Volume 24, No. 1, Art. 15 – Januar 2023
Qualitative Sozialforschung auf Distanz. Das Interview im Zeitalter seiner virtuellen Durchführbarkeit
Manuel Nicklich, Silke Röbenack, Stefan Sauer, Jasmin Schreyer & Amelie Tihlarik
Zusammenfassung: Qualitative Interviews haben pandemiebedingt eine Virtualisierung erfahren. Der Goldstandard der Face-to-Face-Interviews wurde in ein digitales Format übersetzt, d.h., Interviews werden auf Distanz geführt. Die Notwendigkeit, die Potenziale und Grenzen von Interviews auf Distanz zu reflektieren sowie epistemologische Konsequenzen zu bedenken, ist auch angezeigt, da sich sukzessive eine Normalisierung abzeichnet. Methodologische Fragen, die die empirischen Gegenstände selbst, die Fallauswahl, die konkreten Interviewsituationen und das technische Setting betreffen, sollen in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile eruiert werden, um so eine Aussage treffen zu können, was als new normal gelten könnte.
Keywords: Digitalisierung; virtuelle Interviews; Coronapandemie
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Konzeptionelle Überlegungen
3. Welterschließung und Multiplizieren des Interviewraums
3.1 Technischer Raum: Infrastruktur alias Plattform
3.2 Ungleiche Raumzugänge
3.3 Physische und situative Beziehungsräume
3.4 Interaktiver Kontext
4. Fazit
Die Ausrufung des globalen Pandemiezustandes im März 2020 betraf und betrifft die Gestaltung aller Lebens- und Arbeitsbereiche. Die weitreichenden Kontaktbeschränkungen haben, so wird angenommen, in vielen sozialen Feldern zu einer Beschleunigung der Digitalisierung und auch Virtualisierung geführt, die auch die empirische Sozialforschung, insbesondere die Erhebung qualitativer Daten, betreffen. Es verändern sich etablierte Interaktionsordnungen, Rituale und soziale Praktiken, was nicht ohne Folgen bleibt. Ein ganz wesentliches Element, welches mit der Pandemie schnell zu einem festen Bestandteil (nicht nur, aber eben auch) der Datenerhebung wurde, waren unterschiedliche Videokonferenztools, die technisch vermittelte, synchrone Kommunikation ermöglichen. Mit Blick auf diese Form des Kommunizierens bietet sich ein Rückgriff auf Walter BENJAMINs Überlegungen zum Film und der technischen Vermittlung mittels Apparaturen an. BENJAMIN ging davon aus, dass der "einzigartige Wert des echten Kunstwerks seine Fundierung im Ritual [hat], indem es seinen originären und ersten Gebrauchswert hat" (2010 [1936], S.22). Auch wenn er an dieser Stelle das Kunstwerk in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte, weisen diese seiner Meinung nach über die Thematik hinaus. Theoretisch wird die Echtheit der jeweiligen Situation mit Rituellem und der technischen Vermittlung von Inhalten in Verbindung gebracht: Und so unterliegt auch die Einmaligkeit der Interviewsituation vor Ort mit all ihren Ritualen zum Einstieg, zum Gesprächserhalt und -abschluss einer Transformation im virtuellen Raum. [1]
Von daher ist es nicht verwunderlich, dass mit Blick auf die Coronapandemie von einer Krise der qualitativen Sozialforschung gesprochen und dies nicht zuletzt auf die fehlende körperliche Ko-Präsenz zurückgeführt wird: "Die gesamte Sozialwissenschaft gerät durch die Pandemie in eine tiefgreifende und nachhaltige Krise [...]. Dies gilt, obwohl alle Formen der Sozialforschung davon betroffen sind, besonders für die qualitative/interpretative Sozialforschung" (REICHERTZ 2021, S.316). REICHERTZ hielt eine Rückkehr zur Praxis der Vor-Corona-Zeit für unwahrscheinlich: "Wissenschaft kann nach dem Sieg über die Pandemie nicht dort weitermachen, wo sie unterbrochen wurde, sondern sie wird sich geändert haben" (S.315). Dabei zeigt das Zitat, dass REICHERTZ die Folgen der Veränderungen nicht nur als vorübergehend ansah, sondern als länger anhaltend und zum Nachteil für qualitative Methoden (S.316). Er vermutete, dass zukünftig hygienische wie auch ressourcentechnische Aspekte bestimmte qualitative Methoden besonders begründungswürdig erscheinen ließen bzw. gar verunmöglichten und dadurch manche Forschungsfragen nicht (mehr) gestellt würden bzw. nicht mehr mit den ihnen angemessenen, also "besten Methoden" (S.321) untersucht werden könnten. In der Konsequenz hieße das für ihn: "Die Methoden der Datenerhebung passen nicht mehr zu den Fragestellungen" (a.a.O.). Außen vor bleibt bei dieser Perspektive jedoch, dass sich die Fragestellungen über die Pandemie ebenfalls verändern – ebenso wie sich auch Methoden im Zeitverlauf partiell ändern. Es bedarf, ohne die mit der Pandemie und deren Folgen einhergehenden Probleme zu negieren, nicht des Abgesangs, sondern der methodologischen (Selbst-) Reflexion und der Arbeit an Ansätzen, um sich den aktuellen Herausforderungen anzunehmen. Dabei geht es im Rahmen dieser verstärkten Ausdifferenzierung qualitativer Methoden auch darum, virtuelle Interviews nicht unbedacht anzuwenden, sondern ebenfalls darum, deren wissenschaftliche Güte und Gültigkeit zu erhalten (BREUER 2000; BREUER & REICHERTZ 2001; REICHERTZ 2000, 2019). [2]
Die Diskussion über Interviews auf Distanz ist keineswegs neu (FUCHS 2019), sondern lässt sich mit bekannten Debatten zu Telefoninterviews (HÜFKEN 2019; JEDINGER & MICHAEL 2019; OPDENAKKER 2006) und Interviews mit Videotools (BAMPTON & COWTON 2002; KROUWEL, JOLLY & GREENFIELD 2019; LEINHOS 2019; SALMONS 2014; WELLER 2017) in Verbindung bringen. Verschiedene Autor*innen wiesen in diesem Zusammenhang durchaus auf eine Reihe positiver Aspekte hin, beispielsweise die sich vergrößernde Reichweite potenzieller Interviewpartner*innen, da auch geografisch weit verstreute Gesprächspartner*innen relativ einfach und kostengünstig erreicht werden könnten (ARCHIBALD, AMBAGTSHEER, CASEY & LAWLESS 2019). Außerdem erlaubten Videokonferenzplattformen quasi eine funktionell erweiterte Echtzeit-Interaktion, da nicht nur das Gegenüber gesehen und gehört werde, sondern währenddessen auch auf Chatfunktionen zurückgegriffen werden könne (a.a.O.). Dadurch könnten auf verschiedenen Ebenen erzählgenerierende Interaktionen und Kommunikation stimuliert werden. Doch auch wenn die Möglichkeit des Interviews auf Distanz keinesfalls neu ist, haben u.E. die Weiterentwicklung, Nutzung, Verbreitung und Normalisierung technischer Kommunikationsmöglichkeiten gegenwärtig eine coronabedingt höhere historische Intensität und vielleicht auch neue Qualität. Es soll an dieser Stelle kein Plädoyer dafür sein, nur um der Neuheit Willen diese Methode anzuwenden (dazu auch REICHERTZ 2019) und eine Anything-Goes-Wissenschaft zu befördern (REICHERTZ 2000; STRÜBING, HIRSCHAUER, AYAß, KRÄHNKE & SCHEFFER 2018). [3]
Mit dem Anspruch, weder eine affirmative Haltung noch uneingeschränkte Ablehnung zu Interviews auf Distanz zu formulieren, müssen zentrale Fragen nach den epistemologischen Konsequenzen der Pandemie für die empirische Sozialforschung sowie zu den Potenzialen und Grenzen von Interviews auf Distanz gestellt und beantwortet werden. Dies muss nicht zuletzt vor dem Hintergrund geschehen, dass man soziologisch informiert zwar davon ausgeht, dass Wissensproduktion gesellschaftlich organisiert ist und wissenschaftliche Erkenntnis damit einen gewissen Konstruktionscharakter hat, die Wahl der Methoden jedoch mitnichten beliebig sein kann, möchte man den Anspruch der Gültigkeit nachhaltig erhalten (REICHERTZ 2000). In der derzeitigen Forschungspraxis befinden wir uns (noch) in einer Sondersituation, die, auch basierend auf der Erfahrung der letzten Jahre, am Übergang zur Normalisierung steht. Dementsprechend ist zu fragen, ob und inwiefern sich bisherige Erhebungsmethoden ins Virtuelle übertragen lassen. Was lässt sich über die Pandemie hinaus erhalten und welche Konsequenzen haben derart veränderte Forschungspraktiken? Ganz konkret geht es gleichermaßen um die veränderte Kommunikation auf Basis veränderter Medialität sowie die Repräsentanz und Bearbeitung der daraus folgenden Phänomene. [4]
Diese Fragen aufnehmend wollen wir die praktischen Erfahrungen, welche wir über die letzten drei Jahre in unterschiedlichen Projekten und mit mehr als 2001) Interviews auf Distanz sammeln konnten, theoretisch einordnen und methodologisch fruchtbar machen. Ziel des Beitrags ist es also, über die Integration von konzeptioneller Erörterung und eigener praktischer Erfahrung die Vor- und Nachteile, sprich Ambivalenzen, hinsichtlich technischer Settings, Datenschutz, Fallauswahl, Interviewsituation und -interaktion zu eruieren und zu überlegen, was in Bezug auf die Interviewerhebung als neue Normalität auch jenseits von Covid-19 erhaltenswert erscheint. Was wir mit diesem Beitrag noch nicht leisten können und wollen sind Antworten auf die Frage, was sich an Weltzugang und Weltveränderung durch eine solche Normalisierung audiovisuell vermittelter Interviews auf Distanz ergeben könnte. [5]
Im Folgenden werden wir mit Walter BENJAMIN 2010 ([1936]) das Interview im Zeitalter seiner virtuellen Durchführbarkeit beleuchten. In einem ersten Schritt explizieren wir BENJAMIN's kritisch-reflektierte Technikbetrachtung, um sie dann im Folgenden auf das Interview auf Distanz zu übertragen. Dabei wird sowohl der Welterschließungsmodus und die Multiplizierung des Interviewraums als auch die veränderte Interviewsituation und die Transformation des interaktiven Kontextes Gegenstand der Betrachtung sein. Zum Weiterdenken des qualitativen Interviews im Sinne eines new normal werden in einem letzten Schritt, von BENJAMIN ausgehend, die Potenziale und Grenzen evaluiert. [6]
2. Konzeptionelle Überlegungen
Möchte man eine theoretische Perspektive auf das beschriebene Phänomen eröffnen, ist es oft fruchtbar, über gegenwärtige (mitunter begrenzte) Blickwinkel hinauszugehen. Fündig wird man bei Walter BENJAMIN, einem Klassiker, der Zeit seines Lebens an neuen Medien interessiert war und heute nach wie vor aktuell erscheint. In seinem fragmentarischen Werk spielten medientheoretische und mediengeschichtliche Reflexionen immer wieder eine Rolle (KRAMER 2003). Eine der zentralen Einsichten in seinem Essay "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" (BENJAMIN 2010 [1936]) war die Betonung der historischen Bedingtheit des Wahrnehmungsapparats. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen technische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf Kunstformen wie Theater sowie Manifestationen in Film und Fotografie. Mit BENJAMIN gesprochen hat diese Entwicklung das Handeln im Alltag ebenso verändert wie die Wahrnehmung der Welt. Dabei lag ihm normativer Technikpessimismus fern: Zwar diagnostizierte er: "was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura"2) (S.20), ohne jedoch die Suche nach den Potenzialen dieser technischen Entwicklungen und dem Verhältnis zu Technik zu unterlassen. Für ihn eröffnete die Zertrümmerung der Aura immer auch Wahrnehmungsspielräume (KRAMER 2003, S.101). [7]
Möchte man diesen Aspekt benjaminscher kritisch-reflektierter Technikbetrachtung für die qualitative Sozialforschung fruchtbar machen, ist es zentral, darauf zu verweisen, dass für BENJAMIN die "Erschließung der Welt [...] Veränderungen [unterliegt]" (KRAMER 2003, S.86). So vermittelt etwa beim Film die technische Apparatur diese Wahrnehmung, wobei sie nur Ausschnitte präsentiert, nicht aber die Totalität der Situation transportiert (BENJAMIN 2010 [1936], S.37). KRAMER hielt hierzu fest: "Die Medien begreift er [BENJAMIN] deshalb nicht als etwas Externes, vom Menschen Abgelöstes. Vielmehr reichen sie tief in die Bewusstseinsvorgänge hinein" (2003, S.86). Die Erschließung der Welt ist insofern nicht vom historischen Stand der Technik abzutrennen. Konkret formulierte BENJAMIN dies folgendermaßen:
"Innerhalb großer geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Sinneswahrnehmung. Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt" (2010 [1936], S.18). [8]
Macht man aber genau diese Erschließung der Welt zum Gegenstand aktueller sozialwissenschaftlicher Forschung, muss auf "die Transformation des Sozialen durch digitale Technologien" (DIAZ-BONE 2021, S.3) auch methodisch reagiert werden. So wurde beispielsweise unter Bezug auf BENJAMINs Gedanken zur Fotografie hervorgehoben, dass es so etwas wie einen "Realitätseffekt des Mediums" gebe, bei dem "bislang Unzugehöriges als Zugehöriges anerkannt" werde (KRAMER 2003, S.89). Das bedeutet – übertragen auf unsere Fragestellung, dass auch bei der veränderten Kulturpraktik der audiovisuellen, plattformgestützten Kommunikation wie unter Pandemiebedingungen zunehmend zu beobachten bestimmte Aspekte hervorgehoben werden, wo andere verschwinden. Ähnlich wie beim Film wird hier nur ein Ausschnitt geteilt, der dann aber auch mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Insbesondere wenn man soziomaterielle Überlegungen ernst nimmt, werden in der Situation des Interviews auf Distanz Dinge zugehörig, die es vorher nicht waren (etwa die Bedingungen der technischen Infrastruktur). Dies hat eine veränderte Anordnung der Interaktion zur Folge, bei der auch das auratische Hier und Jetzt der Gesprächssituation beeinflusst wird. Eine Analogie bietet sich hierbei zu BENJAMINs Vergleich von Film als neuer Art des Kunstwerks und der eher traditionell verstandenen Theaterbühne an. Während die Bühne eine direkte Interaktion zwischen den Kunstschaffenden und den Rezipient*innen darstellt, wird diese im Film über eine Apparatur vermittelt. Das angesprochene "Hier und Jetzt", welches nach BENJAMIN das einmalige Dasein – die "Echtheit" – eines Kunstwerks darstellt, löst sich hierdurch auf (2010 [1936], S.13). [9]
Diese Frage nach dem Auratischen stellt sich u.E. auch bei dem durch die Apparatur vermittelten Interview. Wir beobachten, dass sich bei dem Hier und Jetzt der Situation vor allem das Hier ausdifferenziert (auch wenn das Jetzt – wie wir später sehen werden – nicht unberührt bleibt). Doch was tritt an die Stelle, wenn sich das Hier und Jetzt auflöst? Unsere Erfahrungen zeigen einerseits – bezogen auf das Hier – eine Pluralisierung der Räume und andererseits – bezogen auf das Jetzt mit der Aufzeichnung des Interviews und der Zeitverzögerung bei der Übertragung – eine asynchrone Synchronität. Beides bedeutet letztlich eine Lösung aus dem traditionellen Setting des Face-to-face-Gesprächs.
Abbildung 1: Raumdimensionen qualitativer Interviews auf Distanz [10]
Während bisweilen eine Raumlosigkeit des Hier im Kontext des virtuellen Interviews konstatiert wird, beschreiben wir dagegen die Ausdifferenzierung der Räume, konkret, eine Ausbildung unterschiedlicher Raumdimensionen (Abbildung 1): Mit Max HORKHEIMER (2011 [1937]) gehen wir davon aus, dass Tatsachen durch zwei Arten gesellschaftlich präformiert sind: durch den geschichtlichen Charakter des Gegenstands sowie durch den geschichtlichen Charakter des wahrnehmenden Organs; beide wiederum sind abhängig von der technischen und sozialen Entwicklung. Und so rückt mit der virtuellen Durchführung eines Interviews auch der technische Raum in den Blick, in dem die Kommunikation mediiert wird. Wie in jedem Interview, bei dem zwei oder mehrere Personen aufeinandertreffen gilt es einen Beziehungsraum als Grundlage der Interaktion zu entwickeln. Anknüpfungspunkt hierfür stellen die technisch vermittelten physischen Räume dar – und zwar die, in denen die jeweiligen Interviewpart*innen sitzen – die immer auch Quelle von Störungen sein können und entsprechend auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung haben. Im Folgenden möchten wir unsere praktischen Erfahrungen mit Interviews auf Distanz unter Coronabedingungen in diese konzeptionellen Überlegungen einordnen und damit den Versuch unternehmen, das qualitative Interview weiterzudenken. [11]
3. Welterschließung und Multiplizieren des Interviewraums
3.1 Technischer Raum: Infrastruktur alias Plattform
Als erste Ausdifferenzierung erachten wir den technischen Raum und die dazugehörige Infrastruktur. Ganz im Sinne BENJAMINs und HORKHEIMERs gilt es dabei, die gesellschaftlich inskribierte, vermittelnde Apparatur zu betrachten. Seit der Pandemie und dem Gebot der Kontaktvermeidung werden (Videokommunikations-) Plattformen wie Zoom, Microsoft Teams, Skype, Webex, BigBlueButton etc. verstärkt als Infrastruktur zur Datenerhebung in der qualitativen Sozialforschung genutzt3). Je nach Blickwinkel und Zugriff variiert die Bedeutung von Infrastruktur von Gruppe zu Gruppe. Nichtsdestotrotz sind Infrastrukturen die "Basis und Voraussetzung gesellschaftlichen Lebens" (SCHABACHER 2019, S.283) und bilden in unserem Fall die vermittelnde Apparatur im benjaminschen Sinne. Sie bestehen aus unterschiedlichen Entitäten technischer und/oder sozialer Natur und bilden stabile, systemische Gefüge mit wechselseitigen Abhängigkeiten. Hierbei sind sie wiederum in soziale, technische und wirtschaftliche Strukturen eingebettet, zeichnen sich durch ihre alltägliche Verfügbarkeit aus und erweitern den Geltungsbereich bzw. die Reichweite in einer räumlichen oder zeitlichen Dimension (STAR & BOWKER 2019, S.316). [12]
Die Nutzung einer Infrastruktur bedingt die Mitgliedschaft, um einen selbstverständlichen Umgang mit ihr erlernen zu können. Denn die Praxisgemeinschaften bringen Konventionen hervor, die sowohl von der Infrastruktur gestaltet als auch von der Gemeinschaft geprägt werden. Infrastrukturen sind somit sozial strukturiert und als Ergebnis sozialer Prozesse und Strukturen zu verstehen, die zugleich sozial strukturierend wirken, indem sie soziale Strukturierung hervorbringen und bedingen bzw. vorhandene soziale Strukturen festigen (BARLÖSIUS 2019, S.10). Infrastrukturen sind insofern keine neutralen Formationen, als sie Konstitutionsleistungen erbringen: "Sie erzeugen den Raum zuallererst, den sie erschließen" (SCHABACHER 2019, S.284). Eine Infrastruktur ist durch Standardisierung und Pfadabhängigkeit ihrer Entwicklung charakterisiert, aber auch durch ihre spezifische Unsichtbarkeit im Fall ihres Funktionierens – erst eine Störung macht sie sichtbar (STAR & BOWKER 2019, S.317). Zusammengenommen sind Infrastrukturen Ermöglichungsstrukturen, die zwischen sozialen Welten vermitteln, welche sonst nicht miteinander verbunden wären. Das macht sie zu "Medien par excellence" (SCHABACHER 2019, S.283), die wiederum eine bestimmte Art von Sozialität entstehen lassen (BARLÖSIUS 2019). [13]
Um allerdings in der Praxis eine Videokommunikations-Plattform nutzen zu können, muss zuerst ein Account angelegt werden. Diese Einstiegshürde ist zwar relativ niedrigschwellig, nichtsdestotrotz notwendige Bedingung, um durch die so erworbene Mitgliedschaft Zugang zu erlangen. Dabei wird die spezifische soziale Wirklichkeit der Nutzer*innen durchgängig geprägt und strukturiert, ohne dass diese Einblicke oder Zugriffsmöglichkeiten in die koordinierende Infrastruktur erhalten. Die Strukturierung des Handelns in den jeweiligen Plattformumgebungen beginnt schon mit der Erstellung des Accounts und der obligatorischen Einwilligung in die entsprechenden Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen. Der Umstand, dass mit der Nutzung einer Plattform auch deren Datenschutzbestimmungen zugestimmt werden muss, was den Plattformunternehmen erlaubt, im eigenen Ermessen Daten zu sammeln und diese unter bestimmten Bedingungen auch weiterzugeben, wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur bisher kaum thematisiert, obwohl dies mit Herausforderungen verbunden ist. [14]
So gebietet Art. 5, Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Bezug auf die Integrität und Vertraulichkeit sowie technische Sicherheit der anfallenden Daten, dass Interviews nicht über die plattformeigenen Aufzeichnungssysteme aufgenommen werden sollten. Denn einerseits ist für die Forschenden nicht abschätzbar, wer sonst noch Zugriff auf das Gesagte außerhalb der entsprechenden Forscher*innengruppe hat, im Falle einiger Plattformen ist es qua Nutzungsbedingungen durchaus erlaubt, Mitschnitte von Gesprächssequenzen ohne Kennzeichnung anzufertigen. Zudem stellt die Speicherung der anfallenden (Verbindungs-) Daten in einer (unternehmenseigenen) Cloud, deren Server sich zumeist außerhalb Europas befinden und die somit nicht unter die DSGVO fallen, generell ein Problem dar. Andererseits werden Forscher*innen durch den Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zu einem diskreten Umgang mit allen erhobenen Daten und Informationen aufgefordert. Dies liegt in diesem Fall aber außerhalb ihrer Reichweite, da die Plattformunternehmen und deren technische Infrastrukturen, wie bereits angesprochen, legal via Einwilligung alle anfallenden (Meta-) Daten sammeln, aggregieren und sie ggf. weitergeben. [15]
Problematisch dabei ist, dass personenbezogene Daten nur mit der Erlaubnis der betroffenen Person erhoben und verarbeitet werden dürfen (GEBEL et al. 2015), was auch auf die zunächst anonym erscheinenden Metadaten zutrifft, da diese ebenfalls als personenbezogene Daten gelten, selbst wenn eine Online-Kennung die namentliche Identität verbirgt4). Denn die Rekombination von Daten ergeben Muster, die während der Datenerfassung so nicht absehbar sind, wodurch die informationelle Selbstbestimmung der Interviewten gefährdet ist. In der Konsequenz bedeutet dies, dass zusätzlich zu der Einwilligungserklärung der Befragten in die Datenerhebung durch das Interview vorab auch deren Einwilligung in die Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen der jeweiligen Plattform eingeholt werden müsste, weil nur so eine vollständige informierte Einwilligung vorläge. [16]
Um vollständig auf der rechtlich sicheren Seite zu sein, muss laut Art. 35 DSGVO bei der Verwendung neuer Technologien und/oder der Erhebung von sensiblen Kategorien personenbezogener Daten (beispielsweise politische, religiöse, weltanschauliche Überzeugungen oder etwa die Gewerkschaftszugehörigkeit) – was in den Sozialwissenschaften beinahe immer der Fall ist – eine Datenschutzfolgenabschätzung durch die Forscher*innen gemeinsam mit einer*m Datenschutzbeauftragten erstellt werden, um die Risiken für die Befragten aus der Datenerhebung einschätzen zu können. Diese muss "die Zwecke und die Art und Weise der Datenverarbeitung" darstellen, "die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung bewerte[n], die Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen einschätzen sowie Abhilfemaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen beschreiben" (BÄCKER & GOLLA 2020, S.8). Die informierte Einwilligung erfolgt dann in einem Modus der erweiterten Zweckbindung. Alles in allem stellt der Schutz personenbezogener Daten insbesondere vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung Dritter (S.9) – digitaler Videokonferenzplattformen z.B. – die Forscher*innen vor eine enorme (neue) Herausforderung jenseits rein technischer Versiertheit. [17]
Neben dem infrastrukturellen Aspekt der vermittelnden Apparatur muss auch die Rezipient*innen-Perspektive in den Blick genommen werden. Vor der COVID-19-Pandemie waren digital unterstützte Meetings und Videocalls in vielen Arbeitsbereichen nach Aussagen unserer Interviewpartner*innen eher nicht die Regel und wurden mangels Notwendigkeit nicht oder nur in Notfällen eingesetzt – trotz der Aussicht auf erhebliche Einsparungen. Als jedoch im Zuge der Pandemiebekämpfung eine zunehmende Verlagerung der Arbeitstätigkeiten in die private Wohnung stattfand, rückte auch die Nutzung digitaler Meetings stärker in den Fokus und wurde für einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung überraschend schnell eine neue Normalität. Das wiederum eröffnete (bzw. bedingte) auch für videounterstützte qualitative Interviews einen neuen Möglichkeitsraum. Was BENJAMIN (2010 [1936]) für die Kunstform des Films hervorhob, nämlich, dass dessen Zeit mit der technischen Möglichkeit der Reproduktion gekommen schien, trifft u.E. ebenso auf die technische Durchführbarkeit virtueller Interviews zu. Zwar war es auch vorher schon möglich, Interviews auf Distanz zu führen, doch die Verbreitung und der Umgang mit den technischen Möglichkeiten hat an Intensität erst unter Coronabedingungen eine historische Schwelle überschritten. Das physische Distanzgebot evozierte einen Boom der Plattformunternehmen und deren Infrastruktursysteme, um sich etwa im Arbeitskontext weiterhin zu koordinieren. Technisch versiertere Personen, die neben der nötigen technischen Ausstattung Erfahrungen im Umgang mit digitalen Meetingtools aufwiesen, hatten zu Beginn einen klaren Vorteil. Digitale Kompetenz, so unsere Beobachtung, war/ist auch vorteilhaft für die Realisierung virtueller Interviews. Die Hürde für die Annahme einer solchen virtuellen Interviewanfrage sinkt womöglich, wenn genug Erfahrungswissen über das Setting in der Breite vorhanden ist. Die Tatsache, dass inzwischen wesentlich mehr Arbeitnehmer*innen mit dieser Technologie in ihrem Arbeitsalltag interagieren müssen, steigert nach unserer (nicht quantifizierbaren) Erfahrung die Zugangschancen, wenn es um die Rekrutierung von Interviewees geht. Der Pool an potenziellen Gesprächspartner*innen, die mit Videocalls vertraut sind, ist wesentlich größer, was sich letztendlich positiv auf die Datenerhebung auswirken kann. [18]
In sozialer Hinsicht ist jedoch die Nutzung digitaler Infrastrukturen zur Datenerhebung, insbesondere in Bezug auf die Beteiligung (-schancen) bzw. die Reproduktion oder Manifestation sozialer Ungleichheit, ambivalent zu bewerten. Virtuelle Interviews evozieren auch Exklusionsmechanismen, sei es beispielsweise in Bezug auf die Ausstattung mit der notwendigen Hard- und Software oder das ausreichend verfügbare Datenvolumen. So erweitert einerseits die weitverbreitete Verfügbarkeit des Internets und somit zu digitalen Plattformen im globalen Maßstab den Zugang auch zu geografisch weit verstreuten Interviewpartner*innen (ARCHIBALD et al. 2019; JANGHORBAN, ROUDSARI & TAGHIPOUR 2014). Andererseits sind bestimmte Gruppen, die über keinen Zugriff auf das Internet verfügen, also etwa rund 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung innerhalb der Europäischen Union (DESTATIS 2021; KROUWEL et al. 2019), auf diesem Wege nicht erreichbar. Das könnte aufgrund des digitalen Schubs durch die Coronapandemie zwar einige Veränderung erfahren haben. So wurde in den letzten 15 Jahren insgesamt bereits ein massiver Anstieg von Videotelefonie verzeichnet, der 2020 aufgrund der Pandemie noch einmal sprunghaft zugenommen hat (SIEGERT & NIEBUHR 2021). Allerdings gibt es zu der Frage, welche (Alters)Gruppen verstärkt/vermindert via Videokonferenzplattformen als Interviewpartner*innen gewonnen werden konnten/können noch keine validen Untersuchungen. Zwar wird immer wieder die Vermutung geäußert, dass die sogenannten digital Natives überwiegend die telemediale Übertragung von Interviewgesprächen als unproblematisch wahrnehmen (LEINHOS 2019; MISOCH 2019) und einen selbstverständlichen Umgang mit der digitalen Kommunikation über Videokonferenzplattformen praktizierten, aber auch für ältere Zielgruppen könnte – aufgrund des Digitalisierungsschubs durch die Coronapandemie und der Zugehörigkeit zu einer besonders vulnerablen Gruppe, für die die Kontaktvermeidung z.T. existenziell war/ist – die Nutzung solcher Infrastrukturen (zwingend) selbstverständlicher geworden sein. Darüber hinaus ermöglicht es die alokale Gesprächssituation, Personen einzubeziehen, die beispielsweise physisch weniger mobil oder sozial abgeschiedener leben (LEINHOS 2019, S.30). [19]
Festzuhalten bleibt, dass die meisten technischen Infrastrukturen zwar einen relativ intuitiven Zugang bieten, aber bereits die technischen Voraussetzungen mit unterschiedlich großen Hürden verbunden sind: Einerseits ist das verwendete Endgerät von Bedeutung hinsichtlich der Ausstattung mit Kamera und Mikrofon, aber auch mit aktueller Software, andererseits die Internetverbindung bzw. die verfügbare Bandbreite, deren (In-) Stabilität und die damit einhergehenden (nicht-) vorhandenen Latenzen oder Störungen der Ton- und/oder Bildqualität, die ein Interview ungleich schwieriger gestalten können als dies in Präsenz der Fall ist. Dabei wird an dieser Stelle deutlich, inwiefern auch das Jetzt von der Durchführung der Interviews betroffen ist und sich eine Art asynchrone Synchronität ausbildet. [20]
3.3 Physische und situative Beziehungsräume
Unsere Überlegungen zur Durchführbarkeit des Interviews auf Distanz erschöpfen sich jedoch nicht in denen zum technischen Raum, sondern umfassen ebenfalls den physischen Kontext. Ganz allgemein steht aufseiten der Vorteile der erleichterte Zugang zu Interviewees, verbesserte Möglichkeiten, deren zeitliche Kapazitäten zu berücksichtigen und nicht zuletzt die Einsparung von CO2. Aufgrund der steigenden Planungs- und Vorbereitungsaufwände sind die zeitlichen Einsparpotenziale der Interviewenden jedoch begrenzt, dies nicht zu berücksichtigen hieße, den Adaptionsprozess zu gefährden. Mit BENJAMIN (2010 [1936]) kann hieran anknüpfend von einem gewissen Entgegenkommen der Rezipient*innen gesprochen werden. So wie er mit der technischen Reproduzierbarkeit die vorher exklusiv zugängliche Musik des Chors in die Zimmer geholt sah (S.15), werden auch sozialwissenschaftliche Phänomene zugänglicher und es stellen sich gewisse Demokratisierungseffekte ein. Das heißt, mit der Technik ergaben sich für BENJAMIN größere "Möglichkeiten der Ausstellbarkeit" (S.28). Damit zusammen hängt der Vorteil erhöhter Flexibilität: Interviews müssen nicht mehr zu Interviewtagen bzw. -tourneen gebündelt werden, an denen mehrere Interviews beispielsweise in der gleichen Region oder Organisation geführt werden, sondern können vereinzelt je nach terminlicher Passung stattfinden. Ein eng getakteter Terminplan bei einem Interviewee heißt durch diese geringfügigen Aufwände nun nicht direkt, dass ein Interview nicht möglich ist, was vor allem hilfreich sein kann, wenn sehr spezifische Interviewees gesucht werden. [21]
Darüber hinaus – und hier sehen wir eine der größten Herausforderungen bei Interviews ohne direkte Anwesenheit – wird der Aufbau einer vertrauensbasierten Gesprächsatmosphäre maßgeblicher Bestandteil des Interviews selbst, was beispielsweise eines ausführlicheren Gesprächseinstiegs bedarf, und womöglich ist ein Gespräch auf Augenhöhe schwieriger herzustellen. Dies hängt nicht zuletzt mit der "Zertrümmerung der Aura" zusammen, die BENJAMIN (S.20) an dem Wegfall des persönlichen Kontakts festmachte. Die Vor-Ort-Interviews in der Regel vorausgehenden Smalltalks bis hin zu geführten Besichtigungstouren (bevor mit dem Starten des Aufnahmegerätes das Interview formal beginnt) erleichtern zum einen das wechselseitige Kennenlernen bzw. Einstimmen und liefern zum anderen nicht zu unterschätzende Kontextinformationen für die spätere Analyse. [22]
Obwohl durch die Nutzung von technischen Endgeräten auch das Bild zwischen den Gesprächspartner*innen übertragen wird und so auch Mimik und Gestik im Rahmen des Bildausschnittes zugänglich sind, gestaltet sich diese Interviewsituation dennoch anders als eine, bei welcher sich Interviewer*in und Interviewee in einem Raum gegenübersitzen und die gesamte Person sowie sämtliche Eindrücke vom Gegenüber wahrnehmen können. Dies bildet eine weitere Parallele zu BENJAMINs Überlegungen zum Film, bei dem keine ganzheitliche Betrachtung mehr erfolgt, sondern ein "zerstückeltes Bild" erzeugt wird (S.37). Dabei bieten sich jedoch, so unsere Erfahrung, auch neue Möglichkeiten der stärkeren Konzentration auf bestimmte andere Aspekte wie Gesichtszüge und -ausdrücke an, worauf jedoch auch die Wahrnehmung der Forschenden erst einmal eingestellt werden muss. Das heißt, dass nicht nur der Umgang mit der technischen Apparatur, sondern auch, was wie gesehen und aufgenommen werden kann, geschärft werden muss. [23]
Eine weitere Herausforderung für den Beziehungsaufbau zu Beginn des Interviews stellen potenzielle technische Störungen dar. Während die Gesprächspartner*innen bei physischer Anwesenheit Mimik und Gestik des Gegenübers auf mehreren Ebenen deuten können und sich so der Gesprächsverlauf entsprechend dynamisch gestalten lässt, kann die Situation des virtuellen Interviews durch mögliche Asynchronitäten bei der technischen Übertragung erschwert werden. Auch an dieser Stelle kann auf das von BENJAMIN hervorgehobene Jetzt verwiesen werden. Internetverbindungen können abreißen, Bildschirme einfrieren und Aussagen schwer zu verstehen sein. Wenn die Übertragung stockt und Verzögerungen entstehen oder Gesprächspartner*innen eine Denkpause einlegen, aber mit ihren Ausführungen noch nicht fertig sid und man sich deswegen ins Wort fällt, könnten Themen im Interview möglicherweise nicht ausreichend beleuchtet werden, beispielsweise, wenn die interviewte Person in ihrem Denkfluss unterbrochen wird und Bereiche vergisst, die er oder sie noch ansprechen wollte. Oder der Raum für Narrationen im Interview kann durch diese Unstimmigkeiten eingeschränkt werden, sodass relevante Aspekte nicht zur Sprache kommen. Häufen sich solche Störungen (z.B. im physischen Raum durch andere Personen, Nebenkommunikationen, Tiere etc.) und technischen Probleme, leidet die Durchführbarkeit eines Interviews, was unter Umständen auch zum Abbruch führt. Auch wenn nach unserer bisherigen Erfahrung die Bereitschaft zur Fortführung des Interviews ausgeprägt ist, bedeutet das neben der erneuten Terminfindung für die/den Interviewer*in eine intensive Vorbereitung des Wiedereinstiegs in das Interview, um bereits angesprochene Aspekte kurz rekapitulieren zu können und damit den Gesprchspartner*innen den kommunikativen Anschluss zu erleichtern. [24]
Gegen eine Überbetonung dieser Herausforderungen spricht jedoch, dass sich zum einen auch hier ein gewisser Gewöhnungseffekt und ein routinierterer Umgang einstellen könnte. Eine kurzfristig abgerissene Verbindung dürfte nur wenigen Menschen im Jahre 2021 so zu denken geben, wie dies noch 2019 der Fall gewesen sein dürfte. Zum anderen gehen steigende technische Störungsmöglichkeiten tendenziell mit sinkenden sozialen einher: Die Terminfindung bei Interviews ist flexibler geworden (s.o.), damit können Termine auch besser so geplant werden, dass ein störungsfreies Interview wahrscheinlich wird. [25]
Eine weitere technische Herausforderung für die Beteiligung an digitalen Interviews kann auch die Komplexitätssteigerung der Kommunikationssituation selbst sein. Durch Videokonferenzplattformen ist eine erweiterte Echtzeit-Interaktion möglich, da das Gegenüber nicht nur gesehen und gehört wird, sondern währenddessen auf die Chatfunktion zurückgegriffen werden und mithilfe von Links, Videos, Grafiken etc. eine multimodale Kommunikationssituation entstehen kann. Einerseits kann dies erzählgenerierende Interaktionen und Kommunikation stimulieren, andererseits aber kann nicht einfach vorausgesetzt werden, dass die technische Ausstattung sowie die Fähigkeit, mehrere Ebenen gleichzeitig zu prozessieren, vorhanden ist. [26]
Das Evozieren eines Zusammenhangs zwischen (mehr oder weniger klinischem) Interviewkontext und den Gesprächsthemen kann ebenso als eine weitere Herausforderung für Interviews identifiziert werden. So kann beispielsweise ein Interview am grünen Tisch mit Beschäftigten aus dem Produktionsbereich, die über ihre Arbeit in der Produktion sprechen sollen, als unpassend, einschüchternd und hemmend empfunden werden. Mit Corona kamen nicht nur virtuelle Formen von Interviews verstärkt zum Tragen, sondern auch (vergleichsweise) neue Themen wie z.B. Leben und Arbeit während der Pandemie oder Homeoffice. Hier wird die Herstellung eines direkten Zusammenhangs von Setting und Thema möglich. Beispielsweise haben wir bei unseren Führungskräfte-Interviews während der ersten Corona-Wellen immer wieder erlebt, dass das Setting des Gesprächs und die besonderen Umstände von den Interviewees aktiv aufgegriffen und auf ihre aktuelle Arbeitssituation übertragen wurden. [27]
Qualitative Interviews sind – ähnlich jedem Alltagsgespräch – eine soziale Interaktion, die sowohl kontext- als auch situationsgebunden ist. D.h., jedes Interview stellt eine konkrete, immer auch besondere (weil nicht exakt wiederholbare) Gesprächssituation zwischen den Beteiligten an einem (realen oder eben virtuellen) Erhebungsort mit spezifischen Rahmenbedingungen dar (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2021). Alle Gegebenheiten der Erzeugung der Daten haben auch Auswirkungen auf diese und sind für die spätere Interpretation relevant (KRUSE 2014). Die Interaktion und Atmosphäre zwischen den Beteiligten gilt als zentral (KING, HORROCKS & BROOKS 2019; MISOCH 2019). Dabei wird hervorgehoben, "dass jedes Interview in dieser Hinsicht ein Beziehungsraum zwischen dem/der Interviewenden und der Erzählperson darstellt" (KRUSE 2014, S.299). Im Vergleich von Face-to-Face-Interviews mit technisch vermittelten Interviews finden sich einige Gemeinsamkeiten in Bezug auf klassische Ungleichheitsfaktoren, aber auch einige Unterschiede hinsichtlich der je spezifischen Interaktionssituationen. [28]
Status, Auftreten und Stimme sowie Körperlichkeit, Hautfarbe, Alter und Geschlecht spielen eine zentrale Rolle bei qualitativen Interviews. Eine Besonderheit der virtuellen Interviews ist allerdings, dass die Interaktion und damit auch die mit den beteiligten Personen verbundenen Attribute vermittelt stattfinden, d.h. Technik zwischengeschaltet ist. Durch das Vorhandensein des Auditiven und Visuellen erhöht sich im Vergleich etwa zum Telefoninterview die "soziale Präsenz in der Situation" (MISOCH 2019, S.177). [29]
Nachhaltigen Einfluss auf die Interviewsituation üben höhere Statusangehörige aus. Sie werden als Akteur*innen wahrgenommen, die potenziell soziale Kontrolle ausüben, und die Interviewten tendieren dazu, eigenes non-konformes Verhalten nicht zu benennen (S.221). Der Status des Interviewenden wird dabei als dominantes Merkmal wahrgenommen, welches andere persönliche Eigenschaften der Personen in der Regel zurücktreten lässt (a.a.O.). Es wird angenommen, dass mit den virtuellen Interviews ein geringerer sozialer Druck entsteht, da die körperliche Präsenz von Universitätsangehörigen möglicherweise Druck erzeugt (S.179). Hierbei kann der virtuelle Bildausschnitt ein Faktor sein, der sich als intervenierende Variable auf die Interviewsituation bei virtuellen Interviews auswirkt. Die beteiligten Gesprächspartner*innen können ganz spezifisch ihren räumlichen Hintergrund auswählen bzw. gestalten und so den Bildausschnitt, der sichtbar ist, kontrollieren. Ob eine Person gemütlich auf der Couch sitzt und im Hintergrund noch Familienfotos zu entdecken sind oder ob sie vor einem Bücherregal sitzt, dass mit anspruchsvoller Fachliteratur gefüllt ist, kann dem jeweiligen gegenüber Unterschiedlichstes suggerieren. Während in einer physischen Interviewsituation lediglich Merkmale wie z.B. Kleidung oder Verhalten ersichtlich sind, bietet die Form des virtuellen Interviews die Möglichkeit, das sich die teilnehmenden Personen selbst inszenieren, und dieses Sich-In-Szene-Setzen kann komplementär oder konträr hinsichtlich der tatsächlichen persönlichen Merkmale ausfallen. Gleichzeitig können diese tieferen Einblicke aber auch mehr Informationen über eine Person zugänglich machen, die in einer anderen Interviewsituation nicht wahrnehmbar gewesen wären. Hier bieten sich möglicherweise neue Optionen, um Fragen zu stellen, vielleicht sogar andere Wege für den Gesprächseinstieg oder den Vertrauensaufbau zu Beginn an. Dies gilt auch, wenn ein virtueller Bildschirmhintergrund gewählt wurde, der den Blick in den Raum ersetzt. Auch hier gibt es große Differenzen: Von der Verwendung eines beispielsweise von einer Organisation mit eigener Mitgliedsrolle (dem Arbeitgeber, der Universität etc.) gestellten Hintergrund über Hintergrundfolien, die von den Kommunikationsplattformen gestellt werden (Golden Gate Bridge, Strand, Weltall etc.) bis hin zu persönlich gewählten Bildern, Emblemen, Fotos etc. sind der Gestaltung wenig Grenzen gesetzt. [30]
Zudem gibt es empirische Hinweise, dass Interviewende bei direktem Kontakt die Interviewsituation – gemessen anhand des Gesprächsanteils – stärker dominieren (KROUWEL et al. 2019). Dies ist sicherlich abhängig vom (wahrgenommen) Status des oder der Interviewten im Vergleich zu der Person, die das Interview durchführt. Dies entspricht der Annahme in der qualitativen Forschung, dass kommunikativer Sinn in der Situation hergestellt und Texte "immer auf eine Person hin produziert" werden (KRUSE 2014, S.299). Gerade durch die technisch vermittelte Interaktion stellt sich demnach die Frage von Nähe und Distanz (a.a.O., siehe auch LEINHOS 2019) in der Interviewkonstellation nochmal neu. Eine durch diese Konstellation geschaffene Distanz kann demnach die Explikation bestimmter Sachverhalte fördern, da Status und die damit verbundene Ungleichheit anders wahrgenommen wird, beispielsweise, weil Statusmerkmale wie Kleidung nicht so präsent sind. Gerade bei eher introvertierteren Personen könnte dies tatsächlich ein Vorteil gegenüber direktem Kontakt in Interviews sein (LO IACONO, SYMONDS & BROWN 2016). [31]
Andererseits wäre auch eine Einebnung von Statusdifferenzen durch diese Technik sichtbar. So sind bei Interviews in Betrieben am grünen Tisch Personengruppen wie Manager*innen, die Meetings- und – allgemeiner – Gesprächssituationen aus ihrer beruflichen Tätigkeit sehr gut kennen, deutlich im Vorteil gegenüber Personengruppen wie Arbeiter*innen, Techniker*innen etc., die solche Situationen nicht (gut) kennen und sich in der nüchternen Atmosphäre eines Meetingraumes tendenziell unwohl(er) fühlen. Neben anderen Abhilfemöglichkeiten wie gemeinsamen Arbeitsplatzbegehungen, ethnografischen Beobachtungen vor Ort oder partizipativem Vorgehen (SAUER 2017; UNGER 2014) könnten auch virtuelle Interviews Abhilfe schaffen: in einer gewohnten Umgebung irritieren virtuell anwesende Interviewpartner*innen ggf. nicht so stark, wie es die Situation im Meetingraum würde. [32]
Der Effekt von Alter zeigte sich im konservativeren Antwortverhalten bei älteren Interviewenden (MISOCH 2019, S.217). Im Rahmen von Untersuchungen in den USA wurde beobachtet, dass Antworten je nach interviewender Person variierten (ANDERSON, SILVER & ABRAMSON 1988). Dies schien sich gerade bei einkommensschwächeren und bildungsferneren Personen zu finden (HATCHETT & SCHUMAN 1975), sodass sich gesellschaftliche Ungleichheiten und deren Effekte auch in der Interviewkonstellation ausdrückten. So wirkt sich auch die wahrgenommene Attraktivität von Personen auf die Herstellung der Interviewbeziehung aus. Dies hat nicht zuletzt dazu geführt, dass teilweise versucht wurde, Homogenität der Interviewsituation zu erzeugen und Ungleichheiten damit aufzulösen (MISOCH 2019, S.216). [33]
Was dies im Kontext von virtuellen Interviews bedeutet, gilt als eine zentrale Frage der Kommunikationswissenschaften: Wie verändert sich Kommunikation, wenn sich Medialität ändert? Schließlich verändern sich die Bedingungen, unter denen Daten produziert werden, grundlegend. Es stellt sich die Frage, ob man hinsichtlich der Daten etwas verliert, wenn der gemeinsame Raum und die kopräsenten Körper mit ihrer Leiblichkeit keine Rolle mehr spielen. Teilweise wurde in dieser Hinsicht von einer Demokratisierung der Interviewsituation gesprochen (LO IACONO et al. 2016). Dabei ist nicht ganz ersichtlich, worin sich diese Art von Interviewführung von Telefoninterviews unterscheidet und ob aufgrund des Fehlens wahrnehmbarer Attribute5) – auch bei einem Interview, bei dem die Kamera eingeschaltet ist – sich in der Interviewsituation Ungleichheitseffekte möglicherweise verstärken. Denn gerade die Beschränktheit des Wahrnehmbaren (die Videokachel mit Fokus auf das Gesicht) in der Herstellung der Gesprächssituation sowie in der Verortung der jeweiligen Gesprächsperson rückt dann beispielsweise den Klang und die Intonation in den Vordergrund. Sie sind verantwortlich für wahrgenommene Sympathien und Antipathien in einem Interviewgespräch (HESSE-BIBER & GRIFFIN 2013; MISOCH 2019, S.220). Bei virtuellen Interviews im Vergleich zu Telefoninterviews kommt, wenn die Kamera angeschaltet ist, die Mimik und Körpersprache bzw. der sichtbare Teil des Körpers hinzu. Die stärkere Konzentration auf das Gesicht bzw. auf die sichtbaren Bereiche steigert deren Bedeutung. Allerdings kann es technikbedingt auch zu Fehleinschätzungen bei Gestik und Mimik kommen. Die Position der Kamera, die auf die Gesprächspersonen gerichtet ist, kann etwa den Eindruck verzerren, oder Verzögerungen in der Übertragung führen zu Missverständnissen. Die Frage ist somit, womit der Großteil des Verschwindens der Körpersprache kompensiert wird. [34]
Wie bereits deutlich wurde, modifiziert sich die soziale Wirklichkeit der Gesprächspartner*innen, wenn sich die Bedingungen, unter denen die Interviewdaten produziert werden, verändern. Die Frage nach den Auswirkungen einer zunehmenden Mediatisierung spiegelt sich bereits in dem Anfangspunkt eines qualitativen Interviewsettings wider, da dieses nicht eins zu eins in den virtuellen Raum übertragen werden kann. Bereits in der Ankunftssituation wird Raum gestaltet. Bei Videokonferenzplattformen fehlt jedoch diese Möglichkeit, einen gemeinsamen Raum zu kreieren, wie es in leiblicher Kopräsenz möglich ist. Nichtsdestotrotz werden informelle Äquivalente geschaffen, selbst wenn es nur das Vorgespräch über den störungsfreien oder -behafteten Einsatz der jeweils verwendeten technischen Tools oder die Verortung der konkreten Aufenthaltsorte der Interviewpartner*innen ist. Dadurch findet eine Rahmung statt, die auch technisch weniger versierte Menschen durch die Herstellung einer Gesprächsbeziehung und eines gemeinsamen Interviewraumes in die digitale Interviewsituation miteinbezieht. [35]
Darüber hinaus kann das Gespräch in einer unangenehmen Situation von beiden Seiten mit nur einem Knopfdruck, möglicherweise auch unter dem Vorwand der störungsanfälligen oder nicht funktionierenden Technik, beendet werden. Zumeist betonten interviewte Personen jedoch in Bezug auf den zentralen Aspekt des Rapports die Möglichkeit, interpersonalen Kontakt herzustellen (ARCHIBALD et al. 2019). Im Vergleich zum direkten Kontakt wurde die technisch vermittelte Interaktion sogar als auflockernd bzw. als für Herstellung von Rapport förderlich beschrieben: "the experience of overcoming initial technical difficulties may have facilitated rapport building via collaborative problem-solving and by lengthening the initial 'bonding' period between researcher and participant" (S.5). [36]
Eine weitere Problematik besteht, wenn es den Interviewten peinlich ist, dass nicht nur ihre Stimme aufgenommen, sondern tatsächlich ein Video erstellt wird, dass es Personen bisweilen unangenehm ist, sich selbst zu sehen (DEAKIN & WAKEFIELD 2014; LEINHOS 2019). Gerade das muss aber in diesem Kontext expliziert werden, da es im Vergleich zum Aufnahmegerät, dass oftmals offen auf dem Tisch liegt, weniger offensichtlich ist (DEAKIN & WAKEFIELD 2014). Auch die Tatsache, dass Personen sich nicht in die Augen schauen können, ändert die Interaktionskonstellation grundsätzlich, da dadurch die Vertrauensbildung zwischen den beteiligten Personen deutlich erschwert wird (LO IACONO et al. 2016). Der fehlende direkte Blickkontakt wird bisweilen aber auch als positiv betrachtet, weil das Ausbleiben körperlicher Reaktionen das Sprechen über sensible Themen erleichtert: "Das 'distanzierte' Setting führt dazu, dass die Situation anders als im konkreten, physischen Beisammensitzen weniger kontrolliert erscheint und dadurch eine stärkere erzählerische Öffnung möglich wird" (LEINHOS 2019, S.37). [37]
Besonders problematisch auch in Bezug auf die Interviewsituation ist der rechtliche Aspekt – und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen arbeiten viele Videokonferenzsysteme cloudbasiert und die Server stehen zumeist an Orten, die datenschutzrechtlich nicht mit der DSGVO vereinbar sind. Dies kann Konsequenzen für sensibles Interviewmaterial haben (LO IACONO et al. 2016), etwa wenn man sich bemüht, bestimmte Trigger-Wörter wie Terrorismus zu vermeiden, da sonst durch die Nennung kritischer Begriffe aufgrund der Nutzungsbedingungen die Gesprächssituation durch Dritte mit aufgezeichnet werden könnte. Zum anderen muss den Zusagen von Anonymität von Interviewees vertraut werden: nicht nur die Interviewenden, sondern auch unsichtbare Dritte sind möglicherweise Teil der Situation (LOBE, MORGAN & HOFFMAN 2020). Dies kann dazu führen, dass Interviewsituationen verzerrt werden, da, mit FOUCAULT (2013 [1975], 2016 [2003]) gesprochen, bereits das Wissen, überwacht zu werden, zu einer Verhaltensveränderung führen kann, was wiederum einen eigenen Intervieweffekt auslösen und bei der Auswertung Schwierigkeiten bereiten könnte, da das digitale Panoptikum bereits internalisiert wurde. Allerdings ergaben laut MISOCH einige Untersuchungen (z.B. LO IACONO et al. 2016), "dass die Bereitschaft, selbstoffenbarendes Verhalten zu zeigen, bei computermediierter audiovisueller und symmetrischer Kommunikation höher ist, als dies face-to-face der Fall ist" (MISOCH 2019, S.183). Auch hier zeigt sich, dass die Sachlage nicht eindeutig negativ ist, sondern in einem Spannungsfeld liegt, das verschiedenen Einflüssen unterworfen ist und bearbeitet werden kann, beispielsweise bei der Frage nach der zu wählenden Videokonferenzsoftware – eine sowohl aus technischer, sozialer und rechtlicher Hinsicht sehr relevante. [38]
Das klassische Verständnis von Interviews setzt Interaktion, also Kommunikation direkt Anwesender voraus. Aufgrund zunehmender technischer Möglichkeiten ebenso wie forschungspolitischen Herausforderungen (STUHT 2016) sind verschiedene mobile Methoden der Datengewinnung inklusive potenzieller Chancen und Risiken jedoch seit langem im Gespräch (KAUFMANN & PEIL 2020; OPDENAKKER 2006). Die Debatte zu einer "(neuen) Unübersichtlichkeit" (REICHERTZ 2019, §4) qualitativer Methoden und die Reflexivität in der Anwendung führten sowohl zu einer Freisetzung, da hierdurch "die Suche nach neuen Wegen und Prozeduren eröffnet und zugleich die Konzeptionierung neuer Methodologien ermöglicht [wurde]" (REICHERTZ 2000, §37), als auch zu Verunsicherung, da bisher geltende Standards zusehends hinterfragt wurden. Positiv gewendet kann man davon ausgehen, dass dies die "Debatte darüber, was qualitative/interpretative Sozialforschung ausmacht, welche Methoden erlaubt oder zielführend sind, deutlich belebt [hat]" (REICHERTZ 2019, §8). Die Covid-19-Pandemie kann daher für diese Diskussion nicht als Auslöser, sondern vielmehr als Katalysator gesehen werden. Es stellten sich Fragen nach dem Zugang zu Interviewees und der Durchführung von Interviews mit neuer Dringlichkeit. Zunehmende technische Möglichkeiten trafen auf einen sprunghaft gestiegenen Bedarf – wobei fraglich erscheint, ob der Bedarf bei abflauender Pandemie zurückgeht. Dagegen könnte sprechen, dass sich die befürchteten Nachteile solcher Interviews als übertrieben herausstellen oder dass die Vorteile zu stark überwiegen und diese deshalb – mehr oder weniger freiwillig – auch in Zukunft genutzt werden. Darüber hinaus kann von einer neuen Normalität auch aufseiten (potenzieller) Interviewees ausgegangen werden. [39]
REICHERTZ (2021) zeichnete ein sehr pessimistisches Bild der Zukunft der qualitativen Forschung, insbesondere in Bezug auf das Einwerben von Forschungsgeldern. Hygienevorgaben wie jüngst in der Pandemie und ressourcentechnische Gründe lassen qualitatives Vorgehen äußerst begründungswürdig erscheinen. Kritisiert werden die Methoden und Instrumente, die vermeintlich immer weniger mit den sich veränderten sozialen Situationen Schritt halten könnten. Mit unserer Reflexion sollte diese Diagnose adressiert und kritisch geprüft werden. Ohne die mit der Pandemie und deren Folgen einhergehende Probleme zu negieren, konnten wir mit der vorliegenden Reflexion eigener Erfahrungen vor dem Hintergrund konzeptioneller Überlegungen der technischen Durchführbarkeit von Interviews aufzeigen, dass es durchaus Ansätze gibt, sich der aktuellen Herausforderungen anzunehmen. Insbesondere unter Bezugnahme auf den Gedanken BENJAMINs (2010 [1936]), die historische Bedingtheit der Welterschließung, erscheint es nahezu geboten, darauf auch in methodischer Weise zu reagieren. Die größere Verbreitung und der zunehmend geübte Umgang mit Videotelefonie unterstreicht die historisch höhere Intensität der Nutzung und der Notwendigkeit dies zu diskutieren. Ganz so hat es BENJAMIN auch in Bezug auf den Film festgehalten: "Die Geschichte jeder Kunstform hat kritische Zeiten, in denen diese Form auf Effekte hindrängt, die sich zwanglos erst bei einem veränderten technischen Standard, d.h. in einer neuen Kunstform ergeben können" (S.63). Diese kritischen Zeiten scheinen mit Blick auf die technische Durchführbarkeit auch für das qualitative Interview gekommen. Mit BENJAMIN lässt sich auch für die Interviewsituation eine "Zertrümmerung der Aura" (S.20) und die Auflösung des Hier und Jetzt behaupten, an deren Stelle eine Pluralisierung der Räume und eine asynchrone Synchronität tritt. [40]
Dabei ist insbesondere das Vermittelnde der zwischengeschalteten Apparatur ein wesentlicher Bezugspunkt der Überlegungen. Dementsprechend hielt BENJAMIN mit Blick auf den Raum im Kontext der Apparatur fest: "So wird handgreiflich, daß es eine andere Natur ist, die zu der Kamera als die zum Auge spricht. Anders vor allem dadurch, daß an die Stelle eines vom Menschen mit Bewußtsein durchwirkten Raums ein unbewußt durchwirkter tritt" (S.61). Auch bei dem Interview lässt sich das Verlorengehen des Auratischen konstatieren – mit der Folge, dass Räume anders "durchwirkt" werden. Mit der Reflexion eigener Erfahrungen virtueller Interviewführung und dieser konzeptionellen Überlegungen lässt sich behaupten, dass sich Suchprozesse bei den Forschenden ausbilden. Gesucht wird nach neuen Ritualen und man geht der Frage nach, ob am Ende dieses Prozesses eine neue Echtheit stehen kann. Was derzeit noch als unbewusst durchdrungen ist, muss aber bei einer qualitativen Sozialforschung systematisch entwickelt werden. Dabei soll unser Beitrag helfen, indem die Ambivalenz der Situation und Suchprozesse aufgezeigt werden. Die durch Corona induzierte Ausbreitung der Videotelefonie leitet eine Umbruchsphase ein, an deren Ende sicherlich nicht die Ersetzung des qualitativen Interviews vor Ort stehen, das virtuelle Interview aber seinen Platz finden wird. Mit dem Beitrag möchten wir also das Weiterdenken des qualitativen Interviews anstoßen und dazu anregen, über die gezeigten Suchprozesse eine neue Bewusstheit herzustellen und so eine neue Dichte zu erzeugen. Dass dies nicht zwangsläufig geschieht, kann nochmals mit Verweis auf BENJAMIN verdeutlich werden: die "Chockwirkung" (S.71) der neuen Technik beeinflusst die Wahrnehmungsweise der Rezipient*innen. Diese bewegt sich allerdings im Spannungsverhältnis von "gestiegener Geistesgegenwart" und "zerstreute[r] Aufmerksamkeit" (S.67). Gerade im Sinne der Weiterentwicklung des qualitativen Interviews muss auf ersteres hingearbeitet werden, sodass verlorene Atmosphäre mit dem Fokus auf andere Aspekte ausgeglichen werden kann. [41]
Unsere Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass dies bisweilen bewusst oder unbewusst unternommen wird. Das bedeutet, dass sich die soziologische qualitative Forschung in einem großen Maß agil zeigt und fähig ist, sich an entsprechende Umstände anzupassen. Auf die sich verändernden Kontexte unternehmen qualitative Forscher*innen Versuche, die Probleme zu bearbeiten und die eigene Position im wissenschaftlichen Betrieb zu behaupten. In unserem Beitrag konnten wir Ähnlichkeiten aufzeigen, die einen Adaptionsprozess qualitativer Forschung verdeutlichen. Dies zeigt nicht zuletzt die Anpassungsfähigkeit, die qualitativ Forschende seit jeher an den Tag gelegt haben. So hat sich historisch eine Ausdifferenzierung eingestellt, mit der immer wieder auf veränderte Herausforderungen, Kritik und neuen technischen Möglichkeiten reagiert wurde. Dass sich Anpassung vollzieht oder vollziehen muss, ist nicht erst eine Frage seit der Coronapandemie, sondern war schon immer eine Mischung aus situativen Bedingungen vor Ort, veränderten Praktiken, Bewusstsein von und in Kommunikation sowie technischen Möglichkeiten. Das Beispiel Telefon zeigt dies recht deutlich: Konnte sich am Anfang noch niemand vorstellen, darüber zu kommunizieren, hat sich über die Jahre eine Gewöhnung eingestellt, und es hat seine Rolle auch in der Forschung gefunden. Das bedeutet, dass das für das qualitative Interview notwendige Vertrauen durch die Vertrautheit mit Technik begünstigt werden kann. Die Konventionen der jeweiligen Kommunikation werden über die Zeit erlernt und können dementsprechend auch in die Methodologie integriert werden. Dies ist gerade auch bei qualitativen Interviews notwendig, da diese letztlich an die kommunikativ gebundene Situation angepasst werden müssen. [42]
Es findet – vielleicht analog zur ständigen Sprachentwicklung, bei der laufend etwas hinzukommt, wegfällt oder verändert wird – eine soziale Veränderung der Kommunikation statt, die auch qualitative Forscher*innen berücksichtigen müssen, um anschlussfähig an soziale Prozesse zu bleiben. Dies kann allerdings nur dann gelingen, wenn der agile Adaptionsprozess ernst genommen und methodologisch begründet vollzogen wird. Auch hier gilt: "Nur wenn die Standards wissenschaftlicher Güteprüfung in der qualitativen Forschung fest etabliert und auch weiter ausdifferenziert werden, hat dieses Forschungsprogramm unter den aktuellen Bedingungen eine Chance, auf dem Markt zu bleiben und dort zu bestehen" (REICHERTZ 2000, §75). Es kann also bei der Anwendung nicht um einen durch einen Innovationsimperativ ausgelösten Selbstzweck gehen (REICHERTZ 2019). Erfolgreich ist man vor allem dann, wenn der Adaptionsprozess situations- und kontextspezifisch erfolgt (ähnlich wie REICHERTZ zur qualitativen Forschung als "Kunstlehre" [§15] ausführte). Die Herausforderung der Pandemie für qualitative Interviews liegt daher nicht im Einsatz neuartiger technischer Vermittlung begründet, sondern (höchstens) in ihrem disruptiven Einsatz. Nicht gelingen werden die Adaptionsprozesse – und das wird in diesem Zusammenhang nicht selten diskutiert –, wenn der Einsatz vor allem als Ressourcensparprogramm genutzt und als reine Flexibilisierung des Forschungsprozesses begriffen wird, bei dem unter Effizienzgesichtspunkten das Doppelte an Material in der Hälfte der Zeit erhoben werden kann. Adaptionsprozesse dürfen somit weder mit einseitigem Bezug auf Ressourcenfragen noch als einseitig von Anforderungen des Feldes oder der (ggf. veralteten) Lehrbücher aus gedacht, sondern feldspezifische und methodologische Lösungsmöglichkeiten müssen agil miteinander verbunden werden. Gerade der Adaptionsprozess und die Reflexion der neuen Wege des qualitativen Interviews hilft, dass qualitativen Forschung auf der Höhe der Zeit bleibt und ihre Position gestärkt wird. Es zeigt aber auch, wo auf jeden Fall noch Probleme bestehen und dass es noch einiger Nachholprozesse bedarf. Zudem wird deutlich, dass Dinge gegebenenfalls als Defizit angenommen werden, die methodologisch reflektiert integriert werden können. Neben die Analyse des Feldes und der Zugangsmöglichkeiten zu diesem sowie die methodologische Reflexion muss der Bezug auf soziale Ungleichheit treten. Agile Änderungen und Adaptionen dürfen nicht zu erschwerten Zugangs- und Kommunikationsmöglichkeiten insbesondere mit und für sozial Benachteiligte oder gar zu deren Ausschluss führen. Dies betrifft beispielsweise sozial ungleiche Zugriffsmöglichkeiten auf technische Infrastrukturen (Ressourcen) und Technik-Kompetenzen ebenso wie den wechselseitigen Umgang mit technisch vermittelter Interaktion und fehlenden, eingeschränkten oder zeitlich verzögerten Informationen beispielsweise durch Mimik und Gestik. Und dies aufzuzeigen, hat die Coronapandemie sicherlich ihren Anteil. [43]
In diesem Artikel reflektieren wir Forschung, die im Rahmen unterschiedlicher Projekte von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG), der Industriegewerkschaft Metall, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF) gefördert wurde. Wir danken den Förderträgern und zudem den FQS-Debattenherausgeber*innen sowie den Teilnehmer*innen des Workshops "COVID and What Next? Methodological Implications for Digitalization Research in Rural-Peripheral Areas" des gemeinsamen Soziologiekongress der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Soziologie 2021 für hilfreiches Feedback zu vorherigen Versionen des Textes.
1) Der Beitrag entstand im Rahmen folgender Forschungsprojekte: DFG-Schwerpunktprogramm 2267 "Digitalisierung der Arbeitswelten", gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Projektnummer 442171541, BMBF-gefördertes Verbundprojekt "Menschorientierte Gestaltung komplexer System of Systems", Förderkennzeichen 02J19B103, BMBF-gefördertes Verbundprojekt "Gute Agile Projektarbeit in der digitalisierten Welt", Förderkennzeichen 02L15A300. <zurück>
2) "Aura" in benjaminscher Lesart rekurriert auf die Verquickung von Beobachter*innenposition mit der Erfahrungsform sowie der Durchdringung von Nähe und Ferne (SCHÖTTKER 2007, S.138). <zurück>
3) Videokommunikations-Plattformen werden in der sozialwissenschaftlichen Diskussion zumeist als Werkzeuge, sog. Tools betrachtet. Im Unterschied zu dem vieldiskutierten Phänomen der Plattformarbeit, die nur vermittels der digitalen Infrastruktur-Architekturen möglich ist (HUWS 2016; HUWS & FRAPPORTI 2021), werden die Videokommunikations-Plattformen nicht als Infrastruktursysteme wahrgenommen. Die vermeintliche Neutralität, die ihnen dadurch zugeschrieben wird, verdeckt den Zusammenhang der gesamtgesellschaftlichen Plattformisierung, verstanden als Prozess der Verbreitung digitaler Technologien in allen Lebensbereichen und Kontrolle weniger Konzerne über einen großen Teil dieser Infrastrukturen (ALTENRIED 2021, S.56). <zurück>
4) Darunter fällt auch beispielsweise eine dynamische IP-Adresse nach Artikel 4, Nr. 1 DSGVO. <zurück>
5) Z.B. ein unkenntlich gemachter physischer Raum oder der Körper, der mit Mimik und Gestik auch etwas über die emotionalen Zustände der interviewten Person während der Erzählsituation verrät. <zurück>
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Dr. Manuel NICKLICH ist seit 2018 Postdoc am Lehrstuhl Soziologie (Schwerpunkt Technik – Arbeit – Gesellschaft) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Schwerpunkt seiner Forschung sind Fragestellungen an der Schnittstelle organisationstheoretischer und arbeitssoziologischer insbesondere im Bereich industrieller Beziehungen, Organisation und Regulation von Arbeit sowie berufliche Ausbildung.
Kontakt:
Manuel Nicklich
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Soziologie
Nuremberg Campus of Technology der FAU
Fürther Straße 246c
90429 Nürnberg
E-Mail: manuel.nicklich@fau.de
Dr. Silke RÖBENACK ist Diplom-Soziologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Technik – Arbeit – Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre bisherigen Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind industrielle Beziehungen, Biografieforschung, Kultursoziologie, Arbeits-, Industrie- und Organisationssoziologie.
Kontakt:
Silke Röbenack
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Soziologie
Nuremberg Campus of Technology der FAU
Fürther Straße 246c
90429 Nürnberg
E-Mail: silke.roebenack@fau.de
Dr. Stefan SAUER ist Diplom-Soziologe und Akademischer Rat am Lehrstuhl für Soziologie mit den Schwerpunkten Technik – Arbeit – Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Arbeits- und Industriesoziologie, den Gender Studies, partizipativen Methoden und der Kritischen Theorie.
Kontakt:
Stefan Sauer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Soziologie
Nuremberg Campus of Technology der FAU
Fürther Straße 246c
90429 Nürnberg
E-Mail: stefan.sauer@fau.de
M.A. Jasmin SCHREYER ist seit 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie mit den Schwerpunkten Technik – Arbeit – Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen an der Schnittstelle der Technik-, Arbeits- und Industriesoziologie, Gender Studies, Kultursoziologie und soziologische Theorie.
Kontakt:
Jasmin Schreyer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Soziologie
Nuremberg Campus of Technology der FAU
Fürther Straße 246c
90429 Nürnberg
E-Mail: jasmin.schreyer@fau.de
M.A. AMELIE TIHLARIK ist seit 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie mit den Schwerpunkten Technik – Arbeit – Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie beschäftigt sich insbesondere mit den Forschungsschwerpunkten Agilität, Transformation der Arbeitsorganisation, künstliche Intelligenz und Gender Studies.
Kontakt:
Amelie Tihlarik
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Institut für Soziologie
Nuremberg Campus of Technology der FAU
Fürther Straße 246c
90429 Nürnberg
E-Mail: amelie.tihlarik@fau.de
Nicklich, Manuel; Röbenack, Silke; Sauer, Stefan; Schreyer, Jasmin & Tihlarik, Amelie (2023). Qualitative Sozialforschung auf Distanz. Das Interview im Zeitalter seiner virtuellen Durchführbarkeit [43 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 24(1), Art. 15, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-24.1.4010.