"Wir hatten eine zu große Distanz zu den Lebenswelten der anderen Beteiligten und von einer vertieften Analyse konkreter Szenen alltäglicher Lebensführung konnte nur selten die Rede sein. Unsere eigene Position wurde von uns unzureichend dargelegt und blieb in der Regel hinter einem Mantel strategischer Überlegungen versteckt. Selbstreflexion bezüglich der eigene[n] Funktion und unseren Interessen wurde lediglich in akuten Konfliktsituationen angestellt. Bis zuletzt herrschte Unklarheit über sog. 'Ergebnisse'. Angestrebte Veränderungen waren kaum wahrnehmbar, Nachhaltigkeit musste mit der Lupe gesucht werden" (S.112). [60]
Eine andere Problematik machen BADER und LUDEWIG deutlich, wenn sie darauf hinweisen, dass es in Forschungssituationen, die versuchen, dem Anspruch nach einem intersubjektiven Verständigungsrahmen nachzukommen, zu Unwillen bzw. zu Unfähigkeit kommt, "sich auf die Sicht des anderen einzulassen" (S.120). Bei dem Unwillen könne es dabei einen Zusammenhang mit Machtverhältnissen innerhalb des Forschungskontextes geben (S.121), bei der Unfähigkeit könne es zu dem Problem kommen, dass
"ich mich zwar grundsätzlich bemüh(e) zu akzeptieren, dass mein Gegenüber ein Recht auf eine Wahrnehmung jenseits von meiner hat, im konkreten Einzelfall ich aber damit überfordert bin. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Sicht meines Gegenübers der meinen so diametral entgegensteht, dass sie erstens unvereinbar erscheinen und zweitens dadurch gemeinsame Handlungen unmöglich werden. Hier stoßen wir an die Grenzen unserer 'sozialen Wahrnehmung'. Wir wissen zwar theoretisch um die Umkehrbarkeit der Standpunkte, können uns allerdings praktisch nicht darauf beziehen" (S.122). [61]
Auch HOFMEISTER (1998, S.211) artikuliert die Schwierigkeit, die Beforschten zu Mitforschenden zu machen. So sei es selbst bei Studierenden der Psychologie (als Beforschten) schwierig, diese zu veranlassen, die Kategorien der kritischen Psychologie zur Aufschlüsselung der eigenen Erzählung zu nutzen. Auch sei der Anspruch einer machtfreien Forschungssituation letztlich nicht umsetzbar und Spannungen zwischen einer diskursanalytischen Auswertung und einem subjektwissenschaftlichen Forschungssetting nicht vollständig lösbar; dies wurde besonders an der Stelle zum Problem, als er den Befragten seine Interpretationen übergab und mit diesen diskutierte (S.211f.). [62]
SCHMIDT (2013) reflektiert ihre Rolle als partizipierende Forschende kritisch, indem sie auf drei Aspekte hinweist: Sie als Forscherin beeinflusse die Projektpraxis durch ihre subjektiven und situativen Interpretationen und überschreite – ausgelöst durch konkrete Ereignisse und damit verbundene Erwartungen der Teilnehmenden – immer wieder ihre Rolle als Forscherin, Sie greife in die Projektpraxis auch ein durch den Versuch, das vierschrittige Vorgehen subjektwissenschaftlicher Forschung20) um- und durchzusetzen (S.174ff.). Insgesamt müsse der Anspruch auf Realisierung subjektwissenschaftlicher Maßstäbe für Forschung daraufhin hinterfragt werden, um wessen Praxis es gehe (um die der Beforschten, nicht um die der Forschung?), welche "Erkenntnismittel" zum Einsatz kämen (die der Forschenden bzw. der von der Subjektwissenschaft vorgegebene Forschungsweg), auf welches Wissen zurückgegriffen werde (die von der Subjektwissenschaft vorgegebenen Kategorien, die von den Mitforschenden angeeignet werden müssten), um welches "Theorie-Praxis-Verhältnis" es gehe (wissenschaftliche Reflexion im Dienst der Praxis oder Reflexion von Praxis im Dienst der Wissenschaft) und welche "Machtdifferenzen" eine Rolle spielten (Deutungs- und ggf. Entscheidungsmacht der Forschenden) (S.184ff.). Eine weitere kritische Sicht auf die Bevorzugung einer Handlungsforschung macht deutlich, dass diese – insbesondere in ihrem Bezug auf die Kategorien – prinzipiell pädagogische Prozesse impliziere, ohne diese allerdings als solche zu benennen.21) [63]
OSTERKAMP weist auf die Schwierigkeiten hin, die für eine kritisch-psychologische Forschung erforderliche "empirische Erkenntnisdistanz zu gewinnen" (2008, S.24), also die Erkenntnis von der Unmittelbarkeit der Erfahrung zu lösen und in ein Verstehen des gesellschaftlichen Zusammenhangs zu überführen. Ebenso problematisch sei die essenzielle – auf das Erkennen der gesellschaftlichen Restriktionen zielende – soziale Verständigung abbrechen zu lassen, also ein Verändern der restringierenden Situation durch gemeinschaftliches Handeln zu unterlassen. [64]
Andere Autor/innen, die sich auf den subjektwissenschaftlichen Forschungsansatz beziehen, kommen zu modifizierten Kriterien. So formuliert z.B. FAULSTICH (2014a), dass es um ein "gegenstandsangemessenes Begreifen des Verhältnisses von objektiven Bedingungen und subjektiven Begründungen" (S.201) gehe. Partizipative Forschung ist für ihn eine Methodik, die die "Eigensinnigkeit und Eigenwilligkeit der Akteure im Feld" (a.a.O.) aufnimmt; es gehe darum, "die Artikulationsmöglichkeiten der Personen, die im Forschungsprozess beteiligt sind, zu stärken" (a.a.O.). Forschung müsse gegenstandsangemessen, (unter Berücksichtigung der Kriterien Intersubjektivität und Transparenz) nachvollziehbar und plausibel sein:
"Es geht dann darum, dass man auf der Basis von empirischem Material, z. B. von Texten, eine Logik bzw. Strategie zu rekonstruieren versucht, die zu bestimmten Handlungen führt. Das ist ein rekursiver Prozess: Man hat eine Nähe zu der handelnden Person, aber zugleich ist immer gezielt eine Fremdheit gegenüber dem Material, z.B. einem Text, herzustellen, um das Besondere, die spezifische Logik zu sehen" (S.206). [65]
Dabei gebe es "eine unüberschreitbare positionelle Differenz zwischen Beforschten und Forschenden, bei denen letztlich Themenauswahl und Methodenauswahl aufgrund ihres Erkenntnisinteresses verbleiben. Partizipative Forschung kann aber diese riskante Situation reflektieren" (S.208). [66]
HELD (2014) weist darauf hin, dass sich die Methodenwahl an den konkreten Problemkonstellationen und "nicht an den Vorlieben einer Wissenschaftsdisziplin" orientieren müsse (S.230). Grundsätzlich kämen Forschungstraditionen der kommunikativen bzw. der handlungsorientierten Sozialforschung für subjektorientierte Forschung in Frage (S.234). [67]
Nach TÖDT (2008, S.140f.) müssen bei subjektwissenschaftlicher Forschung die folgenden Gütekriterien zugrunde gelegt werden: "Gegenstandsadäquatheit" (diese erfordere nachvollziehbare Begründungen für bestimmte Methoden), "intersubjektive Nachprüfbarkeit" (verallgemeinerte Möglichkeitstypen müssten prinzipiell ausgehend von einem je eigenen subjektiven Zugangs überprüfbar sein), "empirische Geltung" (eine tatsächliche Anwendung auf die Praxis müsse möglich sein) und "Anschlussfähigkeit" (für die Beteiligten müssten die Ergebnisse neue Perspektiven oder Handlungsmöglichkeiten eröffnen bzw. aus ihrer Sicht nachvollziehbare Problemlösungen darstellen). [68]
Insbesondere ein unvermeidlicher Gegensatz zwischen den Interessen der Forschenden und denen der Beforschten macht es problematisch, die Anforderungen an eine Symmetrie zwischen beiden bzw. an ein Mitforschen zu hoch anzulegen. Problematisch aber wäre es auch, ein bestimmtes Vorgehen im Forschungsprozess bzw. eine Ausrichtung an den subjektwissenschaftlichen Kategorien als einzig möglichen Erkenntniszugang verbindlich vorzugeben. Daher wird im Folgenden für eine Orientierung an bestimmten Prinzipien plädiert, die als konzeptionelle Grundlagen dienen und immer wieder als Reflexionsfolie an den Forschungsprozess angelegt werden sollen. [69]
3.5 Der Standpunkt des Subjekts als wesentliche Orientierung
Für die hier dargestellte Methodik wird auf Anforderungen an ein Forschungssetting verzichtet, das explizit eine Handlungsforschung einfordert, eine Symmetrie zwischen Forschenden und Beteiligten als Bedingung setzt oder eine Validierung von Ergebnissen an eine tatsächliche veränderte Lebenspraxis bindet. Stattdessen sollen im Folgenden Orientierungen formuliert werden, die einem Forschungssetting, das Bedeutungs-Begründungs-Analysen ermöglicht, eine Richtung geben, ohne zu enge Vorgaben zu machen, die eine konkrete – auch einer kritischen Reflexion standhaltende – Forschungspraxis eher verhindern würden. Dies erfolgt vor dem Hintergrund einer Forschung, die sich in einem Spannungsverhältnis von Widersprüchen, Machtverhältnissen und der Eingebundenheit der Beteiligten in die Bedeutungsstrukturen der je eigenen Lebenswelt vollziehen muss, da es außerhalb einer konkreten historisch und lage-/positionsspezifisch geprägten Situation keinen Raum gibt, der eine andere Art von Forschung ermöglichen würde. [70]
Eine Beteiligung der Beforschten kann insofern realisiert werden als das Bemühen seitens der Forschenden um eine möglichst offene Gestaltung der Erhebungssituation für die Artikulation der Sichtweisen der Beforschten. Dies impliziert eine Sensibilität für unerwartete und ungewohnte Argumentationen, aber auch ein Gespür für Forschungssituationen, in denen negative Befindlichkeiten oder Haltungen zu einer vermeintlich erforderlichen Erwartungserfüllung Beteiligte daran hindern, ihr eigenes Verständnis offenzulegen. Es kann in diesem Zusammenhang erforderlich sein, die Forschungssituation selbst und damit zusammenhängende unterschiedliche Interessen zu thematisieren. Bevorzugt bearbeitet werden sollten – etwa bei einer Datenerhebung mittels Interviews – Fragestellungen, bei denen auch ein Erkenntnisinteresse der Beteiligten erwartet werden kann bzw. sich tatsächlich zeigt. Je eher es in der Interviewsituation zu Prozessen eines Bemühens um Verstehen durch die Befragten selbst kommt, desto eher wird auch ein Verstehen durch die forschende Person möglich. Diese Aspekte sollten auch bei der Auswahl des Interviewverfahrens (narratives vs. Leitfadeninterview) reflektiert werden. [71]
Bestimmte – vom subjektwissenschaftlichen Paradigma abgeleitete – Vorgehensweisen sollten nicht durchgesetzt und ein Forschungserfolg nicht davon abhängig gemacht werden. Gewisse Schritte (so etwa das Aufzeigen einer Handlungsproblematik als Ausgangspunkt, aber auch die Frage nach möglichen Handlungsalternativen und damit verbundenen Argumentationszusammenhängen) können dennoch als Möglichkeit in den Forschungsprozess eingebracht bzw. die Ergebnisse unter diesem Gesichtspunkt beleuchtet werden. [72]
Subjektwissenschaftliche Kategorien können – wie auch andere theoretische Ansätze – von den Forschenden in den Prozess als ggf. geeignete Aufschlüsselungskonzepte eingebracht werden. Grundsätzlich müssen alternative (von den Forschenden oder auch von anderen Beteiligten genutzte) Bedeutungshorizonte hinterfragbar bleiben. [73]
Im Bemühen um die Analyse von Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen wird die geforderte Berücksichtigung von objektiver Bestimmtheit und subjektiver Bestimmung dann möglich, wenn es gelingt, in den Analyseergebnissen zu verdeutlichen, inwiefern sich die befragten Subjekte einerseits auf – aus ihrer Sicht – unveränderliche Bedingungen und andererseits auf intentional veränderbare Gegebenheiten beziehen. MARKARD bezeichnet dies auch als das "Herausarbeiten von Prämissen-Gründe-Zusammenhängen" (2014, S.175). Eine Verbindung mit einem Handlungsforschungskonzept mag hierbei eine Möglichkeit sein, ist aber nicht zwingend. Vordringlich ist es, Bezüge auf Handlungssituationen (tatsächliche oder antizipierte) herzustellen bzw. zu verdeutlichen. [74]
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, (möglichst unterschiedliche) Argumentationsanlässe zu schaffen, kann es auch sinnvoll sein, die Beteiligten mit den Ergebnissen der Interpretationen der Forschenden zu konfrontieren. Dies kann – wenn auch nicht zu einer Validierung im Sinne quantitativ-empirischer Forschung22) – so doch zu erneuten Mitteilungsveranlassungen und damit zu einer Erweiterung der Vermittlungsperspektiven und Verstehenshorizonte sowie in der Folge zu erweiterten Interpretationsmöglichkeiten für die Forschenden führen. Darüber hinaus eröffnet es den Beteiligten die Möglichkeit, sich in einer Selbstverständigung neue Horizonte zu erschließen, woraus sich ggf. überhaupt erst ein subjektives Interesse an einer Beteiligung an dem Forschungsprozess (und damit an einer aus ihrer Sicht zutreffenden Rekonstruktion) ergeben könnte. [75]
Wesentlich ist die intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse, die aber nicht bedeutet, dass die Ergebnisse – etwa von den Beteiligten – in jedem Fall nachvollzogen werden müssten, sondern dass die Ergebnisse auch in ihrer Genese so dargestellt werden, dass nachvollziehbar bleibt, mithilfe welcher Sichtweisen (von welchem Vorwissen) die Forschenden in welcher Art und Weise zu welchen Schlussfolgerungen kamen. Auch die erforderliche Plausibilität kann sich nur dann transparent entfalten, wenn die standortabhängigen Sichtweisen der Forschenden in ihrem Einfluss auf diese Plausibilität verstehbar sind. [76]
4. Die dokumentarische Methode als Bezugspunkt für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
NOHL (2013a) macht mit Bezug auf BOHNSACK (2007) deutlich, dass bei einer Rekonstruktion des Sinngehalts eines Interviews der Dokumentsinn darauf verweist, wie eine in einem Interview geschilderte Handlung von der erzählenden Person bzw. in welchem (Orientierungs-) Rahmen die Handlung von ihr konstruiert wurde (vgl. NOHL 2013a, S.2). Einzelne Textstellen dienten dabei als Belege für eine von der forschenden Person vorgenommene Synopsis als Repräsentation des Habitus der interviewten Person oder auch der Relation zwischen Habitus und gesellschaftlichen Strukturen. Im Auswertungsverfahren gehe es zunächst darum, den immanenten Sinn23) mittels formulierender Interpretation und dann den Dokumentsinn mittels reflektierender Interpretation zu rekonstruieren. Während bei Ersterer der thematische Gehalt und die Perspektive der interviewten Person maßgeblich seien, stehe bei der zweiten Interpretation der Orientierungsrahmen im Fokus (a.a.O.). [77]
Rekonstruktionen seien möglich, da sich individuelle Schilderungen individueller Handlungen immer auf soziale Praktiken und Orientierungen bezögen. Dabei werde auf atheoretisches, also auf implizites Wissen (bzw. auf einen praktischen Sinn) zurückgegriffen, das (normalerweise) nicht expliziert werde, da es nicht expliziert werden müsse. Erst im Falle der Notwendigkeit, eine Handlung (jemandem anderen) zu erklären, werde versucht, das atheoretische Wissen in alltagstheoretische24) Begriffe zu überführen. Atheoretisches Wissen verbinde Menschen, da es auf geteilten Handlungspraktiken basiere und sei somit eine konjunktive Erfahrung. Gerade auf die Rekonstruktion dieses Wissens ziele der Forschungsprozess (S.4f.). [78]
Da NOHL auf ein anderes theoretisches Modell zurückgreift als Bedeutungs-Begründungs-Analysen, muss überprüft werden, inwiefern die konkreten Methoden – ggf. modifiziert – genutzt werden können. Dazu müssen Ähnlichkeiten, aber auch Differenzen in den Begriffen und Relationen sichtbar gemacht werden: [79]
Der in dem Material zu rekonstruierende Dokumentsinn verweist nach NOHL auf das Wie der Konstruktion einer Handlung durch die erzählende Person bzw. auf den dabei von ihr genutzten Orientierungsrahmen. Analog lässt sich formulieren, dass die zu rekonstruierenden Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge auf die zugrunde liegenden Bedeutungen als Denk- und Handlungsmöglichkeiten sowie auf deren spezifische – für die Handlungsbegründung relevante – Reinterpretation durch das Subjekt verweisen. Das Ergebnis der Rekonstruktion, das nach NOHL der Habitus (bzw. eine Synopsis als Ausdruck des Habitus) ist, ist bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen allerdings – lediglich – das in der Situation genutzte subjektive Bedeutungs-Begründungs-Muster, die hierfür genutzten Reinterpretationen von und deren Relation zu den überindividuellen Bedeutungen bzw. zu Rahmenbedingungen. Auch wenn subjektive Bedeutungs-Begründungs-Muster als Teil eines Habitus verstanden werden könnten, so ist dies doch ein wesentlicher Unterschied, da völlig offen bleiben muss, ob und wie sich das Subjekt in einer anderen Situation erneut darauf beziehen würde. [80]
Weiterhin bleibt die Differenz zwischen den Bedeutungen und den Strukturen. Strukturen bedingen (je nach Verständnis) einen Habitus, ein subjektives Sinnmuster oder eine Handlung, während Bedeutungen vom Subjekt genutzt werden können, um Handlungen zu begründen. Auch wenn etwa BOURDIEU und BEISTER (1998 [1985]) den Handelnden durchaus gewisse Freiräume innerhalb des Habitus zugestehen und umgekehrt die Denk- und Handlungsmöglichkeiten durch historische und lage- und positionsspezifische Gegebenheiten immer auch eingeschränkt sind, so muss bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen doch der Eigensinn des Subjekts und nicht das Abbild der Struktur im Vordergrund stehen. Geht es um die Frage, ob die dokumentarische Methode für Bedeutungs-Begründungs-Analysen (in bestimmten Aspekten) genutzt werden kann, ist dieser Unterschied insofern bedeutsam, dass rekonstruierte Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge nicht ohne Bezug auf Handlungssituationen und auf konkret handelnde Subjekte verstehbar sind. [81]
Die Zweiteilung des Analyseverfahrens in eine formulierende und eine reflektierende Interpretation verweist auf die Notwendigkeit, einerseits die Sinnperspektive des erzählenden Subjekts und andererseits den maßgeblichen Orientierungsrahmen zu erschließen. BOHNSACK (2013) macht deutlich, dass über Erstere ein Zugang zum kommunikativen Wissen, über die Zweite ein Zugang zum konjunktiven Wissen (also dem Wissen, das milieuspezifisch ist) erreichbar sei (S.15) Eine solche Zweiteilung ist nützlich, um die subjektiven Begründungen in ihrer Sinnhaftigkeit für das handelnde Subjekt zu verstehen und um deren Bezug zu überindividuellen Bedeutungen als Denk- und Handlungsmöglichkeiten zu erschließen. [82]
Was bei BOHNSACK und NOHL konjunktives Wissen ist, findet bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen eine Entsprechung in lage- und positionsspezifischen Reinterpretationen der Bedeutungen und darauf beruhenden Begründungen, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied, dass diese nicht – wie bei NOHL und BOHNSACK – als milieubedingt verstanden werden, sondern als lage- und positionsspezifische Denk- und Handlungsmöglichkeiten. Als Konsequenz ergibt sich daraus, dass Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge weder als zeitlich noch als situationsübergreifend stabil aufgefasst werden können. Das Subjekt realisiert eine Möglichkeit bezogen auf eine Handlungssituation, womit ein Rückschluss auf die zugrundeliegenden Bedeutungen schwieriger ist, als wenn ein bestimmter Modus der Konstruktion der Handlung durch ein Milieu bedingt ist. Mit einem Gewinn im Hinblick auf das Verstehen der situationsbezogenen subjektiven Handlungsbegründung geht so bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen zunächst ein Verlust hinsichtlich der Verallgemeinerbarkeit der Erkenntnisse einher. Wie bereits in Abschnitt 3.2 ausgeführt, drücken sich in Positionierungen dagegen eher situationsübergreifende Bezugnahmen des Subjekts auf Denk- und Handlungsmöglichkeiten aus. So sind diese auch eher geeignet, lage- und positionsspezifische Charakteristika abzubilden, als dies bei rekonstruierten Begründungen der Fall wäre. Über den Begriff der Positionierungen kommt es also eher zu einer Nähe zu dem mit dem Begriff des konjunktiven Wissens verbundenen Verständnis. [83]
Somit bleibt als wesentliche Differenz zwischen dem Verständnis BOHNSACKs bzw. NOHLs und dem hier dargestellten die Bezugnahme auf Milieus bzw. gesellschaftliche Strukturen in ihrer Lage- und Positionsspezifik. "Milieus sind als 'konjunktive Erfahrungsräume' dadurch charakterisiert, dass ihre Angehörigen, ihre Träger durch Gemeinsamkeiten des Schicksals, des biographischen Erlebens, Gemeinsamkeiten der Sozialisationsgeschichte miteinander verbunden sind" (BOHNSACK 2014, S.113). Mit der Lage bzw. der Position sind hingegen konkrete Ausprägungen gesellschaftlicher Strukturen, bezogen auf bestimmte gesellschaftliche Teilbereiche angesprochen, z.B. positionsspezifische Denk- und Handlungsmöglichkeiten im Bedeutungsraum pädagogischen Handelns an Schulen. [84]
Übernommen werden können die Ausführungen zum atheoretischen Wissen im Hinblick auf die Initiierung der Übertragung dieses Wissens in alltagstheoretische Begriffe in der Interviewsituation und die Notwendigkeit, insgesamt mit qualitativen Verfahren gerade auf dieses Wissen als geteiltes Erfahrungswissen zurückzugreifen. In der Interviewsituation geht es darum, eine intersubjektive Vermittlung einzuleiten, die den oder die Interviewte veranlasst, das jeweils zur Verfügung stehende subjektive Verständnis mittels der verfügbaren sprachlich-begrifflichen Mittel zu artikulieren. Es geht also darum, Argumentationsanlässe zu schaffen. Ein Verstehen wird dadurch ermöglicht, dass dabei auf überindividuelle Bedeutungen zurückgegriffen werden kann. [85]
Die für die dokumentarische Methode kennzeichnenden Verfahren der sequenziellen und der komparativen Analyse sind auch für Bedeutungs-Begründungs-Analysen nützlich: So geht es bei der sequenziellen Analyse darum, Rekonstruktionshypothesen, also von der forschenden Person vermutete Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge in später folgenden Textsequenzen zu bestätigen bzw. zu falsifizieren. Die Suche richtet sich dabei allerdings nicht auf identische Passagen, vielmehr gilt es, Rekonstruktionsansätze ggf. zu konkretisieren, zu erweitern, einzuschränken oder als analogen Ausdruck wiederzufinden. Idealerweise lassen sich so Bedeutungs-Begründungs-Muster durch mehrere Textstellen zu belegen. [86]
Bei der dokumentarischen Methode wird die Regelhaftigkeit aus der plausiblen Abfolge von Äußerungen rekonstruiert. Mithilfe von Fällen minimaler bzw. maximaler Kontrastierung werden mögliche Anschlüsse sichtbar gemacht und abgegrenzt (NOHL 2013). Eine komparative Sequenzanalyse – in die durchaus auch gedankenexperimentelle Vergleichshorizonte der forschenden Person eingehen könnten – dient hiernach dazu, die Standortgebundenheit der forschenden Person zu kontrollieren25). [87]
So lasse sich – und hierauf verweist etwa BOHNSACK (2013, S.15f.) – eine sequenzielle Analyse erst dann gut absichern, wenn gleichzeitig komparative Analysen (die auch noch andere Funktionen haben, s.u.) durchgeführt werden. [88]
Der entscheidende Vorteil einer gleichzeitigen komparativen Analyse liegt darin, dass nicht nur die Annahmen der forschenden Person in die Hypothesen eingehen, sondern aus dem empirischen Material abgeleitet wird, welche alternativen Bedeutungs-Begründungs-Muster es für eine bestimmte Thematik (als sachlicher Bezugspunkt26)) auch geben könnte. Es geht also darum, bei der Analyse immer auch zu erfassen, welches Spektrum an subjektiv reinterpretierten Bedeutungen es bezogen auf eine bestimmte Thematik gibt bzw. welches Spektrum an möglichen Begründungen sich darauf bezieht. Mittels einer parallelen komparativen Analyse lasse sich – so NOHL (2013a, S.39) – die Eingebundenheit der forschenden Person in den je eigenen Orientierungsrahmen relativieren, aber auch die Abgrenzung zu anderen (möglichen) Orientierungsrahmen schärfen und damit eine Bewährung der Hypothesen im Material vollziehen. [89]
Grundsätzlich treten bei Interviews unterschiedliche Textsorten auf: Erzählungen als Darstellungen von Handlungs- und Geschehensabläufen (bezogen auf singuläre Ereignisse), Beschreibungen als Darstellungen von Zuständen, Eigenschaften, üblichen Verläufen und Handlungsweisen, Argumentationen als "(alltags-) theoretische Zusammenfassungen und Stellungnahmen zu den Motiven, Gründen und Bedingungen für eigenes oder fremdes Handeln" (S.21) sowie Bewertungen als – häufig in Argumentationen eingebettete – einschätzende, evaluative Darstellungen. [90]
Die Bildung von Hypothesen über zugrunde liegende Bedeutungs-Begründungs-Muster beruht vor allem auf den in den Interviewpassagen geäußerten Bewertungen (etwa von Zuständen oder Eigenschaften eigener oder fremder Handlungen) und Argumentationen (als kommunikativen, dem Interviewsituationskontext angepassten Begründungen für eigene/fremde Handlungen oder Sichtweisen). Diese sind als bestimmte Textsorten identifizierbar, allerdings (in der Regel) nicht mit den für die Handlungssituation maßgeblichen Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen selbst gleichzusetzen, sondern drücken das aus, was dem Subjekt in der Situation der Schilderung davon bewusst ist und was es im Hinblick auf das Gegenüber und die Interviewsituation mitteilen möchte27). [91]
Nach NOHL geht es in der qualitativen Forschung weniger um das (ohnehin von allen geteilte) kommunikative Wissen, sondern vor allem um das (normalerweise verborgene) konjunktive Wissen.
"Gleichwohl lassen sich auch Argumentationen und Bewertungen dokumentarisch interpretieren: Anstatt ihrem wörtlichen Sinngehalt zu folgen, kann man auch die Herstellungs- bzw. Konstruktionsweise der Argumentationen rekonstruieren und auf diese Weise herausarbeiten, wie jemand seine Handlungsweisen rechtfertigt bzw. bewertet. Auch dieser modus operandi des Theoretisierens kann Aufschluss über die Orientierungsrahmen geben, innerhalb derer eine Person ihre Themen und Problemstellungen bearbeitet" (2013a, S.44). [92]
Anders als bei der dokumentarischen Methode können sich Bedeutungs-Begründungs-Analysen nicht darauf beschränken, aus der Art und Weise, wie argumentiert wird, auf dahinter liegende Orientierungsrahmen zu schließen. Erst wenn für eine subjektive Argumentation eine Bezugnahme zu Positionierungsmöglichkeiten herausgearbeitet werden kann, die im überindividuellen Vergleich als Verweis auf zugrundeliegende gesellschaftliche Bedeutungszusammenhänge zu verstehen sind, kann von einer rekonstruierten Handlungsbegründung ausgegangen werden. In den Positionierungen drücken sich, wie dargelegt, die situationsübergreifend vom jeweiligen Subjekt bevorzugten Bezugnahmen auf reinterpretierte Bedeutungen aus. Im Vergleich der Positionierungen wird damit deutlich, wie sich Subjekte bezogen auf bestimme Thematiken prinzipiell positionieren können; eine Begründung kann als rekonstruiert betrachtet werden, wenn nachvollziehbar ist, wie diese in das Spektrum an Positionierungsmöglichkeiten eingeordnet werden kann. [93]
Während für die dokumentarische Methode davon ausgegangen wird, dass durch eine methodisch kontrollierte Rekonstruktionsarbeit zutreffende Orientierungsrahmen zu konstruieren seien (jedenfalls als reale Konstruktion28)), wird dies von subjektwissenschaftlich Forschenden explizit infrage gestellt und davon ausgegangen, dass zutreffende Bedeutungs-Begründungs-Muster nur zu gewinnen seien, wenn diese von den an der Forschung Beteiligten selbst als zutreffend charakterisiert würden (vgl. MARKARD 2010, S.174). Diesbezüglich muss die Frage gestellt werden, ob in einem Forschungsprozess tatsächlich für Beteiligte ein bis dato (aus guten Gründen) verborgener Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhang explizit werden kann und dies nicht (mindestens) einen parallel zum Forschungsprozess zu modifizierenden Lebens- und Handlungszusammenhang voraussetzt. Es ist zu vermuten, dass die oben beschriebenen divergierenden Interessen von Forschenden und Beforschten in Forschungssettings, die auf die Beteiligung Letzterer als Mitforschende zielen, u.a. darauf zurückzuführen sind. Eine Konsequenz daraus (und dieser wird hier gefolgt) kann sein, davon auszugehen, nicht zu versuchen, einen objektiven Orientierungsrahmen zu rekonstruieren, sondern Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge, die mit vorläufiger und situationsbezogener (von der forschenden Person zu reflektierender) Gültigkeit als möglichst adäquat dem empirischen Material zuzuschreiben sind (vgl. hierzu auch MARKARD 2010, S.177). Gleichzeitig ist – wie oben bereits ausgeführt – die lage- und positionsspezifische Interpretationsbasis der Forschenden in Rechnung zu stellen. Denkbar ist es, auf der Grundlage ermittelter Positionierungen und ggf. im Vergleich von Handlungen eines Subjekts in verschiedenen Situationen zu Bedeutungs-Begründungs-Mustern zu gelangen, die dann auf einen bestimmten thematischen Bereich bezogen sind. [94]
Umso bedeutender werden bei einem solchen Verständnis die komparativen Analysen, da damit immerhin ein – in sich plausibles – Spektrum an möglichen Reinterpretationen von Bedeutungen und darauf aufbauenden Begründungen rekonstruiert werden kann. Hierin liegt dann auch ein prinzipieller Unterschied zu objektiv-hermeneutischen Analysen, die dem Anspruch nach zutreffende Fallstrukturgesetzmäßigkeiten aus einem Einzelfall rekonstruieren (OEVERMANN 1993). Wenn bei subjektwissenschaftlicher Forschung von einer prinzipiellen Verstehbarkeit ausgegangen wird, so ist damit eine intersubjektive Verstehbarkeit gemeint, die gleichwohl in der Praxis immer nur eingeschränkt realisiert werden kann. Je mehr kontrastierende subjektive Sichtweisen bezogen auf ähnliche Gegenstände den Forschenden zur Verfügung stehen, desto eher können diese das von ihnen rekonstruierte Spektrum an Positionierungsmöglichkeiten erweitern und ausdifferenzieren. [95]
Darüber hinaus dient die komparative Analyse der Herausbildung von Typen, indem ermittelt wird, inwiefern sich neben differenten auch gleiche (oder ähnliche) Orientierungsrahmen in verschiedenen Fällen abzeichnen (NOHL 2013, S.7). Dabei werden in einer sinngenetischen Typenbildung zunächst die unterschiedlichen Orientierungsrahmen zur Bearbeitung eines Themas (einer Problemstellung) herausgearbeitet und typisiert, während in einer darauf folgenden soziogenetischen Typenbildung dann versucht wird, diese in Relation zu spezifischen Erfahrungshintergründen (als Entstehungsgeschichte der Orientierungsrahmen etwa generationen-, milieu- oder geschlechtsspezifisch) zu typisieren (a.a.O.). [96]
Während auch für Bedeutungs-Begründungs-Analysen sinngenetische Typen eine Darstellung nach (verschiedenen und gegeneinander abgrenzbaren, aber bestimmte Einzelfälle repräsentierenden) typischen Bedeutungs-Begründungs-Mustern möglich machen, sind soziogenetische Typen aufgrund der zeitlichen und situationsbezogenen Instabilität der rekonstruierten Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge eher problematisch. [97]
Mit Blick auf die Motive in ihrer Bezogenheit auf Handlungspläne (Um-zu-Motive) bzw. auf Begründungen einer Handlung (Weil-Motive) könne, so NOHL (2013b, S.37), die Prozessstruktur als Veränderung biografischer Entwürfe in bzw. durch Interaktion verstanden werden.
"Ein Verständnis von Motiven als Prozessstruktur wird erreicht, wenn man, wie Bohnsack schreibt, einen 'Wechsel von der Frage danach, was Motive sind, zur Frage, wie diese hergestellt, zugeschrieben, konstruiert werden' [...], vornimmt. Damit ist der Blick nun auf die Prozessstrukturen des Handelns, d. h. auf die dem Handeln unterliegende Regelhaftigkeit gerichtet" (a.a.O.). [98]
Übertragen auf Bedeutungs-Begründungs-Analysen geht es also darum, aus Warum-Begründungen und Wofür-Begründungen (als geäußerten Argumentationen, die in der Regel nicht den konkreten Handlungen zugrunde liegenden subjektiv-funktionalen Begründungen tatsächlich entsprechen) zu rekonstruieren, wie von den Subjekten typischerweise auf Bedeutungen im Zusammenhang mit bestimmten Handlungskontexten zurückgegriffen wird. Die Regelhaftigkeit, nach der dabei gesucht wird, ist die nach dem Zusammenhang von Bedeutungen und Begründungen als Positionierungen zu als relevant benannten Sachverhalten und Begründungen (Motiven) in ihrer Zuschreibung bzw. Konstruktion. Ich handle, weil ich gute Gründe für mein Handeln habe, die sich aus meinem Verständnis von mir und von der Welt ergeben und die mir genauso eigen sind wie deren Bezug auf die überindividuellen Bedeutungen als Repräsentanz gesellschaftlicher Sinn-, Denk- und Handlungsmöglichkeiten. [99]
Im Rahmen von Bedeutungs-Begründungs-Analysen sollte also danach gefragt werden,
welche Thematiken aus Sicht von Subjekten ähnlicher Lage oder Position, bezogen auf ähnliche Handlungszusammenhänge, als relevant erachtet werden bzw. hätten als relevant erachtet werden können;
welche Bewertungen und Beurteilungen aus Sicht der Subjekte bezogen auf diese Sachverhalte angeführt wurden bzw. hätten angeführt werden können;
welche Positionierungen eines Subjekts als Konkretisierungen des Spektrums möglicher Positionierungen erkannt werden können und
welche Begründungszusammenhänge eines Subjekts als plausible Relationen von subjektiven Positionierungen, Handlungs- und Situationsbezügen sichtbar werden. [100]
5. Erträge des Konzepts der Situationsanalyse für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
Wenn hier nicht auf die Grounded-Theory-Methodologie (GTM) selbst zugegriffen wird, so liegt dies daran, dass näher spezifiziert werden müsste, welches Verständnis der GTM zugrunde gelegt werden sollte. Folgt man dem Verständnis Peter ALHEITs (2000), so ist die GTM "eine Art Forschungsstil. Grounded Theory bedeutet 'empirisch fundierte Theoriebildung'" (S.1): Darum geht es bei Bedeutungs-Begründungs-Analyse in erster Linie nicht, wie im Folgenden auch verdeutlicht wird. [101]
Mit der Situationsanalyse liegt eine Weiterentwicklung der GTM vor, die den hier verhandelten Anliegen über weite Strecken entgegenkommt. Nach CLARKE bietet die Situationsanalyse als flexible heuristische Strategie die Möglichkeit der Analyse von komplexen Handlungssituationen und Positionierungen (vgl. CLARKE & KELLER 2012, S.25). Während die GTM zwar wesentliche Aspekte der Postmoderne aufgreife, aber teilweise noch in positivistischem Denken verhaftet sei, wird die Situationsanalyse in der Postmoderne angesiedelt: Es gehe vor allem um das Denken (Erfassen) von Besonderheiten und Positionalitäten, Wissen sei immer im Kontext seiner Produktion und Konsumtion zu verstehen, also situiertes Wissen. Auch daraus begründe sich die Notwendigkeit der Reflexivität im Forschungsprozess und die Berücksichtigung der Tatsache, dass immer nur partielles Wissen erreicht werden könne. (S.27). [102]
Methoden müssen hiernach Kontext, Situiertheit, Abweichung und Komplexität erfassen, wohingegen – auch bei Arbeiten mit der GTM – bisher eher nach Universalitäten gefahndet werde. Stattdessen gehe es darum, die Stimme der Einzelnen bzw. des Einzelnen, aber auch die soziale Einbindung zu berücksichtigen und die Interpretationen zu situieren. Dabei müsse der Instabilität von Situationen und den Grenzen sozialer Welten Rechnung getragen werden. Die Situationsanalyse sei eine Antwort auf die Herausforderung, Komplexität zu erfassen, Veränderungsprozesse zu erhellen, Strukturen aufzudecken und Widersprüche und Ambivalenzen zu offenbaren (S.31). [103]
Vor allem die Möglichkeit der Analyse von Positionierungen macht die Situationsanalyse als Quelle der Anreicherung und Konkretisierung von Bedeutungs-Begründungs-Analysen interessant, geht es doch bei Letzteren um reinterpretierte Bedeutungen und darauf bezogene Begründungen. In den Reinterpretationen positionieren sich die Subjekte in dem Spektrum der historischen lage- und positionsspezifischen Denk- und Handlungsmöglichkeiten. In diese eigenwillige Positionierung gehen die eigene Befindlichkeit, die emotional-motivationale Situation und der Handlungszusammenhang (Kontext) ein. Ebenso wie die Situationsanalyse muss eine Bedeutungs-Begründungsanalyse die Besonderheit der jeweiligen Handlungssituation und des jeweils handelnden Subjekts im Blick haben, offen für Abweichungen sein und der Komplexität von Handlungssituationen gerecht werden. Widersprüche, Brüchigkeiten und Instabilitäten von Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen sind explizit das Forschungsinteresse des d.art-Projekts, gerade wenn es um Lernprozesse geht. [104]
Auch das Ziel einer Situationsanalyse, "provokative Analysen"29) (S.35) im Prozess wie auch als Ergebnis zu entwickeln (statt wie bei der GTM Theorie zu bilden) trifft gut auf das bereits oben dargestellte Anliegen von Bedeutungs-Begründungs-Analysen, vorläufig gültige, in sich plausible Rekonstruktionsentwürfe vorzulegen. Bei der Situationsanalyse ist die Rede davon, dass eine Bereitschaft erforderlich sei, jene, die erforscht werden sollen, aus deren Perspektive zu repräsentieren (S.43); gleichzeitig müsse aber die Analyse insofern darüber hinausgehen, dass sie sich auf soziale Phänomene konzentriere (S.51). Entsprechend gilt für Bedeutungs-Begründungs-Analysen, dass der Standpunkt des Subjekts der Bezugspunkt der Analyse sein muss. Dieser Standpunkt ist allerdings nicht identisch mit der Perspektive des Subjekts. Hier wird also trotz gewisser Ähnlichkeit eine Differenz zur Situationsanalyse deutlich. [105]
Anders als die dokumentarische Methode, bei der in der sequenziellen Analyse vor allem entlang einer Plausibilität von Handlungsschilderungen, Bewertungen und Erläuterungen rekonstruiert wird, müssen bei der Situationsanalyse immer auch Instabilitäten und Kontingenzen in der Aufmerksamkeit der forschenden Person sein. Hierdurch kommt es zu einer Verschiebung der Schwerpunksetzung weg von der Idee, einen tatsächlichen (als in sich konsistent gedachten) Rahmen zu rekonstruieren hin zu dem Gedanken, gerade den Brüchigkeiten und Spezifika subjektiver Sinnmuster in der Rekonstruktion einen hohen Stellenwert einzuräumen. Dem kann sich im Hinblick auf Bedeutungs-Begründungs-Analysen nur angeschlossen werden. [106]
Aus der Verankerung der Analyse in der Situation ergibt sich, so CLARKE und KELLER, dass die Perspektive die Interpretation bestimme. Es müssten situative Fragen im Mittelpunkt stehen, wobei partiale Perspektiven durchaus hinreichend seien (die Toto-Perspektive sei ohnehin nicht erreichbar), aber in ihrer Beschränktheit ausgewiesen werden müssten. Die Analyse sei somit immer begrenzt. Auch hätten Situationen eine Art "Handlungsmacht" (S.67), insofern als sie u.a. Einfluss auf die Perspektiven hätten. Insbesondere das deutliche Herausstellen der Perspektivität der Analyse und der Ausrichtung an einem partialen Zugriff, aber auch die Ausführung zur Eigendynamik von Situationen können identisch für Bedeutungs-Begründungs-Analysen übernommen werden. [107]
Die Arbeitsschritte einer Situationsanalyse fokussieren auf das Erstellen von Maps, die die entscheidende Methode sind, mit der die dargestellten Prämissen für den Forschungsprozess umgesetzt werden können (S.37f.). Das Ziel der Durchführung von Situationsanalysen sei es, bestimmte Situationen mittels Spezifikationen, Re-Repräsentationen, Untersuchung markanter Elemente sowie der Beschreibung der Beziehungen zwischen diesen zu analysieren. Wichtig sei dabei, auch kontextuelle Elemente als Teil der Situation (und nicht als Hintergrund) zu erfassen, da diese (als Strukturen oder Macht) für die Situation selbst konstitutiv seien. Die Maps entstünden durch relationale Analysen bezogen auf Gruppierungen und Verbindungen. Das Mapping sei ein elementarer kognitiver Prozess. Eine Situationsanalyse müsse Blicke auf Möglichkeitsbedingungen, Aushandlungen, Handlungen, Diskurse und Praktiken eröffnen (S.62). Bei den Positions-Maps gehe es um Positionen, die im Diskurs zur Sprache bzw. nicht zur Sprache gebracht werden (S.124). [108]
Wenn von CLARKE und KELLER eingefordert wird, Blicke auf Möglichkeitsbedingungen, Aushandlungen, Handlungen, Diskurse und Praktiken zu eröffnen, so kann für Bedeutungs-Begründungsanalysen formuliert werden, dass diese geeignet sein müssen, die subjektiven Sichten zu erfassen auf
Rahmenbedingungen (in Hinblick auf Ermöglichungen und Behinderungen),
Interaktions- und Kommunikationsgeschehnisse,
konkrete Handlungen,
situationsbezogene gängige Argumentationsmuster (als Entsprechung dessen, was CLARKE und KELLER mit Diskursen meinen) sowie
situationsbezogene gängige Handlungsmuster (als Entsprechung von Praktiken). [109]
Für das Projekt d.art ist von besonderem Interesse, welche Argumentationsmuster seitens der Weiterbildung als (wissenschaftliches) Wissen eingebracht werden und wie sich ein vorgängiges pädagogisches Wissen der Teilnehmenden im Verlauf der Weiterbildung ggf. verändert, bzw. wie sich der Bezug der Teilnehmenden auf das eingebrachte Wissen darstellt oder ggf. ebenfalls verändert. Eine besondere Rolle spielen dabei die Positions-Maps, bei denen es darum geht, eingenommene Positionen zu den wichtigsten Diskursen / Themen darzustellen. Herauszuarbeiten sind Fragen (Themen), Positionen zu diesen Fragen und fehlende Positionen zu diesen Fragen. Im Unterschied zur Situationsanalyse entstehen Positionierungsmöglichkeiten allerdings nicht im Diskurs sondern in der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion. Dies schränkt allerdings den Wert von Maps – nun als Positionierungs-Maps30) – als Analyse- und ggf. auch Darstellungsinstrument nicht ein. [110]
Wenn bei CLARKE und KELLER von Ausschnitten aus Diskursen gesprochen wird, so geht es im Zusammenhang mit Bedeutungs-Begründungs-Analysen um Reinterpretationen von Bedeutungen (ggf. in ihrem Bezug zu situationsbezogenen gängigen Argumentationsmustern) in ihrer subjektiven Nutzung für Begründungen. Mittels derer werden – wie auch bei der Situationsanalyse – nicht die Individuen beschrieben, sondern lediglich deren handlungssituationsbezogene Begründung als Positionierung in einem Spektrum von möglichen Reinterpretationen und darauf bezogenen Begründungen. [111]
Anders als bei den Überlegungen zur Situationsanalyse ist – wie bereits oben dargestellt – ein Rekonstruktionsschritt erforderlich, da die Argumentationen der Beforschten zwar die Grundlage der Analyse sind, sich diese aber nicht darin erschöpfen kann, unterschiedliche Sichtweisen zu dokumentieren. Wenn bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen von Positionierungen die Rede ist, so geht es um die Bezüge zu den reinterpretierten Bedeutungen, die letztlich handlungs- (und nicht zwingend auch diskurs-) relevant sind. Bezogen auf Bedeutungs-Begründungs-Analysen arbeitet das hier vorliegende Konzept daher mit Positionierungsspektren, die in Form von Maps dargestellt werden können. Sie geben jene Positionierungs-Möglichkeiten wieder, die sich zwar aus dem auf eine spezifische Situation bezogenen Material ergeben, aber bereits situationsübergreifende thematische Aspekte subjektiver Bezugnahmen auf Bedeutungen enthalten. Dabei werden auch Sinnstrukturen sichtbar, da in dem Spektrum auch Bezüge der einzelnen Positionierungsmöglichkeiten zueinander erkennbar werden. [112]
Bereits die Verwendung des Akteurs-Begriffs deutet darauf hin, dass es bei den von CLARKE und KELLER angedachten (und in den Beispielen des Buchs auch entsprechend aufgeführten) Einsatzmöglichkeiten eher um die Analyse sozialer Praktiken und der Sichtweisen von Akteur/innen geht, also um individuumsübergreifende typische, einem bestimmten sozialen Raum geschuldete Handlungs- und Sichtweisen. Dies ist kein Gegensatz, aber eine andere Schwerpunktsetzung als bei Bedeutungs-Begründungs-Analysen. [113]
Der große Ertrag der Situationsanalyse liegt zum einen in den Hinweisen auf die Relativität des Forschungszugangs und den in sich plausiblen Sequenzrekonstruktionen. Der erweiterte Blick für Brüchigkeiten und Kontingenzen verändert das methodische Vorgehen insofern, als unerwartete Abweichungen von der hypothetischen Linie gerade als Forschungsertrag gesehen werden. Zum anderen wird mit dem Instrument der Maps eine Methode zur Verfügung gestellt, die gleichermaßen den Forschungsprozess wie auch die Darstellung von Ergebnissen bereichern kann. [114]
6. Schlussfolgerungen für Bedeutungs-Begründungs-Analysen
Die Analysen basieren auf Unterschieden in den Textformaten (Beschreibungen und Schilderungen einerseits sowie Argumentationen, Ausführungen, Bezugnahmen auf Themen, Bewertungen und Beurteilungen andererseits) und zielen darauf, aus den Äußerungen die Logik der Argumentation des befragten Subjekts mittels formulierender Interpretation festzuhalten, um dann mittels reflektierender Interpretation die dahinter liegenden (dem Subjekt zumeist nur teilweise zugänglichen) Reinterpretationen von handlungssituationsbezogenen Bedeutungen und darauf bezogenen Begründungen zu rekonstruieren. [115]
Für Bedeutungs-Begründungs-Analysen gilt es, bezogen auf die Situation den thematischen Handlungszusammenhang (bzw. potenzielle, in sich widersprüchliche oder fragile Handlungszusammenhänge) herauszuarbeiten. Hierbei wird eine Kontrastierung nicht durch einen Abgleich mit den Normalitätserwartungen der Forschenden erreicht, sondern durch ein Betrachten der je nach Subjekt unterschiedlichen Verweise auf Themen und Begründungen. Eine Rekonstruktion impliziter Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge wird dabei vor allem durch komparative Analysen, die Kontrastierung mit Gegenfragen (welche Optionen könnte es noch geben?) sowie mit theoriebezogenen Sichtweisen der forschenden Person unterstützt. [116]
Gelingen kann es, implizite Zusammenhänge dadurch (teilweise) zu rekonstruieren, dass subjektive Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge vor einem Hintergrund von (lage- und positionsspezifischen) Positionierungsmöglichkeiten sichtbar werden, indem sie als besondere Ausprägung dieses Spektrums identifiziert werden. Die Eingebundenheit der Forschungssituation, der Beforschten und der Forschenden in eine konkret historische, auch lage- und positionsspezifische Situation schränkt notwendigerweise immer die Rekonstruktion impliziter Zusammenhänge ein und muss zu einer Reflexion dieser Eingebundenheit auch im Hinblick auf ihren Beitrag zu einer Wirklichkeitskonstitution führen (vgl. hierzu auch MECHERIL & DAROWSKA 2014). Bei der Rekonstruktion impliziter Zusammenhänge ist eine Beteiligung der Befragten ohne Weiteres denkbar und ggf. hilfreich. Handelt es sich um Zusammenhänge, die auf dynamisch-unbewusste Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge verweisen, kann dies zu einer krisenhaften Situation führen, die allerdings auch mit dem Potenzial expansiven Lernens (WEIS 2005) verbunden sein kann. [117]
Mittels sequenzieller und komparativer Analysen (wie sie bei der dokumentarischen Methode zum Einsatz kommen) können für Bedeutungs-Begründungs-Analysen abfolge-plausible und vergleichs-plausible Hypothesen über Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge entworfen und diese sukzessive überprüft, konkretisiert, relativiert bzw. erweitert sowie voneinander abgegrenzt werden. Abfolge-plausible Hypothesen entstehen dabei aus zueinander passenden Hinweisen auf Positionierungen aus dem Verlauf eines Gesprächsdokuments. Hierbei wird von der Argumentationslogik ausgegangen und nach einer Logik von Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen gefragt. Vergleichs-plausible Hypothesen beziehen sich hingegen auf zueinander passende Hinweise auf Positionierungen aus verschiedenen Gesprächsdokumenten. Hierbei wird nach Verortungen zu thematischen Aspekten, nach Bedingungszuschreibungen und nach Bedeutungskonstellationen gefragt. Idealerweise erfolgt dies in ineinander verschränkten Schritten im Wechsel zwischen sequenziellem und komparativem Herangehen. [118]
Falls erforderlich können darüber hinaus Typisierungen im Hinblick auf typische Bedeutungs-Begründungs-Muster (bzw. auf typische Veränderungen von Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen) durch Vergleich minimal bzw. maximal kontrastierender Fälle (bzw. Erhebungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten) und entsprechend begründeter Zusammenfassungen bzw. Abgrenzungen gebildet werden. [119]
Bedeutungs-Begründungs-Analysen zielen auf die Rekonstruktion von Positionierungen, verstanden als historisch lage- und positionsbedingte Möglichkeiten, handlungssituationsbezogene Bedeutungen zu reinterpretieren und Begründungen darauf zu stützen. Konkret interessiert einerseits das Spektrum dieser Möglichkeiten, bezogen auf bestimmte Themen; dabei ist zunächst auszuwerten, welche Themen überhaupt als relevant angesprochen werden, welche ggf. auch nicht. Andererseits interessieren die konkreten von den befragten Subjekten bezogenen Positionen (einschließlich der Frage, welche thematische Betonung von den jeweiligen Subjekten vorgenommen wird) innerhalb dieses Spektrums. Im Gegensatz zur dokumentarischen Methode, bei der es vor allem um die Frage des Wie der individuellen Konstruktion von Sinnmustern geht, geht es bei Bedeutungs-Begründungsanalysen vor allem um die Frage danach, welche Thematiken aktiviert, welche Bedeutungen (in welcher reinterpretierten Weise) selektiert und in welcher Weise für Begründungen als Positionierungen genutzt werden. [120]
In einem so ermittelten Spektrum an Positionierungsmöglichkeiten bilden sich, bezogen auf einen bestimmten sachlich-sozialen Bereich, immer auch die Einschränkungen an Handlungsmöglichkeiten ab, die mit den subjektiven Reinterpretationen von Bedeutungen verbunden sind. Diese Einschränkungen gilt es ebenso fallübergreifend herauszuarbeiten wie die Möglichkeiten, weisen sie doch auf die in den Rahmenbedingungen liegenden strukturellen Behinderungen subjektiver Handlungsfähigkeit hin. [121]
Die Analysen können immer nur perspektivisch und partial sein und haben insofern im Ergebnis immer nur vorläufige Gültigkeit. Das aus dem Material abgeleitete Spektrum der Möglichkeiten dient auch der Reflexion des Standpunkts der forschenden Person, die ihre Perspektive entsprechend kontrolliert in die Analyse einbringt, insbesondere indem sie danach fragt, welche Möglichkeiten der Reinterpretation es über die rekonstruierten hinaus noch geben könnte bzw. welche Begründungen über die rekonstruierten hinaus auch auftreten könnten. Bedeutungs-Begründungs-Analysen erreichen auch dadurch ggf. nicht die Ebene gültiger Strukturen oder Regeln und verbleiben in Sinn-Rekonstruktionen, die näher an dem Eigensinn der Subjekte sind. Die Gefahr einer durch einen Durchdringungsanspruch bzw. die Standpunktverhaftetheit der forschenden Person bedingten Über- oder Fehlinterpretation (vgl. MÜLLER-ROSELIUS 2013b) wird dadurch allerdings auch reduziert. [122]
Die von der kritischen Psychologie entwickelten Kategorien können die Rekonstruktion vor allem in Hinblick auf die Frage der eingeschränkten Teilhabe an gesellschaftlicher Verfügung begünstigen. Dennoch muss auch deren Anwendung auf das empirische Material immer wieder kritisch reflektiert werden. Insgesamt geht es darum, so transparent wie möglich darzustellen, welches Wissen (als wissenschaftliches, aber auch alltagsbezogenes Bedeutungsmuster) von den Forschenden eingebracht und bei der Interpretation genutzt wurde. [123]
Eine große Herausforderung ist die Komplexität der Möglichkeiten und Bezugnahmen, zumal es bei Verdichtungen gelingen muss, relevante Abweichungen nicht einfach zu subsumieren, sondern als Sonderfälle im Blick zu behalten. [124]
Bei der Darstellung von Analyse-(Zwischen-)Ergebnissen in Maps (insbesondere Positions-Maps) müssen möglichst mehrere Dimensionen in den Blick genommen und Sichtweisen, die Spannungsfelder zwischen zwei entgegengesetzten Polen verorten, vermieden bzw. hinterfragt werden31). Auch diese Maps müssen offen sein, sodass die Vorläufigkeit der Analyse stets präsent ist und (überraschende) Abweichungen und Besonderheiten aus einzelnen Fällen nicht in einer zusammenfassenden Darstellung auf der Strecke bleiben, sondern gerade als Kontrast deutlich werden. [125]
Auf der Grundlage analysierter Positionierungsspektren und subjektbezogener Positionierungen kann einerseits nach – ggf. mehrdimensionalen – Relationen zwischen den Positionierungen gesucht, andererseits ein Vergleich der Positionierungen über unterschiedliche Erhebungszeitpunkte hinweg erfolgen. Ermittelte Relationen lassen die Ableitung von typischen Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen (als Zusammenfassung einerseits und Abgrenzung andererseits) zu. Aus erhebungszeitpunktbezogenen Vergleichen können ggf. typische Veränderungen von Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen abgeleitet werden. Auch bei einer Typenbildung darf es keine Exklusivität geben, vielmehr muss es immer möglich bleiben, empirische Ergebnisse zu konstatieren, die in die Kategorien der Typik nicht einzuordnen sind. [126]
7. Exemplarische Erfahrungen mit Bedeutungs-Begründungs-Analysen
Im Folgenden sollen – sehr knapp – zwei Teilergebnisse aus (ersten) Auswertungen vorgestellt werden, jeweils bezogen auf rekonstruierte Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge im Kontext pädagogischen bzw. künstlerischen Handelns. [127]
In einem verschränkten sequenziellen und komparativen Verfahren wurde – basierend auf den Eingangsinterviews aller Teilnehmenden – ein Spektrum möglicher (empirisch vorgefundener) Positionierungen zu thematischen Aspekten des Bedeutungskomplexes pädagogisches Handeln abgeleitet. Die vorliegenden Dokumente über Weiterbildungssequenzen bzw. telefonische Beratungsgespräche wurden dann daraufhin untersucht, ob Positionierungen, die im Eingangsinterview erkennbar waren, im Verlauf der Weiterbildung erneut aufgegriffen, modifiziert oder negiert wurden. [128]
So wurden etwa bei einer Teilnehmerin bezogen auf die Thematik pädagogische Beziehung die Positionierungen Autonomie (als grundsätzliche Eigenwilligkeit der Schülerinnen und Schüler) sowie Unruhe und Unübersichtlichkeit (als Gegebenheit in schulischen Gruppensituationen) mehrfach aktualisiert32). Sie argumentierte etwa gegen eine Inszenierung einer gruppeninternen Bestimmung eines gemeinsamen Logos, indem sie darauf verwies, dass dies von den Schülerinnen und Schülern nicht akzeptiert und zu einer verwirrenden Situation führen würde. Zu einem späteren Zeitpunkt der Weiterbildung (nach weiteren Praxiserfahrungen) relativierte sie ihre Positionierung zur Autonomie: Sie berichtete von ihrer Verwunderung darüber, dass die Schülerinnen und Schüler durchaus Bereitschaft zeigten, sich auf die von einer Lehrkraft eingebrachten Vorschläge einzulassen. Erneut aufgegriffen wurde allerdings die Positionierung Unruhe und Unübersichtlichkeit, die durch die Positionierung Nichtbeherrschbarkeit sogar noch verstärkt wurde. Schließlich – erneut einige Zeit später – benannte die Teilnehmerin das Problem, dass es ihr rückblickend (im Wesentlichen) nicht gelungen sei, den Schülerinnen und Schülern eigene künstlerische Vorstellungen als Auseinandersetzungsmöglichkeit anzubieten. Es wird in den entsprechenden Sequenzen deutlich, dass die Positionierungen Autonomie und Nichtbeherrschbarkeit (die erneut aktualisiert wurden) sich hier als verhindernde Handlungsbegründung bemerkbar gemacht haben. In dem Rückgriff auf die Positionierung Unruhe und Unübersichtlichkeit wird beispielsweise eine Bezugnahme auf übergreifende positionsspezifische Bedeutungsmuster sichtbar, die etwa beinhalten, dass es in der Schule im Unterricht darum gehe, als Lehrkraft für Ruhe und geordnete Abläufe zu sorgen. [129]
Parallel zu der Rekonstruktion der Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge der Teilnehmerin wurde die Logik der eingebrachten Weiterbildungsinhalte mittels der Methoden der objektiven Hermeneutik rekonstruiert. Auffällig war, dass sich in dieser sowohl die Aufforderung findet, sich an den Interessen der Schülerinnen und Schüler zu orientieren wie auch die, eigene künstlerische Anliegen explizit einzubringen. Die Teilnehmerin bezog sich in der Auseinandersetzung mit ihren für sie teilweise problematischen Praxiserfahrungen in den späteren Sequenzen auf diese Aspekte und hinterfragte mit deren Hilfe ihr eigenes Handeln. Insofern kann an dieser Stelle von einer Lern- oder Bildungsbewegung in Auseinandersetzung mit den Angeboten der Weiterbildung ausgegangen werden, die sich als Suche nach Formulierungen und Argumentationen artikulierte, mit denen ein verändertes, die Probleme ggf. reduzierendes Handeln begründet werden könnte. Zu einer Auflösung der damit für die Teilnehmerin verbundenen Spannung kam es allerdings (noch) nicht; ihr Vorhaben, ein verstärktes Einbringen eigener künstlerischer Ansprüche zu erproben, wurde in dem hier thematisierten Abschnitt nicht realisiert. [130]
In einer Analyse der Eingangsinterviews zum künstlerischen Handeln wurden u.a. die Positionierungs-Maps "Kunst als Auseinandersetzung mit sich selbst / Kunst als Auseinandersetzung mit der Welt" und "Reflexiver Zugang zur Kunst / Intuitiver Zugang zur Kunst" herausgearbeitet. Die bereits erwähnte Teilnehmerin positionierte sich hinsichtlich dieser beiden Felder so, dass sie – in deutlichem Gegensatz zu anderen Teilnehmenden – jeweils weder den einen noch den anderen Standpunkt fokussierte. Die seitens der Weiterbildung eingebrachte Anforderung, sich doch hinsichtlich der eigenen Kunst zu äußern, sorgte entsprechend in den Weiterbildungssequenzen dafür, dass sie eine Differenz erfährt, die sie zunächst nicht bearbeiten konnte. Die Logik der Weiterbildung setzt allerdings darauf, dass es seitens der Kunstschaffenden ein Verhalten zur eigenen Kunst gibt, das als Potenzial in die pädagogische Situation eingebracht werden kann. Da die Weiterbildung in ihrem Konzept auf das pädagogische Handeln fokussiert, wird auch kein Raum geboten, die Differenz zu bearbeiten. Die Anforderung, sich in die pädagogische Situation mit dem eigenen künstlerischen Anspruch aktiv einzubringen, wurde daher für die Teilnehmerin zu einer Handlungsproblematik, die neben der oben dargestellten Komponente auch noch die fehlende Möglichkeit eines Rückgriffs auf ein expliziertes künstlerisches Selbstverständnis enthielt. In den Beratungsgesprächen arbeitete sie sich daher an den Anforderungen ab, etwa indem sie danach fragte, ob das, was sie mit den Schülerinnen und Schülern mache, denn "pädagogisch" sei. [131]
In einem ersten Resümee kann festgestellt werden, dass das im vorliegenden Artikel beschriebene Verfahren die notwendige Distanz zum Material herstellt sowie eine anhaltende Reflexion und Revision bereits gefundener Themen, Kategorien und Positionierungsmöglichkeiten fördert. Das Hin und Her von komparativen Analysen (mit thematisch strukturierten Ergebnistabellen und Positionierungs-Maps) zu sequenziellen Analysen (mit protokollierten Auswertungsschritten und Hypothesen) ermöglicht eine ausreichende Differenzierung und Darstellung von Besonderheiten und Irritationen sowie gleichzeitig Verdichtungen und das Herstellen von Bezügen. Mit den vorliegenden Materialien und dem Verfahren gelingt es einerseits, gleichzeitig die Palette der – teilweise höchst – unterschiedlichen Positionierungen zu ermitteln und im Blick zu behalten und andererseits die Logiken der einzelnen Teilnehmenden – soweit sie sich den Forschenden erschließen – vor dem Hintergrund dieser Palette darzustellen. Setzt man die Ergebnisse dieser Analysen noch ins Verhältnis zu den Angeboten und Anforderungen der Weiterbildung, dann können Lernprozesse tatsächlich in ihrem gegenständlichen Bezug und ihrer subjektiven Begründung und Ausgestaltung sichtbar werden. [132]
Mein Dank gilt den Mitarbeitenden der Professur für Erwachsenenbildung/Weiterbildung und Medienpädagogik an der Universität Potsdam, die sich mit großer Freude an der intensiven Auseinandersetzung um eine subjektwissenschaftliche Methodik beteiligt haben.
1) Siehe http://www.uni-potsdam.de/erwachsenenbildungmedien/forschung/eigene-projekte/dart.html [Zugriff: 4. Februar 2016]. <zurück>
2) Lernen als soziales Handeln hat einen thematisch-inhaltlichen (gegenständlichen) Bezug, etwa mit der Frage, womit setze ich mich in meinem Lernprozess auseinander, und einen sozialen Bezug, also z.B. mit der Frage, in welchem sozialen Umfeld lerne ich mit welchen Methoden (vgl. LUDWIG 2012, S.16.). <zurück>
3) Eine Suche im Archiv von FQS resultiert z.B. in gerade einmal fünf Artikeln: KIEGELMANN, HELD, HUBER und ERTEL (2000), LAUCKEN (2004), MARKARD (2000), ROTH, LAWLESS und TOBIN (2000) sowie ROTH, RADFORD und LaCROIX (2012). <zurück>
4) WEISS (2005) folgt in seinen Auswertungsschritten den Phasen des Lernprozesses der untersuchten Person, klärt allerdings nicht, wie eine methodische Kontrolle seiner Interpretationen bzw. eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit hergestellt werden kann. Auch im Hinblick auf die Frage, was das zu Rekonstruierende sei, sind seine Ableitungen nicht weitreichend genug. <zurück>
5) Bei GÜNTHER (2014) findet sich eine Klärung auf kategorialer Ebene bezogen auf Subjektwissenschaft und objektive Hermeneutik, ohne dass dabei auf eine konkrete Methodik eingegangen würde. <zurück>
6) Die soziale Position wird nach BOURDIEU (1983) vor allem durch die Zugehörigkeit zu einer Klasse bestimmt, verstanden als Menschen, die sich in Gewohnheiten, Sprache, verwendeten Symbolen, Gedankengängen usw. ähnlich sind und von anderen unterscheiden. Habitus wird verstanden als ein System von Wahrnehmungs- und Gliederungsprinzipien, die es aber zulassen, dass die Akteurin oder der Akteur sich in einer konkreten Weise dazu verhält und damit eine Position bezieht. <zurück>
7) In einem konjunktiven Erfahrungsraum haben Menschen eine bestimmte Sicht auf die Welt, eine bestimmte Art und Weise, über die Welt zu denken, die aus ähnlichen Lebenserfahrungen in einem ähnlichen sozialen Kontext resultiert (vgl. MEUSER 1999, S.132f.). <zurück>
8) Siehe allgemeiner zu Differenzen zwischen verschiedenen interpretativ-sozialwissenschaftlichen Ansätzen BOHNSACK (2014), HITZLER (2002), MEUSER (1999) und WAGNER 1999). <zurück>
9) So werden in der sozialwissenschaftlichen Forschung Subjekte z.B. als Angestellte, Schichtarbeiter/innen, Künstler/innen oder Lehrerinnen untersucht. Auf diese wichtige Differenzierung weist Peter FAULSTICH hin: "Deshalb sagt Bourdieu 'Akteur' und nicht 'Subjekt'. Bourdieu hat klar gesehen, dass er gerade nicht den Subjektbegriff übernehmen kann. Der Habitus zeigt dem reflexiven Akteur, dass sein Handeln eingebunden ist. Diese Differenz dürfen wir nicht aufgeben, dass da immer noch jemand ist, Mensch, Individuum, sonst würde auch der 'emancipative drive' kritischer Theoriekonzepte verloren gehen. Der Habitus kann sich transformieren oder rekonstruieren aber das Streben nach Verfügungserweiterung kann ich mit dem Habitusbegriff nicht denken" (2014b, S.29). <zurück>
10) In der kritischen Psychologie wird unterschieden zwischen historischer Empirie, die der Ableitung von Kategorien aus Material zur Natur- und Menschheitsgeschichte dient, und Aktualempirie, in der es um das empirische Erfassen der konkreten Ausprägungen kategorialer Aspekte des Psychischen geht (vgl. HOLZKAMP 1985, S.509ff.). <zurück>
11) Die Welt ist für uns bedeutungsvoll durch die mittels gesellschaftlicher Produktion entstandenen Gebrauchszwecke und die damit konstituierten sozialen Verhältnisse. Auf die damit verbundenen sachlich-sozialen Gegenstandsbedeutungen beziehen sich sprachlich-symbolische Bedeutungen in einer verallgemeinernden Art und Weise (vgl. HOLZKAMP 1995, S.22). <zurück>
12) BOURDIEU (1983) zeigt deren Verwobenheit mit dem Habitus und das mit ihrer – oft unbewussten – Nutzung einhergehende Distinktions-Potenzial eindrucksvoll. <zurück>
13) Im Sinne einer einheitlichen Struktur oder Form, d.h. die bewahrende Reproduktion von Identität trotz der Veränderung qualitativer Merkmale (vgl. STRAUB 1995, S.14). <zurück>
14) Auch wenn die Forschenden geeignete Methoden hätten, um nicht verbal-sprachliche Manifestationen zu interpretieren, so müssten sie dabei doch auf ihre eigenen reinterpretierten Bedeutungen zurückgreifen und müssten diese sowie die Interpretationen der nicht verbal-sprachlichen Manifestationen letztlich in sprachlicher Form dokumentieren, um dem Anspruch nach subjektübergreifender Nachvollziehbarkeit der Interpretation nachkommen zu können. Es gibt allerdings Bemühungen, dies zu durchbrechen, u.a. im Rahmen einer performativen Sozialwissenschaft (siehe z.B. JONES et al. 2008). <zurück>
15) So gehen etwa Ansätze zur narrativen Identität davon aus, dass es erst in einer Situation, in der jemand zu einer biografischen Erzählung aufgefordert wird, zu einer "Konstruktion" von Identität kommt (vgl. WIDDERSHOVEN 1993, zit.n. KOLLER 2011). <zurück>
16) Vgl. etwa SCHÜTZE (1983). Auf narrative Interviews wird deshalb zurückgegriffen, weil es darum geht zu erfassen, welche Bezugnahmen auf künstlerisches und pädagogisches Handeln bzw. auf die Angebote der Weiterbildung von den Teilnehmenden selbst hergestellt werden und wie sie hergestellt werden. <zurück>
17) Vgl. etwa KÜHL (2009, S.102ff.). Gerade die Protokolle der Gruppendiskussionen bieten Ansatzpunkte für komparative Analysen, gibt es doch die Möglichkeit, dass in solchen Diskussionen kontrastierende Aussagen zu thematischen Aspekten gemacht werden. <zurück>
18) Hier kann in Anlehnung an OEVERMANN (2001, S.22) von "natürlichen Protokollen" gesprochen werden. Die Lernprozess-Beratungsgespräche dienen dazu, Teilnehmenden bei Handlungsproblematiken in ihrem pädagogischen Handeln als Künstler/in bzw. bei Unsicherheiten in der Planung solchen Handelns Unterstützung in Form einer Beratung (vgl. LUDWIG 2014b) anzubieten. Dabei werden deren Lernanliegen aufgegriffen. Damit kann es in diesen Gesprächen zu Kontrasten zwischen dem Wissensangebot der Weiterbildung und den Bezugnahmen der Teilnehmenden darauf kommen. In ihrem unmittelbaren Bezug zu konkreten Erfahrungen können auch emotionale und motivationale Aspekte zur Sprache kommen. <zurück>
19) Zudem sind auch den Forschenden ihre eigenen reinterpretierten Bedeutungen als Folie zur Interpretation der Äußerungen der Teilnehmenden nur teilweise zugänglich. <zurück>
20) Gemeint sind: Identifizierung von Handlungsproblematiken, theoretische Aufschlüsselung, praktische Erprobung möglicher Handlungsalternativen sowie rückblickende Analyse einer veränderten Lebenspraxis. <zurück>
21) Diesen Hinweis verdanke ich Joachim LUDWIG. <zurück>
22) Dem steht u.a. der eingeschränkte Zugriff auf die eigenen Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge entgegen. <zurück>
23) Während der immanente Sinn dem entspricht, was in einem Gespräch bzw. Interview geäußert wird, verweist der Dokumentsinn auf zugrunde liegende Orientierungsmuster bzw. Orientierungsrahmen der Sprechenden. Diese sorgen dafür, dass etwas in einer bestimmten Weise gesagt wird und resultieren aus Erfahrungen, die mit anderen Menschen in einer ähnlichen sozialen Lage geteilt werden (konjunktiver Erfahrungsraum). <zurück>
24) Auf alltagstheoretisches Wissen wird dann zurückgegriffen, wenn es in alltäglichen Interaktionssituationen zu einem Erklärungsbedarf kommt. <zurück>
25) Interpretationsansätze, die aus ersten Sequenzanalysen gewonnen wurden und aus dem Wissen der forschenden Person gespeist sind, können überprüft werden, wenn in folgenden Sequenzanalysen nach Übereinstimmungen mit bzw. Kontrasten zu diesen Ansätzen gesucht wird. <zurück>
26) NOHL erachtet solche Textpassagen als relevante Verweise auf Thematiken, die sich auf die Fragestellungen der Untersuchung beziehen, von den Befragten engagiert und betont eingebracht wurden, in unterschiedlichen Fällen auftauchen und für komparative Betrachtungen (voraussichtlich) geeignet sind. Es geht ihm auch darum, in einer abschnittsweisen dokumentierenden Feininterpretation Oberthemen und Unterthemen zu identifizieren und die Charakteristika der Themen in eigenen Worten festzuhalten (2013, S.40). <zurück>
27) Ein Grund für die Differenz von geäußerten Bewertungen und Begründungen und den der Handlung zugrunde liegenden Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen ist, dass die relevanten Zusammenhänge teilweise implizit sind, teilweise in ihrer subjektiven Funktionalität auf eine unbewusste Handlungspraxis (vgl. MARKARD 2010, S.172) verweisen. Zudem ist in der Interviewsituation nicht die Handlungsintention der Handlung, über die geredet wird, maßgeblich, sondern die auf die Interviewsituation bezogenen Intentionen einschließlich der, sich verständlich zu machen, zu rechtfertigen usw. (vgl. auch NOHL 2013a, S.43). <zurück>
28) Nach NOHL geht es auf der semantischen Ebene darum, einen Zugang zu den Orientierungsrahmen der Interviewten zu finden, der weder jenseits der Interviewten "objektiv" existiert noch sich in den subjektiven Sinnzuschreibungen der Interviewten erschöpft (2013a, S.45). Vielmehr sollten Forschende als außenstehende Personen einen Zugang zu der Handlungspraxis und den ihr zugrunde liegenden Strukturen bekommen, der sich der Perspektive der Interviewten selbst entzieht (bis dato entzog). Dieser Zugang beziehe sich aber eben nicht auf "die Realität" sondern auf die Frage, wie diese durch die Beteiligten konstruiert werde (a.a.O.). <zurück>
29) Provokative Analysen werden als Alternative zu Theorien verstanden; betont wird dabei die Vorläufigkeit des Analyseergebnisses und die Einbindung in einen unabgeschlossenen Prozess. <zurück>
30) Da Positionierungen nicht als Positionen zu Diskursen, sondern als Bezugnahmen auf Bedeutungsstrukturen verstanden werden, die ein begründetes Handeln erst ermöglichen, wird bezogen auf Bedeutungs-Begründungs-Analysen von Positionierungs-Maps und nicht von Positions-Maps gesprochen. <zurück>
31) So ist die "Setzung" einer Gegenpoligkeit häufig eine willkürliche; in der Logik subjektiver Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhänge können sich durchaus Anteile des einen wie des anderen Pols finden, die nebeneinander ihre Berechtigung haben und sich nicht gegenseitig aufheben (als Beispiel sei etwa das Gegensatzpaar "reflexive Zugänglichkeit pädagogischer Handlungen" vs. "Intuitivität pädagogischen Handelns" benannt, das sich in Bedeutungs-Begründungs-Zusammenhängen genauso gut ausschließen wie auch ergänzen kann; eine vorschnelle Definition als dualistischer Gegensatz wäre daher ggf. inadäquat). <zurück>
32) In dem Fall geht es darum, dass die Teilnehmende als Künstlerin im Rahmen eines Nachmittagsangebots einer Ganztagesschule den Schülerinnen und Schüler ein Angebot zur künstlerisch-kulturellen Bildung machen wollte. Die Schülerinnen und Schüler gingen jedoch auf ihre konkreten inhaltlichen Angebote und das Angebot einer Auseinandersetzung darüber kaum ein und ließen sich lediglich auf ein grobes Rahmenkonzept (Malen auf Leinwand) ein. <zurück>
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Helmut ITTNER ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Erwachsenenbildung/Weiterbildung und Medienpädagogik der Universität Potsdam. Er forscht zu Qualitätsmanagement an Schulen und untersucht Lern- und Bildungsprozesse von Teilnehmenden einer Weiterbildung. Seine Schwerpunkte sind subjektive Begründungen des Lehrens und des Lernens sowie methodologische Fragen empirischer Forschung.
Kontakt:
Helmut Ittner
Professur für Erwachsenenbildung/Weiterbildung und Medienpädagogik
Karl-Liebknecht-Str. 24-25, Haus 24
14476 Potsdam OT Golm
Tel.: +49 (0)331 977-2736
E-Mail: helmut.ittner@uni-potsdam.de
URL: http://www.uni-potsdam.de/erwachsenenbildungmedien/
Ittner, Helmut (2016). Methodik für eine Forschung zum Standpunkt des Subjekts [132 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(2), Art. 10,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1602106.