Volume 20, No. 3, Art. 8 – September 2019



Daniel Bertauxs "Leuchtrakete" Lebenserzählung: Von methodologischen Leerstellen und materialistischen Impulsen

Lisa Janotta

Review Essay:

Daniel Bertaux (2018 [2016]). Die Lebenserzählung. Ein ethnosoziologischer Ansatz zur Analyse sozialer Welten, sozialer Situationen und sozialer Abläufe. Reihe: Qualitative Fall- und Prozessanalysen; Berlin: Verlag Barbara Budrich; 134 Seiten; ISBN 978-3-8474-2157-3; 16,90 EUR

Zusammenfassung: In dem Review Essay wird eine Einordnung des Buches "Die Lebenserzählung" von Daniel BERTAUX (2018) in die Diskurswelt der deutschsprachigen bzw. im deutschsprachigen Raum verankerten Biografieforschung vorgenommen. Dazu werden die theoretischen Begriffe des ethnosoziologischen Forschungsansatzes Daniel BERTAUXs vorgestellt. Einige zentrale Begriffsverwendungen des Autors (z.B. "Objektivität" und "soziale Welten") werden der Kritik unterzogen. Für die im deutschsprachigen Raum verankerte Biografieforschung werden im Besonderen der symbolische Interaktionismus und Fritz SCHÜTZE sowie die Arbeiten von Gabriele ROSENTHAL, Ursula APITZSCH und Lena INOWLOCKI beachtet. BERTAUXs Verbindung von sozialen Welten und Lebenserzählungen wird in Rekurs auf Anja WILDHAGEN und Carsten DETKA diskutiert. Ich komme zu dem Schluss, dass wegen zentraler theoretischer Leerstellen in "Die Lebenserzählung" eine Verknüpfung zur theoretisch sehr differenziert arbeitenden deutschsprachigen Biografieforschung eher schwierig erscheint. Hinsichtlich konsequenter Hinwendung zu materialistischen Fragen kann "Die Lebenserzählung" aber durchaus mit Gewinn gelesen werden.

Keywords: Ethnografie; Biografie; Lebenserzählung; Objektivität; soziale Welten; Biografieforschung

Inhaltsverzeichnis

1. Der Auftrag der Herausgeber*innen: BERTAUX und der deutschsprachige Diskurs

2. Die "Lebenserzählung" als Konzept und die ethnosoziologische Bestimmung des Forschungsgegenstandes

3. Zur Einordnung: deutschsprachige und im deutschsprachigen Raum verankerte biografietheoretische Ansätze

3.1 Biografietheoretische Herangehensweisen

3.2 Biografieforschung und die Theorie sozialer Welten

4. Die ethnosoziologische Forschung mit Lebenserzählungen: zentrale Begriffe und Konzepte

4.1 Metatheoretische Ideen

4.2 Erhebungs- und Analysemethoden

4.3 Zur Einordnung in den deutschsprachigen Diskurs

5. Zur Kritik zentraler Begriffe

6. Reflexionen zu Aufbau und Stil des Buches

7. Zusammenfassung: das ethnografische Interesse und der materialistische Impuls

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Zur Autorin

Zitation

 

1. Der Auftrag der Herausgeber*innen: BERTAUX und der deutschsprachige Diskurs

Das Buch "Die Lebenserzählung" von Daniel BERTAUX ist 2018 in der Reihe "Qualitative Fall- und Prozessanalysen. Biographie – Interaktion – Soziale Welten" erschienen. Die "Mithelfer_innen bei der Realisierung der deutschen Version" (S.14) des 2016 in Frankreich erschienenen "Le récit de vie" sind Anja BARTEL, Karin BOCK, Lena INOWLOCKI, Heike OHLBRECHT, Anja SCHNITZER und Fritz SCHÜTZE. In ihrem Vorwort zur deutschen Ausgabe stellen sie BERTAUX als einen "zentralen Wiederbeleber und Modernisierer der Biografieforschung in den französischsprachigen, aber auch in den englischsprachigen Sozialwissenschaften" (S.5) vor und rahmen damit die Leserichtung des Bandes: als ein Buch über Biografieforschung. Sie zitieren BERTAUXs Blick auf die (deutschsprachige) Biografieforschung als bloße "Bedeutungsanalyse" (a.a.O.), die zu sehr mit der "(hermeneutischen) Textanalyse" (S.23) beschäftigt sei. Sie begeben sich mit ihm auf die Suche nach einem Verständnis der Lebenserzählungsforschung, die es ermöglicht, "soziale Welten" auszuleuchten. Die Herausgeber*innen stellen fest, dass "an seiner Sichtweise [auf die deutschsprachige Biografieforschung] 'etwas dran' ist" und räumen doch ein, dass BERTAUXs Sichtweise auf die deutsche Biografieforschung an anderem Ort "ausführlich zu diskutieren" (S.7) sei. Zu konstatieren ist, dass die Herausgeber*innen mit ihrer Einleitung zwar einerseits einen biografietheoretischen Rahmen setzen, andererseits jedoch anklingt, dass die Forschungspraxis BERTAUXs nicht biografietheoretischer Natur ist, sondern vielmehr mit dem Medium der Lebenserzählung soziologische Gegenstände in den Blick nehmen will. Wie ist der Text zu lesen? In der Perspektive der Biografieforschung oder als ethnosoziologisches Methodenbuch? In diesem Essay vollziehe ich die erste Suchbewegung und frage nach den Perspektiverweiterungen, welche die Lektüre der "Lebenserzählung" für Leser*innen eröffnet, die sich an den Konzepten der ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN (1973a, 1973b) orientieren. [1]

So nehme ich die Einleitung der Herausgeber*innen als "Auftrag" an. Es sollen nicht nur die zentralen Begriffe und die Forschungsrichtung des Buches "Die Lebenserzählung" vorgestellt, sondern darüber hinaus soll BERTAUXs Ansatz in den deutschsprachigen Diskurs eingeordnet werden. Dabei ist zunächst eine Irritation zu diskutieren: nämlich, ob BERTAUXs Text tatsächlich als biografietheoretischer Beitrag zu lesen ist und wie der Gegenstand seines Forschungsinteresses verstanden werden kann (Abschnitt 2). Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Differenzlinien soll sowohl der deutschsprachige biografietheoretische Diskurs kurz skizziert als auch in die Diskussion des Verhältnisses von Biografie und sozialen Welten eingeführt werden (Abschnitt 3). In Abschnitt 4 werden zentrale Begriffe des methodologischen Apparates vorgestellt und die Einordnung von "Die Lebenserzählung" in den deutschsprachigen Diskurs vollzogen. Im 5. Abschnitt werden die zentralen Begriffe aus BERTAUXs Ansatz einer Kritik unterzogen, im Anschluss der Stil des Buches kommentiert (Abschnitt 6). Auf der Basis der theoretischen Reflexionen wird schließlich ein Ausblick (Abschnitt 7) formuliert, der BERTAUXs Werk abschließend würdigt, die metatheoretischen Schwächen benennt und die Potenziale für weitere Auseinandersetzungen auslotet. [2]

Das Werk "Die Lebenserzählung" basiert auf der langjährigen Forschungsarbeit von Daniel BERTAUX, der – in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen – unter anderem zum Thema der Bäckereibetriebe in Frankreich (BERTAUX & BERTAUX-WIAME 1981) sowie zu Familiengeschichten (BERTAUX & DELCROIX 2000) geforscht und Sammelbände zur Biografieforschung (u.a. "Biography and Society", BERTAUX 1981) herausgegeben hat. Neben seinen umfänglichen Studien und Schriften hat BERTAUX auch für die Etablierung der Biografieforschung in der International Sociological Association sowie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie einen bedeutsamen Beitrag geleistet1) und in Frankreich zur Etablierung der Biografieforschung maßgeblich beigetragen (KELLER & POFERL 2016; PAPE 2009). [3]

2. Die "Lebenserzählung" als Konzept und die ethnosoziologische Bestimmung des Forschungsgegenstandes

In diesem Abschnitt werden die zentralen Überlegungen BERTAUXs zum Konzept der Lebenserzählung vorgestellt und dem deutschsprachigen Konzept der biografischen Erzählung nach Fritz SCHÜTZE gegenübergestellt. [4]

BERTAUX bestimmt die Lebenserzählung als ein "Erzeugnis einer dialogischen Interaktion" von "zwei Autor_inn_en" (S.28). Die Betonung der dialogischen Qualität von Lebenserzählungen erfüllt vor allem die Funktion, die Lebenserzählung von der Datensorte der Autobiografie abzugrenzen. Diese erste relevante Abgrenzung ist für mich als eine deutschsprachig sozialisierte Biografieforscherin irritierend, weil beispielsweise mit dem Konzept der situativen Stegreiferzählung (vgl. u.a. SCHÜTZE 1976, S.17) die Situativität der Generierung von Datenmaterial immer schon mitgedacht wird. Die Abgrenzung der Lebenserzählung von der Autobiografie ist aber möglicherweise im französischen sozialwissenschaftlichen Diskurs relevant. [5]

Wie bestimmt der Autor den Begriff der Lebenserzählung weiter? Eine relevante Auseinandersetzung ist für BERTAUX die Frage nach dem Wahrheitsgehalt von Lebenserzählungen. Für ihn ist klar, dass diese Frage negativ beantwortet werden muss. Zugleich grenzt er sich von einer Forschungslinie ab, die er als die Suche nach "semantischen Inhalte[n] (die verborgenen Aussagen)" (S.29) und als Forschungspraxis der "Narrativisten" (S.50) bezeichnet. Für BERTAUX liegen die interessanten Gehalte der Lebenserzählung nicht in der (narrativ vermittelten) Qualität der Erfahrungsrekapitulation verborgen. Er versucht vielmehr, eine "größere[...] Zahl von Lebenserzählungen" (a.a.O.) von "Menschen [zu erfassen], die innerhalb des gleichen 'Teils' des Gesellschaftsmosaiks ... gelebt haben" (a.a.O.). So soll es möglich sein, Erzählungen "als Quelle verlässlicher soziografischer Informationen" (a.a.O.) zu verwenden. BERTAUX nennt seinen Zugriff auf die Erzählung eine "realistische Konzeption" (S.53). Er differenziert mithilfe der Metapher eines Aquarellbildes, in welchem sich mit der Zeit möglicherweise durch nachträgliche Deutungen die "Farben und Tönungen", der "Sinn von Ereignissen Begegnungen, Handlungen und Handlungsverläufen [...] verfälsch[t]" (S.54) – während "der Bildaufbau an sich jedoch [...] dem Original [entspricht]" (a.a.O.). [6]

Die Diskussion über den Wahrheitsgehalt biografischer Erzählungen wurde auch in Deutschland geführt. Sie entspann sich in den 1980er Jahren in Bezug auf die sogenannte "Homologie-These": Heinz BUDE (1985) polemisierte auf dem 22. Soziologentag in Dortmund gegen das Konzept der Erfahrungsrekapitulation selbstgemachter Lebenserfahrung – ein Grundkonzept der sich soeben konsolidierenden deutschsprachigen Biografieforschung. Eine (Lebens-) Erzählung sei – so BUDEs Gegenargument – grundsätzlich fiktional, basiere nicht auf "Erfahrungsaufschichtung" (S.332) und sei daher nicht nur als Erzählung, sondern auch als sprachliche Collage und hinsichtlich verwendeter Symbole zu analysieren. Dieser grundsätzliche Einwand wird in der deutschsprachigen Debatte konstruktiv gewendet: In den folgenden Jahren wird die Bedeutung der Situativität der Datengenerierung sowie der aktuellen Lebensphase für die Darstellungsqualität von Erzählungen diskutiert. Dabei wird die Situativität von Erzählsituationen reflexiv bedacht.2) BERTAUX hingegen kommt dem Problem des "Wahrheitsgehalts" mit quantitativ orientierten Überlegungen nach. [7]

Jenseits der Bestimmung des Wahrheitsgehalts beschäftigt sich BERTAUX mit dem Aufbau und der Strukturiertheit des Datenmaterials "Lebenserzählung". Für ihn besteht narratives Datenmaterial "aus einer zeitlichen Abfolge von Ereignissen, Situationen und Vorhaben, aus Handlungen und längerfristigen Abläufen" (S.50). Das niemals kohärent verlaufende Leben werde im Nachhinein durch Erzähler*innen geglättet. Ähnliche Überlegungen zur Strukturiertheit des Datenmaterials kennt die deutschsprachige Biografieforschung aus der Überlegung Fritz SCHÜTZEs zu den "Kognitive[n] Figuren des autobiographischen Stegreiferzählens" (1984) – wenngleich SCHÜTZE nicht von "Glättung" spricht, sondern im Gegenteil von einer "Gesamtgestalt der Lebensgeschichte" (S.102) als spezifische Art und Weise der Erfahrungsrekapitulation, die Bezug auf den "faktischen" Ereignisablauf des gelebten Lebens nimmt. Weiterhin ist auch BERTAUXs Annahme, dass in Lebenserzählungen Lebensbereiche ("Die familiären und zwischenmenschlichen Beziehungen", "Schule und Erwachsenenbildung als Erfahrung", "Die berufliche Eingliederung", "Die Arbeitsstelle", S.54) verhandelt werden, grundlegend verwandt mit Fritz SCHÜTZEs Position. Die Überlegungen zu unterschiedlichen Erzählformen (BERTAUX unterscheidet die "beschreibende, die narrative, die explizit erläuternde und die argumentative", S.49) kennt die deutschsprachige Forschung in vergleichbarer Form (KALLMEYER & SCHÜTZE 1977). In der deutschsprachigen Diskussion weniger relevant gemacht wurde bisher die Annahme einer gemeinsamen Einstimmung von Interviewer*in und Erzähler*in auf das Forschungsthema. BERTAUX spricht von einem "Pakt" zwischen beiden, der auf Basis des angefragten Rahmenthemas geschlossen werde, weshalb die Erzähler*innen ihre Erfahrung filterten. [8]

Nach der Feststellung einiger grundlegender theoretischer Merkmale der Konzepte von Lebenserzählung und Biografie ist nun zu fragen, wo Gemeinsamkeiten und Differenzen bei der Bestimmung des Forschungsgegenstandes liegen, der mithilfe der Lebenserzählung bzw. Biographie erforscht werden soll. Zunächst also zur Frage: Was möchte BERTAUX mithilfe von Lebenserzählungen erforschen? [9]

BERTAUX nutzt die Metapher der "Lebenserzählung als Leuchtrakete" (S.75), welche Licht auf die sozialen Welten der Erzähler*innen werfe. Dieses Licht werfe die Rakete nicht punktuell, sondern auf längerfristige Handlungen und Handlungsabläufe in sozialen Kontexten, in denen die Lebensverläufe der Menschen stattfinden. Eine so konzipierte Leuchtrakete vermöge es, auf "drei Arten, aus dem Gesellschaftsmosaik einen kohärenten empirischen Gegenstand heraus zu trennen" (S.30) und beschreibbar zu machen:

Mit diesen drei möglichen Untersuchungsgegenständen ist nun das Forschungsinteresse BERTAUXs in groben Zügen skizziert. BERTAUX selbst nennt seinen Forschungsstil "ethnosoziologisch". Von "hermeneutischen" Blicken auf biografisches Datenmaterial, von etwas, das er "Narrativismus" nennt und davon, der individuellen "Deutung" in Lebenserzählungen Bedeutung beizumessen, grenzt er sein Forschungsinteresse als "ethnografisch" ab. Er nennt seinen Forschungsstil auch "realistisch" und seine Gegenstände "objektiv" (dazu später mehr). In welches Verhältnis kann dieses Interesse nun zur deutschsprachigen Biografieforschung gesetzt werden? Wo lassen sich Überschneidungen, aber auch Differenzen erkennen, wenn es um die methodologische Bestimmung des Forschungsgegenstands geht? [11]

3. Zur Einordnung: deutschsprachige und im deutschsprachigen Raum verankerte biografietheoretische Ansätze

In diesem Abschnitt werden zunächst die biografietheoretischen Konzepte (Abschnitt 3.1) und anschließend die Diskussion zu Biografie und sozialen Welten (Abschnitt 3.2) skizziert. [12]

3.1 Biografietheoretische Herangehensweisen

Zur Einordnung seiner Forschungsarbeit hat sich BERTAUX zu "[US-] amerikanische[n] und englische[n] Lehrbücher[n]" (S.100) und zur deutschsprachigen Biografieforschung ins Verhältnis gesetzt. Im vorliegenden Essay wird lediglich die Situierung für die im deutschsprachigen Raum etablierte Biografieforschung reflektiert. [13]

Für BERTAUX ist relevant, dass in der Arbeit mit biografischem Datenmaterial nicht nur die Texte "als Texte" gelesen werden (a.a.O.). Zu beachten sei, dass "viele andere Menschen [...] in ähnlichen sozialhistorischen Situationen" (a.a.O.) ähnliche Erzählstrukturen hervorbringen. Eine solche Sicht erkennt BERTAUX in den Arbeiten von Ulrich OEVERMANN, Gabriele ROSENTHAL und Fritz SCHÜTZE. Er selbst sieht seine Technik jedoch näher an der Forschungspraxis von Ursula APITZSCH, Lena INOWLOCKI und Maria KONTOS3). Im Folgenden sollen einige metatheoretische Grundzüge der deutschsprachigen Biografieforschung skizziert werden4), um diese dann ins Verhältnis zu BERTAUXs Begriffsapparat zu setzen. [14]

Die deutschsprachige Biografieforschung fußt auf metatheoretischen Überlegungen, die unter dem Sammelbegriff der Chicago School gefasst werden (LUTZ, SCHIEBEL & TUIDER 2018a, S.2). Grundlegend Maßstäbe gesetzt hat die ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN mit ihren zwei Bänden zu "Alltagswissen, Interaktion und gesellschaftliche Wirklichkeit" (1973a, 1973b). Darin werden die metatheoretischen Ideen der Chicago School zu sozialem Handeln und Sprechen aufgearbeitet und weitergedacht. Joachim MATTHES und Fritz SCHÜTZE entwickeln in der Einleitung zum ersten Band ein richtungsweisendes materialistisches Verständnis von Alltagswissen und Biografie. Sie gehen davon aus, dass das menschliche Handeln "heteronome[n] Bedingungen" (1973, S.48) unterworfen ist, die u.a in der gesellschaftlichen arbeitsteiligen Struktur ("Produktion, Verteilung, Konsumtion, Steuerung bzw. Herrschaft" [a.a.O.]) bedingt sind. Die Menschen handelten situiert innerhalb dieser heteronomen Systembedingungen; sie seien gebunden an Arbeit, die als Reproduktion der "materiellen Subsistenzbasis" (S.24) verstanden wird. Ihr an die Position gebundenes Wissen sei geprägt von "soziohistorisch besonderen Vorstellungsinhalten" (a.a.O.). Zugleich und darüber hinausgehend seien die Alltagsmenschen zur Lösung "'formalpragmatische[r]' Strukturprobleme" fähig, "die hinsichtlich der interaktionslogischen Konstitution der formalen und deshalb universalen Grundstruktur [in] jeder Interaktion auftreten – jeder Interaktion, in welchem materiellen Problembereich sie nun auch immer schwerpunktmässig [sic] verankert ist" (a.a.O.). [15]

Die ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN war daran interessiert, diese universale Struktur, d.h. die gemeinsamen Regeln und sozialen Regelmäßigkeiten in Interaktionen, aufzufinden – und zugleich auf das Spannungsverhältnis zu situierter Handlungs- und Lebenserfahrung hinzuweisen. [16]

Basis für die deutschsprachige Biografieforschung ist nicht nur die Annahme einer grundsätzlichen Geordnetheit sozialer Handlungen im Allgemeinen (CICOUREL 1973; GARFINKEL 1973), sondern auch der Geordnetheit der Handlung des biografischen Erzählens im Besonderen (SCHÜTZE 1984). Es wird zugleich davon ausgegangen, dass die Fähigkeit und Notwendigkeit, sich – immer wieder neu – als biografisches Subjekt entwerfen zu können, ein Merkmal der Moderne darstellt (vgl. ALHEIT 2010 zu "Biografizität"). Es entwickelte sich im Laufe der Jahre eine Forschungslandschaft, die rekonstruktiv die Datensorte "biografische Erzählung" aufbricht, um anhand von erwarteten und unerwarteten Ordnungen des Erzähltextes Erkenntnisse über die Bildungs- und Lebensbedingungen von im sozialen Raum situierten Subjekten zu generieren. Eine solche Herangehensweise eröffnete zum Beispiel Erkenntnisse über soziale Figurationen (ALHEIT 2018), das Verhältnis von biografischem Wissen und vergeschlechtlichter Sozialisation (DAUSIEN 2006b), zu Biografie im Kontext sozialer Institutionen (HANSES 2018) sowie zum biografischen Lernen "in der Lebensspanne" (ALHEIT 2010, S.220; siehe auch HOHN & HANSES 2008; SCHIEBEL 2011). In dieser Stilrichtung der Biografieforschung werden Biografien als Dokumente sozialer Wirklichkeiten gelesen, die weit über das individuelle Erleben der erzählenden Person hinaus verweisen und Erkenntnisse über die Ordnungen des Sozialen eröffnen.5) [17]

Einen anderen Weg der deutschsprachigen Biografieforschung hat Gabriele ROSENTHAL genommen, die stärker das Subjekt und seine Erfahrungswelten in den Blick nimmt. Zwar geht es auch bei ROSENTHAL (1995) um die Überwindung des Dualismus von Subjekt und Objekt – doch wählt sie zur Bestimmung des Verhältnisses von der "erlebten" und der "erzählten" Geschichte einen gestalttheoretischen – also psychologisch fundierten – Zugang. Sie geht davon aus, dass die situative innere "Zuwendung" zur erlebten Lebensgeschichte deren Gestalt im Moment des Erzählens verändert. Erlebte und erzählte Geschichte stünden in einem "sich wechselseitig konstituierenden Verhältnis" (S.20). Bei der Analyse von erzählten biografischen Fallstrukturen orientiert sich ROSENTHAL u.a. an den (objektiv-) hermeneutischen Grundbegriffen OEVERMANNs. Ziel der Analyse ist, aus der Gestalt der Erzählungen die Bedingungen des erlebten Lebens und die Sinnhaftigkeit der situativen Zuwendung dazu zu rekonstruieren. [18]

Ursula APITZSCH und Lena INOWLOCKI haben ihre biografietheoretischen Texte vor allem auf Englisch publiziert, wenngleich sie im deutschsprachigen Raum universitär verankert sind. Während die metatheoretischen Bezüge im SCHÜTZEschen und der ROSENTHALschen Analysestil ein einheitliches methodologisches Bild abgeben, nehmen APITZSCH und INOWLOCKI verschiedene Spuren auf, die sich teilweise auch widersprechen. In der Auseinandersetzung mit der Frage, ob es eine "'German' school" der Biografieforschung gibt, analysieren sie u.a. den "realist approach" von BERTAUX (APITZSCH & INOWLOCKI 2000, S. 57). Sie attestieren ihm ein Verständnis des Verhältnisses von Subjekt und Objekt, das zu sehr an der Frage nach dem Wahrheitsgehalt orientiert sei. Im Ansatz der ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN werde der Dualismus von Subjekt und Objekt allerdings aufgehoben. APITZSCH und INOWLOCKI konstatieren, dass es mit der nicht-hermeneutischen Analyse nach SCHÜTZE gelingen kann, soziale Bedingungen biografischer Handlungs- und Erlebenszusammenhänge jenseits subjektiver Aussageintentionen zu rekonstruieren.6) Sie knüpfen weiterhin an das Modell der "Kognitive[n] Figuren des autobiographischen Stegreiferzählens" (SCHÜTZE 1984) und insbesondere an das Konzept der Verlaufskurven (RIEMANN & SCHÜTZE 1991) an, wobei für sie die objektiven Bedingungen von Verlaufskurven von speziellem Interesse sind: "Trajectories represent a concept of social reality that refers both to situations that are objectively (potentially) threatening and to the interactive production and reproduction of threat, marginalization and exclusion" (APITZSCH, INOWLOCKI & KONTOS 2008, S.15). [19]

In ihren Projekten fragen sie nach den "objektiven" Bedingungen von Verlaufskurven, wozu sie bei makrotheoretischen Gegenstandstheorien anfangen. In einem weiteren Text (APITZSCH & SIOUTI 2014) wird deutlich, dass die Forschungsweise auf Hypothesenbildung im gegenstandstheoretischen Bereich beruht, welche dann an biografischen case studies geprüft werden. Die metatheoretische bzw. methodologische Feineinstellung bleibt in den genannten Veröffentlichungen hintergründig bzw. wird nicht analytisch am Datenmaterial entfaltet. [20]

3.2 Biografieforschung und die Theorie sozialer Welten

Die von BERTAUX vorgeschlagene Perspektive, die Lebenserzählungsforschung mit der Theoretisierung sozialer Welten zu verbinden, ist ebenfalls in der deutschsprachigen Debatte bekannt. Die biografietheoretische (und professionalisierungstheoretische) Auseinandersetzung mit sozialen Welten entfaltet SCHÜTZE (2016a, 2016b). In Bezug auf STRAUSS fasst er soziale Welten wie folgt:

"Soziale Welten sind Orientierungs-, Kommunikations-, Wissens-, Ausdrucks- und Arbeitszusammenhänge von diesbezüglich engagierten und sich persönlich verpflichtet fühlenden Akteuren und Akteursgruppen, die auf spezifische thematische Gestaltungsfelder (wie ein professionelles Handlungsfeld oder ein Kunstsujet) – und oftmals gerade auf spezifische Problemkonstellationen in ihnen – ausgerichtet sind ..." (SCHÜTZE 2016a, S.75). [21]

Die sozialen Welten werden von Akteur*innen geschaffen, die spezifisches Wissen und Kompetenzen teilen. Die Teilhabe in sozialen Welten ist voraussetzungsreich. Weiterhin geht SCHÜTZE davon aus, dass die sozialen Welten einen relevanten identifikatorischen Aspekt im Leben der Akteur*innen darstellen. Die Akteur*innen teilten in der sozialen Welt eine höhersymbolische Sinnwelt. Relevant zu betonen ist, dass laut dieses Konzepts in sozialen Welten vornehmlich diskursives, reflektiertes bzw. bewusstes Wissen verhandelt wird. [22]

In welchem Verhältnis stehen nun soziale Welten und die sozialen, biografischen Akteur*innen, die diese Welten schaffen? Anja WILDHAGEN und Carsten DETKA (2018) fassen den Diskussionsstand der deutschsprachigen Forschung wie folgt zusammen: Die Akteur*innen in den sozialen Welten würden in den sozialen Welten "nicht als Alltagsmenschen, sondern als Repräsentant_innen, Anwender_innen und Weiterentwickler_innen spezifischen, d.h. sozialweltbezogenen Wissens aktiv" (S.211). Zugleich hätten die Aktivitäten in den sozialen Welten "besondere biographische Relevanz für die Akteur_innen" (S.212). Der Bezug der Alltagsmenschen bzw. Biografieträger*innen auf ihre Erfahrungen in spezifischen sozialen Welten werde stets dadurch angetrieben, dass sie darin als Akteur*innen bewusst und reflektierend aktiv würden. Die Relevanz sozialer Welten werde von den Alltagsmenschen – so die Erkenntnis von Studien, die diesem Ansatz folgen – auf verschiedene Weisen erlebt. So würden soziale Welten bedeutsam für die Biografien von Subjekten, indem sie Anknüpfungspunkte und Motivationen für biografische Handlungsschemata geben. Ursächlich wird hier die Möglichkeit diskutiert, selbst gemachte (biografische, auch schwierige) Erfahrungen (wie z.B. eine politische Gefangennahme in der DDR) kollektiv zu diskutieren und dadurch neu zu deuten. Damit böten soziale Welten die Möglichkeit biografischer Arbeit, weil sich Erfahrungen bewusst zugewandt wird. Möglich werde weiterhin, durch die Diskussion biografischer Erfahrung in der sozialen Welt kollektive Identitäten zu entwickeln. Schließlich bergen soziale Welten Kreativitätspotenzial, da sich die Biograf*innen in den sozialen Welten rollenspezifisch selbst erkunden und ausprobieren können. [23]

Zusammengefasst werden in der hier rezipierten Debatte soziale Welten als spezifische Erfahrungswelten verstanden, in denen kommunikatives Wissen über spezifische Problem- und Interessenlagen ausgetauscht wird – mögen dies nun Berufsfelder oder soziale Bewegungen sein. Mit diesen sozialen Welten stehen die biografischen Alltagsmenschen in einem Wechselverhältnis, gehen aber nicht in einer sozialen Welt auf. Soziale Welten haben in dieser theoretischen Perspektive das Potenzial, biografische Prozesse anzustoßen.7) [24]

4. Die ethnosoziologische Forschung mit Lebenserzählungen: zentrale Begriffe und Konzepte

Um eine Verortung BERTAUXs Werk im deutschsprachigen Diskurs vorzunehmen, sollen in diesem Abschnitt die zentralen Begriffe seines Ansatzes skizziert werden. [25]

4.1 Metatheoretische Ideen

Während in der deutschsprachigen Forschung Überlegungen zur Verhältnisbestimmung von gesellschaftlichen Strukturen, Interaktion und subjektiven Handlungsentwürfen zentral sind, legt BERTAUX den Fokus eher auf die Konzepte gesellschaftlicher Strukturen, weniger auf die Verhältnisbestimmung von Alltagsmenschen, deren Akteur*innenstatus in sozialen Welten und deren Handlungswissen in alltäglicher sowie biografischer Dimension. [26]

BERTAUX beschreibt die Realität menschlicher Sozialität als ein "Gesamtmosaik" (S.25). Ihn interessiert nicht, ein Bild des "riesigen Gesamtmosaiks" (a.a.O.) zu zeichnen – seine Forschung basiert vielmehr auf der Idee, dass die Gesamtheit unterteilbar ist in Teile, die er wahlweise "Fragmente", "soziale Lagen" oder "soziale Welten" (a.a.O.) nennt. Dabei geht er davon aus, dass diese eine Kohärenz hinsichtlich der "Struktur der Machtverhältnisse" aufweisen (S.16). Es gehe in der ethnosoziologischen Forschung daher "vorrangig um die materiellen und sozialen Bedingungen, die Struktur der Machtverhältnisse ... und die Auslöser für das Funktionieren und die Veränderung eines Bereichs oder kohärenten Fragments der Gesellschaft" (S.16). [27]

Für dieses Vorhaben sei die Lebenserzählung ein probates Mittel. Für die Wahl der "Studienobjekte der ethnosoziologischen Erhebung" (S.31) differenziert er zwischen "sozialen Welten" (a.a.O., bspw. Berufe, Professionen, Vereine oder Sportarten); "Kategorien sozialer Situationen" (S.33, bspw. soziale Lagen; hier werden alleinerziehende Mütter und Langzeitarbeitslose genannt, die je den "gleichen Druck" in ihren Lebenszusammenhängen erlebten); weiterhin die "Entwicklungen von sozialen bzw. lebensgeschichtlichen Prozessstrukturen" (S.34, hier geht es um die trajectoires, die in bestimmten sozialen Welten/Situationskategorien typisch sind) und schließlich die "Familiengeschichten" (S.35), welche im Buch nicht weiter ausgeführt werden. [28]

Mit dem starken Bezug auf soziale Welten wählt BERTAUX einen Zugang, der Überlegungen zur gesellschaftlichen Struktur in der Moderne beinhaltet – Ausgangspunkt sind die Annahmen, dass gesellschaftliche Prozesse der "Rationalisierung (Weber)" und der "funktionalen Differenzierung (Luhmann)" unterworfen sind: "Das führt zu einer immer stärkeren Vermehrung der Arbeitsbereiche oder der 'sozialen Welten' ... die sich auf eine bestimmte Art spezialisiert haben und ganz auf sie ausgerichtet, aber voneinander getrennt sind" (S.31). [29]

Diese Annahme über das Vorhandensein sozialer Welten ist in BERTAUXs Ansatz von grundlegender heuristischer Qualität und leitet sowohl seine Auswahl von Interviewpartner*innen als auch die Datenanalyse an. Bei letzterer geht es BERTAUX darum, in den Lebenserzählungen jene Informationen herauszuarbeiten, die Auskunft über die Bedingungen sozialer Welten geben können. [30]

Zentrale Begriffe sind weiterhin die "Handlungsabläufe" sowie die "Funktionen" (S.26) und die "Logiken" (S.118) von sozialen Welten und Lagen. BERTAUX geht davon aus, dass Individuen durchaus reflektiert handeln, doch er interessiert sich eben nicht für die Intentionen, sondern für die durch die materiellen Bedingungen geleiteten Handlungsabfolgen:

"Natürlich interessieren sich Soziolog_inn_en für die Motive, die Gründe des Handelns einer Person; am meisten interessieren sie jedoch die (mikro-, meso und makrosozialen) sozial-historischen Rahmenbedingungen, die objektiven Gegebenheiten, die dieser Handlungsablauf in seinem Verlauf beleuchtet; genau sie sind Gegenstand der soziologischen Forschung" (S.15-16). [31]

Auf diese Weise ist es ihm ein Anliegen, "objektive Erkenntnisse" (S.39) über die sozialen und materiellen Bedingungen des Handelns über längere Zeiträume in unterschiedlichen sozialen Welten und Lagen zu generieren. BERTAUX sucht über das Medium der "Leuchtrakete" Lebenserzählung (S.75) nach einem "kohärente[n] (soziologisch formulierte[n]) Bild des untersuchten Gegenstands" (S.44) bzw. nach einem "festen Kern" (S.50), der über die Funktionen und Logiken des situierten Handelns aufklärt. Dazu verwendet er das Bild eines "Historikers", der "einerseits Fakten rekonstruier[t], andererseits diese durch Interpretation miteinander [verbindet]" (S.85). Auch das Bild des Historikers hilft, das Interesse von BERTAUX zu bestimmen: Es sind die zeitlichen und sozialen Lagen und Verhältnisse außerhalb des Individuums. [32]

4.2 Erhebungs- und Analysemethoden

Bei der Erhebung von Forschungsdaten sind für BERTAUX zwei Aspekte grundlegend. Ist ein "Studienobjekt der ethnosoziologischen Erhebung" (S.31) ausgemacht, so sollen einerseits Lebenserzählungen in größerer Zahl erhoben werden, denn nur durch eine große Anzahl sei es möglich, die Erzählungen "als Quelle verlässlicher soziografischer Informationen" zu verwenden (S.29). Andererseits plädiert BERTAUX für die Triangulation von Lebenserzählungen mit anderen Datensorten ("Gesetzestexte, verschiedene Dokumente, Statistiken"; S.25). [33]

Für die Erhebung von Lebenserzählungen geht BERTAUX davon aus, dass sie stets durch einen "Filter" (S.51) erzählt werden, wodurch in der dialogischen Situation die Erzähler*innen die Informationsvermittlung steuern würden. Er empfiehlt, in der Kontaktanbahnung mit möglichen Interviewpartner*innen die soziale Kategorie (z.B. Langzeitarbeitslose) zu nennen, für die sich die*der Forschende interessiert, um so einem "inquisitorischen" (S.74), d.h. allzu privaten Charakter des Dialogs vorzubeugen. Die narrativen Interviews sollen im besten Fall akustisch aufgezeichnet werden. Nachdem eine dem Forschungsinteresse angemessene Eingangsfrage gestellt wurde, soll das Gespräch mit Fragen am Laufen gehalten werden. Dazu eigne sich die Frage "Und wie ging das dann weiter?" ebenso wie Fragen nach "Beschreibungen von Kontexten", der "Abfolge von Situation und Handlung" (a.a.O.) sowie nach Handlungsalternativen. Über eine solche Frage nach der "virtuellen Wirklichkeit (was hätte passieren können)" soll es möglich werden, eine Erkenntnis darüber zu generieren, "welche Palette an objektiven Möglichkeiten sich ihnen [den Erzähler*innen] wirklich darbot" (S.75). [34]

Für die Analyse der auf diese Weise erhobenen Lebenserzählungen rät BERTAUX, die Texte "immer wieder zu hören, sie zu transkribieren, sie zu lesen und nochmals zu lesen" (S.62). Dabei sei die Transkription keine Bedingung für die Analyse – BERTAUX empfiehlt lediglich die vollständige Transkription der "ersten drei oder vier Gespräche" (S.83). Bei der Analyse gehe es darum, die "diachrone8) Struktur der Geschichte wieder[zu]gewinnen" (a.a.O.). Dazu sei technisch zwischen den Darstellungsdimensionen einer "historisch-empirischen[n] Ebene", der "psychische[n] und semantische[n] Ebene ('im Kopf')" und der "diskursiven Ebene" (S.84) des Erhebungsdialogs zu unterscheiden. BERTAUX interessiert sich für die erste der drei Dimensionen, die "historisch-empirische Ebene" (a.a.O.), deren Fakten es zu analysieren gelte. Die Ereignisse sollen in der sich zeitlich bedingenden Abfolge rekonstruiert werden, sodass eine "diskursive Objektivität" (S.87) über den tatsächlichen Lebensverlauf gewonnen werden könne. Das Ziel der Analyse sei, "Entwicklungen des Zusammenlebens sozialer Gruppen [zu] rekonstruieren" (S.92) und dafür die "auslösenden Mechanismen und sozialen Prozesse[...]" (S.95) aufzudecken. Es gelte, die "Indizien" (S.96) für diese Entwicklungen des Zusammenlebens zusammenzutragen. Weiterhin differenziert BERTAUX zwischen den Varianten einer "thematischen Analyse", einer "psychosoziologischen Analyse" und einer "verstehenden Analyse" (S.98-99). Seine Anleitung zur Auswertung des lebenserzählerischen Datenmaterials kommt ohne Veranschaulichung an Datenfragmenten aus. BERTAUX fasst selbst zusammen, dass es ihm nicht um die Vermittlung "standardisierte[r] Analysetechniken" (S.100) gehe, sondern vielmehr darum, einen "Forschergeist" (a.a.O., Fußnote 21) zu lehren. Zu den Auswertungsmethoden und der Logik der Triangulation der Datensorte der Lebenserzählungen mit ethnografischen Beobachtungen, Gesetzestexten und Statistiken findet sich in "Die Lebenserzählung" kein Hinweis. [35]

4.3 Zur Einordnung in den deutschsprachigen Diskurs

An dieser Stelle kann ein Zwischenfazit formuliert werden, um BERTAUXs Ansatz in den deutschsprachigen Diskurs einzuordnen. Zu differenzieren ist hierzu zwischen den Ansätzen, die sich systematisch für die Bildung biografischen Wissens interessieren und den Ansätzen, welche die Lebenserzählungen nach Indizien für gesellschaftliche Rahmenbedingungen absuchen und dabei der Situiertheit von biografischem Wissen weniger bis kaum systematisch Rechnung tragen. In die erste Gruppe, in der die Bildung des biografischen Wissens in metatheoretischer Hinsicht diskutiert wird, lassen sich die Biografieanalysen einordnen, die an die Überlegungen der ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN und namentlich von SCHÜTZE anschließen, sowie diejenigen Biografieanalysen, bei denen der spezielle Weg der gestalttheoretischen Fundierung nach ROSENTHAL eingeschlagen wird. In beiden Stilen wird der Feinanalyse des Datenmaterials unter metatheoretischen Gesichtspunkten der Bestimmung von Wissensformen in gesellschaftlichen Kontexten Rechnung getragen. Der Gegenstand ist stets die spezifische Form biografischen Wissens. Gegenstandstheoretische Überlegungen werden mit metatheoretischen Überlegungen zum Wissen von Biografieträger*innen systematisch verschränkt. [36]

In die zweite Gruppe, die dezidiert gegenstandstheoretisch orientiert ist und bei der hypothesenbildend gearbeitet wird, lässt sich BERTAUXs Ansatz ebenso einordnen wie der Ansatz von APITZSCH und INOWLOCKI9). Ich teile somit die von BERTAUX selbst attestierte Einschätzung, dass sein Forschungsstil dem Stil von APITZSCH und INOWLOCKI ähnelt. Die Differenz zwischen beiden liegt – und dies ist eine Feststellung, die weder bei BERTAUX noch im Vorwort der Herausgeber*innen ausformuliert ist – in der Qualität seiner Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des biographischen Wissens im Verhältnis zu sozialen Lagen und sozialen Welten. Die Lebenserzählung (eine "Leuchtrakete") ist für BERTAUX ein (Leucht-) Mittel, um Licht in die sozialen Welten scheinen zu lassen. In seinem "ethnosoziologischen" Ansatz (S.31) mangelt es meines Erachtens jedoch an einer systematischen Auseinandersetzung mit Konzepten des (biografischen, habituellen, situierten) Wissens – und zwar in einer so grundsätzlichen Weise, dass es zweifelhaft erscheint, ob der Forschungsansatz BERTAUXs überhaupt bruchlos in den gegenwärtigen Diskurs der deutschsprachigen Biografieforschung eingeordnet werden kann. [37]

In Bezug auf das Verständnis sozialer Welten im Kontext von Biografie fällt auf, dass in der deutschsprachigen Forschung eine differenzierte Auseinandersetzung über das Verhältnis von sozialen Akteur*innen als Alltagsmenschen einerseits und sozialen Akteur*innen als Funktionsträger*innen in sozialen Welten andererseits geführt wird. Während in der deutschsprachigen Bezugnahme auf die Theorie sozialer Welten die sozialen Welten durch die Akteur*innen aktiv hergestellt werden und die Akteur*innen darin reflexiv und repräsentativ für bestimmte Positionen kommunikative Tätigkeiten verfolgen (SCHÜTZE 2016a; WILDHAGEN & DETKA 2018), fehlt bei BERTAUX eine differenzierte Verhältnisbestimmung von Alltagsleben und dem Leben(sausschnitt) in sozialen Welten. Es ist lediglich zu erfahren, dass die Interviewer*innen nicht zu stark in das "Private" (S.92) der Erzähler*innen vordringen sollen. Diese Aussage könnte darauf verweisen, dass BERTAUX zwischen den privaten biografischen Subjekten und deren Akteur*innenstatus in den sozialen Welten auf eine ähnliche Weise differenziert wie WILDHAGEN und DETKA (2018, S.211). Weiterhin wird in der deutschsprachigen Sozialweltforschung die biografische Bedeutung von Erfahrungen in Lebenswelten diskutiert. Demgegenüber bleibt unklar, in welcher Beziehung für BERTAUX das Wissen der Erzähler*innen über ihr Leben und deren Erfahrungen in sozialen Welten stehen. Zusammenfassend lässt sich als Eindruck festhalten, dass die sozialen Welten der Akteur*innen von BERTAUX eher als äußerlich und unverfügbar gedacht werden, und dass Akteur*innen reflektierend und handelnd darauf Bezug nehmen. Die ethnosoziologische Forschung soll laut BERTAUX dazu beitragen, Kenntnisse über soziale Formen in sozialen Welten zu gewinnen, also über "die Beschaffenheit der sozio-strukturellen Beziehungen (Elias, 2014), die der Situation innewohnende Logik (Quéré 1999; Pollak 1990), ihre Entstehungsmechanismen (Durkheim 1984), die Logik des Handelns (Weber 1922), innere Spannungen und Triebkräfte usw." (S.30). [38]

Die Rolle und Qualität des Wissens und Handelns von sozialen Akteur*innen und deren Verhältnis zu sozialen Strukturen wird mit dieser Interessenbekundung nicht diskutiert. In Bezug auf diese Beobachtungen erscheint der deutschsprachige Diskurs deutlich differenzierter. [39]

5. Zur Kritik zentraler Begriffe

Das Buch von BERTAUX enthält vielfältige Verweisungen auf metatheoretische Probleme, wie sie in der Biografieforschung grundlegend bekannt sind. Diese Probleme beschreibt BERTAUX mit allgemeinen Worten oder mit Verweisen auf theoretische Vordenker*innen. Jedoch bleiben solche Überlegungen an vielen Stellen unverbunden oder widersprechen Überlegungen an anderen Stellen des Textes. [40]

So bezeichnet BERTAUX die Lebensgeschichte als das "Erzeugnis einer dialogischen Interaktion" (S.28). Er geht davon aus, dass Erzähler*innen einen "Filter" (S.51) über ihr Leben legten und nur das erzählten, was sie als für die Forschenden relevant erachteten. Diese folgenschwere Annahme findet jedoch in den Hinweisen zur Datenanalyse keine Beachtung. Kann in jedem Fall angenommen werden, dass Erzähler*innen die Einschätzung der Forscher*innen teilen, wenn es um die Bewertung des Erzählgegenstands geht? Wie wäre mit dem Wissen um die dialogische Qualität in der Auswertung umzugehen? Welche Erkenntnisse kann diese Annahme eröffnen, welche anderen Erkenntnisse verwehrt sie? [41]

Ein weiteres ganz grundlegendes Problem ergibt sich aus der Verwendung der Begriffe realistisch und objektiv – ein Aspekt, auf den auch die Herausgeber*innen des Werkes hinweisen (S.12, Fußnote 2). Es erschließt sich – sucht man nach wissenssoziologischen Stringenzen – an weiten Teilen nicht, wie BERTAUX den Forschungsgegenstand konzipiert und inwiefern es sich beim Gegenstand um einen "objektiven" oder "realen" Gegenstand handelt. Wird mit dem Begriff der sozialen Welten die Differenzierung des gesellschaftlichen Gesamtmosaiks betont, so findet sich in dieser Formulierung ein Hinweis darauf, dass es um die Ausdifferenzierung des Wissens und die Sichtweisen aus verschiedenen Lagen heraus gehen könnte. Auch der Hinweis, die "Leuchtrakete" solle die unterschiedlichen sozialen Welten von innen heraus ausleuchten, zeigt die Differenzierung von Wissensgehalten an. Zugleich betont BERTAUX, dass die unterschiedlichen Kategorien von Akteur*innen nicht "im alleinigen Besitz der ganzen objektiven Wahrheit" (S.41) seien. Erst den Forschenden obliege die Entwicklung eines "objektiven Denkmusters, eines besseren Modells des untersuchten sozialen Gegenstands" (a.a.O.), als die Akteur*innen dies vermögen. Hier müsste nun differenziert werden, welcher Art das "objektive" Wissen ist, das aus den Erzählungen situierter Akteur*innen generiert werden kann. Ist es das objektive, verbindende Wissen einer sozialen Welt bzw. einer Kategorie sozialer Akteur*innen, oder ein objektives Wissen über die Bedingungen der Wissensgenerierung im materiell und sozial bedingten, fragmentierten Raum? In welchem Zusammenhang steht das Wissen der Akteur*innen mit dem "untersuchten sozialen Gegenstand" (von dem geklärt werden muss, ob es ein Fragment des Gesellschaftsmosaiks betrifft, oder aber das Mosaik im Gesamten)? [42]

Auch in seinen Hinweisen zur Datenanalyse widerspricht sich BERTAUX in Bezug auf seine Ausführungen zur Objektivität. Zum einen geht er von dem Umstand aus, dass niemand in den sozialen Welten im Besitz der Wahrheit sei, es aber Wissenschaftler*innen obliege, diese aufzuspüren (a.a.O.). Somit ist anzunehmen, dass es sich bei der Wahrheit oder der Objektivität um Wissen über Zusammenhänge zwischen materiellen und sozialen Bedingungen des Gesellschaftsmosaiks einerseits und Lebens- und Handlungsmöglichkeiten andererseits handelt. Es müsste in einem solchen Verständnis darum gehen, aus den Aussagen der Interviewten die Bedingungen des Lebens zu rekonstruieren. BERTAUX selbst kritisiert, dass es nicht darum gehen könne, lediglich "Fakten" (S.39) in den Aussagen der Erzähler*innen zu suchen. Wie also sind die Datentexte zu lesen? Dazu gibt BERTAUX einerseits die Anweisung, deren Aussagen nicht mit der Wahrheit zu verwechseln und zitiert die Differenzierung von "Signifikat" und "Signifikant" bei DE SAUSSURE (S.84). Da DE SAUSSURE sich aber nicht für die Objekte "im hier und jetzt" interessiere, fügt BERTAUX die konkreten Objekte zum Modell DE SAUSSUREs hinzu. So differenziert er drei Sprechebenen: erstens die historisch-empirische Ebene bzw. die Ebene des konkreten Referenten/Objekts; zweitens die psychisch-semantische Ebene, die dem Signifikat DE SAUSSUREs und drittens den Diskurs des Dialogs in der Erhebung, der dem Signifikanten DE SAUSSUREs entspreche (a.a.O.). In Bezug auf die semantische Dimension der erzählerischen Darstellung von Handlungen lässt sich an anderen Stellen erkennen, dass BERTAUX sich einerseits auf die Motivtheorie von SCHÜTZ bezieht (S.90). Weiterhin distanziert BERTAUX sich in einer Mail an die Herausgeber*innen des Heftes vom interpretative turn der Biografieforschung, sowie er sich von der "Bedeutungsanalyse" (S.5) abgrenzt. Andererseits plädierte er später in Bezug auf GADAMER dafür, dann doch den "semantischen Horizont" (S.95) von Aussagen zu analysieren. Ferner sollten Forschende "nicht versuchen, in das Privatleben anderer Menschen einzudringen" (S.92) – wie aber grenzt BERTAUX das Privatleben von der situierten Erfahrung der Akteur*innen ab? Wie lassen sich der semantische Horizont oder die erzählten Motive systematisch in Beziehungen zu den materiellen und sozialen Bedingungen des Gesellschaftsmosaiks setzen? Wie lässt sich die Interpretation bzw. Sinnkonstruktion der Alltagsakteur*innen über ihre Handlungsräume bzw. deren angegebene Motive für ihr Handeln (vgl. SCHÜTZ 2016 [1974]) in Bezug zu einer als "objektiv" zu bezeichnenden Erkenntnisebene setzen, wie BERTAUX sie anstrebt? [43]

Der Versuch, in seinen Analysebeispielen nach Erklärungen zu suchen, hilft für diese Fragen leider nicht weiter. Die Anleitung zur Analyse konzentriert sich größtenteils auf den Hinweis, die "diachrone Struktur der biografischen Ereignisse" (S.87) zu rekonstruieren. Hierfür werden die expliziten Aussagen zu konkreten historischen und sozialen Bedingungen über Handlungsentscheidungen und -motive herangezogen. Zugleich sei nach "Indizien" (S.96) – ebenso expliziter Art – von Handlungsbedingungen zu suchen:

"Jedes Indiz sollte als schwer erkennbare Spitze des Eisbergs angesehen werden. Ein Beispiel: Die allererste Lebenserzählung, die ich bei einem alten Bäckereifacharbeiter durchgeführt habe, der 1909 geboren wurde, enthielt diesen einfachen Satz über seine Jugendjahre: 'Wir haben die ganze Woche durchgearbeitet, jeden Tag.' Jeden Tag? Das war ein wertvoller Hinweis auf das Funktionieren eines Bäckereibetriebs. Da hätte ich im Gespräch noch nachbohren müssen; aus Mangel an Erfahrung tat ich es nicht. Die Bedeutung dieses Satzes wurde erst nach und nach bei anderen Gesprächen ersichtlich" (S.97). [44]

Das hier zitierte Beispiel zeigt ein besonderes Interesse für den "Fakt" (jener Begriff, der an anderer Stelle als uninteressant bezeichnet wurde), dass im Bäckereibetrieb sieben Tage die Woche gearbeitet wurde. Ein Verweis darauf, wie diese Information nun qualitativ erkenntnisgenerierend gewendet wird, findet sich im Fortgang des Textes nicht. [45]

Somit stehen die ausgeführten Ansprüche, eine semantische und hermeneutische Analyse sowie eine Motivanalyse im Textmaterial durchzuführen, unverbunden neben Textbeispielen, die vor allem der Suche nach "objektiven" Fakten des Alltagslebens durch aufmerksames Zuhören Genüge tun. Da es im Buch an differenzierteren Auseinandersetzungen mit Textbeispielen und der Analysepraxis fehlt, lässt sich lediglich feststellen, dass sich metatheoretische Bezüge teils widersprechen und sich nicht mit den präsentierten Analysebeispielen befruchten. [46]

Nicht zuletzt ist – im Vergleich zur deutschsprachigen Debatte – auch in BERTAUXs Verwendung des Begriffs "soziale Welten" eine gewisse Laxheit festzustellen. Zwar werden von ihm "berufliche Tätigkeit[en]" (S.31), professionelle sowie künstlerische Arbeitsbereiche als soziale Welten benannt, jedoch wird nicht ersichtlich, auf welche Weise soziale Welten und Lebenserzählungen theoretisch in Bezug gesetzt werden können. Vor allem scheinen seine Vorschläge zur Erforschung sozialer Welten mithilfe von Lebenserzählungen allein auf seine Arbeiten zum Bäckereihandwerk zurückzugehen und damit eine Spezifik – die Nähe von Alltagsleben und das Leben als Bäcker*in – aufzuweisen. Der Verweis auf die siebentägige Arbeitswoche macht das deutlich. Dass diese Spezifik es ermöglicht, die soziale Welt der Bäckereien mithilfe von Lebenserzählungen zu erforschen, müsste jedoch weitergehend herausgearbeitet werden – und ist überdies in theoretischer Hinsicht mit Blick auf andere soziale Welten (die zum Beispiel nur zeitweise für den Lebensalltag relevant werden) erklärungsbedürftig. Anhand dieser Überlegungen muss als weiteres Fazit festgehalten werden, dass BERTAUX seinem Anspruch, die seinem Forschungsansatz "zugrundeliegende Erkenntnistheorie" (S.17) in diesem Band zu entfalten, nur bedingt gerecht wird. [47]

6. Reflexionen zu Aufbau und Stil des Buches

Dem Buch ist eine Einleitung durch die Herausgeber*innen der deutschen Übersetzung vorangestellt, die eine Mail des Autors an die Herausgeber*innen beinhaltet. Durch diese Einleitung wird das Buch gerahmt und mit der "Aufforderung" versehen, es als eine Bereicherung für die deutschsprachige Biografieforschung zu lesen. [48]

Der Aufbau des eigentlichen Buches ist zunächst einleuchtend. Der Einordnung des Ansatzes als "ethnosoziologische Sicht" (Kap. 1) folgen eine Darlegung der Konzeption der "Lebenserzählung" (Kap. 2-3) und vier Kapitel, welche die Erhebung bis zur Ergebnisdarstellung präsentieren (Kap. 4-7). Beim Lesen jedoch wirken die Überschriften oft vielversprechender als die dann folgenden Inhalte. Mitunter kommt es zu einer gewissen Orientierungslosigkeit, worum es denn in einem Abschnitt "wirklich" geht. [49]

Die Sprache ist zudem von allgemeinen Andeutungen schwanger, so zum Beispiel:

"Die ethnosoziologische [...] Sichtweise hat gute Zukunftschancen. Denn die Nachfrage nach soziografischen und soziologischen Erkenntnissen (über eine bestimmte soziale Welt, eine bestimmte Kategorie sozialer Situationen oder eine bestimmte Prozessstruktur von Migrationsverläufen) ist groß und wird immer größer; und die ethnosoziologische Sichtweise ist sehr wohl in der Lage, darauf Antworten zu finden" (S.126). [50]

Beim aufmerksamen Lesen erschließt sich mir als eine an den Stil der deutschsprachigen Methodenliteratur gewöhnten Leserin aber oft nicht, worin genau die Anknüpfungspunkte für die Versprechungen liegen. Zu oft bleiben die Einordnungen der eigenen Perspektive vage und werden nicht mit konkreten Quellenverweisen belegt, so zum Beispiel: "Viele Soziolog_inn_en glauben noch, dass man den Aussagen der Leute in einem erzählenden Gespräch nicht vertrauen darf. Diese Sicht ist jedoch spekulativ; sie basiert auf keinerlei empirischer Beobachtung. Sie ist sogar gänzlich falsch, wie eine Studie gezeigt hat" (S.38-39). [51]

Auf diese Aussage folgt der Verweis auf eine Studie zum Wahrheitswert von Lebenserzählungen im Verhältnis zu Fragebögen. Verallgemeinerungen, wie sie BERTAUX trifft ("Viele Soziolog_inn_en glauben noch ..."), sind für Lesende nicht hilfreich, um etwas über das wissenschaftliche Feld oder die Positionierung des Autors im wissenschaftlichen Feld zu erfahren. Sie sind vielmehr ärgerlich, da die gesamte Arbeit der Einordnung den Leser*innen überantwortet wird, die nicht ersehen können, woran sich der Autor orientiert oder abarbeitet. [52]

7. Zusammenfassung: das ethnografische Interesse und der materialistische Impuls

Bisher wurde BERTAUX in der deutschsprachigen Biografieforschung kaum rezipiert. In dieser Zusammenfassung soll abschließend der deutschsprachigen Rezeptionsgeschichte nachgegangen sowie die besprochene Verortung von "Die Lebenserzählung" im deutschsprachigen Diskurs zusammengefasst werden, um am Schluss auf die produktiven Anschlussmöglichkeiten an BERTAUXs Werk hinzuweisen. [53]

Im Sammelband von LUTZ et al. (2018b), der einen breiten Einblick in die deutschsprachige Biografieforschung gibt, wird BERTAUX weniger für seine methodologischen Überlegungen erwähnt. Anerkennung findet er dafür, den Biografieansatz (nicht nur in Frankreich) wiederbelebt zu haben (BROSE & WOHLRAB-SAHR 2018; INOWLOCKI 2018; NURSE & O'NEILL 2018; ROSENTHAL & WORM 2018). ROSENTHAL und WORM verorten seine Impulse für die Biografieforschung in einer "historisch orientierte[n] Perspektive" (2018, S.156). ROSENTHAL und HINRICHSEN (2018) betonen seine Leistungen in Bezug auf Sozialisationsprozesse in Familien und über mehrere Generationen. Für den Bereich der sozialen Welten, den BERTAUX in seinem Text relevant macht, fällt auf, dass er im deutschsprachigen Diskurs – soweit meine Kenntnis reicht – nicht zitiert wird. Dass er bisher in der deutschsprachigen Biografieforschung kaum Referenzen findet, scheint – so meine Schlussfolgerung – weniger an einer Unaufmerksamkeit als vielmehr an grundlegenden methodologischen Differenzen zu liegen. [54]

Ich schließe mich insofern BERTAUX an, als er seinen Ansatz in der Nähe von APITZSCHs und INOWLOCKIs Analysen sieht. Es ist zu ergänzen – eine Begründung der Verortung fehlt bei BERTAUX –, dass diese Nähe vor allem durch die Suchhaltung begründet ist, die Lebensverläufe und Handlungsoptionen in ihrer Bedingtheit von materiellen und sozialen Bedingungen zu lesen. Das Interesse BERTAUXs, für den gegenstandstheoretische "Hypothesen" (S.43) zum Forschungsprozess gehören, scheint dabei auf dem Verhältnis von (lebenslangen) Handlungsverläufen und materiellen sowie sozialen Bedingungen zu liegen. Es interessiert ihn, "was vor sich geht und wie es abläuft" (S.44) und wie die Abläufe durch materielle und soziale Strukturen bedingt sind – Fragen, zu denen er Andeutungen auf theoretische Konzepte von MARX und DURKHEIM macht. Es bleibt jedoch unklar, was in einem "kohärente[n] (soziologisch formulierte[n]) Bild des untersuchten Gegenstands" (a.a.O.) der Gegenstand wäre. [55]

Es lässt sich zusammenfassen, dass der im Buch präsentierte Forschungsansatz nur bedingt in das bisherige Spektrum der deutschsprachigen Biografieforschung einzugruppieren ist. Die metatheoretische Fundierung ist eher schwach. Es ist zu konstatieren, dass BERTAUX keine im weitesten Sinne bildungs- und handlungstheoretisch motivierten Fragestellungen formuliert, wie sie in der deutschsprachigen Biografieforschung etabliert sind. [56]

Es bleibt eine grundlegende Spannung, weil der Band "Die Lebenserzählung" einerseits in das Verhältnis zur deutschsprachigen Biografieforschung gesetzt wird (wie es BERTAUX ja auch selbst tut) – während die Fragestellungen und interessierenden Gegenstände dann andererseits nicht wissenssoziologisch diskutiert werden. Forschungsgegenstände werden von BERTAUX stets als soziale Strukturen und objektive Bedingungen des Handelns diskutiert. Worin kann dennoch ein Impuls für eine Biografieforschung liegen, die sich an den deutschsprachigen Debatten orientiert? [57]

Inspirierend zu lesen ist das Buch hinsichtlich der – wenngleich nicht ausgefeilt dargestellten – konsequenten Beziehung zu materialistisch motivierten Fragestellungen (siehe auch PAPE 2009, S.283). Fragen sind zum Beispiel, welche Lebens(ver)läufe und Handlungsstrategien den Akteur*innen sozialer Welten in ihrer Situiertheit in materiellen und sozialen Bedingungen offen oder verwehrt, sichtbar oder nicht sichtbar sind. Es könnte im Anschluss an BERTAUX verstärkt gefragt werden, warum und wie Menschen formell zugängliche Handlungs- und biografische Gestaltungsoptionen entweder wahrnehmen oder nicht wahrnehmen. Diese Perspektiven auf den sozialen Raum könnten mit Reflexionen zu sozialen und materiellen Bedingungen verbunden werden. Ein solcher Ansatz böte nicht zuletzt auch sozialkritische Anknüpfungspunkte. Mit seiner Begeisterung für solcherlei Fragen kann BERTAUX geneigte Leser*innen der Lebenserzählung tatsächlich anstecken. [58]

Danksagung

Ich danke Karin BOCK für ein Gespräch zum Forschungsstil Daniel BERTAUXs auf Basis einer früheren Fassung des Manuskripts.

Anmerkungen

1) "It is characteristic of the development of German biographical research that important conceptual debates took place within the International Sociological Association's ad hoc group 'Biography and Society', which was initiated by Daniel Bertaux in 1978 and became recognised as a Research Committee in 1984. The German working group 'Biographieforschung' (biographical research) was then founded in 1979 by Martin Kohli, Klaus Eder and Leopold Rosenmayer and was accepted by the German Sociological Association in 1986 as a Research Section" (APITZSCH & INOWLOCKI 2000, S.55). <zurück>

2) Vgl. hierzu u.a. DAUSIEN (2006a), HANSES, HEUER und PAUL (2015), JANOTTA (2014), REH (2003), SCHOLZ (2004) und THIELEN (2009). <zurück>

3) APITZSCH, BERTAUX, DELCROIX und INOWLOCKI haben 2014 gemeinsam einen Schwerpunkt mit dem Titel "Socialization, Family, and Gender in the Context of Migration" in der ZQF – Zeitschrift für Qualitative Forschung herausgegeben. <zurück>

4) Das kann hier natürlich nur in grobem Stil geschehen, deutlich umfassender u.a. bei LUTZ, SCHIEBEL und TUIDER (2018b). <zurück>

5) Die Forschungshaltung, nicht das Subjekt, sondern die sozialen Wirklichkeiten als Bildungsbedingungen des Individuums in den Blick zu nehmen, wird allerdings von DAUSIEN und HANSES (2017) auch als ein "uneingelöstes Forschungsprogramm" bezeichnet. <zurück>

6) Im methodologischen Vorwort zum Sammelband "Self-Employment of Women and Minorities" beschreiben APITZSCH et al. (2008) ihre Forschungsmethode im Gegensatz zu ihren Ausführungen 2000 allerdings als "hermeneutisch" im Anschluss an SCHÜTZE und zugleich als an die Grounded-Theory-Methodologie angelehnt. <zurück>

7) Fritz SCHÜTZE gibt zu diesem Aspekt folgenden Überblick: "Stellvertretend seien hier nur genannt Gerhard Riemanns Studie einer Familienberatungsstelle (2000), Dieter Nittels Forschungen zur Pädagogenprofession (2000, 2011), Thomas Reims Studie zum biographischen Werdegang und der Ausbildung von Suchttherapeuten (1996), Monika Müllers Studie über den Wandel des Sozialarbeitsberufs nach der Wende in Ostdeutschland (2006) und Evelin Ackermanns Studie über die Akteurinnen der psychosozialen Beratung bei Pränataldiagnostik (2005)" (2016a, S.83). <zurück>

8) Differenziert wird zwischen der Diachronie als einer zeitlichen "Vorher-nachher-Beziehung" und der Chronologie als einer "'absolute[n]' Datierung in Bezug auf Jahreszahlen […] oder Alter" (S.90). <zurück>

9) Zur Hypothesenbildung in den Ansätzen siehe BERTAUX (S.43) sowie APITZSCH und SIOUTI (2014, S.14). <zurück>

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Zur Autorin

Dipl.-Päd. Lisa JANOTTA ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Forschungsmethoden und -methodologien, Migrationsforschung und Professionsforschung.

Kontakt:

Dipl.-Päd. Lisa Janotta

TU Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften
Institut für Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Wohlfahrtswissenschaften
D-01062 Dresden

E-Mail: lisa.janotta@tu-dresden.de
URL: https://tu-dresden.de/gsw/ew/die-fakultaet/beschaeftigte?profil=Janotta_Lisa

Zitation

Janotta, Lisa (2019). Review Essay: Daniel Bertauxs "Leuchtrakete" Lebenserzählung: Von methodologischen Leerstellen und materialistischen Impulsen [58 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3), Art. 8, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.3.3323.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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