Volume 19, No. 3, Art. 8 – September 2018
Ethik im Feld: Forschungspraxis in audiovisuellen Studien
Maximilian Krug & Svenja Heuser
Zusammenfassung: Die audiovisuelle Aufzeichnung von Interaktionen bildet die empirische Grundlage für Forschungsarbeiten in vielen sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Das interaktive Miteinander der oft mit mehreren Kameras gefilmten Teilnehmenden steht dort im Zentrum qualitativer Analysen – doch wie es zu den Aufnahmen kommt, welche Vorbereitungen dazu notwendig sind, wie die Forschenden bzw. die Studienleitung ihre betreuende Verantwortlichkeit gegenüber den Teilnehmenden wahrnehmen und welchen Stressfaktoren die freiwillig an einer wissenschaftlichen Studie Teilnehmenden ausgesetzt sind, ist bislang nur selten ethisch reflektiert worden. Eine immer zentralere Rolle in Studiendesigns der Interaktions- und Kommunikationsforschung spielt mobiles Eye-Tracking. Diese Technologie, die Forschenden wertvolle Einblicke in menschliches Blickverhalten ermöglicht, wird von Studienteilnehmenden häufig als invasiv und schmerzhaft empfunden. Bezugnehmend auf den aktuellen Diskurs zur Forschungsethik in der qualitativen Sozialforschung werden in diesem Beitrag verschiedene Eye-Tracking-Studiensituationen in Hinblick auf den forschungsethischen Umgang zwischen Studienleitungen und Studienteilnehmenden rekonstruiert. Im Zentrum der forschungsethischen Reflexion steht dabei die Frage, wie Studienleitungen ihre Verantwortung für Studienteilnehmende situativ in Bezug auf Invasivität und Freiwilligkeit wissenschaftlicher Studien bearbeiten.
Keywords: Forschungsethik; Konversationsanalyse; audiovisuelle Daten; Multimodalität; Eye-Tracking
Inhaltsverzeichnis
1. Ethische Dimensionen konversationsanalytischer Studien
2. Teilnehmendenbetreuung in audiovisuellen Studien
2.1 Gegenseitige Hilfestellung unter den Teilnehmenden
2.2 Abhängigkeitsverhältnis bezüglich der Technik
2.3 Autonomie der Teilnehmenden als forschungsethisches Prinzip
3. Ethics of Care in der forschungspraktischen Anwendung
3.1 Umgang mit unbekannter Technologie
3.2 Einwilligungserklärungen im Studienalltag
3.3 Verantwortung als forschungsethisches Prinzip
4. Wie freiwillig sind freiwillige Teilnahmen in institutionellen Kontexten?
4.1 Freiwilligkeit in einer E-Mail-Anfrage eines Lehrenden
4.2 Freiwilligkeit in Handlungsräumen im Seminar
4.3 Freiwilligkeit der Nicht-Teilnahme an einer Studie
4.4 Aufklärung und konsequenzfreie Ablehnung als forschungsethische Prinzipien
5. Non-invasive Praktiken der Datenerhebung in einer exemplarischen Arbeitsumgebung
5.1 Dilemma der Datenqualität vs. non-invasive Datenerhebung
5.2 Invasivität als eigene Entscheidung der Teilnehmenden
5.3 Non-Invasivität als forschungsethisches Prinzip
6. Coda: Möglichkeiten und Grenzen einer Ethics of Care
Anhang: Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2) (SELTING et al. 2009)
1. Ethische Dimensionen konversationsanalytischer Studien
Die Einführung audiovisueller Daten und die damit einhergehende "visuelle Revolution" (SCHMITT 2005, S.23) in der Konversationsanalyse (SACKS 1992; SACKS & SCHEGLOFF, 1979; SACKS, SCHEGLOFF & JEFFERSON 1974) erfordert ein Umdenken in der Handhabe von im Feld erhobenen Daten und stellt Forschende vor neue forschungsethische Herausforderungen im Umgang mit den Teilnehmenden audiovisueller Studien. An die Stelle früherer Tonaufzeichnungen treten immer öfter Videografien alltäglicher Interaktionssettings, auf deren Grundlage die Organisation sozialer Kommunikationsstrukturen rekonstruiert werden soll. Unterstützend zu Aufzeichnungen mit Camcordern kommen in aktuellen linguistischen und kommunikationswissenschaftlichen Studien immer häufiger mobile Eye-Tracking-Brillen zum Einsatz. Diese von den Studienteilnehmenden getragenen Brillen zeichnen neben dem Sichtfeld der Tragenden auch deren Blickverhalten auf. Dies ermöglicht neue Einblicke in menschliches Blickverhalten und tiefer gehende Interaktionsanalysen. In an Mikroanalysen einzelner Interaktionsphänomene interessierten konversationsanalytischen Studien wird oftmals aber nur knapp reflektiert, wie die zu analysierenden Daten entstanden sind. Das ist einerseits zweckmäßig, da nur die zum Verständnis der Analyse notwendigen kontextuellen Informationen geliefert werden müssen. Andererseits kann dadurch der Eindruck entstehen, die betreffende Sequenz existiere losgelöst von der Interaktionshistorie der Interagierenden. Diese gemeinsame Historie beginnt nicht erst mit dem offiziellen Studienstart, sondern schließt alle Handlungen der Teilnehmenden ein wie das Erklären und Unterschreiben der Einwilligungserklärungen, das Kalibrieren technischer Geräte sowie die Erläuterung der Studienaufgaben. Diese komplexen Aktivitäten werden in wissenschaftlichen Studien von den Teilnehmenden in einem zeitlich stark begrenzten Rahmen absolviert. Diese sind daher zu einem gewissen Grad der Studienleitung ausgeliefert und müssen sich auf die Einhaltung moralischer Normen verlassen, indem sie darauf vertrauen, dass das Gerät auf ihrer Nase oder die Studienaufgabe sie nicht verletzen oder in Gefahr bringen wird und dass die erhobenen Daten auch tatsächlich, wie in der Einwilligungserklärung vereinbart, vertraulich behandelt werden. In der Gesellschaft als selbstverständlich angesehene moralische Normen müssen nicht zwangsläufig mit den wissenschaftsethischen Prinzipien (GRUNWALD 2011) der Forschenden übereinstimmen, die zeitliche und finanzielle Ressourcen in diese Studien investieren und mitunter sehr konkrete Vorstellungen vom Studienverlauf in Bezug auf Dauer, zu realisierende Handlungen sowie beobachtbare Phänomene haben. Forschende, die mit audiovisuellen Aufzeichnungsmethoden arbeiten, müssen sich der forschungsethischen Herausforderung (HOPF 2016, S.195-205) stellen, den Spagat zwischen qualitativ hochwertiger Forschung einerseits und verantwortungsvollem Umgang mit den Teilnehmenden andererseits zu leisten. Ethik als "something in the mind of the individual" (ROTH 2013, S.110) ist empirisch schwer zu fassen. Ein vielversprechender Weg ist daher die Rekonstruktion der Handlungen, die ethisches Verständnis der Beteiligten anzeigen (MONDADA 2014a). Ein solcher Ansatz utilisiert für den analytischen Zugriff die multimodalen Praktiken (Sprache, Gestik, Blick, Körperorientierung, Mimik usw.), mit denen Interagierende einander ihr Verständnis ("display", HEATH 1986, S.29) der laufenden Situation (und damit ihrer individuellen ethischen Auffassung) signalisieren. Wie wir in unseren konversationsanalytisch orientierten Analysen zeigen werden, stellen Forschende und Teilnehmende wissenschaftlicher Studien wechselseitig Verantwortung füreinander her und verweisen damit auf ihre zugrundeliegende Forschungsethik. Damit begegnen wir dem von ROTH (2018) beschriebenen Problem, forschungsethische Debatten in der qualitativen Sozialforschung würden häufig aus der Perspektive der Forschenden geführt, wodurch der Eindruck entstehe, Forschende und Teilnehmende befänden sich in einem einseitigen Machtverhältnis und nicht in einer wechselseitigen, sozialen Konfiguration. [1]
Dass eine ethische Reflexion der audiovisuellen Forschungspraxis in der konversationsanalytischen Forschungsgemeinschaft bislang kaum vorgenommen wurde, hat zwei wesentliche Gründe. Zum Ersten sind konversationsanalytisch arbeitende Forschende, anders als Ethnograf/innen, während der Aufzeichnung von Interaktionen durch vorher installierte Kameras bedingt nicht immer selbst im Feld aktiv. Die Aufgabe einer Selbstreflexion ihrer Rolle stellt sich für an audiovisuellen Datenerhebungen beteiligte Forschende erst, wenn Kameras in mobilen Settings händisch bedient werden müssen. In diesen Fällen wird reflektiert, wie sich die Videograf/innen hinter den Kameras an den zu filmenden Interagierenden orientieren (MONDADA 2014b; SCHMITT, FIEHLER & REITEMEIER 2007) bzw. wie sie sich mit anderen mobilen Videograf/innen im Feld koordinieren (KRUG 2018). Der tatsächliche Umgang mit den Studienteilnehmenden bleibt in diesen Analysen unerforscht, weil die Situationen weiterhin nur mit den Augen der Kameras als "window opened onto social interaction" (BROTH, LAURIER & MONDADA 2014, S.6) betrachtet werden. In dieser Perspektive wird die Kamera als unsichtbarer Beobachter/innenersatz behandelt, die den konstitutiven Rahmen der Interaktion setzt, bei dem nur das von der Kamera Aufgezeichnete analysiert werden kann. Daraus folgt der zweite Grund für die Seltenheit ethischer Reflexionen in der audiovisuellen Forschungspraxis: Nur das, was die Kameras aufzeichnen, kann Bestandteil einer Konversationsanalyse sein. Häufig haben Forschende schlichtweg keine Möglichkeit, die Interaktionshistorie der Teilnehmenden vor dem Studienstart zu beachten, da es einerseits besonders in mobilen Interaktionssettings üblich ist, die Aufzeichnungsgeräte erst kurz vor dem Studienbeginn zu starten und es andererseits für den Umgang mit audiovisuellem Material praktikabler ist, jegliches möglicherweise vor dem eigentlichen Studienstart erhobenes Datenmaterial wegzuschneiden. Eine Reflexion der Datenerhebung vor dem eigentlichen Studienstart findet daher kaum statt. [2]
Das hat zur Folge, dass, anders als in methodologischen Diskussionen bezüglich Fragebogendesigns, Interviews oder teilnehmenden Beobachtungen in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die Praktiken visueller Datenerhebungen nur selten hinterfragt worden sind (LUFF & HEATH 2012) und insbesondere für den forschungsethischen Umgang mit den an den Studien freiwillig Teilnehmenden bislang viele Fragen offenlassen. Denn anders als die Richtlinien der informierten Einwilligung, die personenschutzrechtliche Daten der Studienteilnehmenden in Deutschland schützen (VON UNGER, DILGER & SCHÖNHUTH 2016), ist der konkrete Umgang mit Beteiligten einer Studie ungeklärt: Was erwarten wir von uns im Umgang mit Personen, die wir auf die eine oder andere Weise für eine wissenschaftliche Untersuchung gewinnen konnten, die uns in ihre Alltags- oder Arbeitswelt eingeladen haben (HWANG & ROTH 2005) und aus deren Daten wir oftmals intimere Informationen erhalten, als den Betroffenen bewusst sein kann (BLODGETT, BOYER & TURK 2005)? Daraus erwächst ein ethisches Problem der Verantwortung bzw. des (Betreuungs-) Verhältnisses zwischen Forschenden und Studienteilnehmenden. Wie kann "eine angemessene Balance zwischen Nähe und Distanz, zwischen Teilnahme und wissenschaftlicher Agenda" (VON UNGER et al. 2016, §13) möglich sein, wenn einerseits die an einer Studie Beteiligten als Menschen (und nicht als bloße Mittel einer Studie) behandelt werden, deren formale und praktische Selbstbestimmungsrechte gewahrt werden müssen, und andererseits für konversationsanalytische Arbeiten eine möglichst geringe Beeinflussung der Teilnehmenden und die Authentizität der Situation sichergestellt werden soll? [3]
Dieser Frage gehen wir nach, indem wir, bezugnehmend auf den aktuellen Diskurs zur Forschungsethik in der qualitativen Sozialforschung (ROTH 2004, 2006), Interaktionen zwischen Studienleitungen und Studienteilnehmenden verschiedener authentischer Studiensituationen im Hinblick auf den forschungsethischen Umgang hin rekonstruieren. Wir orientieren uns dabei am Vorgehen einer "rekonstruktiven Ethik" (BIRNBACHER 2007, S.64), die darauf verzichtet, moralische Beurteilungsprinzipien zu begründen und in eine Theorie zu übertragen. Unser Ziel mit diesem Beitrag ist vielmehr die Darstellung und systematische Diskussion der moralischen Phänomene beim Umgang von Forschungsleitungen mit ihren Studienteilnehmenden. Die dafür ausgewählten Daten stammen aus vier verschiedenen Studiensettings (Expert/innen-Lai/innen-Dyade beim Erklären einer Smartphone-App im Freien, ein gemeinsames Vierer-Gespräch in einem Labor, eine universitäre Lehrveranstaltung sowie eine Theaterprobe). Genutzt werden die jeweils nach GAT2 (SELTING et al. 2009) transkribierten Interaktionen vor dem Beginn der eigentlichen Studien. In allen Settings werden zusätzlich zu audiovisuellen Aufzeichnungsmethoden mobile Eye-Tracking-Brillen eingesetzt, die die Blickdaten der Teilnehmenden messen. Diese von Studienteilnehmenden häufig als invasiv und schmerzhaft auf die Nase drückend empfundene Technologie steht im Zentrum der forschungsethischen Reflexion dieses Beitrags: Wie bearbeiten Studienleitungen ihre Verantwortung für Studienteilnehmende situativ in Bezug auf Invasivität und Freiwilligkeit wissenschaftlicher Studien? [4]
Dazu betrachten wir zunächst die wechselseitigen Betreuungsverhältnisse in audiovisuellen Studien (Abschnitt 2), bevor wir die situative Herstellung von Verantwortlichkeit durch Studienleitungen im Rahmen einer Ethics of Care diskutieren (Abschnitt 3). Innerhalb dieses konzeptionellen Rahmens bearbeiten wir die Problemstellungen der tatsächlichen Freiwilligkeit (Abschnitt 4) einerseits und der Invasivität audiovisueller Datenerhebung in institutionellen Kontexten (Abschnitt 5) andererseits, um abschließend die Möglichkeiten und Grenzen einer Ethics of Care reflektieren zu können (Abschnitt 6). [5]
2. Teilnehmendenbetreuung in audiovisuellen Studien
Die Vorbereitung und Durchführung einer qualitativen Studie ist ein komplexes und aufwendiges Projekt, bei dem alle Beteiligten ein heterogenes Feld an Aufgaben bearbeiten müssen, noch bevor die Daten erhoben werden können. Während sich die Teilnehmenden der Studie mit ungewohnten Situationen (fremde Umgebung, unbekannte Personen, neuartige Technologie, unklare Studienaufgaben) konfrontiert sehen, stehen Studienleitungen vor einer Vielzahl an Anforderungen, die für die Studie alle gleich relevant sein können. So müssen sie nicht nur die Teilnehmenden informieren, instruieren und betreuen, sondern darüber hinaus auch die räumlichen Gegebenheiten (Lichtverhältnisse, Temperatur, Personenverkehr) im Auge behalten, die Funktionalität der Technik (Kameras, Audiogeräte, Eye-Tracking-Brillen) kontrollieren und ggf. zusätzliche Forschende bzw. Helfende koordinieren. Diese zentrale Aufgabe der Teilnehmendenbetreuung können Studienleitungen im stressigen Studienalltag leicht aus den Augen verlieren. Eine Folge davon kann sein, dass sie die Teilnehmenden als "means-to-an-end" (BLODGETT et al. 2005, §8) behandeln und dem wissenschaftlichen Ziel unterordnen. Dies ist insofern schwierig, als sich die Studienleitung nicht nur in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis gegenüber der genutzten Technik, der Umgebung und den anderen Helfenden befindet, sondern auch auf die Kooperationsbereitschaft der eingeladenen Teilnehmenden angewiesen ist. Dieses Abhängigkeitsverhältnis ist einerseits wechselseitig und persönlich (BLODGETT et al. 2005), da Studien nicht ohne kooperative Studienteilnehmende durchführbar sind. Andererseits sind Letztere auf den forschungsethischen Umgang während und nach der Studie im Hinblick auf situationsadäquate Informiertheit, körperliche und datenschutzrechtliche Sicherheit angewiesen. Das sich daraus ergebende Netz an wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnissen stellt Forschende vor forschungsethische Fragen: Wie viel Betreuung brauchen die Studienteilnehmenden? Wie viel kann ihnen ihm Rahmen der Studie zugemutet werden (insbesondere auch in Bezug auf Schmerzen durch die Eye-Tracking-Brillen)? Wie viel Selbstverantwortung kann Teilnehmenden zugesprochen werden, ohne fahrlässig zu handeln und gegebenenfalls das Studienziel oder die Teilnehmenden in Gefahr zu bringen (WASSELL & STITH 2005)? [6]
Diesen Fragen gehen wir anhand einer Studie auf den Grund, bei der ein Experte einem Laien eine Smartphone-App erklären soll. Die Studie wurde im Freien bei niedrigen Temperaturen durchgeführt. Die Teilnehmenden der Experten-Laien-Dyade trugen beide mobile Eye-Tracking-Brillen und wurden von zwei mobilen Kameras gefilmt. Für die Studienleitung ergab sich daraus folgende situative Anforderung: 1. beide Brillen zusammen mit einer Helferin an den Teilnehmenden anzubringen und zu kalibrieren, 2. die mobilen Kameras zu starten und sich mit einem weiteren, die zweite Kamera bedienenden Helfer zu koordinieren, und 3. die beiden Studienteilnehmenden über ihre Aufgabe zu informieren und deren Fragen zu beantworten. [7]
2.1 Gegenseitige Hilfestellung unter den Teilnehmenden
Aufgrund dieser vielfältigen Anforderungen hat die Studienleitung (STL) in der Vorbereitungsphase nicht durchgehend und ausschließlich für die Teilnehmenden und deren Rückfragen zur Verfügung stehen können. Der Experte (EXP) und der Laie (LAI) haben sich daher gegenseitige Hilfestellung gegeben. In der folgenden Situation hat die Studienleitung beide Eye-Tracking-Brillen gestartet und auf einem Dokument die nächsten Schritte der Studie überprüft, während sie sich gleichzeitig mit der Helferin abspricht, die die Klappe zur späteren Synchronisierung der Kamerabilder schlagen soll (Abb. 1). Der rote Kreis in den Abbildungen zeigt den Eye-Tracking-Blickpunkt (Point of View [POV]) der Eye-Tracking-Brille.
Abbildung 1: STL ist abgewendet (POV: LAI)
Abbildung 2: Blickkontakt LAI-EXP (POV: EXP)
001 |
LAI |
ja::, → Abb. 1 |
002 |
EXP |
ich drücke einfach überdeutlich auf den STARTknopf– → Abb. 2 |
003 |
|
ich GLAUbe das kriegen wir hin- |
004 |
LAI |
geNAU:; |
005 |
|
ich gucke EINfach nur hin; |
006 |
EXP |
ja; |
007 |
LAI |
das ist meine AUFgabe (.) oke; |
Tabelle 1: Transkriptauszug 11) [8]
Nachdem die Studienleitung (STL) den Teilnehmenden erklärt hat, dass der Experte (EXP) dem Laien (LAI) die Spiele-App zeigen und erklären soll, wendet sie sich zur Helferin und greift zu ihren Dokumenten. Der Laie schaut zur Studienleitung, die aber in eine andere Studienaktivität involviert ist und dies körperlich anzeigt (Abb.1). Mit Blick auf die Studienleitung produziert der Laie eine prosodisch auffällig gedehnte Diskurspartikel (Z.001). Der Experte beginnt daraufhin seine Vorstellung von der Aufgabe zu verbalisieren (Z.002). Im Folgenden handeln die Studienteilnehmenden gemeinsam die zu leistende Studienaufgabe aus. Dazu verändern sie zum einen ihre Orientierung von der Studienleitung auf einander und schauen sich gegenseitig an (Abb. 2). Zum anderen verbalisieren beide ihre Interpretationen der gestellten Aufgabe (Z.002 - Z.005) und sichern sich somit gegenseitig ab. Beide lösen sich damit aus der Abhängigkeit von der Studienleitung, indem sie einander beim Verstehensprozess der ihnen bevorstehenden Studienaufgabe unterstützen. Durch ihre dadurch erworbene Autonomie entlasten die Teilnehmenden die Studienleitung. [9]
2.2 Abhängigkeitsverhältnis bezüglich der Technik
Unabhängig davon, wie versiert oder geübt Studienteilnehmende in der Studienpraxis oder in Bezug auf das Studienthema sind oder wie viel Autonomie ihnen von der Studienleitung zugesprochen wird, kann ein Großteil der Entscheidungen ausschließlich von der Studienleitung getroffen werden. Auf dem für die Studie verwendeten privaten Smartphone des Experten war neben der zu erklärenden Spiele-App auch eine Aufzeichnungs-App installiert, mit der die Aktivitäten der Spiele-App aufgenommen werden sollten. In der folgenden Sequenz meldet der Experte Bedenken an, die Aufzeichnungs-App könnte zu viel Werbung zeigen und damit die Studie stören. Der Einwand ist berechtigt, denn ein Ausfall der App würde die gesamte Studie in Gefahr bringen.
Abbildung 3: Studienteilnehmende und Studienleitung schauen einander an
|
|
((Auslassung ca. 60 Sekunden)) |
008 |
EXP |
ich hoff (.) ich hoffe die freie AUFnahmeapp macht nicht zu: viel WERbung; |
009 |
|
<<lachen>> |
010 |
STL |
<<lächelnd> soll se MACHen-> (--) |
011 |
|
<<lächelnd> mir eGAL,> |
012 |
EXP |
((lacht)) → Abb. 3 |
Tabelle 2: Transkriptauszug 2 (Fortsetzung) [10]
Die Studienleitung (STL) reagiert auf die Verbalisierung der Sorge des Experten (Z.008) mit einer lächelnd realisierten, trotzigen Herausforderung an die App (Z.010-11). Daraufhin lacht der Experte, was die Sequenz beendet (Abb.3; Z.012). Auch wenn Studienleitung und Studienteilnehmende die Situation als unernst rahmen, bearbeiten sie dennoch ein zentrales Abhängigkeitsverhältnis bezüglich der Technik. Nicht nur die Studienleitung ist darauf angewiesen, dass die Technik (in diesem Fall beide Smartphone-Apps) funktioniert, auch der Experte zeigt durch seinen Hinweis auf ein mögliches technisches Problem an, dass ihm das Funktionieren der Technik wichtig ist. Er übernimmt damit als Teilnehmender sowohl eine Studienleitungsaufgabe als auch Verantwortung in Bezug auf das Gelingen der Studie. Dies kommt der Studie später tatsächlich zugute, da der Experte den Versuch mit zwei unterschiedlichen Laien/innen wiederholt und trotz niedriger Temperaturen, kalten Fingern sowie tatsächlich auftretender technischer Probleme die Studie erfolgreich abschließt. [11]
2.3 Autonomie der Teilnehmenden als forschungsethisches Prinzip
Die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Studienleitung, Teilnehmenden, Helfenden, Technik und Umwelt machen audiovisuelle Studiensituationen zu komplexen Unterfangen und schränken mitunter die angemessene Betreuung der Studienteilnehmenden ein. Eine Entlastung der Studienleitung kann dann stattfinden, wenn sich die Teilnehmenden als autonome Personen verstehen, mit eigenen Rechten und Verantwortlichkeiten (sich selbst, anderen und der Studie gegenüber). Wenn mindestens zwei Personen an einer Studie teilnehmen, haben sie zusätzlich die Möglichkeit, Erfahrungen, Fragen oder Sorgen auszutauschen. Um Fehlinformationen, Personenschäden und Gefährdung des wissenschaftlichen Vorhabens zu vermeiden, kann und darf dies keine Betreuung und Einweisung durch die Studienleitung ersetzen. Es erlaubt den Teilnehmenden allerdings ein Miteinander, das Voraussetzung dafür ist, dass sie sich nicht bloß als Mittel zum Zweck einer Studie verstehen, sondern als zum wissenschaftlichen Erfahrungsschatz Beitragende. Eine solche gegenseitige Verantwortlichkeit der Forschenden und Teilnehmenden verstehen wir als Grundvoraussetzung einer im nächsten Abschnitt diskutierten Ethics of Care (GILLIGAN 1982; HELD 2006). [12]
3. Ethics of Care in der forschungspraktischen Anwendung
Im Umgang mit Studienteilnehmenden (HWANG & ROTH 2005) liegt es in der Verantwortung der Studienleitung, eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich alle Beteiligten nicht nur wohl und gut aufgehoben fühlen, sondern es vor allem auch sind. HELD fasst diese Verantwortlichkeit zusammen als "compelling moral salience of attending to and meeting the needs of the particular others for whom we take responsibility" (2006, S.10). Obwohl diese Haltung selbstverständlich sein sollte, fällt es dennoch schwer, eine Ethics of Care (BERGUM 1994; GILLIGAN 1982; NODDINGS 1986) für die Forschungspraxis zu formulieren. Zum einen verhindern die Heterogenität wissenschaftlicher Studien und die Individualität der Teilnehmenden die Erarbeitung eines standardisierten Vorgabenkatalogs für den forschungspraktischen Umgang mit Studienteilnehmenden. Zum anderen werden an Studienleitungen viele parallele Anforderungen gestellt, die eine durchgehende Betreuung der Teilnehmenden für die Dauer der Studie erschweren. Der Balanceakt der Studienleitung, gleichzeitig Autoritäts- und Vertrauensperson zu sein, birgt allerdings neben aller Schwierigkeit ein großes Potenzial. Denn die Ambiguität der Studienleitungsrolle ermöglicht die flexible Handhabung und Anwendung situationsrelevanter forschungsethischer Grundsätze, die kontinuierlich an den dynamischen Studienverlauf angepasst werden können. Damit können Studienleitungen während ihrer typischen Tätigkeiten (z.B. Erklären der Studienaufgaben oder der zum Einsatz kommenden Technologie) schnell auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen, wenn diese Sorgen oder Probleme anzeigen. [13]
Im Folgenden soll es um die forschungspraktische Anwendung der Ethics of Care gehen. Wir rekonstruieren dafür zwei Situationen während der Vorbereitungsphase einer Laborstudie, in der die vier Teilnehmenden ein Gespräch führen sollen, während sie Eye-Tracking-Brillen tragen. [14]
3.1 Umgang mit unbekannter Technologie
Nach dem Unterzeichnen der Einwilligungserklärung (siehe Abschnitt 3.2) hat die Studienleitung begonnen, die Eye-Tracking-Brillen einzurichten. TN1 hat zu diesem Zeitpunkt von allen Teilnehmenden die meiste Erfahrung mit Eye-Tracking-Studien.
001 |
STL |
ihr kriegt gleich eine EYE tracking brille auf; |
002 |
TN1 |
damit wir SCHÖN gucken können wo ihr hinguckt- |
003 |
TN2 |
<<lächelnd> oh mein GO:TT-> |
004 |
TN3 |
voll SPOOky- |
005 |
STL |
<<lachend>das ist MEga spooky-> |
Tabelle 3: Transkriptauszug 3 [15]
Zunächst kündigt die Studienleitung (STL) das Tragen der Brillen an (Z.001). Die an der Konzeption der Studie beteiligte Teilnehmerin 1 (TN1) übernimmt nun als Assistentin der Studienleitung die Erklärung der Funktionsweise der Brille (Z.002). Die anderen Teilnehmenden reagieren auf die beschriebene Funktionsweise der Brillen ("damit wir SCHÖN gucken können wo ihr hinguckt", Z.002) mit verschiedenen, durch Lachen als unernst markierte Interjektionen (Z.003-4). Die Studienleitung nimmt dies auf und verstärkt es lachend als "MEga spooky" (Z.005). Die Unsicherheit bezüglich der ungewohnten Eye-Tracking-Technologie wird für TN2 und TN3 durch die scherzhafte Behandlung des Themas abgemildert. Dies hat zwar einerseits eine positive Arbeitsatmosphäre zur Folge, jedoch spielt die Studienleitung andererseits die von den Teilnehmerinnen kommentierte Invasivität der Datenerhebung herunter. Im Anschluss an diese Sequenz erklärt die Studienleitung die für ein schmerzfreies Tragen der Brillen wichtige Auswahl der Nasenteile und wechselt in eine ernste Interaktionsmodalität, indem sie ihr Lachen einstellt.
Abbildung 4: STL erklärt die Auswahl der Nasenteile
Abbildung 5: Hilfestellung beim Testen des Nasenteils
006 |
STL |
also ihr müsst die (-) dass die NÖPPies nach o:ben gucken- |
007 |
|
einmal so wie eine BRILle auf die nase setzen, → Abb. 4 |
008 |
|
und dann einfach ausprobieren welche euch am BESten- (-) |
009 |
|
also am WEnigsten drückt; |
010 |
|
(5.0) → Abb. 5 |
Tabelle 4: Transkriptauszug 4 (Fortsetzung) [16]
Die Studienleitung sucht zusammen mit den Beteiligten passende Nasenteile ("NÖPPies", Z.006) für die Brillen aus, die im Folgenden über eine Stunde ununterbrochen getragen werden sollen. Die Teilnehmenden sind abwechselnd entweder den auszuwählenden Nasenteilen auf dem Tisch oder der Studienleitung zugewendet, welche die korrekte Anwendung des Nasenteils erst bei sich selbst (Abb. 4) und dann bei einer Teilnehmerin (Abb. 5) demonstriert. Diesem Auswahlschritt wird verhältnismäßig viel Zeit innerhalb der Studienvorbereitung beigemessen, damit die Teilnehmenden durch das Tragen der Eye-Tracking-Brillen keine Schmerzen erleiden. Die implizite Hervorhebung des eventuellen Schmerzpotenzials wird von der Studienleitung vorgenommen, indem sie ihre Äußerung im Vollzug kurz unterbricht und mithilfe einer Reparatur konkretisiert, die Teilnehmende mögen das Nasenteil nehmen, was am "WEnigsten drückt" (Z.009). [17]
3.2 Einwilligungserklärungen im Studienalltag
Eine zentrale Anforderung an Studienleitungen besteht neben der Erläuterung der Studienaufgabe und dem Starten der audiovisuellen Aufzeichnungsgeräte (inkl. Eye-Tracking) auch darin, die Teilnehmenden über die bevorstehende Studie zu informieren. Mit ihrer Unterschrift auf der Einwilligungserklärung willigen die Teilnehmenden ein, an der Studie teilzunehmen. Das Formular hat eine doppelte Funktion: Zum einen dient es dem Schutz der Teilnehmer/innenrechte und zum anderen der rechtlichen Absicherung der Studie (DGPUK 2017). Ethik-Kodizes wie die der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPUK 2017) oder der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen (DGS & BDS 2014) stellen nur Richtlinien dar, die Forschende dabei unterstützen sollen, forschungsethischen Grundsätzen wie Schadensvermeidung, Freiwilligkeit der Teilnahme, Vertraulichkeit und informierte Einwilligung (VON UNGER 2014, S.20) nachzukommen. Die konkrete Ausformung dieser Grundsätze liegt aber in der Hand der Forschenden und unterscheidet sich von Studie zu Studie. Die Herausforderung für die Studienleitung in der folgenden Sequenz besteht darin, die Teilnehmenden zu informieren, während diese sich schon im Studiensetting befinden und gleichzeitig auf Aspekte hinzuweisen, deren Implikationen die Teilnehmenden nicht selbst erfassen können.
001 |
STL |
wir haben hier einen teil den WIR gerne hätten zur dokumentation, |
002 |
|
und einen teil (.) der für EUCH is, |
003 |
|
den könnt ihr MITnehmen- |
004 |
|
ähm wir bräuchten auf UNSerem teil eine unterschrift, |
005 |
|
dass ihr einverstanden seid das hier für FORschungszwecke- |
006 |
|
die daten die wir HEUte aufnehmen (-) also- |
007 |
|
wir sind ja schon auf KAmera sozusagen, |
008 |
TN3 |
((lacht)) |
009 |
STL |
dass es oKAY ist wenn die im WISsenschaftlichen rahmen genutzt werden; |
Tabelle 5: Transkriptauszug 5 [18]
Die Studienleitung geht mit den Teilnehmenden eine institutionell und von einem Datenschutzbeauftragten juristisch konfirmierte offizielle Einwilligungserklärung für empirische Datenerhebungen durch und erklärt die einzelnen Passagen. Sie beginnt mit der Erläuterung, dass die Einwilligung zwei Teile umfasse, wovon ein Exemplar von den Teilnehmenden unterschrieben werden solle (Z.002) und der andere zurück an die Studienleitung gehe (Z.004). Auffällig ist, dass die Studienleitung eine Opposition von "wir" und "euch" eröffnet. Dass mit "euch" die Teilnehmenden adressiert werden, ergibt sich aus der situativen Rahmung und der Körperorientierung der Studienleitung. Wer hingegen mit "wir" gemeint ist, ist für die Teilnehmenden nicht deutlich – zumal sich die Studienleitung nur wenig später (Z.007) selbst in das "wir" inkludiert. Die Studienleitung ist damit aus Perspektive der Teilnehmenden Teil einer anonymen Gruppe, die die "daten" (Z.006) zu nicht näher bestimmten "FORschungszwecken" (Z.005) verwenden werden. Weder kann die Studienleitung bei den Teilnehmenden ein Wissen darüber voraussetzen, was "Daten" in Studien mit konversationsanalytischen Forschungsinteressen sind, noch wie Forschung mit diesen Daten aussieht. Die Studienleitung gibt einen Erklärungsversuch, indem sie eine Verbindung zwischen "daten die wir HEUte aufnehmen" (Z.006) und "auf KAmera" (Z.007) herstellt und darauf hinweist, dass die Datenaufzeichnung bereits begonnen habe (Z.007). TN3 reagiert auf diese Ankündigung mit einem Lachen (Z.008), auf das die Studienleitung nicht eingeht, sondern ihre Erklärung fortsetzt und den Zweck der Datenerhebung konkretisiert (Z.009). Nicht klar wird dabei, was unter dem "WISsenschaftlichen rahmen" (Z.009) genau zu verstehen ist. Auch wenn in der Einwilligungserklärung dieser Zweck genannt wird und die Teilnehmenden per Opt-in (in diesem Fall durch Ankreuzen einer von mehreren Optionen) erklärt haben, dass sie mit dem Vorspielen der aufgenommenen Videos in Seminaren einverstanden sind, waren TN1 und TN3 wenige Wochen nach der Aufnahme überrascht, als sie erfuhren, dass ihre Daten im Zuge eines Seminars gezeigt und analysiert wurden. [19]
Es ist datenschutzrechtlich und forschungsethisch problematisch, bereits vor der informierten Einwilligung mit den Aufzeichnungen zu beginnen. Eine Einwilligungserklärung bei bereits laufenden Kameras zu erfassen, kann für Teilnehmende (und Studienleitungen) eine Stresssituation darstellen. Die Folge davon sind Unterschriften von Teilnehmenden, die möglicherweise die Implikationen, die aus der Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie resultieren, nicht adäquat einschätzen konnten. Die Betreuung der Teilnehmenden durch die Studienleitung sollte daher in dieser datenschutzrechtlich sensiblen Phase der Studie Vorrang haben. [20]
3.3 Verantwortung als forschungsethisches Prinzip
Indem instruierende und informierende Aktivitäten mit Handlungen abgewechselt werden, die auf das soziale Miteinander aller Beteiligten in der Studiensituation ausgerichtet sind, gelingt der Studienleitung in den präsentierten Sequenzen der Balanceakt zwischen Autoritäts- wie auch Vertrauensperson. Die Studienleitung agiert im Rahmen einer Ethics of Care: Sie zeigt Interesse am Wohlbefinden der Teilnehmenden. Gleichzeitig eröffnet dies eine Reihe von Dilemmata, wie viel Verantwortung Studienleitungen übernehmen können bzw. sollten:
Auch wenn die Studienleitung Fragen bzgl. der Einwilligungserklärung beantwortet hat, wurden die Teilnehmenden nicht darauf hingewiesen, welche Personen sich hinter dem anonymen "wir" verbergen und die Aufnahmen im "wissenschaftlichen Rahmen" (also auch in der Lehre) verwenden. Sollten Studienleitungen (auch) kognitiv nicht eingeschränkte Beteiligte beim Verständnis der Einwilligungserklärung proaktiv unterstützen, oder sollte diesen zugestanden werden, dass sie für ihre Unterschrift auf der Einwilligung im vollen Umfang selbst verantwortlich sind?
Eine häufige Frage bei Studien ist die nach dem Zweck der Untersuchung. Reicht es in solchen Situationen zu antworten, dass die Forschenden sich beispielsweise für Alltagsgespräche interessieren, obwohl der Forschungsfokus auf der speziellen Handhabe eines Objektes liegt? Das Wissen der Teilnehmenden über den Forschungszweck könnte zu nicht-authentischen Interaktionen und damit unbrauchbaren Daten führen. Welches Recht auf Informationen über die Studie, an der sie freiwillig teilnehmen, sollte Teilnehmenden zugesprochen werden, ohne gleichzeitig die Authentizität der Daten zu gefährden?
Wenn die Teilnehmenden der in Tabelle 3 untersuchten Sequenz es "spooky" (Z.004) finden, dass die Brillen ihre Blicke aufnehmen, ist das trotz scherzhafter Interaktionsmodalität eine Verbalisierung einer skeptischen Haltung. Da die Brillen auch (unbewusste) Fixierungen auf primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale aufzeichnen und damit intime Informationen über die Brillen-Tragenden liefern, zeigen die Teilnehmenden eine ernstzunehmende Sorge an. In der analysierten Sequenz geht die Studienleitung mit dieser Sorge unernst um und bearbeitet diesen moralisch schwierigen Aspekt nicht weiter. In welchem Umfang sollten die Sorgen der Teilnehmenden ernstgenommen werden, ohne sie zu verstärken? [21]
Je mehr Verantwortung Forschende zu übernehmen bereit sind, desto intensiver werden diese Dilemmata. Besonders deutlich wird dies in institutionellen Kontexten. Dort verschärfen sich durch spezifische Machtgefälle die Anforderungen, eine gute Forschungspraxis mit einem verantwortungsvollen Umgang mit den Teilnehmenden zu vereinbaren. Im Folgenden konzentrieren wir uns daher auf die aufgeworfenen Fragen nach dem Umgang mit Einwilligungserklärungen und Informiertheit (Abschnitt 4) sowie die Bedenken der Teilnehmenden bzgl. der Invasivität der Datenerhebung (Abschnitt 5) in institutionellen Studienkontexten. [22]
4. Wie freiwillig sind freiwillige Teilnahmen in institutionellen Kontexten?
Möchten Forschende im Rahmen einer Ethics of Care agieren, müssen sie sich zwangsläufig irgendwann die Frage stellen, inwieweit sich die Studienteilnehmenden tatsächlich aus freien Stücken zur Teilnahme verpflichtet haben (TOMKINSON 2015). In unseren ersten Studienbeispielen wurden die Teilnehmenden aus dem Freund/innen-, Kolleg/innen- oder Kommiliton/innenkreis rekrutiert und erhielten keine finanzielle Entlohnung. Einzig der freie Verzehr von bereitgestellten Getränken und Speisen wurde im Vorfeld in Aussicht gestellt. Es ist daher anzunehmen, dass der Hauptgrund für die Teilnahme an diesen Studien eine soziale Gefälligkeit gegenüber den Studienleitungen darstellte. Die Ablehnung einer Einladung zu einer Studie stellt zwar eine dispräferierte Handlung (POMERANTZ 1984) dar, die im sozialen Gefüge kommunikativ bearbeitet werden muss, ist aber dennoch eine echte Handlungsalternative. Schwieriger wird es, wenn Machtgefälle und soziale Abhängigkeiten die Ablehnung einer Studienteilnahme erschweren oder unmöglich machen. Mit solchen komplexen Sozialstrukturen in institutionellen Settings beschäftigen sich unsere letzten beiden Studienbeispiele. [23]
Im ersten Fall handelt es sich um ein Unterrichtsszenario. Dieses Setting erfordert eine besondere "moralische Richtlinie" seitens der Forschenden, wenn die Datenerhebung gemäß einer Ethics of Care fair und zum Nutzen aller Teilnehmenden durchgeführt werden soll (EMDIN & LEHNER 2006). Die Notwendigkeit einer Reflexion der Verantwortung des Forschenden gegenüber Lehrenden und Lernenden zeigt sich in der aktuellen Debatte zum forschungsethischen Umgang mit Datenerhebungen in Unterrichtsszenarien (GALLO-FOX, WASSELL, SCANTLEBURY & JUCK 2006; MAHEUX & ROTH, 2012; OLITSKY & WEATHERS 2005). Fokus dieser Studien waren die Statusgefälle innerhalb sozialer Rollen und deren wechselseitigen Aushandlungen in Co-Teaching-Situationen, bei denen erfahrene und unerfahrene Lehrpersonen eine Unterrichtseinheit gemeinsam leiteten. Bei MAHEUX und ROTH (2012) interagierte der filmende Forschende während der Datenerhebung sowohl mit Lehrenden als auch Lernenden und erzeugte damit neue soziale Rollen. Damit unterscheidet sich dieses Szenario von der sonst in der interaktionalen Multimodalitätsforschung üblichen Form der audiovisuellen Datenerhebung, bei der die Forschenden mit Start der Unterrichtseinheit analytisch und/oder physisch verschwinden (JÖRISSEN 2013; PITSCH 2006). In unserer Studie fielen die Rollen von Studienleitung und Lehrenden in einer Person zusammen. Damit ist die Studie durch die konstante Aktualisierung der Aufnahmesituation mit der Studie von MAHEUX und ROTH (2012) vergleichbar – auch wenn es sich bei uns um eine klassische Lehrsituation mit nur einer Lehrperson im akademischen Umfeld handelte. [24]
Im aufgezeichneten Seminar wurden die Studierenden während der gesamten Sitzung von zwei Kameras auf Stativen gefilmt. Zusätzlich sollten eine Person aus der Referatsgruppe und eine aus dem Plenum während eines Vortrags und in der anschließenden Diskussion Eye-Tracking-Brillen tragen, um das Blickverhalten während der Präsentation zu messen. Die Datenerhebung verfolgte einerseits das primär didaktische Ziel, die Studierenden aktuelle Forschungsinstrumente in der Anwendung erleben zu lassen. Andererseits sollten anhand des selbst erhobenen Datenmaterials in der Folgesitzung Forschungsfragen entwickelt werden. Didaktisch war die Studie erfolgreich, forschungsethisch jedoch war ihr Design schwierig: Wie freiwillig war die freiwillige Teilnahme tatsächlich für die Studierenden? Für die Beantwortung der Frage orientieren wir uns an den von TOMKINSON (2015, §3) für ethnografische Felderhebungen in institutionellen Settings formulierten Fragen: "Who agrees to participate in the research? Is everyone aware that the researcher is collecting data? Does the presence of admittedly more vulnerable actors in the research site pose other ethical questions?" [25]
4.1 Freiwilligkeit in einer E-Mail-Anfrage eines Lehrenden
Im Nachgang an ein Sprechstundengespräch, in dem Fragen zum Referatstext geklärt wurden, richtete sich der Lehrende an die Referatsgruppe, um zu erfragen, wer von den Referentinnen sich bereit erklären würde, eine Eye-Tracking-Brille zu tragen. Daraus entwickelte sich folgender Mailwechsel:
Lehrender (2. Mai; 18:30h) |
Liebe Referatsgruppe, eine Sache habe ich eben noch vergessen zu fragen: in der Sitzung nach der Gestik-Sitzung [5.Mai] geht es um Blick und Blickverhalten, in der ich Eye-Tracking ein bisschen vorstellen möchte. Wäre es für eine von euch möglich, während des Referats eine der Eye-Tracking-Brillen zu tragen? Ein Teilnehmer aus dem Publikum würde dann die andere Brille tragen. [Grußformel] |
Studentin 1 (2. Mai; 20:30h) |
Hallo, ich hätte da so nichts gegen, bin aber auch kurzsichtig, da würde wahrscheinlich das gleiche Problem auftauchen wie bei dem heute gezeigten Video. [Grußformel] |
Studentin 2 (3. Mai; 22:00h) |
Hallo [Lehrender]. Bei der Eye-Tracking Brille habe ich das gleiche Problem wie [Studentin 1], |
Studentin 3 (4. Mai; 19:00h) |
Hallo, ich bin weder kurz- noch weitsichtig und könnte es machen. |
Tabelle 6: E-Mail-Korrespondenz [26]
Der Lehrende macht in seiner Mail transparent, dass er Eye-Tracking-Daten für die Folgesitzung des Referats erheben möchte und beschreibt knapp die Konfiguration der Erhebungssituation. Aus der Reaktion der Studentin 1 (ST1) geht hervor, dass eine Vorstellung darüber besteht, was Eye-Tracking-Brillen sind. Nicht sichtbar wird, inwiefern ihr bewusst ist, dass mittels der Eye-Tracking-Brille sensible, persönliche Daten erhoben werden. Studentin 1 zeigt an, dass sie sich darüber im Klaren ist, dass in der Sitzung ihrer Referatsgruppe (audiovisuelle) Eye-Tracking-Daten erhoben werden sollen. Sie bringt zum Ausdruck, dass sie grundsätzlich bereit wäre, die Brille zu tragen, wendet aber ein, dass sie eine Sehschwäche habe, die zu unbrauchbaren Daten führen könnte. Studentin 2 (ST2), die am nächsten Abend antwortet, muss kommunikativ weniger Arbeit leisten als die erste Studierende, da sie sich auf den gleichen, kommunikativ bereits etablierten Ablehnungsgrund bezieht. Interessant ist die Antwort der dritten Studentin (ST3), die zunächst begründet, weshalb sie die Anfrage nicht ablehnen kann, bevor sie schließlich einwilligt. Mehrere Elemente deuten darauf hin, dass ihre Einwilligung nicht völlig freiwillig ist: ihre späte Antwort (ihre Kommilitoninnen hatten bereits abgelehnt), ihr Verweis auf das Nicht-Zutreffen des scheinbar akzeptablen Ablehnungsgrunds (Sehschwäche) und die geringer werdende Zeit bis zum am nächsten Tag stattfindenden Referat, die sie zu einer Entscheidung drängte, sich zu der Anfrage des Lehrenden zu verhalten. Auch wenn es so sein sollte, dass die dritte Studentin gerne die Eye-Tracking-Brille getragen hätte, bleibt ihre Entscheidung keine freiwillige, da aus ihrer Perspektive nicht deutlich ist, dass eine Ablehnung der Anfrage des Lehrenden, der gleichzeitig der Prüfende des Referats ist, zu keiner Sanktion führen würde. Aus einer scheinbar bittend formulierten und auf Freiwilligkeit abzielenden Frage des Lehrenden ist für die studentischen Teilnehmenden aufgrund des Machtgefälles möglicherweise ein sozialer Druck erwachsen, der freiwillige Entscheidungen im Studienrahmen des Seminars mindestens einschränkte, wenn nicht sogar negierte. [27]
4.2 Freiwilligkeit in Handlungsräumen im Seminar
Nach OLITSKY und WEATHERS (2005) können solche Machtgefälle durch Methoden der erhöhten kollaborativen Kommunikation zwar nicht aufgehoben, aber zumindest so verändert werden, dass Handlungsräume für die Studienteilnehmenden entstehen, in denen sie tatsächlich frei agieren können. Einen solchen Handlungsraum hat der Lehrende am Tag der Datenhebung im Seminar erzeugt, indem er die beiden Eye-Tracking-Brillen-Trägerinnen informierte, dass sie selbstständig bestimmen könnten, wie lange sie die Brillen tragen wollten.
Abbildung 6: Lehrender adressiert beide Brillenträgerinnen
001 |
LEH |
ach so (.) äh bei EUCH is_es übrigens so;=ne? → Abb. 6 |
002 |
|
sobald die brillen euch NERven, |
003 |
|
NEHMT sie ab. |
004 |
|
(1.0) |
005 |
ET1 |
hmhm, |
006 |
ET2 |
alles KLAR; |
006 |
LEH |
ne? |
007 |
|
es KANN irgendwann äh NERvig werden, |
008 |
|
und so DRÜCKen und so;=ne? |
009 |
|
NEHMT se einfach ab; |
Tabelle 7: Transkriptauszug 6 [28]
Der Lehrende (LEH) ist zu Beginn der Sequenz beschäftigt, den Laptop zur Kalibrierung der Eye-Tracking-Brillen (ET) zu verpacken. Er dreht sich zu den beiden Brillen-Trägerinnen um und erklärt ihnen, dass sie die Brillen abnehmen sollten, sobald diese sie "NERven" (Z.002). Zu diesem Zeitpunkt tragen die beiden Studentinnen die Brillen schon fast zehn Minuten und haben erfahrungsgemäß bereits festgestellt, wie schwer und unangenehm 45g auf dem Nasenbein sind. Nach etwa einer Sekunde bestätigt zuerst Eye-Tracking-Brillen-Trägerin 1 (ET1) (links in Abbildung 6) und kurz drauf auch ET2 diese Information. Der Lehrende, der bis dahin Blickkontakt mit den beiden Studentinnen gehalten hat, dreht sich mit seiner verbalen Expansion in den Zeilen 007-009 wieder zu seinem Laptop um und konkretisiert die Bedingung für die Abnahme der Brillen (Z.008). Damit festigt er den Handlungsraum der Brillenträgerinnen, die nun selbst entscheiden können, wann sie aus der Eye-Tracking-Datenerhebung aussteigen möchten. Nach etwa 45 Minuten macht ET2 davon Gebrauch und nur vier Minuten später setzt auch ET1 die Brille ab, ohne vorher Kontakt mit dem Lehrenden aufgenommen zu haben. Der Handlungsspielraum, der in der E-Mail-Kommunikation eingeschränkt schien, wird hier zugunsten der Studienteilnehmenden geöffnet und bietet ihnen frei wählbare Handlungsalternativen (auch wenn im Sinne sozialer Erwünschtheit eine Mindesttragedauer der Brillen suggeriert wird, die von den Teilnehmenden selbst zu bestimmen sei). [29]
4.3 Freiwilligkeit der Nicht-Teilnahme an einer Studie
Im Anschluss an die Sequenz zuvor teilt der Lehrende die Einwilligungserklärungen an die Studierenden aus. Als er ihnen die Möglichkeit erläutert, wie sie sich gegen eine Teilnahme entscheiden könnten, kommt es zu einer Situation, in der die Studierenden auf eine implizierte Sanktion bei Nicht-Teilnahme reagieren.
Abbildung 7: Lehrender beginnt, die Einwilligungserklärungen auszuteilen
010 |
LEH |
bevor ich jetzt AUFnehme, → Abb. 7 |
011 |
ET1 |
hab nen RECHTschreibfehler hier drauf gefunden; |
012 |
ALL |
((lachen)) |
013 |
LEH |
ä::hm: (--) gibt_s noch DAS hier; |
014 |
|
((zählt Seiten)) |
015 |
|
das is (-) nur pro FORma; |
016 |
|
((teilt Einwilligungserklärungen aus)) |
017 |
ET2 |
was is DAS, |
018 |
ST2 |
STIMMT ja; |
019 |
|
wir werden ja geFILMT; |
020 |
ET1 |
ja naTÜRlich; |
021 |
ST2 |
((lacht)) |
Tabelle 8: Transkriptauszug 7 (Fortsetzung) [30]
Der Lehrende sortiert die Einwilligungserklärungen (Abb. 7) und kündigt an, dass vor dem Aufnahmestart noch eine Sache erledigt werden solle (Z.010). Er wird von der Studentin mit dem Eye-Tracker (ET1) unterbrochen, die auf ihrem Referatshandout einen Rechtschreibfehler gefunden hat. Dieser Kommentar erntet einen Lacher aus dem Plenum, bevor der Lehrende seine Aktivität fortführt. Neben dem forschungsethisch schwierigen Umstand, dass die Kameras schon laufen, bevor die Einwilligungserklärungen ausgeteilt und unterschrieben wurden, ist besonders bedenklich, dass die Äußerung des Lehrenden nahelegt, die Kameras würden erst nach Aushändigen der Einwilligungserklärung eingeschaltet (was offensichtlich nicht der Fall war). Dass für mindestens eine Studierende (ST2) die Aufnahmesituation nicht deutlich genug expliziert worden ist, geht aus ihrer verbalisierten Erkenntnis hervor, dass sie gefilmt wird (Z.018-20). Obwohl ST2 neben der Eye-Tracking-Brillen-Trägerin ET1 sitzt, bei deren Kalibrierung zugeschaut hat und auch in die E-Mail-Kommunikation (Tabelle 6) involviert war, zeigt sie erst zu diesem Zeitpunkt ein Verständnis bzgl. der Aufnahmesituation an. Der Lehrende hatte zwar in der Sitzung zuvor die anstehende Datenerhebung angekündigt, die Studierenden allerdings vor Betreten des Seminarraumes (in dem die Kameras bereits liefen) nicht explizit auf die Aufnahmesituation hingewiesen. Zusätzlich zu diesem Versäumnis bewertet der Lehrende die Einwilligungserklärung als "nur pro FORma" (Z.015) und spielt dabei die Wichtigkeit des Dokuments für den Datenschutz der Teilnehmenden herunter. Die Frage einer Studentin (ET2), was das für ein Dokument sei (Z.017), bleibt unbeantwortet.
Abbildung 8: Eye-Tracking-Blickpunkt von ET1 (POV)
022 |
LEH |
wer_s nicht unterSCHREIben mag, |
023 |
|
ähm gibt_s mir einfach LEER wieder zurück; |
024 |
|
damit ich mir die geSICHter merken kann wer NICHT unterschrieben hat; |
025 |
ALL |
((lachen)) |
026 |
LEH |
also NICHT dass ich dann- → Abb. 8 |
027 |
|
ne: dass ich einfach dann dem DAtenschutz einfach dann geRECHT |
028 |
|
und dann diejenigen dann irgendwie- |
029 |
ST2 |
verPIXeln; |
030 |
LEH |
ja anonymiSIEren; |
Tabelle 9: Transkriptauszug 8 (Fortsetzung) [31]
Nachdem alle Studierenden die Einwilligungserklärungen vor sich liegen haben, eröffnet der Lehrende den Handlungsraum für die Studierenden, das Dokument nicht unterschreiben zu müssen (Z.022) und erklärt das Vorgehen in diesem Fall (Z.023). Als er in seiner Erklärung anführt, sich die Gesichter der Nicht-Teilnehmenden merken zu wollen (Z.024), fangen die Studierenden laut an zu lachen (Z.025) und sich miteinander zu unterhalten. Der Lehrende hebt verteidigend seine Hand (Abb. 8) und versucht, das Missverständnis mit einem Hinweis auf den Datenschutz (Z.026-28) aufzulösen. Die Teilnehmerinneninterpretation, dass dieses Verfahren zur Sicherung des Datenschutzes bei Nicht-Einwilligung zu Studienteilnahme verstanden wurde, kommt von ST2, die mit "verpixeln" (Z.029) eine mögliche Anonymisierungsmethode vorschlägt. Auch wenn das Missverständnis an dieser Stelle aufgelöst wird, legt die Reaktion der Studierenden nahe, dass sie sich ihres eingeschränkten Handlungsraumes bewusst sind. Eine Entscheidung gegen eine Teilnahme könnte sich als Sanktion (in Form einer schlechten Seminarnote) durch den Lehrenden negativ bemerkbar machen, da dieser angekündigt hat, sich die Gesichter merken zu wollen. [32]
4.4 Aufklärung und konsequenzfreie Ablehnung als forschungsethische Prinzipien
Die Studierenden waren demnach in ihrer Entscheidung bzgl. der Teilnahme an der Datenerhebung im Seminar doppelt unfrei: Zum einen bestand die Möglichkeit einer schlechteren Note, und zum anderen konnten sie die audiovisuelle Aufzeichnung nicht ablehnen, ohne auch das Seminar verlassen zu müssen. Die institutionellen Strukturen sowie der soziale Druck erlaubten es den Studierenden nicht, sich wirklich freiwillig für oder gegen die Teilnahme an der Studie zu entscheiden. Dies zeigte sich bereits in der E-Mail-Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden: Die Studentinnen lehnten nur implizit ab, indem sie auf eine Nichteignung für die Studie verwiesen. Durch das Abhängigkeitsverhältnis vom Lehrenden sicherte sich dieser die Teilnahme des Seminars an seiner Studie. Nur wenn potenzielle Studienteilnehmende wissen, dass eine Nicht-Teilnahme ohne negative Folgen für sie bleiben wird, können "freiwillige" Studienteilnahmen tatsächlich freiwillig sein. Die Aufgabe einer Studienleitung muss demnach die Reflexion der Abhängigkeitsverhältnisse und umfassende Aufklärung der Teilnehmenden über den Nutzen einer Teilnahme und die Folgen einer (Nicht-) Teilnahme umfassen. [33]
5. Non-invasive Praktiken der Datenerhebung in einer exemplarischen Arbeitsumgebung
Die Datenerhebung zum Nutzen der Personen eines Szenarios durchzuführen, kann nicht nur einen freiwilligen Handlungsraum für die Studienteilnehmenden eröffnen, sondern darüber hinaus auch den Zugang zu einem Feld gewähren, bei dem Außenstehende nicht erwünscht sind. Professionelle Theaterproben z.B. sind "Schutzräume" (MATZKE 2012, S.88), bei denen bislang nur wenigen Forschenden längere ethnografische Feldaufenthalte gestattet wurden (McAULEY 2012). Macht- und Statusgefälle in Theaterproduktionen sind, wie in vielen institutionellen Settings (TOMKINSON 2015), oftmals strikt geregelt, weshalb in dem hier vorgestellten Fall zuerst der Regisseur um Erlaubnis gefragt worden ist. Um die tatsächliche Freiwilligkeit der anderen Teilnehmenden, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Regisseur standen zu ermöglichen, wurden mit diesen einzeln vor der ersten Probe die Einwilligungserklärungen besprochen. Zusätzlich wurde die Anonymisierungsmethode präsentiert und eine Beispielanalyse mitgebracht, damit alle umfassend informiert zu- oder absagen konnten. Gleichzeitig wurde allen Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt, jederzeit die Datenaufzeichnung unterbrechen zu können. [34]
In professionellen Arbeitsumgebungen haben Forschende nicht nur eine Verantwortung den Studienteilnehmenden gegenüber, sondern auch die Verpflichtung, betriebliche Abläufe nicht zu stören. Im Fall der hier betrachteten Studie sollten dem Regisseur und der Regieassistentin mobile Eye-Tracking-Brillen aufgesetzt werden, mittels derer zusätzlich zu vier stationär im Proberaum aufgestellten Kameras die Blickdaten der beiden Personen erhoben werden sollten. Die Brillen sollten erst beim szenischen Probieren der Beteiligten zum Einsatz kommen und nicht etwa schon die gemeinsamen Lesungen aufnehmen. Für Forschende, die im Rahmen einer Ethics of Care agieren, fällt die Möglichkeit weg, die Beteiligten von Anfang an die Brillen tragen zu lassen und diese einfach an der gewünschten Stelle anzuschalten, da die Brillen nach etwa 30 Minuten deutlich wahrnehmbar auf die Nase zu drücken beginnen und nach 45 Minuten erste Schmerzsymptome auslösen, die mit zunehmender Dauer intensiver werden können. Wie können Forschende in solchen Situationen den Grad der Invasivität so gering wie möglich halten? [35]
5.1 Dilemma der Datenqualität vs. non-invasive Datenerhebung
Die Eye-Tracking-Brillen kamen erstmals nach sieben Proben zum Einsatz. Das ermöglichte dem Forschenden, die Arbeitsabläufe zu beobachten und Routinen zu erkennen. Mit diesem Wissen löste der als teilnehmender Beobachter agierende Studienleiter die Herausforderung der minimalen Invasivität, wie folgendes Fallbeispiel aus der 13. Probe zeigt. [36]
Am Morgen des Probentages hatte die Regieassistentin bereits eingewilligt, erneut die Eye-Tracking-Brille zu tragen. Im Verlauf der Probe diskutierten die Schauspieler/innen mit dem Regisseur ein inhaltliches Element des Stücks. Anhand seines im Feldaufenthalt gesammelten ethnografischen Wissens über den typischen Ablauf einer Theaterprobe konnte der Forschende abschätzen, dass nach der hitzigen Debatte das szenische Probieren des diskutierten Elements anstand und dass von der Regieassistenz nicht erwartet wurde, sich an solchen Diskussionen zu beteiligen. Damit bot diese Situation eine gute Gelegenheit, die im Normalfall als stark invasiv empfundene Eye-Tracking-Brille der Regieassistentin anzulegen, ohne den Arbeitsablauf zu stören.
Abbildung 9: Forschender bereitet die Brille vor
Abbildung 10: Assistentin legt die Brille an [37]
Der Forschende bereitete dafür zunächst die Brille vor. Da er seine Technik hinter dem Regietisch platziert hatte (Abb. 9), konnte er den Kalibrierungslaptop hochfahren, die nötigen Programme starten und die Brille einrichten, ohne dass die Teilnehmenden in ihrer Aktivität gehindert wurden. Das eigentliche Anlegen der Brille erledigte die Assistentin selbst (Abb. 10). Damit behielt sie zum einen die Kontrolle über das, was mit ihrem Körper geschah, und konnte zum anderen selbst entscheiden, ob und wann sie die Brille aufsetzte. Sie schöpfte aus ihrer Erfahrung mit der Brille, dass die 300g schwere Recording Unit, die mit der Brille über ein HDMI-Kabel verbunden war und die Daten der Brille speicherte, sie in ihrem flexiblen Arbeitsalltag behindern konnte, weshalb sie die Recording Unit selbstständig an ihrer Hose befestigte.
Abbildung 11: Forschender zieht die Befestigungsschlaufe der Brille fest [38]
Damit konnte die Regieassistentin der Diskussion wieder aktiv folgen, während der Forschende noch die Befestigungsschlaufe der Brille justierte, die einem Sturz des teuren Forschungsequipments vorbeugen sollte (Abb. 11). Somit vergingen bei diesem minimal invasiven Vorgehen weniger als 30 Sekunden vom Überreichen der Brille bis zu ihrem Einsatz. Dieser teilnehmenden- und situationsfreundliche Umgang ging allerdings in diesem Fall auf Kosten der Daten bzw. ihrer Genauigkeit. Da der Forschende keine die Situation potenziell störende Kalibrierung der Brille vornahm, musste er auf die Standardkalibrierung der Brille zurückgreifen und erhielt im Gegenzug ungenauere Blickdaten. Je nach Forschungsfrage kann dies später in der multimodalen Konversationsanalyse zu Problemen führen. Der Forschende stellte sich hier einem forschungsethischen Dilemma zwischen non-invasiver Datenerhebung vs. besserer Datenqualität und entschied sich zugunsten des non-invasiven Prinzips. [39]
5.2 Invasivität als eigene Entscheidung der Teilnehmenden
Die zweite Brille dieses Probentages hatte der Forschende dem Regisseur aufgesetzt, der an diesem Tag seine Sehhilfe verlegt hatte. Da dies eine der wenigen Möglichkeiten für eine Aufnahme der Blickdaten des Regisseurs darstellte, entschied sich der Forschende in dieser Situation für die präzisere Datenqualität und kalibrierte, auf die Gefahr hin den Arbeitsablauf zu verlangsamen, die Brille kurz vor dem Beginn der szenischen Probe. Aufgrund seines Feldwissens hielt der Forschende die Invasivität dennoch vergleichsweise gering, indem er die Brille vorher einrichtete und eine einminütige Vorbereitungssequenz der Schauspieler/innen für die Kalibrierung nutzte (Abb. 12).
Abbildung 12: Forschender kalibriert die Brille
Abbildung 13 Regisseur greift die Brille
001 |
REG |
kann ich die ABnehmen, → Abb. 13 |
002 |
FOR |
ja KLAR; |
Tabelle 10: Transkriptauszug 9
Abbildung 14: Regisseur nimmt die Brille ab
Abbildung 15: Regisseur reibt sich die Nase
003 |
|
(---) → Abb. 14 |
004 |
REG |
also (-) das war schon ganz GUT; → Abb. 15 |
Tabelle 11: Transkriptauszug 10 (Fortsetzung) [40]
Als nach etwa sechs Minuten der Durchlauf der Szene beendet ist, fasst der Regisseur an die Eye-Tracking-Brille und wendet sich zum Forschenden um. Die Frage des Regisseurs, ob er die Brille abnehmen könne (Z.001), wird bejaht (Z.002), worauf dieser die Brille ablegt (Abb. 14), auf die Bühne läuft und sich den Nasenrücken reibend an die Bewertung der gespielten Szene beginnt (Z.004). Obwohl der Regisseur den Forschenden um Erlaubnis bittet, die Brille abnehmen zu können, fordert er Mitspracherecht in der Situation ein. Er konfiguriert das Forschungsequipment so, dass er in seiner Arbeit nicht gestört wird und bestimmt damit selbst, welchen Grad an Invasivität er zulassen möchte. Denn dass er die Brille als unangenehm empfunden haben muss, lässt sich aufgrund seines noch weit in die Bewertungssequenz der Szene anhaltenden Reibens des Nasenrückens vermuten (Abb.15). Ein datengeleiteter Nachweis des tatsächlich empfundenen Schmerzes ist mit der Konversationsanalyse an dieser Stelle schwierig: "Conversation Analysis (CA) and affect are uneasy bedfellows" (COUPER-KUHLEN 2009, S.94). Einzige Hinweise auf den empfundenen Schmerz liefert neben dem Display des Schmerzes (Abb.15) das ethnografische Wissen, dass der Regisseur sich in vergleichbaren Situationen ohne Eye-Tracking-Brille nicht den Nasenrücken gerieben hatte. Da er in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Forschenden stand, hatte er Handlungsfreiheit im Rahmen der Probenaktivitäten. Als die Bewertungssequenz beendet war und der Regisseur wieder auf seinem Platz sitzend den nächsten Durchlauf der Szene forderte, entschied er sich ohne weitere verbale Aushandlung mit dem Forschende gegen ein Wiederaufsetzen der Brille, die er leicht zur Seite schob. Daraufhin schaltete der Forschende über seinen Laptop die Brille des Regisseurs aus und achtete damit dessen Entscheidung. Auch wenn es bedeutete, dass er keine weiteren Blickdaten des Regisseurs würde erheben können, bat er nicht um einen weiteren Durchlauf mit Brille, sondern erlaubte dem Regisseur, selbst über die Invasivität der Erhebung zu bestimmen. [41]
5.3 Non-Invasivität als forschungsethisches Prinzip
Der Forschende war in der zuvor skizzierten Situation Gast in einer Arbeitsumgebung, in die Außenstehende normalerweise keinen Zutritt bekommen. Er wurde zum Repräsentanten der wissenschaftlichen Gemeinschaft, für deren Ruf er in dieser Datenerhebung Verantwortung trug. Ein Fehlverhalten hätte jedoch nicht nur der wissenschaftlichen Gemeinschaft, sondern auch dem Forschenden selbst geschadet, wenn ihm der Feldzugang entzogen worden wäre. Darum handelte der Forschende nach dem forschungsethischen Prinzip, weder die Teilnehmenden zu verletzen und in ihrer Arbeit zu stören, noch das Setting übermäßig negativ zu beeinflussen. Durch seine eigene Anwesenheit als teilnehmender Beobachter, den vier im Raum verteilten Kameras und den an ausgewählten Proben eingesetzten mobilen Eye-Tracking-Brillen entstand zwangsläufig eine Veränderung des Settings. Um den Grad dieser Invasivität so gering wie möglich halten, traf der Forschende die Entscheidungen in den analysierten Situationen zugunsten der Teilnehmenden und nicht im Sinne der Datenqualität oder seines eigenen Vorhabens. Er glich diese Nachteile für seine eigene Forschung aus, indem er einerseits den Einsatz seiner Technik anhand seiner Feldbeobachtungen so vorbereitete, dass die Teilnehmenden kaum in ihren institutionellen Aufgaben behindert wurden, und andererseits den Teilnehmenden Handlungsräume ermöglichte, innerhalb derer sie frei über den für sie zulässigen Grad der Invasivität der Datenerhebung entscheiden konnten. [42]
6. Coda: Möglichkeiten und Grenzen einer Ethics of Care
Im Zuge dieses Beitrags sind wir bezugnehmend auf den aktuellen Diskurs zur Forschungsethik in der qualitativen Sozialforschung (ROTH 2004, 2006) der Frage nachgegangen, wie Leitungen von Eye-Tracking-Studien ihrer Verantwortung für Studienteilnehmende nachkommen (können). Eine auf die Bedürfnisse der Beteiligten ausgerichtete Forschungsethik ist aus interaktionsanalytischer Perspektive heraus nicht vorher festgeschrieben, sondern wird erst im interaktiven Vollzug realisiert. Darunter verstehen wir interaktive Ausformungen jener Studiendesigns, die auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden ausgerichtet sind, und in denen die Studienleitung ihnen gegenüber Verantwortung übernimmt. Das umfasst sowohl die umfassende Aufklärung über die Studie (informierte Einwilligung vor Start der Datenerhebung) als auch die möglichen Implikationen für die Teilnehmenden (Erhebung sensibler Daten, Verwendung der Daten, Schmerzen durch Eye-Tracking-Brillen). Nur dann, wenn Beteiligte keine negativen Konsequenzen bei Ablehnung oder Abbruch einer Datenerhebung befürchten müssen, ist eine freiwillige Teilnahme möglich. Verantwortung für die Teilnehmenden zu übernehmen bedeutet auch, die Autonomie und Individualität der Beteiligten zu achten und die Datenerhebungen so durchzuführen, dass Arbeitsabläufe in nicht-experimentellen Settings nicht gestört werden. Eine reflektierte Art der Datenerhebung schützt nicht nur den Ruf der Wissenschaft, sondern ermöglicht darüber hinaus für Konversationsanalysen wertvollere Daten, wenn sich die Teilnehmenden in den Erhebungen freier und damit natürlicher bewegen können. Eine Forschungsethik der Verantwortung sollte die Studienteilnehmenden vor negativen Auswirkungen der Forschung (wie Datenmissbrauch, Schmerzen, Ausbeutung und Zwang) durch Forschende schützen, die ihre Erhebungsmethoden nicht ausreichend reflektieren. Dies wird erreicht, wenn Forschende und Teilnehmende gleichermaßen verantwortungsbewusst miteinander umgehen und sich gegenseitig als gleichberechtigte Personen (nicht als Forschungsobjekte) anerkennen. [43]
Offen bleibt die Frage, ob bzw. in welchem Maße Teilnehmenden bei wissenschaftlichen Studien Schmerzen zugemutet werden können: Sind schmerzende Nasenrücken durch langes Tragen der Eye-Tracking-Brillen in einem Maß, das "im Alltag üblich ist" (DGS & BDS 2014, S.2)? Wie viel Verantwortung die Studienleitungen dafür zu übernehmen bereit sind, liegt im individuellen Ermessen. Ethisch maximal positiv zu handeln hieße, die Teilnehmenden nach Ende der Studie noch einmal zu fragen, ob sie noch Fragen zur Studie haben und immer noch mit der unterzeichneten Einwilligung einverstanden sind. Denn möglicherweise gibt es Äußerungen oder Handlungen, die Teilnehmende nicht veröffentlicht wissen wollen, weshalb sie die Einwilligung lieber zurückziehen würden. Ethisch maximal positive Handlungen können aber neben allen Vorteilen auch das Risiko bergen, trotz Einsatz vieler Ressourcen am Ende dennoch ganze Datensätze zu verlieren. Der Spagat aus ressourcenschonender, qualitativ hochwertiger Forschungspraxis einerseits und verantwortungsvollem Umgang mit den Teilnehmenden andererseits stellt Forschende damit vor ein Dilemma, dass mit einer Ethics of Care bearbeitet, aber nicht gänzlich aufgelöst werden kann. [44]
Anhang: Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2) (SELTING et al. 2009)
[ ] |
Überlappungen und Simultansprechen |
(.) |
Mikropause, geschätzt, bis ca. 0.2 Sek. Dauer |
(-) |
kurze geschätzte Pause von ca. 0.2-0.5 Sek. Dauer |
(--) |
mittlere geschätzte Pause v. ca. 0.5-0.8 Sek. Dauer |
(---) |
längere geschätzte Pause von ca. 0.8-1.0 Sek. Dauer |
(2.0) |
(Angabe mit einer Stelle hinter dem Punkt) |
und_äh |
Verschleifungen innerhalb von Einheiten |
äh öh äm |
Verzögerungssignale, sog. "gefüllte Pausen" |
((lacht)) ((weint)) |
Beschreibung des Lachens/Weinens |
<<lachend> > |
Lachpartikeln in der Rede, mit Reichweite |
((hustet)) |
para- und außersprachliche Handlungen u. Ereignisse |
<<hustend> > |
sprachbegleitende para- und außersprachliche Handlungen und Ereignisse mit Reichweite |
= |
schneller, unmittelbarer Anschluss neuer Sprecherbeiträge oder Segmente |
: |
Dehnung, Längung, um ca. 0.2-0.5 Sek. |
:: |
Dehnung, Längung, um ca. 0.5-0.8 Sek. |
::: |
Dehnung, Längung, um ca. 0.8-1.0 Sek. |
akZENT |
Fokusakzent |
ak!ZENT! |
extra starker Akzent |
? |
hoch steigende Tonhöhenbewegung am Ende von Intonationsphrasen |
, |
mittel steigend |
– |
gleichbleibend |
; |
mittel fallend |
. |
tief fallend |
1) Transkribiert nach GAT 2 (SELTING et al. 2009). Siehe den Anhang für im Text genutzte Zeichen. <zurück>
1) Transkribiert nach GAT 2 (SELTING et al. 2009). Siehe den Anhang für im Text genutzte Zeichen. <zurück>
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Maximilian KRUG ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Er forscht zu interaktionalen Phänomenen der multimodalen Face-to-Face-Interaktion.
Kontakt:
Maximilian Krug
Universität Duisburg-Essen
Institut für Kommunikationswissenschaft
Universitätsstraße 12, 45147 Essen
E-Mail: maximilian.krug@uni-due.de
URL: https://www.uni-due.de/kowi/interkom/mkrug.php
Svenja HEUSER ist Projektmitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Sie arbeitet im KOMPASS-Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an Eye-Tracking-Interaktionen mit einem virtuellen Assistenten zur Tagesplanung.
Kontakt:
Svenja Heuser
Universität Duisburg-Essen
Institut für Kommunikationswissenschaft
Universitätsstraße 12, 45147 Essen
Tel.: +49 (0)201 183 7000
E-Mail: heusersvenja92@gmail.com
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