Volume 17, No. 2, Art. 2 – Mai 2016
Vom Text zum Bild – Überlegungen zu einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie
Günter Mey & Marc Dietrich
Zusammenfassung: Ausgehend von der für die Grounded-Theory-Methodologie (GTM) zentralen Prämisse des "all is data" und vor dem Hintergrund zunehmender Beschäftigung mit visuellen Daten in der qualitativen Forschung, bietet der Beitrag einen orientierenden Rahmen für eine visuelle Grounded-Theory-Methodologie. Aufbauend auf Überlegungen aus der objektiven Hermeneutik, der dokumentarischen Methode, der Segmentanalyse sowie GTM-internen Perspektiven wird gezeigt, wie dieser traditionell textorientierte Ansatz auf visuelle Daten bezogen werden kann. Im Zentrum steht dabei die (Re-) Formulierung der Verfahrensschritte Inventarisierung, Segmentierung, Kodierung/Kategorienbildung inkl. Memowriting sowie Sampling zur Untersuchung von Bildern im Sinne einer GTM-Logik.
Keywords: Grounded-Theory-Methodologie; pictorial turn; Bildanalyse; dokumentarische Methode; objektive Hermeneutik; Segmentanalyse; visuelle Daten
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Datenvielfalt als Herausforderung
2. Erster Umriss einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie
3. Kultursemiotische und kunsthistorische Ansätze zur Bildanalyse
4. Vom Text zum Bild: verschiedene bildanalytische Elaborationen
4.1 Objektiv-hermeneutische Bildinterpretation
4.2 Dokumentarische Bildinterpretation
4.3 Segmentanalyse
4.4 Zwischenresümee
5. Grundzüge einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie
5.1 Kontextualisierung
5.2 Beschreibung/Inventarisierung
5.3 Segmentierung
5.4 Memowriting und Kodierung als ineinander verwobener Interpretationsprozess
5.5 Interpretation und die Integration von Wissensformen
5.6 Kategorienbildung
5.7 Fortsetzung: Ausweitung des Materials (Sampling)
5.8 Integration Bild-Text-Kategorien
6. Zusammenfassung und Ausblick: Diskursfeld visuelle Grounded-Theory-Methodologie
1. Einleitung: Datenvielfalt als Herausforderung
Visuelle Daten haben Konjunktur in der qualitativen Sozialforschung. Aufgrund technischer Möglichkeiten der Aufzeichnung, Reproduktion und Auswertung finden sie vermehrt in Forschungsarbeiten Eingang: Insbesondere Bilder/Fotografien und Filme/Videos, seltener Zeichnungen, vereinzelt auch Objekte/Artefakte werden zu wichtigen Forschungsmaterialien. Auf nicht-textliche Daten scheint mittlerweile selbstverständlich zurückgegriffen zu werden – damit zeichnet sich offenbar ein "all is data" für qualitative Forschungsprojekte ab. [1]
"All is data" ist eine der zentralen Programmatiken der Grounded-Theory-Methodologie (GTM), die von Beginn an von Barney GLASER und Anselm STRAUSS (1967) in ihren Ansatz eingeschrieben wurde. Gemeint ist damit, dass es im Zuge einer Theorienentwicklung sinnvoll erscheint und angezeigt ist, verschiedene Datentypen in die Analyse einzubeziehen. GLASER (2007) hat deutlich gemacht, dass GTM-Forschende die gesamte Bandbreite von Daten berücksichtigen sollen (wenngleich GLASER visuelle Daten nicht explizit anspricht):
"By diverse I mean whatever may come the GT researcher's way while theoretically sampling: documents and current statistics, newspaper articles, questionnaire results, social structural and interactional observations, interview, casual comments, global and cultural statements, historical documents, whatever, whatever as it bears on the categories. [...] GT is a general methodology usable on any data, and it is up to the researcher to figure out exactly what the data is" (GLASER 2007, unpag.). [2]
Das Diktum "all is data" erscheint hierbei vor allem Fragen der Integration verschiedener Datentypen zu betreffen. Dies verweist auf Diskussionen um eine angemessene Triangulation, also die Frage, welche Daten überhaupt sinnvollerweise miteinander verknüpft werden sollen bzw. mit Blick auf Mixed Methods, inwiefern eine Integration qualitativer und quantitativer Daten zu leisten ist (zu beiden Herausforderungen liegen mittlerweile vielfältige Vorschläge vor: FLICK 2011; KELLE 2007; KUCKARTZ 2014; zusammenfassend: LIPPE, MEY & FROMMER 2011). [3]
Mit dem vermehrten Rückgriff auf visuelle Daten verbinden sich aber nur dann Forschungsoptionen, wenn diese auch angemessen ausgewertet werden. Allerdings wird genau hier, "im logozentrierten Wissenschaftsbetrieb" (MORITZ 2015, S.217), beklagt, dass öfters eine angemessene Analyseperspektive zu fehlen scheint. Arnulf DEPPERMANN spricht in diesem Zusammenhang – im Rahmen der Diskussion zu "All is Data: Qualitative Forschung und ihre Daten" (BREUER et al. 2014) – von einer "Objektivitätsinszenierung" (S.274), bei der eine genaue Transkription oder Deskription des Aufgezeichneten irrtümlicherweise als gute (Bild-/Video-) Analyse verstanden würde. [4]
Ralf BOHNSACK beklagte noch vor wenigen Jahren:
"Der methodisch kontrollierte Zugang zum Bild stellt eine der größten Herausforderungen für die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Forschung dar. [...] Es herrscht weitgehend Übereinstimmung unter den Vertreterinnen und Vertretern qualitativer Sozialforschung, dass – im deutlichen Kontrast zur gesellschaftlichen Bedeutung des Bildes – der Stellenwert, welcher ihm in der Praxis qualitativer Forschung zukommt, gegenüber dem Text ein marginaler ist. Allerdings hat diese Einsicht, welche in den letzten Jahren zunehmend artikuliert worden ist, bisher kaum Konsequenzen gehabt" (2009, S.25). [5]
Mittlerweile aber ist das Bild – und sind genereller visuelle Daten – fester Gegenstand methodisch-methodologischer Diskurse in den Sozial- und Kulturwissenschaften. Die Diskussion um die visual methods wurde – teilweise unter Rückgriff auf einige Pioniere (wie BARTHES, IMDAHL, PANOFSKY und andere, s. Abschnitt 3) – vorangetrieben, und es liegt eine Fülle an Auswertungsperspektiven vor (s. z.B. KNOBLAUCH, BAER, LAURIER, PETSCHKE & SCHNETTLER 2008; ROSE 2001). Auch finden sich in diesem Forschungsfeld zunehmend Projekte mit sehr spezifischen Fragestellungen, die die Diskussion bereichern. Um Analogien und Unterschiede herauszuarbeiten, wird teilweise sogar das gleiche Bild-Material mit verschiedenen methodischen Ansätzen bearbeitet (s. KAUPPERT & LESER 2014; PRYZYBORSKI & HALLER 2014; vgl. zusammenfassend DIETRICH 2015). [6]
Im Folgenden werden wir uns im Wesentlichen auf das Bild konzentrieren, ungeachtet dessen, dass sich einige der von uns behandelten Autor/innen sowohl auf stille wie bewegte Bilder (Videos/Filme) beziehen. Zunächst wird ein erster dezidiert auf Bilder zugeschnittener Entwurf der GTM von Krzysztof KONECKI vorgestellt, entlang dessen wir Ansprüche und Anforderungen an eine visuelle GTM formulieren (Abschnitt 2). Es folgt vor diesem Hintergrund eine Sichtung einiger klassischer Zugänge zur Bildanalyse aus Kultursemiotik und Kunstgeschichte (Abschnitt 3) sowie aktueller Methoden der Bildinterpretation (Abschnitt 4). Auf der Basis dieser Auseinandersetzung schlagen wir dann Grundzüge einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie vor (Abschnitt 5) und diskutieren abschließend mögliche Weiterungen (Abschnitt 6). [7]
2. Erster Umriss einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie
Interessanterweise hat die GTM bislang in den genannten einschlägigen Diskussionen und Publikationen um visual methods keinen Platz (gefunden) bzw. wurden kaum Vorschläge entwickelt, um visuelle Daten mit der GTM auszuwerten. Neben vereinzelten Darlegungen zur GTM, Videos als Erhebungsinstrument zu nutzen (MORITZ 2015; s. auch HABIB & HINOJOSA 2015), findet sich bislang nur ein erster Umriss für eine visuelle Grounded-Theory-Methodologie (VGTM), der von dem polnischen Soziologen Krzysztof KONECKI (2011) vorgeschlagen wurde. KONECKI entwickelt ein Konzept des "multislice imagining". Demnach weisen Bilder nicht nur multiple Sinnschichten auf, sondern sind auch multiperspektivisch zu deuten:
"The multislice imagining is a grammar of visual narrations analysis that accents the following stages: a) an act of creating pictures and images (analysis of context of creation); b) participation in demonstrating/communicating visual images; c) the visual product, its content and stylistic structure; d) the reception of an 'image' and visual aspects of presenting/representing something" (S.131) [8]
KONECKI bezieht sich in seinen Ausführungen auf die GTM-orientierten Arbeiten von Adele E. CLARKE (2005), Cornelius SCHUBERT (2006) und Charles S. SUCHAR (1997), wobei er sich insbesondere auf SCHUBERTs videografische Studie und dessen Vorgehen stützt, slices (bildbezogene Sinnschichten) herauszuarbeiten und für die Kategorienbildung zu nutzen (KONECKI 2011, S.137). Aus CLARKEs Vorgehen des mappings greift er lediglich den Hinweis auf die Erstellung von "specification memos" auf (KONECKI 2011, S.146). KONECKI schlägt z.T. in deutlicher Abgrenzung zu den vom ihm angeführten Autor/innen und unter Rückgriff auf seine bildbasierten Studien (zu Yoga-Praxis sowie Obdachlosigkeit) ein Analyseschema vor. Dieses zielt 1. darauf, die Sinnschichten des Bildes aus dem Produktions- und Rezeptionskontext zu rekonstruieren. Im Zuge der Auswertung werden zudem 2. die Bedingungen der eigenen Bildanalyse selbst reflektiert und 3. wird eine soziokulturelle Analyse des Bildkontexts vorgenommen. Die Analysen verlaufen dabei nicht strikt aufeinander aufbauend ab, sondern werden wiederkehrend aufeinander bezogen, um das Bild "vielschichtig", d.h. aus verschiedenen Blickwinkeln analysieren zu können. [9]
KONECKIs Vorschlag integriert dabei wesentliche Elemente der GTM-Forschungslogik. Dazu zählen etwa die Nutzung permanenter Vergleiche zur Explikation von Bildspezifika und der Einsatz des theoretischen Samplings. Er berücksichtigt hierbei, geleitet durch die Forschungsfrage (Was bedeutet Obdachlosigkeit?), verschiedene Dimensionen von Visualität, z.B. die Visualisierung von Obdachlosigkeit anhand von Bildern, die Obdachlose oder auch Journalist/innen gemacht haben, oder die Dimension des Raumes, d.h. das Sich-der-Sichtbarkeit-Entziehen als zentrale Handlungspraxis Obdachloser. Ebenso werden andere Datentypen und Quellen zur Klärung der Forschungsfrage herangezogen. Erkennbar wird eine der klassischen (textbasierten) GTM entlehnte Samplingkonzeption, die Bilder als eine Referenz unter anderen Datentypen zur Erschließung weiteren Datenmaterials betrachtet. [10]
KONECKI expliziert darüber hinaus Überlegungen zur "theoretischen Sensibilität", indem er dafür plädiert, Spezialwissen in der Untersuchung auszuweisen und kontrolliert einzubringen, um mit dem Bild als Teil soziokultureller Strukturen zu arbeiten. Schließlich spricht er sich (ohne weiterführende Präzisierungen) dafür aus, visuelles Material in späteren Analysen – wenn die Kategorien bereits ausgearbeitet seien – auch unmittelbar, d.h. ohne Transkription zu kodieren. [11]
Der von KONECKI entwickelte ambitionierte Ansatz mit seinem breiten Fokus auf Produktions-, Produkt-, Rezeptions- und Gesellschaftskontext läuft aus unserer Sicht gleichwohl Gefahr, dass das "Bildimmanente", d.h. die kompositorische und ästhetische Charakteristik, aus dem Blick gerät. Wir plädieren – auch vor dem Hintergrund unserer eigenen Forschungsarbeiten1) – dafür, stärker als in dem Ansatz von KONECKI ersichtlich 1. das Bild als ein Medium zu verstehen, dessen formale Komposition, erst herauszuarbeiten ist (anstatt sie als gleichsam gegeben vorauszusetzen). Damit verbunden plädieren wir 2. dafür, das Bild nicht in einen Gesamt-Interpretationstext zu verwandeln, der dann mit Bezug auf latente Wissensformen bei der Interpretation reflektiert und kodiert wird, als vielmehr von der Bildkomposition angeleitet Bildelemente "am Bild" selbst (auch in ihrer wechselseitigen Relation) zu reflektieren und kodieren. [12]
Vor dem Hintergrund dieser Skizze erscheint es uns geboten, systematischer über eine auf Visualität bezogene GTM nachzudenken, und zwar in dreifacher Hinsicht.
Erstens geht es um eine theoretische Erörterung einer VGTM, die erst – wie die Vorschläge von KONECKI zeigen – in den Anfängen erkennbar scheint.
Zweitens geht es – ähnlich den Vorschlägen der Kodierungen zur Analyse von Texten – um eine Präzision von Verfahrensschritten, mit denen eine systematische und regelgeleitete Auswertung von nicht-textlichem Material zu leisten ist. Denn bislang finden sich eher pragmatische, auf verfügbare Software-Tools rückgreifende Varianten, die eine Kodierung von nicht-textlichem Material erlauben, ohne eine Verschriftlichung dieser Daten mit Kodes/Kategorien zu versehen.
Schließlich sind noch Überlegungen über die vorliegenden Vorschläge zur Triangulation dahingehend zu präzisieren, wie die für die GTM gebildeten Kodes/Kategorien über verschiedene Materialien hinweg integriert werden können. [13]
Um in einem ersten Schritt eine theoretische Fundierung einer visuellen GTM weiter zu explizieren, fragen wir zuerst nach Anschlüssen aus der "Bilddiskussion", insbesondere mit Rekurs auf die Kultursemiotik in Folge von Roland BARTHES sowie aus der Kunstgeschichte mit Bezug auf Erwin PANOFSKY und Max IMDAHL (Abschnitt 3). Im Anschluss betrachten wir, wie in text-orientierten Ansätzen etwa (mit Abstrichen) der objektiven Hermeneutik, (dezidiert) der dokumentarischen Methode und (genuin am Bild orientiert) der interpretativen Soziologie der Bezug auf visuelle Daten geleistet wird. Dabei geht es uns auch darum herauszuarbeiten und anschlussfähig zu machen, wie in den jeweiligen Forschungsansätzen die in den Daten inhärente Medialität aufgenommen wurde (Abschnitt 4). [14]
3. Kultursemiotische und kunsthistorische Ansätze zur Bildanalyse
Die berechtigte Forderung nach einem pictorial turn (MITCHELL 1992), das Postulat der Berücksichtigung des Bildes in den Sozial- und Kulturwissenschaften, erweckt bisweilen den Eindruck, es hätte keinerlei Auseinandersetzung mit dem Bild gegeben (vgl. dazu übersichtsweise STIEGLER 2010). Bereits die Semiotik von Charles Sanders PEIRCE (1932), die einen recht breiten Zeichenbegriff zur Basis hat, erhob den Anspruch, auch auf visuelle Zeichen bezogen zu sein (vgl. NÖTH 2000). [15]
Dass Bilder (als Spezialfall des Visuellen) aber einen eigenen Zugang erfordern – und insofern spezielle Analyseperspektiven notwendig sind – verdeutlichten die Arbeiten von Roland BARTHES, der sich aus einer kultursemiotischen Perspektive vorwiegend mit der Fotografie beschäftigte. In seinen Einzelstudien (Panzani-Werbeanzeige, BARTHES 1990 [1964]); Familienfotos, Paris-Match-Magazincover, BARTHES 1998 [1957]) wurden Bilder hinsichtlich ihrer Bedeutungen konkreter untersucht. Im Falle der Untersuchung der Panzani-Pasta-Reklame (1990 [1964]) bestimmt BARTHES die messages (Nachrichten) des Bildes. Er differenziert dabei drei Ebenen: eine linguistische Nachricht (schriftbezogen), eine kodierte ikonische oder symbolische Nachricht (bildbezogen) sowie eine nicht kodierte oder buchstäbliche Nachricht (bildbezogen). Das Bild wird begriffen als Anordnung von Signifikanten, die aus Sicht der Rezipierenden, d.h. standortgebunden, entziffert werden. [16]
In seinem breit rezipierten Klassiker "Die helle Kammer" (BARTHES 1989 [1980]), eher essayistisch als streng wissenschaftlich oder gar methodenorientiert verfasst, führt er mit studium und punctum zwei Begriffe ein, die bis heute im Bilddiskurs zirkulieren. Während studium das gewissermaßen in der Sozialisation erworbene Interesse an einem Bild inklusive einer dadurch kollektiv geteilten Wirkung meint (z.B. "Betroffensein" angesichts von Kriegsbildern), markiert punctum eine Bildwirkung, die mit der persönlichen Biografie der Betrachtenden verwoben ist und streng individuell funktioniert (BARTHES erwähnt das Bild seiner Mutter und einen Teil des Bildes, der ihn "wie ein Pfeil" trifft; S.35). [17]
In der Kunstgeschichte finden sich etwa zeitgleich (jedoch auch bereits davor) Arbeiten, die das Bild zwar anders akzentuieren, aber auch methodisch avancierter fassen. Der Kunsthistoriker Erwin PANOFSKY (insb. 1975 [1955]) gilt als zentrale Figur bei der Etablierung einer Ikonologie. Die durch ihn vorgenommene Unterscheidung zwischen Ikonografie und Ikonologie wurde für den aktuellen Diskurs in der Methodendebatte genauso prägend wie die kritischen Anmerkungen und Ergänzungen dazu seitens Max IMDAHLs (besonders 1996). [18]
PANOFSKY (1975 [1955]) nimmt in seiner Ikonologie einen Dreischritt (S.43f.) zur Analyse von Bildern vor: Die vor-ikonografische Beschreibung liefert eine detaillierte Deskription der Bildinhalte ohne interpretative Leistungen im engeren Sinne, sondern mit Blick auf primäre oder (wie es bei ihm heißt) "natürliche" Bedeutungsschichten. Die ikonografische Analyse untersucht die Bildkomposition unter Hinzuziehung außerbildlicher (z.B. literarischer) Referenzen. Symbole und Motive werden hier als Träger einer sekundären oder konventionellen Sinnschicht begriffen, die kundige Rezipient/innen als bewusst vom Künstler bzw. von der Künstlerin integriertes (Bedeutungs-) Arrangement deuten können. Die anschließende ikonologische Interpretation fasst das Bild auf Basis der ersten beiden Schritte als zeitverhaftetes oder epochal bestimmtes Dokument. Das Bild wird in einen breiteren historischen und soziokulturellen Kontext eingeordnet. An dieser Stelle werden Bildarrangements nicht nur als von Künstler/innen bewusst gesetzt betrachtet, sondern auch als (transintentionale) Artikulationen des Zeitgeistes, die durch Bezugnahme auf gleichzeitig kursierende Werke verschiedener Medialität herausgearbeitet werden. Max IMDAHLs Ikonik kritisierte insbesondere Letzteres: Bildelemente würden bei PANOFSKY auf Funktionen und Referenzsysteme reduziert, eine Eigengesetzmäßigkeit des Bildes (respektive der spezifischen Art der Anordnung von Bildelementen) bliebe weitgehend ausgeblendet. Ikonografisches Vorwissen, das ein lediglich "wiedererkennendes Sehen" ermögliche – und dies sei bei PANOFSKY bestimmend – verunmögliche eine Zurkenntnisnahme des Bildes selbst und damit – das ist IMDAHLs präferierte Interpretationsperspektive – ein "sehendes Sehen" (1996, vgl. S.84-96). [19]
Die Beiträge von PANOFSKY und IMDAHL wurden in den sozial- und kulturwissenschaftlichen Ansätzen der Bildinterpretation breit aufgegriffen (z.B. BRECKNER 2003, 2008, 2010; PILARCZYK & MIETZNER 2005; PRYZBORSKI 2008; RAAB 2008) und insbesondere in der von Ralf BOHNSACK (2009) entwickelten dokumentarischen Bildinterpretation berücksichtigt. [20]
Im Rahmen dieser Arbeiten erlangen nun – insbesondere angeleitet durch die PANOFSKY-IMDAHL-Diskussion um die Perspektive auf und die Analyse von Bildern – aber auch ganz konkrete analytische Fragen Priorität: Wie viel Raum sollen die formalen Strukturen des Bildes einnehmen ("sehendes Sehen")? Welchen Stellenwert hat Kontextwissen ("wiedererkennendes Sehen")? Lassen sich Interpretationen durch Hinzuziehung von Texten und/oder weiterer Bilder validieren2)? [21]
Um eine VGTM im aktuellen sozial- und kulturwissenschaftlichen Methodendiskurs zu fundieren, erscheint es uns daher sinnvoll, einige etablierte qualitative Verfahren in Bezug auf ihre Herleitung des methodischen Zugangs zum Bild zu reflektieren. Hierzu wird die Segmentanalyse Roswitha BRECKNERs herangezogen, die sie genuin bildbezogen entwickelt hat. Die von BRECKNER vorgeschlagene Segmentierung des Bildes verspricht große Anschlussmöglichkeiten für die Elaboration einer VGTM, da in der textbezogenen GTM mit Segmentierungen gearbeitet wird. Ebenso instruktiv erscheint es für die Erweiterung der GTM von der Text- zur Bildanalyse, sich mit der objektiven Hermeneutik und der dokumentarischen Methode zu beschäftigen, da beide (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) eine solche Elaboration vollzogen haben.3) [22]
4. Vom Text zum Bild: verschiedene bildanalytische Elaborationen
Die im Folgenden vorgestellten Ansätze lassen sich theoretisch-methodologisch unterschiedlich kartieren: Während die dokumentarische Methode in der Wissenssoziologie und die Segmentanalyse in der interpretativen Soziologie lokalisierbar ist, widerspricht Ulrich OEVERMANN (2013) für die objektive Hermeneutik – für die er ein Alleinstellungsmerkmal beansprucht – einer solchen Klassifikation. [23]
Mit Blick auf die GTM verspricht diese Diversität insofern spannende Auf- und Anschlüsse, da diese zwar zunächst allgemein im interpretativen Paradigma und hier spezieller im Pragmatismus/symbolischen Interaktionismus beheimatet war, mittlerweile aber durch Bezugnahme auf konstruktivistische, postmoderne und reflexive Überlegungen neu justiert wurde (vgl. im Überblick BRYANT & CHARMAZ 2007; MEY & MRUCK 2011a). [24]
4.1 Objektiv-hermeneutische Bildinterpretation
Die objektive Hermeneutik fokussiert latente Sinnstrukturen und bezieht sich vornehmlich auf textförmige Daten (z.B. OEVERMANN 2008), gelegentlich auch auf Objekte wie archäologische Funde (OEVERMANN 2006). Jüngst hat Ulrich OEVERMANN (2014) einen Beitrag zur objektiv-hermeneutischen Bildanalyse vorgelegt, und schon in den 1990er Jahren finden sich einige Beiträge dazu, bei denen aber "auf zusätzliches verbalsprachliches Material" (PEEZ 2006, S.121) zurückgegriffen wurde, um die Erkenntnisse visueller Analysen zu verifizieren (ACKERMANN 1994; HAUPERT 1994; LOER 1994). In dieser Verfahrenstradition steht auch der Beitrag von Georg PEEZ (2006), den wir hinzuziehen, da hier auch die Frage der Integration von Analyseergebnissen zu Text-Bild-Daten angesprochen ist. [25]
Für OEVERMANN (2014) ist die konkret-methodische Reflexion der Differenz von Text und Bild weniger zentral als die – wie er es nennt – "epistemologische" Konzeptualisierung des Gegenstandes "Bild". Bilder sind aus seiner Sicht zunächst keine Abbilder von Realität mit genuin darstellender Funktion. Ein entscheidendes Merkmal sei die Konturierung durch einen Rahmen, der "mehr als nur eine formale Konstituente des Bildes" darstelle (S.32), denn darüber werde das Bild als eben solches für die Wahrnehmung aus der Umgebung hervorgehoben. Zudem führt OEVERMANN als bedeutsam an, dass Bilder "das Abgebildete aus dem Strom der erlebbaren Welt heraus[...]nehmen und still [...] stellen", und es damit für die wiederholte Betrachtung zugänglich machen. [26]
Die Thematisierung des Rahmens bildet allerdings die einzige Bezugnahme auf die besondere Medialität oder Ästhetik eines Bildes. Die Bedeutung von Bildern wird nicht vor dem Hintergrund ihrer eigenen Medialität erschlossen, sondern funktionsbezogen hergeleitet. OEVERMANN argumentiert hierbei kulturanthropologisch und versteht Bilder als die "ersten manifesten, materialen Protokolle der Praxis von Menschen" (S.33). [27]
Medienbezogene Differenzen im Sinne von Ikonizität vs. Schrift stehen außerhalb seiner definitorischen Bemühungen. Vielmehr geht es ihm darum, Bilder erkenntnistheoretisch auf die Seite der Texte zu schlagen, um sie für die objektive Hermeneutik nutzbar zu machen, sodass untersucht werden kann, welche soziale oder kulturelle Realität die Analysegegenstände artikulieren und "wie authentisch bzw. gültig sie das tun" (S.34). [28]
Eine leicht anders akzentuierte Position lässt sich bei Georg PEEZ (2006) ausmachen, der seine Interpretationen von Fotografien aus dem Schulkontext mit Interpretationen einer dort protokollierten teilnehmenden Beobachtung kombiniert. Für PEEZ konkurrieren Text- und Bildinterpretation nicht, vielmehr ergänzen sie sich. Das Protokoll der teilnehmenden Beobachtung biete die Möglichkeit, zeitliche Handlungsabfolgen und Prozesse sichtbar zu machen, die im Bild nicht erkennbar seien. Während das Textprotokoll Geräusche, sprachliche Äußerungen und Dialoge zur Analyse bereitstelle, habe das Foto gegenüber dem Text den Vorzug, "Atmosphärisches", Details und räumliche Charakteristiken festzuhalten, die interpretationsbezogen gehaltvoll sein können. PEEZ konzeptualisiert seine Bildanalyse als "Spagat": Einerseits folgt er objektiv-hermeneutischen Prämissen, wenn er – wie OEVERMANN – Bilder (wie alle Daten in dieser Perspektive) als Texte, als Protokolle von (sozialer) Wirklichkeit fasst und das Prinzip der Sequenzanalyse gleichsam "setzt". Auf der anderen Seite anerkennt PEEZ aber, dass Bilder sich den Betrachtenden simultan präsentieren und nicht sequenziell wie Texte. Das Bild wird dennoch sequenziell analysiert, indem es in ein Textprotokoll überführt wird. Als orientierendes Kriterium zur Berücksichtigung der Bildsimultanität betont PEEZ jedoch mit Thomas LOER (1994) die den Blick anleitenden ikonischen Pfade, d.h. eine Rezeptionsreihenfolge, die durch die Anordnung der Bildelemente organisiert, aber nicht determiniert ist. Übereinstimmend mit LOER weist er darauf hin, dass ein Foto/Bild aber über mehrere Blickrichtungen erschließbar sei (und insofern analysepraktisch auch verschiedene Pfade erprobt werden müssten). PEEZ misst bei seiner Analyse den ausdrücklich formalen Elementen, also den im Bild erkennbaren Anordnungen (die er nicht mit Kompositionselementen gleichsetzen will, da es sich um einen "Schnappschuss" handele) hohe Relevanz zu: Sie steuern den Blick, und entsprechend werden diese auch der Reihenfolge nach im Protokoll abgehandelt. Die Erfassung der Elemente verdichtet sich während der Verfassung des Protokolls dann sukzessive zu Deutungen. In der finalen Analyse treten Bildbeschreibungen immer mehr in den Hintergrund, Einzelheiten, die der ersten Beschreibung entgingen, werden nun thematisch. Zuletzt werden Bild- und Textinterpretationsergebnisse inhaltlich und wenig systematisiert abgeglichen mit dem Ergebnis, dass sie sich gegenseitig im "Tenor" (2006, S.138) bestätigten. [29]
Deutlich wird in PEEZ' Beitrag, dass der simultane Charakter des Bildes methodisch in traditionell sequenziell operierende Verfahren der objektiven Hermeneutik integriert wird. Ikonische Pfade diktieren den Protokollverlauf. Am Ende steht ein Text über ein Bild, das zwar anhand von ikonischen Pfaden für die Analyse berücksichtigt wurde, dessen formale Einzelelemente in der Interpretation aber kaum kriteriengeleitet aufeinander bezogen werden. Zudem wird dem Bild in Bezug auf seine Aussagekraft über die soziale Wirklichkeit offenbar weniger zugetraut als Texten, insofern als PEEZ kontextspezifisch zusätzlich Beobachtungsdaten als notwendig erachtet. Ohne (verbalsprachliche) Protokolle der Rahmensituation (teilnehmende Beobachtung) scheint ihm keine valide Aussage möglich zu sein. [30]
4.2 Dokumentarische Bildinterpretation
Das Interesse am Bild in der dokumentarischen Methode ist maßgeblich mit Ralf BOHNSACK, dem Begründer dieser zunächst textzentrierten Methode, verknüpft. Seine Beschäftigung mit Bildern begann aus einer methodisch-methodologischen Perspektive bereits Anfang 2000 und wurde seitdem systematischer zu einer qualitativen Bild- und Videointerpretation ausgearbeitet (insb. 2009, siehe auch BOHNSACK 2008). [31]
In Bezugnahme auf Roland BARTHES und Erwin PANOFSKY konstatiert BOHNSACK (2009) eine methodisch-methodologische Schwierigkeit bei der Analyse von Bildern, die er für Texte ausgemacht hatte. Dabei geht es um die problematische Rolle verschiedener Wissensformen bei der Interpretation. Konkreter: Bilder bzw. Bildelemente würden von den Interpretierenden sehr schnell im Modus der Assoziation, d.h. der Fokussierung auf nicht bildimmanente Konnotationen wahrgenommen. "Konjunktives" (also das implizite bzw. "atheoretische" Wissen) und "kommunikatives Wissen" (also begrifflich expliziertes Wissen) drohten als außerbildlich kursierende und erworbene Ressourcen immer schon den Blick auf die Phänomene – und dies gelte insbesondere beim Bild – zu verstellen. Daher müssten
"spezifische Sinngehalte auf der konnotativen oder ikonografischen Ebene, welche [...] durch unser textförmiges Wissen geprägt sind, gleichsam suspendiert werden [...], um auf diese Weise das (Spannungs-)Verhältnis von Bild und Sprache bzw. Text 'offen halten' zu können, [...] und somit das Bild der sprachlich-textlichen Logik nicht von vornherein unterzuordnen" (S.35). [32]
Ansonsten werde aufgrund vorschneller Spekulationen (Welche Geschichte könnte dieses Bild erzählen?) die Bildstruktur, in der sich das Datenspezifische manifestiere, gar nicht erst sichtbar. BOHNSACK plädiert dementsprechend über einen methodisch kontrollierten Umgang und Einsatz von Wissensformen bei der Analyse hinaus für eine Kompositionsanalyse in Anlehnung an PANOFSKY und IMDAHL. Entsprechend solle das Bild selbst 1. in seiner nicht textäquivalenten Gesetzmäßigkeit ernst genommen werden und im Zuge der bildimmanenten Untersuchung eine Rekonstruktion der formalen Komposition erfolgen. Dabei dürfe 2. – unter Rekurs auf IMDAHL – das Bild nicht durch außerbildliches Wissen vorschnell interpretatorisch "stillgelegt" werden. BOHNSACK spricht sich für eine dosiert und kontrolliert realisierte Integration von Vorwissen (sprich: ikonografischem Wissen) aus. [33]
Für BOHNSACK ist aufgrund der besonderen Bildmedialität eine Abkehr von sequenzanalytischen Verfahren, die bei Texten – nicht aber Bildern – ihre Berechtigung hätten, angezeigt. Dies vor allem, weil Texte durch Narrativität im Sinne eines zeitlichen Nacheinanders, Bilder hingegen durch die simultane Präsenz ihrer konstitutiven Elemente gekennzeichnet seien. Aufgrund dieser Differenz (Sequenzialität vs. Simultanität) ist es für BOHNSACK erforderlich, bildliche Kompositionen in den Blick zu nehmen, um die jeweilige narrative Logik, die Art, wie über Bildelemente und ihre Zusammenhänge etwas dargestellt wird, herauszuarbeiten. [34]
Trotz der Text-Bild-Divergenz schlägt BOHNSACK aber vor, Verfahrensschritte der qualitativen textzentrierten Forschung in die Bildinterpretation zu integrieren, insbesondere als komparatives Vorgehen. Analog zu den innerhalb der qualitativen Forschung genutzten fiktiven oder empirischen Vergleichshorizonten (Wie könnte ein Thema gedankenexperimentell/fiktiv in einem Diskurs noch behandelt werden? Wie wird das Thema in anderen Diskursen tatsächlich verhandelt?) wird der Vergleich mit anderen Bildern als eine maßgebliche Operation zur Bestimmung der Spezifik eines Bildes verstanden. Diese Operation platziert BOHNSACK in seiner Bildinterpretationsmethode in den Schritt der reflektierenden Interpretation. Dort spielt – im Unterschied zur vorgeschalteten formulierenden Interpretation – nicht nur kommunikatives Wissen zur Deutung eine stärkere Rolle, sondern vor allem die kompositorische Analyse: Letztere bezieht sich auf Planimetrie (Rekonstruktion der Gesamtkomposition des Bildes)4), Perspektivität (z.B. Zentralperspektive, Übereckperspektive) und szenische Choreografie (also die Art und Weise, wie Personen-Gruppen oder Objekte aufeinander bezogen oder voneinander geschieden werden; siehe zusammenfassend und exemplarisch BOHNSACK 2009, S.58-72). [35]
Roswitha BRECKNER entwickelt in "Sozialtheorie des Bildes" (2010) einen interdisziplinär begründeten Ansatz, den sie "Segmentanalyse" nennt, wobei sie diese anders als die objektive Hermeneutik und dokumentarische Methode von Beginn an auf Bilder bezogen hat. Die Segmentanalyse begreift sie in Einklang mit BOHNSACK als "simultan und multidimensional", d.h. nicht durch Sequenzialität charakterisiert (BRECKNER 2010, S.270). [36]
Zentral für BRECKNER ist das interpretierende Subjekt und dessen Blickrichtung, wobei diese nicht als kontingent, sondern – im Einklang mit LOERs (1994) Konzept der ikonischen Pfade – von der Bildstruktur selbst angeleitet gefasst wird (vgl. BRECKNER 2010, S.274). Den Zugriff auf Bildsegmente anhand der Blickrichtung begründet BRECKNER mit der Feststellung Rudolf ARNHEIMs (1984), dass die Relevanzsetzung von Bildstrukturen über das "Abwandern" des Bildes mit den Augen organisiert werde und in der Zusammensetzung der wahrgenommen Bildeinzelelemente das Bildganze entstehe. Entsprechend gelte es, eine Segmentierung des Bildes entlang der Blickrichtung (wie sie durch ikonische Pfade mitgesteuert ist) vorzunehmen. Hierzu bezieht sich BRECKNER auf OEVERMANN und dessen (textbezogene) Sequenzanalyse, plädiert aber entgegen dieser Form der Sequenzanalyse dafür, dass das zunächst isolierte Bildsegment bezüglich plausibler "Sehweisen" ohne Rückgriff auf "fallexterne Informationen", ansonsten aber analog zum Vorgehen in der (textbasierten) objektiven Hermeneutik zum Gegenstand der Hypothesenbildung werden solle:
"Die Evidenz und Plausibilität bestimmter Hypothesen, die auf der Verknüpfung von Sehweisen zu einzelnen Elementen sowie der Verbindung zu Elementen basieren, wird am jeweiligen Fall in Bezug auf die Gestalt und nicht aus fallexternen Informationen gewonnen. Die Art der Hypothesenbildung hat folgende Struktur: Zunächst wird ein Bildelement, ein Segment, vom Bildkontext isoliert und fallunabhängig interpretiert. Dazu werden verschiedene Kontexte entworfen, in denen dieses Element Sinn machen, d.h. 'etwas' zeigen würde. Dabei ist entscheidend, möglichst verschiedene und auch konträr zueinander aufgebaute Sehweisen an jedem Bildelement zu entwickeln. Schließlich werden entlang jeder Sehweise die zu erwartenden Folgen für das im Bild anschließende Element hypothetisch entworfen. Dadurch wird überprüfbar, welche Sehweise an Plausibilität gewinnt und welche immer unwahrscheinlicher wird. Die einzelnen Sehweisen und Hypothesen werden im Fallkontext entwickelt, verifiziert oder falsifiziert" (BRECKNER 2010, S.275f.). [37]
Im Unterschied zur Methode OEVERMANNs wird bei der BRECKNERschen Segmentanalyse allerdings ein Analyseschema eingesetzt, bei dem das Bild in seiner Medialität berücksichtigt wird. BRECKNERs Verfahrensablauf sieht nach 1. der "Dokumentation des Wahrnehmungsprozesses" drei weitere Schritte vor: 2. die Erfassung der formalen Bildgestaltung, 3. die Untersuchung der Bildkomposition unter Hinzuziehung von PANOFSKY und IMDAHL (Planimetrie, perspektivische Projektion, szenische Choreografie) und 4. die Rekonstruktion des Bildkontexts. Daran schließen sich drei weitere Schritte an, die sich mit der Einordnung der Ergebnisse befassen und an dieser Stelle nicht weiter rekapituliert werden (vgl. BRECKNER 2010, S.285). [38]
Im Unterschied zur objektiven Hermeneutik, die das Bild entweder medial nur unterkomplex berücksichtigt (PEEZ) oder gleich überwiegend theoretisch konzipiert, um es in der Analyse wie einen Text behandeln zu können (OEVERMANN), wird in der dokumentarischen Methode ein detaillierter Vergleich der Medien "Text" und "Bild" vollzogen, der dazu führt, Bilder von Texten in ihrer Eigenlogik zu unterscheiden und daraus methodisch-methodologische Konsequenzen abzuleiten. [39]
Insbesondere die Ansätze von BRECKNER und BOHNSACK gehen von einer eigenen Gesetzmäßigkeit des Bildes aus, die es erfordert, die mediale und symbolische Spezifik des zu analysierenden Bildes ernst zu nehmen und nicht über diskursiv erzeugte Aussagen zu bestimmen. Entsprechend findet sich eine Abkehr von der textbasierten Herangehensweise der Sequenzialität. Diese Maßnahme birgt jedoch ein mit der Wahrnehmung zusammenhängendes Problem, auf das BRECKNER hinweist: "Gleichzeitig wird im Prozess der Wahrnehmung die Gestalt sukzessive in ihren Relationen zwischen Elementen in Bezug auf das Bildganze erfasst" (2010, S.273). Die Wahrnehmung des bildlich simultan und multidimensional Gegebenen kann nur nacheinander ("sukzessive") erfolgen. Die Segmentanalyse macht also einen Kompromiss, der darin besteht, 1. die schon von der dokumentarischen Methode (und teilweise auch der der objektiven Hermeneutik) betonte Simultanität der Bildelemente zu berücksichtigen, 2. ihre Struktur (ebenfalls wie in der dokumentarischen Methode) mit einer Kompositionsanalyse herauszuarbeiten und 3. sich in der konkreten Interpretation der erkannten Segmente dann am (sequenzanalytisch orientierten) Vorgehen der objektiven Hermeneutik zu orientieren. [40]
Zusammenfassend erscheinen uns entlang der vergleichenden Darstellung zur objektiven Hermeneutik, dokumentarischen Methode und Segmentanalyse drei Einsichten maßgeblich, an denen wir die weiteren Überlegungen zu einer visuellen GTM präzieren werden:
Das Bild ist kein Text (wie bei der objektiven Hermeneutik), der im Sinne einer sequenziellen Analyse und damit anhand von genuin textzentrierten Verfahren analysiert werden kann. Bilder sind nicht durch ein "Nacheinander", sondern durch "Simultanität" gekennzeichnet. Es bedarf der orientierenden Einführung von Kriterien zur Reihenfolge und Fassung der "Sinneinheiten" in der Interpretation (BOHNSACK, BRECKNER).
Kriterien für die Fassung und Abfolge der Sinneinheiten in der Interpretation des Bildes sind demnach nicht allein epistemologisch begründbar (siehe OEVERMANN), sondern müssen sich aus der Medialität des Gegenstands "Bild" selbst (der Komposition etwa) herleiten (BRECKNER, BOHNSACK).
Wenn die Medialität des Gegenstandes die Interpretationsabfolge der Sinneinheiten begründen soll, dann bedeutet dies, den Maßstab oder das Referenzsystem dafür zu benennen. Dafür können zunächst zwei verschiedene Wege eingeschlagen (und ggf. kombiniert) werden: 1. die Komposition des Bildes wird als konstitutiv für die zu analysierenden Sinneinheiten und ihre wechselseitige Bezogenheit erachtet (BOHNSACK), oder 2. die Blickrichtung der Interpret/innen auf das Bild gibt die Interpretationsabfolge von Sinneinheiten des Bildes vor, wobei die Komposition als wichtiger Faktor berücksichtigt, aber nicht zur alleinigen Basis der konkreten Interpretationsabfolge wird (BRECKNER). [41]
5. Grundzüge einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie
Die zentrale Frage für die Konzeption einer VGTM ist, wie diese angesichts der Besonderheit der Bild-Medialität ausgerichtet wird und in welcher Weise die vornehmlich im Rahmen von Textanalyse etablierten Kodierprozeduren daraufhin abgewandelt werden müssen. [42]
Bei der Analyse von Texten zielt die Verfahrensweise – ungeachtet eines z.T. variierenden Sprachgebrauchs und abweichender Schritte5) – auf eine mikroanalytische Untersuchung. In einem eröffnenden Schritt wird der Text (z.B. ein Interviewtranskript) hinsichtlich der Forschungsfrage in Sinneinheiten unterteilt (das können einzelne Worte, Satzteile, Sätze, ganze Textpassagen sein). Die segmentierten Sinneinheiten werden mit Kodes versehen und später zu Kategorien zusammengefasst. Ziel ist es, über die deskriptive Ebene des Textes hinauszugelangen und dessen konzeptuellen Gehalt herauszuarbeiten. Im Zuge der Auswertung werden unter Hinzuziehung weiterer Daten die Analyseergebnisse ausdifferenziert, kontinuierlich aufeinander bezogen und in umfassendere Kategorien verdichtet sowie in Beziehung zueinander gesetzt, um am Ende datenbasierte Aussagen über Zusammenhänge (Relationen, Muster, Typen) zu erhalten. Die Kodierschritte werden in Memos festgehalten, die ihrerseits laufend erweitert und überarbeitet werden (s. im Überblick MEY & MRUCK 2009). [43]
Ausgehend von dieser Prozesslogik gilt es, ein Verfahren zu skizzieren, das es erlaubt, visuelles Material überhaupt erst initial/offen kodieren zu können. Grundvoraussetzung dafür ist, die zu kodierenden Segmente zu bestimmen. Dementsprechend ist die folgende Darstellung von Verfahrensschritten als orientierender Rahmen zur Untersuchung von Bildern im Sinne einer GTM-Logik zu verstehen. [44]
Am Anfang der Bildanalyse ist zu entscheiden, ob und in welcher Weise Kontext-Information gesucht und zusammengestellt werden und damit die weitere Auswertung auch mit strukturieren (helfen). Dies können Hinweise zur Bildentstehung sein (wie bei KONECKI 2011, der in seinem Yoga-Beispiel auf die Aufnahmesituation des Bildes, den Raum etc. eingeht) oder Informationen zu den Bildproduzent/innen, dem Veröffentlichungsort (z.B. in Magazinen). Ebenso kann die Arbeit aber auch (wie in vielen Ansätzen zur Bildanalyse, explizit bei OEVERMANN 2014) mit einer kontextfreien Bildbeschreibung eröffnet werden, was auch dem Vorgehen von GLASER (2004) entsprechen würde, um zumindest der Intention nach mögliche Lesarten oder Interpretationen auszuschließen. [45]
Die Antwort darauf hängt zunächst vom Wissensstand der Interpret/innen und von der Forschungsfrage ab, zudem (und weitreichender) vom interpretationsbezogenen Nutzen der potenziellen Information und ihrem Status innerhalb der Analyse (Stichwort Kontextwissen, ausführlicher dazu unter Abschnitt 5.5). [46]
5.2 Beschreibung/Inventarisierung
Hierbei geht es nicht nur um die detaillierte Auflistung der (sichtbaren) Bildelemente, sondern vor allem auch um eine erste Erschließung des über das Bild Entworfenen (Räumlichkeit, Bildfläche, Perspektive etc.). Die im Rahmen der Beschreibung geleistete "Inventarisierung" stellt eine aktive Tätigkeit der (Bild-) Interpret/innen dar, die nicht reine Auflistungen von Bildelementen erstellen, sondern diese konstruieren. Ob diese Erschließungs- und Protokollierungsleistung geordnet in Form von Bild-Vorder-, -Mittel- und -Hintergrund erfolgen soll (wie bei BOHNSACK 2009, S.60, der die detaillierte Bildbeschreibung mit dieser Unterteilung auf der vor-ikonografischen Ebene ansiedelt), muss jeweils mit Blick auf das Bild und seine Komposition, aber auch die Forschungsfrage entschieden werden. [47]
Die Reihenfolge, in der die Bildsegmente gedeutet werden und der Segmentierungsprozess selbst können nur anhand eines nachvollziehbaren, der Bildkomposition Rechnung tragenden Verfahrens realisiert werden. Das Vorgehen lässt sich hier nur andeuten: Bilder, die in der ersten Auseinandersetzung den Eindruck eines starken Kompositionscharakters (z.B. choreografiert wirkende Anordnungen von Akteur/innen oder Gegenständen) hinterlassen, können beispielsweise besonders gut mit der Kompositionsanalyse im Sinne der dokumentarischen Methode (Planimetrie, szenische Choreografie, Perspektivität) segmentiert werden. Bilder, die räumlich wenig komplex, eher unstrukturiert, dafür aber detailreich erscheinen, können mittels der Blickrichtung (Stichwort: ikonische Pfade) im Sinne BRECKNERs segmentiert werden. Als dritte Variante (die allerdings etwas aufwendiger ist) kann auch die BRECKNERsche Vorgehensweise mit jener der dokumentarischen Methode gekoppelt werden, indem die eigene Blickrichtung mit den Ergebnissen einer Kompositionsanalyse im Sinne BOHNSACKs abgeglichen wird. Dadurch werden Blickrichtungen entlang der ikonischen Pfade noch einmal stärker durch die Herausarbeitung formalkompositorischer Merkmale legitimiert. In allen drei Fällen ist es nach Maßgabe der GTM jedoch wichtig, dass das Bild schlussendlich einer intersubjektiv nachvollziehbaren Segmentierung von Bildelementen unterzogen wird. Über diese Vorgehensweise soll Transparenz für die fortschreitende datenbasierte Konzeptualisierung sichergestellt werden. [48]
5.4 Memowriting und Kodierung als ineinander verwobener Interpretationsprozess
Das Memowriting und das offene Kodieren können besonders im Falle der Bildanalyse sehr eng miteinander verknüpft werden: Im Unterschied zu KONECKIs Vorgehen sollte allerdings nicht der zum Gesamtbild produzierte Analysetext interpretiert werden. Vielmehr (und näher an der Eigenlogik von Bild und GTM-Verfahren orientiert) wird es durch das skizzierte Segmentierungsverfahren möglich, direkt am Bild (und ohne dieses in einen Text zu überführen) zu interpretieren, d.h. Kodes zu generieren, die auf Konzepte hinter den jeweiligen Bildelementen verweisen. Die visuellen Daten werden (analog zur Textanalyse über generative Fragen) "aufgebrochen" (vgl. zusammenfassend MEY & MRUCK 2009, S.120f.). D.h. es wird danach gefragt, 1. welche Personen-Gruppen, Objekte, Zeichen etc. genutzt und 2. wie diese zueinander positioniert werden; 3. welche Interaktionen dabei erschließbar sind, um 4. auf mögliche Folgen/Konsequenzen hinzuarbeiten. Zusätzlich gilt es 5., raum-zeitliche Ordnungen herauszuarbeiten. Insofern sollen diese generativen, auch als "W-Fragen" bezeichneten Explorationen nach dem "Was", "Wer", "Wie", "Wann/Wie lange/Wo", "Warum", "Womit" und "Wozu" (a.a.O.) helfen, den Gegenstand möglichst differenziert erschließen zu können. Hierbei werden zunächst die im Bild direkt erkennbaren, aber auch die mit dem Bildhaften nahegelegten Bedeutungen erfasst. Jedes Bildsegment erhält einen eigenen Kode, der in eine Kodeliste überführt wird. Voraussetzung für die Vergabe eines Kodes ist die umfassende, d.h. systematische Befragung (analog dem "Aufbrechen" bei der Textanalyse) des jeweiligen Bildelements, d.h. eines Segments. Das Herantragen aller W-Fragen soll es dabei ermöglichen, dass nicht nur die auffälligen, "ins Auge springenden" Aspekte beachtet werden. Die entstehende Interpretation kann im Zuge des Memowritings konkretisiert und expliziert werden. [49]
Durch direkte Arbeit am Bild werden die Interpret/innen zudem auf potenzielle (semantische) Relationen zwischen Bildelementen aufmerksam. Um die Relationen interpretativ zu berücksichtigen und Bildsegmente untereinander in ihrer Bezogenheit bei der weiteren Kodierarbeit zu überprüfen, bietet es sich an, Mehrfachkodierungen6) vorzunehmen, indem (unter Nutzung der Methode des permanenten Vergleichens) unterschiedliche Segmente zusammen interpretiert und mit einem zusätzlichen Kode versehen werden, der etwa die Relationalität/Referenzialität/Interaktion fasst. Auch diese Kodes sollten in die Kodeliste eingehen. [50]
5.5 Interpretation und die Integration von Wissensformen
Schon im Rahmen der ersten analytischen Befassung mit dem Bild, stärker noch bei den späteren Kodierungen, werden weiterreichende interpretative Leistungen nötig. Interpretationsprozesse lassen sich idealtypisch hinsichtlich ihres Grades der Einbindung von Wissensformen unterscheiden (s. dazu ausführlicher STRAUB 1999, Kap.2): Das Spektrum reicht von stark bildimmanenten, mit nur dem nötigsten mundanen Wissen operierenden Deutungen (wie bei der dokumentarischen Methode überwiegend) bis hin zu Interpretationen, die sehr stark auf Kontext- und Spezialwissen setzen und dabei ein Bildsegment zuvorderst als Repräsentation eines außerbildlichen semantischen Feldes betrachten. Letztere Form der Interpretation fokussiert im Grunde semiotische Spuren, was bei KONECKI (2011, S.140) die Analyse des "outer context" des Bildes und hierbei "visual cultures and subcultures" bzw. "social worlds" meint. Es geht also um die Frage, auf welche außerbildlichen Diskurse, Bildwelten oder Konnotationen von Objekten das Segment verweist (siehe dazu auch RAAB 2012, der bezüglich "innerbildlicher" und "außerbildlicher" Kontexte mit Rekurs auf BARTHES und GOFFMAN einen systematischen Vorschlag zur Bildanalyse vorgelegt hat). Um die bildspezifische Bedeutungsproduktion in den Blick zu bekommen, ist es in beiden Interpretationsvarianten aber möglich, bildbezogene Vergleiche vorzunehmen. Komparative Verfahren (was sieht so ähnlich aus wie Segment XY?), wie sie etwa bei der dokumentarischen Methode (allerdings nur in der reflektierenden Gesamtinterpretation) und der VGTM nach KONECKI vorgesehen sind, lassen bildbezogene Ähnlichkeiten und Divergenzen mittels Kontrastierung mit anderen Bildern hervortreten. [51]
Die Entscheidung für eine (weitgehende) Suspendierung oder (selektive) Hinzuziehung von Wissensformen hängt durchaus mit der Frage zusammen, was im Zentrum des Forschungsinteresses steht. Berührt ist hier aber auch die innerhalb der GTM zentrale Diskussion um "forcing vs. emerging" (KELLE 2005). Aus unserer Sicht kann je nach Fragestellung verschieden stark Kontext- oder Expert/innenwissen einbezogen oder suspendiert werden. Zentral ist dabei allerdings, bei allen Interpretationsschritten das eingesetzte Wissen in seiner Typik zu reflektieren und in Präsentationen oder Publikationen zwecks intersubjektiver Nachvollziehbarkeit auszuweisen (vgl. zu GTM und Selbst-/Reflexivität: BREUER, MEY & MRUCK 2011; MRUCK & MEY 2007). Auch für diesen Arbeitsschritt ist das Memowriting zentral (reflexive Memos, in denen Präkonzepte und Vorstrukturierungen via Kontextwissen dargelegt werden; theoretische Memos, in denen die Konzeptarbeit aufbereitet wird; methodische Memos, in denen z.B. Begründungen für die Hinzuziehung weiterer Daten zu explizieren sind). [52]
Wie bereits oben erwähnt, liegt am Ende der Bildinterpretation (wie bei Texten) also eine Reihe von Kodes vor, die (wie bei Texten) zu Kategorien zusammengefasst werden mit dem Ziel, den konzeptuellen Gehalt der Bildanalyse zu reflektieren. Dazu empfiehlt es sich, die in den Memos festgehaltenen Ergebnisse weiter zu elaborieren. Die Erschließung, wie welche Kategorien und Subkategorien miteinander verknüpft sind, wird auch in der weiteren Kodierarbeit virulent: Es gilt, Beziehungen (wie schon bei den Kodes) mittels der Durchmusterung von Kategorien und Subkategorien und mit Blick auf das interessierende Phänomen herauszuarbeiten. [53]
Bezüglich der Ausrichtung der Kategorien ist zu überlegen, wie stark nicht nur der semantische Gehalt, sondern auch die formale Konstitution des Inhalts zur Beantwortung der Forschungsfrage integriert werden soll. Für den Fall, dass die Art der Darstellung eine besondere Rolle spielt, können die Kategorien kompositorische Merkmale (wie Farbgebung, Kontraste, weitere Stilisierungsmerkmale) dezidierter beinhalten, als dies für eine Untersuchung des Bildes ohnehin der Fall sein sollte. Hierfür ist der Bezug auf Erkenntnisse, die im Vorfeld bereits bei der Kodierung herausgearbeitet und in den Memos näher ausformuliert sein sollten, wichtig (vgl. dazu auch DIETRICH & MEY 2015). [54]
5.7 Fortsetzung: Ausweitung des Materials (Sampling)
Im Zuge der Interpretationsarbeit wird zunehmend das theoretische Sampling zentral. Dadurch soll – wie in der GTM üblich – anhand der erstellten (vorläufigen) Kategorien sowie mittels deren forschungsfragenbezogener Einordnung und Ausdifferenzierung (bei KONECKI z.B. hinsichtlich räumlich-sozialer Arrangements) bestimmt werden, welche weiteren Materialien (weitere Bilder, andere Datentypen) heranzuziehen sind. Mit dem theoretischen Sampling werden dann auch die Suchrichtungen im Forschungsprozess ausformuliert, der Prozess des permanenten Vergleichens weiter strukturiert und Lesarten durch Vergleichshorizonte expliziert. Die inhaltlichen und formbezogenen Erschließungen von Bildkonzepten zeigen Suchrichtungen für die Auswahl weiteren Materials auf. [55]
5.8 Integration Bild-Text-Kategorien
Je nach herangezogenen Materialien stellt sich die Aufgabe, erarbeitete Kategorien – gemäß der Methode des permanenten Vergleichs – aufeinander zu beziehen. Dabei sind alle in der Analyse sukzessive genutzten Daten zu berücksichtigen (seien es weitere Bilder, Texte zu Bildern, ethnografisches Explorationen zu den Kontexten der Bilder, Interviews mit Rezipient/innen oder Produzent/innen der Bilder, textuelles Umfeld des Bilds wie z.B. bei Zeitschriftenartikeln etc.) [56]
Die Realisierung dieser Aufgabe ist im Grunde mit der Beantwortung einer Frage verbunden: In welchem Verhältnis stehen die aus verschiedenen Datentypen gewonnen Kategorien inhaltlich, und in welcher Weise sind sie auch medienspezifisch geprägt? Hierbei ist zu klären, wie sich im generellen inhaltlichen Sinne am Bild (z.B. Cover vs. Bilder in der Zeitschrift) dokumentierte Konzepte zu jenen verhalten, die sich im Text erkennen lassen. In Bezug auf Zeitschriften könnte sich z.B. herausstellen, dass Bildkategorien und Textkategorien in einem Verhältnis der wechselseitiges Validierung stehen (wie bei PEEZ): Was das Bild inhaltlich inszeniert, fände sich dann auch in textbezogenen Aushandlungen und umgekehrt (oder es zeigen sich oppositionelle Relationen). Medienspezifisch könnte sich zeigen, dass die Bilder Inhalte, die in den Texten entdeckbar sind, im Modus der Ankündigung, Zuspitzung oder Überpointierung inszenieren. In diesem Falle würden die Texte dann Semantiken komplexer und differenzierter aufgreifen als es die bildbasierten Inszenierungen aufgrund (so ließe sich sagen) ihrer "kommunikativen Verdichtung" erkennen ließen. [57]
6. Zusammenfassung und Ausblick: Diskursfeld visuelle Grounded-Theory-Methodologie
Gegenstand dieses Beitrags war es, vor dem Hintergrund einer kritischen Reflexion mittlerweile etablierter Verfahren zur Analyse von Bildern in der qualitativen Sozialforschung einen orientierenden Rahmen für die Durchführung einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie anzubieten. Dazu haben wir wesentliche Verfahrensschritte der GTM (Kodierprozeduren, Memowriting, Kategorienbildung, Sampling) adaptiert und modifiziert, um Bilder als simultan verfasste Medien, die sich vom Modus der Sequenzialität in textförmigen Dokumenten unterscheiden, bearbeiten und damit die Medialität des Bildes berücksichtigen zu können: Der Bildinventarisierung folgt eine bildkompositionsorientierte Segmentierung, der Segmentierung eine umfassende Interpretation, die (aufgehoben in den Memos) den Prozess des Kodierens begleitet. Durch die anschließende Zusammenfassung der Kodes entstehen Kategorien, die wesentliche Konzepte des Bildes reflektieren und eine Strategie zum theoretischen Sampling im Sinne einer inhaltlichen wie formalen "Spur" zu entwickeln helfen. Darüber hinaus haben wir gezeigt, welche Entscheidungen vor und während der konkreten Durchführung der Analyse zu treffen sind (Zulassung von Kontextwissen: wenn ja, wie viel und mit welchem Gewinn? Welche Relevanz hat die Bildkomposition für die Forschungsfrage? Wie wirkt sich dies auf die Gestaltung von Kodes und Kategorien aus?). Während in der dokumentarischen Methode, der objektiven Hermeneutik und der Segmentanalyse bereits weitreichende Vorarbeiten zur (theoretischen und methodisch-methodologischen) Erschließung des Bildes erfolgt sind, ist das Projekt einer VGTM bislang hauptsächlich von KONECKI (und den von ihm berücksichtigen Autor/innen wie SUCHAR oder CLARKE) angeschoben worden. [58]
Unsere Überlegungen zu einer VGTM begründen sich zum einen durch die Zunahme an visuellen Daten in vielen Projekten; in anderen Fällen sind Voraussetzungen überhaupt erst zu schaffen, um Bilder für relevante Forschungsfragen, wie sie z.B. im Rahmen von Studien in der Kulturpsychologie oder Kultursoziologie gestellt werden (vgl. MEY & BERLI 2016/in Druck), stärker berücksichtigen zu können. Derartige Studien können dann auch herausarbeiten, dass sich die Techniken der Bildproduktion und -distribution nicht nur immer weiter verfeinern und vereinfachen, sondern auch wie sie den Alltag, in dem Bilder Platz haben, immer stärker durchdringen und lebensweltliche Bezüge verändern. Derartige Forschungsfragen auch mit der GTM zu bearbeiten bzw. eine Analyse von nicht-textlichem Material für die GTM zu konzeptionieren und hierfür Verfahrensvorschläge zu machen, erachten wir für notwendig. Eine andernfalls notwendige Kombination der GTM mit externen Bildanalyse-Verfahren bedeutet eben nicht nur, GTM-fremde Verfahrensschritte anzuwenden und dabei der sehr verschiedenen theoretischen und epistemologischen/methodologischen Rahmungen (und z.T. deren Inkommensurabilität) gewahr zu sein. Es ist auch das GLASERsche Credo des "All is data", dem GTM-immanent nur dann nachgekommen werden kann, wenn Mittel und Wege zur Erschließung unterschiedlicher Datentypen vorhanden sind, wie dies z.T. auch bereits für spezifische Fragestellungen und Datentypen vorgeschlagen und bearbeitet wurde (vgl. z.B. bezogen auf Dokumente/Akten MUCKEL 2011 oder hinsichtlich von Narrationen z.B. LAL, SUTO & UNGAR 2012; zusammenfassend MEY & RUPPEL 2016). [59]
Die VGTM kann sich zudem nicht auf "stille" Bilder reduzieren. Das skizzierte Forschungsdesiderat im Bereich der GTM bezüglich des Bildes lässt sich ganz ähnlich auch für den Bereich des Bewegtbildes konstatieren. Neuere Arbeiten bemühen sich bereits um die Integration videografischer Vorgehensweisen in die GTM (HABIB & HINJOSA 2015; MORITZ 2015). Defizitärer gestaltet sich die Diskussion um bewegte Bilder für Daten, die nicht eigens von den Forschenden selbst erhoben werden, sondern bereits vorliegen und z.B. aus dem Bereich der Massenmedien stammen: Unterhaltungsfilme oder Musikvideos sind nahezu unerschlossene Quellen der Datenanalyse, deren Nutzung und Nutzen für potenzielle sozialwissenschaftliche Erkenntnisgewinne – wie in der filmsoziologischen Analyse bereits geschehen (z.B. PELTZER & KEPPLER 2015) – auch für die GTM reflektiert werden müssten; dies gilt im gleichen Maße für medienbezogen hybride Präsentationen wie etwa Webseiten, die Text, Bild und Bewegtbild kombinieren und andere netzbasierte Formate. [60]
Wenn Grounded-Theory-Methodologie bedeuten soll, potenziell alle relevanten Daten – ungeachtet ihrer medialen Verfasstheit – für die Forschung nutzen zu können, dann reicht es wiederum nicht aus, nur textförmige und bildförmige Daten zu berücksichtigen: Ist der pictorial turn erst vollzogen (BACHMANN-MEDICK 2006), dann wartet als nächstes (oder parallel dazu) bereits ein material turn auf seinen Vollzug. Wie lassen sich Artefakte oder Objekte im Sinne und mittels der GTM erfassen (s. dazu auch CLARKE 2005)? Die Erforschung von Kultur und Gesellschaft mit sozialwissenschaftlichen Methoden endet nicht bei Gesprochenem, Geschriebenem oder Bebildertem. [61]
Für Hinweise und kritische Anmerkungen bedanken wir uns bei Paul EISEWICHT, York KAUTT, Nicolle PFAFF, Paul Sebastian RUPPEL und Rubina VOCK sowie bei zwei anonymen Begutachtenden und der Geschäftsführenden Herausgeberin von FQS, Katja MRUCK.
1) Unsere Auseinandersetzung mit Fragen der Visualität geht zurück auf die Arbeiten in dem Teilprojekt "Inszenierung von Jugend(lichkeit)" im BMBF-geförderten Forschungsverbund "JuBri – Techniken jugendlicher Bricolage", bei dem wir mit Artefakten (z.B. Sticker, Kleidung etc.) und insbesondere zu Fanzines (Amalgam aus "Fan" und "Magazine") arbeiten (s. DIETRICH & MEY 2015; darin auch viele Beispiele für unser konkretes Vorgehen). <zurück>
2) Dies entspräche im Grunde dem von PANOFSKY (1975 [1955]) empfohlenen "Korrektivprinzip der Interpretation", das auf alle drei Analyseschritte anzuwenden ist (vgl. dazu auch seine synoptische Übersicht auf S.50). <zurück>
3) Aus der Fülle möglicher Ansätze fiel die Wahl auf die drei genannten Ansätze, weil sie für unser Anliegen, die GTM mit Blick auf die Analyse visueller Daten zu elaborieren und dabei auf etablierte Standards und besondere Herausforderungen hinzuweisen, interessante Merkmale aufweisen. Andere Ansätze, die innerhalb der visuellen Soziologie diskutiert werden (z.B. von MÜLLER 2012; RAAB 2008, 2012) unberücksichtigt bzw. werden nur am Rande behandelt. Ebenso wird auf spezifische Weiterentwicklungen (z.B. PRZYBORSKI 2008) nur kursorisch eingegangen werden, um das Anliegen des Textes nicht zu ausladend zu gestalten. <zurück>
4) Hinsichtlich der Planimetrie sind über BOHNSACKs Konzipierung der Kompositionsanalyse hinausgehende, wichtige Überlegungen zum Einsatz der Feldlinien (d.h. Linien, die nicht sichtbar im Bild enthalten, sondern von den Interpretierenden zu erkennen und einzutragen sind) getroffen worden. PRZYBORSKI und SLUNECKO (2012, unpag.) verstehen Feldlinien als Element des "sehenden Sehens" (IMDAHL 1996) als wichtiges heuristisches Erkenntnisinstrument. <zurück>
5) GLASER z.B. spricht von gegenstandsbezogenem und theoretischem Kodieren und unterteilt dies in offene und selektive Kodierung; STRAUSS (und CORBIN) schlagen das offene, axiale und selektive Kodieren vor und platzieren darin zentral ein Kodierparadigma, CHARMAZ präferiert das Vorgehen eines initialen und fokussierten Kodierens (s. zusammenfassend MEY & MRUCK 2011b). <zurück>
6) In Bezug auf Videotranskriptionen (sprich die Bearbeitung bewegten visuellen Materials) im Kontext des offenen Kodierens merkt MORITZ (2015, S.226) zu Recht an, dass Mehrfachkodierungen sogar eher die Regel als die Ausnahme darstellen. <zurück>
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Günter MEY ist Professor für Entwicklungspsychologie und qualitative Forschung. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: qualitative Methodologie (insb. Grounded-Theory-Methodologie) und Forschung zu Kindheiten, Jugendkulturen und Transgenerationalität. Aktuell leitet er u.a. das Projekt "Inszenierung von Jugend(lichkeit)" im BMBF-geförderten Forschungsverbund "Techniken jugendlicher Bricolage". Gemeinsam mit Katja MRUCK hat er u.a. das "Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie", den "Grounded-Theory-Reader" sowie den Band "Qualitative Forschung: Diskussionen und Analysen" herausgegeben.
Kontakt:
Prof. Dr. habil. Günter Mey
Hochschule Magdeburg-Stendal
Angewandte Humanwissenschaften
Osterburger Str. 25, D-39576 Hansestadt Stendal
E-Mail: guenter.mey@hs-magdeburg.de
URL: http://www.humanwissenschaften.hs-magdeburg.de/l/~mey
Marc DIETRICH ist Sozial- und Kulturpsychologe und seit Juni 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter im BMBF-Teilprojekt "Inszenierung von Jugend(lichkeit)". Seine Forschungsschwerpunkte und -interessen liegen in den Bereichen Popkultur und Jugendszenen. Sein Methodeninteresse erstreckt sich von der Grounded-Theory-Methodologie bis zur (Bewegt-)Bild- und Diskursanalyse.
Kontakt:
Dr. Marc Dietrich
Hochschule Magdeburg-Stendal
Angewandte Humanwissenschaften
Osterburger Str. 25, D-39576 Hansestadt Stendal
E-Mail: marc.dietrich@hs-magdeburg.de
URL: https://www.hs-magdeburg.de/hochschule/fachbereiche/angewandte-humanwissenschaften/mitarbeiter/dr-marc-dietrich.html
Mey, Günter & Dietrich, Marc (2016). Vom Text zum Bild – Überlegungen zu einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie [61
Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(2), Art. 2,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs160225.
Revised: August 2017