Volume 24, No. 3, Art. 5 – September 2023
Online-Fokusgruppen – Chancen und Herausforderungen aus der Sicht der Forschungspraxis
Marlen Niederberger & Michael M. Zwick
Zusammenfassung: In der angewandten Sozialforschung haben sich Fokusgruppen als Standardmethoden etabliert, die vor der Corona-Pandemie zumeist Face-to-Face durchgeführt wurden. Die gesteigerten Möglichkeiten durch Fortschritte auf dem IT-Sektor und der privaten Hard- und Softwareausstattung, vor allem aber Corona-Folgen – Abstandsgebote, Reisebeschränkungen und Home-Office – verstärkten den Druck zu online veranstalteten Fokusgruppen. In unserem Beitrag fokussieren wir uns auf synchrone Online-Fokusgruppen und erörtern vergleichend mit Präsenz-Veranstaltungen die Stärken und Schwächen, insbesondere auf Basis forschungspragmatischer Abwägungen. Ausgehend von praktischen Hinweisen für die Durchführung von Online-Fokusgruppen stellen wir beide Modi hinsichtlich ihrer jeweiligen Stärken, Grenzen und Schwächen gegenüber. Unsere Ausführungen beziehen sich dabei auf moderierte, leitfadengestützte Fokusgruppen mit künstlich zusammengesetzten Gruppen, durch die ein breiter und umfassender Eindruck über Meinungen, Bewertungen oder Ideen zu vorgegebenen Themen erfasst werden soll. Abschließend präsentieren wir eine synoptische Darstellung der Vor- und Nachteile von Online- und Präsenz-Fokusgruppen.
Keywords: Gruppendiskussion; Gruppeninterview; Fokusgruppe; Online-Fokusgruppe; Präsenz-Fokusgruppe; Face-to-Face; Methodenvergleich; Videokonferenz
Inhaltsverzeichnis
2. Methodologische Einordnung und begriffliche Klärung
3. Planung und Durchführung von synchronen Online-Fokusgruppen
3.1 Fragestellung
3.2 Technische Aspekte
3.3 Der Leitfaden
3.4 Teilnehmende
3.5 Ethik und Datenschutz
3.6 Diskussion und Moderation
3.7 Setting und Ambiente
4. Methodologische Diskussion: Vorteile und Grenzen von Online-Fokusgruppen
1. Einleitung
Seit ihren Anfängen in den 1920er Jahren (MORGAN 2013 [1997]) waren es vor allem praktische Fragestellungen, allen voran aus der Markt- bzw. Konsumforschung (EDMUNDS 1999; HOFFMANN, OLSCHNER & SCHUBERT 2012; LOOS & SCHÄFFER 2001; REZABEK 2000) sowie der Politik- und Medienforschung (MERTON & KENDALL 1979 [1946]), die der Anwendung von Gruppendiskussionsverfahren und ihrer Fortentwicklung Vorschub leisteten. Aus inhaltlichen Gründen, aber auch wegen ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten und der Kombinierbarkeit mit anderen Verfahren der empirischen Sozialforschung (BÄR, KASBERG, GEERS & CLAR 2020; KÜHN & KOSCHEL 2018a) haben sich Gruppeninterviews und Gruppendiskussionen (FLICK 2021) als fester Bestandteil im Methodenfundus der qualitativen Sozial- und Gesundheitsforschung etabliert (BÄR et al. 2020; KÜHN & KOSCHEL 2018a; LAMNEK 1998; LAMNEK & KRELL 2016; LOOS & SCHÄFFER 2001; SCHULZ 2012; XYLÄNDER & MEYER 2021). [1]
Im Gegensatz zur Zurückhaltung im deutschen Sprachraum zeichnete sich in der angelsächsischen Literatur bereits in den 1990er Jahren ein lebhaftes Interesse an einer technisch vermittelten Durchführung von Gruppendiskussionen ab (KRUEGER & CASEY 2015) – eine Entwicklung, die wiederum einerseits durch die Markt- und Konsumforschung, andererseits durch die Technik- und IT-Infrastrukturentwicklung vorangetrieben wurde. Spätestens seit dem Jahrtausendwechsel haben online durchgeführte Gruppendiskussionen auf internetbasierten Kommunikationsplattformen an Bedeutung gewonnen (ERDOGAN 2001; PRICKARZ & URBAHN 2002; REZABEK 2000; SANDER & SCHULZ 2015). [2]
Gruppendiskussionen werden grosso modo für zwei unterschiedliche Zwecke eingesetzt – mit relativ weitreichenden Folgen für die Auswahl und Rekrutierung von Teilnehmenden, für die Moderation und Diskursführung (BOHNSACK 2005), aber auch für die Fragestellung und für Auswertungsstrategien. Im ersten Fall handelt es sich um das interpretative Paradigma (KELLER 2012), das anhand von weitgehend unstrukturierten Diskursen in natürlichen Gruppen schwerpunktmäßig an der Rekonstruktion von Sinngenese, kollektiven Orientierungen und Lebenswelten als Gruppenleistung orientiert (BOHNSACK 2005) und folglich auf Konversations- (VETTER 2009), Diskurs- (KOLLER 2009) und dokumentarische Analyse (BOHNSACK 2009) zugeschnitten ist. Bei dem zweiten Ansatz werden Gruppendiskussionen eher als Instrument gesehen, um Meinungen, Bewertungen oder Perspektiven der Teilnehmenden zu erfassen, ohne tiefergehende Analysen zu subjektiven Deutungen oder kollektiven Orientierungsmustern anzustreben (SCHULZ 2012). [3]
Wir sehen uns der letztgenannten Perspektive zugehörig: Im Forschungsalltag sind wir nahezu ausnahmslos gezwungen, mit Gruppendiskussionsverfahren die möglichst differenzierte Wahrnehmung, subjektive Deutung und Beurteilung konkreter Sachfragen, gegebenenfalls auch von Handlungsstrategien oder Lösungsansätzen zu ermitteln. Hierfür ist die Rekonstruktion kollektiver Wissensbestände und Identitäten weitestgehend verzichtbar. Theoretisch orientieren wir uns dabei an POLLOCK (1955; zusammenfassend LAMNEK & KRELL 2016), der Gruppendiskussion als Methode zur Ermittlung der individuellen nicht-öffentlichen Meinung betrachtete und davon ausging, dass Individuen in derartigen Diskussionen, angeregt von der Gruppe, ihre themenbezogenen Aspekte, Argumente und Urteile explizieren. In der Einschätzung von LAMNEK und KRELL (2016) überwogen derartige wissenermittelnde Fragestellungen in der sozialwissenschaftlichen Forschungspraxis. Wir sprechen in diesen Fällen von Fokusgruppen und beschränken uns auf diese im Folgenden. [4]
Ausgehend von der Annahme, dass für Teilnehmende aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Milieus unterschiedliche Wahrnehmungen, Deutungen und Bewertungen eines interessierenden Phänomens vorherrschend sind (FLICK 2021), empfehlen sich aus unserer Perspektive:
eine gezielte Auswahl und Rekrutierung von Gruppenteilnehmerinnen und -teilnehmern mit bestimmten Merkmalen;
die thematische Fokussierung der Diskussion durch den Moderator oder die Moderatorin;
qualitativ inhaltsanalytische Auswertungsverfahren, die auf der Ebene des gemeinten Sinnes und des gesprochenen Wortes operieren (FLICK 2021; KUCKARTZ 2010). Gegebenenfalls können zusätzliche Informationen darüber einfließen (ABRAMS & GAISER 2017), welche Aspekte, Argumente oder Werturteile in der Fokusgruppe unterstützt wurden, umstritten blieben oder aufgegeben wurden. [5]
Ziel unseres Beitrags ist es, die Bedingungen, Chancen und Grenzen von synchron durchgeführten themen- bzw. problemzentrierten Online-Fokusgruppen zu erörtern. Hintergrund ist die durch die Corona-Pandemie in vielen Forschungsprojekten notwendige Durchführung von Online-Formaten (z.B. DOS SANTOS MARQUES et al. 2021; GORDON et al. 2021; SELF 2021). Der Fokus unserer Ausführungen liegt forschungspraktisch auf der Vorbereitung und Durchführung der Fokusgruppen. Wir nehmen den Vergleich von Face-to-Face- und synchronen Online-Fokusgruppen in den Blick, ohne die Auswertung des Datenmaterials zu thematisieren. An dieser Stelle der Hinweis, dass sich, ausgehend von der Audio-Aufzeichnung des Materials über die anonymisierende Transkription desselben bis zu seiner inhaltsanalytischen Auswertung, keine Unterschiede in der Vorgehensweise von Face-to-Face und online durchgeführten Fokusgruppen ergaben. Nach einer knappen methodologischen Einordnung von Fokusgruppen und der notwendigen begrifflichen Klärung werden wir die zentralen Schritte, die es bei der Planung und Durchführung zu berücksichtigen gilt, vergleichend zwischen der Face-to-Face- und der Online-Variante erörtern und bewerten. [6]
Wir greifen dabei auf unsere jahrelangen Erfahrungen mit Fokusgruppen im Präsenz- und Online-Modus aus diversen sozial- und gesundheitswissenschaftlichen Forschungskontexten zurück. Dazu gehörten Fokusgruppen zur juvenilen Adipositas (ZWICK & SCHRÖTER 2012), zu Carsharing (SONNBERGER & GALLEGO CARRERA 2013), zu alters- und geschlechtsspezifischen Erfahrungen mit der Digitalisierung (HAMPEL, ZWICK & STÖRK-BIBER 2020), zur gesunden Schule (NIEDERBERGER 2019), zur Untersuchung schwer erreichbarer und hoch vulnerabler Gemeinschaften (NIEDERBERGER et al. 2020; REDLOF, GÖTZ & NIEDERBERGER 2021) sowie zu einer Reihe weiterer Fragestellungen (SCHULZ, MACK & RENN 2012). Gemeinsam war diesen Fokusgruppen das Ziel, spezifische Einstellungen, Bewertungen und Handlungsoptionen zu den jeweiligen Themen zu ermitteln. Mitunter gingen wir dabei auch partizipativ vor, d.h., die Betroffenen wurden im gesamten Forschungsprozess gleichberechtigt eingebunden und unterstützt u.a. bei der Formulierung der konkreten Forschungsfrage sowie der Interpretation der gewonnenen Daten (WRIGHT, VON UNGER & BLOCK 2010; REDLOF et al. 2021). [7]
Den Anlass für unseren Beitrag boten die in der Corona-Zeit durchgeführten Fokusgruppen zu folgenden Themen:
politische Beteiligung von Jugendlichen in der Kommunalpolitik: zwei Online-Fokusgruppen mit politisch aktiven und bis dahin nicht aktiven Jugendlichen ab der 8. Klasse (2021); Auftragsforschung für eine Stadt in Baden-Württemberg;
kommunale Unterstützung von Familien mit Fluchthintergrund: eine Online-Fokusgruppe mit Praxisakteurinnen und -akteuren aus den Bereichen Kommunalpolitik, Integrationsmanagement, Bildung, Soziales, Gesundheit (2021); Auftragsforschung für eine Stadt in Baden-Württemberg;
Evaluation von Online-Lehre: Online-Fokusgruppe mit Masterstudierenden einer Hochschule (2021); interne Lehrevaluation;
Lebenswelt von Risikopatientinnen und -patienten in der Corona-Zeit: Online-Fokusgruppe mit Risikopatientinnen und -patienten mit unterschiedlichen Merkmalen (z.B. Alter, Krankheit, Geschlecht, Bildungshintergrund) (2020); Eigenprojekt, interne Forschung, als partizipative Forschung angelegt, d.h., eine Betroffene war Mitglied im Forschungsteam;
Wahrnehmung, Bewertung und ggf. Erfahrungen mit mobilen Gesundheitsapplikationen: zwei Online-Fokusgruppen mit je sieben Studierenden (2020); Eigenprojekt, Lehre und interne Forschung;
Corona: zum gesellschaftlichen Umgang mit einer Pandemie in Medien, Politik und Gesundheitssystem: zwei Online-Fokusgruppen mit je acht Studierenden (2021); Eigenprojekt, Lehre und interne Forschung;
Das Für und Wider der Corona-Maßnahmen aus individueller und gesellschaftlicher Perspektive: Online-Fokusgruppe mit acht Studierenden (2022); Eigenprojekt, Lehre und interne Forschung. [8]
Vor der Pandemie hätten wir diese Fokusgruppen wie üblich als Präsenzveranstaltungen durchgeführt. Coronabedingt ergab sich allerdings die Notwendigkeit, sie im synchronen Online-Modus durchzuführen, wobei wir überraschend gute Erfahrungen gemacht haben. Diese Erfahrungen möchten wir im Folgenden abstrahierend präsentieren. Dabei diskutieren wir relevante Aspekte, angefangen von der Konzeption bis zur Durchführung von synchronen Online-Fokusgruppen. Von einer detaillierten Darstellung der Gruppen bzw. der Projekte sehen wir ab, weil diese im Rahmen von Auftrags- und Lehrforschung erfolgt sind und nicht für Publikationen vorgesehen waren. Wir berücksichtigen aber die Rückmeldungen der Teilnehmenden. Da dieses Format auch für uns neu war, haben wir am Ende immer offen gefragt, wie sie die Fokusgruppe einschätzten und ob sie uns für zukünftige Online-Fokusgruppen Tipps auf den Weg geben könnten. [9]
Technische Aspekte werden wir nur am Rande ansprechen. Es sei aber erwähnt, dass wir für die Online-Fokusgruppen Webex und ZOOM genutzt und mitunter weitere digitale Tools (Padlet, Mentimenter, Conceptboard) eingebunden haben. Die Nutzung der Tools erfolgte explorativ zum Testen verschiedener Möglichkeiten der Strukturierung und Moderation der Fokusgruppen. Dabei war uns bewusst, dass manche dieser Tools zumindest in der Corona-Zeit datenschutzrechtlich umstritten waren, vor allem wenn eine Übermittlung der Daten in Drittländer erfolgte. Die Teilnehmenden wurden stets auf mögliche Probleme hingewiesen und haben entsprechende Einverständniserklärungen zur Nutzung der Tools unterzeichnet. Da sich unserer Meinung nach keines dieser Tools für Online-Fokusgruppen bewährt hat bzw. einen besonderen Erkenntnisgewinn brachte1), werden wir diesen Aspekt im Folgenden nicht weiter aufgreifen. [10]
In diesem Artikel werden wir zunächst im folgenden Abschnitt eine begriffliche Klärung von Gruppendiskussionen in Abgrenzung von Fokusgruppen vornehmen, und anschließend gehen wir kurz auf unsere Erfahrungen mit Fokusgruppen ein (Abschnitt 3). Im 4. Abschnitt präsentieren wir wichtige Aspekte, die bei der Planung und Durchführung von synchronen Online-Fokusgruppen zu beachten sind. Abschließend werden wir unsere Ausführungen im 5. Abschnitt synoptisch zusammenfassen und kritisch diskutieren. [11]
2. Methodologische Einordnung und begriffliche Klärung
Wie bereits angedeutet, dominieren im deutschsprachigen Raum zwei Varianten von Gruppenverfahren mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Verwendungsweisen:
Gruppendiskussionsverfahren werden gemeinhin als Fokusgruppen bzw. Gruppeninterviews bezeichnet (BÄR et al. 2020; FLICK 2021; MÄDER 2013). Sie zielen darauf ab, in vergleichsweise stark moderierten Diskussionsrunden mit künstlich zusammengesetzten Gruppen leitfadengestützt breites und facettenreiches Wissen zu vorgegebenen Themen zu evozieren, ohne den Druck, eine gemeinsame, situativ bedingte Gruppenmeinung zu finden. Das Potenzial liegt vor allem darin, mehr über einen Forschungsgegenstand zu erfahren, als es in einem Einzelinterview möglich wäre. Durch Ideen und Erzählbeiträge der Teilnehmenden werden Impulse und Denkanreize gesetzt, die sonst möglicherweise vergessen worden wären (SANDER & SCHULZ 2015). Hierfür bedarf es keiner vertiefenden Analyse der Gruppendynamik, Sinngenese der Konversation oder latenter Sinnstrukturen (BÄR et al. 2020). Im Wesentlichen geht es darum, die individuellen Äußerungen im Gruppenkontext zu erfassen (POLLOCK 1955). Allenfalls die Robustheit von Aspekten, Argumenten und Werturteilen mag interessieren, also die Frage, welche Perspektiven im Verlauf der Diskussion gestützt, kritisiert oder aufgegeben werden.
Derartige Fokusgruppen folgen häufig den methodologischen Grundsätzen des leitfaden-strukturierten themen- bzw. problemzentrierten Interviews (ABRAMS & GAISER 2017; HOPF 2000; SCHORN 2000; WITZEL 2000). Sie sind an den weitestgehend anerkannten Kriterien qualitativer Forschung, Offenheit, Flexibilität, Exploration, Naturaliszität und Reflexivität, orientiert (LAMNEK 2005; STRÜBING 2013; VOGL 2014). Teilweise wird aber auch mit forschungspragmatischen Aspekten argumentiert, und Offenheit, Reflexivität und Pragmatismus werden als Leitprinzipien identifiziert (ERHARD, JUKSCHAT & SAMMET 2021). Als Auswertungsstrategien bieten sich vor allem das thematische Codieren (BRAUN & CLARKE 2006) und inhaltsanalytische Verfahren an, die besonders für Analysen auf der Ebene des manifesten Sinnes geeignet sind (FLICK 2021; KUCKARTZ 2010; NIEDERBERGER & DREIACK 2020). Auch als partizipativ konzipierte Gruppendiskussionsverfahren (z.B. Photovoice oder Community Mapping) können im Hinblick auf die inhaltliche Zielstellung und die relativ starke Strukturierung meist dieser Variante zugeordnet werden (BÄR et al. 2020; VON UNGER 2014; WRIGHT et al. 2010).
Die mitunter beklagte methodologische Abstinenz gilt weit weniger für die alternative Konzeption von Gruppendiskussionen. Sie nimmt ihren Ausgang in einem verstärkten Interesse am Interaktionismus (NIEßEN 1977) und an BOHNSACKs (2005) Überlegungen zum Ursprung und zur sozialen Wirksamkeit kollektiver Orientierungsmuster, die in Interaktionen von natürlichen Gruppen entstehen beziehungsweise verhandelt und gegebenenfalls abgeändert werden (s. auch LOOS & SCHÄFFER 2001). Hierzu ist es erforderlich, oftmals von Realgruppen nur marginal moderierte Gruppendiskussionen zu alltagsweltlich relevanten Themen durchführen zu lassen (DREHER & DREHER 1991). Ziel ist es, gruppendynamische Meinungsbildungsprozesse in statu nascendi aufzuzeichnen und analysierbar zu machen oder, wie jüngst geschehen, Diskurs- und Subjektivierungsanalysen durchzuführen, bei denen es um die situierte performativ-iterative Hervorbringung von Wissensordnungen geht (z.B. GEIPEL 2019).
Wegen der weitgehend frei laufenden Gesprächsführung einerseits und dem dezidierten Forschungsinteresse an deren Analyse – und eben nicht ausschließlich an den Gesprächsinhalten – andererseits erachteten LOOS und SCHÄFFER (2001) den Terminus "Gruppendiskussion" für diese Variante als zutreffend und angemessen. Methodologisch basiert diese auf dem interpretativen Paradigma (KELLER 2012; ROSENTHAL 2015). Forschungsstrategisch zielt der Ansatz darauf, den kollektiven Wissenszusammenhang, d.h. das implizite handlungsleitende Wissen zu identifizieren, zu rekonstruieren, zu strukturieren und letztendlich theoretisch zu explizieren (BOHNSACK, NENTWIG-GESEMANN & NOHL 2013). Es geht um eine quasi "objektive Struktur" (S.11ff.; s. auch MEUSER 2013, S.225ff.), die es mittels komparativer, sequenzanalytischer Verfahren (FLICK 2021), etwa im Rahmen der dokumentarischen Methode zu explizieren gelte (BOHNSACK et al. 2013). Insofern die Mitglieder natürlicher Gruppen gemeinsame milieu-, generationen- und geschlechtsspezifische Erfahrungen repräsentieren, kommen in Gruppendiskussionen kollektive Orientierungsmuster zum Ausdruck. Diese lassen sich in komparativen Analysen von den Argumentationsstrukturen anderer Gruppen unterscheiden und ermöglichen so "die Generalisierung von Orientierungsmustern bzw. Typen" (S.17). Insofern geht die Analyse über das subjektive Erleben der Individuen hinaus. [12]
Mit dieser Zweiteilung folgen wir auch dem Ansatz von KRUSE, nach dem qualitative Forschung auf "die umfassende und detaillierte, deskriptive Analyse stets sinnhafter sozialer Wirklichkeit" (2014, S.25) abzielt, während "[r]ekonstruktive Forschung versucht 'den Sinn hinter dem Sinn' zu erschließen" (a.a.O.). Auf der Durchführungsebene unterscheiden sie sich im Wesentlichen in der Stärke der Strukturierung und der Regulierung der Diskussionsdynamik, bei Fokusgruppen mit dem analytischen Fokus auf das explizit Gesagte. [13]
Im Folgenden konzentrieren wir uns ausschließlich auf die erste Kategorie und verwenden dafür den Begriff Fokusgruppe. Wir inkludieren dabei verschiedene Ausgestaltungsformen künstlich zusammengesetzter Fokusgruppen mit dem Ziel, unterschiedliche Perspektiven auf einen bestimmten Sachverhalt zu erfassen und insbesondere manifeste Aspekte zu analysieren. Wir gehen von einer typischen Anzahl von Teilnehmenden von sechs bis zehn Personen (KÜHN & KOSCHEL 2018a; LAMNEK & KRELL 2016; VOGL 2014) und einer Dauer von etwa zwei bis drei Stunden aus (KÜHN & KOSCHEL 2018a; ZWICK & SCHRÖTER 2012). Allerdings vermuten wir, dass viele unserer Ansätze auch auf andere Formate und Ausgestaltungsformen von Gruppendiskussionen mit ähnlicher Zielstellung übertragbar sind. [14]
Für unsere Absicht, nachfolgend ausschließlich Fokusgruppen zu behandeln, sind weniger die Zweifel ausschlaggebend, inwieweit sich die Prämissen des symbolischen Interaktionismus in Zeiten überbordender asymmetrischer, technisch vermittelter Kommunikation überlebt haben könnten, sondern vielmehr der auch von den Protagonist*innen der interaktionistischen Methodologie und dokumentarischen Methode eingeräumte Umstand, dass sich in der Forschungspraxis der Löwenanteil an Fragestellungen auf konkrete, gruppenspezifische Sachkenntnisse, Deutungen und Bewertungen erstreckt (LAMNEK 2005) und deshalb als "Commonsense" bezeichnet werden kann (BOHNSACK et al. 2013, S.12). [15]
3. Planung und Durchführung von synchronen Online-Fokusgruppen
Jedwede empirische Forschung beginnt mit der Formulierung einer Forschungsfrage und der Konzeption des Forschungsdesigns. Dabei richtet sich die Wahl der Methode nach der Forschungsfrage. Geht es beispielsweise um Ideen für Innovationen, die Bedarfe einer bestimmten Bevölkerungsgruppe an eine patient*innenorientierte Gesundheitsversorgung, die Einschätzung von Erfahrungen mit neuen Technologien oder um die Akzeptanz von Maßnahmen zur Risikominimierung im Falle von COVID-19, ist die Fokusgruppe eine mögliche Erhebungsmethode. In diesen Fällen stehen in der Regel die Wahrnehmung von Phänomenen sowie die Deutungen, Argumente, Bewertungen und Präferenzen der Teilnehmenden im Vordergrund. Ideenaggregation, Exploration, Deskription und Evaluation sind die relevanten Schlagwörter. Erfasst und später systematisch ausgewertet werden Aspekte des Was, Wer, Wie und Warum. [16]
Bei der Entscheidung, ob eine Fokusgruppe im Präsenz- oder Online-Modus durchgeführt werden soll, ist kritisch zu prüfen, ob in beiden Modi davon auszugehen ist, dass die Teilnehmenden möglichst offen über den Sachverhalt berichten und Zielführendes mit ihren Erfahrungen und Beiträgen einbringen können. Grundsätzlich ist potenziell Sensibles oder Heikles schwer mit "Fremden" zu besprechen (CARR & WORTH 2001), und die Eignung der Fokusgruppe kann per se kritisch gesehen werden. Vor Corona gingen Forschende deshalb davon aus, persönliche Themen eigneten sich eher für Einzelinterviews als für Fokusgruppen (PRZYBORSKI & RIEGLER 2010; VOGL 2014). Erfahrungen insbesondere aus der Pandemie-Zeit deuten allerdings an, dass diese sogar besser digital durchgeführt werden können, weil die Teilnehmenden mehr Kontrolle über die Interviewsituation bekommen, selbständig die Situation auch beenden können und mehr Anonymität wahrnehmen (DOS SANTOS MARQUES et al. 2021; FALTER et al. 2022; GÖTZENBRUCKER, GRIESBECK & PREIBISCH 2022; LAMNEK & KRELL 2016; NOBREGA et al. 2021; SANDER & SCHULZ 2015; SELF 2021; SULLIVAN 2012; WAHL-JORGENSEN 2021; WILLIAMS, SHEFFIELD & KNIBB 2015). Die Wahl der Erhebungsmethode ist in jedem Fall kritisch zu reflektieren. Allerdings gab es während der Corona-Pandemie zeitweise kaum eine Möglichkeit für Fokusgruppen in Präsenz. [17]
Um eine Fokusgruppe in Präsenz durchzuführen, werden gewisse technische Voraussetzungen benötigt. Dazu gehören vor allem ein ansprechender Raum sowie eine geeignete Aufnahmetechnik. Eine Online-Fokusgruppe bedarf zunächst einer schnellen und stabilen Internetanbindung nicht nur aufseiten des Organisator*innenteams, sondern für alle Teilnehmenden, einer ausreichenden Hardwareausstattung – PC oder Laptop, Mikro oder Headset und Webcam – sowie hinlänglicher digitaler Kompetenz. Bei Bedarf kann bei Online-Fokusgruppen Technik auch ausgeliehen werden (TANHAN & STRACK 2020). Um einen ersten Eindruck von den Meinungen und der technischen Ausstattung der designierten Teilnehmenden zu bekommen, verteilen wir im Vorfeld einen Kurzfragebogen, mit dem neben inhaltlichen Aspekten das Vorhandensein und die Kompetenz mit dem technischen Equipment erfasst wird. Bei Bedarf kann hierbei geklärt werden, ob Hardware über ein Verleihsystem zur Verfügung gestellt werden kann. [18]
Die bei Diskussionen ablaufende nonverbale Kommunikation macht auch dann eine audiovisuelle Übertragung erforderlich, wenn im Nachhinein nur das gesprochene Wort ausgewertet wird. Daher ist der Zugang zu einer leistungsfähigen Webkonferenzplattform unabdingbar. Mittlerweile bieten einige Firmen Plattformen für Web- bzw. Video-Konferenzen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit zu verschiedenen Konditionen an. Für einen groben Überblick finden sich im Internet Listen, beispielsweise bietet Wikipedia eine Liste von Webkonferenz-Software in Tabellenform, aus der sich die wichtigsten Eigenschaften und Konditionen einfach ermitteln lassen, nicht jedoch Informationen über Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und gegebenenfalls Service. Zur Performance werden im Internet Tests bereitgehalten, in denen jeweils einige der Plattformen vergleichend charakterisiert und bewertet werden. [19]
Insbesondere ZOOM, Webex und BigBlueButton haben sich in der Corona-Zeit als Konferenzplattformen etabliert (FALTER et al. 2022; GRAY, WONG-WYLIE, REMPEL & COOK 2020; SELF 2021). In einer Evaluationsstudie berichteten sowohl Forschende als auch Interviewte, ZOOM zeichne sich aus durch "(1) rapport, (2) convenience, and (3) simplicity and user-friendliness" (ARCHIBALD, AMBAGTSHEER, CASEY & LAWLESS 2019, S.4). Auch wir haben positive Erfahrungen mit ZOOM und Webex gemacht. Die Bedienbarkeit ist hinlänglich intuitiv, es können Bildschirme geteilt und es könnte sogar eine Teilnehmendenbefragung zur internen Evaluation oder im Falle eines Mixed Methods-Designs zur Abfrage standardisierter Urteile zum jeweiligen Sachverhalt integriert werden. Aufgrund der vielfältigen positiven Erfahrungen mit ZOOM gibt es mittlerweile auch erste konkrete Handlungsempfehlungen für den Einsatz in der qualitativen Forschung (GRAY et al. 2020). Nur die Verwendung der Chatfunktion, des Whiteboards und der Emoticons kann unserer Erfahrung nach kritisch sein. Bilaterale Chats oder mehrdeutige Emoticons lenken die Beteiligten ab und können so den Gesprächsverlauf und die Ergebnisqualität beeinträchtigen. Wenn technisch möglich, empfehlen wir das Abschalten dieser Funktionen bzw. die explizite Bitte an die Teilnehmenden, diese nicht zu verwenden. [20]
Neben der Zuverlässigkeit der Soft- und Hardware ist intuitive Bedienbarkeit wichtig, damit Fehlbedienungen ausgeschlossen und das Ausfallen von Gesprächspartnerinnen und -partnern vermieden werden kann. Manche Plattformen erfordern auf dem heimischen PC keine separate Software, weil die Videokonferenz direkt im Webbrowser lauffähig ist. Für den Verbindungsaufbau genügt ein Einwahlcode oder ein mit der Einladungsmail bereitgestellter Link, um exklusiven Zutritt zur Gruppe zu erhalten. Des Weiteren sollte es die Plattform erlauben, gegebenenfalls auch einen vorbereiteten Stimulus an alle Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer in guter Qualität zu kommunizieren. In jedem Fall erscheint es sinnvoll, den Teilnehmenden vor dem eigentlichen Termin eine Testphase und niedrigschwellig erreichbaren, kompetenten Service anzubieten, um technischen Pannen und dem möglichen Drop-out vorzubeugen (LAMNEK & KRELL 2016). Zudem sollten mögliche Updates vorab installiert und getestet werden. [21]
Doch trotz aller Vorbereitungen bleibt bei Online-Fokusgruppen das Risiko unerwarteter Störungen, die dazu führen können, dass Teilnehmende akustisch nicht alles verstehen oder abgelenkt sind. Das kann bspw. aufgrund schwankender Internetverbindungen oder defekter Hardware erfolgen. Andere Ursachen für Störungen können Telefonanrufe, Klingeln an der Haus- oder Wohnungstüre sein. Es kann auch vorkommen, dass die Teilnehmenden von anderen Personen abgelenkt werden, die sich in der jeweiligen Unterkunft befinden. Bei Präsenzgruppen bitten wir die Teilnehmenden vorab, ihre Handys auszuschalten, und vermutlich aufgrund der Verbindlichkeit der Situation halten sich die Teilnehmenden in aller Regel daran. [22]
Bei unseren Forschungen hat es sich off- und online bewährt, die Diskussion stets zweifach2) mit voneinander unabhängiger Technik aufzuzeichnen, um technischen Problemen entgegenzuwirken und einem möglichen Totalverlust der Daten vorzubeugen. Bei der Vorbereitung ist es wichtig, sich mit digitalen Aufnahmefunktionen bzw. dem Aufnahmeequipment vertraut zu machen und diese vor Beginn der Veranstaltung zu testen, um Datenverlusten vorzubeugen (LAMNEK 2005; ZWICK & SCHRÖTER 2012). Wenn möglich, können die Fokusgruppen bei einem Videotool mit der Aufnahmefunktion audiovisuell aufgezeichnet werden. Zusätzlich lassen wir am Arbeitsplatz der moderierenden Person ein Diktiergerät mitlaufen, um den Wortwechsel aller Beteiligten analog aufzuzeichnen. Ob angesichts der eher "technischen" Atmosphäre bei Online-Begegnungen die Unsichtbarkeit des Mikrophons, das bei Präsenzgruppen gelegentlich als störend dargestellt wird, als Vorteil gewertet werden kann, sei dahingestellt. [23]
Für den gesamten Verlauf ist es für die spätere, wörtliche Transkription der Audioaufzeichnung und für die Zuordenbarkeit der einzelnen Wortbeiträge zu Beteiligten entscheidend, dass jeder Wortbeitrag ausschließlich nach namentlichem Aufruf durch die Moderatorin oder den Moderator erfolgt und immer nur eine Person spricht. Bei offenen Diskussionen ist das Führen eine*r Redner*innenliste obligat (KÜHN & KOSCHEL 2018b; ZWICK & SCHRÖTER 2012). [24]
Fokusgruppen beruhen in der Regel auf einem Leitfaden, der auf Basis vorgegebener Themen und Fragestellungen, theoretischer Vorannahmen und/oder dem aktuellen Wissensstand vom Forscherteam entwickelt und getestet wird. In einschlägigen Methodenbüchern wurde herausgearbeitet, dass Leitfäden eine überschaubare Anzahl an offen formulierten Hauptfragen (circa fünf bis sieben) und verschiedene Fragen zur Detaillierung und Klärung von Unklarheiten enthalten sollen (HELFFERICH 2011; KRUSE 2014; LAMNEK & KRELL 2016; SCHULZ et al. 2012; VOGL 2014). In Einklang mit den methodologischen Postulaten einer offeneren und flexiblen qualitativen Forschungsstrategie empfiehlt sich in den meisten Fällen bei Online- und Offlinetreffen ein flexibler Umgang mit dem Leitfaden. Wenn bis dato nicht bedachte, aber relevant erscheinende Aspekte in der Diskussion auftauchen, können ad hoc neue Fragen aufgenommen werden. Auch für den Fall, dass in der Gruppe wenig offen diskutiert werden sollte oder bestimmte Leitfadenfragen im Verlauf der Diskussion schon erschöpfend behandelt wurden, ist es vorteilhaft, vorab einen etwas größeren Fundus an geeignet erscheinenden Fragen bereitzuhalten. Als Faustregel rangiert für Präsenzfokusgruppen die Dauer für die Abarbeitung einer Leitfadenfrage zwischen etwa 20 und 35 Minuten; in zwei Stunden lassen sich abzüglich Anmoderation und einer Pause nach unseren Erfahrungen ca. vier, in 180 Minuten ca. sechs Fragen diskutieren, wobei im letzten Fall unsere Leitfäden mit ca. zehn Fragen bestückt sind. Diesbezüglich machen wir keinen Unterschied zwischen Leitfäden im Präsenz- bzw. Online-Modus. Gleiches gilt für die Fragetechnik (HELFFERICH 2011). [25]
Die Zusammensetzung der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer gilt als eines der wesentlichen Kriterien für die Qualität des Verfahrens (KÜHN & KOSCHEL 2018a). Geht es wie in unseren Beispielen darum, sachbezogene Einstellungen, Werthaltungen und Präferenzen in einer Gruppe diskutieren zu lassen, ist nach unseren Erfahrungen mäßig heterogen zusammengesetzten künstlichen Gruppen der Vorzug einzuräumen. Dabei sind solche Personen auszuwählen, von denen unterschiedliche Positionen, Aspekte und Argumente zum Erkenntnisgegenstand, jedoch keine polarisierenden, konflikthaften Positionierungen zu erwarten sind (ZWICK & SCHRÖTER 2012). [26]
Für die Teilnahme an einer Fokusgruppe gilt die Voraussetzung, dass Teilnehmende in der Lage sind, sich verbal auszudrücken und auf Wortbeiträge der anderen Gesprächspartner*innen Bezug zu nehmen. Neben der Auswahl von geeigneten Personen, die zum Forschungsgegenstand etwas beizutragen haben, braucht es eine gewisse soziale und kommunikative Kompetenz. Im Online-Modus ist zudem die Bereitschaft zur Nutzung und ggfs. Einarbeitung in die jeweilige Technologie notwendig. Nach unseren Erfahrungen ist dies bei Expertinnen und Experten und bei den sogenannten Digital Natives kein Problem. Es ist davon auszugehen, dass sie auch aufgrund der Corona-Pandemie das notwendige Equipment und die erforderliche digitale Kompetenz besitzen. [27]
Kontrovers wird in der qualitativen Forschung die Eignung des Online-Modus für vulnerable Gruppen diskutiert (GÖTZENBRUCKER et al. 2022; SCHIECK 2022). So können beispielsweise keine Flüchtlinge, Obdachlose oder andere Personen mit fehlenden oder unzulänglichen technischen, räumlichen oder sprachlichen Möglichkeiten teilnehmen. Selbst Mitglieder eines Haushaltes, Patientinnen und Patienten in Kliniken oder Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen sind mitunter online nicht erreichbar, wenn sie keinen Raum haben, um ungestört diskutieren zu können. REICHERTZ (2021) stellte deshalb für die qualitative Online-Forschung aufgrund seiner Erfahrungen in der Corona-Zeit generell die These auf, "dass die Erforschung der Lebensbereiche von Älteren, nicht so Gesunden, nicht so Wohlhabenden und nicht so Gebildeten auf absehbare Zeit nicht mehr angemessen durchgeführt werden kann" (S.316). [28]
Die Rekrutierung von Teilnehmenden ist für beide Modi mit Aufwand verbunden, markiert aber auch einen wesentlichen Unterschied zwischen Offline- und Online-Fokusgruppe. Die Rekrutierung und das Management der Mitwirkenden erweisen sich in der Praxis oftmals als anspruchsvoll und aufwändig, weshalb mitunter auch Forschungseinrichtungen auf den Dienst von Kommunikationsunternehmen zurückgreifen. Im Gesundheitsbereich ist beispielsweise die Gewinnung von medizinischem Fachpersonal und von Patientinnen bzw. Patienten oder von Personen mit starken psychischen Belastungen extrem herausfordernd (GOERING et al. 2011; GÖTZENBRUCKER et al. 2022; TAUSCH & MENOLD 2015; ZABKIEWICZ, PATTERSON & WRIGHT 2014). Zurückgeführt wird dies u.a. auf Schichtarbeit, gesundheitliche Barrieren oder Diskriminierungs- bzw. Stigmatisierungsbefürchtungen. Aber auch Misstrauen bzw. mangelndes Verständnis gegenüber der Wissenschaft und den Forschenden, Angst vor Autorität, die Auffassung, dass die Teilnahme keinen persönlichen Nutzen für sich und ihre Gemeinschaft bringe bzw. dieser sogar schaden könnte (z.B. durch Stigmatisierung) oder die Angst vor öffentlicher Bloßstellung bzw. Aufdeckung insbesondere dann, wenn illegalen oder illegitimen Verhaltensweisen nachgegangen wird, können der Teilnahmebereitschaft entgegenstehen (BONEVSKI et al. 2014). [29]
Ambivalent zu bewerten ist bei Fokusgruppen in beiden Varianten das theoretische Sampling (STRAUSS & CORBIN 1996 [1990]), das gemeinhin als Königsweg der Auswahlverfahren in der qualitativen Forschung gilt (KELLE & KLUGE 2010; MERKENS 2005; STRÜBING 2019). Dieses Vorgehen garantiert, dass sich eine Fokusgruppe aus themenspezifisch möglichst stark kontrastierenden Teilnehmenden zusammensetzt. Einerseits ist das zwar begrüßenswert, denn in aller Regel suchen Forschende möglichst variantenreiche Wahrnehmungen, Deutungen und Werturteile zu einer bestimmten Fragestellung3), es birgt aber auch Gefahren: Beispielsweise hat sich in unseren Fokusgruppen wie auch in der Literatur – gleichgültig in welchem Modus – eine Gruppengröße von sieben bis acht Teilnehmenden als optimal herausgestellt4) (ABRAMS & GAISER 2017), eine Zahl, die keineswegs mit dem Punkt der Sättigung eines theoretischen Samplings zusammen fallen muss. Eine weitere Fußangel droht durch das Prinzip der starken Kontrastierung der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer, wenn nämlich der Fortgang der Fokusgruppe durch Animositäten oder massive Wert- und Interessenkonflikte gefährdet ist. Zudem ist das sukzessive, alterierende Verfahren besonders zeitaufwändig. Bei früheren Online-Fokusgruppen stellte sich außerdem heraus, dass aufgrund höherer Drop-out-Raten beim Theoretical Sampling eine höhere Anzahl an rekrutierten Personen erforderlich war (ERDOGAN 2001). Auch eine Fallrekrutierung per Zufallsstichprobe ist auszuschließen, da sich für einstellungsbezogene Themen in aller Regel keine Grundgesamtheiten von Personen abgrenzen lassen, aus denen eine Zufallsauswahl getroffen werden könnte und infolge der geringen Fallzahlen Repräsentativität Fiktion bliebe (ZWICK & SCHRÖTER 2012). [30]
Sehr gut bewährt hat sich hingegen in unseren Fällen die Rekrutierung mittels eines gezielten, kriterienorientierten Samplings, die sich in sogenannten Auswahl- bzw. Quotenplänen manifestiert (KELLE & KLUGE 2010; ZWICK & SCHRÖTER 2012). Bei derartigen Quotenplänen handelt es sich um Tabellen mit den wichtigsten, aus dem Stand der Forschung bekannten Dimensionen und Merkmalskombinationen, zu welchen jeweils geeignete Personen für die Teilnahme an der Fokusgruppe gesucht werden. Um dies zu erfassen, hat sich in der Praxis der Einsatz standardisierter Kurzfragebögen als geeignet erwiesen. Dieses Verfahren erlaubt es, in vergleichsweise kurzer Zeit gezielt passende Gesprächspartnerinnen und -partner zu finden, wobei zwar auf eine gute inhaltliche Variation der Standpunkte geachtet werden muss, aber zugleich stark polarisierende Fälle mit Konfliktpotenzial vermieden werden können. In derartigen Situationen empfiehlt sich stattdessen die Durchführung mehrerer Fokusgruppen, in welchen konträre Gesichtspunkte expliziert werden können (SANDER & SCHULZ 2015). Dieses Vorgehen setzt allerdings voraus, dass sich genügend designierte Teilnehmende finden, aus denen eine geeignete Auswahl getroffen werden kann. Auch hierbei kann ein Kommunikationsbüro eingeschaltet werden, das die Forschenden zudem bei der aufwändigen Aufgabe des Teilnehmer*innenmanagements entlastet. [31]
Unter den Schlagwörtern "hard-to-reach and hidden" (MAGNANI, SABIN, SAIDEL & HECKATHORN 2005, S.68) wurden insbesondere in der Gesundheitsforschung die "klassischen" Samplingstrategien immer wieder kritisch reflektiert und neue Varianten und Innovationen getestet (GILE & HANDCOCK 2009; RAIFMAN, DeVOST, DIGITALE, CHEN & MORRIS 2022). Vor allem das Schneeballverfahren, die Rekrutierung über Gatekeeper bzw. "strength-of-weak-ties"-Techniken (GRANOVETTER 1973, S.1360) wurden diskutiert und erprobt (FISCHER 2009; SHAGHAGHI, BHOPAL & SHEIKH 2011; VALERIO et al. 2016). Positiv beurteilt wurde on- und offline die Schneeballtechnik, d.h. die*der erste Teilnehmende nutzt das Wissen und die Kontakte in die jeweilige Lebenswelt, um weitere Personen vorzuschlagen und ggf. sogar selbst einzuladen (ATKINSON & FLINT 2001). Gerade in der partizipativen Gesundheitsforschung wurde dieses Vorgehen bevorzugt eingesetzt (z.B. REDLOF et al. 2021), auch wenn es die Gefahr einer relativ homogenen Zusammensetzung birgt. Im Falle einiger Studien waren in der Zeit der Corona-Pandemie bestimmte Gruppen von Patientinnen und Patienten sogar eher für eine Teilnahme bei einer Online-Variante als in Präsenz zu gewinnen (GÖTZENBRUCKER et al. 2022; REDLOF et al. 2021; SELF 2021). Hintergründe waren u.a. die Sorge vor Ansteckung, die mögliche Beschwerlichkeit der Anfahrt oder spezifische Angststörungen, bei denen Betroffene die Wohnung kaum oder gar nicht verlassen konnten. Aber auch weniger Befürchtungen, stigmatisiert oder bloßgestellt zu werden, wurden hier angeführt. [32]
Damit hängt die Frage eng zusammen, welche Gesprächspartnerinnen und -partner überhaupt die Möglichkeit zur Teilnahme haben. Während zur Minimierung von Aufwand, Reise- und ggf. Übernachtungskosten bei Präsenzgruppen oftmals mobile Personen vor Ort oder aus der Region angefragt wurden, entfiel diese Restriktion beim Online-Modus (REDLOF et al. 2021). Solange der Mitwirkung keine sprachlichen, technischen oder durch Zeitverschiebung entstehenden Hindernisse entgegenstehen, kann die Rekrutierung sogar über die nationalen Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Vor allem für Studien mit Expertinnen und Experten sehen wir einen großen Vorteil von Online-Fokusgruppen (s. auch REZABEK 2000). Nach EDMUNDS bot dies etwa für Handlungsreisende "oder Professionals, die für … zu den üblichen Tageszeiten wenig Zeit haben ... einen einfachen und komfortablen Weg der Beteiligung" (1999, S.23). Aber auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen erachten wir dieses Vorgehen für sinnvoll. [33]
Die Erfordernisse des Datenschutzes sind durch die EU-Datenschutzgrundverordnung und, davon abgeleitet, das Bundesdatenschutzgesetz5) verbindlich geregelt und für beide Modi nahezu identisch. Benötigt wird eine unterschriebene Datenschutzerklärung, um über die durchführende Institution, Thema, Sinn und Zielsetzung zu informieren und die Freiwilligkeit der Teilnahme, Auskunfts-, und Widerspruchsrechte sowie eine*n verantwortliche*n Ansprechpartnerin bzw. -partner zu benennen. Dabei ist auch der sichere Umgang mit den Daten, deren Speicherung und gegebenenfalls die Löschung anzusprechen (VON UNGER 2019). [34]
In diesem Bereich unterscheiden sich On- und Offline-Fokusgruppen erheblich, da im ersten Fall sowohl der Verbleib als auch die Verwendung der Datenströme außerhalb der Verantwortlichkeit und Kontrolle der Veranstalterinnen bzw. Veranstalter liegen. ABRAMS und GAISER führten hierzu aus:
"The biggest disadvantage is privacy and it poses an ethical dilemma for researchers ... Even once content is deleted, companies often retain it ... In the online environment, researchers cannot control who saves the data or how they use it" (2017, S.445ff.). [35]
Darüber hinaus ist es für die Beteiligten möglich, analoge oder digitale Aufzeichnungen während der Diskussion anzufertigen – auch dies jenseits der Kontrolle und Verantwortlichkeit der Forschenden. Diese beiden möglichen Einbruchstellen des Datenschutzes sind in der entsprechenden Erklärung explizit zu erwähnen, und private Aufzeichnungen sind zu untersagen. Sofern technisch möglich, können die Moderierenden für die Namenskennung im Online-Modus zu einem selbst gewählten Akronym raten. Andernfalls könnten weitere Informationen zur Person im Internet recherchiert werden. In unseren Studien hat sich die Einblendung der Vornamen oder bei Expertinnen und Experten des Fachbereichs bewährt. Wenn dies technisch mit der präferierten Videoplattform nicht möglich ist, können Mailadressen eigens für den Zweck der Sitzung eingerichtet werden, auch wenn das einen besonderen Aufwand bedeutet. Ein weiterer Unterschied zu Präsenzgruppen besteht hinsichtlich des nicht unkritischen Kameraeinsatzes im eigenen Wohn- und Lebensumfeld bei der Online-Variante. Bei Vorgesprächen sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Schutz ihrer Privatsphäre auf die Möglichkeit hingewiesen werden, entweder bei Kameraeinstellungen einen von der Software angebotenen, fiktiven Hintergrund zu wählen oder aber bei Bedarf eine Kameraposition zu nutzen, die einen "informationsarmen", neutralen Hintergrund bietet. [36]
Für Fokusgruppen sind zwei Formalitäten im Vorfeld notwendig: eine schriftliche Einverständniserklärung und ggfs. ein Ethikvotum. Es gilt, über die Aufzeichnung und anonymisierte Bearbeitung bzw. Analyse der Daten aufzuklären und sich diese schriftlich bewilligen zu lassen (DRESING & PEHL 2020). Im Präsenzmodus teilen wir die Einverständniserklärung in der Regel unmittelbar vor der Diskussion aus, um bei Fragen direkt antworten zu können und mögliche Ausfälle im Vorfeld zu verhindern. Bei Online-Veranstaltungen müssen Informationen vorab per Post oder E-Mail verschickt und wieder zurückgesandt werden. Hat dies ein*e Person versäumt, kann er oder sie nicht teilnehmen. Bei unserer Fokusgruppe mit den Corona-Risikopatientinnen und -patienten ist eine Projektmitarbeitende im Vorfeld zu allen Beteiligten nach Hause gegangen, um Formales zu erläutern, auf Fragen zu antworten und die Unterschriften einzuholen. Dies erschien aufgrund von Mobilitätseinschränkungen und/oder mangelnder Erfahrungen mit dem Scannen und digitalen Verschicken von Daten notwendig und diente auch dem Aufbau einer ersten Vertrauensbasis. Es war allerdings sehr ressourcenintensiv. [37]
Handelt es sich bei der Forschungsfrage (insbesondere im Gesundheitsbereich) um eine sensible Thematik, muss ggfs. im Vorfeld ein Ethikvotum eingeholt werden6). Allerdings können wir anhand unserer Erfahrungen nicht einschätzen, ob die mangelnde Kontrollierbarkeit der Datenschutzproblematik sich negativ auf eine positive Rückmeldung auswirken kann. Der Vorteil bei Online-Verfahren vor allem in Pandemiezeiten war, dass kein Hygienekonzept vorliegen musste. Möglicherweise wird dies auch zukünftig, gerade bei Personen mit bestimmten Erkrankungen, notwendig sein und eine Hürde für die Durchführung von Präsenzveranstaltungen darstellen. [38]
Die Qualität der Diskussion und der Ertrag einer Fokusgruppe hängen, neben der Rekrutierung geeigneter Teilnehmerinnen und Teilnehmer, maßgeblich vom Gelingen der Moderation ab. Die leitende Person muss bezüglich der zu verhandelnden Thematik erfahren sein, nicht nur, um informativ in den Forschungsgegenstand einzuführen, sondern auch, um entsprechende Rückfragen sachgerecht beantworten zu können. Daneben erfordert eine flexible Handhabung des Leitfadens geschicktes Fragen, was gleichfalls souveräne Sachkompetenz voraussetzt. Inhaltlich haben sich der Moderator bzw. die Moderatorin neutral zu verhalten. Verlauf und Erfolg der Konversation erfordern ferner soziale und kommunikative Fertigkeiten bei der Initiierung und Steuerung der Diskussion (LAMNEK & KRELL 2016; ZWICK & SCHRÖTER 2012). [39]
Den Gesprächsführenden obliegen vielfältige Aufgaben. Zu leisten sind unter anderem die Anmoderation mit der Begrüßung der Anwesenden, das Ansprechen formaler Regularien, die Vorstellung des Teams und der veranstaltenden Institution sowie eine Kurzeinführung in die Methode der Fokusgruppe einschließlich erforderlicher Diskussionsregeln. Im Online-Modus muss dabei immer im Blick behalten werden, ob die Internetverbindung für die Beteiligten stabil ist und ob sie alles mitbekommen. Gegebenenfalls ist Schwer- oder Unverständliches zu wiederholen, was online aufgrund technischer Aspekte unserer Erfahrung nach eher vorkommt als bei Präsenzgruppen. Deshalb empfiehlt es sich darauf zu drängen, dass alle Arten von Unklarheiten, Anregungen, Zustimmung oder Kritik verbalisiert und so der Auswertung zugänglich gemacht werden. Die Verwendung eines Whiteboards hat sich bei uns nicht bewährt, weil sich die Teilnehmenden gescheut hatten, selbst Dinge einzutragen, es den Großteil des Bildschirms einnahm und dadurch die anderen kaum noch zu sehen waren. Zudem mussten alle zwischen dem Board und der Gruppe springen und fragten immer wieder nach, wo wir gerade seien oder wo neue Inhalte zu finden wären. Kommunal- und sozialpolitische Akteur*innen in einer Gruppe merkten am Ende sogar explizit an, dass sie zukünftig lieber auf ein solches Tool verzichten würden. Außerdem fühlen wir uns bei der Methode dem Primat verbaler Daten verpflichtet. [40]
Zur Integration visueller Tools in der digitalen Variante sehen wir weiteren Forschungsbedarf, weil derartige Funktionen grundsätzlich ein Potenzial zur Abwechslung, evtl. auch zur Auflockerung haben und den Teilnehmenden die Möglichkeit eingeräumt werden kann, selbst Dinge zu notieren oder zu visualisieren, auch wenn sie gerade keinen Redebeitrag haben. Mit der Chatfunktion haben wir vereinzelt gute Erfahrungen gemacht, weil damit auch die gleichzeitige, kurze Beantwortung einer Frage möglich war und anschließend auf Nachfrage des Moderierenden expliziert werden konnte. Dies haben wir bei den Gruppen mit den Jugendlichen und den Praxisakteur*innen ausprobiert. Letztere sahen dies als Chance, die unbeeinflusste Meinung der anderen Kolleg*innen zu erfahren. Außerdem war die Zeit am Ende sehr knapp, und nur so konnten alle Beteiligten noch einmal ein abschließendes Fazit zur zentralen Fragestellung abgeben. Das Chatprotokoll haben wir gespeichert und bei der Auswertung berücksichtigt. Bei den Jugendlichen stieß die Chatfunktion auf wenig positive Resonanz. Dennoch machten Forschende auch vor der Corona-Pandemie bereits positive Erfahrungen mit ihr (ERDOGAN 2001; SANDER & SCHULZ 2015). Allerdings können die Auswirkungen ihrer Integration auf den Verlauf und den Inhalt der Diskussion kaum kontrolliert werden, da u.a. das Risiko besteht, dass einzelne Personen während der gesamten Debatte chatten, beispielsweise um etwas einzubringen, auch wenn gerade eine andere Person redet. Zudem fehlen hierzu bisher kritische Methodenreflexionen und publizierte Erfahrungswerte. In unseren Fokusgruppen wurde die Chatfunktion auch genutzt, um sich kurz zu entschuldigen oder ggfs. interessante, thematisch passende Links zu teilen. Auf diese schriftlichen Hinweise sind wir in der Moderation nicht explizit eingegangen. [41]
Grundsätzlich können Moderierende in Präsenzveranstaltungen durch Mimik, Gestik und Bewegungen im Raum bei Bedarf auch sehr dominant auftreten. Außerdem können sie durch eine bewusste Sitzplatzordnung eine gut sichtbare Position einnehmen. Im Online-Modus bleibt nur die Möglichkeit, über die Lautstärke oder einen unerwarteten visuellen Impuls aktiv zu werden. Sodann hat die Gesprächsleitung die Aufgabe, in den Forschungsgegenstand einzuführen. Bei sehr komplexen, neuen oder abstrakten Thematiken empfiehlt sich off- und online die Vorbereitung und Präsentation eines informativen, aber möglichst neutralen Stimulus. Dafür können in Präsenz unterschiedliche Medien eingesetzt werden. Online bleibt der Schwerpunkt auf digitalen Präsentationen ggfs. auch von Broschüren oder anderen Materialien, wenn diese zuvor postalisch an die Teilnehmenden versandt wurden. Hierin ist ein Nachteil zu sehen, wenn beispielsweise ein physischer Gegenstand ins Spiel kommt, eine Textvorlage unverzichtbar erscheint oder ein Dokument ausgefüllt werden muss. [42]
Bei jeder Fokusgruppe stellt sich die Frage nach der geeigneten Moderationsstrategie und den entsprechenden Diskussionsregeln: offen vs. direktiv. Bei uns hat sich digital eine direktive, umlaufende Gesprächsführung bewährt. Nach individuellen Vorgesprächen oder den Angaben vorab verteilter Kurzfragebögen werden die Beteiligten entsprechend ihrer thematischen Groborientierung – bei uns etwa nach der Zufriedenheit mit den ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie – sowie gegebenenfalls nach Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Bildung gezielt von dem*der Moderierenden aufgerufen (s. Abbildung 1). [43]
Bei einer analogen Konversation könnte dieses Vorgehen durch eine bewusste Sitzordnung umgesetzt werden (z.B. im Kreis abwechselnd Personen mit eher positiven, ambivalenten/gemäßigten oder kritischen Einstellungen). Bei der Onlinegruppen wissen Moderierende im Idealfall um diese Positionen und rufen gezielt auf (s. Abbildung 1). Eine bewusste Platzierung der Mitwirkenden ist digital nicht möglich, und die Anordnung kann sich im Verlauf bei technischen Störungen auch verändern. Das gezielte Aufrufen von Redebeiträgen kann einer vorschnellen Verfestigung bestimmter Urteile pro oder contra entgegenwirken. Alternativ wäre hier, wie oben angedeutet, der Einsatz des Chats möglich, um Positionen in einer Art Telegrammstil gleichzeitig und in Echtzeit zu erfragen und darauf Bezug nehmen zu können. Damit werden mögliche Beeinflussungen durch vorangegangene Statements offensichtlich. Ggfs. müssten die Beteiligten zumindest begründen, warum sich die Position im Vergleich zur angegebenen Antwort im Chat geändert oder relativiert hat. [44]
Eine direkte Gesprächsführung hat den Vorzug, dass alle Teilnehmenden etwa gleiche Rederechte erhalten, im Vorfeld des eigenen Beitrags bereits einzelne Stichworte notieren können und das "Abtauchen" einzelner Personen vermieden wird. Diese Art der Moderation ist keineswegs Selbstzweck. Wenn es sachliche Gründe oder die Situation nahelegen, aber auch, wenn es zu vorübergehenden technischen Störungen kommt, kann die Fokusgruppe in anderer Reihung fortgesetzt und ausgefallene Beiträge können etwas später eingeholt werden. Diese Art der Kommunikation schließt gegenseitige Bezugnahmen ebenso wenig aus wie knappe Repliken durch Angesprochene. Die Steuerung bleibt dabei jedoch stets bei der leitenden Person. [45]
Zu ihren Aufgaben gehört es auch, die zentralen Aspekte und Argumente in knapper Form zu paraphrasieren. Wie erwähnt, hat bei unseren Onlinegruppen die Moderatorin bzw. der Moderator am Ende eine knappe Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse gegeben und bei Dissens um eine kurze Plenumsdiskussion der divergierenden Sichtweisen gebeten. Damit wollten wir das Risiko minimieren, das aufgrund der starken Strukturierung der Situation diskursive Elemente, in denen die Teilnehmenden offen, reflexiv und detailliert auf bestimmte Aspekte eingehen, zu kurz kommen (ZWICK & SCHRÖTER 2012). Mitunter haben wir auch mit einem Co-Moderator bzw. einer Co-Moderatorin gearbeitet, der bzw. die insbesondere bei den kurzen Zusammenfassungen unterstützt hat.
Abbildung 1: Online-Fokusgruppe: beispielhafte, virtuelle Sitzordnung mit Gesprächsführung7) [46]
Ohne eine direktive Gesprächsführung kann sich nach unserer Erfahrung die Diskussion im digitalen Modus als zäh erweisen, beispielsweise dann, wenn die Teilnehmenden sich nur sehr knapp und nur nach expliziter Aufforderung einbringen. REICHERTZ (2021) führte dies u.a. auf den fehlenden Blickkontakt in Online-Meetings zurück. Dadurch würden die Entwicklung eines Gruppengefühls und die nonverbale Abstimmung von Handlungsweisen erschwert und der Redefluss negativ beeinflusst. In allen von uns durchgeführten Online-Fokusgruppen hat sich die vorgestellte Strategie von Gesprächsführung und Moderation sehr gut bewährt. Die Diskussionen verliefen sachlich und konzentriert, und eingebrachte Aspekte und Argumente wurden zumeist detailliert dargelegt. Bei den Jugendlichen hatten wir auch den Eindruck, dass sich einige bei einer offeneren Gesprächsführung sonst gar nicht eingebracht hätten, obwohl sie Substanzielles zum Thema beigetragen haben. [47]
Das Verhalten der Anwesenden gestaltete sich in allen unseren Gruppen respektvoll; die Kommunikationsregeln fanden weitestgehende Beachtung. Allenfalls musste bei freien Diskussionen vereinzelt auf die Einhaltung der Redner*innenliste hingewiesen werden. Digital zeigten sich deutliche Unterschiede in der Quantität der Redebeiträge, insbesondere bei den Jugendlichen und Studierenden. Wiederholt musste der*die Moderierende ermutigen und nachfragen, um die Konversation am Laufen zu halten. Mitunter hatten wir auch den Eindruck, dass die Teilnehmenden parallel etwas anderes an ihrem Computer machten. Der Vorteil der direktiven Vorgehensweise war auch, dass verspätete Personen sehr schnell integriert werden konnten. [48]
Unterscheidet sich die Diskussionsqualität online vs. offline? Ein Blick in die Literatur offenbart unterschiedliche Erfahrungen mit der Gesprächskultur und dem Detaillierungsgrad bei Online-Veranstaltungen (positiv z.B. FALTER et al. 2022, negativ z.B. GREENSPAN, GORDON, WHITCOMB & LAUTERBACH 2021). Auch wenn wir zu keinem von uns untersuchten Thema auf einen direkten Vergleich zurückgreifen können, laufen unsere Erfahrungen dem Eindruck entgegen, dass online weniger detaillierte und weniger intensiv begründete Beiträge zu verzeichnen wären (ABRAMS & GAISER 2017; TATES et al. 2009). Unter dem Schlagwort computervermittelter Kommunikation wurde in der Techniksoziologie bereits vor der Corona-Pandemie der Einfluss auf den Interaktionsstil der Beteiligten erörtert (z.B. JONAS & BOOS 2000; WALTHER 1996). Im Kontext virtueller Seminare in der Hochschule waren die Ergebnisse eher kritisch (s. für einen Überblick JONAS & BOOS 2000). Berichtet wurde u.a. von geringen Partizipationsraten, technischen Schwierigkeiten, einer starken Belastung kognitiver Ressourcen und von psychischen Gefährdungen der Mitwirkenden z.B. durch Beleidigungen. Möglicherweise haben sich diese negativen Erfahrungen in der Corona-Pandemie aufgrund der zunehmenden Verbreitung und Erfahrung mit Online-Meetings bzw. Diskussionen mittlerweile aber relativiert. [49]
Wir vermuten online jedoch eine Neigung zu verstärkter bilateraler Kommunikation zwischen den Gesprächsteilnehmenden und dem*der Moderierenden. Dies muss sich aber nicht zwangsläufig negativ auf die Qualität im Vergleich zu einer konventionellen Forschungsmethode mit einem Schwerpunkt auf manifeste Inhalte auswirken. Dennoch konnte auch das optimistische Resümee von ABRAMS und GAISER bezüglich digitalen Durchführungsformaten – "the richness of data generated in online video focus groups was similar to that produced in face-to-face focus groups" (2017, S.446) – nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Gesprächsleitung online aus verschiedenen Gründen als besonders anspruchsvoll erwies. Ein wesentlicher Grund war, dass sich die Konversationen auf das gesprochene Wort konzentrierte, weil der nonverbale Informationsaustausch eingeschränkt war (TATES et al. 2009) und mitunter Ermüdungserscheinungen vorkamen (GÖTZENBRUCKER et al. 2022). Dies erschwerte zum einen die Entwicklung einer förderlichen Gruppendynamik unter den Beteiligten, zum anderen aber auch die Möglichkeit, einem unausgewogenen Verlauf entgegenzuwirken (ABRAMS & GAISER 2017). Beispielsweise konnten mittels nonverbaler Signale Vielredner*innen nicht gemäßigt, Dominanzverhalten nicht unterbunden oder zurückhaltende bzw. unsichere Teilnehmende nicht ermutigt werden, sich einzubringen. [50]
Allerdings spielen bei der Diskussionsqualität nach unserer Erfahrung die Pausen eine wichtige Rolle. Bei Präsenzgruppen bauten die Anwesenden durch einen kleinen Imbiss und informelle Unterhaltungen untereinander oder auch mit dem*der Moderierenden Vertrauen auf und brachten sich danach erfahrungsgemäß vermehrt ein. Zudem können frische Luft und Bewegungselemente eingebaut werden, um die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. In Online-Veranstaltungen fehlen diese Möglichkeiten. Hier könnte es auch sein, dass in der Pause gearbeitet wird oder anderweitige Ablenkungen die Fokussierung auf das Gespräch beeinträchtigen. Schlimmstenfalls kehren gar nicht mehr alle Beteiligten zurück. Derartige Erfahrungen sind uns allerdings erspart geblieben. [51]
Fokusgruppen leben von einer offenen, möglichst natürlichen Atmosphäre. Deshalb spielt das Setting, in dem diese stattfinden, eine große Rolle. Bei der analogen Form geht es um einen ansprechenden Raum mit gemütlichen Stühlen, geeigneten Lichtverhältnissen und einem kleinen Catering. Im Forschungskontext werden üblicherweise Räume in den Hochschulen oder bei Auftraggeber*innen genutzt. Mitunter kann es aber auch vorkommen, dass sie extra angemietet werden. Sie sind auf jeden Fall für die Dauer des Treffens exklusiv, und mögliche Ablenkungen bzw. Störungen sind unwahrscheinlich. Dafür können sich die Teilnehmenden online in ihren privaten Räumlichkeiten aufhalten und fühlen sich daher eventuell sicherer und entspannter, wenngleich die Webcam unter Umständen Einblick in das private Ambiente gewährt. [52]
Bei der digitalen Variante entfällt die Raumsuche. Im Gegensatz zum Präsenzmodus, in dem eher das Risiko für ein künstliche, laborähnliche Wahrnehmung der Situation durch die Teilnehmenden besteht, suchen sich bei Online-Fokusgruppe die Beteiligten den Ort selbst aus. Inwieweit hierdurch die Diskussionsbeiträge beeinflusst werden, wurde nach unserem Wissen noch nicht untersucht. Denn zu bedenken ist, dass das Geschehen technikvermittelt in großer Distanz und jenseits der Kontrollierbarkeit durch die Gesprächsleitenden abläuft. Unter Umständen können beispielsweise Ermüdungserscheinen und nachlassende Teilnahmemotivation zunehmen oder andere Störungen auftreten, die sich der Gegensteuerung entziehen (Stichwort "ZOOM Fatigue", FAUVILLE, LUO, QUEIRZOZ, BAILENSON & HANCOOK 2021). Zudem kann es insbesondere online, unterstützt durch die von uns präferierte direktive Konversationsführung auch zu einer gewissen Harmonisierung der Beiträge kommen (SANDER & SCHULZ 2015). In Präsenz ist dies nach unserer Erfahrung seltener der Fall. [53]
4. Methodologische Diskussion: Vorteile und Grenzen von Online-Fokusgruppen
Unsere Ausführungen legen nahe, Online-Fokusgruppen nicht als eigenständige Methode, sondern als Variante der analogen Form aufzufassen. In beiden Fällen finden gezielt ausgewählte Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammen, um ein bestimmtes Thema, angeleitet durch eine Moderatorin oder einen Moderator zu diskutieren (LAMNEK & KRELL 2016). Ähnlich führten ABRAMS und GAISER hierzu aus: "Although many of the same fundamentals of the method apply, the online medium has some nuances" (2017, S.435). [54]
Der wesentliche Unterschied zwischen beiden besteht in der Art des Zugangs – Anreise und persönliche Teilnahme auf der einen und Beitritt zu einer Webkonferenz-Plattform auf der anderen Seite – mit ihren jeweiligen Voraussetzungen, Besonderheiten, Stärken und Schwächen sowie daraus resultierenden organisatorischen Implikationen. Als Vorteile bei Online-Veranstaltungen erweisen sich der geringere Ressourceneinsatz für die Beteiligten und die einfache Inanspruchnahme, insbesondere wenn diese weit verstreut leben oder gesundheitliche Probleme einer Anwesenheit in Präsenz entgegenstehen. Die Fokusgruppe selbst wird – und das trifft auch unsere Erfahrung – im Präsenzmodus als etwas lebhafter und interaktiver beschrieben (ABRAMS & GAISER 2017), wenngleich der Einsatz von Webcams und die audiovisuelle Übertragung der Diskussion die Unterschiede in der Qualität deutlich reduzieren. Ungelöst bleiben größere Probleme in puncto Datenschutz bei der Online-Variante. [55]
An ihre Grenzen stoßen digitale Gruppen bei unzureichender Hardwareausstattung, mangelhaftem Netzzugang, geringer IT-Literacy oder persönlicher Abneigung gegen technikbasierte Kommunikation. Möglicherweise wird sich dies mit zunehmender Etablierung von Online-Formaten in allen Lebensbereichen verändern. Im Zuge der Corona-Pandemie bot diese Art der Meetings sowohl für Forschende als auch für Personen mit zunächst geringer oder fehlender Erfahrung in der Informationstechnologie große Chancen für die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und für die Bewältigung des Berufsalltages. Wir gehen davon aus, dass dieser Digitalisierungsschub auch künftig den Lebens- und Berufsalltag prägen, mentale Barrieren gegen Online-Kommunikation abbauen sowie die erforderlichen Kompetenzen und die Hardwareausstattung verbessern wird (REICHERTZ 2021; TATES et al. 2009). [56]
Werden die technischen Hürden und die gesteigerten Herausforderungen bei der Moderation gemeistert, steht dem Einsatz von Online-Fokusgruppen nichts entgegen. Nachteile bleiben allenfalls bestehen, wenn mit konkreten Materialien oder Dokumenten gearbeitet werden muss oder zur Einführung in ein Thema ein Stimulus benötigt wird, der mehr erfordert als eine PowerPoint oder filmische Präsentation. Gilt es hingegen lediglich, konkrete Sachfragen zu ermitteln, lässt sich online eine der Präsenzform vergleichbare Diskussions- und Datenqualität erzielen. Für wissenssoziologische Fragestellungen, die auf die Rekonstruktion kollektiver Phänomene abzielen (LAMNEK & KRELL 2016), bleiben hingegen analoge Gruppendiskussionen das Mittel der Wahl. Beim Akt der gemeinsamen, kommunikativen Konstruktion von sozialer Wirklichkeit spielt das Medium, in dem dies geschieht, eine wesentliche Rolle. Die Beteiligten können sich online nur technik-vermittelt wahrnehmen, sie sehen sich ausschnittsweise, können sich nicht spiegeln und so Situationswahrnehmungen, Deutungen und Bewertungen unzureichend interaktiv abstimmen. Stattdessen gewinnt das gesprochene Wort eine besondere Relevanz. [57]
Was spricht also für den Einsatz der einen oder anderen Variante? Grosso modo sehen wir im Fall von Fokusgruppen, bei denen es um die Ermittlung von Einstellungen, Deutungen und Bewertungen bestimmter Sachverhalte geht, keine Nachteile des Online- gegenüber dem Präsenzmodus, so lange nicht konkrete Artefakte vorgelegt und eingeschätzt werden sollen (POYNTER 2010). Vorteilhaft ist eine Online-Veranstaltung, wenn es beispielsweise gilt, verstreut lebende Personen mit gewünschten Eigenschaften bzw. bei denen Termindruck und professionelle Verpflichtungen eine weite Anreise nicht zulassen zu rekrutieren (ABRAMS & GAISER 2017). Diese Form dürfte sich deshalb vor allem auch im Bereich der Expert*innenforschung als feste Größe etablieren, weil sie häufig weniger Aufwand bedeutet, und die relevanten Personen deshalb vermutlich eine höhere Teilnahmebereitschaft zeigen. Expert*innen aus dem Gesundheitsbereich berichteten zudem über positive Erfahrungen mit Online-Formaten in partizipativen Forschungskontexten (DOYUMĞAÇ, TANHAN & KIYMAZ 2021; REDLOF et al. 2021; TANHAN & STRACK 2020). Hintergrund war hier ebenfalls die erleichterte Rekrutierung von Menschen mit bestimmten Störungen oder Krankheiten, die eine Teilnahme in Präsenz erschwerten. Allerdings ist einschränkend anzumerken, dass für Online-Diskussionen maximal zwei Stunden angesetzt werden sollten, weil mit der direkten Gesprächsführung eine gewisse Harmonisierung der Situation einhergeht und Ermüdungserscheinungen zunehmen. Damit ist das Risiko verbunden, dass sich die Mitwirkenden in den zumeist heimischen Orten mit anderen Dingen ablenken. [58]
In Tabelle 1 haben wir einen Überblick über Vorzüge, Herausforderungen und Grenzen der beiden partizipativen Varianten aus unseren Erfahrungen zusammengetragen.
Vergleichsdimension (Abschnitt 3) |
Präsenz-Fokusgruppe |
Online–Fokusgruppe |
||
Fragestellung |
+ |
Ideenaggregation, Exploration, Deskription und Evaluation |
+ |
Auch für sensible, heikle Themen |
Technik: Voraussetzungen |
- |
Notwendigkeit eines geeigneten Raumes und einer Aufnahmetechnik |
- |
Notwendigkeit des Internetzugang und der Hardwaretechnik für alle Beteiligte |
|
|
|
- |
Intuitiv bedienbare und zuverlässige Webkonferenz-Plattform durch Forschende |
|
|
|
- |
Hinlängliche digitale Kompetenz bei Teilnehmenden |
Technik: Störung/ Ablenkung |
+ |
Keine technischen Störungen |
- |
Risiko technisch bedingter Ausfälle oder mangelnder Verständlichkeit |
|
|
|
- |
Risiko der Ablenkung der Teilnehmenden |
Technik: Aufzeichnung |
- |
Für Teilnehmende sichtbare Video- oder Audioaufnahme |
+/- |
Aufnahme über externe Audioaufnahme, nicht sichtbar für Teilnehmende |
Teilnehmende: Voraussetzung |
- |
Möglichkeit/Fähigkeit, zum Durchführungsort zu kommen |
- |
Bereitschaft und Möglichkeit zur Nutzung der Technik |
|
|
|
- |
Teilnehmende brauchen ungestörten Raum |
Teilnehmende: Rekrutierung |
- |
Aufwendige Rekrutierung und Teilnehmendenmanagement |
+ |
Rekrutierung geografisch entfernter und zeitlich stark beanspruchter Personen |
|
|
|
+ |
Gewinnung von Patient*innen mit bestimmten körperlichen oder psychischen Einschränkungen |
Teilnehmende: Teilnahmemöglichkeit |
- |
Anreise u.U. aufwändig und teuer |
+ |
Auch für Personen mit eingeschränkter Mobilität |
|
|
|
- |
Ausschluss von Personen mit unzureichender Internetanbindung, Hardware oder Digitalkompetenz |
Datenschutz: Kontrolle |
+ |
Maßnahmen des Datenschutzes durch Veranstaltende kontrollier- und garantierbar |
- |
Datenschutz nur bedingt kontrollier- und garantierbar, ggfs. Einfluss auf Ethikvotum |
|
|
|
+ |
Mehr (wahrgenommene) Anonymität der Teilnehmenden |
Datenschutz: Formalitäten |
+ |
Unterschreiben der Einverständniserklärung mit Möglichkeit der Nachfrage vor Ort |
- |
Einverständniserklärung über Postweg oder E-Mail im Vorfeld notwendig |
Diskussion: Moderierender |
+ |
Verbindlichkeit der Situation, u.a. durch Anwesenheit des Moderierenden |
- |
Geringere Verbindlichkeit durch virtuelle, technisch vermittelte Moderation |
|
|
|
- |
Fehlen etablierter (nonverbaler) Moderationstechniken |
|
+ |
Vielfältige Möglichkeiten für einen Stimulus |
- |
Nur Einsatz digitaler Stimuli |
Diskussion: Moderationsstrategie |
+ |
Direkte Moderations- und Lenkungsmöglichkeiten auch nonverbaler Art möglich |
- |
Notwendigkeit der Erprobung neuer Moderationstechniken (u.a. Integration Chatfunktion) |
|
+ |
Bewusste Sitzordnung möglich, z.B. nach Position, Geschlecht |
- |
Kein Einfluss auf Anordnung der Teilnehmenden |
|
|
|
- |
Gefahr verstärkt bilateraler Diskussion zwischen Moderierenden und Teilnehmenden |
Diskussionsqualität |
+ |
Aktive Pausengestaltung zur Vertrauensbildung |
- |
Verringerte Diskussionsbereitschaft bzw. des Gruppeneffekts |
|
- |
Risiko bilateraler Gespräche mit Nebensitzenden |
+ |
Homogenisierung der Beiträge |
|
- |
Bewusste Zurückhaltung von Personen mit konträren Urteilen (z.B. wegen Sorge um direkte Konfrontation) |
|
|
Setting: Raum |
- |
Raummiete, -ausstattung und Catering ressourcenintensiv |
+ |
Raummiete, -ausstattung und Catering entfallen |
|
+ |
Exklusives Setting ohne Ablenkungen/Störungen |
+/- |
Wohlfühlen in den eigenen (privaten) Räumlichkeiten, ggfs. aber Ablenkung |
Setting: Atmosphäre |
+ |
Schaffung einer ansprechenden Atmosphäre |
- |
Abstrakt-technische Atmosphäre; möglicher Eintritt von IT-Fatigue |
|
- |
Teilnehmende befinden sich in für sie fremden Räumlichkeiten |
|
|
Tabelle 1: Zusammenschau der Vor- und Nachteile von Präsenz- und Online-Fokusgruppen [59]
Auf Basis unserer Erfahrungen empfehlen wir für eine gelingende Online-Fokusgruppe:
den Einsatz einer intuitiv bedienbaren, probaten Kommunikationsplattform;
das präferierte Videotool im Vorfeld zu testen und mögliche Updates zu prüfen;
den Teilnehmenden die Öffnung der Kamera zur Pflicht machen;
technische Askese, d.h. die Beteiligten aufzufordern und zu ermutigen, alles Relevante zu verbalisieren und auf weitere digitale Tools und latente Kommunikation zu verzichten;
den Einsatz eines Co-Moderators bzw. einer Co-Moderatorin, die ggfs. bei technischen Problemen unterstützen und protokollieren;
technischen Störungen und Irritationen stets Vorrang einzuräumen und zu lösen, ehe die Fokusgruppe fortgesetzt wird; ggfs. können die Mitwirkenden wenige Minuten in die Pause geschickt werden;
eine zusätzliche Audioaufnahme mit einem externen Gerät. [60]
Zudem möchten wir die dringende Empfehlung aussprechen, auf Bundes- oder EU-Ebene eine unentgeltliche Kommunikationsplattform einzurichten, die mit den strengen Normen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung in Einklang steht und u.a. die datenschutzkonforme Durchführung von Online-Erhebungen erlaubt. [61]
1) Nicht bewährt haben sich diese digitalen Tools insbesondere, weil sich die Komplexität bei der Moderation erhöht hat, aber auch, weil die Teilnehmenden immer gezwungen waren, zwischen Diskussion und Visualisierung zu springen. Außerdem sollte der Schwerpunkt der Fokusgruppe auf der Erzeugung und Analyse verbaler Daten liegen. <zurück>
2) In einer unserer Präsenzgruppen kam es trotz des obligaten, vorherigen Tests zum Ausfall eines der beiden Aufnahmegeräte. <zurück>
3) ABRAMS und GAISER sahen hierin einen besonderen Vorteil von Online-Fokusgruppen: "The ability to acquire diverse opinions with relative ease is a considerable strength of the method" (2017, S.436). <zurück>
4) Wegen möglicher Ausfälle empfahl VOGL (2014), ein bis zwei zusätzliche Personen zu rekrutieren. <zurück>
5) https://www.datenschutz-wiki.de/images/8/88/Bdsg_2018.pdf [Datum des Zugriffs: 15. April 2022]. <zurück>
6) Informationen zum Ethikvotum gibt hierzu die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): https://www.dfg.de/foerderung/faq/geistes_sozialwissenschaften/index.html#anker13417818 [Datum des Zugriffs: 26.05.2023]. <zurück>
7) Fiktive Namen, "+" allgemein zustimmende Haltung, "+/-" allgemein ambivalente Haltung, "-" allgemein ablehnende Haltung. <zurück>
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Prof. Dr. Marlen NIEDERBERGER leitet die Abteilung für Forschungsmethoden in der Gesundheitsförderung und Prävention an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Sie forscht insbesondere zu methodischen Fragestellungen im Kontext von partizipativer Forschung und Befragungen von Expert:innen.
Kontakt:
Prof. Dr. Marlen Niederberger
Forschungsmethoden in der Gesundheitsförderung und Prävention
Institut für Gesundheitswissenschaften
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Oberbettringer Str. 200
D-73525 Schwäbisch Gmünd
Telefon: +49 (0)7171 983-303
E-Mail: marlen.niederberger@ph-gmuend.de
Dr. Michael M. ZWICK ist akademischer Mitarbeiter am Lehrstuhl Sozialwissenschaften V der Universität Stuttgart. In Forschung und Lehre beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit Risiko-, Technik- und Umweltsoziologie sowie mit qualitativen und quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung.
Kontakt:
Dr. Michael M. Zwick
Universität Stuttgart
Technik- und Umweltsoziologie
Seidenstr. 36
D-70174 Stuttgart
Tel.: +49 (0)711 685-83972
E-Mail: zwick@sowi.uni-stuttgart.de
Niederberger, Marlen & Zwick, Michael M. (2023). Online-Fokusgruppen – Chancen und Herausforderungen aus der Sicht der Forschungspraxis [61 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 24(3), Art. 5, https://doi.org/10.17169/fqs-24.3.3982.