Volume 17, No. 2, Art. 18 – Mai 2016



Märkte, Biografien, Storytelling – Gelingen und Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten

Stefan Bernhard

Zusammenfassung: Die Marktsoziologie hat dargelegt, dass Märkte grundlegend in soziale Strukturen eingebettet sind. Allerdings wurden bisher Biografien als relevante Kontexte marktlicher Einbettung wenig beachtet. So bleibt beispielsweise offen, wie biografische Erfahrungen Markthandeln beeinflussen und wie dieses im Gegenzug biografisch verarbeitet wird. Der vorliegende Artikel setzt hier an. Er leistet einen konzeptionellen und einen empirischen Beitrag: Konzeptionell zeigt er im Anschluss an die Theorie von Harrison C. WHITE, wie sich im Schnittfeld von Märkten und personalen Styles ("Biografien") Marktidentitäten ausbilden. Marktidentitäten sind labile Konstrukte, die permanent ihre Anschlussfähigkeit an die Märkte und Biografien sicherstellen müssen, die sich in ihnen kreuzen. Empirisch präsentiert der Beitrag zwei Fallstudien von Selbständigen ohne Angestellte (sog. Solo-Selbständigen), eine auf dem Markt für künstlerische Fotografie und eine auf dem Markt für Nahrungsergänzungsmittel. Die Beispiele zeigen anhand von extremen Fällen, wie der Aufbau von Marktidentitäten scheitern und gelingen kann. Das hier vorgeschlagene Konzept der fragilen Marktidentitäten erschließt der Marktsoziologie eine weitere Dimension der Einbettung von Märkten in soziale Strukturen. Biografien sind zugleich Quellen von Markthandeln und Bezugskontexte, in denen Markterfahrungen aufgegriffen werden.

Keywords: Biografie; Harrison C. WHITE; Identität; Markt; Marktsoziologie; personale Styles; Positionierungsanalyse; narrative Interviews; qualitative Methoden; soziale Einbettung; Stories

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Märkte, Biografien, Storytelling – Die theoretische Perspektive

2.1 Bausteine der relationalen Netzwerktheorie

2.2 Identitäten, Styles, Biografien

2.3 Märkte und Biografien als relevante Kontexte von Marktidentitäten

3. Das Forschungsdesign

4. Scheiternde und gelingende Identitätskonstruktionen – Zwei Fallbeispiele

4.1 Frau Heinz

4.2 Hr. Carsten

4.3 Vergleich der beiden Fälle

5. Fazit

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Einleitung

Die Marktsoziologie hat vielfach gezeigt, dass Märkte sozial konstituiert sind. Im Anschluss an die Akteur-Netzwerk-Theorie (LATOUR 2005; LAW & HASSARD 1999; MÜTZEL 2009) haben Michel CALLON (1998a, 1998b) und Kolleg/innen beispielsweise herausgearbeitet, dass die Fähigkeiten zum rationalen Handeln kollektiv hergestellt und auf Märkten verteilt werden (BEUNZA & STARK 2003), dass Produkte entlang von Produktionsketten in ihren Eigenschaften definiert, transformiert und handelbar gemacht werden (CALLON, MÉADEL & RABEHARISOA 2002) und dass Transaktionen so formatiert sind, dass die Beziehungen der Tauschenden nach einem Aufeinandertreffen vollständig gelöst werden können (CALLON & MUNIESA 2005). Andere Forschungsstränge konnten zeigen, dass Märkte zur Bewältigung von Unsicherheit beitragen, indem sie Koordinationsprobleme adressieren (BECKERT 2009). Dabei stehen sie in einem Austauschverhältnis mit der Politik, bei dem sowohl die Politik Marktregeln setzt als auch Marktakteur/innen auf politische Regelsetzungen Einfluss nehmen (FLIGSTEIN & STONE SWEET 2002). Zudem sind Märkte mit weiteren sozialen Kontexten eng verflochten, beispielsweise über moralische Vorstellungen, die über die Marktfähigkeit von Produkten entscheiden (ZELIZER 1979) oder über die demonstrative Haltung gegenüber Preisen, die symbolische Wirkung im sozialen Raum entfaltet (WHERRY 2008). [1]

Eine Dimension sozialer Einbettung von Märkten, die in der Marktsoziologie bisher wenig Beachtung gefunden hat, sind die Laufbahnen von Marktteilnehmenden durch die soziale Welt und deren Konsolidierung in generativen Strukturen. Im Falle der in diesem Beitrag eingehender behandelten Selbständigen ohne Angestellte entsprechen solche Trajektorien den Biografien der Marktteilnehmenden (BERTAUX & KOHLI 1984; FUCHS-HEINRITZ 2005; RIEMANN 2003; ROSENTHAL 1995). Die Frage ist, welche Prozesse der sozialen Einbettung im Schnittfeld von Märkten und Biografien ablaufen. Wie beeinflussen die Biografien von Marktteilnehmenden die Wahl von Zielmärkten, die Positionierung und die Bewegung auf diesen? Welche Rückwirkungen haben Erfahrungen, die auf Märkten gemacht werden, auf die Biografie? Inwieweit werden am Schnittpunkt von Märkten und Biografien Grundlagen für zukünftigen Markterfolg gelegt? In der Marktsoziologie finden sich konzeptionelle Ansätze, die bei der Beantwortung dieser Fragen hilfreich sein könnten. Allerdings wird deren Erkenntnispotenzial nicht voll ausgeschöpft. Verdeutlichen lässt sich dies am feldtheoretischen Ansatz (BOURDIEU & WACQUANT 1992; FLIGSTEIN & McADAM 2012): Zwar richtet sich das Habituskonzept, mit dem BOURDIEU und WACQUANT (1992) soziale Prägungen als generative Strukturen fasst, auf inkorporierte Strukturen von Akteur/innen. Es ist damit prinzipiell geeignet, entlang von biografischen Erfahrungen eine Brücke zwischen Märkten und anderen gesellschaftlichen Kontexten zu schlagen. Allerdings liegt der Fokus der feldtheoretischen Forschungen auf marktexternen Effekten von Markthandeln (etwa im sozialen Raum, vgl. BOURDIEU 2002) oder auf den Positionierungen von Akteur/innen im Kampf zwischen Herausfordernden und Etablierten im Markt (FLIGSTEIN 2001). Detaillierte Rekonstruktionen der wechselseitigen Beeinflussung von Märkten und Biografien sind in diesem Forschungsprogramm nicht angelegt und stehen bislang aus. Das gilt auch für marktsoziologische Arbeiten im Anschluss an die Akteur-Netzwerk-Theorie (CALLON & MUNIESA 2005): In diesem Ansatz werden die konstitutiven Vorleistungen, auf denen Märkte beruhen, zwar eindrucksvoll herausgearbeitet. Die Komplexität und Dauerhaftigkeit von substanziellen Austauschbeziehungen zwischen den miteinander verflochtenen Knoten in den Akteurs-Netzwerken und ihren Kontexten werden allerdings nicht angemessen eingeholt (CALLON 1998a, 1998b). So bleibt unbeobachtet, wie biografische Erfahrungen Markthandeln beeinflussen und wie dieses im Gegenzug biografisch verarbeitet wird. [2]

Hier setzt der vorliegende Beitrag im Anschluss an Harrison C. WHITE (2002, 2008) an. WHITEs Soziologie ist in besonderer Weise dazu geeignet, das Schnittfeld von Märkten und Biografien zu erschließen. Seine Studien zu Produktionsmärkten zählen zu den Meilensteinen der Marktsoziologie (WHITE 1981, 2002). Zudem hat er eine ambitionierte Sozialtheorie vorgelegt (WHITE 2008), die gegenstandsbezogene und empirisch gesättigte Theoriebildungen mit hohem analytischen Auflösungsgrad möglich macht. Das Schnittfeld von Märkten und Biografien lässt sich damit wie folgt fassen: Auf der einen Seite befinden sich Märkte, also diskursiv-relationale Strukturen, die aus kompetitiven Nischenbildungen entstehen. Auf der anderen Seite stehen personale Styles ("Biografien")1), die bei ihrem Durchgang durch soziale Kontexte über die Zeit (auto-) biografisch interpretierte und kommunizierte Bezüge hinterlassen. In diesem Sinne kann man sie als "Bewegungsgestalten" (FUCHS-HEINRITZ 2010, S.85) bezeichnen. Märkte und personale Styles sind gleichermaßen in Diskursen verankert, die die Form von Stories annehmen und durch Storytelling perpetuiert werden (TILLY 2002; WHITE 2008). Am Schnittpunkt von personalen Styles und Märkten bilden sich teilautonome Marktidentitäten heraus. Diese Marktidentitäten behaupten ihre relative Unabhängigkeit von Märkten und personalen Styles, indem sie Äquivalenzen und Distinktionen gegenüber diesen beiden Kontexten etablieren – indem sie also jeweils deutlich machen, inwieweit sie anschlussfähig sind bzw. inwieweit sie sich von diesen Kontexten abheben. Die Aufrechterhaltung von Marktidentitäten erfordert damit unablässige Einbettungsarbeit. Wie anhand von empirischen Fallbeispielen gezeigt wird, kann der Aufbau von Marktidentitäten scheitern oder gelingen. [3]

Der Beitrag ist in fünf Abschnitte gegliedert. Der folgende Abschnitt stellt WHITEs Perspektive auf Märkte und Biografien vor und zeigt, wie Marktidentitäten durch gleichzeitige Einbettungsarbeit in zwei Kontexte hervorgebracht und erhalten werden können. Der dritte Abschnitt erläutert das Forschungsdesign, die Datenerhebung und die wichtigsten Auswertungsschritte des Forschungsprojekts, dem die beiden Fallstudien entnommen sind. Im vierten Abschnitt wird das Ringen um Marktidentitäten empirisch anhand der Einbettungsarbeit von Solo-Selbständigen rekonstruiert: Zwei kontrastive Fallstudien veranschaulichen Gelingen und Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten. Der abschließende fünfte Abschnitt resümiert die Argumentation mit Blick auf das Potenzial der vorgeschlagenen Perspektive. [4]

2. Märkte, Biografien, Storytelling – Die theoretische Perspektive

In diesem Abschnitt wird Harrison C. WHITEs Soziologie als theoretischer Analyserahmen vorgestellt. Der Darstellung seines konzeptionellen Zugangs zu Märkten (Abschnitt 2.3) ist eine kurze Einführung in zentrale Begriffe und Denkfiguren vorangestellt (Abschnitte 2.1 und 2.2). Dieser Aufbau soll die enge Verbindung von WHITEs allgemeiner Soziologie mit seiner Marktsoziologie deutlich machen und reduktionistischen Interpretationen seiner Marktsoziologie – die sich nicht zuletzt bei WHITE selbst finden – vorbeugen. Vor diesem Hintergrund wird in Abschnitt 2.3 das Schnittfeld von Märkten und personalen Styles als Grundlage für den empirischen Teil theoretisch formuliert. [5]

2.1 Bausteine der relationalen Netzwerktheorie

WHITE (1992, 2008) formiert seine Sozialtheorie um einen abstrakt gefassten Identitätsbegriff herum. Identitäten sind jede Quelle des Handelns und jede Einheit, der Beobachtende in der sozialen Welt Bedeutungen zumessen können, die nicht aus physikalischen Regelmäßigkeiten ableitbar sind (WHITE 2008, S.2). In einer ansonsten ungeordneten Welt suchen Identitäten Halt und sie finden ihn, indem sie einander wechselseitig zu Fixpunkten der Orientierung werden. Per definitionem streben Identitäten damit nach Kontrolle, um ihre Existenz zu sichern. Bei Harrison C. WHITE klingt das so: "Before anything else, control is about finding footings among other identities. Such footing is a position that entails a stance, which brings orientation in relation to other identities" (S.1). Identitäten werden in Beziehung zu anderen Identitäten aufgebaut und erhalten. Solche Komplexe nennt WHITE Netdoms (aus network und domain). "Identities, which are the nodes [in a network], trigger out of struggles for control as they seek footing with each other, and so co-evolve along with networks in one and another tangible domain of activity" (S.XVII). Netzwerke sind nicht zufällig eine Leitmetapher in WHITEs Denken. Mit ihr ruft er in Erinnerung, dass jede soziale Formation relational aufgebaut ist und so verstanden werden muss (FUHSE & MÜTZEL 2010). Identitäten mögen aus Sicht Anderer in sozialen Räumen eine "unproblematic continuity" (WHITE 1992, S.6) aufweisen, tatsächlich behaupten sie sich in fortwährenden Kontrollversuchen jedoch unablässig gegen Verdrängungen. Da Menschen sinnorientierte Wesen sind, bestehen Kontrollversuche aus kommunikativen Bedeutungssetzungen (FUHSE 2015), genauer gesagt, aus Bedeutungen, die in Geschichten (Stories) gegossen und zirkuliert werden und die sowohl Identitäten als auch die Beziehungen zwischen diesen zumindest bis auf Weiteres fixieren. [6]

Die relationalen Formationen, in denen Identitäten entstehen und sich erhalten, kann man mit WHITE als soziale Kontexte (oder eben: Netdoms) bezeichnen. Soziale Phänomene ganz unterschiedlicher Ausbreitung, Prominenz und Dauer fallen in diese Kategorie, zum Beispiel soziale Milieus, Freundeskreise, Nationalstaaten, Wettkämpfe, Wirtschaftssysteme oder Elternabende in Kindergärten. Zwei wichtige Bedingungen erfüllen soziale Kontexte dabei stets: Sie müssen sich relational aus den Beziehungen ihrer Identitäten zueinander konstituieren, und diese Beziehungen müssen die Kontrollversuche der Identitäten auch tatsächlich orientieren und dürfen nicht allein Konstrukte einer/s beobachtenden Forschenden sein. Insgesamt fasst WHITE das Soziale als hochkomplexes und bewegliches Mosaik aus Verkettungen von unzähligen, potenziell instabilen Kontexten. Durch dieses Geflecht sind stilisiert zwei Bewegungen möglich: horizontale Kontextwechsel (Switching) wie z.B. zwischen einem Chatroom und einem sozialen Netzwerk am Computer und vertikale Kontextwechsel, z.B. zwischen einer Diskussion in der Familie beim Abendessen (bei der jedes Familienmitglied eine Identität ist) und einem Nachbarschaftsfest (bei der die Familie gemeinsam als Identität auftreten kann). WHITE (2008) synthetisiert aus wenigen konstitutiven Konzepten – Story, Beziehungen (Ties) und Identitäten – eine allgemeine Sozialtheorie, in der soziale Kontexte mit dem Abstraktionsgrad, der Komplexität und der Dauerhaftigkeit sozialer Phänomene variieren. Zur Kennzeichnung unterschiedlicher Entstehungs- und Beharrungslogiken, sozialer Reichweiten und Permanenzen führt er darauf aufbauend u.a. die Begriffe Disziplinen, Styles, Institutionen und Regime ein. [7]

2.2 Identitäten, Styles, Biografien

WHITEs Identitätsbegriff, der in seiner abstraktesten Fassung vor allem ein programmatisches Statement zugunsten einer relationalen, kontrafaktisch angelegten Perspektive ist, wird durch die Differenzierung von insgesamt fünf Identitätsebenen oder Identitätsformen ("senses of identity", S.17) konkretisiert (siehe auch BERNHARD 2014). Die erste Identitätsform (lokale Identität) umfasst jedes erfolgreiche Fußfassen in relationalen Kontexten, also jede Stabilisierung einer Position gegenüber anderen. Sowohl der Kontext als auch die zur Geltung gebrachten Identitäten können vergehen. Ein Beispiel für das Aufkommen lokaler Identitäten ist eine Fahrstuhlfahrt, an deren Ende jemand mit galanter Geste eine Frau zuerst aussteigen lässt. Die Geste der Höflichkeit stellt eine Beziehung her zwischen (mindestens) zwei gleichzeitig konstituierten Identitäten. Eine Identität ist als Frau markiert und darf als solche zuerst den Fahrstuhl verlassen, die andere ist der Mann, der mit der Aufforderung seine guten Manieren unter Beweis stellt. In diesem Kontext (dem weitere Fahrstuhlfahrende als Öffentlichkeit beiwohnen können) wird die alte Geschichte von Mann (aktiv) und Frau (passiv, hilfsbedürftig) unter Rückgriff auf das Storyset der Etikette (hier mit der Storyline "Frauen ist Vortritt zu lassen") aufgeführt. Ob aus dem lokalen Kontext mehr folgt als eine Reproduktion von Genderrollen hängt dann u.a. davon ab, wo sich der Fahrstuhl befindet (in einer Shoppingmall, in einem Bürogebäude) und welche Anschlussmöglichkeiten sich daraus ergeben (etwa unter Kolleginnen und Kollegen). [8]

Die zweite Identitätsform baut auf der ersten auf und bezeichnet Identitäten, die in relativ stabilen Kontexten zu Adressat/innen von Erwartungen geworden sind (typisierte Identität). Rollen wie die von Mutter und Sohn sind einschlägige Beispiele für die Ko-Konstitution von Identitäten (FISCHER & GOBLIRSCH 2007). Aber auch nicht-personale Identitäten können typisiert auftreten, etwa Fernsehsender, wobei sich jeder Sender erwartbar und in wechselseitiger Beobachtung gegenüber anderen Fernsehsendern etabliert (z.B. als Spartenkanal, Pay-TV-Sender, jugendlich ausgerichteter Breitensender oder als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt). Die dritte Identitätsform, die hier als Laufbahnidentität bezeichnet wird, erweitert das Blickfeld um Zeitverläufe und Wechsel zwischen Kontexten: "It [the third sense of identity] is the pathway a person, entity, or place takes through social time. If we could graphically sum up time as well as domain layers, we would see this third sense of identity" (WHITE 2008, S.17). Lebensläufe, die festhalten, wann eine Person in welchen sozialen Kontexten in welchen Positionen verankert war, sind ein Beispiel für diese Identitätsform. [9]

Die vierte Identitätsform, die interpretierte Identität, befasst sich wie die Laufbahnidentität mit dem Durchgang von Identitäten durch soziale Räume und fügt der dritten Identitätsform (Selbst-) Interpretationen von Laufbahnen hinzu. In den Worten WHITEs entspricht sie einer "narratively embedded journey through different netdoms" (a.a.O.). Interpretierte Identitäten kommen dem Alltagsverständnis von der Identität einer Person am nächsten. Ein Beispiel für interpretierte Identitäten sind autobiografisch angelegte Stories, mit denen sich Personen präsentieren. Die interpretierte Identität umfasst aber auch die Geschichten, die von anderen zirkuliert werden und die beispielsweise den Charakter einer Person beschreiben. [10]

Die fünfte Identitätsform betrachtet Identitäten als Styles, in denen sich alle vorangegangenen Identitätsformen zu einer neuen Gestalt verbinden. Styles indizieren "profiles of tempo and content" (S.172) über verschiedene Kontexte hinweg. Sie weisen einen bestimmten Rhythmus auf, etwas, das sie spezifisch werden lässt, d.h. "specific patterns or matrices of perceptions, appreciations, and actions" (S.119). Während die vierte Identitätsform interpretierte Laufbahnen von Personen (beispielsweise autobiografisch angelegte Stories oder Fremdbeschreibungen anderer) meint, steuert die fünfte Identitätsform eine Realisierung von Identitäten an, die über Interpretationen hinausgeht. Sie zielt auf die Logik der Hervorbringung von Identitäten der vorgelagerten Ebenen und schließt dabei sowohl die Wahl zwischen alternativen Kontexten beim Switching ein als auch Wahlverwandtschaften bei der Positionierung in solchen Kontexten. Identitäten als Styles zu betrachten, setzt eine Beobachtungsposition voraus. Im Folgenden wird von "personalen Styles" gesprochen, um deutlich zu machen, dass es um individuelle Personen und nicht etwa um Organisationen oder Staaten geht. [11]

Insgesamt bauen die fünf Identitätsformen zwar aufeinander auf, sie schließen sich aber nicht wechselseitig aus. In der theoretischen Architektur WHITEs verweisen die Identitätsbegriffe auf alternative Realisierungsformen, die ein und demselben empirischen Phänomen zu eigen sein können. Soziale Kontexte regeln die Zulässigkeit anderer, "fremder" Identitätsformen z.T. dezidiert. Beispielsweise darf in Ärzt/innen-Patient/innen-Beziehungen (mit typisierten Identitäten, zweite Form), die Persönlichkeit des Arztes/der Ärztin (interpretierte Identität, vierte Form) durchaus aufscheinen, aber nur zeitweise (d.h. als flüchtiges Element lokaler Identitäten, erste Form) und nur in gewissen Grenzen. Seine/ihre Position selbst dürfen persönliche Konnotationen der Ärzt/innenrolle nicht kontaminieren. Für Beobachtende werden die Identitätsformen zu Brillen, die man wechseln kann, um einen bestimmten Auflösungsgrad zu erreichen und sich jeweils auf bestimmte Aspekte eines Phänomens zu beziehen. [12]

2.3 Märkte und Biografien als relevante Kontexte von Marktidentitäten

Der theoretische Mehrwert des in diesem Beitrag vorgeschlagenen Konzepts von fragilen Marktidentitäten ist die Integration von WHITEs Marktsoziologie mit seiner allgemeinen Sozialtheorie. Bislang wurden Marktidentitäten vorrangig mit Bezug zu Märkten gesehen und andere (Identitäts-) Verkettungen vernachlässigt. Im Folgenden wird zunächst eine rein markttheoretische Lesart ausgeführt, dann werden personale Styles als Bezugspunkte eingeführt und schließlich wird das Schnittfeld von Märkten und Biografien vermessen. [13]

Märkte

Die netzwerktheoretische neue Wirtschaftssoziologie, die Harrison C. WHITE mitbegründet und maßgeblich geprägt hat, versteht Märkte grundsätzlich als diskursive Strukturen, die sich durch wechselseitige Beobachtungen der Marktteilnehmenden (oder: Marktidentitäten) bilden und erhalten. Beobachtungen werden von Identitäten vorgenommen und vollziehen sich über Storytelling. Den Kern solcher Marktdiskurse modelliert WHITE (1981) in seinem Basismodell für Produktionsmärkte. Demnach streben die Marktidentitäten nach der Maximierung der Differenz von Beschaffungskosten und Einnahmen (WHITE 2002, S.2). Wie für alle Identitäten in WHITEs Theorie ist auch für die Marktidentitäten existenzielle Ungewissheit das zentrale Bezugsproblem. Sie wird überwunden, indem die Marktidentitäten sich wechselseitig anhand von möglichst verlässlichen Informationen, wie etwa der Produktionsmenge, beobachten. Gleichzeitig versuchen sie, eine Marktnische für sich zu finden und diese anderen zu signalisieren (MÜTZEL 2007). Im Basismodell unterscheiden sich diese Marktnischen lediglich über das Verhältnis von produzierter Menge und Einnahmen (WHITE 1981, S.518-520). Aus dem in Stories vermittelten Wechselspiel von Beobachten und Signalisieren entsteht ein Marktprofil mit Positionen, von denen jede eine bestimmte Kombination von Produktionsmenge und Einnahmen als Alleinstellungsmerkmal aufweist. Angebot und Nachfrage treffen sich nach WHITE (1981) gerade nicht in einem Punkt, sondern in vielen Punkten. Die Abstimmung der Produktionsmengen erfolgt nicht primär zwischen Anbieter/innen und Nachfrager/innen, sondern zwischen um Marktnischen konkurrierenden Produzent/innen (DIAZ-BONE 2010). Produktionsmärkte sind typischerweise miteinander verkettet, sodass die Produkte eines vorgelagerten Marktes Teil der Herstellungskosten in einem nachgelagerten Markt werden. In Produktionsmärkten bilden sich damit neben Produzent/innen und (nachgelagerten) Konsument/innen stets auch Zulieferidentitäten. Insgesamt können Märkte damit ähnlich wie Pumpen funktionieren, die Produkte entlang einer Produktionskette von vorgelagerten zu nachgelagerten Märkten weiter transportieren. Seinem Ideal einer modellierenden Soziologie folgend (BRINT 1992) reduziert WHITE (2000) die empirische Vielfalt von Märkten auf Variationen entlang weniger Variablen. [14]

Biografien

Biografien im Sinne der Biografieforschung (APITZSCH 2003; DAUSIEN 2013; ROSENTHAL 2005) lassen sich mit der Theorie WHITEs als personale Styles auffassen. Als solche sind sie Bewegungsgestalten mit eigener Identität (Spezifizität), die quer zu den Bedeutungen und Strukturen liegen, die Identitäten vorgelagerter Identitätsformen in ihren sozialen Kontexten ausmachen. Personale Styles verbinden diese Identitäten miteinander. Sie sind ein generatives Prinzip der Bewegung über die Zeit und durch soziale Kontexte hinweg, das als solches – als Prinzip – erst durch die Beobachtung sichtbar gemacht wird. Personale Styles wirken im sozialen Raum, sofern sie als translokale Regelmäßigkeiten wahrgenommen und Identitäten ursächlich zugerechnet werden. Was von personalen Styles erkannt und sozial relevant gemacht wird, sind häufig Teilphänomene, z.B. biografische Erzählungen gegenüber Freund/innen, interaktive Selbstpräsentationen oder Bewerbungen. Die Teilphänomene von personalen Styles treten in allen Identitätsformen auf, beispielsweise im Small Talk (lokale Identität), in festen Freundeskreisen (typisierte Identität), in Dokumentationen eines Lebenswegs (Laufbahnidentität) und in Interpretationen dieser Laufbahnen durch die Identitäten, denen sie zugeschrieben werden oder durch andere Personen in deren Kontext (interpretierte Identität). In jeder Realisierungsform scheint der personale Style als etwas auf, was über die Einnahme von Positionen im jeweiligen Kontext hinausweist.2) Die konstitutiven Identitäten der ersten und zweiten Realisierungsform nehmen tendenziell weniger Raum in der Bewegungsgestalt des personalen Styles ein als die der dritten und vierten Realisierungsform. Allerdings sind Durchgriffe immer wieder möglich, etwa wenn Positionierungen in einzelnen Kontexten (lokale Identität) als Schlüsselerlebnis in das Selbstbild (interpretierte Identität) aufgenommen werden oder wenn Letzteres durch Erfahrungen in Rollenkontexten wie etwa dem des Hartz-IV-Bezugs (typisierte Identität) umgearbeitet wird. Den kontextbezogenen Zugang zu Biografien haben WHITEs Styles mit Ansätzen der Biografieforschung gemein, die Handlungen nicht primär aus einer biografischen Tiefenstruktur herleiten, sondern diese auf konkrete Kontexte und biografisch geprägte Interpretationen dieser Kontexte beziehen (ZINN 2010). [15]

Schnittfeld Markt-personaler Style

Marktidentitäten emergieren an den Schnittstellen von personalen Styles und Marktpositionen bzw. Marktnischen.3) Um ihre Existenz zu sichern, müssen sie sich in marktbezogene und personale Kontexte gleichermaßen einbetten. Dabei kommen zwei Arten von Kontrollversuchen zum Einsatz: die Etablierung von Äquivalenzen sowie von Distinktionen. Einbettungen über Äquivalenzen vollziehen sich in Stories, die die Ähnlichkeit zu diesen Kontexten betonen, während Distinktionen vor dem Hintergrund dieser Gemeinsamkeiten gerade vom Spezifischen erzählen. Mit anderen Worten: In ihrem Behauptungskampf müssen Marktidentitäten einerseits zeigen, wie sie an die relationale Struktur aus Marktpositionen anschließen. Damit signalisieren sie, zu welchem Markt sie gezählt werden wollen und mit wem sie zu konkurrieren gedenken. Andererseits ist der Eintritt in den Markt nur möglich, wenn eine Nische identifiziert wird, d.h. von anderen Marktnischen als besonders (in Qualität, Produktionsvolumen, Einnahmen) abgegrenzt wird. Das gleiche gilt für die Einbettung der Marktidentität in einen personalen Style. Einerseits erfordert die Anpassung an die Marktlogik eine Herauslösung aus der übergreifenden Lebensgestalt, eine Isolierung gegen deren Verflechtungen, die frei macht für das rationale Kalkül der Märkte. Andererseits bringt die Zugehörigkeit zu einem Style Anschlüsse an diesen bzw. die Fortsetzung des Charakteristischen eines Styles mit sich. Äquivalenzen zu personalen Styles können eine Ressource sein für den Zuschnitt der Rolleninterpretation – für die Identitätsentwürfe –, die die Marktidentitäten auf den Marktpositionen einnehmen. Die empirischen Fallstudien zeigen Gelingen bzw. Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten entlang dieser vier Grenzziehungen (Äquivalenzen zum personalen Style, Distinktionen zum personalen Style, Äquivalenzen zum Markt, Distinktionen zum Markt). [16]

3. Das Forschungsdesign

In diesem Abschnitt werden Erhebungs- und Auswertungsmethoden sowie das Vorgehen bei der Fallauswahl geschildert. Die Fallstudien zu den Selbständigen, anhand derer das Gelingen und Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten exemplifiziert wird, sind Teil einer Studie über die Förderung von (Solo-) Selbständigkeit als Weg aus Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (PONGRATZ, BERNHARD, WOLFF & PROMBERGER 2013) mit dem sogenannten Einstiegsgeld nach §16b des Sozialgesetzbuchs II (SGB II). Als Alternative zur Vermittlung in abhängige Beschäftigung kann das Einstiegsgeld bis zu zwei Jahren in einer Höhe von in der Regel 50% des Grundbedarfs gewährt werden (s. ausführlich PONGRATZ et al. 2013, S.12-15). In einer Implementationsstudie, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Kooperation mit dem Institut für Sozialforschung e.V. (München) durchgeführt hat, wurde dieses Förderinstrument aus drei Richtungen heraus betrachtet: aus der Sicht der Fachkräfte in den Jobcentern, mit Blick auf die Interaktionen zwischen Fachkräften und Förderinteressierten und aus der Perspektive der Geförderten. Mit Letzteren wurden zwischen den Jahren 2011 und 2014 narrative Interviews geführt, die die Befragten in eingangs wenig vorstrukturierten Erhebungssituationen zum Entfalten und Verweben von Small Stories einluden (BERNHARD 2014). Die interviewten Selbständigen stammen aus dem Zuständigkeitsbereich von sechs Jobcentern, in denen Fachkräften befragt und Interaktionsbeobachtungen durchgeführt wurden. Die Jobcenter wurden nach regionalen Unterschieden der Arbeitsmarktrahmenbedingungen ausgewählt (z.B. bei der Siedlungsdichte oder der Höhe der Arbeitslosigkeit), um die lokal variierende Nachfrage nach Arbeitskräften und damit zur Selbständigkeit alternative Beschäftigungsmöglichkeiten näherungsweise zu erfassen. Für die sechs Jobcenter wurden aus den administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit soziodemografische Informationen zu allen mit dem Einstiegsgeld geförderten Neugründenden aus den letzten zwölf Monaten vor dem Befragungszeitpunkt gezogen und aus dieser Grundgesamtheit nach einem Quotenplan Personen kontaktiert (vgl. PONGRATZ et al. 2013, S.37-40). Da die erkenntnisleitenden Fragestellungen des Projekts auf Gemeinsamkeiten der Erfahrungen von geförderten Selbständigen zielten, sollte der Quotenplan sicherstellen, dass unter den Befragten eine Varianz hinsichtlich Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und Bildungsstand vorlag. Insgesamt wurden 40 Personen befragt. Die weitere Auswahl von Fällen für detaillierte Fallstudien erfolgte im Zuge eines mehrstufigen Auswertungsprozesses (s. unten). [17]

Bestandteile der Interviews waren neben narrativen Passagen zur Erwerbsbiografie auch qualitative, egozentrierte Netzwerkerhebungen zu wichtigen Kontakten während der Gründungsphase und soziodemografische Fragebögen (HOLLSTEIN & STRAUS 2006). Zu allen Interviews wurden Interviewprotokolle angefertigt, die Notizen zur Interviewsituation (etwa zu Vor- und Nachgesprächen und nicht aufgezeichneten Unterbrechungen) und Beschreibungen der Räume enthielten, in denen die Interviews geführt wurden (zumeist die Arbeitsräume der Selbständigen). Alle Interviews wurden vollständig transkribiert und inhaltlich anhand einer Themenliste zusammengefasst.4) Grundlage der Auswertung in Fallstudien waren damit unterschiedliche Datenformate: Audiodateien der Interviews, Transkriptionen, ausführliche Interviewprotokolle, soziodemografische Fragebögen, Netzwerkkarten einschließlich der Merkmale und Beziehungen der genannten Netzwerkkontakte untereinander sowie thematische Zusammenfassungen. [18]

Für die Auswertung des Datenmaterials wurden narrativ-biografische Ansätze (ROSENTHAL 2005) mit Ansätzen der Small Story-Forschung (BAMBERG 2007; BERNHARD 2014), der Inhaltsanalyse (MAYRING 2000) und der qualitativen Netzwerkanalyse in drei Schritten kombiniert (HERZ, PETERS & TRUSCHKAT 2015; HOLLSTEIN & STRAUS 2006): Im ersten Schritt wurden für die 40 Interviews der ersten Welle grobe thematische Leitkategorien erstellt (etwa: "Konzept des Gründungsprojekts" oder "Entstehung der Idee im biografischen Kontext") und die Interviews entsprechend inhaltlich kondensiert. Die Zusammenfassungen ermöglichten einen systematischen Zugang zu Varianzen im Datenmaterial und waren Grundlage für eine erste Einordnung einzelner Fälle. [19]

Im zweiten Schritt wurde "Marktbezug" als eine zentrale Unterscheidungsdimension der Fälle identifiziert (PONGRATZ & ABBENHARDT 2015, S.211). Diese Dimension differenziert die Selbständigen in drei Ausprägungen danach, wie intensiv sie sich auf den Markt beziehen (sehr, mittel, wenig). Ein intensiver Marktbezug liegt vor, wenn Selbständige für ihr Markthandeln (etwa für die Positionierung ihrer Produkte, ihre Werbeaktionen oder Preissetzungen) eine Reaktion anderer Marktidentitäten organisieren, die ihnen bei der Orientierung auf dem Markt weiterhilft (etwa in Form eines Kaufs oder einer Empfehlung). Ein geringer Marktbezug liegt vor, wenn solche Reaktionen entweder gar nicht herausgefordert werden, wenn das darauf ausgerichtete Tun für diesen Zweck ungeeignet ist oder wenn Rückmeldungen des Marktes übergangen werden. Die ersten beiden Auswertungsschritte haben deutlich gemacht, dass unterschiedlich intensive Marktbezüge entscheidend beeinflussen, wie Selbständigkeit gelebt und erfahren wird. [20]

Im dritten und zentralen Auswertungsschritt wurden schließlich neun Fallstudien erstellt.5) Zur Fallauswahl wurden die Fälle den drei Ausprägungen der Dimension "Marktbezug" zugeordnet und Fälle aus allen Dimensionsausprägungen berücksichtigt. Die Fallstudien gründen 1. auf narrativen Analysen der Eingangspassagen der Interviews sowie auf objektiven Lebensläufen. Das Vorgehen orientierte sich an ROSENTHAL (2005) und war darauf ausgelegt, erste Arbeitshypothesen zu den Fällen zu entwickeln, die bei den nachfolgenden Auswertungsschritten präzisiert, ergänzt, korrigiert und zu Fallstudien verdichtet werden konnten. Im Anschluss wurde 2. das gesamte Interview inhaltsanalytisch kodiert. Dabei wurden neben deduktiv entwickelten Kategorien (wie "Rolle des Jobcenters in der Gründungsphase") auch induktive Kategorien zu den Netzwerkkontakten der Interviewten gebildet (z.B. "Peter", "meine Mutter"). Die Kodierung diente neben der Erschließung des vollständigen Datenmaterials auch der Auswahl von Passagen für den dritten Auswertungsschritt, d.h. für die die sequenziellen Positionierungsanalysen von markanten Interviewpassagen und von Äußerungen zu Netzwerkkontakten (BERNHARD 2014). Die Erkenntnisse dieser Auswertungsschritte wurden zu gegliederten, ca. 12-15-seitigen Fallstudien integriert. [21]

4. Scheiternde und gelingende Identitätskonstruktionen – Zwei Fallbeispiele

Im theoretischen Teil wurde herausgearbeitet, dass Marktidentitäten am Schnittpunkt von Marktpositionen und Biografien angesiedelt sind. Diese Lokalisierung ist fragil: Sie erfordert permanente Einbettungsarbeit in Richtung beider Kontexte und sie kann empirisch fehlgehen. Die nachstehenden Fallstudien verdeutlichen (im Falle von Frau Heinz6)) Gelingen bzw. (im Falle von Herrn Carsten) Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch gelungene Arbeiten an der Marktidentität einen (dauerhaften) Erfolg am Markt nicht garantieren. Gleichwohl sind sie ein notwendiges Kriterium von Markterfolg, denn nur eingebettete Marktidentitäten schaffen die Grundlage für adäquates Beobachten und Signalisieren unter Konkurrierenden und gegenüber Kaufenden. [22]

4.1 Frau Heinz

Frau Heinz entscheidet sich früh für einen Lebensweg außerhalb gängiger Institutionen von Bildung und Beruf. Sie bricht die Schule vor der Mittleren Reife ab und begibt sich auf eine mehrjährige Weltreise, die in A-Stadt endet, wo sie für mehr als zwei Jahrzehnte bleiben wird. Dort arbeitete sie – über längere Zeit großzügig von einem Mäzen unterstützt – als Modedesignerin in einem künstlerisch-elitären Marktsegment. Sie fühlt sich zum künstlerischen Schaffen berufen und bescheinigt sich ein außerordentliches Talent, das sich in Verkaufserfolgen niederschlägt (39-43).7) Als ihr im Alter von knapp 40 Jahren das Ladengeschäft über den Kopf zu wachsen droht, stellt sie es ein und setzt ihre Tätigkeit für ein weiteres Jahrzehnt von zu Hause aus fort. Aus persönlichen Gründen entschließt sie sich wenige Jahre vor ihrem 50. Geburtstag zur Rückkehr in eine deutsche Großstadt in der Nähe ihrer Eltern. Hinsichtlich der Zeit während und nach dem Umzug klafft eine Lücke in ihren Erzählungen. Fast bis zum Ende ihres sechsten Lebensjahrzehnts bleibt unklar, ob sie dem Erwerbsleben überhaupt zugewandt ist. Andeutungen weisen auf eine prekäre finanzielle Situation hin (52-61). Als Stationen erwähnt sie lediglich zwei mehrjährige Arbeitslosigkeitsphasen und einen (zeitlich nicht näher eingeordneten) gescheiterten Versuch, sich als künstlerische Dekorateurin selbständig zu machen (1321-1322). Im Jahr vor dem Interview entschließt sie sich zu einer Selbständigkeit als Fotografin in einem hochpreisigen, künstlerischen Marktsegment, wobei sie sowohl künstlerische Fotografien für Galerien als auch Portraitfotografien für "normale Kunden" anbietet.8) Zum Interviewzeitpunkt ist sie ca. 60 Jahre alt. Ihre Förderung mit dem Einstiegsgeld läuft demnächst aus. [23]

Äquivalenzen zum personalen Style: zurück zu alter Größe

Marktidentitäten werden über Äquivalenzen und Distinktionen in personale Styles eingebettet. Bei Fr. Heinz sind die Anschlüsse, die sie bei der Etablierung ihrer Marktidentität als künstlerische Fotografin zu ihrem personalen Style herstellt, augenscheinlich. Ihr Selbstbild (interpretierte Identität) orientiert sich stark an gesellschaftlich verankerten Storysets des "idealen Künstlertums". Künstlerisches Tun als Berufung ergibt sich für sie als Resultat einer biografischen Selbstfindungsphase, die mit dem Schulabbruch beginnt. An keiner Stelle des Interviews deutet sie auch nur an, etwas anderes als eine kreativ-künstlerische Tätigkeit in Erwägung gezogen zu haben. Im Einklang mit gängigen Storylines im Themenfeld Kunst beschreibt sie ihren Weg als Folge eines "Drangs" bzw. "Zwangs" (175). Ihr "Talent" (536) und ihr "Niveau" (78-79) sind für sie sichere Zeichen der Berufung. Sie inszeniert diese interpretierte Identität interaktiv als Präsentationsinteresse (lokale Identität) in der Interviewsituation (typisierter Kontext). Sie legt ihre aktuelle Selbständigkeit als Wiederauflage ihrer Zeit in A-Stadt an, in der ihr ureigenes Talent in günstiger Umgebung zur vollen Entfaltung kam. Damals hat sich ihr "Künstlertum" als zentraler Zug der personalen Identität entwickelt und am Markt für Modedesign als typisierte Identität in einer Nische durchgesetzt. Das soll sich nun wiederholen; sie möchte sich "wieder [...] etablieren" (61). Die äußeren Bedingungen haben sich allerdings deutlich verschlechtert. Dafür stehen stellvertretend ihre Hauptfinanzierungsquellen in den beiden Lebensphasen, dort der großzügige Mäzen, der ihr den Zugang zur High Society ermöglichte, hier der Leistungsbezug des SGB II, der sie in ihren Möglichkeiten erheblich einschränkt. [24]

Distinktion vom personalen Style: der Erwerb unternehmerischer Fähigkeiten

Dass Fr. Heinz bei aller Konsistenz zwischen ihrer personalen Identität die Veränderung ihrer Lebenssituation wahrgenommen und darauf reagiert hat, zeigt sich an ihrer Einstellung zur Notwendigkeit wirtschaftlichen Kalkulierens während der Selbständigkeit. Analytisch gesehen geht es dabei um die Ausbildung einer "calculative agency" (CALLON 1998a, S.4), was bei Solo-Selbständigen beispielsweise die Fähigkeit umfasst, das eigene Produktangebot marktkonform zu präsentieren, angemessene Preise zu setzen und Rechnungen einzutreiben. In ihrer früheren Selbständigkeit konnte sie sich ganz auf ihr künstlerisch-gestalterisches Tun beschränken (84-90): "Wie gesagt, in A-Stadt hatte ich mit gar nichts vom Business was zu tun, außer mit der kreativen Seite"9) (322-324). Zur Verdeutlichung ihres Wissensstandes erzählt sie eine Geschichte:

"Vor ein paar Jahren, da hab' ich mal so [Motive für den Valentinstag gemacht], 'ne schöne kleine Kollektion. Da war ich in einem Geschäft gewesen. Und da sagt er: Ja, na ja, sagt er, wie viel wollen Sie denn dafür? Da sag ich, weiß ich nicht. [lacht] Das war echt doll. Das war richtig stark, war das. [...] Man kann nicht gut in allem [lachend] sein" (615-621). [25]

Sie agiert in dieser Story primär als künstlerische Produzentin von Valentins-Motiven und als solche tritt sie auch in der Interaktion mit dem Kaufinteressenten auf. Die Passage zeigt ihren früheren Anspruch, sich letztlich nicht auf die Markttransaktionen mit all ihren Konsequenzen (hier Preissetzung als Fixierung des Wertes ihrer Kunst) einzulassen. Sie erwartete und war es gewohnt, dass sich der Markterfolg quasi von selbst einstellte. Der Mangel an verkäuferischen Fähigkeiten war für sie kein Makel. Vielmehr schmückte sie sich damit, denn es ist ein charakteristischer Mangel, der ihre Verankerung in der Welt der Kunst deutlich machte (wie man mit BOURDIEU [2001] sagen könnte: am reinen Pol der Kunst). Auch heute noch sympathisiert sie grundsätzlich mit ihrem unternehmerischen Unvermögen (s. 621). [26]

Bemerkenswert ist, dass sie kaufmännisch-praktische Aspekte der Selbständigkeit mittlerweile in ihre Definition einer Marktidentität aufnimmt. Das beinhaltet neben dem Erlernen neuer Computerfähigkeiten zur Webseitenprogrammierung (359-368) gerade auch den Verkaufsaspekt. Sie belegt ein vom Jobcenter finanziertes Seminar, das sie als "Riesenhilfe" (611) einstuft. Es zeichnet sie aus, dass sie den Fortbildungsbedarf erkennt, angeht und das erlernte Wissen auch gleich anzuwenden sucht. [27]

"Und jetzt war ich so'n paar Mal mit meiner Mappe unterwegs gewesen. Und hab' dann so alles, was ich gelernt hab, mal angebracht. Aber ich mein, ich muss mich dazu zwingen. Also, das ist nicht meine Sache" (93-96). Die Sequenz erinnert daran, dass unternehmerisches Markthandeln ihrer personalen Identität zwar fremd war, dass es sich jetzt aber widerständig dort einnistet ("mich dazu zwingen"). Das ist ein Element der Distinktion, der Konsistenzunterbrechung (zur personalen Identität ebenso wie zur früheren typisierten Marktidentität in A-Stadt), das zur Einbettung der Marktidentität in ihren personalen Style beiträgt. Die Einstellung zu kaufmännisch-unternehmerischem Markthandeln gerät ihr zum Prüfstein der Anpassung an Notwendigkeiten. Es ist eine Bewährungsprobe, die sie meistert: "Aber ich hab's gemacht. Weil ich's machen wollte. Und jetzt kann ich's. Aber es hat halt seine Zeit gedauert" (372-374). [28]

Äquivalenzen zum Markt: auf dem Weg zum repräsentativen Marktauftritt

Fr. Heinz zielt mit ihren künstlerischen Fotografien auf einen sehr speziellen Teilmarkt, der in ihren Stories in zweierlei Hinsicht beschrieben wird. Zum ersten handelt es sich um einen Kunstmarkt, der eigenen Regeln unterliegt. Auf Kunstmärkten wie dem ihren werden Käufer/innen und Verkäufer/innen nicht einfach über Preise und Informationen zusammengebracht. Dem Verkaufsprozess geht vielmehr etwas voraus, dass Fr. Heinz sich als ein "Einander-Finden" vorstellt, also einen Prozess, bei dem quasi-magisch homologe Geschmäcker aufeinandertreffen. Kunst sei eine "total uneinschätzbare Sache" (456), Empfehlungen und besondere Qualitäten von Kunstwerken entschieden über ihre Verkäuflichkeit. Zum zweiten avisiert sie mit ihren Fotografien ein hochpreisiges Marktsegment, das durch Galerien und Luxusshoppingmeilen in bester Lage gekennzeichnet sei (s. unten). In solchen Galerien gingen die Preise für einzelne Produkte in die "Tausende" (123). Zudem hätten Galerien eine je eigene Handschrift, einen "eigenen Stil" und "eigene Themen" (464-465). [29]

Für Fr. Heinz folgt aus diesen Merkmalen ihres Zielmarktes, dass sie zunächst die Galerien als Mittlerinnen davon überzeugen muss, sie auszustellen; dies sei nur möglich, wenn es ihr gelinge, an deren Anspruch anzuschließen. Ihre eigene Position auf dem Markt formuliert sie in ihren Stories aus dem Blickwinkel der Galerien als die einer Person, die "da so aus dem Nichts auftaucht" (466) und in der Folge erst einmal warten müsse, bis ihr Angebot "so einsinkt und bis die [Galerien] überhaupt wissen, dass es so was gibt" (468-469). Um die Funktionslogik ihres Zielmarktes wahrzunehmen, übernimmt sie also die Außenperspektive der Galerist/innen auf sich und ihre Arbeiten und versucht, sich entsprechend darauf einzustellen (Äquivalenz-Stories). Sie antizipiert, dass sie sich in ihrem Marktsegment nur bewegen kann, wenn sie ein entsprechend hochwertiges Auftreten als Marktidentität hat. Das betrifft ihre Webseite, insbesondere aber ihre Mappe, mit der sie ihre Fotografien den Kund/innen präsentieren kann:

"Was ich jetzt hab, meine Mappe und alles, ist alles wieder auf dem Level sehr repräsentativ zu sein. Und ich mein, jetzt kann ich was damit anfangen. Und ich mein, bin jetzt erst so seit drei Monaten 'on the road', also unterwegs mit der Mappe" (97-100). [30]

Erst nach erheblichem (auch finanziellen) Aufwand stuft sie ihre Mappe als "repräsentativ" ein, d.h. als an die marktbegründenden Erwartungen der anderen Marktidentitäten anschlussfähig. Nicht umsonst erwähnt Fr. Heinz die Mappe nicht nur an dieser Stelle als einen zentralen Baustein ihres Marktauftritts (z.B. 93 oder 152). Sie kann jetzt als Signal in den Markt getragen werden ("on the road"). [31]

Distinktion auf dem Markt: Talent zur Komposition

Mit ihrem aktuellen Marktauftritt bietet Fr. Heinz Fotografien von z.B. "floralen Motiven" (1089) an. Ihre Marktnische beansprucht sie über die künstlerische Qualität der Bilder. Sie seien "originell" (26), "glamourös" und "elegant" (36), würden als "toll" wahrgenommen (725). Innerhalb des Marktes ließen sie sich "auf der höchsten Stufe" (459-469) anbieten. Immer wieder betont sie, dass ihre Werke Galerist/innen wie von selbst überzeugten (z.B. 1097ff.), und sie zeigt die Werke auch ihrem Gegenüber in der Interviewsituation und fordert eine positive Reaktion ein. Das Motiv des Sich-wie-von-selbst-Verkaufens hat sie aus ihrer früheren Erfahrung als selbständige Künstlerin übernommen. Damit schließt sie explizit an ihre ehemaligen Tätigkeit in A-Stadt an: Zwar wechsele sie das Medium, Fotografie wie Modedesign böten ihr aber in gleicher Weise die Chance zum kompositionellen Arbeiten, das ihr liege:

"Das ist – ich liebe Kompositionen. Und wenn ich durch den Sucher sehe, dann ist das ja auch 'ne Komposition. Das ist 'ne Komposition. Ob ich jetzt ein Kleid – 'ne Komposition aus Stoff mache oder aus äh äh – ich kann auch gestalten, Räume gestalten. Das ist Komposition" (180-185). [32]

Die Charakterisierung der Bilder und ihr Selbstbild (interpretierte Identität) sind über ein wechselseitiges Definitionsverhältnis eng miteinander verknüpft. Ihr Talent fließt in ihre Fotografien ein, wird also zu einem Ausdruck ihrer selbst und im Gegenzug bestätigen ihr die Fotografien (verstärkt durch die Reaktion anderer) ihr Talent. Analytisch gesehen macht Fr. Heinz Äquivalenzen zu ihrem personalen Style zu einer Ressource der Distinktion ihrer Marktidentität auf dem Zielmarkt. [33]

Gelingender Aufbau einer Marktidentität

Äquivalenzen und Distinktionen in Markt-Stories setzen einander voraus. In Fr. Heinz' Fall kann dieses Wechselverhältnis gut an einer Textpassage aufgezeigt werden. Die Passage ist Teil einer längeren Antwort auf die Frage der Interviewerin, wie Fr. Heinz denn die Nachfrage nach ihrem Angebot einschätzen könne. Der zitierte Ausschnitt lässt sich als Belegerzählung verstehen, mit der die Erzählerin zugleich die Wertigkeit und Verkäuflichkeit ihrer Fotografien, ihre praktischen Fähigkeiten bei der Akquise und (implizit) die Angemessenheit ihrer Stories zum Funktionieren ihres Zielmarktes darstellt:

"Das [eine Galerie] ist in der Jonas-Straße. Und die Jonas-Straße, das ist die renommierteste Straße hier in B-Stadt. Da sind alle diese ganzen Novelle-Designer sind da, von Gucci über Vuitton. Das ist die Jonas-Straße hier. Und eines von den Geschäften da ist der Fensterdekorateur, und der ist auch mein Lieblingsdekorateur hier in der Stadt. Und ich hab' gesagt, also wenn ich meine Mappe zusammen hab, den will ich kennenlernen. Der macht tolle Sachen. Die sind absolut toll. Und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Und der hat das schon mit seinem Chef besprochen und alles. Also nächstes Jahr werden die meine Bilder benutzen" (470-480). [34]

Die Sequenz beschreibt ihren Kontakt mit einem Dekorateur in B-Stadt und die Perspektive darauf, dort ausgestellt zu werden. Das Geschäft ist zweifach fremdpositioniert über die "edle" Straße, in der es liegt, und über Fr. Heinzes Präferenz für dessen Produktauswahl ("tolle Sachen"). Indem sie die Absicht bekundet, den Dekorateur "kennenlernen" zu wollen, stellt sie Äquivalenzen her – sie beansprucht die Merkmale des Anderen (Exklusivität, Geschmack) prospektiv auch für sich. Den Zeitpunkt des Aufeinandertreffens verzögert sie allerdings absichtsvoll und verlegt ihn in eine erzählte Zukunft, in der sie ihre "Mappe" fertig hat. Die Mappe mit Beispielen ihrer künstlerischen Arbeiten soll dem Gegenüber auf dem Markt sowohl die Anschlussfähigkeit an dessen Marktposition signalisieren als auch deren besondere, ausstellungswürdige Alleinstellungsmerkmale. Vom eigentlichen Aufeinandertreffen berichtet sie dann nur stark gerafft ("gut verstanden", "werden ... benutzen"), um dann die Konsequenzen im Berichtsstil aufzuzählen ("Chef besprochen", "Bilder benutzen"). Durch das erzählerische Spiel mit der Zeit – der Dehnung zwischen dem Zeitpunkt, an dem sie den Plan fasst und dem Treffen, der kondensierten Darstellung des Treffens und dem gestrafften Resümee desselben – erreicht sie zweierlei: Erstens zeigt sie, dass sie mit ihren Fotografien im hochpreisigen Marktsegment angekommen ist. Deshalb gerät der weitere Ablauf der Interaktion eben nicht zur zähen Verhandlung, sondern entfaltet sich quasi zwangsläufig und lässt sich ex post gut im Berichtsstil referieren. Die Leichtigkeit, mit der sich die Kunstmarktakteur/innen hier finden, rührt von einem Gleichklang der Geschmäcker her. Zweitens zeigt die Anekdote ihre Kompetenz als Marktakteurin – das treffsichere Beobachten und Einschätzen ihres Segments, die Zielstrebigkeit (einschließlich des Abwartens bis die Mappe fertig ist) und den Erfolg ihres Tuns. Das alles sind die Folgen von Einbettungsarbeit, die Äquivalenzen und Distinktionen erfordert. [35]

Fr. Heinz startet ihre Solo-Selbständigkeit in einer schwierigen biografischen Situation der Arbeitslosigkeit und des Leistungsbezugs. Zudem hat sie eingestandenermaßen Defizite bei Verkaufskompetenzen, die für die Etablierung auf Märkten entscheidend sind. Allerdings akzeptiert sie die Relevanz dieser Kompetenzen und geht ihre Schwächen in einer Fortbildung direkt an. Sie investiert damit in eine Entkopplung von ihrem personalen Style, die für die Herstellung von Äquivalenzen und Distinktionen zu ihrem Markt zielführend ist. Den Zeitpunkt des Markteintritts verzögert sie bewusst so lange, bis sie die notwendigen Verkaufsunterlagen angemessen für das von ihr avisierte Marktsegment formatiert hat. Sobald diese Vorarbeiten abgeschlossen sind, organisiert sie sich Feedback zu ihrem Marktauftritt, indem sie in Galerien vorspricht. Darin dokumentiert sich ein intensiver Marktbezug. Ob ihren Bemühungen Erfolg beschieden ist, ist damit keineswegs entschieden. Ein starker Marktbezugs mag für einen Markterfolg notwendig sein, hinreichend ist er indes nicht. Ob sich Marktidentitäten über längere Zeit am Markt behaupten können, hängt von weiteren Faktoren ab, wie etwa von der Marktsättigung, der Entwicklung der Konkurrenzsituation, aber auch von marktexternen Faktoren. [36]

4.2 Hr. Carsten

Hr. Carsten ist ein knapp 60jähriger Mann mit heterogener Erwerbsbiografie. Nachdem er die Schule ein Jahr vor dem Abitur verlassen hat, verpflichtet ihn seine Mutter darauf, eine Handelsschule zu besuchen, die er auch mit Abschluss beendet. Im Anschluss arbeitet er zunächst für ca. fünf Jahre in Hilfstätigkeiten in der Film- und Eventbranche und dann wiederholt in Zeitarbeitsfirmen und auch als Selbständiger. Die Erwerbsphasen sind von zunächst kürzeren, dann länger werdenden Arbeitslosigkeitsphasen unterbrochen. Die längste zusammenhängende Erwerbsphase von fast zehn Jahren erlebt er, nachdem er mit Mitte Zwanzig eine Firma gründet, die Druck- und Marketingaufträge von Firmen übernimmt. Der aktuellen Selbständigkeit geht eine mehr als zweijährige Arbeitslosigkeitsphase voraus, in der er sich nach eigener Darstellung phasenweise intensiv, aber erfolglos auf Stellenangebote beworben hat. In der neuen Selbständigkeit verkauft er Nahrungsergänzungsmittel, die nach einer vorausgehenden sogenannten "Vitalanalyse" (675), mit der der Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln für (potenzielle) Kund/innen ermittelt wird. Vertriebsweg ist die Kaltakquise, d.h. Kund/innen werden z.B. in Fußgängerzonen angesprochen. Allerdings ist Hr. Heinz zum Interviewzeitpunkt bereits dabei, diese Selbständigkeit wegen Erfolglosigkeit aufzugeben. Er plant eine neue Selbständigkeit, die an frühere Tätigkeiten als Druck- bzw. Schriftsetzer und Texter anschließen soll. [37]

Äquivalenzen zum und Distinktionen vom personalen Style: mal etwas ausprobieren

Hr. Carsten weist einen vielfältigen Lebensverlauf auf. Er bricht die Schule ab, besucht eine Handelsfachschule, arbeitet (auch in Zeitarbeitsverhältnissen) in so verschiedenen Branchen wie asiatischer Heilkunst (98) oder der Medienbranche (35), hält sich eine Zeitlang im Ausland auf (40-43) und versucht verschiedentlich, quasi-selbständig Geld zu verdienen. Für den Modus, der diese Lebensgestalt hervorbringt, sind zwei Faktoren prägend. Da ist zum ersten die außergewöhnliche Sprunghaftigkeit, mit der Hr. Carsten Entscheidungen trifft. Selbst weitreichende Richtungswechsel nimmt er spontan vor und scheint dann, fast wie zu Besuch im eigenen Leben zu beobachten, was nun als Nächstes passiert. Dieser Wesenszug interagiert mit einem zweiten Faktor. Häufig sind es externe Begebenheiten, die Hr. Carsten in die Situation bringen, folgenreiche Entscheidungen zu treffen. Beispielhaft für diesen personalen Style ist sein Entschluss, sich zum Gutachter für Wertgegenstände ausbilden zu lassen (61-65). Der Kontakt mit einem Händler dieser Wertgegenstände bringt ihn auf den Gedanken und er setzt dies sofort um, dem Aufwand und offensichtlich geringen Nutzen für seine damalige Berufstätigkeit zum Trotz. Derartiges Vorgehen führt dazu, dass er am Ende eines jahrzehntelangen Weges durch Erwerbskontexte keine klaren beruflichen Präferenzen und Kompetenzen aufweist. Sein Selbstbild (interpretierte Identität) spiegelt das teilweise wieder, beispielsweise wenn er sein Leben zugleich als "tragisch" und "unterhaltsam" (321-322) bezeichnet. Aber er sieht sich auch als eine Art Lebenskünstler und beschreibt sich als kreativ tätigen und interessierten Menschen (1174), der sich in der Nähe zur Kunstwelt bewege (organisiert Vernissagen, 67). Dabei gesteht er auch charakterliche Schwächen ein ("fauler Sack", 624, s. unten). [38]

Die selbständige Tätigkeit als Vertreter von Nahrungsergänzungsmitteln ist über eine sehr spezifische Kombination von Distinktions- und Äquivalenzbestrebungen in den personalen Style von Hr. Carsten eingebettet. Zunächst einmal setzt er mit der neuen Selbständigkeit seinen Lebensmodus fort: Eine Bekannte bringt ihn per E-Mail auf die Idee, es doch einmal mit dem Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln zu versuchen (632-635). Dass die Bekannte für die verkaufende Firma arbeitet, stört ihn nicht (891-892). Der Umstand, dass er selbst seit "Jahrzehnten" (592) Nutzer von Nahrungsergänzungsmitteln ist, erleichtert ihm den Sprung in die neue Unternehmung. Der Schritt in die Selbständigkeit dient ihm aber auch explizit dazu, sich von seinem bisherigen Lebensweg abzusetzen. Seine Motivlage entspricht der einer klassischen Notgründung: Er macht die Erfahrung, am Arbeitsmarkt nicht mehr unterzukommen und führt das auf sein Alter zurück: "Ich mein, ich werd' jetzt zarte 60. Die Firmen wollen mich nicht mehr. Das ist einfach so. Mir bleibt nur übrig, dass ich mich mit irgendwas selbstständig mache" (1267-1269). Überraschender ist, dass er dieses Motiv mit dem Ziel verbindet, durch die selbständige Tätigkeit persönliche Schwächen anzugehen. Er habe Schwächen bei der Kontaktaufnahme mit fremden Menschen und wolle diese bei der angestrebten Selbständigkeit überwinden.

"Eigentlich hab' ich angefangen mir Gedanken darüber zu machen, damals mit den Nahrungsergänzungsmitteln, dass ich das [die Hemmungen, Unbekannte anzusprechen] endlich mal in Griff kriegen sollte. Das heißt, ich wollte das auch machen, weil ich mir versprach, dass ich lerne mit Menschen in Kontakt zu treten" (765-772). [39]

Hr. Carsten verbindet mit der Selbständigkeit also ein persönliches Entwicklungsziel. Er will sich den Marktzwängen aussetzen, auf Leute zugehen, sie beraten und ihnen etwas verkaufen müssen. Die Kompetenzen, die er dabei zu erwerben trachtet, hofft er dann aus der Marktidentität in den personalen Style übernehmen zu können. Eine analoge Form des Transfers erhofft er sich auch in anderen Bereichen. So will er mit der Selbständigkeit sein Aktivitätsniveau halten und sich von Gleichaltrigen in ähnlichen Lebenslagen unterscheiden, die tagsüber auf öffentlichen Plätzen Bier tränken (1266-1272). Außerdem möchte er seinen "Schweinehund" (1270) überwinden und seinen Tagesablauf stärker strukturieren. [40]

Äquivalenzen und Distinktionen zum Markt: limitierte unternehmerische Aktivität

Marktidentitäten suchen sich Marktnischen, indem sie den Markt lesen, mit anderen Marktidentitäten Geschichten zirkulieren, mit der Marktgegenseite interagieren und dabei ihre Anschlussfähigkeit und Besonderheit relational definieren. Die Nahrungsergänzungsmittel-Firma für die Hr. Carsten arbeitet, lässt ihm allerdings wenig Raum für dieses Positionierungsspiel. Produkt, Werbung und Vertriebsweg sind ihm weitgehend vorgegeben. Das Produkt ist auf dem Markt als hochpreisiges und hochwertiges Angebot platziert. Als Besonderheit wird ein Verfahren angepriesen, mit dem Vitamine nach der Einnahme besser aufgeschlüsselt würden (634). Dem Produktverkauf gehe eine "Vitalanalyse" (675) voraus. Ein Produktpaket kostet einen dreistelligen Eurobetrag, von dem Hr. Carsten ein fester Anteil als Einnahme verbleibt. Vorbereitende Schulungen erfolgen über Selbstlernmodule im Internet (806). Man könnte sagen, dass die Herstellerfirma ihm eine vorgefertigte Rahmen-Marktidentität anbietet, in die er seine Marktidentität einnisten kann. Die faktische Einengung der unternehmerischen Spielräume verstärkt Hr. Carsten noch dadurch, dass er vollständig darauf verzichtet, die von ihm angebotenen Produkte in ein Feld konkurrierender Nahrungsergänzungsmittel einzuordnen und sein Markthandeln entsprechend auszurichten. Stattdessen beruft er sich auf seine persönliche Identifikation mit dem Produkt: "Das Zeug ist echt gut" (766). [41]

Hr. Carstens Marktaktivitäten sind auf die Frage konzentriert, wie er ein gegebenes Produkt mit gegebenen Produkteigenschaften zu gegebenen Bedingungen an die Kund/innen bringen kann. Der Fokus auf den Vertrieb würde sich tatsächlich dazu eignen, sein persönlichkeitsbildendes Projekt voranzutreiben und zu lernen, offen auf fremde Menschen zuzugehen. Er geht den Verkauf auch zunächst motiviert an und differenziert Einkaufsstraßen in seiner Stadt nach Verkaufspotenzialen. So ist es nach seiner Beobachtung an einigen Orten leichter, bei Passant/innen auf offene Ohren zu stoßen (696). Auch seine Schwächen bei der Kontaktaufnahme geht er zunächst gezielt an und rekrutiert eine Freundin, die ihm in dieser Hinsicht ein Vorbild ist, um mit ihr durch die Fußgängerzone zu laufen:

"Und dann hab ich sie [die Freundin Jutta] gefragt, auch, weil sie so 'ne direkte Art hat, auf die Leute zuzugehen, was mir zum Beispiel völlig abgeht. Also, ich kann das nicht. Oder kaum. Manchmal kann ich das, manchmal, aber das ist nix Stabiles. Da müsst ich eigentlich noch etwas, da müsst ich irgendetwas noch machen, dass da bei mir irgendwelche Hemmungen oder so was äh beseitigt werden. Weil die geht einfach auf die Leute drauf zu, strahlt die an und fängt mit denen an zu reden. Und die reden zurück! Und ich schau' da und frag': Wie? Das funktioniert ja. Aber bei mir funktioniert's nicht. Ja? Weil bei mir ist da 'ne Sperre. Wenn jemand zu ist, dann bin ich auch gleich zu. Der ist das Wurst. Die ist offen, geht [hin], der andere öffnet sich auf einmal. Ganz schnell. Toll! War also schön zu beobachten. Also mit der war ich mal auf der Fußgängerzone. Ja? Also mit der – die hat überhaupt keine Probleme" (943-956). [42]

In der Story ist ein Meisterin-Lehrling-Verhältnis (typisierte Identitäten) angelegt, das er initiiert hat. Von Jutta (der Lehrmeisterin) will er lernen, auf Leute zuzugehen. Im Gegensatz zu Jutta, die Fremde aktiv anspricht, sie "anstrahlt", unabhängig davon ob diese angesprochen werden wollen oder nicht ("Der ist das Wurst"), hat er Hemmungen ("Sperre"). Die typisiert und stark gerafft erzählten Aufeinandertreffen von Jutta mit Passant/innen bestätigen damit seine Erwartungen. Der gemeinsame Besuch in der Fußgängerzone wäre also durchaus für den Zweck geeignet, aus Beobachtung zu lernen und einen Ausgangspunkt der Persönlichkeitsentwicklung zu bilden. Es passiert aber nichts dergleichen. Stattdessen zieht sich Herr Carsten aus der Handlungs- in die Beobachtungsperspektive zurück ("schön zu beobachten", "irgendwas noch machen") und lässt der Erfahrung, dass Passant/innen durchaus erreichbar sind, keine Konsequenz folgen. Der transformative Impuls, mit der die Story beginnt ("hab ich sie gefragt"), mündet in eine Dokumentation eben der unterschiedlichen Persönlichkeitszüge, die ihr Ausgangspunkt waren ("die ... keine Probleme"). [43]

Obwohl das Ansprechen Unbekannter ein doppelt wichtiges Projekt ist – als Bereicherung der Persönlichkeit und als Schlüsselkompetenz der vom Hersteller der Nahrungsergänzungsmittel vorgerahmten Marktidentität – verfolgt es Hr. Carsten nicht weiter. Er bringt die Geschichten zu seinem Produkt also gar nicht erst in Umlauf; sie können so nicht als Signal bei den Kund/innen ankommen und entsprechend erzeugen sie keine Reaktionen, an denen sich eine Marktidentität ausrichten kann. Für die Ausbildung einer Marktidentität ist weiterhin hinderlich, dass Hr. Carsten auch dann nur eingeschränkt auf Marktsignale der Gegenseite reagiert, wenn er sie empfängt. Aus Interaktionen mit potenziellen Käufer/innen berichtet er, dass vielen das Produkt zu teuer sei (681) und dass andere wegen enthaltener Süßstoffe zurückhaltend seien (728-732). Beide Produkteigenschaften sind für ihn vorgegeben. Selbst wenn er wollte, könnte er sie nicht verändern. Allerdings will er das auch gar nicht. Die Qualitäten des Produkts stehen für ihn außer Zweifel. Er schließt vielmehr: "Das Problem waren die Kunden" (915). [44]

Scheiternder Aufbau einer Marktidentität

Von der Regel, die Kund/innen seien problematisch, gibt es eine Ausnahme: seinen Freund Ernst, der sein "Hauptkunde" (1063) gewesen sei.

"Der [Freund Ernst] – wissen Sie, das ist einfach so: Ich hab halt die Erfahrung gemacht, so einer, für den Geld eigentlich keine Rolle spielt, das ist unheimlich wichtig, für mich selber. Weil ich hab plötzlich ein Erfolgserlebnis. Ich hab' dem nur darüber erzählt, hab' ihm das gezeigt. Der ist sofort, zack, Kohle hingelegt. Erledigt. Ja? Das war ohne irgendeine Vitalanalyse. Der hat sich auch an nichts gehalten. Der hat das [Mittel zum Entsäuern] nicht genommen. [...] Er hat's aber bezahlt" (1062-1072). [45]

Ernst ermöglicht ihm Erfolgserlebnisse in seiner Marktidentität als Verkäufer. In narrativer Verdichtung ("zack") schildert er, wie der Freund ohne Zögern seine Produkte kauft. Dabei schwingt mit, dass Ernst geradezu das Gegenbild zu normalen Kund/innen ist: Er ist aufgeschlossen, lässt sich vom hohen Preis nicht abschrecken, bricht aus der geplanten Routine der Vitalanalyse im Vorfeld des Verkaufs aus und nutzt das Produkt nicht wie gedacht ("an nichts gehalten"). [46]

Die Interaktionen mit Ernst sind (im Sinne GOFFMANs 2003 [1974]) allerdings asymmetrisch gerahmt, denn die Frage, was eigentlich vor sich geht, wird von den Beteiligten unterschiedlich beantwortet: Für Herrn Carsten ist Ernst ein Käufer, auch wenn er sich deutlich anders verhält als andere Käufer/innen. Dem Freund hingegen geht es bei den Käufen um etwas anderes. Er interessiert sich nicht für das Produkt und die besonderen Verkaufs- und Nutzungsmodalitäten, mit denen Hr. Carsten ihn vertraut machen will. Die Käufe gehen für Ernst vollständig in einer Freundschaftsrahmung auf – sie sind verschleierte Hilfeleistungen. Das ist nicht der einzige Dienst, den Ernst seinem Freund erweist: Er lädt ihn wöchentlich zum Essen ein (1095-1097) und bietet an, ihm mehrere Tausend Euro zu leihen (1391). Hr. Carsten benennt zwar die Differenzen von Ernst und anderen potenziellen Käufer/innen und er bestätigt sogar, dass Ernsts Kalkül, ihn zu unterstützen, aufgehe ("wichtig ... für mich selber"). Anstatt aber einen anderen Code zur Entschlüsselung der Interaktionen anzulegen, stilisiert er Ernst implizit zum Idealbild eines Kunden: endlich ein Kunde, der kein Problem ist! Was Ernst als Freund tut, kommt bei Herrn Carsten als marktförmige Transaktion an. Der eine positioniert sich in der Bedeutungswelt (bzw. im Netdom) des Marktes (typisierte Identität), der andere in der der Freundschaft. [47]

Marktidentitäten emergieren und erhalten sich bei Solo-Selbständigen an den Schnittstellen von personalem Style und Marktpositionen. Sie setzen den Aufbau und Unterhalt von Beziehungen der Äquivalenz und Distinktion zu beiden Kontexten voraus. Ohne solche Einbettungsarbeit scheitern sie, wie im Fall von Herrn Carsten, dessen Marktidentität mangels Stabilisierung in Kontexten (im WHITEschen Sinne) nicht Fuß fassen kann. Ein wichtiger Faktor ist dabei, dass er eine Selbständigkeit avisiert, für die er eine persönliche Schwäche überwinden muss, was ihm aber nicht gelingt. Das wirkt in beide Richtungen: In Richtung des personalen Styles fehlt ihm infolgedessen die Loslösung (Distinktion) von bisherigen Routinen, in Richtung des Marktes mangelt es ihm an Anschlussfähigkeit an die Käufer/innenseite (gleichermaßen an Äquivalenzen und Distinktionen). Hinzu kommen weitere hemmende Faktoren wie die Vorgaben des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers, die seinen Aktionsraum als Marktidentität empfindlich einengen. Insgesamt bleibt die Selbständigkeit damit ein unvollendetes Projekt zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, dem jede Anbindung an den Zielmarkt fehlt. Letztlich bleibt Hr. Carsten in seinen Versuchen, zum Verkäufer von Nahrungsergänzungsmitteln zu werden, der (typisierten) Identität als Konsument dieser Produkte verhaftet. [48]

4.3 Vergleich der beiden Fälle

Im Vergleich der beiden Fälle werden die Unterschiede bei der Einbettungsarbeit der Marktidentität deutlich. Beide Befragte unternehmen mit ihrer Solo-Selbständigkeit in einer Situation von Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug einen beruflichen Neuanfang im letzten Abschnitt ihres Erwerbslebens. In beiden Fällen wird die Selbständigkeit auch zu einem Projekt der Persönlichkeitsentwicklung, weil Schlüsselkompetenzen für einen Marktauftritt fehlen (das Kaufmännisch-Unternehmerische bei Fr. Heinz und die Kaltakquise bei Herrn Carsten). Allerdings haben diese Selbst-Projekte einen unterschiedlichen Stellenwert. Für Fr. Heinz ist die Übernahme unternehmerischer Aufgaben Mittel zu dem höheren Ziel, ihre künstlerische Tätigkeit wieder ausüben zu können. Bei Herrn Carsten gerät die Persönlichkeitsentwicklung in Abwesenheit intrinsischer Motivation und Marktorientierungen fast zum Selbstzweck. Zudem gehen Hr. Carsten und Fr. Heinz die biografische Herausforderung ganz unterschiedlich an. Denn Letztere strebt die Überwindung ihrer Defizite aktiv an, während Ersterer nach anfänglichem Elan in eine passiv-resignative Haltung zurückfällt, also eine geringere biografische Kompetenz an den Tag legt (SACKMANN 2013). Die Tatsache, dass nur in Fr. Heinz' Fall ein Rückbezug auf Kompetenzen aus dem personalen Style sowie eine hohe Identifikation mit der selbständigen Tätigkeit vorliegt, trägt zu diesem Unterschied bei. Fr. Heinz möchte eine erfolgreiche Lebensphase in anderer Form wieder aufleben lassen. Die Äquivalenzen zu ihrem künstlerischen personalen Style werden ihr dabei zu Ressourcen. Bei Hr. Carsten fehlt ein vergleichbarer Rückbezug ebenso wie jedwede ernsthaften Positionierungsversuche auf dem Zielmarkt. Er bleibt der Identität des Käufers verhaftet, der mit den Produkten, die er konsumiert, nun auch Geld verdienen möchte. Der Wechsel zur Identität eines Verkäufers scheitert an mangelnder Einbettungsarbeit. [49]

5. Fazit

Ausgangspunkt dieses Artikels war die Frage, welche Prozesse der Einbettung von Märkten im Schnittfeld von Märkten und Biografien ablaufen. Zur Beantwortung dieser Frage wurden ein konzeptioneller und ein empirischer Beitrag geleistet. Der Aufbau und Erhalt von Marktidentitäten im Sinne Harrison C. WHITEs steht im Zentrum der konzeptionellen Überlegungen. Marktidentitäten betten sich sowohl gegenüber Märkten als auch gegenüber personalen Styles durch unablässige Investitionen in Abgrenzungen (Distinktionen) und Anschlüsse ein. Märkte werden dabei als Strukturen verstanden, die sich durch wechselseitige Beobachtungen von Marktidentitäten bilden und erhalten (MÜTZEL 2007; WHITE 1981). Biografien wiederum lassen sich als personale Styles verstehen, d.h. als Bewegungsgestalten, die sich aus einer Vielzahl kontextualisierter Identitäten unterschiedlicher Formen zusammensetzen und die über ein generatives Prinzip der Bewegung durch soziale Kontexte gekennzeichnet sind. Aus der Sicht von Märkten sind personale Styles externe Bezugswelten, die beeinflussen können, wer sich auf welchem Markt einfindet und wie man sich dort orientiert. Aus Sicht der personalen Styles sind Märkte Erfahrungs- und Handlungsräume, die Zuschnitt, Verlauf und Interpretationen von personalen Styles prägen können. Das Aufeinandertreffen von Märkten und personalen Styles kann vermittelt sein, etwa wenn Personen Positionen in Firmen einnehmen und über diese am Markt auftreten. Oder es kann unmittelbar sein, wenn (wie in den hier eingehender behandelten Fällen) die Personen selbst als Solo-Selbständige am Markt teilnehmen. In jedem Fall aber sind Marktidentitäten fragil und erfordern permanente Einbettungsarbeit zu ihrer Stabilisierung. [50]

Die beiden Fallstudien zeigen empirisch, dass die Ausbildung und der Erhalt von Marktidentitäten Balanceakte sind. Märkte sind die Arenen, in denen sich die neuen Identitäten bewähren sollen. Die Selbständigen suchen nach Stories, die ihnen etwas über das Marktprofil sagen und sie bei der Ansiedelung in einer Marktnische orientieren. Sie formen ihre Marktidentität in Auseinandersetzung mit solchen Marktgeschichten, kommunizieren sie anderen Marktidentitäten im Internet, bei Geschäfts- und Kund/innenkontakten oder über Marketingmaßnahmen, und sie berichten von diesen Positionierungsversuchen in den Interviews. Unweigerlich haben Marktpositionierungen auch Rückwirkungen auf personale Styles, auf die Selbsteinschätzung und die Lebensgestalt, etwa wenn der Markt zum Möglichkeitsraum wird, in dem man nach Phasen der Erwerbslosigkeit die eigene Biografie wieder selbst gestalten kann. Personale Styles prägen Marktidentitäten, indem sie Akzente bei der Positionsnahme auf einem Markt setzen. Sie weisen zudem über die konkreten Marktkontexte hinaus auf eine Persönlichkeit, auf Beziehungen und Ressourcen, die in anderen sozialen Zusammenhängen verankert sind, aber mögliche Anknüpfungspunkte bilden. In ihrer Vorgegebenheit üben Märkte und personale Styles Druck auf Marktidentitäten aus, die wiederum zwischen diesen Kontexten moderieren und Ressourcen übersetzen. Derartige Prozesse zeigen sich in den kontrastierenden Fallstudien zum Scheitern und Gelingen beim Aufbau von Marktidentitäten. Fr. Heinz' Marktauftritt schließt eng an frühere Erwerbstätigkeiten an und ihr Selbstverständnis als talentierte Künstlerin prägen Positionierung und Bewegung ihrer Marktidentität entscheidend. In Distinktionen und Äquivalenzsetzungen zu ihrem Zielmarkt und zu ihrem personalen Style schafft sie die Voraussetzungen für zukünftige Markterfolge. Hr. Carstens Marktidentität bleibt hingegen schwach ausgebildet. Weder aus der Sicht seines Lebenswegs noch aus Sicht des Marktes scheint seine Marktidentität als konturierter Bezugspunkt auf. Sie kann sich nicht festsetzen und bleibt flüchtig, weil es an Einbettungsarbeit fehlt. [51]

Das Konzept der fragilen, von mehrdimensionaler Einbettungsarbeit abhängigen Marktidentitäten bietet die Chance, biografische Strukturen in das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm zu Märkten aufzunehmen. Offen ist dabei, wie die Einbettung in biografische Strukturen mit der Einbettung in andere, beispielsweise politische oder moralische Strukturen rückgekoppelt ist. Wie verändert sich die Logik der Etablierung neuer Identitäten, wenn Marktteilnehmer/innen über persönliche Netzwerke Einfluss auf die politisch-regulatorische Rahmung eines Marktes nehmen können? Wie beeinflussen marktermöglichende bzw. marktbegrenzende Sittlichkeitsbewertungen (BECKERT 2012) von Gütern oder Dienstleistungen die Interaktion von personalem Style und Positionierungen auf den Zielmärkten? Zur Beantwortung dieser Fragen bieten sich Querverbindungen zu den einleitend genannten machttheoretischen (FLIGSTEIN 2001) und performativen Ansätzen (CALLON 1998a, 1998b) in der Marktsoziologie an. Jenseits der Forschung und mit praktischem Impetus stellt das Konzept der fragilen Marktidentitäten neue Orientierungen für die Beratung von Selbständigen bereit. Es betont, dass mit jedem Marktauftritt auch neue Teilidentitäten ausgebildet werden, die in das Selbstverständnis und die Selbstdarstellung (im Sinne WHITEs eine interpretierten Identität, vierte Identitätsform) und auch in die Lebenspraxis (im Sinne eines Styles, fünfte Identitätsform) eingeordnet werden müssen. Mithin geht es bei der Selbständigkeit neben der Anpassung an den Markt auch um Grenzziehungen und Anschlüsse an das eigene private und berufliche Leben. Der Schritt in die Selbständigkeit erfordert nicht unerhebliche Neuordnungen, die nur über andauernde biografische Einbettungsarbeit zu bewältigen sind. Nicht zuletzt lässt sich das Konzept der fragilen Marktidentitäten von personalen Styles auf organisationale Styles von Unternehmen übertragen. Auch bei Unternehmen befinden sich die Marktidentitäten in einem Schnittfeld aus marktinternen und marktexternen Strukturen. Allerdings sind die Wechselwirkungen dieser Strukturen bei kollektiven Akteur/innen komplexer. Unter anderem ist zu klären, wie das Unternehmen intern seine Selbstbeschreibung (etwa durch eine Corporate Identity) organisiert und wie diese organisationale Identität (im Sinne einer interpretierten Identität, vierte Identitätsform) mit der Identität auf dem Zielmarkt, mit Identitäten in anderen Märkten sowie mit Fremdbeschreibungen dieser Identitäten interagiert. [52]

Anmerkungen

1) Der Begriff "Biografie" wird in diesem Beitrag synonym mit dem Begriff "personaler Style" verwendet (s. Abschnitt 2.2). <zurück>

2) Dieses Motiv wird in der interaktionistischen Identitätstheorie entwickelt (s. KRAPPMANN 1971; STRAUSS 1968). <zurück>

3) Vgl. für eine in systematischer Hinsicht ähnlich gelagerte Fragestellung SCHEID (2008). <zurück>

4) Die Interviews, Interviewprotokolle und die thematischen Zusammenfassungen wurden vom Institut für Sozialforschung durchgeführt bzw. erstellt. <zurück>

5) Zwei Fallstudien wurden von der Studentischen Hilfskraft Kerstin HARTMANN erstellt. <zurück>

6) Städte- und Personennamen wurden pseudonymisiert. <zurück>

7) Die Nummern in Klammern verweisen auf Zeilennummern in den Interviewtranskripten. <zurück>

8) Um Redundanzen zu vermeiden, beschränkt sich die folgende Darstellung auf ihr Angebot an künstlerischen Fotografien. <zurück>

9) Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, wurden die Zitate sprachlich geglättet. <zurück>

Literatur

Apitzsch, Ursula (2003). Biographieforschung. In Barbara Orth, Thomas Schwietring & Johannes Weiß (Hrsg.), Soziologische Forschung: Stand und Perspektiven. Ein Handbuch (S.95-110). Opladen: Leske und Budrich.

Bernhard, Stefan (2014). Identitätskonstruktionen in narrativen Interviews. Ein Operationalisierungsvorschlag im Anschluss an die relationale Netzwerktheorie. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 15(3), Art. 1, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs140311 [Zugriff: 19. Februar 2016].

Bamberg, Michael (2007). Stories: Big or small: Why do we care? In Michael Bamberg (Hrsg.), Narrative – State of the art (S.165-174). Amsterdam: John Benjamins.

Beckert, Jens (2009). The social order of markets. Theory and Society, 38(3), 245-269.

Beckert, Jens (2012). Die sittliche Einbettung der Wirtschaft. Von der Effizienz- und Differenzierungstheorie zu einer Theorie wirtschaftlicher Felder. Berliner Journal für Soziologie, 22(2), 247-266.

Bertaux, Daniel & Kohli, Martin (1984). The life story approach: A continental view. Annual Review of Sociology, 10, 215-237.

Beunza, Daniel & Stark, David (2003). Tools of the trade: The socio-technology of arbitrage in a Wall Street trading room. Industrial and Corporate Change, 13(2), 369-499.

Bourdieu, Pierre (2001). Die Regeln der Kunst. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Bourdieu, Pierre (2002). Der Einzige und sein Eigenheim. Hamburg: VSA.

Bourdieu, Pierre & Wacquant, Loic (1992). An invitation to reflexive sociology. Chicago, IL: Chicago University Press.

Brint, Steven (1992). Hidden meanings: Cultural content and context in Harrison White's structural sociology. Sociological Theory, 10(2), 194-208.

Callon, Michel (1998a). Introduction: The embeddedness of economic markets in economics. In Michel Callon (Hrsg.), The laws of the markets (S.1-57). Oxford: Blackwell.

Callon, Michel (1998b). An essay on framing and overflowing: Economic externalities revisited by sociology. The Sociological Review, 46(S1), 244-269.

Callon, Michel & Muniesa, Fabian (2005). Economic markets as calculative collective devices. Organization Studies, 26(8), 1229-1250.

Callon, Michel; Méadel, Cécile & Rabeharisoa, Vololona (2002). The economy of qualities. Economy and Society, 31(2), 194-217.

Dausien, Bettina (2013). "Biographieforschung" – Reflexionen zu Anspruch und Wirkung eines sozialwissenschaftlichen Paradigmas. BIOS, 26(2), 163-176.

Diaz-Bone, Rainer (2010). Qualitätskonstruktion und Marktstrukturen. Ein Vergleich der Économie des conventions mit dem Marktmodell von Harrison White. In Jan Fuhse & Sophie Mützel (Hrsg.), Relationale Soziologie. Zur kulturellen Wende der Netzwerkforschung (S.163-178). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Fischer, Wolfram & Goblirsch, Martina (2007). Mehrgenerationale biografische Strukturierung. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9(1), Art. 49, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0801493 [Zugriff: 19. Februar 2016].

Fligstein, Neil (2001). The architecture of markets. An economic sociology of twenty-first-century capitalist societies. Princeton, NJ: Princeton University Press.

Fligstein, Neil & McAdam, Douglas (2012). A theory of fields. Oxford: Oxford University Press.

Fligstein, Neil & Stone Sweet, Alec (2002). Constructing politics and markets: An institutionalist account of European integration. American Journal of Sociology, 107(5), 1206-1243.

Fuchs-Heinritz, Werner (2005). Biographische Forschung. Eine Einführung in Praxis und Methoden. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Fuchs-Heinritz, Werner (2010). Biographieforschung. In Georg Kneer & Markus Schroer (Hrsg.), Handbuch Spezielle Soziologien (S.85-104). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Fuhse, Jan (2015). Theorizing social networks: Relational sociology of and around Harrison White. International Review of Sociology, 25, 15-44.

Fuhse, Jan & Mützel, Sophie (Hrsg.) (2010). Relationale Soziologie. Zur kulturellen Wende der Netzwerkforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Goffman, Erving (2003 [1974]). Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Herz, Andreas; Peters, Luisa & Truschkat, Inga (2015). How to do qualitative structural analysis? The qualitative interpretation of network maps and narrative interviews. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16(1), Art. 9, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs150190 [Zugriff: 19. Februar 2016].

Hollstein, Betina & Straus, Florian (Hrsg.) (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Krappmann, Lothar (1971). Soziologische Dimensionen der Identität. Strukturelle Bedingungen für die Teilnahme an Interaktionsprozessen. Stuttgart: Klett.

Latour, Bruno (2005). Reassembling the social. An introduction to actor-network-theory. Oxford: Oxford University Press.

Law, John & Hassard, John (Hrsg.) (1999). Actor network theory and after. Oxford: Blackwell.

Mayring, Philipp (2000). Qualitative Inhaltsanalyse. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(2), Art. 20, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0002204 [Zugriff: 26. Februar 2016].

Mützel, Sophie (2007). Marktkonstitution durch narrativen Wettbewerb. Berliner Journal für Soziologie, 17(4), 451-464.

Mützel, Sophie (2009). Networks as culturally constituted processes: A comparison of relational sociology and actor-network theory. Current Sociology, 57(6), 871-887.

Pongratz, Hans J. & Abbenhardt, Lisa (2015). Selbständigkeit, Unternehmertum oder Entrepreneurship? Differenzierungen der Felder unternehmerischen Handelns. Sozialer Fortschritt, 9-10, 209-215.

Pongratz, Hans J.; Bernhard, Stefan; Wolff, Joachim & Promberger, Markus (2013). Selbständig statt leistungsberechtigt: Eine Implementationsstudie zur Handhabung des Einstiegsgeldes in den Jobcentern, IAB-Forschungsbericht, 03/2013, Nürnberg.

Riemann, Gerhard (2003). A joint project against the backdrop of a research tradition: An introduction to "Doing Biographical Research". Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 4(3), Art. 18, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0303185 [Zugriff: 16. Februar 2016].

Rosenthal, Gabriele (1995). Erlebte und erzählte Lebensgeschichte: Gestalt und Struktur biographischer Selbstbeschreibungen. Frankfurt/M.: Campus.

Rosenthal, Gabriele (2005). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung. Weinheim: Juventa.

Sackmann, Reinhold (2013). Lebenslaufanalyse und Biographieforschung. Wiesbaden: Springer VS.

Scheid, Claudia (2008). Biografische Krisenerfahrungen als Ressource für professionelle Interventionen. Eine exemplarische Analyse anwaltlichen Handelns. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9(1), Art. 53, http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0801537 [Zugriff: 16. Februar 2016].

Strauss, Anselm (1968). Spiegel und Masken. Die Suche nach Identität. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Tilly, Charles (2002). Stories, identities, and political change. Lanham, MD: Rowman and Littlefield.

Wherry, Frederick F. (2008). The social characterizations of price: The fool, the faithful, the frivolous, and the frugal. Sociological Theory, 26(4), 364-380.

White, Harrison C. (1981). Where do markets come from? American Journal of Sociology, 87(3), 517-547.

White, Harrison C. (1992). Identity and control. A structural theory of social action. Princeton, NJ: Princeton University Press.

White, Harrison C. (2000). Modeling discourse in and around markets. Poetics, 27(2-3), 117-133.

White, Harrison C. (2002). Markets from networks: Socioeconomic models of production. Princeton, NJ: Princeton University Press.

White, Harrison C. (2008). Identity and control. How social formations emerge (2. Aufl.). Princeton, NJ: Princeton University Press.

Zelizer, Viviana (1979). Human values and the market: The case for life insurance and death in 19th century America. American Journal of Sociology, 84(3), 591-610.

Zinn, Jens O. (2010). Biography, risk and uncertainty — Is there common ground for biographical research and risk research? Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 11(1), Art. 15, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1001153 [Zugriff: 16. Februar 2016].

Zum Autor

Stefan BERNHARD, Dr. rer. pol., Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Arbeitsgruppe "Qualitative Methoden" am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg. Arbeitsschwerpunkte: Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Europasoziologie, Migration, Netzwerkforschung, politische Soziologie, qualitative Sozialforschung und Wirtschaftssoziologie.

Kontakt:

Dr. Stefan Bernhard

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Regensburger Str. 100 214
90478 Nürnberg

Tel.: +49 (0)911 179-7582

E-Mail: stefan.bernhard@iab.de
URL: http://www.iab.de/123/section.aspx/Mitarbeiter/640

Zitation

Bernhard, Stefan (2016). Märkte, Biografien, Storytelling – Gelingen und Scheitern beim Aufbau von Marktidentitäten [52 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(2), Art. 18,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1602187.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

Creative Common License

Creative Commons Attribution 4.0 International License