Volume 8, No. 3, Art. 15 – September 2007

Der Einsatz archivierter Forschungsdaten in der qualitativen Methodenausbildung – Konzept und Evaluation eines Pilotmodells für forschungsnahes Lernen

Britta Stiefel

Zusammenfassung: Die digitale Archivierung qualitativer Forschungsdaten bietet zusammen mit dem Fortschritt softwaregestützter Datenanalyse die Chance zur Wiederverwendung der Daten für eine forschungsnahe Ausbildung in der qualitativen Sozialforschung. Archivierte Daten können als Demonstrations- und Analysematerialien genutzt werden und damit zu einem besseren Verständnis qualitativer Forschungsmethodik verhelfen.

Für die forschungsnahe Methodenausbildung kann die Verwendung des Konzepts des "Blended Learning", das Präsenzlehre mit Elementen des E-Learning verknüpft, von Vorteil sein. Es gewährleistet sowohl die fachliche Anleitung durch eine Lehrperson als auch eigenständige forschungspraktische Anwendungen durch die Lernenden.

Der Artikel stellt das Konzept und Evaluationsergebnisse eines Lehr-Lernmodells vor, welches das Archiv für Lebenslaufforschung (ALLF) der Graduate School of Social Sciences (GSSS) an der Universität Bremen für die Nutzung archivierter Interviewdaten in der qualitativen Methodenausbildung entwickelte. Das Pilotmodell, dessen inhaltlicher Schwerpunkt auf der Auswertungsmethode des problemzentrierten Interviews liegt, orientiert sich am Konzept des Blended Learning. Die Erprobung und Evaluation in der Lehr-Lernpraxis erfolgte im Rahmen einer Pilotveranstaltung des mobileCampus-Projekts im Studiengang Psychologie der Universität Bremen.

Das Lehr-Lernmodell für forschungsnahes Lernen des Archivs für Lebenslaufforschung soll im Rahmen der Debatte Lehren und Lernen der Methoden qualitativer Sozialforschung zur Diskussion gestellt werden. Außerdem soll mit dem Artikel selbst ein Beitrag zur Debatte geleistet werden.

Keywords: Blended Learning, Evaluation, Hochschuldidaktik, forschungsnahes Lernen, Methodenausbildung, Nutzung archivierter qualitativer Daten, problemzentriertes Interview, telemediales Lernen

Inhaltsverzeichnis

1. Der Einsatz archivierter qualitativer Daten in der Methodenausbildung

2. Der Nutzen archivierter Daten für die Lehre

3. Blended Learning in der qualitativen Methodenausbildung

4. Das Pilotmodell des Archivs für Lebenslaufforschung

4.1 Eignung der Daten für die Methodenausbildung

4.2 Der Einsatz digitaler Medien

4.3 Die Lernmodule des Methodenseminars

4.3.1 Das erste Lernmodul: Methodische Einführung/Falldarstellung

4.3.2 Das zweite Lernmodul: Kodierung

4.3.3 Das dritte Lernmodul: Interpretation/Fallübergreifende Analyse

5. Evaluation des Pilotmodells

5.1 Ausgewählte Ergebnisse der Befragung

5.1.1 Studienrelevante Merkmale, Teilnahmemotivation und – voraussetzungen

5.1.2 Ergebnisse zum Einsatz archivierter Daten

5.1.3 Ergebnisse zum Blended Learning-Modell

6. Schlussfolgerungen und Ausblick

Anhang

Anmerkungen

Literatur

Zur Autorin

Zitation

 

1. Der Einsatz archivierter qualitativer Daten in der Methodenausbildung

Dem Bedarf nach Forschungsorientierung der Methodenausbildung steht oftmals entgegen, dass der eng begrenzte Zeitrahmen akademischer Lehre kaum zeitaufwändige qualitative Datenerhebungen und -analysen der Lernenden zulässt. Das Lernen qualitativer Forschungsmethodik sollte sich jedoch sinnvollerweise nicht auf die isolierte Aneignung von Methoden beschränken. Für angehende qualitative Forscher und Forscherinnen ist es erforderlich, in der Auseinandersetzung mit forschungspraktischen Problemstellungen auch das Bewusstsein und die Sensibilität für einen sinnverstehenden Zugang zum Forschungsgegenstand zu entwickeln. [1]

Vor diesem Hintergrund stellen digital archivierte qualitative Datenbestände eine wertvolle Quelle für das Lernen qualitativer Erhebungs- und Auswertungsverfahren dar. Zusammen mit den Dokumentationsmaterialien der Forschungsprojekte (z.B. Interviewleitfäden, Kodierungsschemata, Gesprächsprotokolle) eignen sich die Daten zur Entwicklung von Lehr-Lernmaterialien, die sowohl zur Demonstration methodischen Vorgehens als auch für eigenständige Analysen der Lernenden verwendet werden können. Das britische Datenarchiv ESDS Qualidata des UK Data Archive an der Universität von Essex, das bereits im Jahre 1994 ein Netzwerk zur professionellen Aufbereitung, Aufbewahrung und Weitergabe qualitativer Daten aufgebaut hat, bestätigt den Nutzen archivierter Daten für die Lehre. Nach seinen Erfahrungen kann die Verwendung der Daten zum besseren Verständnis qualitativer Forschungsmethodik beitragen (CORTI & BISHOP 2005, Abs. 32):

"The use of real-life data in teaching adds interest and relevance to courses […]. […] Students also have the opportunity to understand the rationale for collecting data and can develop the skills and intuition required to evaluate the strengths and weaknesses of particular research strategies and fieldwork methods. Data of particular relevance to the subject being taught can thus help engage the student faced with sometimes confusing substantive matter and methodological theory." [2]

Für die forschungsnahe Methodenausbildung ist eine Lehr-Lernkonzeption erforderlich, die neben der fachlichen Anleitung und Unterstützung durch eine Lehrperson den Lernenden eine geeignete Lernumgebung für eigene Forschungserfahrungen bietet. Das Konzept des Blended Learning, welches Präsenzlehre mit E-Learning-Elementen verknüpft, kann in diesem Zusammenhang einige Vorteile bieten. Um die Tauglichkeit des Konzepts für die Ausbildung in den Methoden der qualitativen Sozialforschung exemplarisch untersuchen zu können, entwickelte das Archiv für Lebenslaufforschung (ALLF) der Graduate School of Social Sciences (GSSS) an der Universität Bremen ein Pilotmodell, das Präsenzlehre mit telemedialen Lernphasen kombiniert. Das Modell sieht vor, dass die Studierenden in den telemedialen Lernphasen eigenständig Analysen archivierter Interviewdaten durchführen. Für die kontinuierliche Betreuung und die Kommunikation zwischen den Lernenden wird eine internetgestützte Lern- und Kommunikationsplattform eingesetzt. Die Erprobung und Evaluation des Lehr-Lernmodells in der Lehrpraxis fand in Kooperation mit dem mobileCampus-Projekt1) in einem Methodenseminar im Studiengang Psychologie der Universität Bremen statt. [3]

Der Artikel beschreibt zunächst das Nutzungspotential archivierten Datenmaterials für das Lehren und Lernen qualitativer Forschung. Danach wird erläutert, inwiefern das Konzept des Blended Learning für die forschungsnahe Methodenausbildung geeignet erscheint. Anschließend wird das Pilotmodell vorgestellt und anhand zentraler Evaluationsergebnisse beurteilt. Dabei sind vor allem die Erfahrungen der Studierenden von Bedeutung: Wie beurteilen sie den Umgang mit archiviertem Datenmaterial in der Methodenausbildung? Wie bewerten sie das Blended Learning-Modell? Welchen Nutzen bietet die Verwendung einer internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform? Welche Rolle spielt die face-to-face-Kommunikation? [4]

2. Der Nutzen archivierter Daten für die Lehre

Eine sinnvolle Alternative zu eigenen Datenerhebungen in der Methodenausbildung wird durch den Einsatz von archivierten qualitativen Datenbeständen aus Forschungsprojekten geboten Zusätzlichen Nutzen erhält die Lehre durch den engen Bezug der Daten zur Forschungspraxis. [5]

Die Original-Forschungsdaten und Projektmaterialien2) eignen sich zur Demonstration methodischer Vorgehensweisen und können damit den Lernenden zu einem besseren Verständnis der zentralen Aspekte qualitativer Forschungsprozesse verhelfen. Zum einen können sie zum Erlernen von Erhebungsmethoden (Interviewerschulung, Methodenvergleich) genutzt werden. Zum anderen bieten transkribierte Forschungsdaten eine geeignete Datenbasis für eigenständige Analysen der Studierenden auch unter Anwendung unterschiedlicher Textanalyseverfahren und zur softwareunterstützten Textanalyse. Die Nutzung von archivierten Daten in der Lehre stellt darüber hinaus einen Mehrwert dar, da sie die Analyse größerer Datenmengen, die beispielsweise für die fallübergreifende Analyse und/oder für Vergleichsstudien genutzt werden können, und den Vergleich unterschiedlicher methodischer Ansätze und Verfahren ermöglicht. Durch die Darstellungs- und Vergleichsmöglichkeiten wird somit ein erweiterter Methodenkanon gefördert3). [6]

Die Vorteile der Nutzung von archivierten Forschungsdaten gelten auch für Schulungsangebote in qualitativer Sozialforschung für Promovierende und wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Derzeit zeigt sich ein großer Bedarf nach postgradualen Ausbildungsangeboten zu qualitativen Erhebungs- und Auswertungsverfahren, die bundesweit als Workshops, Summer bzw. Winter Schools oder Methodenberatung von Qualifikationsarbeiten angeboten werden4). Diese Schulungsangebote vermitteln zum einen grundlegende Methodenkenntnisse qualitativer Erhebungs- und Auswertungsverfahren. Zum anderen gewährleisten sie die vertiefte Ausbildung in speziellen Verfahren und Anwendungsbereichen für Fragestellungen im Rahmen qualitativer Dissertationen und Forschungsprojekte. Für beide Ausbildungsziele kann sich der Einsatz von archivierten Forschungsdaten als Demonstrations- und Analysematerial als sinnvoll erweisen. [7]

Wenn Forschungsdaten in der Lehre eingesetzt werden, findet eine Verknüpfung der traditionellerweise getrennten Sphären Studium und Forschungspraxis statt. In der eigenständigen Auseinandersetzung mit forschungspraktischen Aufgaben- und Problemstellungen erhalten die Lernenden die Möglichkeit, aus der Forscherperspektive zu handeln und praktische Probleme des methodischen Vorgehens zu meistern. Der Vorteil des Blended Learning-Ansatzes für die Methodenausbildung liegt darin, dass sowohl günstige Bedingungen für die fachliche Anleitung und Betreuung durch eine Expertin bzw. einen Experten als auch für eigene Forschungserfahrungen der Lernenden hergestellt werden können. [8]

3. Blended Learning in der qualitativen Methodenausbildung

Der Blended Learning-Ansatz erlaubt die Verknüpfung von telemedialen Lernformen mit Präsenzlehre in einem lernerzentrierten Lehr-Lernarrangement. Bei diesem hybriden Ansatz sollen die Vorteile unterschiedlicher didaktischer Methoden und Medien miteinander verbunden werden (vgl. KERRES 2000 und REINMANN-ROTHMEIER 2003). [9]

Telemediales Lernen in der Methodenausbildung zeichnet sich durch die Möglichkeit zur flexiblen und individuellen Anpassung des Lernprozesses durch die Lernenden selbst aus. Es kann sowohl anwendungsorientiertes als auch kooperatives Lernen stattfinden. So werden geeignete Bedingungen für forschungspraktische Aktivitäten der Lernenden hergestellt. Ergänzende fachliche Anleitung und Unterstützung durch die Lehrperson kann in Präsenzlehrveranstaltungen und durch eine kontinuierliche telemediale Betreuung umgesetzt werden. Eine Aufgabe der Lehrperson ist in diesem Zusammenhang, mit ihrem Expertenwissen eine ausreichende Wissensbasis bereitzustellen, die durch die Lernenden gezielt genutzt werden kann und sie zur eigenständigen Bewältigung der forschungspraktischen Aufgaben- und Problemstellungen befähigt. Dabei reduziert sich die traditionelle Funktion der Wissensvermittlung durch Präsenzlehre zugunsten einer stärker moderierenden Rolle von Lehrenden (vgl. GROTLÜSCHEN 2003). Die kontinuierliche Unterstützung und Moderierung des Lernprozesses durch telemediale Betreuung kann in Form asynchroner und synchroner Kommunikation etwa per E-Mail, Diskussionsforum oder Chat erfolgen, womit auch die Unterstützung und Förderung von Lerngruppen in telemedialen Lernphasen ermöglicht wird (vgl. KERRES 2000). [10]

Idealerweise sollten in der qualitativen Methodenausbildung die forschungspraktischen Anwendungen stets auch durch einen wissenschaftlichen Austausch mit anderen Lernenden und den Lehrenden begleitet sein. Dies entspricht zum einen einem Grundprinzip qualitativer Forschung, wonach individuelle Interpretationen diskursiv validiert werden. Zum anderen stellt nach SCHULMEISTER (2004) die Kommunikation zwischen Lernenden und mit dem Lehrenden eine notwendige Bedingung für die Wissenskonstruktion und die Konventionalisierung von Wissen dar. Dieses kollaborative Lernen kann durch Präsenzlehre angeregt werden, da diese unmittelbar in einer sozialen Umgebung stattfindet, die in virtuellen Lernumgebungen erst noch hergestellt werden muss (vgl. SCHULMEISTER 2004). In telemedialen Lernphasen dagegen kann die Kommunikation etwa durch den Einsatz einer internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform unterstützt werden. [11]

Eine exemplarische, konkrete Umsetzung findet der Blended Learning-Ansatz im Pilotmodell des Archivs für Lebenslaufforschung. [12]

4. Das Pilotmodell des Archivs für Lebenslaufforschung

Das Pilotmodell des Archivs für Lebenslaufforschung wurde in Kooperation mit dem mobileCampus-Projekt für ein Seminar in der qualitativen Methodenausbildung des Studiengangs Psychologie der Universität Bremen konzipiert5). Das Methodenseminar richtete sich an Studierende im Hauptstudium Psychologie und setzte Grundlagenkenntnisse qualitativer Forschungsmethodik voraus, die in der Regel im Grundstudium vermittelt wurden. Die Studierenden konnten einen Teilnahmenachweis in qualitativen Methoden erwerben. Der Schwerpunkt der Lehrveranstaltung, die als Übung angeboten wurde, lag auf der Auswertung des "problemzentrierten Interviews" (WITZEL 1989, 1996, 2000). [13]

Das Pilotmodell sieht vor, dass die Studierenden das methodische Vorgehen der Auswertungsmethode in der eigenständigen exemplarischen Analyse archivierter Interviewdaten erlernen. Zur didaktischen Umsetzung werden Präsenzveranstaltungen mit telemedialen Lernphasen in einem modularen Blended Learning-Arrangement kombiniert. Die fachliche Anleitung und Unterstützung durch den Lehrenden erfolgt in Präsenzveranstaltungen und durch telemediale Betreuung. Für die telemedialen Lernphasen ist vorgesehen, dass die Studierenden in Kleingruppen die methodischen Auswertungsschritte selbst am Datenmaterial erproben. Für die forschungspraktischen Anwendungen werden digitale Interviewtranskripte des Längsschnittprojekts A1 Statuspassagen in die Erwerbstätigkeit des ehemaligen Sonderforschungsbereichs 186 der Universität Bremen, die im Archiv für Lebenslaufforschung archiviert sind, und das Textanalyseprogramm QBiQ6) eingesetzt. In den telemedialen Lernphasen dient eine internetgestützte Lern- und Kommunikationsplattform zur Kommunikation zwischen den Studierenden und mit dem Dozenten. Der erwartete Nutzen des Einsatzes einer internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform in der qualitativen Methodenausbildung liegt in der individuellen Gestaltung von Lernzeiten und -orten sowie den erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten der Studierenden untereinander und mit dem Dozenten. Unter diesen Voraussetzungen soll sie zur Ergänzung der Präsenzlehre sowie zur Förderung des selbst organisierten Lernens in telemedialen Lernphasen dienen. [14]

Im Folgenden werden zunächst die Auswahlkriterien der archivierten Forschungsdaten für das Methodenseminar erläutert. Danach erfolgt die Beschreibung der eingesetzten digitalen Medien und der Lernmodule im Einzelnen. [15]

4.1 Eignung der Daten für die Methodenausbildung

Das Längsschnittprojekt A1 Statuspassagen in die Erwerbstätigkeit des ehemaligen Sonderforschungsbereichs 186 der Universität Bremen untersuchte auf der Basis quantitativer und qualitativer Verfahren und Daten die Berufs- und Familienpassage junger Fachkräfte von der Ausbildung in die Erwerbstätigkeit. Befragt wurden junge Fachkräfte in zwei Arbeitsmarktregionen (Bremen und München) und sechs ausgewählten Berufen (Bankkaufleute, Bürokaufleute, Maschinenschlosser, Kfz-Mechaniker, Friseurinnen und Einzelhandelskaufleute), die 1989 ihre duale Berufsausbildung abgeschlossen hatten. Die qualitative Längsschnittuntersuchung wurde mit einer theoretisch begründeten Auswahl von Befragten des quantitativen Panel in drei Wellen im Abstand von ca. 3 Jahren (1989/1990, 1992 und 1994/1995, mit 91 Interviews über alle drei Wellen) durchgeführt, wobei das problemzentrierte Interview als Erhebungsmethode diente. Während die quantitative Untersuchung vorrangig die Erhebung soziodemographischer Informationen sowie von Daten zur Entwicklung der Erwerbs- und Berufskarriere und Familiengründung zum Ziel hatte, fokussierte die qualitative Befragung mehr die Orientierungen und Handlungsstrategien der Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen im Rahmen der Gestaltung ihrer Berufsbiographie in den ersten acht Jahren nach Ausbildungsabschluss und ihre Überlegungen zur Familiengründung (vgl. HEINZ, KELLE, WITZEL & ZINN 1998 und WITZEL & KÜHN 2000). [16]

Das Projekt bietet aufgrund der eher breit und grundlagentheoretisch angelegten Forschungsfrage der Biographiegestaltung von Absolvent(inn)en der dualen Berufsausbildung und des umfangreichen Datenmaterials einen reichhaltigen qualitativen Datenfundus mit großer Variationsbreite. Der thematische Bezug der Daten besitzt zudem bis heute Aktualität. Die Daten verfügen daher über ein hohes Analysepotenzial, das die Entwicklung eigener Fragestellungen der Studierenden und die Orientierung an aktuellen fachspezifischen Themenschwerpunkten zulässt. Damit trägt der Einsatz der Daten zu einem hohen Praxisbezug der Methodenausbildung bei. [17]

Neben diesen inhaltlichen Kriterien sind die Dokumentation des Forschungsprojekts, die notwendige Kontextinformationen liefert, sowie das Format und die Aufbereitung der Daten für die Verwendung in der Lehre entscheidend. Die Interviewdaten des beschriebenen Längsschnittprojekts stellen als vollständig transkribierte, digitalisierte und anonymisierte Interviewdaten (n=304 Interviewtranskripte) mit mehr als 770.000 Textzeilen und einer ausführlichen Projektdokumentation eine besonders umfangreiche und leicht verfügbare Datenquelle dar. Sämtliche Daten und Dokumentationsmaterialen sind im Archiv für Lebenslaufforschung archiviert und wurden für die weitere Verwendung in Forschung und Lehre dokumentiert und aufbereitet. Zu den Dokumentationsmaterialien gehören die Beschreibung des Projekts, eine vollständige Veröffentlichungsliste zum Projekt, die Interviewleitfäden der drei Erhebungswellen und die Original-Kodepläne sowie Original-Kodierungen. Da die Interviewdaten und Kodierungen digital vorliegen, können sie unmittelbar für die Auswertung mit CAQDAS-Programmen (Computer Aided Qualitative Data Analysis Software) verwendet werden, deren Einsatz aufgrund des hohen Datenumfangs ratsam und nützlich ist (vgl. KÜHN & WITZEL 2000 und MEDJEDOVIC & WITZEL 2005). Unter diesen Voraussetzungen eignen sich die Daten auch für den Einsatz digitaler Medien im Rahmen eines Blended Learning-Seminars. [18]

4.2 Der Einsatz digitaler Medien

Für die eigenständige Interviewauswertung stand den Studierenden des Methodenseminars die kostenlos nutzbare CAQDAS QBiQ zur Verfügung. QBiQ erfüllt die elementaren Funktionen gängiger Textanalyseprogramme (vgl. KLUGE & OPITZ 2000). Das Programm lässt sich einsetzen, um Interviewtranskripte systematisch zu ordnen, so dass ein wiederholter Rückgriff auf das Datenmaterial erleichtert wird, der zur Untersuchung von Unterschieden, Ähnlichkeiten und Verbindungen einzelner Textpassagen im Auswertungsprozess nötig ist. Diese notwendige Verwaltung, Ordnung und Strukturierung von Datenmaterial ist mittels eines Kategoriensystems möglich, das aus thematischen Sammelbegriffen gebildet wird. Eine Textanalysesoftware erleichtert dieses Verfahren und ermöglicht daher überhaupt erst die Analyse größerer Stichproben und Interviewlängen (vgl. ausführlich in KÜHN & WITZEL 2000). [19]

Auf der Grundlage der Kooperation mit dem mobileCampus-Projekt nutzte das Seminar außerdem die internetgestützte Lern- und Kommunikationsplattform First Class7). Sie stellt den SeminarteilnehmerInnen auf einem internen Bereich neben verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten (in Chats, Diskussionsforen, per E-Mail) Verzeichnisse für Lernaufgaben, Materialien und Literatur zur Verfügung. [20]

Die folgende Abbildung zeigt den internen Bereich des Methodenseminars:



Abbildung 1: First Class-Oberfläche für das Methodenseminar [21]

Die Lern- und Kommunikationsplattform First Class bietet unterschiedliche Informations- und Kommunikationsfunktionen. Die im oberen linken Bildschirmbereich dargestellten digitalen Verzeichnisse (siehe Abbildung 1) dienen zur Aufbewahrung von Lernaufgaben, Lernmaterialien und Literatur sowie zur Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse und Rückmeldungen des Dozenten. Die Kommunikation zwischen den Studierenden und mit dem Dozenten kann über E-Mail, Diskussionsforen oder Chat8) erfolgen. Das im unteren Bildschirmbereich angezeigte Diskussionsforum wird als Plenum des Seminars genutzt. Für den Austausch in den Lerngruppen stehen weitere Diskussionsforen zur Verfügung, für die nur die jeweiligen Gruppenmitglieder eine Zugangslizenz besitzen (siehe die Arbeitsgruppen im oberen rechten Bildschirmbereich). [22]

4.3 Die Lernmodule des Methodenseminars9)

Die Einteilung des Methodenseminars in Lernmodule orientiert sich an dem methodischen Vorgehen der Auswertung des problemzentrierten Interviews10). Das Auswertungsverfahren ist weitgehend der Grounded Theory (GLASER & STRAUSS 1998) angelehnt. Es beginnt mit der Fallanalyse, d.h. mit der sorgfältigen Analyse einiger Einzelfälle. Das Ziel ist die Entwicklung fallspezifischer zentraler Themen. Im Anschluss daran folgt die fallübergreifende Analyse bzw. der systematisch kontrastierende Fallvergleich, der dazu dient, über den Vergleich zentraler Einzelfallthemen zentrale fallübergreifende Themen zu entwickeln, auf deren Grundlage theoretische Verallgemeinerungen möglich sind (vgl. ausführlich in WITZEL 1996, 2000). [23]

Die Lernmodule des Seminars Methodische Einführung/Falldarstellung – Kodierung – Interpretation/Fallübergreifende Analyse behandeln zentrale Phasen des qualitativen Auswertungsprozesses des problemzentrierten Interviews. Sie ermöglichen den Studierenden, Stufen des Auswertungsprozesses selbst exemplarisch zu durchlaufen. Die Lernziele der Module und deren didaktische Umsetzung werden im Folgenden detailliert erläutert: [24]

4.3.1 Das erste Lernmodul: Methodische Einführung/Falldarstellung

4.3.1.1 Lernziele des ersten Lernmoduls

Die Lernziele des ersten Lernmoduls Methodische Einführung umfassen die technisch-organisatorische als auch methodische Vorbereitung des Seminars sowie den Einstieg in die Auswertung von Interviews über eine Falldarstellung. Aufgrund des Pilotcharakters des Seminars sind neben der Vorstellung der Ziele und Grundlagen der Lehrveranstaltung die Erläuterung des Lehr-Lern-Modells und die Schulung von Medienkenntnissen erforderlich, da nicht davon auszugehen ist, dass die Studierenden über Vorerfahrungen mit Blended Learning und dem Einsatz Neuer Medien verfügen. [25]

Zur methodischen Einführung des Seminars sollen Grundprobleme der Interpretation transkribierter Interviews sowie theoretische Grundzüge der "Grounded Theory" (GLASER & STRAUSS 1998) und darin einbettbare Auswertungsmethoden erläutert werden. Dabei wird verdeutlicht, dass die qualitative Auswertung von Interviews in der Tradition der Grounded Theory ein theoriegenerierendes Verfahren darstellt und die Auswertungsschritte daher dem jeweiligen Forschungsgegenstand und der Erhebungsmethode angepasst werden müssen. [26]

Der Fokus des Moduls liegt auf der Erläuterung der ersten Auswertungsschritte des problemzentrierten Interviews. Dazu gehört die Falldarstellung, welche dazu dient, die einzelnen Themen im Interview dem Biographieverlauf entlang, d.h. chronologisch zu ordnen, um sich mit dem Gesamtzusammenhang des jeweiligen Einzelfalls vertraut zu machen. Eine Falldarstellung ist also ein eher deskriptiver Auswertungsschritt, die Studierenden müssen dabei das Bewusstsein für einen offenen, d.h. unvoreingenommenen Zugang zum Datenmaterial entwickeln (vgl. ausführlich in WITZEL 1996). [27]

4.3.1.2 Didaktische Umsetzung der Lernziele des ersten Lernmoduls

Das erste Lernmodul beginnt mit drei Präsenzveranstaltungen, woran sich eine einwöchige telemediale Lernphase anschließt. Parallel werden Nutzerschulungen zur Lern- und Kommunikationsplattform First Class angeboten. In den Präsenzveranstaltungen folgt nach der Erläuterung des Veranstaltungskonzepts und der Klärung technisch-organisatorischer Fragen (Organisation der Medienschulungen, Bildung von Lerngruppen, Datenschutzvertrag) die methodische Einführung in die Auswertung qualitativer Interviews. Am Beispiel des Längsschnittprojekts A1 wird die Auswertung problemzentrierter Interviews als Gesamtprozess vorgestellt. Dabei wird die Umsetzung einer Forschungsfrage in einen Interviewleitfaden und von diesem in einen Kodeplan dargestellt. [28]

Entsprechend den ersten Auswertungsschritten des problemzentrierten Interviews ist die Aufgabe der telemedialen Lernphase die Erarbeitung der Falldarstellung eines Interviewtranskripts (Pseudonym: "Nina") des verwendeten Datensatzes. Die Studierenden sollen sich dabei auf eine möglichst textnahe Wiedergabe des Inhalts konzentrieren. Zur weiteren Auseinandersetzung und Vertiefung der Thematik sowie zur Erarbeitung der ersten Lernaufgabe werden den Studierenden folgende Materialien und Literatur auf der Lern- und Kommunikationsplattform zur Verfügung gestellt:

Der folgende Beitrag des Dozenten auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform stellt noch einmal die Aufgabe der ersten telemedialen Lernphase dar:



Abbildung 2: Aufgabe der ersten telemedialen Lernphase (Beitrag des Dozenten auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform) [30]

4.3.2 Das zweite Lernmodul: Kodierung

4.3.2.1 Lernziele des zweiten Lernmoduls

Den Lerngegenstand des zweiten Lernmoduls Kodierung bildet ein weiterer methodischer Schritt der Fallanalyse: die Entwicklung einer Kode-Liste und die Kodierung von Interviewtranskripten. In diesem Auswertungsschritt werden der Dialog zwischen Interviewten und InterviewerIn sowie darin eingeschlossene Vorinterpretationen interpretierend nachvollzogen. Die Kategorienbildung orientiert sich zum einen an den im Interviewleitfaden enthaltenen Themen, welche die Vorannahmen und das Vorwissen der Forschenden/InterviewerInnen ausdrücken. Zum anderen berücksichtigt sie neue thematische Aspekte, die sich in der offenen Interviewsituation ergeben haben können. Die Bildung von thematischen Kategorien dient dabei zur Strukturierung des Textmaterials. Die Kategorien haben die Funktion von Containern, denen im Prozess der Kodierung Textsequenzen zugeordnet werden. Die Kategorienbildung ist im Sinne der Grounded Theory kein endgültiger Analyseschritt. Vielmehr werden einmal entwickelte Kategorien im Laufe des Auswertungsprozesses immer wieder, angeregt durch das Datenmaterial, verändert und weiter entwickelt (vgl. ausführlich in WITZEL 1996). [31]

Das Lernmodul Kodierung dient zur Entwicklung des analytischen Verständnisses für die Thematiken eines Interviewtextes, der Bildung klar definierter Kategorien und sinnvollen Auswahl von Textsequenzen im Kodierungsprozess. Da insbesondere bei größeren Textlängen und Datenbeständen, wie sie beispielsweise die Forschungsdaten des Längsschnittprojekts A1 darstellen, der Einsatz einer CAQDAS zur Erstellung einer Kode-Liste und Kodierung notwendig ist, wird den Studierenden der Umgang mit dem Auswertungsprogramm QBiQ erläutert (vgl. ausführlich in KLUGE & OPITZ 2000 und KÜHN & WITZEL 2000). [32]

4.3.2.2 Didaktische Umsetzung der Lernziele des zweiten Lernmoduls

Das zweite Lernmodul beginnt mit einer Präsenzveranstaltung, in der die Entwicklung von Kodes und die Kodierung mit Hilfe der CAQDAS QBiQ erläutert werden. Die Funktion des Kodierens im Auswertungsprozess wird den Studierenden am Original-Kode "Familie/Partnerschaft" des Kodesystems des eingesetzten Längsschnittprojekts11) verdeutlicht. Die Thematik "Familie/Partnerschaft" im Zusammenhang der berufsbiographischen Gestaltung des Übergangs von der Ausbildung in das Erwerbsleben wird aufgrund ihrer Aktualität und Komplexität und des vermuteten thematischen Interesses von Studierenden des Faches Psychologie gewählt. [33]

Die Aufgabe der anschließenden zweiwöchigen telemedialen Lernphase ist die eigenständige Entwicklung von Kodes und Kodierungen für die Thematik "Familie/Partnerschaft". Zur Bearbeitung der Lernaufgabe werden den Studierenden die Original-Leitfäden und die QBiQ-Handreichung auf der Lern- und Kommunikationsplattform zur Verfügung gestellt. Die Kodes sollen zum einen nach den thematischen Stichworten des Original-Leitfadens, zum anderen aufgrund weiterer thematischer Aspekte des bereits vorliegenden Interviewtranskripts "Nina" entwickelt werden. Zur Überprüfung der individuellen Kodierungen sollen die Studierenden ihre Ergebnisse in der Lerngruppe unter Berücksichtigung der Probleme von Enge-Breite, Differenziertheit und Selektivität von Textsequenzen diskutieren. [34]

Die folgende Abbildung stellt noch einmal die Aufgabe der zweiten telemedialen Lernphase dar:



Abbildung 3: Aufgabe der zweiten telemedialen Lernphase (Beitrag des Dozenten auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform) [35]

4.3.3 Das dritte Lernmodul: Interpretation/Fallübergreifende Analyse

4.3.3.1 Lernziele des dritten Lernmoduls

Den Lerngegenstand des dritten Lernmoduls stellt die Interpretation/Fallübergreifende Analyse problemzentrierter Interviews dar. Die Studierenden erlernen die methodischen Einzelschritte der fallübergreifenden Analyse und die dafür geeigneten Funktionen des Textanalyseprogramms QBiQ. [36]

Die fallübergreifende Analyse folgt im Anschluss an die sorgfältige Analyse einiger Einzelfälle. Das Ziel ist die Verallgemeinerung der Ergebnisse, um zu einer höheren Stufe der Theoriegenerierung zu gelangen. Dabei werden die Einzelfälle nach ihren unterschiedlichen Ausprägungen zentraler Themen und Merkmale verglichen. Der Fallvergleich erfolgt nach dem Prinzip der minimalen und maximalen Kontrastierung, das bedeutet, dass zum einen Ähnlichkeiten und zum anderen maximale Abweichungen zwischen Einzelfallthemen untersucht werden. Der Vergleich dient der Entwicklung fallübergreifender zentraler Themen. Interessante Problembereiche, Hauptthemen etc. werden dabei in so genannten "Memos", d.h. kurzen theoretischen Abhandlungen, notiert. Auf der Grundlage der fallübergreifenden Analyse lassen sich bereits Ergebnisse formulieren (vgl. ausführlich in WITZEL 1996). [37]

Der Einsatz der CAQDAS QBiQ erleichtert durch die Kodierungs- und Retrievalfunktionen den Fallvergleich in der fallübergreifenden Analyse. Durch die Zuordnung von Textsequenzen zu Kategorien ermöglicht sie einen schnellen Zugriff zu Textpassagen. Mit den Retrievalfunktionen lassen sich zudem Informationen zu mehreren Fällen und Kategorien gesammelt ausgeben. Damit ist ein kategorienbezogener Vergleich von Textpassagen über mehrere bereits kodierte Interviewtranskripte möglich (vgl. ausführlich in KLUGE & OPITZ 2000 und KÜHN & WITZEL 2000). [38]

Ein weiteres Lernziel des Lernmoduls Interpretation/Fallübergreifende Analyse stellt die Validierung der Interpretationen im Auswertungsprozess dar. Der Validierungsprozess schließt eine diskursive Validierung und die Validierung am Text ein. In der diskursiven Validierung werden die Sichtweisen der einzelnen AuswerterInnen gemeinsam diskutiert, um theoretische Vorannahmen zu explizieren und die gesamte Spannbreite möglicher Interpretationen zu erfassen. Dabei muss gleichzeitig eine Validierung am Text erfolgen. Diese dient zur Überprüfung der Interpretationen am Datenmaterial. Das Ziel der Validierung, in deren Verlauf Interpretationen modifiziert, bestätigt oder verworfen werden, ist die empirische Sättigung von Deutungshypothesen. [39]

4.3.3.2 Didaktische Umsetzung der Lernziele des dritten Lernmoduls

Das Lernmodul wird aus zwei Präsenzveranstaltungen und einer vierwöchigen telemedialen Lernphase gebildet. Zu Beginn dient eine Präsenzveranstaltung der methodischen Einführung in die Interpretation/Fallübergreifende Analyse problemzentrierter Interviews und der Erläuterung des dafür erforderlichen Einsatzes der Textanalysesoftware QBiQ. In der telemedialen Lernphase erproben die Studierenden die methodischen Schritte der fallübergreifenden Analyse und den Umgang mit der Analysesoftware QBiQ. Dafür werden ausgewählte Interviewtranskripte, Original-Kategorienschemata und -Kodierungen des verwendeten Längsschnittprojekts eingesetzt. Der Einsatz der Original-Materialien bietet die Möglichkeit, zeitaufwändige Fallanalysen zu umgehen und sich auf die fallübergreifende Analyse zu konzentrieren. Die kodierten Interviewtranskripte können in QBiQ eingelesen und zur Erstellung von Retrievals genutzt werden12). Die Studierenden beschränken sich in der fallübergreifenden Analyse auf das Thema Familie/Partnerschaft, für das sie bereits in der zweiten telemedialen Lernphase eigenständig Kategorien und Kodes entwickelt haben. Sie nutzen nun den Original-Kode Familie/Partnerschaft mit den Unterkategorien: Herkunftsfamilie – PartnerIn – Heirat – partnerschaftliche Arbeitsteilung – Wohnen – Partnerschaft – Kinder – Familiengründung. Die Analyse wird gemeinsam in der Lerngruppe erarbeitet, um die diskursive Validierung individueller Interpretationen zu gewährleisten. [40]

Die folgende Abbildung stellt noch einmal die Aufgabe der dritten telemedialen Lernphase dar:



Abbildung 4: Aufgabe der dritten telemedialen Lernphase (Beitrag des Dozenten auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform) [41]

Die Veröffentlichung der Gruppenergebnisse auf der Lern- und Kommunikationsplattform bietet den Studierenden die Möglichkeit, sich in ihrer Interpretationsarbeit auch auf die Ergebnisse der anderen Lerngruppen zu beziehen, um sie zur Validierung und weiteren theoretischen Sättigung zu nutzen. Im Verlauf der dritten telemedialen Lernphase des Methodenseminars verweist der Dozent noch einmal auf diese Möglichkeit, wie die folgende Abbildung darstellt:



Abbildung 5: Ergänzung der Aufgabe der dritten telemedialen Lernphase (Beitrag des Dozenten auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform) [42]

Das Lernmodul schließt mit einer Präsenzveranstaltung ab, die der Besprechung der Resultate der Gruppenarbeit und methodischer Probleme der Auswertung dient. Die Veranstaltung ist außerdem der gemeinsamen Diskussion des Einsatzes archivierter Forschungsdaten in der Lehre und des Blended Learning-Modells für die qualitative Methodenausbildung gewidmet. Damit leistet die Diskussion auch einen Beitrag zur Evaluation des Pilotmodells. [43]

5. Evaluation des Pilotmodells

Mit der formativen Evaluation13) soll zur Entwicklung eines Lehr-Lernmodells für die forschungsnahe Methodenausbildung beigetragen werden. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, inwiefern die eingesetzten didaktischen Methoden und Medien sowie ihre Kombination in einem Blended Learning-Modell für forschungsnahes Lernen geeignet sind. Außerdem dient die Evaluation dazu, die Nutzbarkeit archivierter qualitativer Daten für die Lehre zu überprüfen. [44]

Die Evaluation basiert auf drei schriftlichen Befragungen der Studierenden, die zu Beginn (Erstbefragung), nach der Hälfte (Zwischenbefragung) und am Ende des Seminars (Abschlussbefragung) durchgeführt wurden. Die schriftlichen Befragungen umfassen Informationen zu studienrelevanten Merkmalen, zur Teilnahmemotivation und dem Interesse an qualitativen Forschungsmethoden, der Bewertung der Lehr-Lernformen und des Blended Learning-Modells sowie des (Zusatz-) Nutzens des Einsatzes einer internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform für die Methodenausbildung. Um dem explorativen Charakter der Untersuchung gerecht werden zu können, wurde bei der Fragebogengestaltung auf einen hohen Anteil offener Fragestellungen Wert gelegt, der den Befragten ermöglicht, ihre Angaben und Bewertungen ausführlich zu begründen. [45]

An der Erstbefragung nahmen 45 Studierende teil. Diese Zahl entspricht nahezu der Anzahl der damaligen VeranstaltungsteilnehmerInnen (n=48). Die Rücklaufquote der Zwischen- und Abschlussbefragung fiel wesentlich geringer aus (n=31 bzw. n=35). Es ist davon auszugehen, dass dieser Rückgang auch mit einer absoluten Abnahme der Zahl der TeilnehmerIinnen zusammenhängt. Genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor. Aufgrund einer anonymen Fragebogenchiffrierung14) ließen sich 23 Studierende ermitteln, die an allen drei Befragungen teilgenommen hatten. Diese bilden die Gruppe für die vergleichende Analyse über die drei Befragungszeitpunkte. Zur Beantwortung von Einzelfragen war ein solcher Vergleich teilweise nicht nötig, so dass die entsprechend größeren Stichproben der Einzelbefragungen für die Auswertung genutzt werden konnten. Insgesamt sind die Ergebnisse jedoch aufgrund der geringen Stichprobengröße mit Vorsicht zu interpretieren. Für den formativen Evaluationszweck stellen sie dennoch eine geeignete Datengrundlage dar. [46]

Die Daten aus den geschlossenen Fragen wurden mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 11.0 erfasst und ausgewertet. Die Angaben der offenen Fragestellungen konnten mit Hilfe der Textanalysesoftware QBiQ kategorisiert werden. Sie wurden größtenteils qualitativ ausgewertet15). [47]

5.1 Ausgewählte Ergebnisse der Befragung16)

Die folgende Darstellung bezieht sich auf Ergebnisse der Fragebogenerhebungen zu studienrelevanten Merkmalen und Teilnahmevoraussetzungen sowie zur Bewertung des Einsatzes archivierter Interviewdaten und des Blended Learning-Modells. Mit Hilfe der studentischen Bewertungen können Rückschlüsse auf die Tauglichkeit und den Nutzen der didaktischen Methoden und Medien und ihrer Kombination für die Ausbildung in qualitativen Auswertungsmethoden gezogen werden. Die Darstellung der Ergebnisse kombiniert quantitative Ergebnisse mit qualitativen Ergebnissen der Fragebogenerhebungen, die aus den offenen Fragestellungen der schriftlichen Befragung resultieren. [48]

5.1.1 Studienrelevante Merkmale, Teilnahmemotivation und - voraussetzungen

Alle TeilnehmerInnen des Methodenseminars sind Studierende des Diplomstudiengangs Psychologie der Universität Bremen, 89% (n=40) der Befragten haben zum Zeitpunkt der Erstbefragung bereits ihr Vordiplom absolviert. Alle Befragten außer einer Person besuchen die Lehrveranstaltung zum Erwerb eines erfolgreichen Teilnahmenachweises. [49]

Zu den medientechnischen Voraussetzungen der Teilnahme am Seminar gehören der Zugang zu PC und Internet sowie Erfahrungen im Umgang mit internetgestützter Kommunikation. Zum Zeitpunkt der Erstbefragung verfügen 84% (n=38) der Befragten über einen eigenen PC mit Internetanschluss. Über die Hälfte der TeilnehmerInnen (58%; n=26) sind Novizen im Umgang mit digitalen Medien im Rahmen von Lehrveranstaltungen. Lediglich eine Person hat bereits Erfahrung in der Nutzung einer internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform. [50]

5.1.2 Ergebnisse zum Einsatz archivierter Daten

Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass die Studierenden dem forschungspraktischen Umgang mit archivierten Daten eine hohe Relevanz für das Erlernen der qualitativen Auswertungsmethoden zusprechen: Nahezu alle Befragten der Abschlussbefragung (91%; n=28) stufen die eigenständige Auswertung als "wichtig" bis "sehr wichtig" für den Lernprozess ein. Der Nutzen des forschungsnahen Lernens für die qualitative Methodenausbildung bestätigt sich auch in der qualitativen Untersuchung. Als Vorteil der praktischen Übungen mit archivierten Daten wird die Möglichkeit zur eigenständigen Erprobung theoretischer Kenntnisse genannt: "Anwendung und Praxis von theoretischen Inhalten/man konnte selber mal ausprobieren". Diese werden außerdem als günstige Bedingung zur Verbesserung des Lernerfolgs bewertet ("lernen durch trial-and-error -> erhöhtes Verständnis"). Für das Erlernen der softwaregestützten Textanalyse wird die Anwendung als unabdingbar erachtet ("den praktischen Umgang mit dem Programm kann man nur lernen, wenn man damit Aufgaben bearbeitet"). [51]

Die quantitativen Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung noch einmal grafisch dargestellt:



Abbildung 6: Bewertung des forschungsnahen Lernens zum Zeitpunkt der Abschlussbefragung (n=35) [52]

5.1.3 Ergebnisse zum Blended Learning-Modell

Die Befragten befürworten prinzipiell die Kombination von Präsenzlehre mit telemedialen Lernphasen im Methodenseminar. Als Vorteil wird erachtet, dass sowohl die erforderliche fachliche Anleitung und Unterstützung als auch die unmittelbare Anwendung der Kenntnisse möglich ist, wie die folgenden exemplarischen Angaben der Befragten zeigen: "In der Präsenzlehre erhält man größtenteils den nötigen theoretischen Input, in den Telelernphasen hat man dann die Möglichkeit alles praktisch auszuprobieren" / "Für diese Form von Aufgabenstellung ist das die vernünftige Einteilung". [53]

Die Ergebnisse verweisen jedoch auch auf Defizite des Lehr-Lernmodells, was aufgrund des Pilotcharakters der Lehrveranstaltung nicht verwunderlich ist. Es zeigt sich, dass zum Teil eine intensivere Anleitung erforderlich gewesen wäre. Außerdem erwies sich die Verwendung internetgestützter Kommunikationsformen im geplanten Umfang nicht als sinnvoll. [54]

Die Einzelergebnisse zu den didaktischen Methoden und dem Medieneinsatz werden im Folgenden dargestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Ergebnissen zu den telemedialen Lernphasen. Es werden Einschätzungen der Studierenden zur Verwendung der Lern- und Kommunikationsplattform für das selbst organisierte Lernen, die Betreuung und die Gruppenarbeit berücksichtigt. Außerdem werden Ergebnisse zur Bedeutung der face-to-face-Kommunikation dargestellt. [55]

Die Befragten geben als Vorteil der telemedialen Lernphasen an, dass der Lernprozess flexibel und individuell organisiert werden kann ("Positiv, da man Zeit frei einteilen konnte, wann man was bearbeiten wollte" / "Eine gute zeitliche Koordination mit anderen Dingen"). Als zusätzlichen Gewinn nennen sie die Steigerung der Lernmotivation und Entwicklung von Selbstlernkompetenzen ("Steigende Motivation, da kein Frontalunterricht" / "Man lernt unabhängig und selbstständig zu arbeiten"). [56]

Die Verwendung der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform wird von der Mehrheit der Befragten in der Abschlussbefragung befürwortet (68%, n=23). Als Zusatznutzen bezeichnen sie die Möglichkeiten zur Vereinfachung des Zugriffs auf Lernmaterialien und Literatur und des Informations- und Datenaustausches sowie die Flexibilisierung der Lernorte und -zeiten. Für das kooperative Lernen bewerten sie besonders die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse aller Lerngruppen auf der Plattform als nützlich (Vorteil: "Orientierung an anderen Arbeiten"). [57]

Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die telemediale Betreuung als sinnvolle Ergänzung zur Präsenzlehre. Die flexiblen Kommunikationsmöglichkeiten bieten die Chance für eine kontinuierliche und zeitnahe Betreuung des Lernprozesses durch den Dozenten, die nicht an Präsenzlehr- und Sprechstundenzeiten gebunden ist ("Durch FC [First Class] erhält man die Möglichkeit auch außerhalb der Veranstaltungszeit zu kommunizieren und Fragen zu stellen"). Die Studierenden erachten die telemediale Betreuung zudem für sinnvoll, da sie Möglichkeiten für individuelle und schnelle Rückmeldungen eröffne ("Durch virtuelle Betreuung können 'reale' Wege (in die Sprechstunde etc.) gespart werden führt auch zu schnelleren Rückmeldungen"). Als weiterer Nutzen wird angegeben, dass die Beantwortung der Fragen Einzelner im gemeinsamen Diskussionsforum ("Plenum") auch zur Unterstützung weiterer Teilnehmerinnen einsehbar ist ("Fragen wurden immer beantwortet, dadurch, dass die Fragen der anderen sichtbar waren, konnten Schwierigkeiten umgangen werden"). Die Nutzung internetgestützter Kommunikationsformen im Methodenseminar trägt nach Einschätzung von etwas mehr als der Hälfte der Befragten der Abschlussbefragung (54%; n=13) zur "Verbesserung der Betreuung" bei, 33% (n=8) geben an, dass sie "keinen Einfluss" auf die Betreuung habe und 13% (n=3) stufen sie als "beeinträchtigend" ein. [58]

Fast ein Drittel der Befragten (27%; n=8) äußert allerdings Bedenken bezüglich der Mediennutzung und zwei Personen geben an, die Lern- und Kommunikationsplattform nicht genutzt zu haben. Sie beschreiben vorwiegend Beeinträchtigungen aufgrund der Abhängigkeit von Computerausstattung und -kenntnissen. Dieses Ergebnis verweist auf die bereits beschriebenen teilweise mangelhaften Teilnahmevoraussetzungen der SeminarteilnehmerInnen. Des Weiteren berichten Studierende über Schwierigkeiten im Umgang mit textgebundener Kommunikation ("Die Schriftform macht mir Bauchschmerzen!!! Kann ich nicht gut, Missverständnisse, Öffentlichkeit, sich gläsern und allzeit von allen Seiten angreifbar zu machen") und befürchten eine zunehmende Anonymität der Studierenden als Auswirkung der Mediennutzung (Nachteile telemedialer Gruppenarbeit: "Verlust einer persönlichen Ebene" / "anonym"). [59]

Das Blended Learning-Modell sollte nach Einschätzung der Befragten stärker die face-to-face-Kommunikation zwischen Studierenden und mit der Lehrperson berücksichtigen. Es zeigt sich, dass vor allem bei der Anwendung der Textanalysesoftware und der Interpretation der Interviewdaten eine intensivere Anleitung durch Präsenzlehre nötig gewesen wäre. Für das kooperative Lernen wird die ausschließliche Nutzung internetgestützter Kommunikationsformen überwiegend abgelehnt (86%; n=30). Allerdings erachten die SeminarteilnehmerInnen den Einsatz der Lern- und Kommunikationsplattform zur Ergänzung der face-to-face-Gruppenarbeit für sinnvoll. Sie geben an, vorwiegend E-Mails (74%; n=26), in wenigen Fällen auch das Diskussionsforum (20%; n=7) und den Chat (9%; n=3) genutzt zu haben. [60]

6. Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Nutzung archivierter Daten als Dokumentations- und Analysematerialien bietet die Chance für eine forschungsnahe Ausbildung in qualitativen Erhebungs- und Auswertungsverfahren. Die Integration von Forschungspraxis in die akademische Methodenausbildung erfordert eine Lehr-Lernkonzeption, welche zum einen zur eigenständigen Auseinandersetzung mit praktischen Problemstellungen des qualitativen Forschungsprozesses anregt, zum anderen aber auch gewährleistet, dass die Lernenden fachliche Anleitung und Betreuung erhalten. [61]

Mit dem Pilotmodell des Archivs für Lebenslaufforschung wurde exemplarisch untersucht, wie das Konzept des Blended Learning für die qualitative Methodenausbildung genutzt werden kann. Dabei bildete die Auswertungsmethode des problemzentrierten Interviews das Lernziel des an der Universität Bremen durchgeführten Methodenseminars. Das Pilotmodell verknüpft Präsenzlehre mit telemedialen Lernphasen in einem lernerzentrierten modularen Lehr-Lernarrangement. Eine internetgestützte Lern- und Kommunikationsplattform dient zur Bereitstellung der Lernmaterialien und Literatur, der Veröffentlichung der Lernergebnisse und dem Austausch zwischen den SeminarteilnehmerInnen und mit dem Dozenten. Während die Lernenden in Präsenzlehrveranstaltungen und durch telemediale Betreuung fachliche Unterstützung finden können, sollen die telemedialen Lernphasen günstige Bedingungen für eigene Forschungserfahrungen bieten. [62]

Die Ergebnisse der zielgruppenorientierten formativen Evaluation verweisen auf die prinzipielle Tauglichkeit des Pilotmodells für die forschungsnahe Methodenausbildung. Als ein Vorteil der telemedialen Lernphasen hat sich erwiesen, dass die Lernenden die Bearbeitung der forschungspraktischen Lernaufgaben weitgehend flexibel und individuell organisieren konnten. Die Selbstorganisation der Lernphasen wurde außerdem durch die digitale Bereitstellung von Forschungsdaten, -materialien und Literatur sowie die Verwaltung der Lernaufgaben und Arbeitsergebnisse auf der internetgestützten Lern- und Kommunikationsplattform unterstützt. Die telemediale Betreuung hat sich für eine kontinuierliche Unterstützung und die Rückmeldung durch den Dozenten bewährt. Die Evaluationsergebnisse verweisen zudem auf die Relevanz von face-to-face-Kommunikation sowohl für die fachliche Anleitung durch den Dozenten als auch für die Zusammenarbeit studentischer Lerngruppen. Damit wird die These bestätigt, dass eine Kombination von Präsenzlehre und telemedialem Lernen für das forschungsnahe Lernen sinnvoll ist. Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass der Einsatz der Lern- und Kommunikationsplattform im geplanten Umfang übergewichtet war. Für eine intensivere methodische Anleitung und das Erlernen des Software-Einsatzes im Analyseprozess wären mehr Präsenzlehrveranstaltungen erforderlich gewesen, als im Pilotmodell vorgesehen waren. Außerdem stieß das telemediale kooperative Lernen bei den Studierenden auf wenig Akzeptanz. Lediglich die ergänzende Verwendung internetgestützter Kommunikationsformen in der Lerngruppe wurde als sinnvoll beurteilt. Diese Defizite sollen bei der Weiterentwicklung und Optimierung des Lehr-Lernmodells berücksichtigt werden. [63]

Die Möglichkeit, die methodischen Verfahren an archivierten Forschungsdaten zu erproben, hat nach Ansicht nahezu aller Befragten eine große Bedeutung für das Erlernen der Auswertungsmethode. Um archivierte Daten auch für weitere Lehr-Lernzwecke der Ausbildung in der qualitativen Sozialforschung (z.B. Erhebungsverfahren, andere Auswertungsverfahren, Methodenvergleich) nutzbar machen zu können, sind noch weitere Untersuchungen nötig. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu überprüfen, welche Lehr-Lernkonzeptionen für andere Zielsetzungen forschungsnahen Lernens erforderlich sind. Dabei gilt es auch die Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe und institutionelle Rahmenbedingungen zu berücksichtigen17). [64]

Anhang

Anhang 1: Veranstaltungskonzept des Methodenseminars







Anhang 2: Überblick über das Kodesystem des Längsschnittprojekts A1



(aus KÜHN & WITZEL 2000, Anhang 1)

Anhang 3: Fragebogenchiffrierung



Anhang 4: Darstellung der ausgewählten Fragen der drei schriftlichen Erhebungen18)

Studienrelevante Merkmale, Teilnahmemotivation und -voraussetzungen (Erstbefragung)





Fragen zum Einsatz archivierter Daten und Blended Learning-Modell (Zwischen- und Abschlussbefragung)

















Anmerkungen

1) Siehe Abschlussbericht des mobileCampus-Projekts der Universität Bremen (2004). <zurück>

2) Dazu gehören z.B. Interviewtranskripte, Gesprächsprotokolle, Beschreibungen der Forschungsfragestellungen, Interviewleitfäden, Kodierungsschemata und veröffentlichte Analyseergebnisse des Forschungsprojekts. <zurück>

3) Wenn Lehrende eigenes Datenmaterial aus Forschungsprojekten in der Lehre einsetzen, ist dies aufgrund der Spezialisierungen der Forschungsinstitutionen in der Regel auf einzelne Erhebungs- und Auswertungsverfahren beschränkt. Hingegen bietet der größere und methodisch differenzierte Datenbestand eines professionellen Datenarchivs eher die Voraussetzungen für eine erweiterte praxisbezogene Methodenausbildung. <zurück>

4) Erwähnt seien die regelmäßig stattfindenden Workshops des Zentrums für Umfragen und Methoden (ZUMA/GESIS), die Summer bzw. Winter School "Empirische Sozialforschung" der Ruhr-Universität Bochum, die Workshops der Graduate School of Social Sciences (GSSS) an der Universität Bremen, der jährliche Workshop zur qualitativen Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung der Universitäten Magdeburg und Halle, das vom Institut für Qualitative Forschung in der Internationalen Akademie der Freien Universität Berlin veranstaltete und von der Hans-Böckler-Stiftung und dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen Mannheim (ZUMA) geförderte Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung und die durch die ebenfalls vom Institut für Qualitative Forschung der FU Berlin und der Hans-Böckler-Stiftung kontinuierlich durchgeführte NetzWerkstatt. Integrierte Methodenbegleitung für qualitative Qualifizierungsarbeiten. <zurück>

5) Andreas WITZEL, Dozent des Seminars "Qualitative Methoden II: Auswertung. Modellseminar im Rahmen von blended-learning (mobileCampus)" Fachbereich 11, Studiengang Psychologie, Universität Bremen, Sommersemester 2004. <zurück>

6) Das Textanalyseprogramm QBiQ wurde im Archiv für Lebenslaufforschung entwickelt und ist als kostenloser Download über http://www.lebenslaufarchiv.uni-bremen.de/ erhältlich. <zurück>

7) Die internetgestützte Lern- und Kommunikationsplattform "First Class" ist ein campusweiter "collaborative classroom server", auf den die Lehrenden und Lernenden kontinuierlich über eine WLAN-Verbindung im Bereich des Campus der Universität Bremen oder ortsunabhängig über das Internet zugreifen können (siehe Abschlussbericht des mobileCampus-Projekts der Universität Bremen 2004). Den SeminarteilnehmerInnen wird eine kostenlose Internetnutzung in Computerräumen der Universität angeboten, um für alle die technischen Teilnahmevoraussetzungen zu gewährleisten. Allerdings ist diese Zugangsmöglichkeit an bestimmte Öffnungszeiten gebunden und daher eine flexible Nutzung im Vergleich zum eigenen Heim-PC mit Internetanschluss eingeschränkt. <zurück>

8) Ein Diskussionsforum dient zur asynchronen Kommunikation und Interaktion innerhalb einer Gruppe. Die Informationen werden per E-Mail an das Forum geschickt, wobei auch die Versendung von Textdokumenten als Mail-Anhang möglich ist. Die Kommunikation in einem Chatroom erfolgt synchron. Der Chat eignet sich eher für den Austausch kurzer Textmitteilungen, die unmittelbar bei der Eingabe veröffentlicht werden. <zurück>

9) Eine Übersicht der Lernmodule findet sich im Anhang 1: Veranstaltungskonzept des Methodenseminars. <zurück>

10) Das problemzentrierte Interview ist ein theoriegenerierendes Verfahren, das den vermeintlichen Gegensatz zwischen Theoriegeleitetheit und Offenheit aufzuheben versucht. Im Gespräch zwischen InterviewerIn und Interviewten werden zentrale Interviewthemen durch einen Leitfaden vorgegeben, die Gesprächsführung wird jedoch weitgehend der interviewten Person überlassen. Voraussetzung für den Auswertungsprozess ist die vollständige Transkription der Audio-Aufnahmen der Interviews. In der Auswertung werden deskriptive mit theoriegeleiteten und offenen Analysestrategien kombiniert und die Zwischenergebnisse wiederholt diskursiv am Textmaterial validiert. <zurück>

11) Siehe Anhang 2: Überblick über das Kodesystem des Längsschnittprojekts A1. <zurück>

12) Zur Verwendung von Kodierungen und Kategorienschemata der Primärstudie vgl. MEDJEDOVIC und WITZEL (2005). <zurück>

13) Für Informationen zur Klassifikation von Evaluationsstudien siehe z.B. TERGAN (2000) und WESTERMANN (2002). <zurück>

14) Die verwendete Fragebogenchiffrierung ist im Anhang 3 dargestellt. <zurück>

15) Exemplarische Antworten der Studierenden aus den offenen Frageteilen sind als kursiver Text gekennzeichnet. <zurück>

16) Der ausführliche Evaluationsbericht ist in STIEFEL (2005) veröffentlicht. Die Darstellung der zugrunde liegenden Fragen der schriftlichen Erhebungen ist im Anhang 4 zu finden. <zurück>

17) Im Rahmen des Dissertationsvorhabens der Autorin soll die Lehr- und Lernbarkeit qualitativer Methoden in einer forschungsnahen Lernumgebung systematisch untersucht werden. Dabei wird außerdem überprüft, welche Lehr-Lernkonzeptionen für weitere Lehr-Lernzwecke der qualitativen Methodenausbildung erforderlich sind. <zurück>

18) Die vollständigen Fragebögen sind in STIEFEL (2005) veröffentlicht. <zurück>

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Zur Autorin

Britta STIEFEL, Diplom-Psychologin, Doktorandin an der Universität Bremen. Von 2003-2005 Tätigkeit im Archiv für Lebenslaufforschung (ALLF) der Graduate School of Social Sciences (GSSS) und der DFG-finanzierten Machbarkeitsstudie "Archivierung und Sekundärnutzung qualitativer Interviewdaten" (Laufzeit 2003-2005; Kooperationsprojekt des Archivs für Lebenslaufforschung (ALLF) der "Graduate School of Social Sciences (GSSS) an der Universität Bremen und des Zentralarchivs für Empirische Sozialforschung (ZA) der Universität Köln). Im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit dem Titel "Blended Learning in der qualitativen Methodenausbildung Evaluation einer Pilotveranstaltung des MobileCampus-Projekts im Sommersemester 2004 an der Universität Bremen" war sie an der Konzeption des Pilotmodells zur Nutzung archivierter Daten in der Methodenausbildung beteiligt und führte die Evaluation des Methodenseminars durch.

Gegenwärtige Arbeitsschwerpunkte: Forschungsnahes Lernen in der qualitativen Methodenausbildung, Sekundärnutzung von archivierten qualitativen Daten in der Lehre

Kontakt:

Britta Stiefel

Universität Bremen, Graduate School of Social Sciences (GSSS)
Archiv für Lebenslaufforschung
FVG-West, Wiener Straße/Ecke Celsiusstraße
Postfach 330 440
D-28334 Bremen

Tel.: +49 / (0)421 / 218 4169
Fax: +49 / (0)421 / 218 4153

E-Mail: bstiefel@uni-bremen.de
URL: http://www.lebenslaufarchiv.uni-bremen.de/

Zitation

Stiefel, Britta (2007). Der Einsatz archivierter Forschungsdaten in der qualitativen Methodenausbildung – Konzept und Evaluation eines Pilotmodells für forschungsnahes Lernen [64 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 8(3), Art. 15, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0703152.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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