Volume 24, No. 2, Art. 8 – Mai 2023
Digitale Artefakte in der Situation: Impulse situationsanalytisch ausgerichteter Arbeiten zum Status von Materialität
Michi S. Fujii, Konstantin Rink & Joshua Weber
Zusammenfassung: Ausgehend von unseren drei ethnografischen Dissertationsprojekten untersuchen wir in diesem Beitrag, inwiefern die Situationsanalyse einen geeigneten Zugang zur Analyse der Materialität digitaler Artefakte bieten kann. So zeigt es sich als eine grundsätzliche Herausforderung in dem der Situationsanalyse zugrundeliegenden methodologischen Anspruch, das Nicht-Menschliche über die Mapping-Verfahren angemessen zu berücksichtigen. Wir unternahmen vor diesem Hintergrund den Versuch, die Verfahren der Situationsanalyse zur Erforschung der Materialität digitaler Artefakte zu erweitern.
Keywords: Situationsanalyse; Materialität; digitale Artefakte; Ethnografie; Praxistheorie; Grenzobjekt; Artefaktanalyse
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: "Taking the nonhuman explicitly into account"
2. Zum Status digitaler Artefakte in Situationen
3. Arbeiten mit der Situationsanalyse zu digitalen Artefakten
3.1 Arbeiten mit Maps: Situations-Maps
3.1.1 Praxeologische Erweiterungen der Situations-Map
3.1.2 Boundary infrastructure und Situations-Mapping
3.2 Arbeiten mit Maps: Maps sozialer Welten/Arenen
3.2.1 Boundary objects und soziale Welten-Maps
3.2.2 Boundary infrastructure und soziale Welten-Maps
3.3 Arbeiten mit Maps: Positions-Maps
4. Ausblick: materialitätssensible Impulse zur Erweiterung der Situationsanalyse
1. Einleitung: "Taking the nonhuman explicitly into account"
Es ist von grundsätzlichem Forschungsinteresse, welche sozialen Bedeutungen digitale Artefakte und mit ihnen verbundene Mediatisierungsprozesse für das menschliche Zusammenleben einnehmen (HOFFMANN 2017). Digitale Artefakte (Smartphones, Apps, Computerprogramme, Telekommunikationsnetze etc.) sind als unter dem Einfluss von Menschen geschaffene Materialitäten längst selbstverständlicher Bestandteil des Alltags und durchdringen diesen als ein "Mittel einer algorithmisierten Wirklichkeitskonstruktion" (HEPP 2016, S.230). Sie präfigurieren aus ihrer materiellen Beschaffenheit heraus soziales Handeln, ohne dieses zu determinieren. Insofern weisen digitale Artefakte eine gewisse Handlungsträgerschaft bzw. Selbsttätigkeit auf und wirken an der Hervorbringung des Sozialen als Sinn- und Ordnungszusammenhang des gesellschaftlichen Zusammenlebens mit (RAMMERT & SCHULZ-SCHAEFFER 2019). [1]
In verschiedenen Techniksoziologien (RAMMERT 2016; SCHUBERT & SCHULZ-SCHAEFFER 2019) werden seit einigen Jahren verstärkt Konzepte diskutiert, um die (materielle) Widerständigkeit und Eigendynamik sowie gleichzeitig die kreative und situative Nutzung von (digitalen) Artefakten zu erfassen. Hieran wurde durch Adele CLARKE (2012 [2005]) über die Situationsanalyse angeknüpft, in welcher sich – ganz im Sinne eines neuen Materialismus (HARAWAY 1991) – diese theoretische Ausrichtung niederschlägt. "[T]aking the nonhuman explicity into account" (CLARKE, FRIESE & WASHBURN 2018, S.2) lautet der formulierte Anspruch. Beeinflusst von Arbeiten aus den Science and Technology Studies markierte CLARKE die Berücksichtigung des Nicht-Menschlichen als eine der neuen Wurzeln der Grounded-Theory-Methodologie (GTM) (STRAUSS & CORBIN 1990) der zweiten Generation. So wurde der Situationsanalyse ein ko-konstitutives Verständnis des Menschlichen und Nicht-Menschlichen zugrunde gelegt, welches in der Situation als Analyseeinheit in den Blick genommen werden kann: "Nonhuman actants structurally condition the interactions within the situation through their specific material properties and requirements and through our engagements with them. Their agency is everywhere" (CLARKE et al. 2018, S.91). Die Materialität wurde hier relational gefasst, indem diese nicht aus sich heraus gegeben ist, sondern erst durch ihre soziale Situiertheit konstituiert wird. [2]
Empfohlen wurde für die Situationsanalyse, jede der drei kartografischen Techniken der Maps (Situations-Maps, Maps sozialer Welten/Arenen, Positions-Maps) zur systematischen Analyse von Forschungsdaten zu berücksichtigen und deren Eignung zu erproben: "all three maps are necessary" (S.361). Ausgehend davon stellt sich uns die Frage, wie sich der Stellenwert von Materialität – insbesondere digitaler Artefakte – in der Arbeit mit der Situationsanalyse angemessen berücksichtigen lässt. Das heißt: Welche Rolle kann Materialität in der Methodologie der Untersuchungen der sozialen Welten und Arenen spielen? Wie lässt sich diese in den Maps abbilden? Wo liegen die Grenzen davon? In unserem Beitrag wollen wir dieses Feld bearbeiten, indem entlang der Erkenntnisinteressen und Methodologien aus drei Dissertationsprojekten der Status von digitalen Artefakten in theoretischen und forschungspraktischen Bezug zur Methodologie der Situationsanalyse gesetzt wird. [3]
Es wird dazu in Abschnitt 2 die Bedeutung von (digitalen) Artefakten und deren Stellenwert in der Situationsanalyse dargelegt. Anschließend präsentieren wir in Abschnitt 3 unsere Arbeitsweisen mit den unterschiedlichen Maps der Situationsanalyse. Dabei arbeiten wir heraus, inwiefern die bisherigen Methodenvorschläge zur Arbeit mit (digitalen) Artefakten geeignet sind und welche Erweiterungen sich dazu anbieten. In Abschnitt 4 resümieren wir ausgehend von unseren Arbeiten mit den Maps die zentralen Erkenntnisse in einem Ausblick. [4]
2. Zum Status digitaler Artefakte in Situationen
Digitale Artefakte werden im vorliegenden Beitrag als durch menschliche Aktivitäten geschaffene Materialitäten verstanden. Sie sind von Gegenständen (bzw. Dingen) abzugrenzen, denn sie bilden
"aufgrund ihrer spezifischen Konstitution durch menschliche Eingriffe eine untrennbare Einheit mit Verhaltensweisen, mit individuellen oder sozialen Handlungen, aber auch mit dem spezifischen Denken, das im Zuge der Herstellung oder durch die Gegenstände angeregt und modifiziert wird, mit dem Wissen und den Kompetenzen, die im Umgang mit ihnen entwickelt oder angewandt werden, aber auch mit den Verweisen, die in ihnen zum Ausdruck gebracht werden" (LUEGER & FROSCHAUER 2018, S.11). [5]
Das heißt, digitalen Artefakten ist zwangsläufig eine soziale Dimension immanent. Ihre Materialität ist keine stoffliche Eigenschaft, die an sich bestünde, sondern in der Verschränkung mit der menschlichen Existenz als sozio-materiell zu verstehen (KALTHOFF, CRESS & RÖHL 2016). Aus einer informationstechnisch orientierten Perspektive vollziehen digitale Artefakte (gegenüber analogen) auf Grundlage von operationalisierten Rechenleistungen die Datenverarbeitung und -präsentation aktiv und selbsttätig1) (BÜCHING, WALTER-HERRMANN & SCHELHOWE 2014). Dabei stellen digitale Artefakte aufgrund ihrer zunehmenden Omnipräsenz "Umwelten" (GÖTTLICH 2010, S.29) für menschliche Aktivitäten dar. Sie präfigurieren die Praxis, indem sie gewisse menschliche Aktivitäten konstituieren, erleichtern, nahelegen, stören oder gar einschränken bzw. verhindern. Die Bedeutung digitaler Artefakte ist aus einem performatorischen Verständnis heraus allerdings nicht a priori gegeben, sondern entfaltet sich aufgrund ihrer potenziellen Mehrdeutigkeit in praktischen Vollzugs- bzw. Gebrauchsmomenten (RABENSTEIN 2018). Das heißt, welche "affordances" (GIBSON 1977, S.67) von digitalen Artefakten aufgerufen werden, ist nicht zuvor festlegt, sondern eine empirisch zu klärende Frage (KALTHOFF et al. 2016). So stellt (digitale) Technik in den Worten von Karl HÖRNING "eine Kontingenzformel dar, die Technik als Produzent und Provokateur von Unbestimmtheiten erfasst, wie sie ständig in komplizierten Handlungssituationen ihr Wirken entfalten und praktisch bewältigt werden müssen" (2005, S.308). [6]
Aus unserer Perspektive tragen digitale Artefakte nicht aus sich selbst heraus, sondern stets nur im Zusammenspiel mit weiteren Akteur*innen zur Identifikation und Verwirklichung des sozialen Geschehens bei (BOLLIG, KELLE & SEEHAUS 2012). Wir nehmen damit eine Abgrenzung gegenüber dem Symmetrie-Postulat der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) Bruno LATOURs (2008 [1991]) vor. Gemäß diesem werden Objekte und Akteur*innen ontologisch als gleichrangig in sozialen Situationen betrachtet (SCHMIDT, 2017).2) [7]
Diese Überlegungen wurden auch in der Situationsanalyse nach CLARKE et al. (2018) berücksichtigt, womit die Situationen und ihre Materialitäten zum Untersuchungsgegenstand erhoben werden. Mit Bezug auf LATOURs (2008 [1991]) Konzept der Aktanten prägen nach CLARKE (2012 [2005]) Objekte die Interaktionen in Situationen durch ihre spezifische materielle Beschaffenheit. Dabei sind Objekte und Menschen in ihrem sozialen Status ebenfalls in Abgrenzung zur ANT nicht gleichrangig, wenngleich diese Ausführungen unterbestimmt blieben: "To us, the agencies of nonhuman actants may differ from those of humans in ways we will not attempt to specify here" (CLARKE et al. 2018, S.88). [8]
Die konzeptionelle Rahmung der Situation und die dazu im Verhältnis stehende (digitale) Materialität gestalten sich in der Situationsanalyse als komplex. Zu berücksichtigen ist, dass "soziale Situationen immer gleichzeitig, wenn auch nicht notwendig zu gleichen Anteilen, lokal und translokal" (JAEGER & NIESWAND 2022, S.482) sind. Situationen, und mit ihnen die Artefakte, können demnach als lokale Objekte gefasst werden, die mit anderen Situationen verknüpft sind (CLARKE 2012 [2005]). Wie CLARKE et al. festhielten, können Situationen aber genauso gut verstanden werden als "not merely a moment in time, a narrow spatial or temporal unit or a brief encounter or event" (2018, S.17). Stark gemacht wurde bei ihnen mit Bezug auf John DEWEY eine "connection with a contextual whole" (1938, S.66) der zu untersuchenden Objekte. Dies bedeutet, dass die Situation ein andauerndes Arrangement von Beziehungen umfasst, die üblicherweise Ereignisse über zumindest kürzere Zeiträume und damit ebenso über lang andauernde Perioden beinhalten können (CLARKE et al. 2018). Zugleich stellt sich die "Abgrenzungsfrage" (STRÜBING 2018, S.687), da die Situation als dehnbares Konzept verstanden wird. Die "Situationsanalyse ist dann vor allem ein Projekt der reflexiven Gestaltung des Forschungsprozesses selbst" (KELLER 2020, S.534). Wird entsprechend das Situationsverständnis an den Forschungsprozess angepasst, transformieren sich die damit verbundenen Materialitäten. [9]
3. Arbeiten mit der Situationsanalyse zu digitalen Artefakten
Bei der Situationsanalyse handelt es sich um keine neue Methode im eigentlichen Sinne. Vielmehr beschränken sich die Vorschläge "auf die Organisation und die analytisch-interpretative Aufbereitung des empirischen Materials" (STRÜBING 2018, S.692). Die Verfahren und Techniken, die im Rahmen der GTM bereits etabliert wurden, wurden um ein differenziertes Set aus kartografischen Techniken erweitert, die sogenannten Maps. Bereits "in the early days of empirical social science" (OFFENBERGER, 2023, §3) spielten grafische Visualisierungsformen eine bedeutende Rolle, z.B. in der Chicago School (a.a.O.). Diese Maps fungieren in der Situationsanalyse nicht zur Ergebnispräsentation, sondern sollen als eine "key unit of analysis" (CLARKE et al. 2018, S.17) erkenntnisstimulierend wirken. Als "analytische Übung" (CLARKE 2012 [2005], S.121) bzw. als Heuristik sollen sie die Forschenden zu tiefergehenden Analysen anregen und das Problem der "analytischen Lähmung" (a.a.O.), einen Starrezustand im Angesicht einer Datenflut, lösen. CLARKE schlug dazu vor, das Mapping – in Kombination mit dem Kodieren und Memoschreiben – von Beginn an durchzuführen, um neue Aspekte sichtbar zu machen und "Orte des Schweigens" (S.123) zu artikulieren: "Situationsanalysen bewirken eine Art soziale Inversion – unsichtbare, unbestimmte Merkmale einer sozialen Situation werden sichtbar gemacht" (KONDRATJUK 2018, S.294). [10]
Im weiteren Verlauf zeigen wir vor dem Hintergrund unserer Arbeiten in den Dissertationsprojekten, wie wir die Maps der Situationsanalyse verwendet, erweitert und vor allem an die Herausforderungen bei der Erforschung von Situationen mit digitalen Artefakten angepasst haben. Unser Ziel ist es, der Heuristik des Mappings Impulse zur Weiterentwicklung zu bieten und zum noch nicht ausreichend eingelösten Diktum des "taking the nonhuman explicitly into account" (CLARKE et al. 2018, S.2) einen Beitrag zu leisten. Gemeinsam ist unseren drei Dissertationsprojekten eine Verortung im Feld der Sozialen Arbeit. In allen drei Projekten nutzten wir ethnografische Forschungsdaten (BREIDENSTEIN, HIRSCHAUER, KALTHOFF & NIESWAND, 2020), die teils multilokal verortet waren (FALZON 2009). Die Artefaktanalyse (LUEGER & FROSCHAUER 2018) stellte zudem den Zugang zur Analyse digitaler Artefakte dar. Nichtsdestotrotz lagen unseren jeweiligen Untersuchungen unterschiedliche erkenntnistheoretische Positionen und Forschungsinteressen an digitalen Artefakten zugrunde. [11]
Michi S. FUJII untersuchte aus einer praxistheoretischen Perspektive (SCHATZKI 2016), welche Bedeutung digitale Artefakte für soziale Ordnungen und daraus hervorgehende Subjektivierungen im pädagogisch-institutionellen Alltag (in Settings der Kinder- und Jugendhilfe und Schule) von jungen Geflüchteten einnahmen. Konstantin RINK knüpfte an das sensibilisierende Konzept der "boundary infrastructure" (STAR & BOWKER 2000, S.285) an und untersuchte, wie digitale Datenbanken im sozialpädagogischen Kontext als Medien der "Kooperation ohne Konsens" (STAR 2004 [1993], S.58) genutzt wurden. Joshua WEBER befasste sich mit (Weiter-)Entwicklungsprozessen von Fachsoftware für die Soziale Arbeit, die in sensibilisierender Weise als "Grenzobjekt" (STAR 2017a [2010], S.213) konzeptualisiert wurde. [12]
3.1 Arbeiten mit Maps: Situations-Maps
Der analytische Fokus, der mit den Situations-Maps angelegt wird, ist auf eine Situation in ihrem möglichst breiten Auftreten gerichtet: "The core goal is to descriptively lay out all the human and non-human elements in the situation of inquiry" (CLARKE et al. 2018, S.127). Neben nicht-menschlichen Elementen können symbolische, diskursive oder konzeptionelle Elemente ebenso Teil der Map sein wie Ideen, Debatten, Gesetze oder anderer kultureller "stuff" (a.a.O.). Gerade in die ersten Entwürfe der Situations-Map wurde alles aufgenommen, was durch die an der Situation Beteiligten – dazu zählte auch die Forschungsperson – relevant gemacht wurde. Insofern konnte Materialität – und damit auch jene digitaler Artefakte – in den Situations-Maps explizit berücksichtigt werden. So stellt diese eine eigene Kategorie der Situations-Matrix dar unter der Frage, "What nonhuman things really matter in this situation of inquiry? To whom or what do they matter?" (S.129) Mithilfe einer ungeordneten Situations-Map lässt sich ein Überblick zu den für eine Situation relevanten digitalen Artefakten gewinnen. Darüber hinaus besitzen relationale Situations-Maps die Stärke, dass sich ausgehend von bestimmten digitalen Artefakten deren für das Erkenntnisinteresse relevante Situiertheit fokussieren lässt: Wer nutzt digitale Artefakte wann und wo bzw. darf sie nutzen? Welche Praktiken vollziehen sich mit ihnen und welche Bedeutungen erhalten sie darüber? [13]
3.1.1 Praxeologische Erweiterungen der Situations-Map
Einen Zugewinn kann die Situationsanalyse aus unserer Sicht für praxistheoretisch fundierte Forschungsarbeiten darstellen, wie es bei FUJII und RINK der Fall ist. So wird in beiden Ansätzen der besondere Stellenwert von Materialität (und damit auch digitaler Artefakte) hervorgehoben. Nichtsdestotrotz wurde das Verhältnis zwischen Praxistheorie und Situationsanalyse nach vorliegendem Kenntnisstand bislang kaum systematisch bearbeitet (PETTENKOFER, DIETZ & NUNGESSER 2017). Erst innerhalb der letzten Jahre entstanden vereinzelt Beiträge, in denen die Praxistheorie und Situationsanalyse in ihrer Passungsfähigkeit zueinander theoretisch diskutiert und/oder miteinander verbindend auf einen empirischen Gegenstand hin angewendet wurden (z.B. BOTH 2015; POHLMANN 2020; STRÜBING 2017). Die Situationsanalyse wurde den Autor*innen dieser Beiträgen zufolge als ein passungsfähiger Zugang aufgefasst, "um Verhältnisse zwischen Strukturen, Akteur*innen und Artefakten zu visualisieren und in ihrer institutionell verorteten Strukturiertheit zu verstehen" (HELBIG, KUTSCHER & UNTERKOFLER 2021, S.447). Folglich wurde eine Reihe von Verbindungslinien zwischen den beiden Ansätzen beschrieben: Neben Materialität wurden unter postmodernen sowie unter postpragmatistischen Einflüssen Kontingenz, Machtverhältnisse, Situiertheit und Komplexität als grundlegend relevant für die Konstitution des Sozialen angesehen (OFFENBERGER 2019). Subjekte wurden dezentriert und Artefakte in ihren Beteiligungen an sozialen Phänomenen hervorgehoben. Wie über die Arbeit mit Maps praxistheoretische bzw. praxeografische Daten situationsanalytisch gelesen und analysiert werden können, wurde allerdings (wenn überhaupt) nur am Rande verhandelt. [14]
Als Frage bleibt daher in diesem Zusammenhang, welchen Stellenwert Praktiken als "temporally unfolding and spatially dispersed nexus of doings and sayings" (SCHATZKI 1996, S.89) in Situationen einnehmen und in welchem Verhältnis diese zu Artefakten stehen. Dies wird bislang kontrovers diskutiert, vermutlich wegen der überaus unterschiedlichen Konzeptionen von Praktiken. So sah Jörg STRÜBING diese als "Fall von" (2017, S.59) Situationen bzw. als eine umfassende Realisation von Situationen. Praktiken werden ihm zufolge als Typisierungen konzipiert, die mehr als bloße Elemente im Sinne einzelner Interaktionen seien. Sie überdauern einzelne soziale Geschehnisse und überspannen eine Vielzahl von diesen. Demgegenüber schlug Göde BOTH (2015) aus einem Verständnis von der Situation als einer Art Kontext (wenngleich CLARKE (2012 [2005]) diesen Begriff ablehnte) vor, Praktiken als Bestandteil von Situationen zu fassen. Für die Integration von Praktiken in Situationen sprach sich auch Angela POHLMANN (2020) aus. Vor dem Hintergrund eines solchen Verständnisses lassen sich entsprechend ungeordnete und geordnete Situations-Maps erstellen, in denen Materialitäten ins Zentrum gestellt und die damit verbundenen Praktiken sichtbar werden. Digitale Artefakte können dabei zentrale Beteiligte bzw. Voraussetzungen von Praktiken darstellen, indem sie bspw. bestimmte "doings and sayings" (SCHATZKI 1996, S.89) von diesen überhaupt erst ermöglichen.
Abbildung 1: Situations-Map mit Praktiken. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung [15]
Auf unsere Arbeit mit Situations-Maps gemünzt heißt das, dass konkrete Praktiken und die Beteiligung digitaler Artefakte an diesen in den Situations-Maps sichtbar werden (siehe Abbildung 1). Mit der Beibehaltung eines umfassenden Situationsverständnisses wie bei CLARKE et al. (2018) können Forschende der Komplexität der Situation gerecht werden und so mögliche praxistheoretische Reduktionismen vermeiden. Gleichzeitig wird es durch die Integration von Praktiken in die Situations-Map möglich, deren raum-zeitliche Verortung und Zusammenspiel mit digitaler Materialität in den komplexen Situationen sichtbar zu machen. Solche digitalen Artefakte können als situative Ko-Aktanten und als "Produzent und Provokateur von Unbestimmtheiten" (HÖRNING 2005, S.308) verschiedene, teils räumlich und zeitlich entfernte Praktiken, Diskurse, Organisationen oder Subjekte miteinander in Verbindung bringen. Neben der Relationierung situationsinterner Elemente können durch digitale Artefakte auch mehrere Situationen miteinander in Beziehung gesetzt werden, was im Folgenden unter Rückgriff auf das Dissertationsprojekt von RINK verdeutlicht werden soll. [16]
3.1.2 Boundary infrastructure und Situations-Mapping
Wenn digitale Artefakte in den Situations-Maps in ihrer ko-konstitutiven Rolle ins Zentrum gerückt werden, dann kann darüber eine Perspektive erschlossen werden, die in der aktuellen Diskussion unter "Intersituativität" (HIRSCHAUER 2014, S.109) oder "synthetic situation" (KNORR-CETINA 2009, S.61) verhandelt wird. Ziel soll es an dieser Stelle allerdings nicht sein, einen umfangreichen Einblick in die teils reichhaltigen Vorschläge zu diesem Themengebiet zu geben. Kritisch kann jedoch angemerkt werden, dass in den Vorschlägen von Stefan HIRSCHAUER (2014), Karin KNORR-CETINA (2009) oder Davide NICOLINI (2017) mehrheitlich auf Situationsverständnisse rekurriert wurde, die eine leibliche Ko-Präsenz der Akteur*innen und eine unmittelbare Interaktion beinhalten. DEWEYs "contextual whole" (1938, S.66) wurde dabei im neu entworfenen Post-Situationismus nahezu vollständig vernachlässigt. Nichtsdestotrotz verwiesen die Autor*innen auf einen Punkt, der für die Situationsanalyse bisher nicht behandelt wurde: die Idee einer (engen) Kopplung von zwei oder mehr Situationen. Im Sinne einer "Intersituativität" (HIRSCHAUER 2014, S.109) können beispielsweise durch digitale Infrastrukturen Situationen – selbst dort, wo sie als "contextual whole" (DEWEY 1938, S. 66) verstanden werden – begrenzt oder eine Vernetzung über Raum und Zeit hinweg ermöglicht werden (STAR & RUHLEDER, 2017 [1996]).
Abbildung 2: Intersituations-Map. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung [17]
Um die Vermittlungsleistung digitaler Infrastruktur sichtbar zu machen, wurden durch RINK sogenannte Intersituations-Maps erstellt. In Abbildung 2 ist eine solche Map dargestellt. Die digitale Infrastruktur wurde durch ihre Schraffierung von den anderen Elementen abgehoben, da sie als Vermittlungselement eine herausragende Rolle spielte. Durch ihre Logik, die eine bestimmte Ordnung aufruft, wurde sie als eine der zentralen Instanzen in den jeweiligen Situationen markiert. Entscheidend ist die Differenz von Oberfläche und Tiefe; wie so häufig bei digitalen Artefakten. So ist mit Formularen und ihren Feldern eine Struktur vorgegeben, die von den Nutzer*innen ausgefüllt werden kann bzw. muss. Doch nur weil sie "an der Oberfläche in Form eines Formulars (oder einer Tabelle) verkörpert werden, erhält man keinen unverstellten Blick auf die Datenbank. Einem Formular allein ist nicht anzusehen, wie genau die Informationen in der Tiefe des Computers strukturiert sind" (BURKHARDT 2015, S.289). Mit der Speicherung gelangen die Daten in die Tiefe der Datenbank und werden erst dann wieder für die Akteur*innen sichtbar, wenn sie auf dem Bildschirm in Erscheinung treten. Insofern steht die Infrastruktur, die auf einer Datenbankmanagementsoftware beruht, unsichtbar und latent zwischen den Situationen.3) [18]
3.2 Arbeiten mit Maps: Maps sozialer Welten/Arenen
Während in die Situations-Maps menschliche, nicht-menschliche, symbolische, politische und weitere Elemente erst ungeordnet, dann geordnet eingehen, werden die Beiträge nicht-menschlicher Elemente in den Maps sozialer Welten/Arenen und den Positions-Maps nicht mehr explizit abgebildet. Dies zeichnet sich bereits mit der sozialtheoretischen Grundlage der "social world perspective" (STRAUSS 1978) der Situationsanalyse ab.
"Soziale Welten werden von Strauss in einem sehr konkreten Sinne handlungstheoretisch definiert: In ihrem Zentrum steht 'at least one primary activity (along with related clusters of activity)' (Strauss 1978: 122). Sozialweltliche Interaktion nimmt also ihren Ausgang von der Ausrichtung der Akteure auf die Durchführung einer oder mehrerer gemeinsam verrichteter Handlungen" (ZIFONUN 2013, S.240). [19]
Soziale Welten können, wie Anselm STRAUSS hervorhob, ohne die Betrachtung von Arenen nicht verstanden werden. So werden über soziale Welten notwendig Kontaktzonen zu anderen sozialen Welten unterhalten, wodurch konfligierende Interessen, Weltsichten oder Deutungen aufeinanderprallen. Arenen als Kontaktzonen sozialer Welten und Subwelten können auf zwei Arten gefasst werden: "Those internal to the social worlds and external arenas in which they participate" (1993, S.242). Da soziale Welten auf der Ebene von kollektiven Akteur*innen angelegt werden, werden (digitale) Artefakte "lediglich" zu impliziten Aktanten, welche die kollektiven Akteur*innen im Zuge ihrer Aushandlungen hervorbringen. So sind in den Maps sozialer Welten/Arenen (digitale) Artefakte im Sinne von "boundary infrastructures" oder "boundary objects" als "junctures where varied social world meets in an arena of mutual concerns" (CLARKE et al. 2018, S.75) präsent. Ihr Stellenwert darüber hinaus, bei dem deren Eigentätigkeit und -dynamik berücksichtigt wird, bleibt in der Theorie sozialer Welten/Arenen unterbestimmt. So verschwinden die (digitalen) Artefakte hinter den kreisförmigen Abbildungen sozialer Welten/Arenen. Dabei können sich Aushandlungen von unterschiedlichen kollektiven Akteur*innen in einer Situation zwar auf (digitale) Artefakte beziehen und/oder diese das Thema der sozialen Arena darstellen, jedoch wird die Bedeutung der (digitalen) Materialität nur noch randständig über Memos berücksichtigt. [20]
3.2.1 Boundary objects und soziale Welten-Maps
Insofern die materiellen Eigenschaften der Objekte bedeutend für ihre Hervorbringung als Grenzobjekte sind, erscheint uns eine Verknüpfung zwischen einer deskriptiv orientierten Artefaktanalyse (LUEGER & FROSCHAUER 2018) und den Maps sozialer Welten/Arenen fruchtbar. Dies gilt insbesondere dort, wo die Materialität "in the making" (STRÜBING 2011, S.265) im Fokus steht, z.B. bei der Technikentwicklung. [21]
In deskriptiven Analysen eines Artefakts wird der Ist-Stand der materialen Beschaffenheit zu einem bestimmten Zeitpunkt dokumentiert. Das von diesem Zeitpunkt aus weiter zu entwickelnde digitale Artefakt ist das "subject of attention, which people talk about and explicitly consider. They may discuss the material object or its parts" (ØSTERLUND 2008, S.13). In diesen Aushandlungen der entwicklungsbeteiligten Sozialweltangehörigen wird das digitale Artefakt als Grenzobjekt hervorgebracht. Die in dieser Situation relevant gemachten Perspektivierungen können mithilfe der Maps sozialer Welten/Arenen aus dem empirischen Material eingefangen und der Analyse zugänglich gemacht werden. Die Ausformung der Materialität des digitalen Artefakts ist der Zielpunkt der Arena. Die Ergebnisse dieser Aushandlungen formieren nun wiederum das digitale Artefakt, das sich im Entwicklungsprozess "Schritt-für-Schritt" (SCHEFFER 2019, S.332) formiert und auf nachfolgende Aktivitäten einwirkt. Es ist ein "Grenzobjekt" (STAR 2017a [2010], S.213), das sich im Entwicklungsverlauf selbst kontinuierlich verändert. [22]
Um dieser Idee der mit dem digitalen Artefakt verketteten Situationen gerecht zu werden, muss zwischen unterschiedlichen Situationsverständnissen im Hinblick auf ihre Zeitlichkeit operiert werden. Bei der Untersuchung von Technikentwicklungsprozessen zeigt sich, dass sich die "situativen Ereignisse [...] in Relation zu einem langfristigen, ergebnisoffenen und kontingenten Planungsprozess" (SINGH 2020, S.310) befinden. In diesem Sinne wird bezüglich der Zeitlichkeit die Situation der Technikentwicklung als ein "contextual whole" (DEWEY 1938, S.66) betrachtet, als sich entwickelnde polythetische Situation. Die empirisch dokumentierten Arbeitsepisoden stellen monothetische Situationen dar, die konkrete Zeitspannen umfassen. Ihre Ergebnisse tragen zur Werdung der polythetischen Situation über die Beteiligten oder über Materialitäten bei (SCHINDLER 2016). Da das monothetische mit dem polythetischen Situationsverständnis sinnhaft verkettet ist, wird in der Analyse zwischen diesen Verständnissen changiert, und es werden Maps im Zeitverlauf angefertigt, in deren Zentrum das digitale Artefakt-im-Werden steht. Ein Versuch einer solchen Konzeptualisierung am Beispiel der Softwareentwicklung in der Sozialen Arbeit bei WEBER veranschaulicht folgende Abbildung.
Abbildung 3: Verhältnis der Situationen in Anlehnung an STRÜBING (2005). Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung [23]
Wenngleich die Materialität digitaler Artefakte über solch eine Kontextualisierung der Situationsanalyse nicht in Gänze berücksichtigt werden kann, wird doch der formulierte Anspruch der Situationsanalyse, "taking the nonhuman explicity into account" (CLARKE et al. 2018, S.2), über den sozialtheoretischen Zuschnitt und das Erkenntnisinteresse der Maps inhaltlich eingelöst. Zugleich ist damit das Mapping von Prozessen und Zeitlichkeiten angesprochen. Unter Rückgriff auf das Konzept der Verlaufskurve könnte darüber nachgedacht werden, Mappings zu Verlaufsformen anzustellen (STRÜBING 2018). Ähnlich der Verdichtung von einzelnen Maps, die auf Grundlage einzelner Interviews zu einer aggregierten Map angelegt wurden (WOLF & WEGMANN 2020), können Veränderungen über die Zeit, z.B. Neupositionierungen oder der Wegfall bzw. das Hinzukommen neuer Akteur*innen über das Anlegen unterschiedlicher Maps im Zeitverlauf eingefangen werden (CLARKE 2012 [2005]). Ein Vorschlag, um Zeitlichkeiten im Mapping abzubilden, findet sich differenziert bei Philipp KNOPP (2021) ausgearbeitet. Er schlug als Erweiterung des Methodenrepertoires der Situationsanalyse das sog. "flip mapping" vor, ein "an adjustment of the mapping techniques of messy and relational mapping by using a dense, multilayered, and moving series of maps that improves the situational analysis of temporalities and processes" (§1). [24]
3.2.2 Boundary infrastructure und soziale Welten-Maps
Neben dem Mehrwert, den die Integration von Grenzobjekten in Maps sozialer Welten bieten kann, stellt das aus den Science and Technologie Studies (STS) stammende Konzept der "boundary infrastructures" (STAR & BOWKER 2000, S.285) eine weitere sinnvolle Ergänzung dar. Beide Konzepte, soziale Welten (STRAUSS 1978) und boundary infrastructures, lassen sich sinnvoll miteinander verbinden, worauf auch CLARKE und Susan STAR (2008) bereits hingewiesen haben. In den Augen der beiden Autorinnen ist das Konzept der boundary infrastructure hilfreich "to understand [...] the intersections of social worlds in social worlds/arenas theory in STS and beyond" (S.127). Als komplexe Verknotung verbinden (digitale) Infrastrukturen demnach soziale Welten, Subwelten, Organisationen oder ganze Arenen miteinander: "Contemporarily, infrastructures (virtual, offline, textual, and technical) are imbricated with the unique nature of each social world and, especially as scale becomes important, with arenas" (S.115). Einen konkreten Vorschlag, wie diese Verknotung aussehen könnte, lieferten CLARKE und STAR allerdings nicht. Ein Blick auf eine Arbeit von STAR kann aber Aufschluss bieten. In ihrem Artikel "Die Struktur schlecht strukturierter Lösungen" entwarf STAR (2017b [1988]) vier unterschiedliche Diagramme von boundary objects, die in ihrer Ästhetik denen der Maps ähneln. Eine Verbindung ist aus unserer Perspektive durchaus ein Erkenntnisgewinn. Hierdurch werden die Kreuzungen oder Knotenpunkte von sozialen Welten, Subwelten und Organisationen, welche durch die Infrastrukturen induziert werden, sichtbar. Im Fall von RINK stellt die boundary infrastructure einen Knotenpunkt dar; sie lässt sich als Verhältnis zwischen zentralisierter Datenbank und entsprechender dezentraler Eingabemasken respektive Formulare interpretieren. Bei STAR und Geoffrey BOWKER heißt es dazu auch, boundary infrastructures "must bring into play stable regimes of boundary objects such that any given community of practice can interface with the information system and pull out the kinds of information objects it needs" (2000, S.313).
Abbildung 4: Situations-Map mit boundary infrastructure. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung [25]
Mittels einer soziale Welten-Map (Abbildung 4), in deren Zentrum die Cyberinfrastruktur steht, wird sichtbar, dass eine Ansammlung von digitalen Artefakten dezentral verteilt ist, die sich letztlich aber in einer Software treffen; von ihr werden sie zusammengehalten. Die Besonderheit einer digitalen Infrastruktur ist, dass gleich mehrere soziale Welten sie in Anspruch nehmen, sie nutzen und ihre Handlungen wechselseitig aneinander orientieren. Maps sozialer Welten bilden in diesen Zusammenhang ein analytisches Hilfsmittel, um die, wie STAR und BOWKER sie nannten, "infrastructural inversion" (p.34) zu vollziehen: "This inversion is a struggle against the tendency of infrastructure to disappear (except when breaking down)" (a.a.O.). Kaum ein anderes analytisches Werkzeug vermag genau diese digitalen Artefakte derart sichtbar zu machen wie das Mapping. [26]
3.3 Arbeiten mit Maps: Positions-Maps
Positions-Maps beziehen sich auf die "hintergründige" Diskursebene einer Situation. In Ergänzung zum Mapping sozialer Welten/Arenen wird mit ihrer Hilfe das Spektrum an Diskurspositionen in einer Situation abgebildet (CLARKE 2021). Dabei sind Positionen nicht als Repräsentationen von einzelnen Personen, Gruppen oder Institutionen zu verstehen oder auf diese zurückzuführen, sondern als solche von heterogenen Diskursen. Ziel ist es, Heterogenität und Konflikte innerhalb eines Diskurses zu verdeutlichen und die konträren Perspektiven der Beteiligten zu systematisieren (WOLF & WEGMANN 2020). [27]
In dem in der Situationsanalyse vorgenommenen Versuch, die Diskursanalyse in die GTM zu integrieren, wird auch von uns ein wertvoller Vorschlag gesehen, um Dimensionen wie Macht, Ungleichheit und Diskursivität zu berücksichtigen (DIAZ-BONE 2012). Ob und in welchem Verhältnis Diskursivität und Materialität zueinanderstehen, reflektierten CLARKE et al. (2018) allerdings nicht. Dies wird über die Situationsanalyse hinaus erst allmählich zunehmend diskutiert (u.a. BOSANČIČ & KELLER 2019). [28]
Insgesamt bleibt vor diesem Hintergrund aus unserer Sicht das Verhältnis zwischen Diskursanalyse und Mapping überwiegend unterentwickelt und ungeklärt. Wie Rainer DIAZ-BONE treffend analysierte, liegt das daran, "weil hier Diskurse nicht praktisch analysiert werden als Praktiken, die eine konstruktive Leistung erzielen – nämlich die sozialen Welten bzw. sozialen Arenen selbst zu generieren" (2012, §20). Die konstruktive Leistung von Diskursen wurde als vorausgesetzt angenommen, ohne sie systematisch herzuleiten oder in irgendeiner Form mittels Mapping darzustellen.
"Man kann auch den Eindruck erhalten, dass CLARKE vielleicht etwas voreilig FOUCAULT 'umarmt' und als Interaktionisten im Kreise der Pragmatist/innen willkommen heißt: Es fehlt nicht nur eine Klärung, was CLARKE faktisch unter 'Diskurs' versteht. Auch das Machtkonzept bei FOUCAULT wird vereinfacht" (a.a.O.). [29]
Was durch die fehlende Bestimmung des Diskursbegriffes ausbleibt, ist die Verflechtung von Materialität und Semiotizität auszubuchstabieren. Das gilt für die Maps sozialer Welten/Arenen, aber allen voran für die Positions-Maps, in denen Materialität zugunsten der Diskursivität sowie deren Positionierungen verschwindet. Welche Beteiligung digitale Artefakte an der Diskursivität der Praxis einnehmen und wie diese sich als mögliche Einschreibung in die Materialität performativ entfaltet, lässt sich über die Maps nicht darstellen und ist mit diesen auch gar nicht vorgesehen. Sichtbar bleiben nur noch Diskurspositionen. [30]
Eine sinnvolle Ergänzung, um dem Status von Materialität gerecht zu werden, sehen wir darin, die digitalen Artefakte auf ihre Diskursivität hin zu befragen und diese in Positions-Maps zu erfassen. So kann diese, wie Patrick BETTINGER, Saskia DRAHEIM, Simon MEIER und Ellen WITTE (2020) ausführten, über die Modalität von (sprachlicher) Praxis auch in Artefakten materialisiert abgelegt sein und zu gewissen Umgangsoptionen mit diesen auffordern. Das heißt, dass Positions-Maps anhand der Diskursivität von Artefakten erstellt werden können. Mit diesen Maps lässt sich dann untersuchen, inwiefern die diskursiven Qualitäten der Artefakte in der Situation selbst durch die Akteur*innen aufgegriffen werden. Ein ergänzendes Verfahren zur Annäherung hierzu stellt die Artefaktanalyse (LUEGER & FROSCHAUER 2018) dar. Bei ihr wird davon ausgegangen, dass Artefakten qua ihrer Produktion stets eine "soziale Logik eingeschrieben ist" (EGBERT 2019, S.85). Entlang mehrerer Analyseebenen wird dabei untersucht, welche Sinnzusammenhänge und Bedeutungen Artefakte in ihrem gesellschaftlichen Umfeld aufweisen. Aus dieser Perspektive abgeleitet kann danach gefragt werden, welche diskursiven Qualitäten (z.B. Intentionen) in den Artefakten eingeschrieben sind und welche davon sich wie in den jeweiligen Situationen entfalten. So kann beispielsweise auf deskriptiver Ebene der inneren Artefaktstruktur untersucht werden, welche Bild-, Text und Symbolelemente im Artefakt in welcher Gestaltungsweise enthalten sind und welcher Angebotscharakter damit einhergeht (LUEGER & FROSCHAUER 2018). [31]
4. Ausblick: materialitätssensible Impulse zur Erweiterung der Situationsanalyse
Dem Primat der Gegenstandsangemessenheit qualitativer Forschung folgend wurde die Situationsanalyse – zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags – in den drei von uns vorgestellten Dissertationsprojekten unterschiedlich realisiert. Dies wurde bereits bei der Situationsdefinition sichtbar. Schon bei DEWEY (1938) war die Idee hinterlegt, dass die forschende Person eine unbestimmte Situation in eine bestimmte umformen muss (KELLER 2020). Dieser Konstruktionscharakter der Situation wurde in der Situationsanalyse aufgegriffen: "The situation of inquiry is empirically constructed" (CLARKE et al. 2018, S.17), nicht zuletzt, da "the analyst needs to be able to follow their empirical nose throughout a project" (a.a.O.). Insofern kann die Situationsdefinition auch als projektspezifische, reflexive Gestaltung des Verhältnisses von Feld und Erkenntnisinteresse gelesen werden, die sich auf die Arbeit mit den Mapping-Verfahren auswirkt. [32]
Um der GTM zum postmodernen "interpretive turn" (CLARKE 2022, S.59) zu verhelfen, suchten CLARKE et al. u.a. Anschluss an die STS; die Berücksichtigung von "all analytically pertinent nonhuman [...] elements" (2018, S.91) stellte neues Terrain dar. Umso deutlicher fiel anhand der Überlegungen unserer Dissertationsprojekte auf, dass sich dieser beigemessene Stellenwert nicht adäquat in den Mapping-Verfahren der Situationsanalyse widerspiegelte. Trotz des Fokus auf Materialität wurde diese über die Situations-Maps hinaus nur bedingt abgebildet. Der ontologische Status von Artefakten und Dingen gegenüber den weiteren Elementen einer Situation blieb gerade mit Blick auf deren Eigendynamik und -tätigkeit weitestgehend unterbestimmt. Insbesondere bei den Maps sozialer Welten/Arenen wurde vor dem Hintergrund der Theorie-Methoden-Pakete deutlich, dass interaktionistische Konzepte in die Situationsanalyse und die Mapping-Verfahren eingeschrieben sind, über die die Materialität selbst nur schwer in den Blick genommen werden kann. Das intellektuelle Erbe des Pragmatismus/Interaktionismus der STRAUSS'- und CORBIN‘schen GTM (1990) wurde erkennbar in der Situationsanalyse fortgeführt. Letztendlich wurden in der Situationsanalyse damit zwar postmoderne Einflüsse aufgegriffen, jedoch liegt ihr im Kern eine pragmatistisch-interaktionistische Epistemologie zugrunde, welcher CLARKE als Schülerin von STRAUSS folgte. Gemäß dieser Epistemologie werden (digitale) Artefakte vor allem im Zusammenhang mit sinnorientiertem, zielgerichtetem menschlichem Handeln und menschlicher Interpretation gesehen. Damit unterscheidet sich die Situationsanalyse in der erkenntnistheoretischen Perspektive beispielsweise von der Praxistheorie, in welcher explizit die Beteiligung der nicht-menschlichen Elemente an der Praxis fokussiert wird. Die konkrete Einlösung des Anspruchs "taking the nonhuman explicity into account" (CLARKE et al. 2018, S.2), das heißt, wie die Materialität von nicht-menschlichen Elementen über die unterschiedlichen Maps hinweg konzeptualisiert und abgebildet werden kann, bleibt mit dem Methodenkoffer der Situationsanalyse vor diesem Hintergrund unterbestimmt. Da in der Situationsanalyse und in techniksoziologischen Zugängen digitale Artefakte aber als ko-konstitutiv für das Soziale konzipiert werden, sehen wir für die mit der Situationsanalyse bereitgestellten Mittel die Schwierigkeit, diesen Anspruch methodisch umfassend bzw. adäquat zu einzulösen. [33]
Soll daher dem Stellenwert von Materialität Rechnung getragen werden, ist es aus unserer Perspektive unabdingbar, die Situationsanalyse mit anderen Methodologien und Methoden in Beziehung zu setzen und sie zu erweitern. Hier bieten sich, wie gezeigt wurde, weitere Anleihen aus den STS, der Praxistheorie oder der Computer Supported Cooperative Work an. Eine gewinnbringende Herangehensweise ist in der Artefaktanalyse angelegt, in der konsequent von der Materialität des Artefakts ausgegangen und diese in ihrer sozialen Bedeutung in den methodischen Mittelpunkt gerückt wird. Auch die beiden von STAR (2017b [1988]) und anderen) entwickelten, offenen Heuristiken des boundary object und der boundary infrastructure lassen sich wegen ihrer pragmatistisch-interaktionistischen Wurzeln mit der Situationsanalyse enger verzahnen. Dabei ist fortlaufend zu reflektieren, inwiefern das situationsanalytische Vokabular noch passungsfähig zum jeweiligen Forschungsprojekt ist und wo sich gegebenenfalls methodologische Brüche (z.B. im Verhältnis zur Praxistheorie, die sich explizit von handlungstheoretischen Sozialitätsverständnissen abgrenzt) ergeben. In diesem Zusammenhang ist auch zu hinterfragen, inwiefern die Empfehlung für die Situationsanalyse, sämtliche Maps zu verwenden, sinnvoll erscheint bzw. ob die Maps nicht eher als Heuristik zu verstehen sind, deren Anwendung und jeweilige Erkenntnisbeiträge in Abhängigkeit vom Forschungsprojekt einzuordnen sind. [34]
Folgende Impulse für die Erweiterung der Situationsanalyse lassen sich vor diesem Hintergrund setzen: Um die Begrenzungen der Situations-Maps mit Blick auf die Beteiligung digitaler Artefakte einerseits zu bearbeiten und die methodologischen Konzeptualisierungen der Forschungsgegenstände andererseits zu berücksichtigen, wurden verschiedene Versuche angestellt: zum einen über die Integration von Praktiken als Nexus eines "doings and sayings" (SCHATZKI 1996, S.89), sprich einer praxeologischen Erweiterung, und zum anderen über die von uns neu entwickelten Intersituations-Maps, mit denen die Vermittlungsleistung digitaler Artefakte zwischen Situationen abgebildet werden soll. [35]
Untersuchungen von digitaler Materialität lassen sich auf der Ebene der sozialen Welten/Arenen in Abhängigkeit vom jeweiligen Erkenntnisinteresse unterschiedlich umsetzen. So wird dies dann möglich, wenn die Aushandlungen zu dieser im Zentrum (im Sinne einer Arena) stehen. Es kann beispielsweise analysiert werden, wie soziale Welten über die einzelnen Bestandteile (z.B. Formulare einer Datenbank) des Artefakts in Aushandlung zueinander treten. Des Weiteren kann durch die Verbindung von Artefaktanalyse und Maps sozialer Welten das Werden von digitalen Artefakten untersucht werden, indem der Prozess der verketteten Entwicklung über mehrere monothetische Situationen hinweg dargestellt wird. [36]
Positions-Maps können unserem Dafürhalten nach Studien zur Materialität bereichern, wenn mit ihnen Diskurspositionierungen zur Materialität abgebildet werden (z.B. in der Entwicklung oder dem Umgang mit digitalen Artefakten). Darüber hinaus können Forschende auf der Ebene der Materialität selbst über das Verfahren der Artefaktanalyse untersuchen, welche Positionierungen in die digitalen Artefakte eingeschrieben sind und inwiefern diese in Situationen aufgerufen werden. [37]
Unser herzlicher Dank für die zahlreichen Rückmeldungen zu früheren Versionen dieses Textes gilt Ursula OFFENBERGER, Tamara SCHWERTEL und Katja MRUCK. Außerdem danken wir den Organisator*innen des Arbeitsbereichs "Qualitative Methoden und Interpretative Sozialforschung" des Methodenzentrums der Universität Tübingen und den Teilnehmenden der Arbeitstagung "Soziale Welten, Arenen und Situationsanalysen: Theoretische Debatten und forschungspraktische Erfahrungen", welche Unterstützung als auch konstruktive Kritik an den ersten Entwürfen und Weiterentwicklungen dieses Beitrags gaben.
1) Als eine Besonderheit weisen digitale Artefakte aufgrund ihrer Beschaffenheit bzw. inneren (algorithmisierten) Struktur eine Widerständigkeit gegenüber menschlichen Eingriffen auf, da die hintergründigen Technologien unter der Nutzungsoberfläche unsichtbar bleiben. <zurück>
2) Weitere Kritikpunkte thematisieren wir im Rahmen des vorliegenden Beitrags nicht. Wir verweisen stattdessen u.a. auf HÖRNING (2005). <zurück>
3) Um diese "synthetic situation" (KNORR-CETINA 2009, S.61) empirisch rekonstruieren zu können, bedarf es eines dem Untersuchungsgegenstand, im Fall von RINK beispielsweise den Cyberinfrastrukturen, angepassten Methodenrepertoires. Dieses sollte im Sinne einer "multi-sited ethnography" (MARCUS 1995, S.95) angelegt sein, um den in der Situation vorhandenen Verweisungszusammenhängen (zumindest teilweise) zu folgen (STRÜBING 2017). <zurück>
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Michi S. FUJII ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Erziehungshilfe und Sozialer Arbeit (Prof.in Dr.in Nadia KUTSCHER) an der Universität zu Köln tätig. Er studierte Erziehungswissenschaft an derselben Universität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich (Flucht-)Migration, Bildung und Digitalität. Zugänge hierfür stellen Ethnografie, Praxistheorie sowie Macht- und Subjekttheorien dar.
Kontakt:
Michi S. Fujii
Universität zu Köln
Humanwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl Erziehungshilfe und Soziale Arbeit
Klosterstr. 79d, 50935 Köln
Tel.: +49 (0)221-470-76282
E-Mail: michi.fujii@uni-koeln.de
URL: https://www.hf.uni-koeln.de/40469
Konstantin RINK ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im BMBF Projekt PAGAnInI (Prof. Dr. Udo SEELMEYER & Prof.in Dr.in Gudrun DOBSLAW) an der FH Bielefeld tätig. Zusätzlich arbeitet er am Kompetenzzentrum Soziale Dienste und ist dort u.a. für die evaluative Begleitung des Förderprogrammes "Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung" zuständig. Sein Interesse gilt der Digitalisierung Sozialer Arbeit, dem Einsatz sowie der Nutzung von Cyberinfrastrukturen und deren Einfluss auf professionelles Handeln. Zugänge hierfür stellen Technografie und Akteur-Netzwerk-Theorie dar.
Kontakt:
Konstantin Rink
Fachhochschule Bielefeld
Fachbereich Sozialwesen
Interaktion 1
33619 Bielefeld
E-Mail: konstantin.rink@fh-bielefeld.de
Joshua WEBER ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für wissenschaftliche Dienstleistung und Entwicklung (Hochschulzentrum) der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW. Sein Interesse gilt allgemein der Digitalisierung und Digitalität der Sozialen Arbeit, im Besonderen der Entwicklung und Nutzung von Technik für die soziale Arbeit sowie der Kompetenzentwicklung Studierender im Kontext der Digitalisierung.
Kontakt:
Joshua Weber
Hochschule für Soziale Arbeit FHNW
Von Roll-Str. 10
Postadresse: Riggenbachstr. 16
CH-4600 Olten
E-Mail: joshua.weber@fhnw.ch
URL: http://www.fhnw.ch/de/personen/joshua-weber
Fujii, Michi S.; Rink, Konstantin & Weber, Joshua (2023). Digitale Artefakte in der Situation: Impulse situationsanalytisch ausgerichteter Arbeiten zum Status von Materialität [37 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 24(2), Art. 8, https://dx.doi.org/10.17169/fqs-24.2.4060.
Revised: June 2023