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Volume 22, No. 1, Art. 13 – Januar 2021

Symbolischer Interaktionismus und qualitative Netzwerkforschung – Theoretische und method(olog)ische Implikationen zur Analyse sozialer Netzwerke

Tom Töpfer & Laura Behrmann

Zusammenfassung: In der Netzwerkforschung etablieren sich zunehmend qualitative Ansätze zur Untersuchung sozialer Beziehungen und sozialer Netzwerke. Bislang mangelt es aber an einer Spezifizierung der genuin qualitativen Perspektiven auf den Gegenstand Netzwerk sowie einer – im Sinne eines methodischen Holismus – konsistenten Forschungspraxis. In diesem Beitrag diskutieren wir, welche theoretischen und methodologischen Perspektiven mit dem symbolischen Interaktionismus in der Tradition Herbert BLUMERs zur qualitativen Untersuchung von sozialen Netzwerken einhergehen. Ausgangspunkt eines interaktionistischen Wirklichkeitsverständnisses sind die Interpretationsleistungen von Akteur/innen, welche Bedeutungen in Situationen interaktiv und symbolvermittelt herstellen. Dieser Perspektive folgend konzipieren wir soziale Netzwerke auf theoretischer Ebene als sinnhaft strukturierte, interaktiv ausgehandelte und situierte Ordnungsprozesse. Die zentrale Stoßrichtung für einen interaktionistisch-empirischen Zugriff auf soziale Netzwerke besteht darin, anhand von Situationen und deren Verknüpfungen zu extrapolieren, wie soziale Netzwerke situativ sichtbar werden und wirken. Wir bringen mit dem Situationsgenerator eine Möglichkeit zur empirischen Adressierung von Situationen ein und diskutieren method(olog)ische Konsequenzen für eine interpretative und reflexive Analyse sozialer Netzwerke.

Keywords: qualitative Netzwerkforschung; Situation; Interaktion; soziale Beziehung; soziales Netzwerk; methodischer Holismus; interaktionistische Netzwerkforschung; symbolischer Interaktionismus

Inhaltsverzeichnis

1. Laboratorium qualitative Netzwerkforschung

2. Symbolischer Interaktionismus und soziale Netzwerke

2.1 Symbolischer Interaktionismus als relationaler Ansatz

2.2 Konzeptuelle Grundbausteine: Situation, Interaktion, Beziehung und Netzwerk

2.3 Gegenstandsbereiche einer interaktionistischen Netzwerkforschung

3. Epistemologische und methodologische Grundannahmen interaktionistischer (Netzwerk-)Forschung

4. Forschungspraktische Implikationen interaktionistischer Netzwerkforschung

4.1 Erhebungsmethoden aus interaktionistischer Perspektive

4.2 Netzwerkforschung als Exploration von Situationen

4.3 Forschung als situierte Interaktion(en)

4.4 Interpretative Analyse als Inspektion sozialer Netzwerke

5. Interaktionistische Netzwerkforschung – eine Skizze

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor und zur Autorin

Zitation

 

1. Laboratorium qualitative Netzwerkforschung

Grundlegend kann ein soziales Netzwerk definiert werden als ein Set von Akteur/innen, welche über verschiedenartige Relationen miteinander verbunden sind (vgl. z.B. MITCHELL 1973). Solche Beziehungsgefüge, welche wir etwa in Form von Freundschafts-, Kooperations- oder Unterstützungsnetzwerken vorfinden können, implizieren ein relationales Verständnis sozialer Wirklichkeit. In diesem Sinne ist zentral, dass Akteur/innen immer als in soziale Beziehungen eingebettet begriffen werden. Ihre Positionen innerhalb eines Netzwerkes haben spezifische Bedeutungen und ziehen Konsequenzen nach sich. In exponierter Form sehen wir das z.B. an der Position eines Brokers, der die Verbindung zwischen verschiedenen (Teil-)Netzwerken darstellt (BURT 2005). Unterschiedliche Positionen in einem Netzwerk ziehen divergierende Zugriffe auf Ressourcen wie Informationen und Macht nach sich. In der sozialen Netzwerkforschung werden anhand vielfältiger Gegenstandsbereiche, auf individueller wie kollektiver Ebene, die Effekte und Mechanismen von verschiedenen Konfigurationen sozialer Einbettung untersucht. Netzwerkforscher/innen fragen etwa nach der Bedeutung sozialer Beziehungen und den daraus resultierenden Ressourcen (Sozialkapital) beim Arbeitsmarkteinstieg (BEHRMANN & HOLLSTEIN 2012), den Einflüssen (wie z.B. Wissensdiffusion) aus dem Netzwerk auf die Entscheidung zur Familiengründung (BERNARDI 2003) oder den Konsequenzen spezifischer Positionen und Netzwerkkonfigurationen in einer Schulklasse für die Reproduktion sozialer Ungleichheit (HÄUßLING 2010). [1]

Der Grundidee der Netzwerkforschung folgend haben sich verschiedene Konzeptionen von Netzwerken sowie Ansätze zu deren Analyse herausgebildet. Überwiegend hat sich eine Social Network Analysis (SNA) etabliert, bei der zumeist mithilfe formal-quantitativer Verfahren Strukturen und Wirkungen sozialer Netzwerke untersucht werden. In diesem Strang der Netzwerkforschung werden soziale Netzwerke, formal operationalisiert über die Verknüpfung von Knoten und Kanten, mittels verschiedener Maßzahlen (z.B. zur Dichte und Zentralität) sowie Modellierungen strukturell beschreibbar und analysierbar (zur Übersicht siehe HENNIG, BRANDES, PFEFFER & MERGEL 2012; SCOTT & CARRINGTON 2011; WASSERMAN & FAUST 1994). Entlang einer rasanten Entwicklung von formalen netzwerkanalytischen Verfahren wurde seit den 1980er Jahren verstärkt über die Reichweite und Grenzen formaler Strukturanalysen in der Netzwerkforschung diskutiert. Zwar habe eine formale Untersuchung sozialer Netzwerke große Erkenntnisgewinne zur Beschreibung und Wirkung von Netzwerkstrukturen hervorgebracht, jedoch berücksichtige eine solche Perspektive unzureichend die Ebene der Bedeutungen, die Netzwerke für Akteur/innen hätten (z.B. MISCHE 2011). Pointiert wurde dabei hervorgehoben, dass strukturanalytische Verfahren einem strukturalen Determinismus (EMIRBAYER & GOODWIN 1994) aufsitzen könnten und einen formalen Netzwerkbegriff zugrunde legten, der die kulturelle Einbettung von Akteur/innen, deren Interpretationsleistungen und Handlungsmächtigkeit zur Herstellung und Reproduktion von Beziehungsstrukturen vernachlässige bzw. ausblende (DIAZ-BONE 2006; FUHSE 2015; FUHSE & MÜTZEL 2011; KNOX, SAVAGE & HARVEY 2006; MISCHE 2003, 2011; PACHUCKI & BREIGER 2010). An solche Diskussionen schließen die Bemühungen an, formal-strukturale Netzwerkanalysen mit der Untersuchung von Bedeutungen, Kultur und Agency zu verknüpfen (z.B. PADGETT & ANSELL 1993) bzw. Mixed-Method-Designs einzusetzen (BELLOTTI 2014; DOMÍNGUEZ & HOLLSTEIN 2014). Außerdem schlagen Netzwerkforschende insbesondere im Kontext der relationalen Soziologie (MISCHE 2011; WHITE 2008) ontologische und methodologische Konzepte vor, um kulturalistische Perspektiven in der Netzwerkforschung zu positionieren. [2]

In diesem Fahrwasser wurden und werden verschiedene Bemühungen intensiviert, qualitative Ansätze (in) der Netzwerkforschung zu entwickeln und zu etablieren, um stärker Konstruktionsleistungen von Akteur/innen und deren Bedeutungen in den Blick zu nehmen. Dabei sind grundlegende qualitative Perspektiven in Netzwerkstudien gar nicht neu, sondern es wird implizit oder explizit an anthropologische Netzwerkansätze der 1950er bis 1970er Jahre angeschlossen (BARNES 1954; BOTT 1957; MITCHELL 1973). Neu ist der Versuch, eine qualitative Perspektive in der Netzwerkforschung über spezifische Markierungen und Labels zu positionieren. So sprachen HOLLSTEIN und STRAUS (2006) von einer "Qualitative[n] Netzwerkanalyse", HEATH, FULLER und JOHNSTON (2009) von "Qualitative Social Network Analysis", HOLLSTEIN (2011) von "Qualitative Approaches" oder BELLOTTI (2014) von "Qualitative Networks". Qualitative Ansätze und Verfahren in der Netzwerkforschung werden sehr vielfältig mit verschiedenen terminologischen, theoretischen und methodischen Bezugspunkten verwendet. Daher ist die Frage nach einem gemeinsamen Kern qualitativer Ansätze (in) der Netzwerkforschung, wie für die qualitative Sozialforschung generell (HITZLER 2007; HOLLSTEIN & ULLRICH 2003; MEY 2016), wohl ähnlich herausfordernd zu beantworten. Wie "qualitativ" und "Netzwerk" theoretisch, methodologisch und methodisch zusammenspielen, wird unterschiedlich ausbuchstabiert und auf verschiedenen Bezugsebenen diskutiert. Als "qualitative sources" (CROSSLEY et al. 2015, S.44) werden qualitative Daten zur Analyse von sozialen Netzwerken herangezogen. Erzeugt werden diese etwa durch offene Interviews (oftmals in Kombination mit Netzwerkkarten, DOBBIE, REITH & McCONVILLE 2018; RYAN, MULHOLLAND & AGOSTON 2014), Beobachtungen (CROSSLEY 2010a) oder Dokumente wie Archivdaten (BELLOTTI 2014). Eine weitere Bezugsebene stellen qualitative Methoden und Verfahren zur Analyse von Netzwerken dar. Hier greifen Forscher/innen sowohl zurück auf im Feld der qualitativen Sozialforschung etablierte Techniken wie die Kodierverfahren der Grounded-Theory-Methodologie (SCHEIBELHOFER 2006) oder die Entwicklung von Lesarten der objektiven Hermeneutik (HOLLSTEIN 2002) als auch auf spezifisch am Netzwerkgegenstand orientierte Verfahren wie die qualitative strukturale Analyse (HERZ, PETERS & TRUSCHKAT 2015) oder die relationale Ethnografie (DESMOND 2014). Die Wahl geeigneter methodischer Verfahren ist mit der Frage verbunden, was die interessierenden Gegenstände bzw. Aspekte einer qualitativen Netzwerkforschung sind. Genannt werden dazu etwa Bedeutungen von Beziehungen und Beziehungsarten, Netzwerkpraktiken und Interaktionen, Netzwerkkontexte und -grenzen sowie Mechanismen der Netzwerkbildung und -dynamik (FUHSE 2009, 2016; HÄUßLING 2006; HOLLSTEIN 2011). [3]

Während für eine Vielzahl an empirischen Netzwerkstudien zwar qualitative Erhebungs- und Auswertungsmethoden entwickelt und/oder angewendet werden, fehlt es für eine qualitative Netzwerkforschung noch an einer stringenten Passung von ontologischen Positionen, Methodologien und Verfahren im Sinne eines methodischen Holismus. Dieser besteht in der "kohärenten Passung von Theorie, methodischer Praxis und dem Design der durch diese eingesetzten Techniken" (DIAZ-BONE 2013, §10; vgl. auch ATKINSON 2005; DIAZ-BONE 2017).1) Der Mangel an einer ontologischen Begründung zur Ausgestaltung von Verfahren birgt die Gefahr, dass Methoden als voraussetzungslose Techniken der Erhebung und Auswertung Einsatz finden. Ein auf handlungstheoretischen Wirklichkeitsannahmen aufbauendes kohärentes Forschungsdesign, welches in der Forschungspraxis gegenstandsangemessen angewendet und reflektiert wird, ist jedoch entscheidend für die Integrität und Güte einer qualitativen Studie und ihrer Ergebnisse (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2014; STEINKE 2010; STRÜBING, HIRSCHAUER, AYAß, KRÄHNKE & SCHEFFER 2018; SUDDABY 2006). Der Einsatz qualitativer Method(ologi)en ergibt sich aus bestimmten theoretischen Basisannahmen, die sich als informativ für den Gegenstand und die Forschungsfrage erweisen (MRUCK & MEY 2005). Die theoretischen Fundamente leiten in der Forschungspraxis notwendige Entscheidungen im Forschungsprozess an (FLICK 2000; GLASER & STRAUSS 1998 [1967]). In dem "Entwicklungslabor" (STRAUS 2006) der qualitativen Netzwerkforschung ist der Bereich der theoretischen und methodologischen Fundierung des empirischen Vorgehens und des Gegenstandsinteresses noch am wenigsten ausgearbeitet. In Überblicksarbeiten zu qualitativen Perspektiven in der Netzwerkforschung (HOLLSTEIN 2006, 2011; siehe auch FUHSE 2016) wird zwar auf verschiedene Ansätze des interpretativen Paradigmas hingewiesen (z.B. symbolischer Interaktionismus, Phänomenologie, Ethnomethodologie), spezifische theoretische wie method(olog)ische Implikationen unterschiedlicher Ansätze werden aber bis dato nicht systematisch aufbereitet. [4]

Darüber hinaus kristallisieren sich in den letzten Jahren verstärkt Bemühungen heraus, nicht nur qualitative Ansätze in der Netzwerkforschung zu entwickeln, sondern eine qualitative Netzwerkforschung auszuarbeiten, die weniger als eine "Ergänzungsperspektive" (DIAZ-BONE 2006, §18) zur formalen Netzwerkanalyse identifiziert wird, sondern für die versucht wird, als "Alternativperspektive" (a.a.O.) eine eigenständige Grundlage sowie Geltungsbedürfnisse zu formulieren. Dieser Perspektivwechsel basiert konzeptionell grob gesagt darin, soziale Netzwerke als sinnhaft konstruiert, perspektivisch und prozessual zu betrachten. Netzwerke werden in diesem Verständnis nicht als Strukturen oder Formen konzipiert, die "einfach da" sind und das Handeln von Akteur/innen anleiten, sondern sie werden im Handeln der Akteur/innen hergestellt und in ihrer Gemachtheit als multipel verknüpfte Interaktionsprozesse bedeutungsvoll. Dies impliziert einen anderen Blick auf Struktur – und damit auf Netzwerke –, der auf die Regeln der alltäglichen, situativen und symbolischen Erzeugung sozialer Wirklichkeit und damit auf soziale Ordnungsprozesse gerichtet wird (SCHWALBE 2020). [5]

In diesem Beitrag diskutieren wir, welche theoretischen und methodologischen Perspektiven der symbolische Interaktionismus (SI) für eine qualitative Netzwerkforschung bereithält und skizzieren Konsequenzen für die Forschungspraxis. Der SI wird neben anderen (z.B. Ethnomethodologie, Phänomenologie, Wissenssoziologie) als einer der zentralen theoretischen Ansätze des interpretativen Paradigmas ausgewiesen, welches theoretisches wie methodologisches Fundament zahlreicher empirischer, überwiegend nicht-standardisierter, qualitativer Studien ist (zur Übersicht siehe DENZIN & LINCOLN 2011; KELLER 2012). Der SI umfasst eine Vielzahl von Spielarten und Weiterentwicklungen, die sich längst nicht nur auf qualitative Sozialforschung beziehen (siehe zur Übersicht CARTER & FULLER 2016; CARTER & MONTES ALVARADO 2017).2) Wir konzentrieren uns in unserer Betrachtung auf den SI in der Traditionslinie der Chicago School, insbesondere auf die Grundlagen von Herbert BLUMER (1973 [1969]), der einen interpretativ-induktiven Zugang auf soziale Wirklichkeit(en) vorschlägt. Wir nehmen vier Aspekte als Anlass, die Perspektive des SI als einen gewinnbringenden Beitrag für die Netzwerkforschung zu vertiefen:

Es liegen bis dato nur wenige Arbeiten vor, in denen die Potenziale und Möglichkeiten der Nutzung des SI für Netzwerkforschung diskutiert werden (CROSSLEY 2010a; FINE & KLEINMAN 1983; SALVINI 2010). SALVINI (2010) bemängelte, dass in der Netzwerkforschung Implikationen einer interaktionistischen Netzwerkperspektive auf theoretischer, methodologischer und forschungspraktischer Ebene kaum systematisch einbezogen oder diskutiert würden. Auch würden in empirischen Netzwerkstudien Bedeutungen und Interpretationen von Akteur/innen noch weitestgehend ignoriert oder lediglich implizit berücksichtigt (ähnlich CROSSLEY 2010a; FINE & KLEINMAN 1983). Gleichzeitig erstaunt es, dass in vielen Abhandlungen zu qualitativen Ansätzen (in) der Netzwerkforschung – etwa in der New York School of Relational Sociology (z.B. MISCHE 2011) – der SI kaum oder in verkürzter Lesart aufgegriffen wird, obwohl teilweise gleiche oder ähnliche Annahmen geteilt werden. Wir fragen daher: Welche theoretischen und methodologischen Perspektiven auf soziale Netzwerke können ausgehend vom SI entfaltet werden? Welche Implikationen hat eine interaktionistische Netzwerkperspektive für die Forschungspraxis? Ziel des Beitrags ist es, eine Skizze einer interaktionistischen Netzwerkforschung vorzulegen, bei der weniger spezifische Techniken, sondern zuvorderst Leitideen einer interaktionistischen Forschungsperspektive diskutiert werden. Damit möchten wir ein Angebot für eine Variante theoretisch und methodologisch reflektierter qualitativer Netzwerkforschung offerieren und zu Weiterentwicklungen einladen. [7]

Beginnend stellen wir dar, wie soziale Netzwerke aus einer interaktionistischen Perspektive konzeptualisiert werden können (Abschnitt 2). Hierzu skizzieren wir den SI als relationalen Ansatz (Abschnitt 2.1) und markieren dessen konzeptionelle Grundbausteine (Abschnitt 2.2). Die aufgeworfenen theoretischen Perspektiven machen wir für die Netzwerkforschung fruchtbar und leiten daraus interaktionistische Gegenstände qualitativer Netzwerkforschung ab (Abschnitt 2.3). Anschließend stellen wir epistemologische und methodologische Prämissen des SI knapp vor (Abschnitt 3) und diskutieren Implikationen für die interaktionistische Erforschung sozialer Netzwerke (Abschnitt 4). Hier konzipieren wir anhand interaktionistischer Leitideen forschungspraktische Zugänge für eine gegenstandsangemessene Methodenkonstruktion (Abschnitt 4.1). Wir diskutieren Zugänge zur Exploration von Situationen – als Scharniere zur empirischen Analyse von sozialen Netzwerken (Abschnitt 4.2) – und zeigen auf, inwieweit Netzwerkforschung situiert ist und einer reflexiven Durchdringung bedarf (Abschnitt 4.3). Diese Perspektiven zusammenführend geben wir Hinweise für eine interpretative Inspektion sozialer Netzwerke (Abschnitt 4.4). Schließlich verorten wir den skizzierten interaktionistischen Ansatz in der Netzwerkforschung und zeigen Konsequenzen für eine qualitative Netzwerkforschung auf (Abschnitt 5). [8]

2. Symbolischer Interaktionismus und soziale Netzwerke

2.1 Symbolischer Interaktionismus als relationaler Ansatz

Wir werden den SI zunächst theoretisch einordnen und kursorisch zeigen, inwieweit der Wirklichkeitszugriff des SI als relationaler Ansatz verstanden werden kann. So legen wir offen, inwieweit Perspektiven der Vernetzung als auch Netzwerke als Gegenstände bereits im SI angelegt sind. Der SI wird als eine Sozialtheorie verortet, in der das Aushandeln von Bedeutungen in Situationen durch Interaktionen zentral ist (ATKINSON & HOUSLEY 2003; KELLER 2012). Die Prämissen des SI bauen, inspiriert vom amerikanischen Pragmatismus um DEWEY, JAMES und PEIRCE (siehe zur Übersicht SCHUBERT 2009; SHALIN 1986), auf den sozialpsychologischen Überlegungen von George Herbert MEAD (1968 [1934], 1969 [1964]) zu Sozialisationsprozessen, Identitätsbildung und der Relevanz des Symbolgebrauches auf. MEADs Grundposition war die folgende: Eine Konzeption des eigenen Selbst sei ohne die Relationierung zu anderen nicht denkbar und somit immer schon sozial. MEAD begriff das Selbst als Gesamtheit einer Person, als die Identität, die aus dem Zusammenspiel der Teile Ich und Mich resultiere. Das Ich fasse dabei das impulsive, aktive und antriebshafte Bewusstseinselement. Das Mich sei der Blick, den ein Individuum in Relation zu anderen entwickle (z.B. Wie werde ich und wie wird mein Handeln wahrgenommen? Welche Erwartungen gibt es bezogen auf mein Verhalten?). In einer Art Interaktion mit sich selbst könne ein/e Akteur/in somit das eigene Handeln durch den Spiegel anderer betrachten (ähnlich COOLEY 1992 [1902]). Als Grundlage der Entstehung von Handlungserwartungen und Erfahrungen betrachtete MEAD Interaktionen mit "signifikanten Anderen" (MEAD 1969 [1964], S.195). Diese stünden in einem Wechselverhältnis zu Erwartungen, wie sich andere typischerweise verhielten, sowie zu welchen Reaktionen das eigene Verhalten normalerweise führe. Solche kollektiven Vorstellungen bezeichnete MEAD als generalisierten bzw. "verallgemeinerten Anderen" (S.194), dies repräsentiere, "was 'man' in einer bestimmten Situation gewöhnlich so tut und was man deshalb auch von allen Beteiligten mit Fug und Recht erwarten kann" (ABELS 2019, S.195). Diese Art der reflexiven Perspektivenübernahme, die über konkrete Andere hinausgeht, bildet einen Handlungsrahmen für Interaktionen. Handeln koordinieren Akteur/innen, indem sie sich wechselseitig beobachten, Verhalten anzeigen und über das jeweilige Hineinversetzen in die Rolle(n) des oder der anderen deuten. Das Aneinanderreihen wechselseitiger Perspektivenübernahmen wird damit zum Motor einer Interaktion, bei der sich die aktive Übernahme einer Rolle (role-taking) als auch deren individuelle Ausgestaltung (role-making) miteinander verschränken (TURNER 1976, S.117). MEADs Identitätskonzept von Selbst, Ich und Mich impliziert schließlich ein Akteur/innenbild, nach dem Menschen über Reflexionsvermögen verfügen und sich selbst – in Relation zu anderen – zum Gegenstand der eigenen Handlung machen können. Dies führt konsequenterweise zu einem Handlungsbegriff, nach dem Handeln nicht auf individuelle Zurechnungen eines Subjektes reduziert werden kann, sondern als immer schon relational, als soziales Handeln, begriffen wird. [9]

Herbert BLUMER orientierte sich an MEADs Überlegungen und prägte in den 1930er Jahren den Begriff des symbolischen Interaktionismus (zu den ontologischen und methodologischen Differenzen zwischen BLUMER und MEAD siehe BLUMER 1980). Insbesondere in seinem zentralen Aufsatz "Der methodologische Standort des symbolischen Interaktionismus" erarbeitete BLUMER (1973 [1969]) grundlegende ontologische, epistemologische sowie methodologische Fundierungen des SI. Aufbauend auf MEADs sozialpsychologischen Annahmen zur Bedeutung der Interaktion, der Kommunikation und des Symbolgebrauches für die Konstitution von Erfahrungen wird im SI danach gefragt, wie "soziale Phänomene durch den menschlichen Gebrauch von Symbolen konstituiert werden" (KELLER 2012, S.86). Im Sinne des SI "besteht das soziale Handeln aus den individuellen und kollektiven Aktivitäten von Personen, die soziale Interaktionen eingehen – das heißt aus Aktivitäten, deren Aufbau unter Berücksichtigung der Aktivitäten der jeweils anderen vorgenommen wird" (BLUMER 1973 [1969], S.137f.). Damit zeichnete BLUMER aufbauend auf drei Prämissen ein Bild von Menschen als gestaltenden Akteur/innen, die erstens bestimmten "Dingen" – d.h. Interaktionsinhalten, Interaktionspartner/innen, Kategorien, Gegenständen u.a. – eine Bedeutung zuschreiben würden. Diese Bedeutungen würden zweitens stets interaktiv in Situationen ausgehandelt und drittens in einem interpretativen Prozess erzeugt, erneuert oder auch verändert (S.81ff.; siehe auch KOOB 2007). In solchen Aushandlungen werden z.B. Machtasymmetrien, Konflikte oder Konsens etabliert und Anschlussmöglichkeiten für den weiteren Interaktionsverlauf geschaffen. Es entstehen in diesem Sinne Handlungslinien, über die bspw. Zugzwänge oder auch Erwiderungserwartungen konstituiert werden (HIRSCHAUER 2016). Anhand signifikanter Symbole wie etwa Grußrituale wird in Situationen Orientierung hergestellt. Symbole verweisen auf etwas, sind Träger von Bedeutungen und werden interaktiv hergestellt. Sie werden von mehreren Akteur/innen in gleicher Weise verstanden und benutzt und ermöglichen das gegenseitige Verstehen. Akteur/innen erzeugen und aktualisieren in Interaktionen wechselseitig Symbole, deuten so Situationen und koordinieren Handeln. [10]

Eine symbolische Interaktion ist immer ein mehrschichtiger Prozess, in dem Menschen, aus ihrer Perspektive heraus, Situationen interpretieren, sie definieren und ihnen einen subjektiven Sinn3) zuschreiben. Akteur/innen zeigen sich ihr Verhalten in einem wechselseitigen Interpretationsprozess gegenseitig an, um nach und nach eine situative Interaktionsordnung auszuhandeln – einen sozialen Sinn hervorzubringen (GOFFMAN 2001 [1983]). Die Erzeugung sozialer Wirklichkeiten ist so ein mehrfach relationaler Prozess: erstens über die Relationen von subjektiven Erfahrungen, zweitens über die notwendigen Wechselwirkungen zwischen Interagierenden und drittens über die Verkettung verschiedener Situationen. Diese analytische Trennung verstehen wir als Heuristik, denn subjektive Erfahrung, Interaktion und Situation stehen jeweils im Wechselverhältnis zueinander und überschneiden sich (ähnlich HIRSCHAUER 2016). Bereits BLUMER (1973 [1969], S.101) kennzeichnete soziales Handeln als sowohl horizontal (z.B. über verschiedene Kontexte) als auch vertikal (über verschiedene Zeitpunkte) miteinander verkettet. Solche Verkettungen mündeten schließlich in "grossen und komplexen Netzwerken von Handlungen [...], die eine Verkettung und Interdependenz verschiedener Handlungen von verschiedenen Personen beinhalten" (S.99). Diese Perspektive der Verknüpfung und Eingebettetheit von Interaktionen, welche BLUMER anhand des Verkettungsmotivs offenlegt, sehen wir als Indiz für ein genuin relationales Verständnis sozialer Wirklichkeit.4) Konsequent weitergedacht ließe sich nach CROSSLEY (2010a, S.345) schlussfolgern: "In this respect, though the point is not spelled out, societies [...] are always relational configurations: networks". [11]

Soziale Netzwerke werden folgerichtig auch als soziale Figuren bzw. Gegenstände in interaktionistischer Forschung aufgegriffen. Die implizite Bezugnahme auf Netzwerke, ohne sie notwendigerweise als solche zu bezeichnen, finden wir bereits bei den Klassikern MEAD (1968 [1934]) und BLUMER (1973 [1969]). Während MEAD Relationen noch stärker auf der Ebene von Dyaden diskutierte, nahmen BLUMER sowie zahlreiche weitere Protagonist/innen der Chicago School (u.a. BECKER 1963; SHIBUTANI 1955) Gruppen als zentrale soziale Einheiten in den Blick und fragten z.B.: Wie werden Medizinstudenten im Studium, im Gefüge von Lehrenden und Kommilitonen, zu "Medizinern"? ("Boys in White"; BECKER, GEER, HUGHES & STRAUSS 1961) oder: Wie werden soziale Gebilde und Gruppen in einem Stadtteil konstituiert? ("Street Corner Society"; WHYTE 1993 [1943]). Konzeptionell können Gruppen bereits als spezifische Form von Netzwerken beschrieben werden: "Although groups are distinguished from networks through their boundaries, pasts, and identifications, groups are in some regards dense networks" (FINE 2012, S.168; zur Unterscheidung von Gruppe und Netzwerk siehe auch FINE & KLEINMAN 1983; FUHSE 2006). Weitere explizite Bezugnahmen auf Netzwerke im SI finden wir darüber hinaus in organisationssoziologischen Arbeiten (FINE 2012; HALL 1987, 2003; McGINTY 2014) sowie vor allem in Studien zu sozialen Welten5) (BECKER 1982; STRAUSS 1973, 1993). Soziale Netzwerke wurden hier als wichtige analytische Bausteine zur interaktionistischen Erforschung sozialer Ordnung beschrieben und erste Verknüpfungen zur "klassischen" Netzwerkforschung hergestellt (siehe zur Übersicht CROSSLEY 2010a). FINE und KLEINMAN (1983) nahmen schließlich die erste konzeptuell-systematische Aufarbeitung des Netzwerkbegriffs im Rahmen des SI vor. Sie knüpften an die anthropologische Tradition der Netzwerkforschung an und entwickelten eine erste Skizze einer interaktionistischen Netzwerkperspektive. Sie erläuterten die Vorzüge und Implikationen der Verwendung einer Netzwerkkonzeption gegenüber der der Gruppe und zeigten, zuvorderst auf theoretisch-konzeptioneller Ebene, wie soziale Netzwerke im Sinne des SI beschaffen seien und sinnhaft strukturiert würden, ohne aber dezidiert auf forschungspraktische Implikationen einzugehen. [12]

Wir halten fest: Die handlungstheoretische Betonung von Interaktionen und Relationen legt eine interaktionistische Konzeptualisierung eines Netzwerkbegriffes nahe. Das Konzept des sozialen Netzwerkes ist dabei in der Traditionslinie des SI weder historisch neu noch theoretisch unerheblich. Vielmehr ist eine Netzwerkperspektive inhärenter (wenn auch nicht immer explizit ausbuchstabierter) Bestandteil der interaktionistischen Theoriearchitektur. Während eine Netzwerkperspektive bis dato für den SI also zumindest rudimentär diskutiert wurde, hat eine interaktionistische Perspektive bislang theoretisch-konzeptionell und auch analytisch-empirisch noch wenig systematische Aufmerksamkeit in der Netzwerkforschung erhalten (CROSSLEY 2010a; SALVINI 2010). [13]

2.2 Konzeptuelle Grundbausteine: Situation, Interaktion, Beziehung und Netzwerk

Die im vorherigen Abschnitt angedeuteten theoretischen Grundlagen des SI wollen wir mit Fokus auf zentrale Konzepte wie Interaktion, Situation und Beziehung aufgreifen, elaborieren und für qualitative Netzwerkforschung fruchtbar machen. Wir schlagen vor, die sinnhafte und soziale Erzeugung von Netzwerken als Ordnungsprozesse (dem Netzwerken) in ihrer situativen Verhaftung zum Ausgangspunkt einer interaktionistischen Netzwerkforschung zu machen. Wir stellen dabei zunächst fest, dass Begriffe wie Interaktion und Beziehung bereits prominente Verwendung in der Netzwerkforschung finden, insbesondere da beide oftmals als Kanten (Relationen) zwischen Knoten (Akteur/innen) formalisiert werden. In vielen Netzwerkstudien wird etwa über Namensgeneratoren erhoben, mit wem jemand in einer Beziehung steht (z.B.: Wer sind die drei engsten Freund/innen?; LAUMANN 1973). Manchmal ist auch die Frage im Fokus, mit wem jemand in spezifische Interaktionen getreten ist (z.B.: Mit wem hast du in den letzten sechs Monaten über wichtige Dinge geredet?; BURT 1984; PFENNING & PFENNING 1987). Aus solch einem Set von Ego-Alter-Relationen werden dann in der Regel über Alter-Alter-Relationen (z.B.: Sind Freund/in A und Freund/in B auch befreundet?) Netzwerke konstruiert. Wir streben im Folgenden eine interaktionistisch instruierte Theoretisierung der Grundbegriffe einer qualitativen Netzwerkforschung an und legen method(olog)ische Konsequenzen für den Forschungsprozess dar. Als zentral und fruchtbar für eine qualitative Netzwerkforschung, in der das Netzwerken in den Mittelpunkt gerückt wird, erweist sich dabei insbesondere das bislang unterbelichtete Konzept der Situation (ähnlich STEGBAUER 2016). [14]

2.2.1 Interaktion und Situation

Grundlage der interaktionistischen Perspektive auf soziale Ordnung ist das Konzept der Interaktion. Nach ABELS meint Interaktion,

"dass Individuen in einer Wechselwirkung zueinander stehen, sei es, dass sie gemeinsam handeln und sich durch ihr Denken und Handeln gegenseitig beeinflussen, sei es, dass sie sich in ihrem Denken und Handeln an bestimmten konkreten oder auch vorgestellten Anderen orientieren" (2019, S.185). [15]

Interaktionen werden konzipiert als fortlaufender, relationaler Prozess "der unmittelbar wechselseitig orientierten sozialen Handlung[, welcher] den symbolvermittelten Charakter sozialen Handelns akzentuiert" (JOAS 1988, S.419). Das heißt einerseits, dass interaktive Aushandlungen – unter Rückgriff auf Zeichen, Gesten und Symbole – ständig vollzogen und Bedeutungen dabei unentwegt aktualisiert, reproduziert oder verändert werden. Andererseits ist der durch eine Interaktion erzeugte Sinn immer schon sozial und kann weder auf ein Individuum zurückgeführt noch – gerade in zunehmend mediatisierten Gesellschaften – auf rein körperliche Ko-Präsenz von Akteur/innen verkürzt werden (REICHERTZ & WILZ 2015; ähnlich HIRSCHAUER 2014). [16]

Interaktionen werden in Situationen vollzogen: "Keine Interaktion fängt bei Null an, voraussetzungslos, und jede ist vielfach kontextiert" (HIRSCHAUER 2014, S.111). Interagiert wird somit nicht im luftleeren Raum, sondern eingebettet in Verweisungszusammenhänge und Bezugnahmen – stets situiert. So hat es schon THOMAS (1931, S.176f.) angelegt:

"The situation in which the person finds himself is taken as containing the configuration of factors conditioning the behavior reaction. Of course, it is not the spatial material situation which is meant, but the situation of social relationships. It involves all the institutions and more – family, gang, church, school, the press, the movies, and the attitudes and values of other persons with which his own come in conflict or co-operation." [17]

Damit wird die Situation als "basale Untersuchungseinheit" (REICHERTZ & WILZ 2015, S.42) positioniert, durch die Interagieren gerahmt und bedingt wird. CLARKE machte diese Annahme zum Ausgangspunkt eines eigenen Forschungsprogramms – der Situationsanalyse – und postulierte, dass der zentrale Zugriff auf Empirie über die Situation erfolgen sollte: "Action is not enough. Our analytic focus needs to be fully on the situation of inquiry broadly conceived" (2003, S.556). DIAZ-BONE (2017, S.395) schloss daran einen umfassenden Situationsbegriff an und hob hervor, "das Konzept der 'Situation' nicht mehr auf Interaktionssituationen zwischen kopräsenten Akteuren beschränkt [zu verstehen], sondern auch sozial-historische Konstellationen und Prozesse als Situationen [aufzufassen]". Hiernach ist eine Situation mehr als der reine Vollzugsort einer Interaktion und umfasst neben Erfahrungen, Einstellungen, Werten und Erwartungen der Akteur/innen auch – und dies ist für die Netzwerkforschung besonders relevant – "unsichtbare Dritte" (STRAUSS 1968 [1959], S.58) und "implicated actors" (CLARKE 2012 [2005], S.86), "verallgemeinerte Andere" (MEAD 1969 [1964], S.194), Institutionen und andere soziale Formationen, physische Gegebenheiten und vieles mehr. Schließlich ist alles, was Akteur/innen "einbringen" sowie interaktiv erzeugen, Teil einer Situation: "Die grundlegende Annahme ist, dass alles, was sich in der Situation befindet, so ziemlich alles andere, was sich in der Situation befindet, auf irgendeine (oder auch mehrere) Weise(n) konstituiert und beeinflusst" (CLARKE 2012 [2005], S.114). Damit kann eine Situation hier weder als eine von außen beobachtbare objektive Gegebenheit noch als die subjektive Wahrnehmung eines Individuums betrachtet werden. Vielmehr lässt sich eine Situation als Gefüge von Handlungsbedingungen beschreiben. Dieses ist immer sozial vermittelt, wird wechselseitig erzeugt und führt dazu, dass eine Interaktion so und nicht anders verläuft. Die Bedeutungsmächtigkeit von Situationen für soziales Handeln betonten bereits THOMAS und THOMAS (1970 [1928], S.571f.) pointiert im sogenannten Thomas-Theorem: "If men define situations as real, they are real in their consequences". Entsprechend begriff BLUMER (1973 [1969]) die im Wechselspiel von subjektiver und sozialer Bedeutungszuschreibung ausgehandelte Situationsdefinition als stets horizontal und vertikal mit anderen Situationen verkettet. In einer Situation finden sich somit immer Verweise und Bezugnahmen auf andere soziale, kulturelle und historische Konstellationen. [18]

Der soziologische Situationsbegriff unterscheidet sich folglich von einem alltäglichen Verständnis, das sich auf ein rein singuläres und als solches abgeschlossenes Ereignis bezieht (wie z.B. Menschen in einer bestimmten Konstellation zueinander, der Streit mit Kolleg/innen; siehe auch REICHERTZ & WILZ 2015). So kann eine Begegnung auf dem Gang ebenso eine Situation sein wie ein Migrationsprozess oder das Leben in der Großstadt. Hier entfaltet sich die Idee, dass eine Situation "sowohl ein zu konfrontierendes Objekt als auch ein kontinuierlicher Prozess im Anschluss an die Konfrontation [ist]. […] Situationen haben laufbahnartigen Charakter und sind auf verschiedene Weise […] mit anderen Situationen verknüpft" (MORRIONE 1985, S.161f. nach CLARKE 2012 [2005], S.65). Die Komplexität der Relationen von und in Situationen wird in Grundzügen deutlich: Soziale Situationen sind multimodal relational. So würde, wie CLARKE ausführte, insbesondere die Gestalt einer Situation für interaktionistische Forschung relevant: "Eine Situation ist immer größer als die Summe ihrer Teile, da sie deren Relationalität in einem bestimmten zeitlichen und räumlichen Moment enthält" (2012 [2005], S.66). Die Spezifik, wie in Situationen verschiedene Handlungsbedingungen interaktiv wirksam gemacht werden, steht damit im Fokus interaktionistischer Betrachtungen, denn in der Verkettung von Situationen entstehen Ordnungsmuster wie Regeln oder Rollen. Situationen und Interaktionen sind folglich zentral für die Herstellung, die Beständigkeit und die Veränderung sozialer Ordnungen. [19]

2.2.2 Interaktion und Beziehung

In der Netzwerkforschung sind soziale Beziehungen als Einheiten sozialer Netzwerke von besonderem Interesse. Wie genau der Übergang von Interaktionen zu Beziehungen vonstattengeht, wann also aus Interaktionen (als wechselseitige Handlungskoordination zwischen zwei oder mehr Akteur/innen) Beziehungen werden, wird im SI nach BLUMER nicht erschöpfend ausgeleuchtet (CROSSLEY 2010a). Interaktionen und Beziehungen werden beide über wechselseitige Bezugnahmen von Akteur/innen aufeinander konstituiert. Sie sind nicht "einfach da", sondern prozesshaft konstruiert und sinnhaft strukturiert. Gleichzeitig lassen sich beide Konzepte unterscheiden: "Interactions can have properties not present in the actions of isolated individuals, and relationships have properties not present in their constituent interactions" (HINDE 1979, S.V). In Beziehungen sind Akteur/innen demnach in einer besonderen Art und Weise verbunden. Während in der Beziehungsforschung soziale Beziehungen als Formen sozialer Organisation beschrieben werden, die etwa über spezifische Wissensvorräte, Kommunikationsformen und Rituale institutionalisiert sind (LENZ 2009; McCALL 1988), wird in einer interaktionistischen Betrachtung Beziehungsbildung als wechselseitiger Prozess internalisierter Repräsentationen von anderen, der (zukünftige) Handlungen formt, fokussiert (CROSSLEY 2010a). Beziehungen entstehen über Interaktionen und entwickeln eine Geschichte, durch die Erwartungen an zukünftige Interaktionen erzeugt werden. Sie werden damit zu einer Art Handlungsbedingung, durch die sich schließlich Handlungslinien ausbilden (ähnlich HOLLSTEIN 2001). Überspitzt formuliert wird eine soziale Beziehung dann selbst zur Situation, über die Interaktionen orientiert werden. Spannende Fragen schließen sich hier an: Wie konstituieren sich Interaktionen und Beziehungen? Unterscheiden sie sich in Hinblick auf die wechselseitige Bezugnahme von Akteur/innen? Wie wirkt sich die (Form der) Beziehung auf das Aushandeln in Situationen aus? Anhand eines Beispiels wollen wir konzeptuelle Ideen zu Interaktion und Beziehung sowie deren Relationen illustrieren. [20]

Die Personen A und B treffen sich auf einer Party eines gemeinsamen Bekannten das erste Mal und unterhalten sich. Zwei mögliche aus einer Vielfalt vorstellbarer Szenarien schließen sich an.

In diesem Szenario ist die Interaktion orientiert an der Situation (Party), in der der/die jeweils Andere unter Bezugnahme generalisierter Anderer in der Ausfüllung seiner/ihrer Rolle (Gast) wahrgenommen wird. Durch die Interaktion werden diese Rollenvorstellungen als generalisierte Andere aktualisiert, es werden jedoch nicht wechselseitige Handlungsorientierungen zweier konkreter Anderer initiiert, die in einer persönlichen Beziehung münden würden. Die Situation "schafft" spezifische Handlungsbedingungen für Interaktionen, welche prinzipiell offen sind für die Genese einer (persönlichen) Beziehung, die sich in diesem Beispiel aber nicht einstellt. Die Beziehungsgenese bedarf demnach mehr als der Möglichkeit zur Interaktion (z.B. der Wahrnehmung einer Nähe durch geteilte Erfahrungen, Einstellungen oder auch Interessen, über die eine zukünftige Verkettung antizipiert werden kann). Unser Beispiel führt uns zu folgender Aussage: Interaktionen sind ein Basiselement der Vergesellschaftung, während Beziehungen Formen der selbigen sind.

Aus interaktionistischer Perspektive werden nun die Handlungsbedingungen und Prozesse relevant, die die Interaktion(en) von A und B ausmachen. Gehen wir in den folgenden Betrachtungen vom zweiten Szenario, der Etablierung einer persönlichen Beziehung, aus. Diese "Wir-Definition" als Freund/innen entsteht aus der Wahrnehmung einer (oder mehrerer) Gemeinsamkeit(en) und wird aus der Geschichte der Interaktionen (vertikale Verkettung) gespeist. Sie ist ebenso eingebettet in andere Beziehungskontexte, etwa andere Freundschaftserfahrungen, kulturelle Vorstellungen einer Gesellschaft oder eines Herkunftsmilieus (horizontale Verkettung). Als soziale Beziehung entwickeln Akteur/innen eine Perspektive, die über die Interaktion hinausgeht. Demnach wird eine soziale Beziehung zwar notwendigerweise in Interaktionen aktualisiert, existiert aber über eine singuläre Interaktion – transsituativ – hinaus. Eine soziale Beziehung ist in gewisser Weise auf Dauer gestellt, jedoch gleichzeitig "nicht [...] ein für allemal stabilisiert, sondern [...] offen und an stete gemeinsame Anerkennung gebunden" (a.a.O.). Der Gebrauch von "signifikanten Symbolen" ermöglicht eine gemeinsame Orientierung und zeigt Handlungslinien an, innerhalb derer sich gewisse Erwartungen, Regeln und prozedurale Formen etablieren. Freund/innen können in verschiedenen Situationen unterschiedliche Rollen und Funktionen entwickeln (z.B. als Kritiker/in oder Vermittler/in). Diese Bedeutungen unterliegen – wie die Beziehung selbst – kontinuierlichen, wenn auch nicht immer bewussten und als solches intendierten Aktualisierungsprozessen. Die Bedeutung, was Freundschaft (nicht) ist, kann sich verändern. Die Bezeichnung als "Freund/in" kann demnach interindividuell und intersituativ grundsätzlich unterschiedlich interpretiert bzw. sinnhaft konstruiert werden. Entscheidend ist hierbei weniger die Bezeichnung selbst, sondern inwieweit über symbolhafte Bedeutungen und Bezugnahmen, die diesen Bezeichnungen zugrunde liegen, Handeln koordiniert wird: Wie wird Freundschaft in einer konkreten Situation handlungsrelevant (gemacht)? Aus der Biografie- und Lebenslaufforschung wissen wir etwa, dass spezifische Beziehungen besonders bei Lebenslaufübergängen unter Veränderungsdruck stehen und oft redefiniert werden (HOLLSTEIN 2002). Soziale Beziehungen stehen jedoch konzeptionell unter dynamischer Spannung und sind als fluide anzusehen (FINE & KLEINMAN 1983). Der jeweilige Grad der Fluidität sozialer Beziehungen ist allerdings eine empirische Frage (a.a.O.). Für die Untersuchung der Genese und Dynamik sozialer Beziehungen sind in der Lesart des SI sowohl situative Konstruktionsprozesse in ihrer Wechselwirkung von subjektiver und sozialer Sinnkonstruktion als auch sozial-historische Verkettungen von Interaktionen und Situationen zu berücksichtigen. [23]

2.2.3 Soziale Netzwerke aus interaktionistischer Perspektive

Auf Basis des relationalen Wirklichkeitszugriffes im SI, insbesondere im Sinne von BLUMERs (1973 [1969]) Verkettungsmotiv, haben wir skizziert, inwieweit die Genese und Dynamik sozialer Beziehungen über "grosse[] und komplexe[] Netzwerke[] von Handlungen" (S.99) konzeptualisiert werden kann. Dabei zeigt sich, dass selbst in dyadischen Beziehungen situativ weitere Andere von Bedeutung sind, sei es in der Bezugnahme auf konkrete oder unsichtbare Andere. Soziale Beziehungen entstehen und bestehen somit immer bereits in Relation zu anderen Beziehungen. Über diese Perspektive der Einbettung von Beziehungen können soziale Netzwerke analytisch einerseits als Handlungsbedingung (als sozialer Einfluss) konstruiert werden. Andererseits werden soziale Netzwerke selbst (als soziale Formationen) Handlungsergebnis horizontaler und vertikaler Verkettungen von Interaktionen und Beziehungen. Die Situation ist schließlich der Kristallisationsmoment, in dem ausgehandelt wird, wie soziale Netzwerke auf Handeln wirken, und wie Handeln auf soziale Netzwerke wirkt. [24]

Wir wollen darauf aufbauend interaktionistische Perspektiven auf ein soziales Netzwerk als soziale Figur vertiefen. BLUMER beschrieb die alltägliche und wissenschaftliche Bedeutung von Netzwerken als "ausgedehnte Verbindung von Handlungen, die einen so grossen Teil menschlichen Zusammenlebens" (S.99) ausmachten, kritisierte jedoch wissenschaftliche Ansätze, die "solche Netzwerke [...] als Wesen betrachten, die von sich aus handeln können, die ihrer eigenen Dynamik folgen, und die es nicht notwendig machen, dass man den Teilnehmern innerhalb des Netzwerkes Beachtung schenkt" (S.99f.). Er elaborierte daraufhin eine Perspektive, mit der beschrieben werden könne, wie soziale Netzwerke über die interaktiven Konstruktionsleistungen der Akteur/innen und deren Positionierungen handlungsrelevant würden:

"Man sollte erkennen, was richtig ist, dass nämlich die mannigfaltig zusammengesetzte Gruppe von Teilnehmern, die in dem Netzwerk unterschiedliche Positionen innehaben, ihr Handeln in diesen Positionen auf der Grundlage der Benutzung gegebener Sets von Bedeutungen eingeht. Ein Netzwerk oder eine Institution funktioniert nicht automatisch aufgrund irgendeiner inneren Dynamik oder aufgrund von Systemerfordernissen; sie funktionieren, weil Personen in verschiedenen Positionen etwas tun – und zwar ist das, was sie tun, ein Ergebnis der Art und Weise, in der sie die Situation definieren, in der sie handeln müssen. [...] Es ist notwendig zu erkennen, dass die Sets von Bedeutungen, die die Teilnehmer dazu bringen, in den von ihnen eingenommenen Positionen im Netzwerk so zu handeln, wie sie tatsächlich handeln, ihre eigene Einbettung in einem ganz bestimmten Prozess sozialer Interaktion haben – und dass diese Bedeutungen in einem sozialen Definitionsprozess in Abhängigkeit von der augenblicklichen Lage gebildet, aufrechterhalten, abgeschwächt, verstärkt oder umgeformt werden. Sowohl das Funktionieren wie die weitere Entwicklung von Institutionen werden durch diesen Interpretationsprozess bestimmt, wie er zwischen den verschiedenen Gruppen von Teilnehmern stattfindet" (S.100). [25]

Auf Basis dieser gehaltvollen Ausführungen BLUMERs können wir vier grundlegende Prämissen für ein interaktionistisches Verständnis sozialer Netzwerke festhalten. Soziale Netzwerke sind 1. sinnhaft strukturiert, werden 2. durch soziale Aushandlungen konstituiert, sind 3. situiert und sind 4. soziale Ordnungsprozesse. Im SI interessiert, wie Akteur/innen über Interaktionen soziale Netzwerke produzieren und reproduzieren (SALVINI 2010). Durch ein von Forschenden rekonstruiertes Netzwerk sind signifikante Positionen wie die eines Brokers also nicht per se handlungsrelevant. Positionen sind erst relevant, wenn sie situativ in Handlungen im Sinne einer Positionierung verhandelt werden. Zentrale Anknüpfungspunkte sozialer Netzwerke sind aus interaktionistischer Perspektive damit die Bedeutungen, die in und über Interaktionen und Beziehungen generiert werden. Bedeutungen sozialer Beziehungen sind folglich standortgebunden, verweisen auf etwas und sind bedingt durch die jeweiligen Situationsdefinitionen der Akteur/innen (HOLLSTEIN 2006). Beziehungen – und damit auch Netzwerke – sind insofern 1. sinnhaft strukturiert und nur aus der Perspektive der Akteur/innen und ihrer Handlungszusammenhänge zu interpretieren. Bereits FINE und KLEINMAN (1983, S.97) definierten ein soziales Netzwerk in dieser Hinsicht als "a set of relationships which people imbue with meaning and use for personal or collective purposes". Damit werden Netzwerke nicht beliebig, sondern eingebettet in soziale Interaktionen und Situationen stets sozial sinnhaft generiert. [26]

Sie werden 2. über kontinuierliche Prozesse sozialer Aushandlungen (re-)produziert. In Anlehnung an STRAUSS kann dieser Prozess als "negotiated order" (1978, S.6) bzw. "processual ordering" (1993, S.254) konzeptualisiert werden. Auf Basis der Verkettungen von Interaktionen werden spezifische Ordnungsprozesse etabliert und aktualisiert. Das Handeln von Akteur/innen wird somit nicht durch Formen und Strukturen von Netzwerken determiniert, sondern Akteur/innen handeln Positionen und deren Bedeutungen in Abhängigkeit von ihren Relevanzsetzungen aktiv aus, in Begegnungen von Menschen und ihren Lebensgeschichten, in verschiedenen Sozialisationskontexten und Erfahrungsräumen. Anders ausgedrückt sind soziale Netzwerke "combinations of meanings that are formed in the interactions among individuals, and that, in their turn, orient and contribute to giving sense to those same interactions" (SALVINI 2010, S.378). Soziale Netzwerke sollten damit nicht als Ergebnis subjektiver Intentionen oder Darstellungen missverstanden werden, sondern sind Ausdruck der Verknüpfung sozialer Aushandlungsprozesse. Als solche können sie unterschiedlich handlungsrelevant (gemacht) werden. [27]

Die Art und Weise, wie soziale Netzwerke konstituiert und wirksam werden, ist stets an deren situative Gestalt gebunden. Sie sind aus interaktionistischer Perspektive 3. als situiert zu betrachten. Selbst wenn Netzwerke als "institutionalisierte Strukturen" transsituativ sichtbar erscheinen, werden sie in ihrer Spezifik und aus der Perspektive einer Situation heraus "in Abhängigkeit von der augenblicklichen Lage" (BLUMER 1973 [1969], S.100) handlungsrelevant gemacht. Das spricht nicht dagegen, dass soziale Netzwerke als Formationen beschreibbar sind. Entscheidend ist aus dem Blickwinkel des SI, dass soziale Netzwerke keine Entitäten sui generis darstellen, sondern dass sie in Abhängigkeit von der Definition einer Situation bedeutungsvoll werden und dass in ihnen bzw. durch sie selektiv auf andere Situationen verwiesen wird. [28]

Ein soziales Netzwerk kann interaktionistisch als Prozess des Vernetzens gedacht werden, d.h., Bedeutungen sind dynamisch und müssen laufend (re-)aktualisiert werden – sie können sich auch verändern. Davon ausgehend, dass die Gestalt von Netzwerken – ihre Struktur – nicht vorgegeben ist, sondern über die Situiertheit von Interaktionen als ausgehandelte Ordnung hergestellt und verändert wird, ergibt sich, dass Netzwerke sowohl in verschiedenen Formationen sichtbar werden (z.B. als Triaden oder in verschiedenen Clustern) als auch verschiedene Grade der Institutionalisierung aufweisen können. Über die soziale Aktivierung von Beziehungen in Situationen können bestimmte Beziehungen immer auch latent bleiben und für einen Moment keine Rolle spielen oder als Bezugnahmen (etwa als "unsichtbare Dritte", STRAUSS (1968 [1959], S.58) relevant werden. So schlussfolgerte CROSSLEY (2010a, S.356): "This should remind us that network structure is never fixed. It is always structure-in-process". Ordnungsprozesse können innerhalb eines Netzwerkes (durch den Gebrauch von signifikanten Symbolen) divergieren. CROSSLEY machte bspw. darauf aufmerksam, dass der innere Kern einer Gruppe andere Prozesse bediene als der Rand und zeigte damit gleichzeitig die Fluidität der Netzwerkgrenzen auf (S.353). Netzwerke unterscheiden sich zugleich aber auch in ihren historischen Verkettungen. So gibt es Formen gemeinsamen Handelns, die eine höhere Kontinuität und stabilisiertere Handlungslinien aufweisen als andere – dazu gehören nach BLUMER (1973 [1969]) Institutionen und Organisationen (siehe für die Organisationsforschung STRÜBING 2005). Soziale Netzwerke sind daher 4. immer soziale Ordnungsprozesse. [29]

Führen wir dies zusammen, so wird mit dem SI eine spezifische Perspektive auf soziale Netzwerke eröffnet: zum einen über die interaktiv hervorgebrachten Relevanzsetzungen der Akteur/innen sowie zum anderen als variable Bedingungen in Abhängigkeit von den jeweiligen Situationen. Im SI wird die Bedeutung der interagierenden Akteur/innen als Interpret/innen sozialer Beziehungen und Netzwerke fokussiert. Aus interaktionistischer Perspektive wird dabei nicht – wie häufig missverstanden – Struktur ihre Existenz abgesprochen, sondern auf einen Perspektivwechsel abgezielt: Auf die alltägliche, interaktive Herstellung und Bestätigung oder eben auch Veränderung dieser Strukturen. Soziale Netzwerke können durchaus als verfestigtes – strukturelles – Moment wahrgenommen werden, etwa im Sinne eines Erfahrungsraumes für Akteur/innen, an dem Orientierungen und Handlungen von Akteur/innen interaktiv generiert und aktualisiert werden. Allerdings ist ein soziales Netzwerk dabei nicht eine den Akteur/innen übergestülpte "Struktur an sich", sondern wird als Bestandteil des Sets der Handlungsbedingungen – der Situation sowie ihrer Verkettungen – konkret wirksam.6) Dem zugrunde liegt ein interaktionistischer Ordnungsbegriff, nach dem Netzwerke wie Strukturen "die Folge früherer Handlungen [sind], die durch vergangene und gegenwärtige Praktiken aufrechterhalten und als starr erlebt werden" (CLARKE 2012 [2005], S.106; siehe auch BLUMER 1973 [1969]; STRAUSS 1993). Struktur wird hierbei als eine spezifische prozessuale Ordnung konzeptualisiert, die über vertikale und horizontale Verkettungen von Interaktionen entsteht.7) [30]

Die aufgezeigten interaktionistischen Perspektiven auf das Verhältnis von Interaktion, Beziehung und Netzwerk implizieren ein Verständnis sozialer Wirklichkeiten, nach dem soziale Phänomene über Deutungen und Situationsdefinitionen zugänglich werden. Diese Deutungen sind nicht beliebig oder individuell, sondern interaktiv erzeugt und damit immer schon sozial. So lässt sich treffend zusammenfassen: Im SI wird betrachtet, wie Menschen in ihrem alltäglichen Miteinander soziale Ordnung erzeugen (ähnlich SNOW 2001). [31]

2.3 Gegenstandsbereiche einer interaktionistischen Netzwerkforschung

Grundsätzliche Fragen des Forschungsinteresses werden in der qualitativen Sozialforschung "materialisiert" anhand von "Gegenständen" verhandelt. Der Forschungsprozess wird fortlaufend über Gegenstände justiert, die "multiple Passungen" erfordern (STRÜBING et al. 2018, S.88). Anhand unserer Konzeptualisierung sozialer Netzwerke und der theoretischen Verknüpfung mit den Begriffen Interaktion, Beziehung und Situation lassen sich verschiedene prädestinierte Gegenstandsbereiche herausstellen.8) [32]

Zunächst liegt es nahe, soziale Beziehungen und soziale Netzwerke – im Sinne eines "processual ordering" (STRAUSS 1993, S.254) – als interaktiven Aushandlungsprozess in einer dynamischen Perspektive zu betrachten. Die Formierung, Aktualisierung und Dynamik sozialer Beziehungen und Netzwerke kann demnach als zentraler Gegenstandsbereich beschrieben werden. Wie konstituieren sich soziale Netzwerke überhaupt als solche interaktiv? Wie werden soziale Beziehungen angebahnt, verfestigt oder auch aufgelöst? Wie können wir schließlich Prozesse der Institutionalisierung sozialer Ordnung erfassen? Diese Fragen zielen auf das Netzwerken als (De-)Formierungsprozess. Um solchen Prozessen nachzuspüren, bietet es sich an, insbesondere neue, sich anbahnende Beziehungen, aber auch brüchig werdende, scheinbar etablierte Beziehungen in den Blick zu nehmen (MØNSTED 1995). Verschiedene Forschungsbereiche sind hier denkbar: Veränderungen in den Bedeutungen sozialer Beziehungen zeigen sich z.B. in Übergängen im Lebenslauf (etwa beim Eintritt in den Arbeitsmarkt), in der Situation des Eintritts in neuen soziale Welten (etwa durch eine neue Nachbarschaft infolge eines Umzugs), im Rahmen von Interventions- und Transformationsprozessen (etwa bei der Fusion zweier Abteilungen einer Organisation) oder bei Prozessen der sozialen Inklusion und Exklusion (SALVINI 2010). Als weiterer Bereich können neue Formen von Sozialität adressiert werden, etwa über verschiedene kommunikative Modalitäten von Online- und Offline-Interaktionen sowie über mediatisierte Interaktionen (a.a.O.). Gleichzeitig interessieren sich symbolische Interaktionist/innen aber auch für Rituale und Routinen, das sich (scheinbar) alltäglich Wiederholende. [33]

Eng verknüpft mit Formierungsprozessen sozialer Netzwerke sind Grenzziehungen (innerhalb) sozialer Netzwerke. Wo werden Netzwerke von Akteur/innen als (ab)geschlossen betrachtet? Wie wird Zugehörigkeit bzw. Mitgliedschaft prozessiert? Wie konstituieren sich bestimmte Gruppen? Wie fluide sind soziale Formationen? Wie sind sie mit anderen verbunden? Diesen Fragen wird in der klassischen interaktionistischen Forschung vielfach in der Untersuchung sozialer Welten nachgegangen. WHYTE (1993 [1943]) zeigte beispielsweise anhand einer Feldforschung in einem von italienischen Einwanderer/innen geprägten Bostoner Stadtteil, wie sich in der "Street Corner Society" die Grenzen, aber auch die Relationen zwischen sozialen Gruppen und sozialen Welten verfestigten. Dabei spielte die gegenseitige Bezugnahme über die Abgrenzung ebenso eine Rolle wie die Konstruktion einer gruppenspezifischen Identität. Solche Forschungsfragen, die auf die Rolle bestimmter Beziehungsarten für ethnische Grenzziehungen abzielen, sind etwa relevant für das Verstehen der Entstehung und Verfestigung sozialer Ungleichheiten. [34]

Ein weiterer Fokus besteht in der situativen Handlungsrelevanz sozialer Netzwerke. Wie werden soziale Beziehungen und soziale Netzwerke situativ handlungsrelevant (gemacht) z.B. für spezifische Entscheidungen und Interaktionen im Lebenslauf? Soziale Netzwerke werden in diesem Sinne als situative Handlungsbedingungen konzipiert und es stellt sich die Frage, inwieweit Bezugnahmen auf soziale Netzwerke situativ wirken. Wie wirken sich vermeintlich institutionalisierte Beziehungen auf Interaktionen aus? Spannend erscheint uns, dass eine interaktionistische Perspektive es ermöglicht, den Blick darauf zu richten, wie andere als Anwesende, aber vor allem auch als implizite oder unsichtbare Andere in und für Interaktionen relevant werden. Beispielhaft hierfür sei STRAUSS' Werk "Spiegeln und Masken" (1968 [1959]) genannt, in dem er aufzeigte, wie über Interaktionsprozesse Identitäten und Identifizierungen entstehen. Verschiedene weitere Anwendungsgebiete sind hier denkbar: eher klassische Netzwerkfragen nach Einflüssen des Netzwerkes auf konkrete Unterstützungsprozesse oder auch Wissensdiffusionsprozesse im Netzwerk. Darüber hinaus kann – etwa im Kontext sozialer Welten – danach gefragt werden, wie soziale Netzwerke z.B. über ihre spezifische Struktur und Institutionalisierung situativ handlungswirksam werden. Ein Augenmerk könnte hier auf die Bedeutung von spezifischen Netzwerkpositionen und damit verbundenen Positionierungen gelegt werden, etwa Broker: Sie verbreiten Wissen, etablieren Prozesse und repräsentieren Strukturen. Doch wie wird die Position eines Brokers, im Sinne einer Verknüpfung aus role-making und role-taking, schließlich gedeutet und ausgefüllt? Welche Konsequenzen haben Netzwerkpositionierungen für soziales Handeln der Akteur/innen, und wie unterscheiden sich diese in verschiedenen Situationen? Wie werden Positionierungen über die Verkettungen von Situationen schließlich zu manifesten Positionen? CROSSLEY (2008) zeigte beispielsweise in einer ethnografischen Studie über Sportkurse, wie Netzwerkkonfigurationen Interaktionen einschränken und ermöglichen können, sich Positionen wie Etablierte und Außenseiter herstellen und Positionierungen als Broker sowie Prozesse sozialer Schließung handlungsrelevant werden. Er illustrierte, dass die Position eines Brokers keinesfalls nur eine vorteilhafte, einflussreiche Position sein muss, sondern auch als Zerrissenheit zwischen mehreren Gruppen wahrgenommen werden kann. [35]

Davon ausgehend, dass in interaktiven Aushandlungen Symbole als Handlungskoordination verwendet werden, stellt sich die Frage, was signifikante Symbole sind und wie sie sich als "Codes" des Netzwerkens etablieren? Hierunter wären einerseits Beziehungskonzepte zu verstehen (z.B.: Auf was verweist, Freund/in zu sein, und wie strukturiert dies Aushandlungen mit?), aber auch alle weiteren Symbole, mit denen Spielregeln sozialen Handelns koordiniert werden bzw. die dem Netzwerken zugrunde liegen. Zu denken wäre hier an "klassische" interaktionistische Kontexte wie bestimmte Gruppen (z.B. Gangs) oder soziale Welten (z.B. Subkulturen), aber auch an andere alltägliche Settings (z.B. Familienfeiern). BECKER (1963) hatte sich in diesem Sinne damit beschäftigt, wie Menschen mit vermeintlich abweichendem Verhalten zu Außenseiter/innen wurden, und er zeigte auf, wie durch das Labeln anderer Situationen so definiert wurden, dass sich Symbole und Positionen etablierten. [36]

Die Trennung dieser Gegenstandsbereiche ist als analytische Ideensammlung zu verstehen, anhand derer verschiedene Stoßrichtungen aufgezeigt werden können. In der empirischen Wirklichkeit fallen sie zusammen. Ob Prozesse, Dynamiken, Grenzziehungen, Positionierungen oder Symbolisierungen, ihnen allen ist gemeinsam, dass wir über sie Aufschluss über interaktive Prozesse des Netzwerkens, welche stets situativ verhaftet sind, erhalten. Dabei sind die Anwendungsgebiete weder disziplinär noch thematisch beschränkt, solange menschengemachte Interaktionen die Basis sind. Die Vielfältigkeit der empirischen Bezugnahmen, die eine interaktionistische Perspektive eröffnet, hat KOOB (2007, §49) pointiert beschrieben: "Kurzum: Wer sich mit der theoretischen und methodologischen Ausstattung des Symbolischen Interaktionismus auf seine Reisen durch soziale Milieus begibt, der wird erstaunt sein, wieviel soziale Ordnung sich noch in den merkwürdigsten Interaktionssituationen auffinden lässt". In diesem Sinne liegt unseres Erachtens ein weiteres Potenzial einer interaktionistischen Netzwerkforschung darin, einen Beitrag zur Methodenentwicklung zu leisten. Befunde, anhand derer unterschiedliche Handlungsrelevanzen von Beziehungsrelationen in verschiedenen sozialen Welten aufgezeigt werden, können zukünftige Forschungsdesigns inspirieren. [37]

3. Epistemologische und methodologische Grundannahmen interaktionistischer (Netzwerk-)Forschung

Im Sinne eines holistischen Ansatzes wird der Forschungsprozess weitgehend durch die theoretischen Prämissen des SI justiert und impliziert spezifische epistemologische und methodologische Perspektiven: Die Konzeption sozialer Wirklichkeit des SI evoziert auf epistemologischer Ebene eine besondere Betrachtung der Situiertheit der Forschung, des Forschungsprozesses und der Forschungssubjekte. Die soziale Welt ist demnach nicht einfach ein beziehungsloses Außen: "The social world can talk back [...] Like all actors, a sociologist also acts within that world and meets an eternally reacting social reality" (VERHOEVEN 1991, S.118). Das heißt zunächst: Daten werden nicht entdeckt, sondern in Interpretationsprozessen perspektivisch ausgehandelt. Interaktionen – und damit wechselseitige Aushandlungen von Wirklichkeiten – durchziehen jede Phase des Forschungsprozesses, vom Konturieren des Forschungsgegenstandes, Kontakten im Feld, in der Erhebung, über das Erzeugen von Aufzeichnungen (z.B. Beschreibungen oder Maps) bis hin zur Ergebnispräsentation (z.B. in einem Artikel). Damit wird auch der Forschungsprozess selbst als Verkettung situierter Interaktionen verstanden. Die kontinuierliche Reflexion eines interaktiven Forschungsprozesses verlangt dabei auch, dass sich Forschende in einem internen und externen Dialog zum Thema machen, um ihr Selbst (im Sinne MEADs; siehe MILLIKEN & SCHREIBER 2012) und damit das "Set vorgefertigter Bilder" (BLUMER 1973 [1969], S.118), Vorannahmen, Erwartungen und Handlungsmuster, welche sie "mitbringen" und ggf. abändern zu reflektieren (ähnlich HAMMERSLEY 1989). Konsequenterweise ergibt sich für das Verhältnis von Theorie und Empirie bei BLUMER (1973 [1969]) ein Primat der Empirie. Diesem folgend, ist der einzige Weg, Sicherheit über die empirische Gültigkeit zu erlangen,

"derjenige [...], direkt in die empirische soziale Welt zu gehen, – man muss sorgfältig prüfen, ob seine Prämissen oder Kernvorstellungen von ihr, seine Fragen und die aufgeworfenen Probleme, die aus ihr ausgewählten Daten, die Konzeptionen, durch die man sie betrachtet und analysiert, und die auf sie bezogenen Interpretationen tatsächlich von ihr gestützt werden" (S.114). [38]

Ausgangspunkt ist, dass sich der Zugang zu einer Wirklichkeit – wie die Wirklichkeit selbst – nur über Interpretationen auf Basis von Interaktionen konstituieren lässt. Forschende sind somit keine Überlieferer/innen der empirischen Welt, wie sie wirklich ist (DENZIN 1997, 2003) und benötigen adäquate, sinnverstehende, interpretative Zugänge zur sozialen Wirklichkeit, um Verstehen – im Sinne eines Fremdverstehens – zu ermöglichen. BLUMER (1973 [1969]) schlug auf methodologischer Ebene mit der Exploration und der Inspektion zwei miteinander verschränkte Phasen eines interpretativen Forschungsprozesses vor, die Feldzugang und Erhebung einerseits mit Analyse und Reflexion andererseits iterativ-zyklisch verknüpfen. Als maßgeblich für das forscherische Vorgehen explizierte er Grundprinzipien, die weiterentwickelt in die qualitativen Sozialforschung Eingang gefunden haben (ausführlicher dazu siehe BREUER, MRUCK & ROTH 2002; KRUSE 2014; MRUCK & BREUER 2003; STEINKE 2010; STRÜBING et al. 2018). Um soziale Wirklichkeit aus der Perspektive der Handelnden zu verstehen, waren für BLUMER (1973 [1969]) Offenheit gegenüber dem Gegenstand, der stete Abgleich der Empirie mit den (theoretischen) Vorkenntnissen, Flexibilität im Feld und eine sinnverstehende Grundhaltung zentral für gelungene Forschung. Dies aufgreifend wird das kontinuierliche Durchdringen des Forschungsprozesses mit Reflexionsinstrumenten (z.B. Forschungstagebücher, Memos, Interpretationsgruppen, Supervision) notwendig, um Suchbewegungen im Feld, das Verworfene, das Ausgelassene, die Situiertheit der Forscher/innen, ihre Vorannahmen sowie Lesarten zu dokumentieren und zu reflektieren (ähnlich in der Grounded-Theory-Methodologie, siehe z.B. MRUCK & MEY 2019; STRAUSS & CORBIN 1996 [1990]). BLUMERs (1973 [1969]) Ansatz führt konsequenterweise zu einer Positionierung für eine spezifische Forschungshaltung und gegen eine starke Reglementierung und Kanonisierung von Verfahren und Techniken. So gehe es nicht um das "'korrekte' Forschungsvorgehen" (S.120), sondern darum, der Beschaffenheit, dem "eigensinnigen" und "widerstrebenden Charakter" (S.104) der empirischen Welt, gerecht zu werden. Instrumente oder Verfahren müssten ihre "Brauchbarkeit [...] für die Entdeckung des tatsächlichen Geschehens im Zusammenleben" (S.133) erweisen und der Prozesshaftigkeit der Welt der Beforschten und deren Situationsdefinitionen gerecht werden. Sinnverstehen kann dabei nur über methodische Zugänge gesichert werden, die ermöglichen, dass Beforschte ihre Relevanzstrukturen entfalten und Forscher/innen sich von diesen überraschen lassen können. In diesem Sinne sind die nun anschließenden forschungspraktischen Implikationen als mögliche Perspektiven zu verstehen, deren Brauchbarkeit entlang des jeweiligen Forschungsgegenstandes beständig zu prüfen ist. [39]

4. Forschungspraktische Implikationen interaktionistischer Netzwerkforschung

Kursorisch wollen wir an dieser Stelle auf Basis der theoretischen, epistemologischen und methodologischen Ausrichtung des SI forschungspraktische Implikationen für eine interaktionistische Netzwerkforschung skizzieren. Dabei geht es weniger um konkrete Dos and Don'ts, als vielmehr um zentrale Perspektiven und Haltungen für eine auf den SI aufbauende Forschungspraxis. Mit der Entwicklung eines Forschungsinteresses ist eine methodologische Positionierung verknüpft, die impliziert, wie Forschende den gewählten Gegenstand (vgl. Abschnitt 2.3) explorieren und inspizieren. So ist zu Beginn und während einer empirischen Studie sukzessiv zu konturieren, welche Aspekte sozialer Beziehungen und sozialer Netzwerke in den Blick genommen werden und was die damit verknüpften theoretischen Perspektiven sind (HOLLSTEIN 2011). Geleitet vom Primat der Empirie wird im SI ein induktiver Zugang auf soziale Realität skizziert, der nicht im Sinne eines "naiven Induktivismus" (KRUSE 2014, S.110; ähnlich STRÜBING 2004) theoriefrei ist, sondern durch "sensitizing concepts" (BLUMER 1954, S.7) orientiert wird. Diese dienen als eine Art analytische Brillen zur Orientierung bei der Entwicklung verschiedener Lesarten und sind hilfreich, um Fragen zu generieren sowie eigene Vorannahmen reflexiv in den Blick zu nehmen. Sie können im Kontext von sozialen Netzwerken z.B. verschiedene strukturelle Komponenten (Triaden, Cliquen, siehe zur Übersicht WASSERMAN & FAUST 1994), Positionen (z.B. Broker, BURT 2005), Konzepte wie Homophilie (McPHERSON, SMITH-LOVIN & COOK 2001), Reziprozität (GOULDNER 1960), Foci (FELD 1981) oder strong und weak ties (GRANOVETTER 1973) sein. Der ständige Rückbezug auf netzwerktheoretisch informierte, sensibilisierende Konzepte ermöglicht ein theoriegenerierendes Arbeiten – als Verwerfen, Reproduzieren oder neu Konzeptualisieren von Theorien. [40]

4.1 Erhebungsmethoden aus interaktionistischer Perspektive

Am Wirklichkeitsbezug des SI ansetzend liegen – primär mit Fokus auf die soziale Sinnebene – aus dem großen Potpourri qualitativer Erhebungsverfahren bestimmte methodische Zugänge eher nahe als andere. In der Tradition des SI werden typischerweise ethnografische Verfahren gewählt, die eine intensive Feldarbeit bedingen und bei denen z.B. Beobachtungen, Interviews und Dokumentenanalysen kombiniert werden. Auf diese Weise ist es möglich, so die Annahme im SI, der Komplexität interaktiver Erzeugung sozialer Wirklichkeit näherungsweise gerecht zu werden (BLUMER 1973 [1969]). [41]

Mit ethnografischen Methoden werden Interaktionen in ihrem Vollzug fokussiert, oftmals (aber nicht notwendigerweise) in Situationen, in denen mehrere Personen ko-präsent sind. Anhand von Ethnografien kann etwa über einen bestimmten Zeitraum hinweg erforscht werden, wie Personen Positionierungen entwickeln und sich zunutze machen (etwa als Broker; siehe CROSSLEY 2008) oder wie Grenzen von Netzwerken ausgehandelt werden (DESMOND 2014). Auch Online-Ethnografien insbesondere zu virtuellen Communities sind anschlussfähig in der interaktionistischen Netzwerkforschung, sofern sie Einblicke in kommunikative Aushandlungsprozesse (z.B. via Chats) zulassen (MAROTZKI 2017 [2003]). In Ethnografien, in denen soziale Beziehungen anvisiert werden, wird oftmals offengelassen, unter Zuhilfenahme welcher konkreten (von der Netzwerkforschung informierten) Forschungsstrategien, Fragen nach Genese und Dynamiken von Beziehungen oder auch der situativen und transsituativen Handlungsrelevanz von Netzwerken gelingend zu fokussieren wären.9) So bedarf es der Klärung der Frage: Inwieweit können wir über die ethnografische Untersuchung konkreter Interaktionen Zugänge zu Beziehungen und Netzwerken erlangen? [42]

Anders stellt es sich im Bereich der weit verbreiteten Interviewstudien in der Netzwerkforschung dar. In diesen wird nach (subjektiven) Handlungsorientierungen sowie Bedeutungen spezifischer Beziehungen gefragt, z.B. wie bestimmte Rollen und Positionen wahrgenommen werden (siehe zur Übersicht HOLLSTEIN 2011). Dabei werden häufig mehr oder weniger standardisierte Netzwerkkarten in Interviews integriert. Solche Netzwerkkarten werden mit einem verbalen Namensgenerator generiert, mit dem entsprechend der Forschungsfrage aufgefordert wird, bestimmte Akteur/innen (z.B. Freund/innen) zu benennen. Hier stellt sich die Frage: Was bilden wir ab, wenn wir nach Netzwerken oder Beziehungen fragen? Dem Interesse an der Frage nach den sozialen Sinnsetzungen im SI folgend, wäre bei reaktiven Erhebungen über Interviews, Gespräche oder auch Gruppendiskussionen eine möglichst "natürliche" und selbstläufige Form der Erhebung zu konzipieren. Wechselseitige Bezugnahmen von Interaktant/innen aufeinander müssen im Datenmaterial "auffindbar" sein. Eine Betrachtung von singulären egozentrierten Netzwerken (z.B. ein Freundschaftsnetzwerk aus Perspektive einer Person) im Sinne einer subjektiven Repräsentation steht unserer Lesart folgend in einer interaktionistischen Netzwerkforschung weniger im Fokus. Allerdings können auch egozentrierte Netzwerkkarteninterviews für eine interaktionistische Perspektive fruchtbar gemacht werden, zuvorderst um Handlungsbedingungen – Situationen – zu explorieren und so etwa die Bedeutungen von generalisierten Anderen, abwesenden Dritten bzw. impliziten Akteur/innen zu adressieren. Vorstellbar wäre zudem, die Verknüpfung mehrerer egozentrierter Perspektiven (BERNARDI, KEIM & VON DER LIPPE 2007; HEATH et al. 2009) als multi-informierte Netzwerke interaktionistisch nutzbar zu machen oder Paarinterviews, Gruppendiskussionen und Fokusgruppen zu verwenden. [43]

4.2 Netzwerkforschung als Exploration von Situationen

Für die Erhebung von Netzwerkdaten im Sinne einer interaktionistischen Netzwerkforschung lassen sich zwei zentrale Herausforderungen festhalten: Erstens wie methodische Zugriffe auf Interaktionen zu gestalten sind und zweitens wie anhand von Situationen ergründet werden kann, wie Akteur/innen wechselseitig aufeinander und auf andere Interaktionen, Beziehungen und Netzwerke Bezug nehmen. Unabhängig davon, welche konkreten methodischen Zugänge Forscher/innen wählen, regen wir als Strategie den Zugriff auf Interaktionen, soziale Beziehungen und Netzwerke über Situationen an. Damit nehmen wir ernst, dass Netzwerke aus interaktionistischer Perspektive in Situationen sinnhaft strukturiert werden und sozial ausgehandelte Ordnungsprozesse sind (siehe Abschnitt 2.2.3). Für die empirische Exploration von Situationen eignen sich insbesondere ethnografische Verfahren. Wir schlagen zudem mit dem Situationsgenerator eine zielführende Möglichkeit für situationssensible Interviewverfahren vor. Die zentrale Frage ist zunächst, wie welche Situationen adressiert werden können. [44]

Bei Beobachtungsverfahren wie auch der Arbeit mit Dokumenten ist zu berücksichtigen, dass Forschende über ihre Auswahl der Situationen und Sequenzen Einfluss nehmen und (mit-)entscheiden, welche Akteur/innen und Relationen überhaupt signifikant in den Blick genommen werden. Prinzipiell zeigt das Spektrum der Forschungsansätze – von fokussierten Ethnografien bis hin zur Multi-Sited Ethnography – vielfältige Möglichkeiten, zeitlich und örtlich differenziert, Situationen und Orte der Beobachtung sowie Materialien auszuwählen (BREIDENSTEIN, HIRSCHAUER, KALTHOFF & NIESWAND 2015; HIRSCHAUER 2014). DESMOND (2014) entwickelte mit der relationalen Ethnografie ein Verfahren, welches genuin auf Netzwerkphänomene abzielt. Für die Feldarbeit schlug er folgende Heuristiken vor, um die Suchbewegungen der Forschenden zur Explorierung des Gegenstandes zu orientieren: "(1) fields rather than places; (2) boundaries rather than bounded groups; (3) processes rather than processed people; and (4) cultural conflict rather than groupculture" (S.548). In dieser Heuristik werden grundlegende Annahmen deutlich, nämlich dass Situationen mehr als Orte sind und auch Gruppen eingebettet sein können, der Fokus auf Prozesse, weniger allein auf die Akteur/innen gerichtet wird und dass über Konflikte bestimmte Regelmäßigkeiten und Spielregeln in Netzwerken deutlich(er) werden. Exploration meint somit, eine prozesshafte Ebene der Positionierungen, Grenzziehungen und schließlich des Netzwerkens in den Blick zu nehmen. Dabei ist iterativ-zyklisch auszuloten, welche Beziehungen und Ordnungsprozesse für den Forschungsgegenstand relevant werden und in welchen Situationen sie sich spezifisch zeigen. In einem ethnografischen Setting ist hierbei denkbar, mit "situativen Fragen" (CLARKE 2012 [2005], S.66) ad hoc zu ergründen, warum so und nicht anders gehandelt und in welcher Weise auf andere Situationen Bezug genommen wird. Als eine Art übergeordnete Leitfrage gilt dabei: "Wie treten diese Bedingungen innerhalb der untersuchten empirischen Situation auf, d.h.: wie schaffen sie es, als folgenreich empfunden zu werden?" (S.112) [45]

Sofern Interviews, aber auch Gespräche oder Gruppendiskussionen interaktionistisch eingesetzt werden, plädieren wir für die Verwendung eines Situationsgenerators. Durch seinen Einsatz werden idealerweise Erzählungen (ggf. aber auch Beschreibungen; siehe KALLMEYER & SCHÜTZE 1977; RIEMANN 2003; SCHÜTZE 2014) stimuliert, in denen Situationen und darin prozessierende Interaktionen detailliert entfaltet werden. Dadurch können Bezugnahmen und Verweise auf soziale Beziehungen und Netzwerke sowie deren Bedeutungen adressiert werden (RIEMANN 2003; ROSENTHAL 2005). Nehmen wir an, wir interessieren uns für die Genese und das Netzwerken von Forschungskooperationen, so könnten wir in einem Interview mit Kooperationsbeteiligten mit dem folgenden Stimulus beginnen: "Denken Sie an die bestehende Forschungskooperation und die Zusammenarbeit der Projektpartner/innen. Erzählen Sie einmal, wie arbeiten Sie eigentlich zusammen? Mich interessiert alles, was für Sie – und aus Ihrer Sicht für die Forschungskooperation – wichtig ist. Nehmen Sie sich ruhig Zeit!" Der Eingangsstimulus eröffnet Interviewten – bei Zurückhaltung der interviewenden Person – die Möglichkeit, eine Situation oder mehrere zu skizzieren und Relevanzsetzungen vorzunehmen. Erst auf diese Öffnung folgend können und sollten zunächst immanente Anschlussfragen generiert werden, um die Handlungsbedingungen von Interaktionen zu präzisieren. Häufig ist es aufgrund einer bereits erfolgten Erzählung oder Beschreibung nun einfacher, spezifische Situationen konkreter anzusteuern, z.B.: "Sie haben zuvor erzählt, dass Professor X in einer Projektsitzung durch sein Auftreten Probleme erzeugt hat. Erzählen sie noch einmal genauer, wie hat sich das in dieser Situation zugetragen?" Über immanente Nachfragen können somit spezifische Situationsbestandteile (z.B. Interaktionsabschnitte, Akteur/innen, raumzeitliche Settings) und damit Handlungsbedingungen elaboriert werden. Es bedarf hier außerdem eines konsequenten Bezuges auf trans- und intersituative Relationen, die situativ bedeutsam gemacht werden (z.B.: Wie wird eine spezifische Beziehung handlungswirksam für eine konkrete Interaktion? Welche generalisierten Anderen spielen in dieser Situation eine Rolle?). Über exmanente Nachfragen sollte versucht werden, die Situation mit anderen Situationen vertikal oder horizontal in Bezug zu setzen (z.B.: Inwieweit lassen sich über die Relationierung mehrerer Situationen Schlüsselsituationen identifizieren?). Situationsgeneratoren halten wir in unterschiedlichen Interviewformen (auch in ethnografischen Gesprächen) für einsetzbar, um verschiedene Arten von Situationen zu adressieren: Sei es eine konkrete Alltagsbegegnung im Café, eine Schlüsselsituation im Lebenslauf oder das Leben in der Provinz. Grundsätzlich sind verschiedene Techniken zur Konstruktion und Durchführung von Interviews in der qualitativen Sozialforschung bereits vielfach und umfassend diskutiert (GUBRIUM, HOLSTEIN, MARVASTI & McKINNEY 2012; PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2013; RIEMANN 2003; ROSENTHAL 2005). Der Situationsgenerator steht hier nicht für eine neue Art von Frageinstrument, sondern vielmehr dafür, eine Sensibilisierung zur Exploration von Situationen ins Zentrum interaktionistischer Netzwerkforschung zu stellen. Dies ist der Tradition der Netzwerkforschung geschuldet, Netzwerke mittels Namensgeneratoren, also der Erhebung von Alteri, zu generieren (siehe Abschnitt 2.2). Mit dem Situationsgenerator geben wir eine interaktionistische Antwort auf die Forderung der "Öffnung vom Namensgenerator zum Relationsgenerator" (HERZ et al. 2015, §18). [46]

Situationsgeneratoren können mit visuellen Stimuli kombiniert werden. Im Rahmen qualitativer Netzwerkinterviews hat sich gezeigt, dass Netzwerkkarten als Narrationsgenerator fungieren können (DOBBIE et al. 2018; HOLLSTEIN & PFEFFER 2010; HOLLSTEIN, TÖPFER & PFEFFER 2020; RYAN et al. 2014).10) Da aus der interaktionistischen Perspektive eher die Interaktionen als die Akteur/innen im Fokus stehen, ist es in Abhängigkeit vom Forschungsgegenstand naheliegend, insbesondere Gruppensettings (z.B. Paarinterviews, Gruppendiskussionen, Fokusgruppen) nutzbar zu machen, um interaktive Aushandlungen zu adressieren.11) [47]

4.3 Forschung als situierte Interaktion(en)

Im interaktionistischen Verständnis ist jede empirische Sozialforschung eine Situation bzw. Verkettung mehrerer Interaktionen und muss deshalb auch reflexiv Bestandteil der Analyse sein. Durch die Situiertheit der Beteiligten und der Erhebung wird beeinflusst, welche Daten wie erzeugt und ausgewertet werden (ähnlich CLARKE 2012 [2005]) – auch wenn Forschende vermeintliche Natürlichkeit und Selbstläufigkeit evozieren. In der qualitativen Netzwerkforschung wird bislang noch zu wenig diskutiert, wie eine situationssensible, reflexive Analyse von Daten ablaufen kann. Um den Ansprüchen der Gegenstandsangemessenheit und der Reflexivität im Forschungsprozess gerecht zu werden, weisen wir darauf hin, den Datenerhebungsprozess in seiner Chronologie stets systematisch unter Berücksichtigung der Handlungsbedingungen (Feldforscher/in, Gatekeeper/in, Interviewer/in, Interviewte/r, Technik(en), Materialien, Artefakte, Gestalten der Erhebungssituationen, etc.) in die Analyse miteinzubeziehen. Eine Reflexion der Interaktion geht über die Reflexion der Subjektivität der Forschenden hinaus, sie verlangt Fragen wie: Welche situativen und interaktiven Bestandteile der Erhebung spielen für die Datenerhebung eine Rolle? Wann und in welcher (Sinn-)Reihenfolge werden welche Beziehungen und Bedeutungen wie aufgeführt? An welchen Stellen werden Interaktionen oder Erzählungen wie unterbrochen? Inwieweit wird etwa durch eine spezifische Nachfrage in einem Interview beeinflusst, welche Erzählung zu einer Interaktion wie ausgeführt wird? Wann werden welche Referenzrahmen eröffnet, Bezüge hergestellt oder Kontraste sichtbar gemacht, und wie hängen diese zusammen? Welche Rolle spielt die Anwesenheit als Forscher/in oder der Einsatz spezifischer Materialien (z.B. Karten, Kameras oder Computer) in einer Situation? [48]

Netzwerke und deren Bedeutungen werden in einem interaktiven Prozess im Rückgriff auf Symbole situativ konstruiert, auch wenn die Forschenden möglichst wenig Einfluss nehmen wollen (z.B. durch einen Erzählstimulus). Um Netzwerken als Ordnungsprozessen in ihrer sinnhaften Erzeugung und sozialen Aushandlung in Situationen gerecht zu werden (siehe Abschnitt 2.2.3), sollte kritisch hinterfragt werden, wie sprachliche Kategorisierungen12) (wie z.B. "Freundschaft" oder "Nähe") eingesetzt werden, und welche impliziten Bedeutungszuschreibungen der Forscher/innen darin verknüpft sind. Außerdem wird die konsequente Dokumentation aller Suchbewegungen sowie analytischen Verdichtungen unabdingbar (z.B. Was führt dazu, dass ich als Forscher/in bestimmte Situationen zur Exploration oder Inspektion "auswähle" und andere nicht?). [49]

4.4 Interpretative Analyse als Inspektion sozialer Netzwerke

Im Umgang mit natürlichen bzw. selbstläufig generierten Daten stellt sich die Frage, wie diese im Sinne einer interaktionistischen Netzwerkforschung zu interpretieren sind. Die Inspektion sozialer Netzwerke als theorieentwickelnde Vorgehensweise zielt darauf ab, Relationen zwischen analytischen Elementen empirisch fundiert zu explorieren und zu inspizieren. Die Grundlagen des SI ernst nehmend, sind sowohl die soziale Wirklichkeit als auch die empirische Forschung als interaktive Interpretationsprozesse zu konzeptualisieren. Für eine interaktionistische Analyse müssen folglich Interpretationen verschiedener Ordnung berücksichtigt und es muss jede Lesart von Forschenden als "Interpretation von bereits Interpretiertem" behandelt werden (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2013, S.16). Demnach sind im Forschungsprozess die Interpretationen der beforschten Subjekte selbst (Interpretationen 1. Ordnung) von den interpretativ erzeugten Repräsentationen im Forschungsprozess (z.B. über die Erhebung in einem Interview, Interpretationen 2. Ordnung) und den analytischen Lesarten der Forschenden in Auseinandersetzung mit Daten (Interpretationen 3. Ordnung) zu unterscheiden.13) Unerlässlich für die Inspektion von Daten ist hier ein methodischer Ansatz, der Perspektiv- und Richtungswechsel, das Stellen vieler Fragen sowie das Entwickeln von unterschiedlichen Lesarten beinhaltet und reflektiert (BLUMER 1973 [1969]). [50]

Ein analytischer visueller Zugang, der hierbei für die interaktionistische Netzwerkforschung fruchtbar gemacht werden kann, ist das Mapping. Im Rahmen von CLARKEs Situationsanalyse (2003, 2012 [2005]) werden Maps von Situationen, Positionen oder sozialen Welten als "Hilfsmittel zur Analyse von Relationalität [als] wichtiger Bestandteil der Chicago School" eingeordnet (CLARKE 2012 [2005], S.74). Das Mapping kann als flexibles Instrument helfen, Verkettungen verschiedener Entitäten sowie Interaktionsprozesse situationssensibel darzustellen. In der Anwendung von Maps als Analyseinstrument erfahren Kartierungen einen anderen Zugang als etwa bei der Erhebung über Netzwerkkarten. Während letztere in erster Linie als kognitive Unterstützung für Beforschte und Forschende in der Erhebung eingesetzt werden und Repräsentationen erzeugen, die in einer Erhebungssituation interaktiv hergestellt werden (Interpretation 2. Ordnung), sind Maps im Sinne der Situationsanalyse "Hilfsmittel zur Materialisierung von Fragen", "großartige Grenzobjekte" und "Hilfsmittel für den Umgang mit Multiplizität, Heterogenität und Unordnung" (a.a.O.). Sie bilden also eine Art veränderbares analytisch-visuelles Memo, in dem soziale Beziehungen und Netzwerke bzw. Situationen selbst von den Forschenden rekonstruiert werden (Interpretation 3. Ordnung). Zu berücksichtigen bleibt dabei, dass jede Visualisierung eine Abstraktion bzw. Formalisierung darstellt. Über diese können andere Daten (z.B. Textdaten) "zerschnitten" und darüber Beziehungen und Netzwerke überhaupt erst sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig sind in Visualisierungen stets auch Bedeutungen und Prozesse eingelagert, die paradoxerweise über eine Visualisierung (simplifiziert als Knoten und Kanten) unsichtbar gemacht werden (könnten). Gerade in der von Visualisierungen geprägten Netzwerkforschung erfordert die Darstellung, Einbettung und Interpretation von Netzwerkvisualisierungen daher besondere Sensibilität. So muss eine überzeugende visuelle Darstellung stets am Primat der Empirie orientiert und reflexiv auf die Prozesshaftigkeit sozialer Wirklichkeit, damit auch auf die Forschung selbst bezogen sein. [51]

Ein grundlegendes Analyseverfahren, welches netzwerkanalytisch fokussiert und interaktionistisch informiert ist, liegt bis dato noch nicht vor (eine Ausnahme ist in Teilen die qualitative strukturale Analyse [QSA]14), HERZ et al. 2014). Es haben sich unterschiedliche Strategien herausgebildet, um Daten im Sinne des SI auswerten zu können. Als methodologisch verwandte Zugänge bieten sich Ansätze der Grounded-Theory-Methodologie15) (GLASER & STRAUSS 1998 [1967]; STRAUSS 1991 [1987]; STRAUSS & CORBIN 1996 [1990]), insbesondere CLARKEs Situationsanalyse (2012 [2005]), aber auch GOFFMANs Rahmenanalyse (1974) an. Solche Method(ologi)en bedürfen einer genaueren Beleuchtung auf ihren Beitrag zu einer (interaktionistischen) Netzwerkperspektive. Gleichzeitig mangelt es noch an netzwerkanalytischen Methodologien, in denen Verfahren der Erhebung und Auswertung im Sinne eines holistischen Ansatzes dezidiert verknüpft werden (eine Ausnahme ist DESMOND 2014). Während eine interaktionistische Perspektive in Anlehnung an BLUMER (1973 [1969]) zunächst eher eine Heuristik des Forschens selbst widerspiegelt, besteht die Herausforderung einer interaktionistischen Netzwerkforschung in der Konstruktion und vor allem Erprobung geeigneter Verfahren, die gegenstandsangemessen Einsatz finden und dokumentiert werden. [52]

5. Interaktionistische Netzwerkforschung – eine Skizze

In diesem Beitrag haben wir Annahmen des SI mit Fokus auf den Klassiker Herbert BLUMER für die Netzwerkforschung aufbereitet und damit einen Zugang zwischen Interpretativem Paradigma und Netzwerkforschung vorgeschlagen, der – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bisher noch kaum systematische Beachtung gefunden hat. Ausgehend von dem Desiderat einer theoretischen und methodologischen Fundierung der qualitativen Netzwerkforschung sind wir der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen wir aus dem SI für die Konzeption sozialer Netzwerke sowie den Prozess einer qualitativen Netzwerkforschung ziehen können. Zunächst verdeutlichten wir anhand der Grundannahmen des SI eine relationale Perspektive auf Wirklichkeit, welche zur theoretischen Fundierung eines Netzwerkkonzeptes fruchtbar gemacht werden kann (Abschnitt 2.1). Soziale Netzwerke können aus SI-Perspektive konzeptionell als Netzwerke von Beziehungen erfasst werden, die erst durch Bedeutungszuschreiben relevant werden. Bedeutungen werden in sozialen Interaktionen aktualisiert, d.h. hergestellt oder auch verändert. Soziale Netzwerke sind damit stets sinnhaft strukturiert, interaktiv ausgehandelt, situiert sowie prozessual zu denken (Abschnitt 2.2.3). Eine interaktionistische Netzwerkperspektive fokussiert die soziale Sinnebene und ist geeignet für spezifische Gegenstandsbereiche, die sich auf interaktive Prozesse des Netzwerkens beziehen, sei es im Hinblick auf netzwerkformierende Prozesse oder im Kontext sozialer Aushandlungen, die durch Netzwerke formiert sind (Abschnitt 2.3). Dieser theoretische Zugriff auf soziale Beziehungen und Netzwerke evoziert – als holistischer Ansatz konzipiert – dezidierte method(olog)ische Ansatzpunkte. In einer interaktionistischen Netzwerkperspektive werden soziale Netzwerke dabei primär über Situationen und ihre multiplen Verkettungen adressiert. Wir schlagen auf methodischer Ebene vor, Situationen etwa unter Einsatz von Situationsgeneratoren zu explorieren und z.B. mithilfe von Techniken des Mappings analytisch zu inspizieren (Abschnitt 4). Dabei werden mit einem interaktionistischen Vorgehen Grundprämissen interpretativer Sozialforschung fruchtbar gemacht und betont, dass Forschung selbst als situiert und als Verkettung von Interaktionen zu begreifen und zu reflektieren ist. In situierter Forschung wird den interaktiv erzeugten Ergebnissen – und damit auch der Rolle der Forschenden und des Forschungsprozesses selbst – in besonderer Weise Rechnung getragen, und Interpretationen verschiedener Ordnung werden sensibel berücksichtigt. Über diese Ausbuchstabierung wollen wir schließlich zu einem reflexive turn der (qualitativen) Netzwerkforschung anregen und beitragen. [53]

In unserem Artikel ist es uns um eine eigenständige interaktionistische Perspektive (in) der qualitativen Netzwerkforschung über den Status einen bloßen Gegenprogramms zur standardisierten Netzwerkforschung hinaus gegangen. Wir schlagen eine theoretische und methodologische Fundierung sowie Sensibilisierung für ein methodisch-holistisches Vorgehen bei der Erforschung von sozialen Netzwerken aus einem spezifischen – interaktionistischen – Blickwinkel vor. Wir zeigen damit eine Möglichkeit auf, der Amnesie der Netzwerkforschung hinsichtlich der Konstruktionsleistungen von Akteur/innen (SALVINI 2010) etwas entgegenzusetzen. Mit unserem Ansatz konzipieren wir – kristallisiert am Verkettungsmotiv BLUMERs (1973 [1969]) sowie einem interaktionistischen Situationsbegriff – einen Zugriff auf soziale Netzwerke als Vernetzungsprozess. Interaktionistisch Netzwerkforschende wenden den Blick von Strukturen als Formen hin zu dem Wie eines sinnhaft strukturierten und symbolisch ausgehandelten Netzwerkens. Der interaktionistische Zugriff auf soziale Ordnung ist dabei alles andere als astrukturell (ähnlich CROSSLEY 2010a; DENNIS & MARTIN 2007; FINE & KLEINMAN 1983; MUSOLF 1992; SALVINI 2010; siehe zur Übersicht LOW & BOWDEN 2020), sondern repräsentiert einen Perspektivwechsel hin zu einer prozessualen und situationssensiblen Forschungshaltung (ähnlich SCHWALBE 2020). [54]

In Abgrenzung zu anderen Ansätzen werden soziale Netzwerke hier als Bedingung, Bestandteil und Ergebnis interaktiver Aushandlungsprozesse betrachtet und Akteur/innen primär auf einer sozialen Sinnebene, als in Interaktionen eingebettet, adressiert. Eine Präzisierung und Reflexion, auf welcher Sinnebene Forschungsfragen und -gegenstände ansetzen, erachten wir als essenziell für die Strukturierung eines qualitativen Forschungsprozesses, da darüber zentrale methodologische und methodische Entscheidungen getroffen werden (sollten) (HOLLSTEIN & ULLRICH 2003; MRUCK & MEY 2005). Im SI drückt sich also ein bestimmter Zugang zur Wirklichkeit aus, der sich von anderen abgrenzt. Dieser stete Sinnbezug findet in der Netzwerkforschung noch zu wenig Beachtung (FUHSE 2016). Im SI wird die soziale Bedeutung der Situation hervorgehoben und das unmittelbar erfahrbare "ʹHier und Jetztʹ des gelebten Lebens, der sozialen Beziehungen" betont (KELLER 2012, S.10). Situationen, so schließen wir daraus, sind eine Möglichkeit, sich der Bedeutung von sozialen Beziehungen und sozialer Netzwerke unter den Prämissen des SI zu nähern. Es gibt nur wenige systematische Versuche einer umfassenden Fundierung qualitativer Netzwerkforschung. In der phänomenologischen Netzwerkforschung (BERNHARD 2018; FUHSE 2008; WHITE 2008) werden beispielsweise ähnliche und zum Teil identische Grundprinzipien des interpretativen Paradigmas herangezogen (zum Vergleich von SI und Phänomenologie siehe VERHOEVEN 1991). Ein systematisches Aufzeigen von Potenzialen und Grenzen sowie Überschneidungen und Anschlussmöglichkeiten verschiedener Ansätze qualitativer Netzwerkforschung steht jedoch noch aus. [55]

Schließlich hat eine interaktionistische Netzwerkperspektive auch ihre Grenzen. Es gibt Gegenstände, die für die qualitative Netzwerkforschung relevant gemacht werden können, welche nicht vorzugsweise anhand einer SI-Perspektive zu erfassen sind. Sie sind Anlass, über eine weitere Konturierung der qualitativen Netzwerkforschung nachzudenken. So sind Handlungspraktiken im engeren Sinne, nämlich als körperlich geronnene Phänomene, aus einer SI-Perspektive bislang nicht hinreichend konzeptualisiert (STRÜBING 2005). Um Fragen von Körperlichkeiten und Materialitäten miteinzubeziehen, bieten sich daher eher praxistheoretische Ansätze an (RECKWITZ 2002, 2003). Auch Gefühle oder der Gehalt von Texten, Bildern und Artefakten sollten Gegenstand treffenderer methodologisch fundierter Zugriffe sein. Dies gilt unseres Erachtens auch für stories (WHITE 2008), die sich aus der Verhaftung in Netzwerken ergeben.16) Hierfür bietet sich eher ein phänomenologisch konzipierter Zugriff an (BERNHARD 2018). Schließlich werden über einen interaktionistischen Zugang weder Tiefenstrukturen (wie etwa in der objektiven Hermeneutik) noch kommunikative Basisregeln (wie in einer Narrationsanalyse) fokussiert – beides wird eher auf der Ebene des "objektiven Sinns" (HOLLSTEIN & ULLRICH 2003, S.37) verortet. Aus dem Blickwinkel interaktionistischer Netzwerkforschung wird die Erzeugung und Aushandlung sozialer Netzwerke erhellt, und eben darin liegt der Beitrag zu einer Netzwerkforschung, die sich im klassischen Sinne eher für formale Strukturen von Netzwerken interessiert. Strukturen sind im interaktionistischen Sinne Regeln und Regelmäßigkeiten, die in sozialen Interaktionen erzeugt, verfestigt, gewandelt oder auch aufgelöst werden. [56]

Im Sinne der im SI vertretenen Gegenstandsangemessenheit plädieren wir dafür, unterschiedliche methodische Zugänge, sofern empirisch notwendig, möglich zu machen und Methoden zu kombinieren. Sicherlich sind verschiedene Verzahnungen im Forschungsprozess, so wie es auch für Mixed-Methods-Ansätze in der Netzwerkforschung diskutiert wird (DOMÍNGUEZ & HOLLSTEIN 2014), denkbar. Die Kombination von qualitativer und quantitativer Sozialforschung geht aber in vielen Fällen damit einher, dass grundlegende Prämissen der jeweils kombinierten Method(ologi)en unterminiert werden. Um nicht der Gefahr eines methodologischen Opportunismus zu unterliegen (DIAZ-BONE 2006; SALVINI 2010), ist in der Zusammenführung verschiedener Zugänge ein beständiges gegenseitiges Anerkennen der grundlegenden Wirklichkeitsannahmen in Bezug auf die Grenzen und Möglichkeiten der Aussagekraft der Ergebnisse erforderlich (BAUR, KELLE & KUCKARTZ 2017; SMALL 2011). Im Sinne des methodischen Holismus ist eine gelingende Mixed-Methods-Forschung nur unter Bewahrung der Eigenständigkeit der Perspektiven zu leisten bzw. bedarf selbst einer methodologischen Fundierung. [57]

Abschließend lässt sich diskutieren, welche Konsequenzen sich für die Weiterentwicklung einer qualitativen Netzwerkforschung ergeben. Netzwerkforschung wird durch den SI weniger um konkrete Techniken oder Verfahren bereichert, sondern im Sinne einer theoretischen und methodologischen Fundierung um Grundprämissen für spezifische Gegenstandsbereiche. Dass qualitative Sozialforschung immer abhängig ist von empirischen Gegebenheiten und notwendigerweise den Status eines "Entwicklungslabors" (STRAUS 2006) haben sollte, ist im SI somit angelegt. So bedarf es weiterer konzeptioneller wie empirischer Erprobungen, Dokumentationen und Reflexionen, um die vorgelegte Skizze interaktionistischer Netzwerkforschung gemeinsam fortzuentwickeln. In diesem Sinne wäre es beispielsweise möglich (und sinnvoll), das in diesem Artikel noch unspezifizierte Konzept von sozialen Beziehungen weiter zu elaborieren und zu systematisieren. Grundsätzlich, und das gilt nicht nur für interaktionistische Netzwerkforschung, ist es erforderlich, Begriffe und Konzepte empirisch fundiert zu entwickeln, um daraufhin kohärente Methodologien und Methoden zu begründen als auch voneinander differenzieren zu können (SALVINI 2010). Wenn qualitativ Netzwerkforschende das zu leisten vermögen, dann liegt gerade darin eine besondere Chance, die Netzwerkforschung aus verschiedenen theoretischen Perspektiven zu bereichern. Mit einer interaktionistischen Fundierung legen wir einen Vorschlag zur theoretischen und method(olog)ischen Konturierung einer eigenständigen qualitativen Netzwerkforschung vor. [58]

Danksagung

Für hilfreiche Kommentare und Anregungen zu früheren Versionen dieses Beitrags danken wir herzlich Raphael HEIBERGER, Kerstin KOCK, Lisa KRESSIN, den Mitgliedern des DFG-Forschungsnetzwerk Qualitative Netzwerkforschung (QUALNET) sowie den FQS-Gutachter/innen und Herausgeber/innen.

Anmerkungen

1) DIAZ-BONE (2013, §10) hat auf die Unterscheidung von methodischem und methodologischem Holismus hingewiesen: "Dieser methodische Holismus ist nicht zu verwechseln mit einem methodologischen Holismus, der die Erklärungslogik bezeichnet, überindividuelle Sachverhalte als reale und erklärende Prinzipien heranzuziehen und eine methodische Aggregation dieser überindividuellen Sachverhalte als Reduktionismus abzulehnen. Methodischer Holismus betrifft dagegen das Passungsverhältnis von Theorie und methodischer Praxis." <zurück>

2) In diesem Beitrag können wir weder auf Unterschiede zwischen verschiedenen Spielarten des SI noch auf Unterschiede der Rezeption des SI im deutsch- und englischsprachigen Raum eingehen. Wie unsere Recherchen zeigten, ist diese vergleichende Aufarbeitung der kultur- und feldspezifischen Rezeptionen des SI ein Forschungsdesiderat. Zur Frage der Etablierung des symbolischen Interaktionismus, seiner eklektizistischen Rezeption und darauf aufbauend Kritik im deutschsprachigen Raum siehe JOAS (1988), KELLER (2012) und STRÜBING (1997); zu verschiedenen Rezeptionen und (Miss-)Interpretationen des BLUMERschen Interaktionismus im englischsprachigen Raum siehe LOW und BOWDEN (2020). <zurück>

3) Aufbauend auf MEAD und den SI begreifen wir subjektive Sinnzuschreibungen als etwas Soziales, d.h., Akteur/innen sind eingebettet in einen "durchgehenden Aktivitätsfluss, der für das einzelne Lebewesen mit modalen Schwankungen zwischen Routine und reflexiver Problemlösung abläuft, dessen Normalfall aber ein gemeinsames Handeln ist" (HIRSCHAUER 2016, S.47). Wir adressieren Akteur/innen also nicht als quasi autonome, selbstgesteuerte Individuen, sondern stets als sozial eingebettet. <zurück>

4) Im SI in der Tradition BLUMERs wird damit die Position eines antikategorialen Imperativs vertreten, auf den auch in der Netzwerkforschung – unter Verweis auf BLUMER – Bezug genommen wird (EMIRBAYER & GOODWIN 1994). <zurück>

5) SHIBUTANI (1955, S.566) definierte soziale Welten wie folgt: "Each social world [...] is a culture area, the boundaries of which are set neither by territory nor by formal group membership but by the limits of effective communication". CROSSLEY (2010a, 2010b) definierte soziale Welten in dieser Hinsicht als soziale Netzwerke und zeigte damit die Verknüpfung und konzeptuelle Nähe beider Begriffe auf. <zurück>

6) Verortet im "methodologischen Situationalismus" (DIAZ-BONE 2017, S.395; ähnlich HIRSCHAUER 2014) lassen sich soziale Prozesse und Formen aus Perspektive eines interaktionistischen Ansatzes nicht ausschließlich der Mikro-, Meso- oder Makroebene zurechnen. Vielmehr überschneiden sich Interaktionen, Beziehungen und Netzwerke in einer Situation bzw. werden verknüpft. Die Situation wird dabei als Kulminationspunkt verstanden, in dem Bezugnahmen verschiedener sozialer Entitäten möglich sind. Damit sind in unserer Lesart Zuschreibungen fehlleitend, in denen Netzwerkforschung auf der Mesoebene ansetzend und der SI als ausschließlich auf die Mikroebene fokussierend eingeordnet werden (ähnlich CLARKE 2012 [2005]; HIRSCHAUER 2016; KNORR-CETINA 2009). <zurück>

7) Wir sehen in der Netzwerkforschung einen grundlegenden Bedarf einer ontologischen Auseinandersetzung mit dem Strukturbegriff. Aspekte wie Form, Mikro-, Meso- und Makroebene sind dabei zu präzisieren (KNOX et al. 2006; ähnlich HOLLSTEIN 2003) und ins Verhältnis zu setzen zu Netzwerkkonzepten wie dem Gesamtnetzwerk, dem egozentrierten Netzwerk und der Agency der Akteurin bzw. des Akteurs. <zurück>

8) Soziale Netzwerke sind aus der hier entworfenen Perspektive als alltägliche Aushandlungsarbeit zu konzeptualisieren, und zwar nicht verkürzt im Sinne einer subjektiven Sinnzuschreibung und damit individueller Relevanzsetzungen einer Akteurin bzw. eines Akteurs, sondern insbesondere in einem sozialen Sinne der interaktiven (und symbolhaften) Strukturierung durch Akteur/innen. Im SI wird dabei die Frage nach dem sozialen Sinn priorisiert; es gilt, ihn in seiner inneren Verfasstheit zu verstehen und dafür die dynamischen, interaktiv erzeugten und geteilten Wirklichkeiten der Akteur/innen anhand von Situationen in den Blick zu nehmen. Zwar ist es möglich, mit einem interaktionistischen Ansatz auf die Ebene des subjektiven Sinns abzuzielen, etwa um zu ergründen, als was eine einzelne Person Freundschaft konzeptualisiert. Jedoch sehen wir in einer ausschließlichen Fokussierung subjektiven Sinns über singuläre Akteur/innen ohne zumindest das Mitdenken einer Perspektive der sozialen Sinn-Konstruktion eine Verkürzung, durch die die Potenziale des interaktionistischen Wirklichkeitszugriffes unterminiert werden. Im Zugang zur empirischen Wirklichkeit ist somit stets die Bedeutungszuschreibung der Akteur/innen in Interaktionen sowie vor allem die Bedeutung von Interaktionen selbst zum Ausgangspunkt zu machen. Eine solche Perspektive auf soziale Wirklichkeit erfordert Methoden der qualitativen Sozialforschung. <zurück>

9) Zwar gibt es einige Ethnografien mit genuinem Netzwerkfokus (DOMÍNGUEZ & WATKINS 2003; MISCHE 2008; UZZI 1997). Wir finden jedoch kaum dezidiert interaktionistisch fundierte Netzwerkethnografien. <zurück>

10) Netzwerkkarteninterviews sind vermutlich die am meisten besprochenen Erhebungsmethoden in der qualitativen Netzwerkforschung. Zu beachten ist dabei, dass über Netzwerkkarten allenfalls Schnappschüsse von Netzwerken repräsentiert werden (MARKHAM & LINDGREN 2014; RYAN et al. 2014). Die eingelagerten Dynamiken und Bedeutungen sozialer Beziehungen können erst über die Darstellungen der Interviewten zugänglich gemacht und nicht ohne Weiteres allein in statischen Visualisierungen wie Netzwerkkarten eingefangen werden (RYAN & D'ANGELO 2018; RYAN et al. 2014). Es gilt dem nachzuspüren, welche multiplen Bedeutungen soziale Beziehungen und Netzwerke haben und wie diese situativ, genau dann und genau so, wirksam werden. Demnach sollten die Binnenperspektiven der Interviewten, ihre Konstruktionen und Interpretationen im Fokus stehen, d.h. "welchen Sinn die so dargestellte Wirklichkeit für die befragte Person hat" (KRUSE 2014, S.40). Interviewte definieren hier in Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Namensgenerator selbst, was die Grenzen ihrer Netzwerke sind und wen oder was sie als soziale Beziehung und Teil des Netzwerkes bezeichnen (ähnlich BAILEY & MARSDEN 1999; BEARMAN & PARIGI 2004; RYAN et al. 2014). In diesem Sinne sind etwa Netzwerkkarten nicht darauf beschränkt, (lebendige) Personen abzubilden, sondern auch jegliche andere Entitäten oder Aktivitäten, die als Handlungsbedingungen relevant werden. So kann die verstorbene Mutter genauso eine implizite Ratgeberin sein wie das musikalische Idol handlungsorientierend werden kann oder das Haustier der beste Freund ist (ähnlich HOLLSTEIN et al. 2020). <zurück>

11) Ein methodischer Ansatz, mit dem ergründet werden kann, wie mehrere Akteur/innen Netzwerke, deren Grenzen und spezifische Positionierungen interaktiv aushandeln, ist Net-Map (SCHIFFER & HAUCK 2010). Dieses Verfahren wurde entwickelt, um über eine Fokusgruppe Zugang zu Aushandlungen und Kartierungen von Governancearrangements zu erhalten. Dieser visuell-partizipative Ansatz kann interaktionistisch anschlussfähig gemacht werden. Stärker als bei "klassischen" Einzelinterviews wird bei Net-Map der Vollzug interaktiver Aushandlungen in den Blick genommen wird. Für eine interaktionistische Verwendung von Gruppendiskussionen scheint uns ein Rückgriff auf natürliche (d.h. auch im Alltag bestehende) Gruppen am profitabelsten. <zurück>

12) In der Ethnomethodologie wird mehr als im SI darauf aufmerksam gemacht, dass Sprache stets indexikalisch ist: SCHÜTZ und LUCKMANN bezeichneten Sprache als "ein System von Bedeutungen" (2017 [1979, 1984], S.508) und betonten, dass diese "einen in kommunikativen Vorgängen hergestellten Sinn objektivieren und dass dieser Sinn auf den ursprünglichen subjektiven Sinn von Erfahrungen zurückverweist – freilich ohne mit ihm identisch zu sein" (a.a.O.). <zurück>

13) Wie analytisch mit verschiedenen Interpretations- bzw. Konstruktionsebenen bzw. der Versionenhaftigkeit von sozialer Wirklichkeit umzugehen ist, ist an anderer Stelle, etwa für Interviewdaten, besprochen (KRUSE 2014). Zentral ist dabei, die institutionalisierten Positionen der Forschenden als Teil einer Auswertung mit zu reflektieren. <zurück>

14) Das Vorgehen in der QSA ist methodisch vordergründig an der Grounded-Theory-Methodologie (v.a. STRAUSS & CORBIN 1996 [1990]) orientiert. Die QSA wurde anhand der Analyse von qualitativen Netzwerkkarteninterviews entwickelt, und es werden netzwerktheoretische Konzepte als Sensibilisierung für Lesarten von Netzwerken auf strukturelle Aspekte hin benutzt. Dabei werden Interview und Karte als Materialien zunächst getrennt betrachtet. Zu Beginn wird die Netzwerkkarte (in ihrer Finalität als Netzwerkbild) mittels sensibilisierender Netzwerkkonzepte auf ihre Struktur hin interpretiert. Es werden Thesen erstellt, mithilfe derer anschließend Interviewpassagen fokussiert und sequenzanalytisch analysiert werden (HERZ et al. 2014). Aus interaktionistischer Perspektive würden wir, modifiziert zum Vorschlag der QSA, noch stärker die Verschränkung von Karte und Interview, kongruent zum Erhebungsverlauf, in den Blick nehmen, um die Situiertheit der Erhebung besser zu berücksichtigen und damit einer gegenstandsorientierten und reflexiven Auswertung stärker Vorschub zu leisten. Zunächst wiederum entwickelt auf der Basis von einzelnen Netzwerkkarteninterviews, hätte die QSA in unserer Lesart auch das Potenzial, weiterentwickelt für selbstläufigere Daten Anwendung zu finden. <zurück>

15) BLUMER publizierte seine methodologischen Grundsätze 1969, GLASER und STRAUSS ihre methodologische Schrift "The Discovery of Grounded Theory: Strategies for Qualitative Research" bereits zwei Jahre zuvor 1967. Beide nahmen in ihren Schriften keinen Bezug aufeinander (STRÜBING 2005), obwohl sich methodologisch sehr viele Parallelen und Ähnlichkeiten zeigen (z.B. das ständige Vergleichen als Grundkonzept des gesamten Forschungsprozesses, das minimale und maximale Kontrastieren im Sampling und in der Analyse von Daten sowie das Entwickeln von Lesarten). Gleichzeitig finden sich die Prämissen des SI in der Grounded-Theory-Methodologie vor allem in der Tradition von STRAUSS (1991 [1987]; siehe auch STRAUSS & CORBIN 1996 [1990]) zumindest implizit wieder. Explizit wurden Bezugnahmen zu dem SI in weiteren Spielarten der Grounded-Theory-Methodologie aufgegriffen und insbesondere in den letzten 20 Jahren methodologisch und methodisch weiter ausformuliert (ALDIABAT & LE NAVENEC 2011; CHAMBERLAIN-SALAUN, MILLS & USHER 2013; CLARKE 2012 [2005]; MILLIKEN & SCHREIBER 2001, 2012). Damit ist die Grounded-Theory-Methodologie keineswegs zwangsläufig als der method(olog)isch "verlängerte Arm" des SI anzusehen (siehe kritisch hierzu HANDBERG, THORNE, MIDTGAARD, NIELSEN & LOMBORG 2014). Sie ist aber sicher der prominenteste Ansatz, in dem zumindest in Teilen und in einigen Spielarten auf den SI als theoretisches Fundament Bezug genommen wird. <zurück>

16) In der Tradition von WHITE (2008) werden Bedeutungen sozialer Beziehungen und Netzwerke als in stories eingeschrieben betrachtet, d.h. über einen empirischen Zugriff auf Geschichten werden Netzwerke zugänglich gemacht. Im SI sehen wir bis dato nur wenig Auseinandersetzung mit stories und storytelling (eine Ausnahme ist COUSINEAU 2020). <zurück>

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Zum Autor und zur Autorin

Tom TÖPFER ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im BMBF-Projekt "Kindertageseinrichtungen als vernetzte Organisationen im Sozialraum (KitaNet)" an der Abteilung für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Hildesheim. Zu seinen Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehören Netzwerk- und Unterstützungsforschung, Übergangsforschung, Familienforschung und qualitative Sozialforschung.

Kontakt:

Tom Töpfer

Universität Hildesheim
Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft
Universitätsplatz 1, 31141 Hildesheim

Tel.: + 49 (0)5121/883 10120

E-Mail: toepfert@uni-hildesheim.de
URL: https://www.uni-hildesheim.de/fb1/institute/institut-fuer-erziehungswissenschaft/allgemeine-erziehungswiss/team/tom-toepfer/

 

Laura BEHRMANN ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Co-Leiterin des Forschungsclusters "Methoden der Hochschul- und Wissenschaftsforschung" am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Zu ihren Arbeits- und Forschungsschwerpunkten gehören qualitative Sozialforschung, Wissenschaftsforschung, soziale Ungleichheit und Bildungsforschung.

Kontakt:

Laura Behrmann

Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW)
Abteilung Governance von Hochschule und Wissenschaft
Lange Laube 12, 30159 Hannover

Tel.: +49 (0)511 450670-302

E-Mail: behrmann@dzhw.eu
URL: http://www.dzhw.eu/gmbh/orga/mitarbeiter?auskunft=behrmann

Zitation

Töpfer, Tom & Behrmann, Laura (2021). Symbolischer Interaktionismus und qualitative Netzwerkforschung – Theoretische und method(olog)ische Implikationen zur Analyse sozialer Netzwerke [58 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 22(1), Art. 13, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-22.1.3593.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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