Volume 19, No. 3, Art. 29 – September 2018
Forschen über die Pharmaindustrie: Ethische Positionierung in einem globalen Machtgeflecht
Caroline Meier zu Biesen
Zusammenfassung: Unter Berücksichtigung globaler Machtverhältnisse in Bezug auf gesundheitliche Versorgung untersuchte ich im Rahmen einer medizinethnologischen Studie die Einführung eines neuen – inzwischen global führenden – Antimalaria-Medikaments in Tansania. Dabei wurde ich mit menschlichem Leid, der Erfahrung der Sterblichkeit (Malaria) und Konflikten auf eine Art und Weise konfrontiert, die ethische Fragen nach Verantwortung, Respekt und den eigenen Handlungsmöglichkeiten aufgeworfen hat. In diesem Artikel reflektiere ich meine Feldforschungserfahrungen im Hinblick auf ethische Positionierungen in einem Machtgeflecht, das unterschiedliche Rollen und (eigene bzw. Fremd-) Erwartungen in einem sensiblen, teils von Misstrauen geprägten Forschungsfeld beinhaltet. Vor diesem Hintergrund thematisiere ich forschungsethische Herausforderungen, Maßstäbe und Problemstellungen, die für qualitativ Forschende und insbesondere für die gegenwärtige (Medizin-) Ethnologie mit ihrer transkulturellen und transdisziplinären Problemstellung relevant sind. Der Fokus liegt zum einen auf Aspekten von Vertraulichkeit und Transparenz – Kernanliegen ethisch verantwortlichen Forschens – gegenüber InformantInnen und TeilnehmerInnen im Feld. Zum anderen greife ich die Frage auf, welchen Einfluss moralische (Selbst-) Zweifel bezüglich der eigenen Rolle als ForscherIn in besonderen Milieus (hier: Pharmaindustrie) auf die Datengewinnung und Analyse ausüben können.
Keywords: ethische Selbstreflexion; Leid; Medizinethnologie; Pharmaindustrie; Rollenkonflikt; Tansania
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ethische Dilemmata und feldspezifische Herausforderungen im Kontext von Medikamentenforschung
2.1 Kommodifikation von Gesundheit und der pharmazeutische Nexus
2.2 Zwischen analytischer Distanz und eigenem Forschungshandeln
3. Forschen über Big Pharma: ethische Positionierungen
3.1 Das Feld: "gefährliche Handelsware Artemisinin"
3.2 Zugang und Vertrauen gewinnen
4. Schlussbemerkungen
Die Medizinethnologie ist ein Spezialgebiet der Sozial-und Kulturanthropologie, das sich mit existentiellen Themen wie gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Erfahrungen von Krankheit, Leid und Sterblichkeit, z.B. im Kontext von schwerwiegenden Epidemien wie Malaria, befasst. Im Rahmen von medizinethnologischen Forschungen werden ForscherInnen mit Krankheits- und Leiderfahrungen sowie Konflikten auf eine Art und Weise konfrontiert, die ethische Fragen nach Verantwortung, Respekt und den eigenen Handlungsmöglichkeiten aufwirft (DILGER 2017; siehe auch DAVIES 1999; ONG & COLLIER 2004). Der Förderung forschungsethischer Reflexivität kommt folglich eine hohe Relevanz zu (VON UNGER, DILGER & SCHÖNHUTH 2016). [1]
In ihrer Einführung zum Schwerpunktheft der Zeitschrift Medical Anthropology zum Thema "Ethics, Epistemology, and Engagement: Encountering Values in Medical Anthropology" benennen DILGER, HUSCHKE und MATTES (2015) ethische Prinzipien und moralische Werte, die sich angesichts zunehmend komplexer Problemkonstellationen im Zuge globaler Vernetzungen für die Medizinethnologie ergeben. Medizinethnologisches Forschen findet in einem Spannungsfeld von Einstellungen der Forschenden, den Positionen der InformantInnen und TeilnehmerInnen (InterlokutorInnen) im Feld sowie weiteren sozio-politischen Interessens- und Machtbeziehungen statt. DILGER et al. zufolge ist das Hinterfragen der eigenen moralischen Werte ein zentrales Forschungsinstrument: Es ermöglicht ForscherInnen nicht nur, die moralischen Diskurse der Beforschten zu erfassen, sondern hilft auch in den Fällen, in denen persönliche Werte bestimmte Sichtweisen auf das Feld prägen, ethnografisches Arbeiten "epistemologisch solide" (S.5) zu machen. In einer solchen Perspektive werden Aktivismus und Engagement von EthnologInnen ebenso wie ihre emotionale Involviertheit im Forschungsgeschehen nicht länger als zu vermeidendes Problem des ethnografischen Arbeitens verstanden (vgl. auch CAPLAN 2003). Vielmehr werden sie als Bestandteil einer reflexiven Ethnologie konzipiert, die diesen Denkansatz in alle Phasen ihres Arbeitens integriert (DILGER 2017). [2]
Eine zentrale forschungsethische Herausforderung für heutige Forschungssituationen besteht im Hinblick auf die Analyse der vorliegenden Machtverhältnisse. Eine Untersuchung dieser Verhältnisse im Kontext von medizinischen Globalisierungsprozessen muss die Komplexität und Kontingenz gesellschaftlicher Prozesse berücksichtigen (DILGER & HADOLT 2010, S.17). Macht wird dabei nicht unidirektional konzeptualisiert (von global zu lokal oder im Sinne einer simplen Top-down-Hegemonie), sondern als sich verzweigende und produktive Macht (FOUCAULT 1998). Durch ein solches Verständnis soll eine Perspektive vermieden werden, die politische und ökonomische Strukturen als Zwänge erscheinen lässt, welche auf Menschen einwirken und ihre Autonomie beschneiden – wodurch PatientInnen beispielsweise von vornherein jede Gestaltungsmöglichkeit in Bezug auf ihre gesundheitsbezogenen Praktiken abgesprochen würde. [3]
Machtfragen prägen nicht nur das Forschungsfeld selbst, sondern auch die Interrelationen zwischen Forschenden und Beforschten und sind mit ethischen Fragen des ethnografischen Tuns verknüpft. ROTH (2005, 2018) hat für einen analytischen Zugang zur Reflexion von Machtverhältnissen aufschlussreiche Beiträge vorgelegt. Er zeigt auf, wie eine andere Form von (praktischer) Ethik entsteht, wenn ethische Fragen in der Forschungspraxis und in Bezug auf das ForscherInnen-TeilnehmerInnen-Verhältnis aus einer transaktionalen Perspektive ("transactional perspective", 2018, §5) betrachtet werden. In einer solchen Perspektive sind Sozialforschende nicht unbedingt die Mächtigeren, sondern die Handlungen von ForscherInnen und Beforschten werden vielmehr als interdependent und kooperativ begriffen. Eine so verstandene Einbettung medizinethnologischer Themen in globalisierte und interrelationale Machtverhältnisse ist für meinen Forschungskontext zentral. [4]
Ich verorte meine Forschung in der Tradition der kritischen Medizinethnologie, d.h. einer Schule, die dafür sensibilisiert, dass politisch-ökonomische Kräfte das Feld der gesundheitsrelevanten Ressourcen prägen und beeinflussen (DILGER, KANE & LANGWICK 2012; FARMER 2008; PETRYNA, LAKOFF & KLEINMAN 2006). Unter Berücksichtigung globaler Machtverhältnisse in Bezug auf gesundheitliche Versorgung untersuchte ich im Rahmen einer Studie (zwischen 2006 und 2008, mit gezielten Nachuntersuchungen bis 2015) die Einführung eines neuen Antimalaria-Medikaments in Tansania sowie die damit verbundene therapeutische und sozio-kulturelle Praxis. [5]
Malaria zählt in Tansania zu den schwersten parasitären Erkrankungen und hat aufgrund der (in)direkt verursachten Sterblichkeit einen nachhaltigen Einfluss auf die Ökonomie des Landes (KAMAT 2013). Während der letzten Dekade konzentrierte sich ein Konglomerat globaler AkteurInnen (erneut) auf die Bekämpfung der Malaria und setzte dabei vor allem auf den Einsatz Artemisinin-basierter Kombinationstherapien (Artemisinin-based Combination Therapies, im Folgenden ACTs). Artemisinin wird aus der chinesischen Heilpflanze Artemisia annua L. (im Folgenden Artemisia) gewonnen. Neben dem naturheilkundlichen Einsatz von Artemisia als Heilpflanze erforschte ich den Prozess der Umwandlung der Pflanze in ein Pharmakon (hier: Coartem®). Aufbauend auf der anthropology of pharmaceuticals (WHYTE, VAN DER GEEST & HARDON 2002) und der Akteur-Netzwerk-Theorie (LATOUR 2007) wurde Artemisia selbst als Akteur konzipiert, der Beziehungen, Werte und spezifische Interessenskonstellationen in stets neuer Weise prägt und unterschiedliche Dynamiken der kulturellen Aneignung hervorruft. Dem Medikament Coartem® wurde ein "biographischer Lebenszyklus" zugeschrieben (VAN DER GEEST, WHYTE & HARDON 1996, S.156). Die Verabfolgung seiner biografischen Linie – bestehend aus der Produktion, der Zulassung, der Distribution, dem Erwerb, der Indikation und, dem finalen "Lebensstadium", seiner Wirkung – brachte analytische Übersicht in die sozialen Kategorien des Medikamentes und seiner Komplexität. In methodologischer Hinsicht leitete mich die Arbeitshypothese, dass die Produktion und Akzeptanz neuer Heilmittel auf komplexen Prozessen der Aushandlung beruhen und diese Legitimationsstrategien wiederum Implikationen für nationale Gesundheitssysteme, translokale Netzwerke sowie globale Pharmaunternehmen haben. Der weit gefasste Forschungsrahmen erstreckte sich – neben der Analyse der Integration der Artemisia-Pflanze in das lokale Gesundheitswesen – auf die komplexen Dynamiken der globalen Medikamentenproduktion, die sich im Zusammenspiel kultureller, politischer und ökonomischer Kräfte auf verschiedenen Ebenen (lokal, regional, global) ausgestalten. [6]
Im Zuge meiner Forschung arbeitete ich die Effizienzdiskurse über unterschiedliche Therapieformen der Artemisia-Pflanze (naturheilkundlich/pharmazeutisch) und ihre Artikulation auf globaler wie lokaler Ebene heraus. Dabei berücksichtigte ich den Zusammenhang zwischen den Erfahrungskonstellationen und Handlungsspielräumen ostafrikanischer AkteurInnen und der politischen Ökonomie und Wissensproduktion auf globaler Ebene. Somit suchte ich eine innovative Perspektive auf medizinische Globalisierungsprozesse zu eröffnen, die – über etablierte Annahmen von Machtgefällen hinaus – auch den situativ-strategischen Positionierungen einzelner AkteurInnen (hier: Pharmaindustrie, gesundheitspolitische Nichtregierungsorganisationen [NROs], PatientInnen-Selbsthilfegruppen) Raum gibt. Die Wahl für ein multilokales Forschungsverfahren (MARCUS 1995) repräsentierte den Versuch einer systematischen Untersuchung der Kontexte, die mit der Medizinalpflanze verbunden sind. [7]
Mit meinem Forschungsthema verbundene ethische Dilemmata betreffen die Frage des Zugangs zu lebensrettenden Medikamenten, Asymmetrien in der Verteilung von Ressourcen, die Legitimation bzw. Reproduktion sozialer Ungleichheit und die damit verbundene Rolle von Pharmaunternehmen. Darüber hinaus stellen sich Fragen des fairen Gewinnausgleichs im Kontext von Arzneimittelproduktionen sowie die Frage, wie Wissen über die Effizienz von Heilmitteln hergestellt und politisch reguliert wird (vgl. dazu die Politik der Biomacht, FOUCAULT 1998). Forschungen über traditionelle Medizin können von Personen, die über entsprechendes Wissen verfügen (beispielsweise traditionelle HeilerInnen oder PharmakologInnen) mit großem Misstrauen begleitet sein (STANGELAND, DHILLION & REKSTEN 2008). Erkenntnisse über therapeutische Substanzen werden vor dem Hintergrund von Bioprospektion (bzw. Biopiraterie) – also dem Abschöpfen biologischer Ressourcen durch ein technologisch fortgeschritteneres Land ohne Vorteilsausgleich für Entwicklungsländer – ungern an (ausländische) ForscherInnen weitergegeben (RUTERT, DILGER & MATSABISA 2011). Diese postkolonial geprägten Machthegemonien spiegeln sich auch in meiner Forschung wider. Im Kontext der Artemisia-Kommerzialisierung spielen auch patentrechtliche Einigungen bzw. Wettstreite eine zentrale Rolle (siehe hierzu ausführlich MEIER ZU BIESEN 2013). [8]
Ethische Fragen tangierten alle Phasen des Forschungsprozesses und verlangten nach einer (selbst-) kritischen Auseinandersetzung mit den an der Forschung beteiligten AkteurInnen, den Forschungsmilieus sowie der eigenen Situiertheit als Forscherin (VON UNGER, NARIMANI & M'BAYO 2014a). Es gilt als Selbstverständlichkeit der ethnologischen Forschungspraxis, methodologische Grundlagen im Verlauf der Forschung kritisch zu überdenken und gegebenenfalls neu anzupassen. Dazu gehört eine dezidierte Reflexion über die Beziehungen zu InformantInnen und die Kritik der eigenen Forschungsarbeit (BEER 2008; BERGER, BERRENBERG, FUHRMANN, SEEBODE & STRÜMPELL 2009; CRAPANZANO 2010; SPENCER 2011). Ethnografische Forschungsansätze beinhalten die Anforderung, erkenntnisoptimierend zwischen Nähe (Teilnahme) und analytischer Distanz (Beobachtung) zu changieren. Die interpretative Forschungspraxis eines ethnografischen Projekts ist dabei dynamisch. Sie findet nicht in einer linearen Abfolge (aus Datenerhebung, -auswertung und Theoriebildung) statt. Der Ansatz einer multilokalen Feldforschung setzt zudem eine Bereitschaft zur beständigen Standort-(Neu)-Bestimmung voraus und damit einhergehend auch eine regelmäßige Überprüfung der eigenen Position (MARCUS 1995). Ihre Umsetzung impliziert, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, sich in sozialen, kulturellen und ökonomischen Landschaften zu bewegen, die beständigen Veränderungen unterliegen. Demnach erfordert auch die Wahrnehmung der eigenen Rolle in unterschiedlichen Handlungsfeldern ein hohes Maß an Reflexion (VON UNGER et al. 2016). [9]
In diesem Artikel reflektiere ich ethische Positionierungen in dem Machtgeflecht von "Big Pharma", den einflussreichen und großen pharmazeutischen Industrie- und Lobbygruppen, die über hochentwickelte Vermarktungsstrategien ihrer Produkte verfügen (CUETO 2013; POLLOCK 2011). Im Folgenden skizziere ich zunächst das Spektrum ethischer Dilemmata in meiner Forschung und erörtere feldspezifische Herausforderungen im Kontext einer Medikamentenforschung. In einer politisch und moralisch aufgeladenen Debatte über die Wirksamkeit von Medikamenten und die Macht von Pharmaunternehmen ist es besonders wichtig, den ethnologisch-analytischen Ansatz nicht aus dem Blick zu verlieren. Während Empathie und Stellung beziehen ein wesentlicher Bestandteil einer solchen Forschung sind, verlangt das ethnografische Vorgehen gleichzeitig, die Grenzen zwischen analytischer Distanz und eigener Position, zwischen Teilnahme und wissenschaftlicher Agenda einzuhalten. Die Justierung dieser Balance stellte in meiner Forschung eine wesentliche Herausforderung dar. Der Fokus meiner Darstellung liegt auf Aspekten von Vertraulichkeit und Transparenz gegenüber meinen InformantInnen – einem Kernstück ethisch verantwortlichen Forschens. Anschließend gehe ich den vielschichtigen Rollen nach, durch die meine Forschungstätigkeit anhand distinktiver Praxen eines politisierten Forschungsfeldes gerahmt wurde. Ethnografische Interviews mit ExpertInnen aus der Pharmaindustrie eröffneten Perspektiven auf die bürokratischen und technologischen Determinanten von Krankheit und Gesundheit und auf die institutionelle Ethik, die das globale Malaria-Management bestimmen. Durch Rückgriff auf diese Daten diskutiere ich, wie Beziehungen zwischen EthnologInnen und AkteurInnen im Pharmamilieu gestaltet werden können. Ich reflektiere, welchen Einfluss meine moralischen (Selbst-) Zweifel bezüglich meiner Rolle als Forscherin in der Pharmaindustrie, meine disziplinäre Prägung und auch meine emotionale und persönliche Verwicklung im Feld auf die Datengewinnung selbst ausgeübt haben. Abschließend greife ich forschungsethische Dilemmata, Herausforderungen, Maßstäbe und Problemstellungen auf, die für qualitativ Forschende – und allgemein für die gegenwärtige (Medizin-) Ethnologie mit ihrer transkulturellen und transdisziplinären Problemstellung – relevant sind. [10]
2. Ethische Dilemmata und feldspezifische Herausforderungen im Kontext von Medikamentenforschung
2.1 Kommodifikation von Gesundheit und der pharmazeutische Nexus
"The search for truth – the basic ethic" (APPELL 1978, S.2)
In Studien der kritischen Medizinethnologie wird die massive Ausbreitung von Epidemien wie Malaria in den Ländern des Globalen Südens als eine Folge von Modernisierungs- und Globalisierungsprozessen interpretiert. Sie werden als Konsequenz umfassender Deregulierungsmaßnahmen der 1980er Jahre begriffen (DILGER et al. 2012). Die Anpassung der sozio-ökonomischen und politischen Strukturen von Entwicklungsländern an die vermeintlichen Erfordernisse des Weltmarktes hatte gravierende Folgen: Sie hat nicht zu einer wachsenden Chancengleichheit geführt, sondern – im Gegenteil – die Schaffung monopolartiger Wirtschaftsstrukturen befördert. Prekäre Bedingungen medizinischer Versorgung waren die Folge (BIEHL & PETRYNA 2013). Der verbesserte Zugang zu lebensrettenden bzw. lebensverlängernden Medikamenten (insbesondere im Kontext von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria) wurde in den darauffolgenden Dekaden zu einem zentralen Anliegen globaler Gesundheitsinterventionen (HARDON & DILGER 2011). Mit der Fokussierung auf westliche Pharmaprodukte veränderte sich auch die Rolle der Pharmaindustrie (POLLOCK 2011). Pharmaunternehmen sind einerseits in der Frage der Patentrechte durch internationale Kampagnen massiv unter Druck geraten. Andererseits konnten sie ihre Umsätze durch die hohe Medikamenten-Nachfrage deutlich erhöhen. Zudem war es nun möglich, der Vermarktung ihrer Produkte einen philanthropischen Anstrich zu geben (EPSTEIN 2007). [11]
In medizinethnologischen Studien wird eine wachsende Besorgnis um die humanitären Konsequenzen der Pharma-Expansion formuliert (ECKS 2008; GREENE 2011; PETERSON 2014). Im Rahmen von ethnologischen Analysen zur Bedeutung von Pharmaunternehmen werden zwei Ebenen unterschieden: Zum einen werden wissenschaftliche und ökonomische Praktiken untersucht, die zum machtvollen Einfluss der pharmazeutischen Industrie geführt haben. Zum anderen wird untersucht, wie dieser Zuwachs Gesundheitspraktiken auf dem lokalen Level beeinflusst. In Bezug auf Medikamente beispielsweise sollte der Ausgangspunkt einer Analyse sein, dass die Linderung von Leid – ein Versprechen der Pharmaka – nicht losgelöst von politischen Regulierungen – dem pharmazeutischen Nexus – betrachtet werden kann (PETRYNA et al. 2006). Neben politisch-ökonomischen Faktoren schärft dieser Ansatz den Blick für die (Möglichkeiten von) Souveränität und Autonomie von PatientInnen. Gefragt wird, wie Menschen ihr individuelles Verständnis von Epidemien entwickeln und wie Behandlungsoptionen ausgehandelt werden, insbesondere in Kontexten, in denen ungleich verteilte Ressourcen eine signifikante Rolle spielen. Indem also einerseits die politisch-ökonomischen Bedingungen von Ungleichheit und Armut untersucht werden, andererseits die Handlungsmacht der lokalen Bevölkerung anerkannt wird, kann diese Forschungsperspektive dazu beitragen, vereinfachende und fatalistische Sichtweisen über die Gesundheitsprobleme des Globalen Südens (und eine im Globalen Norden geradezu reflexhaft wiederholte Vorstellung vom Opferstatus der dortigen Bevölkerung) zu überwinden (BIEHL & PETRYNA 2013). Auch kann so eine fundierte, ethnografisch produzierte Kritik an einseitig profitorientierten imperialistischen Bestrebungen globaler Gesundheitssteuerung geleistet werden, um dadurch zukunftsorientierte – Autonomie fördernde – Handlungsansätze zu inspirieren (MEIER ZU BIESEN 2013). [12]
Vor dem Hintergrund eines solchen Neuüberdenkens von Machtverhältnissen in Bezug auf medizinische Domänen bildete für mich die Erörterung der Frage, ob die Artemisia-Pflanze im Kontext der ökonomischen Realitäten Tansanias zur Entwicklung von Unabhängigkeit in der Malaria-Behandlung – und damit zu wachsender PatientInnen-Autonomie – beitragen kann, ein Anliegen meiner Forschung. Des Weiteren untersuchte ich den Prozess, der mit der Etablierung von Artemisia als globalem Medikament verbunden ist. Dieser zeichnet sich durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Effizienz-Diskurse, verzweigter Machtdynamiken, Wissenshierarchien und (moralischen, politischen, ökonomischen) Positionierungen verschiedener AkteurInnen aus. Auf der Suche nach "der Wahrheit" über die Einführung, Konsumption und Pharmazeutisierung der Artemisia-Pflanze wurde ich mit diversen Aspekten konfrontiert: Wer vermarktet welche Artemisinin-haltigen Therapien (herbal, pharmazeutisch) und mit welchen Strategien bzw. epistemologischen Forderungen nach Evidenz? Welche Neuarrangements entstehen, wo das Wirkungspotenzial der Heilpflanze unabhängig genutzt – und so bestimmten AktivistInnen zufolge überhaupt erst voll ausgeschöpft – wird? Was passiert, wenn sich PatientInnen machtvollen Bemühungen zur Disziplinierung gesundheitlichen Verhaltens widersetzen? [13]
Im Vorfeld zu meinen Erhebungen in der pharmazeutischen Industrie untersuchte ich acht Monate lang im ruralen Tansania (Mara-Region), wie die medizinische Versorgung von Malaria-PatientInnen angesichts einer Unterpräsenz staatlicher Gesundheitsversorgung aufgefangen wird. Mara zählt zu einem hochendemischen Malaria-Gebiet und ist durch hohe Ausgaben für prophylaktische Maßnahmen, Antimalaria-Medikamente und medizinische Behandlungen finanziell besonders belastet (MBOERA, MAKUNDI & KITUA 2007). Vor diesem Hintergrund verfolgt die international agierende NRO Action for Natural Medicine (im Folgenden anamed) den Ansatz, eine vereinfacht zugängliche Artemisinin-basierte Pflanzentherapie in Tansania einzuführen. Mich interessierte dieser Einführungsprozess. Empirisch untersuchte ich anameds Lobbyarbeit, die therapeutische Applikation der Pflanze und eine damit angestrebte De-Monopolisierung medizinischen Wissens. Neben Interviews mit anamed-MitarbeiterInnen, PatientInnen und staatlichem Gesundheitspersonal führte ich teilnehmende Beobachtungen bei gesundheitspolitischen Seminaren der NRO und PatientInnen-Selbsthilfegruppen durch. Dieses Vorgehen erlaubte mir einen differenzierten Zugang zu lokalen Konflikten sowie zu Hoffnungen, Skepsis, Gewinn- und Machtinteressen, die mit der naturheilkundlichen Artemisia-Therapieform verbunden sind. Auch prägte mich meine Anbindung an PatientInnen- und AktivistInnengruppen nachhaltig. Viele meiner InterlokutorInnen erlebten den selbständigen Heilpflanzen-Anbau und die unentgeltliche Einnahme von Artemisia als Form der Ermächtigung, die sich dem global-standardisierten Wissens- und Disziplinierungsapparat der Biomedizin widersetzt. [14]
Meine Beobachtungen zum Einsatz Artemisinin-basierter Therapien haben mich im Verlauf der Forschung einen Standpunkt einnehmen lassen, der als kritisch gegenüber den Handlungsweisen von pharmazeutischen Unternehmen angesehen werden kann. Die Domäne von Big Pharma wird maßgeblich von Gesundheitsinitiativen bestimmt, die auf die Produktion von sogenannten medizinischen Wunderwaffen (hier: das ACT Coartem®) fokussieren und primär finanzstarke DonorInnen und nicht PatientInnen als RezipientInnen gesundheitlicher Interventionen berücksichtigen (CUETO 2013; KAMAT 2013). Die Produktion von Coartem® unterliegt den Rahmenbedingungen des Weltmarktes, schafft dadurch aber auch für die betroffenen Gesellschaften neue Risiken, ihre schon bestehenden Abhängigkeiten von exportierten Medikamenten weiter zu vertiefen. Vernachlässigt werden in der Suche nach "Wunderwaffen" sowohl strukturelle Lösungen (beispielsweise die Stärkung von Gesundheitssystemen) als auch der Einsatz alternativer Heilmittel. Dieser ist unter lokalen Bevölkerungen populär und wird auch seitens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch alternativmedizinische Initiativen gefördert (WHO 2013). Begründet war meine kritische Distanz gegenüber der Pharmabranche insbesondere auch durch meine Nähe zu PatientInnen, die Nachteile (gesundheitlicher, wie ökonomischer Art) durch den Konsum mit Coartem® erlebt hatten. Die nachfolgenden Auszüge aus meinen Feldnotizen enthalten Bezüge zu den Dimensionen einer Pharmazeutisierung gesundheitlicher Versorgung. Sie zeigen, welche Probleme sich für meine Rolle als Wissenschaftlerin bezüglich meiner moralischen Involviertheit im sozialen Geschehen bei gleichzeitig aufsteigender "Pharma-Skepsis" und im Hinblick auf die gebotene professionelle Distanz ergeben haben. [15]
2.2 Zwischen analytischer Distanz und eigenem Forschungshandeln
Einige PatientInnen hatten in der Mara-Region öffentlich über den Zusammenhang von Medikamenteneinnahme und unerwünschten Reaktionen (z.B. Hautablösung) gesprochen und diese als Nebenwirkung des Medikaments Coartem® dargestellt. Ihnen wurde daraufhin von VertreterInnen der regionalen Gesundheitsverwaltung untersagt, die gesundheitlichen Beschwerden mit dem Medikament in Verbindung zu bringen oder gar eine Untersuchung dazu bei der Krankenhausverwaltung anzustrengen. Betroffene, die dramatische Stadien der Hautreaktionen fotografisch dokumentiert hatten, wurden aufgefordert, diese Bilder nicht zu veröffentlichen. Der Umgang der Beteiligten mit dem Krankheitsgeschehen und -verlauf, ihr Versuch, Zusammenhänge zu verstehen und sich öffentlich mitzuteilen, ist exemplarisch für viele PatientInnen in ähnlicher Situation: Sie nehmen im Kontext von medizinischen Einrichtungen in Tansania bzw. in der Interaktion mit medizinischem Personal häufig eine untergeordnete Stellung ein (MATTES 2011). Grundlagen dieser Abhängigkeitsverhältnisse sind vorwiegend ungleich verteiltes Wissen und das damit verbundene tradierte Machtgefüge in der ÄrztInnen-PatientInnen-Beziehung (KLEINMAN 1992). Ein Infragestellen dieser Machtverhältnisse kann dazu führen, dass sich Türen der medizinischen Einrichtungen vor PatientInnen verschließen. Diese Tatsache erklärt, warum viele Personen in Mara der Aufforderung zum Schweigen über Nebenwirkungen nachgekommen sind. [16]
Besonders aufmerksam wurde ich auf diese Fälle, als eine mir gut bekannte Informantin infolge des Coartem®-Konsums starke Wirkungen erlebte und kurze Zeit darauf (und womöglich daran) verstarb. Meine Empörung über den Tod meiner Bekannten und ähnliche Leidensgeschichten anderer Personen erweckten in mir das Bedürfnis, die möglichen Todesursachen – und in diesem Zusammenhang auch die Frage nach antizipierbaren Nebenwirkungen von Coartem® – zu untersuchen. Das Medikament befand sich zu dem Zeitpunkt noch in der Anfangsphase der Distribution mit entsprechend hohen Auflagen zur Berichterstattung an das nationale Malaria-Kontrollprogramm über die Verträglichkeit. Für mich drängte sich die Frage auf, wer davon profitiert, wenn diese Fälle nicht weiter untersucht werden bzw. für wen entsprechende Nachforschungen eine Bedrohung darstellen würden – eine Bedrohung, die als so stark empfunden wird, dass Maßnahmen getroffen werden um, wie ich es miterlebte, Betroffene zum Schweigen zu bringen (für eine weiterreichende ethnografische Analyse dieser Fälle siehe MEIER ZU BIESEN 2013). [17]
Gehäuft auftretende Begleiterscheinungen, wie sie mir nicht nur von PatientInnen, sondern auch von MedizinerInnen und Ex-ProduzentInnen von Coartem® (allerdings Off-the-Record) beschrieben wurden, hätten eine unabhängige Untersuchung des Medikamentes nach sich ziehen müssen. Hohe Kosten und eine eventuelle Rufschädigung der Arznei im Zusammenhang mit weiteren Untersuchungen der pharmakologischen Wirkungen stehen den ökonomischen Interessen von Pharmaunternehmen jedoch grundsätzlich entgegen (PETRYNA et al. 2006). Im Zusammenhang mit den von mir beobachteten Leidensgeschichten wurde mir klar, wie sensibel bzw. heikel der Themenkomplex medikamentöse Versorgung ist und wie vertraulich – das heißt auch wenig transparent – Informationen über Konsum und (Neben-) Wirkung von Pharmafirmen und VertreterInnen des Gesundheitsministeriums gehandhabt werden. [18]
Informationen über die Wirksamkeit von Medikamenten – über deren Erfolg oder Versagen – werden exklusiv gehandelt, zumal sie drastische Auswirkungen auf Preisverhandlungen und die Distribution auf dem globalen Markt haben können (a.a.O.). Sobald Pharmaka produziert werden, basiert ihre Vermarktung auf geschütztem Wissen. Wie durch eine gezielte Steuerung von geschütztem Wissen – bzw. selektiver Wissensverbreitung – auch Einfluss auf das PatientInnenverhalten genommen wird, lässt sich mit Bezug auf Coartem® zeigen. Anhand der Art und Weise, mit der verantwortliche Gesundheitsinstitutionen in Tansania mit den Krankheitsfällen verfahren sind, lassen sich außerdem Machtmechanismen innerhalb des öffentlichen Gesundheitssektors erkennen. [19]
Gerade in stark politisierten Forschungsfeldern drängen sich Fragen nach der Involviertheit der Forschenden auf (VON UNGER et al. 2016). Inwieweit sind Forschende fähig und bereit, sich innerlich auf die Menschen, ihre Anliegen und ihr Leid einzulassen? Eine solche, auch emotionale Anteilnahme impliziert wiederum Loyalität gegenüber den Beforschten (BEER 2008; FASSIN 2011). Der Aspekt der Einflussnahme durch ethnografische Forschung wird vor allem dort deutlich, wo Forschungsinteressen und moralische Sichtweisen der Forschenden mit den Normen des Forschungsfeldes kollidieren (DILGER et al. 2015). [20]
Ein zentrales ethisches Dilemma meiner Forschungserfahrung bezog sich auf mein (naives) Anliegen, den Sterbefall meiner Informantin und das Leid weiterer PatientInnen publik zu machen. Wie konnte ein diesem Schmerz angemessenes, das heißt rücksichtsvolles und sensitives Vorgehen aussehen? Diese Erlebnisse waren emotional so schockierend, dass ich sie zum Schutz meiner InformantInnen nur begrenzt wiedergeben konnte und wollte. Zum einen beruhte meine Entscheidung, eigene Beobachtungen im Feld nicht publik zu machen, auf der Verpflichtung zur vertrauensvollen Behandlung von Informationen, die ich den ForschungsteilnehmerInnen gegenüber fühlte. Zum anderen basierten sie auf der klassisch ethnologischen Relativierung moralischer Normen (vgl. zu dieser Perspektive HORNBACHER 2013). In der Mara-Region wurden die Krankheitsfälle nicht nur mit dem biomedizinischen Verständnis von pharmako-therapeutischen Nebenwirkungen erklärt. Es wurde auch nach anderen Erklärungsmodellen (z.B. die Verletzung sozialer Normen oder Hexerei) im Umfeld der PatientInnen gesucht (zur kulturellen Interpretation von Krankheiten siehe FARMER & KLEINMAN 1989; KLEINMAN 1992). [21]
Ein eindeutiger, (mono-) kausaler Zusammenhang zwischen Medikamenteneinnahme und dem Leiden und Versterben der PatientInnen konnte allerdings nicht erbracht werden. Ich musste insofern weitere Grenzen meines Forschungshandelns erkennen, als dass ein Nachweis über (fatale) Medikamenten-Wirkungen nicht Teil meiner ethnologischen Forschung sein konnte. Dennoch haben diese Fälle meine Einstellung zu dem Medikament und seiner Effizienz beeinflusst. Sie ließen Zweifel an der einseitigen Bevorzugung des Pharmakons Coartem® aufkommen, also auch an der Vermarktungsstrategie der Pharmaunternehmen. Nachdem ich die (negativen) Folgen des Medikamentenkonsums bei PatientInnen persönlich miterlebt hatte, wurde es mir unmöglich, in der kontroversen Frage der Verabreichung Artemisinin-basierter Therapien eine nur neutrale, distanzierte Haltung zu bewahren. Dies wiederum nährte meine Zweifel an der Legitimität meiner Rolle als Wissenschaftlerin. Im folgenden Teil gehe ich näher auf das ethische Dilemma ein, das vor allem in Bezug auf die Problematik entstand, die Produktion und Vermarktung von ACTs als soziales und kulturelles Phänomen zu erheben (und später zu beschreiben) und dabei auf persönliche Stellungnahmen und emotionale Anteilnahme zu verzichten. [22]
3. Forschen über Big Pharma: ethische Positionierungen
MedizinethnologInnen haben die Rolle international agierender Pharmaunternehmen und die politisch-ökonomischen Bedingungen der Verfügbarkeit von Medikamenten umfassend erforscht (EPSTEIN 2007; KAMAT 2013; PETRYNA 2009). Wie einleitend erwähnt, wurden dabei eine Reihe ethisch motivierter Diskurse über den Einsatz von Pharmaka in Entwicklungsländern angeregt (POLLOCK 2011). Mit Blick auf die Vermarktung westlicher Pharmaprodukte sprechen EthnologInnen von einer "dialektischen Spannung" (VAN DER GEEST et al. 1996, S.170): Medikamente können PatientInnen und Gemeinden zwar zu mehr Autonomie in der Gesundheitsversorgung verhelfen, gleichzeitig entstehen jedoch auch neue ökonomische Abhängigkeiten. Pharmaka sind demnach nicht nur Träger kurativer Eigenschaften oder Symbole der Hoffnung. Sie sind zudem kommerzielle Produkte und werden im Kontext einer globalen Medizinindustrie zu verdinglichten Waren deklariert. Als Vehikel von Ideologien und Substanzen, die Heilung versprechen, bewegen sie sich in unterschiedlichen Bewertungsfeldern und werden somit zu begehrten Produkten eines globalen Wettbewerbs (WHYTE et al. 2002). Die intensivierte globale Zirkulation von Medikamenten bildet die Voraussetzung (und erscheint zugleich als Ausdruck) dafür, dass Gesundheitssysteme Warencharakter annehmen. Dadurch wiederum, so eine verbreitete These in diesem Zusammenhang, transformieren sich Machtkonstellationen und soziale Beziehungen (BIEHL & PETRYNA 2013). [23]
Auch wird in ethnologischen Studien die Beziehung zwischen Forschenden und der Pharmaindustrie reflektiert und häufig als problematisch bewertet (ECKS 2008). Die geradezu reflexhafte Positionierung forschender EthnologInnen auf der Seite der (vermeintlich) Schwächeren (z.B. Medizin-ProbandInnen, PatientInnen) mag erklären, warum SozialwissenschaftlerInnen es lange versäumt haben, die Produktion und Vermarktung von Medikamenten – in unvoreingenommener Weise – als soziales und kulturelles Phänomen zu beschreiben (WHYTE et al. 2002). [24]
In aktuellen Studien wird für eine Multiperspektivität als Kriterium wissenschaftlicher Qualität für die Untersuchung komplexer Dynamiken der globalen Medikamentenproduktion plädiert (VAN DER GEEST 2011). Das heißt auch die Berücksichtigung der zu stark vernachlässigten emischen Perspektive in Beobachtungen über Pharma-ProduzentInnen. Eine solche Perspektive bedeutet, nicht nur den Blick dafür zu öffnen, wie soziale Prozesse um Krankheit und Leid verwaltet werden und welche (neuen) politischen Funktionen globale Pharmaka in diesen Prozessen erfüllen. Es gilt auch zu reflektieren, wie sich EthnologInnen selbst zu den Beforschten positionieren (können). Das Aufbauen der Beziehungen zu AkteurInnen im Pharmamilieu bedarf einer forschungsethischen Reflexivität (VON UNGER et al. 2014b): Wie wird der Zugang zum Feld gestaltet? Wie kommunizieren bzw. rechtfertigen Forschende ihre Interessen im Feld? Wie verhalten sie sich gegenüber möglichen Forderungen von TeilnehmerInnen beispielsweise in Bezug auf den Nutzen von Forschungsergebnissen? [25]
3.1 Das Feld: "gefährliche Handelsware Artemisinin"
Der Zugang zu ACTs für die Behandlung von Malaria hat weltweit zugenommen. Im Jahr 2016 wurden in betroffenen Ländern, die meisten davon in Afrika, circa 409 Millionen ACTs vertrieben (WHO 2018). Um diese Mengen zu produzieren, werden Tonnen an Rohmaterial der Artemisia-Pflanze benötigt. Für die Rohstoffwarenproduktion hat das Pharmaunternehmen Novartis eine Partnerschaft mit dem deutsch-britisch-schweizerischen Konsortium Botanical Extracts Limited (im Folgenden BEEPZ) in Ostafrika aufgebaut. Mit finanziellen Zuschüssen von mehr als 25 Millionen Dollar von Novartis und weiteren finanzstarken Stiftungen errichtete das Privatunternehmen BEEPZ 2004 eine Produktionsstätte in Kenia (Athi River), um Artemisinin zu extrahieren. Die Artemisinin-Kristalle werden an Novartis geliefert, mit einer weiteren chemischen Substanz (Lumefantrin) kombiniert, und gelangen als Kombinationspräparat (Coartem®) zurück in die Entwicklungsländer (MEIER ZU BIESEN 2013). [26]
Mit dem Appell zur Produktion neuer Arzneimittel gegen Malaria wird die Erwartung verbunden, dass nicht nur die Krankheit bekämpft, sondern auch ein Beitrag zur Überwindung der Armut in betroffenen Ländern geleistet werden kann (CUETO 2013). In den Metanarrativen, die viele meiner Gespräche mit VertreterInnen von BEEPZ leiteten, präsentierte sich das Unternehmen als "Teil der Lösung"; das heißt, als einen Akteur, der Kapital und Innovation in besonderer Weise zu kombinieren versteht, und somit die Entwicklung Afrikas voranbringe. Der Produktionsmanager von BEEPZ lobte in einem unserer Gespräche die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation zum Einsatz der ACTs als Medikament erster Wahl:
"Wir produzieren Artemisinin für das [betont] einzige Pharmaunternehmen, das gegenwärtig Malaria-Therapien für die WHO und den Global Fund [eines der finanzstärksten globalen Subventionsprogramme für Medikamente] anbieten kann. Wir sind stolz darauf, dass der Großteil unserer Produktion für die Bereitstellung lebensrettender Medikamente zu geringen Kosten und für die Armen [tansanische PatientInnen] genutzt werden kann (…). Unser Ziel ist es, eine effiziente und ethische Produktionskette zu entwickeln, um den Rohstoff Artemisinin hochqualitativ und für den globalen Markt zu sichern."1) [27]
Der Begriff "ethisch" bezieht sich hier auf das konstatierte Bemühen, Produktionsbedingungen zu schaffen, die eine Teilhabe aller am aufwendigen Produktionszyklus von Coartem® beteiligten AkteurInnen, das heißt, auch der lokalen FarmerInnen, gewährleisten. [28]
Ein weiterer führender Pharmakologe des Unternehmens, den ich hier Dr. Bashiri nenne, investierte mehr als fünfzehn Jahre in die Entwicklung der Artemisinin-Produktion in Ostafrika. Der Experte verfügte über ein umfassendes Verständnis bezüglich der Marktmanöver sowie der Artemisinin-Fluktuation, die sich auf die Medikamentenproduktion (und damit auch auf erhöhte Medikamentenpreise) und die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung negativ auswirkten: "Artemisinin ist eine beängstigende Handelsware. Die Artemisinin-Preise steigen und fallen, was aus unserer Produzenten-Sicht schwer zu meistern ist", so sein Resümee. [29]
Tansanische FarmerInnen waren weltweit die Pioniere im kommerziellen Anbau der ertragreichen Artemisia-Hybridpflanze. BEEPZ sowie MitfinanziererInnen dieses Millionenprojektes versprachen den LandwirtInnen, mit Artemisia deutlich mehr Geld verdienen zu können als mit gewöhnlichen Ackerfrüchten. In der Realität fluktuierte der Weltmarktpreis für Artemisinin jedoch so stark, dass die AnbauerInnen von Artemisia phasenweise einen vollständigen Einkommensverlust hinnehmen mussten (DALRYMPLE 2012). Die Kritik, dass tansanische FarmerInnen nur wenig bis gar nicht von ihrer Teilhabe am globalen Arzneimittel-Produktionszyklus profitieren, wies Dr. Bashiri vehement zurück: "Wir stehen unter enormem Druck, noch mehr Artemisinin für die globale Medikamentenproduktion zu gewinnen, aber der Preis, den wir Kleinbauern zahlen, ist fair." Der Pharmakologe bedauerte rückblickend die bescheidenen Bemühungen der tansanischen Regierung, sich nicht stärker in den globalen Wettbewerb der ACT-Produktion integriert zu haben: "Wenn wir ACTs hier in Ostafrika produzieren könnten, könnten wir auch mit Big Pharma [Novartis] konkurrieren und unabhängig werden. Aber die Global Player [Novartis, WHO, Global Fund] waren schneller und sicherten sich das Monopol." Interessanterweise sprach Dr. Bashiri in diesem Zusammenhang nicht von monetärem Profit: "Es gibt Profit, aber was Novartis erntet, ist sozialer Profit. Das Pharmaunternehmen bewegt sich in den richtigen Kreisen, mit der WHO, und gilt als Weltretter der Malaria". [30]
Allianzen zwischen einflussreichen AkteurInnen wie der WHO, der Pharmaindustrie, philanthropischen Organisationen, privaten Unternehmen und gesundheitspolitischen EntscheidungsträgerInnen bestimmen die globale Zirkulation der Handelsware Artemisinin (MEIER ZU BIESEN 2018). Globale Kooperativen bringen das Kapital, die technologischen Ressourcen und den Zugang zum Markt ein, während die Produktion von Artemisia an verschiedenen Lokalitäten stattfindet. Die Realisierung der Profite verbleibt fest in den Händen westlicher Eliten (vgl. zu dieser Perspektive PETERSON 2000). So wurde die epochale Wiederentdeckung der traditionellen Artemisia-Pflanze für viele Beteiligte in Tansania zu einem Lehrstück über undurchschaubare Dynamiken des Weltmarktes und Profitinteressen machtvoller Konzerne. Für mich war es eine Lektion hinsichtlich einer Reihe forschungsethischer Herausforderungen im Feld der Pharmaindustrie. Im Folgenden reflektiere ich, wie ich die Forschungsbeziehung zu den Teilnehmenden in diesem Milieu gestaltet habe, und wie ich selbst durch das Feld beeinflusst wurde. [31]
3.2 Zugang und Vertrauen gewinnen
Wie einleitend dargestellt, basierten meine Untersuchungen auf der Annahme, dass die Bedingungen des Zugangs zu medizinischen Ressourcen nicht losgelöst von sozialen und politischen Entscheidungen im Kontext einer globalen Medizinindustrie betrachtet werden können. Sie werden nur auf Grundlage profunder Analysen der politisch-ökonomischen Machtverhältnisse verständlich. Mehrfach besuchte ich aus diesem Grund Ostafrikas Zentrum der kommerziellen Artemisia-Produktion (Arusha im Norden Tansanias sowie das Industriegebiet Athi River in Kenia). Dort führte ich leitfadengestützte ExpertInnen-Interviews mit Managern und MitarbeiterInnen des führenden Unternehmens BEEPZ durch. Ergänzt wurde der Datenkorpus durch weitere Erhebungen wie z.B. Befragungen von Managern der wichtigsten Betriebseinheiten von BEEPZ (die Tochterfirmen African Artemisia Limited Tanzania und East African Botanicals Kenya).2) [32]
Diese Interviews stellten nur eine Phase, wenn auch eine entscheidende, im Forschungsprozess dar. Inspiriert von der investigativen Linse der pharmaceutical anthropology (VAN DER GEEST 2011, S.14) interessierte mich das Selbstverständnis der pharmazeutischen IndustrievertreterInnen in ihrem Bestreben, ein neues (besseres) Medikament auf den globalen Markt zu bringen. Empirisch war ich bemüht, den pharmazeutischen Nexus (PETRYNA et al. 2006) offenzulegen, an dem sich die Biografie (VAN DER GEEST et al. 1996) des Medikaments Coartem® – aus Sicht der an seiner Entstehung beteiligten AkteurInnen und mit Blick auf die jeweiligen Wertkategorien, die diesen Prozess kulturell prägen – konstituiert. Die Gespräche mit MitarbeiterInnen von BEEPZ habe ich bewusst an das Ende meiner Feldforschung gelegt. Dadurch erhoffte ich mir, die globalen Produktionsstrategien auf Grundlage bis dahin gewonnener Einblicke in die lokalen Produktionsbedingungen besser verstehen zu können. Im Sinne einer Aneignung unterschiedlicher Verstehenshorizonte (ELWERT 2002) verfügte ich bis dato über ein fundiertes Hintergrundwissen bezüglich agronomischer, medizinischer und pharmakologischer Aspekte zu Artemisia/Artemisinin. Dieses Wissen, so hoffte ich, sollte mich für Interviews in diesem besonderen Milieu angemessen wappnen. [33]
Wie BOTZEM (2014), CONTI und O'NEIL (2007) sowie MIKECZ (2012) ausführlich darlegen, sind Forschende in Interviewsituationen mit vergleichsweise mächtigen EntscheidungsträgerInnen vor andere Herausforderungen gestellt als in Forschungssituationen mit weniger einflussreichen InterviewpartnerInnen. Der Zugang zu diesen InformantInnen muss besonders geschickt und sensibel verhandelt werden. Im Pharmamilieu traf ich auf Personen, die von mir aufgrund ihrer beruflichen Stellung als ExpertInnen interviewt wurden. Sie verfügten über eine besondere Positions- bzw. Deutungsmacht (hinsichtlich der von ihnen beschriebenen Vorgänge) (vgl. dazu VON UNGER et al. 2014b, S.35). Damit waren sie in einer Position, die Informationsqualität der Interviews in vielfacher Hinsicht zu beeinflussen, das heißt auch, sich gegenüber jeglicher Kritik zu schützen. [34]
Die Kontrollversuche des BEEPZ-Unternehmens erlebte ich zunächst als entmachtende Maßnahme. Meine Forschungsmöglichkeiten in der Artemisinin-Produktionsstätte von BEEPZ wurden stark eingeschränkt. Ich wurde in Einführungsgesprächen von dem Vorstand des Unternehmens aufgefordert, meine Daten nicht elektronisch (in Form von Tonaufnahmen oder Fotos) festzuhalten. Gleichzeitig wurde mein Zugang zu InformantInnen vonseiten der BEEPZ-Manager genau gesteuert: Nur ausgewählten BEEPZ-MitarbeiterInnen wurde es gestattet, Wissen über die Artemisinin-Gewinnung an mich weiterzugeben. Das Misstrauen gegenüber mir und meinem Forschungsinteresse verdeutlichte mir einmal mehr, wie begehrt das Heilwissen über Artemisia angesichts des prosperierenden Marktes um pflanzenbasierte Medikamente war. Entsprechend vertraulich wurden Informationen über die pharmakologische Weiterentwicklung der Medizinalpflanze gehandhabt. Diese Einschätzung spiegelte sich auch in den Gesprächsverläufen wider. [35]
In ersten Interviews wurde mir nur eingeschränkt Auskunft über Artemisinin gegeben. Ich erhielt allgemeine, belanglose Informationen, die auch auf der institutionseigenen Webseite von BEEPZ zu finden waren. Arbeits- und Vertragsbeziehungen, in die ein Teil der tansanischen Bevölkerung zur Rohstoffgewinnung eingebunden ist, wurden in einer Weise dargestellt, die eine kritische Hinterfragung erschwerte. Sie folgten stark der Selbstdarstellung des Unternehmens, ethischen Richtlinien zu entsprechen und effektiv auf Marktanforderungen mit globaler Reichweite sowie angemessen auf PatientInnenbedürfnisse einzugehen. Ein verbindendes Element dieser Gespräche war neben einem weitgehenden Mangel an Transparenz das Desinteresse an argumentativer Auseinandersetzung über konkurrierende Positionen zu Artemisinin-basierten Therapien. Die Pharma-VertreterInnen präsentierten sich als ExpertInnen, die über Fachwissen verfügen und machtvolle VerwalterInnen von medizinischen Ressourcen sind. Eine Herausforderung bestand zudem darin, das Machtgefälle und die Status-Ungleichgewichte, die mich als junge Doktorandin gegenüber meinen (in der Regel um 20-30 Jahre älteren) InterviewpartnerInnen benachteiligten zu mindern. Dazu gehörte auch, meine anfängliche Unsicherheit zu überwinden und abzuwägen, wie viel ich von meinen Forschungsinteressen und gewonnenen kritischen Einstellungen gegenüber Artemisinin-Therapien preisgeben sollte. Ein Infragestellen der Machtverhältnisse durch eine Kritik an den profitorientierten Praktiken des Unternehmens, so fürchtete ich, könnte dazu führen, dass mir anschließend der Zugang zu Informationen verwehrt werden würde. Entsprechend vorsichtig und allgemein beschrieb ich zunächst mein Studienziel, die durch Artemisia ausgelösten epochalen Transformationsprozesse gesundheitlicher Versorgung erforschen zu wollen. [36]
ROTH (2018) verdeutlicht, dass eine Forschungssituation auch als interaktives Aushandlungsmoment gesehen werden kann, das eine andere Form von (praktischer) Ethik aufwirft. Unvermeidbare Asymmetrien, Macht und Gegenmacht in Interviewsituationen zum Beispiel sind das Ergebnis von Beziehungen, die ausgehandelt werden und die ein Forschungsfeld in besonderer Form prägen. Sobald Macht oder vielmehr machtvolles Wissen als Beziehungsverhältnisse verstanden werden (in dem diejenigen, die der Macht unterworfen sind, so aktiv werden können wie die Macht-Ausübenden), muss auch entsprechend neu über Ethik und Verantwortung reflektiert werden. Der Bezug zu meinen Interviews und der darin performierten Macht mag dies verdeutlichen: [37]
Um den für mich wenig ergiebigen Interviews mit Managern von BEEPZ eine neue Richtung zu geben und als Interviewende auch kritische(re) Erzählungen zum Gebrauch Artemisinin-basierter Pharmaka zu ermöglichen, ging ich offensiver vor. Das heißt, ich hielt meine persönlichen Einschätzungen zu ACTs nicht weiter zurück. Meine dabei geäußerte Kritik gründete sich zum einen auf den Leiderfahrungen von InformantInnen aus der Mara-Region (Mikroperspektive). Neben individuellen Leidensgeschichten erwähnte ich die größeren Machtkonstellationen wie die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge (Makroperspektive), die im Kontext von Krankheit und Heilung miteinbezogen werden müssen. In diesem Zuge brachte ich Moralvorstellungen ein, die auch disziplinär geprägt waren (VON UNGER et al. 2014b). Ich vertrat offener den Standpunkt, dass ein auf vermeintlich universellen Faktoren basierendes Verständnis von kurativer Wirksamkeit den lokalen Realitäten nicht gerecht würde. Ich kritisierte, dass Interventionen im Gesundheitsbereich zu stark den politischen Wettstreit über Patente in den Mittelpunkt ihrer Interessen rückten. Diese Form der Fokussierung, so meine Kritik, trage dazu bei, multidimensionale Lösungsbeiträge zu vernachlässigen. Die Evaluation von Wirksamkeit müsse neben der pharmakologischen Ebene auch die Vorstrukturierung durch lokale Therapieangebote und das Konsumptionsverhalten von PatientInnen mit berücksichtigen. Diese auf den ersten Blick banal anmutende Stellungnahme ist deshalb von Relevanz, weil die Kritik an (relativ) erfolglosen global gesteuerten Malaria-Kampagnen der letzten Dekaden gezeigt hat, dass das Fehlen eines umfassenden Wirksamkeitsbegriffs eine zentrale Rolle für ihr Scheitern gespielt hat. In den Diskursen über evidenzbasierte Wirksamkeitskriterien erfahren soziokulturelle Aspekte, die letztlich den Rahmen einer effizienten Behandlung abgeben, eine erstaunliche Geringschätzung (KAMAT 2013; MEIER ZU BIESEN 2013). [38]
Diese Offenheit hatte eine besondere Wirkung auf Gesprächssituationen. Es zeigte sich, wie ethnografisches Wissen selbst zum Machtfaktor werden kann und wie ich mich als Ethnologin zu den AkteurInnen im Feld ethisch positionieren musste. Meine InterviewpartnerInnen im Pharmamilieu erkannten einen unmittelbaren Nutzen an meinen Forschungsergebnissen. Ihnen wurde bewusst, dass ich mir hinsichtlich eines kulturellen Verständnisses sowie des lokalen Konsumverhaltens von Artemisia/ACTs ein für die Pharmaindustrie nicht uninteressantes Wissen angeeignet hatte. Durch meine bis dato durchgeführte Feldforschung hatte ich die sozio-kulturelle Dimension der Einführung der Artemisia-Pflanze untersucht und beobachtet, welche Präferenzen des Konsums von Artemisinin (in naturheilkundlicher bzw. pharmazeutischer Form) aus PatientInnensicht davon abzuleiten seien. Genau diese Daten waren für sie von besonderem Wert. Ich wurde vom Unternehmen aufgefordert, Einschätzungen darüber abzugeben, wie sich Konsum-Präferenzen der lokalen Bevölkerung kommerziell umsetzen ließen. Konkret sollte ich Vorschläge machen, wie sich Artemisia in Tee-Form bestmöglich dosieren und vermarkten ließe. Eine berufliche Kooperation wurde in Aussicht gestellt. Damit wandelte sich meine Rolle der ethnologischen Forscherin zur Marktforscherin – eine Rolle, die mit meinen ursprünglichen Intentionen nicht vereinbar war. [39]
Für diese Forschungssituation relevant ist das in der Literatur beschriebene ethische Dilemma, dass (medizin-) ethnologische Forschungen zum Nutzen von vulnerablen Gruppen wie PatientInnen (im Sinne einer Besserstellung ihrer gesundheitlichen Versorgung) durchgeführt werden (können). Gleichzeitig kann ethnologisches Wissen jedoch auch brisanten Anwendungen (hier: der Pharmabranche) dienlich sein (SILLITOE 2007; vgl. zu dieser Perspektive auch HORNBACHER 2013). [40]
Meine Informationen hatte ich unter den Bedingungen einer unabhängigen Forschung gesammelt. Und dies war auch die entscheidende Voraussetzung, die es mir im Vorfeld erlaubt hatte, Vertrauen zu meinen InterviewpartnerInnen aufzubauen. Durch meine regelmäßige Präsenz bei anamed-Projekten sowie die Teilnahme an Fortbildungsseminaren zum Anbau und zur therapeutischen Applikation der Artemisia-Pflanze hatte ich die Potenziale und Grenzen einer professionalisierten Phytomedizin ausführlich eruiert. Dadurch bot sich später die Möglichkeit, mein Wissen in gesundheitsaktivistische Zusammenhänge einzubringen, die über das Akademische hinausgingen und es mir erlaubten, die Konsequenzen meiner Aktivitäten besser überblicken bzw. kontrollieren zu können: Ich konnte mein Heilpflanzenwissen an PatientInnen und/oder AktivistInnen im Gesundheitsbereich weiterreichen, die davon meiner Einschätzung nach profitieren würden, und die sich die nicht-kommerziell orientierte Verbesserung des lokalen Medizinangebotes zur Aufgabe gemacht haben. Meine Erkenntnisse an VertreterInnen der Pharmaindustrie weiterzugeben würde nicht nur einem nachträglichen Vertrauensbruch gleich kommen. Auch waren die Konsequenzen für mich unvorhersehbar. Dieses ethische Dilemma – VAN DER GEEST (1995, S.871) spricht von der "Prostitution des Fachwissens" – habe ich in den entsprechenden Situationen dadurch aufzulösen versucht, dass ich mein Wissen über Artemisia nur in selektiver Form preisgab und genauere Angaben (z.B. zum Eigenanbau, zur Dosierung und zum Wirkungspotenzial) gegenüber BEEPZ zurückhielt. [41]
Die Artemisinin-Pharmabranche zeigt exemplarisch ein Spannungsfeld auf, das sowohl von den individuellen Überzeugungen der Forschenden (hier: hinsichtlich medizinischer Wirksamkeit und ethischer Diskurse über den Einsatz von Pharmaka) als auch den Interessen der Pharma-ProduzentInnen sowie den Erfahrungen von PatientInnen geprägt ist. Diese vielschichtigen Positionierungen rahmen nicht nur die eigene Forschungstätigkeit und die Interrelationen im Forschungsfeld, sie beeinflussen auch die Datengewinnung. In Anlehnung an SMITH und KLEINMAN (2010) plädiere ich dafür, sich mit der Frage nach der Vulnerabilität von ForscherInnen auseinanderzusetzen, um entsprechende ethische Dilemmata, die ein Forschungsfeld aufwirft, besser zu reflektieren. Die emotionale Verwobenheit im Feld, so mein Argument, muss dabei nicht einen negativen Einfluss auf die Wissenschaftlichkeit von Forschungen haben – im Gegenteil: Wer durch solche Erfahrungen nicht verändert wird, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, teilnehmende – und im Sinne von DAVIES und SPENCER (2010) empathische – Beobachtung zu praktizieren. Wissenschaftlichkeit würde gefährdet, wenn Emotionen, die aus solchen Erfahrungen entstanden sind, einen Einfluss auf die Sorgfalt ethnografischer Erhebungen nehmen. Unsicherheiten oder moralische (Selbst-) Zweifel bezüglich der Repräsentationsform sensibler Daten können gemindert werden, indem in ethischer Hinsicht relevante, konfliktträchtige Resultate (zum Beispiel Nebenwirkungen) nicht verschwiegen werden oder wenn bestimmten InterlokutorInnen gegenüber (hier: Pharmabranche) offen Stellung bezogen wird. Wichtig dabei ist, die eigenen Sichtweisen auf die Interessen einzelner AkteurInnen, die innerhalb dieser ethischen Spannungsfelder agieren, transparent zu machen und zu begründen. [42]
Wie ich in diesem Beitrag verdeutlicht habe, ist das Forschungsfeld der globalen Gesundheit eng mit ethischen Fragen verwoben (ADAMS 2016; ADAMS, NOVOTNY & LESLIE 2008; BIEHL & PETRYNA 2013). Diese beziehen sich zum Beispiel auf die Auswirkungen westlicher, biomedizinischer Standardisierungen von Gesundheitsprogrammen auf lokale Praktiken oder darauf, wie diese Lebensrealitäten wiederum globale Diskurse und Technologien beeinflussen und Annahmen zur Wirksamkeit konstruieren (HARDON & DILGER 2011). Eng daran geknüpft ist die Frage, wie Machteinflüsse von Staaten, Gesundheitsorganisationen und pharmazeutischen Unternehmen auf die Herstellung von Evidenz zu gesundheitlichen Interventionen einwirken (DILGER et al. 2012); insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass das westliche Gesundheitssystem – als Feld der Expertise – eine lange Geschichte der Unterordnung traditioneller heilkundlicher Praktiken hat (LANGWICK 2011). Das Feld globale Gesundheit ist in struktureller Hinsicht stark durch die Aktivitäten transnational agierender Organisationen (WHO, NROs, Pharmaunternehmen) geprägt. Angesichts dieser Gegebenheit plädieren MedizinethnologInnen dafür, die mit der Untersuchung von Medizin und Gesundheit in einer vernetzten Welt verknüpften methodologischen und ethischen Herausforderungen zu adressieren (DILGER & HADOLT 2010). Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Betonung der Vielfalt von Perspektiven auf die mit Krankheit und Gesundheit verbundenen gesellschaftlichen Prozesse. Diese können, wie ich in diesem Artikel gezeigt habe, mit Identitätspolitiken im Zusammenhang mit der (Re-) Vitalisierung traditioneller Medizin einhergehen ebenso wie mit Zuschreibungen von Rollen und Verantwortung an die in der Förderung gesundheitlicher Versorgung aktiven NROs (anamed). [43]
Ich habe exemplarisch an meiner Forschung zu Malaria veranschaulicht, dass der Prozess der medizinethnologischen Feldforschung einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt ist. Mit dem Anspruch der Ethnografie ist zum einen die systematische Reflexion der Subjektivität als ForscherIn verbunden. Zum anderen bedeutet dies eine kontinuierliche Übersetzungsarbeit hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Legitimität von (medizinischem) Wissen bzw. Wissenshierarchien und (moralischen, politischen, ökonomischen) Positionierungen unter den an der Forschung beteiligten AkteurInnen (DILGER et al. 2015). Wie ich demonstrierte, unterlag meine Rolle (und deren Darstellung) im Forschungsprozess der ständigen Begutachtung durch andere im Feld. Der Zugang zu Wissensbeständen wiederum veränderte sich mit den Positionen, die ich selbst einnahm oder die mir zugeschrieben wurden, also auch innerhalb von Beziehungsverhältnissen. Zusammenfassend machen die hier erörterten Reflexionen deutlich, dass es illusorisch ist, sich aus jeglicher Rollenzuweisung heraushalten oder einen "idealisierten Gesamthorizont" erlangen zu wollen (ELWERT 2002, S.6). [44]
Im Kontext einer Teilnahme an Forschungen, die auf eine aktive Veränderung der Lebenswelt anderer Menschen abzielen, ergeben sich besonders hohe Anforderungen an die ethische Selbstreflexion von MedizinethnologInnen. Eine Komplikation bei diesen Forschungen besteht darin, dass sie sich an der Schnittstelle zwischen ethischen Fragen und ethischem Tun verorten, das heißt, in einem (bisweilen) unauflöslichen Spannungsfeld zwischen erkenntnistheoretischem Relativismus, dichter Teilnahme und der Notwendigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen. Dies impliziert unvorhergesehene moralische Dilemmata (APPELL 1978; CAPLAN 2003; HORNBACHER 2013). Eine entscheidende Herausforderung stellt sich also hinsichtlich der Verantwortung von ForscherInnen im Feld, das heißt auch bezüglich des ethischen Für-und-Widers einer aktiven Einmischung in lokale Prozesse (HASTRUP 2010; siehe auch SCHÖNHUTH 2002). Eng verbunden mit Fragen der Ethik und entsprechender Verantwortung sind Emotionen und die persönliche Betroffenheit von EthnologInnen, die im akademischen Regime nicht zu tabuisieren, sondern als relevanter Bestandteil von Forschungsprozessen anzuerkennen sind. [45]
Neben der Persönlichkeit der ForscherInnen und den Besonderheiten der AkteurInnen im Feld beeinflussen die soziokulturellen und politischen Kontexte sowie die darin inhärenten Machtverhältnisse die Forschung (BERGER et al. 2009). Sich dieser Machtverhältnisse bewusst zu werden, sie kenntlich zu machen und produktiv in der Analyse zu berücksichtigen ist in der Phase der Ergebnisdarstellung und möglichen Rückwirkung von Forschungsdaten in das Feld essenziell (BOTZEM 2014; ROTH 2018). In diesem Sinne plädiere ich dafür, selbst-reflexiv die eigenen Forschungsschritte und deren ethischen Implikationen in den verschiedenen Phasen zu überdenken, Daten im Hinblick auf die Situiertheit von Forschenden und Beforschten zu öffnen und damit für eine reflexive Praxis der eigenen Forschungspraxis fruchtbar zu machen. [46]
Den HerausgeberInnen dieser Schwerpunktausgabe, Hella VON UNGER und Wolff-Michael ROTH, danke ich sehr herzlich für ihr ausführliches Gegenlesen und ihre konstruktive Kritik am Text. Mein Dank gilt der Friedrich-Ebert-Stiftung für die finanzielle Unterstützung meiner Feldforschung zwischen Juni 2007 und Mai 2010. In Tansania danke ich der Commission for Science and Technology (COSTECH) und dem National Institute for Medical Research (NIMR) für die Erteilung einer Forschungsgenehmigung (2007-322-NA-2007-112). Mein größter Dank gilt meinem Forschungsassistenten S.M. und all jenen in Tansania, die bereit waren, mir persönliche und vertrauliche Einblicke in ihre Lebensbedingungen zu geben.
1) Diese und weitere Auszüge aus dem Interview-Material wurden von mir ins Deutsche übersetzt. <zurück>
2) Außerdem führe ich Interviews mit PlantagenleiterInnen, Artemisia-AnbauerInnen, LandwirtschaftsberaterInnen und Organisationen, die die Mediation zwischen FarmerInnen und BEEPZ zum Ziel haben (wie beispielsweise die von der WHO gegründete NRO TechnoServe). Teilnehmende Beobachtungen auf den Artemisia-Plantagen dienten zudem dazu, den hierarchisch organisierten kommerziellen Anbau der Pflanze näher zu untersuchen. <zurück>
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Caroline MEIER ZU BIESEN ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin und Forschungsmitglied im ERC-Projekt GLOBHEALTH am Centre de recherche médicine, sciences, santé, santé mentale, société (Cermes3) in Paris. Ihre Forschungen fokussieren auf globale Gesundheitssteuerung, transnationalen Medikamentenhandel, HIV/Aids, Malaria und traditionelle Medizin. Ihre Forschungsregionen sind Ostafrika (Tansania, Sansibar, Äthiopien, Kenia) und Indien. In ihrem derzeitigen DFG-Forschungsprojekt untersucht sie die Kollaborationsmöglichkeiten zwischen traditionellen HeilerInnen und ÄrztInnen im Kontext von Diabetes in Sansibar.
Kontakt:
Caroline Meier zu Biesen
Freie Universität Berlin
Institut für Sozial-und Kulturanthropologie
Landoltweg 9-11, 14195 Berlin
E-Mail: cmeier@zedat.fu-berlin.de
http://www.polsoz.fu-berlin.de/ethnologie/personenliste/meier_zu_biesen/, http://globhealth.vjf.cnrs.fr/members
Meier zu Biesen, Caroline (2018). Forschen über die Pharmaindustrie: Ethische Positionierung in einem globalen Machtgeflecht [46 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 19(3), Art. 29, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-19.3.3139.