header image

Volume 25, No. 3, Art. 9 – September 2024

Rezension:

Tom Kaden

Olaf Rahmstorf (2023). Wikipedia: Die rationale Seite der Digitalisierung? Entwurf einer Theorie. Bielefeld: transcript; 416 Seiten; ISBN: 978-3-8376-5862-0; https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5862-0/wikipedia-die-rationale-seite-der-digitalisierung/

Zusammenfassung: Olaf RAHMSTORF bietet in seinem Buch eine umfassende Analyse der Wikipedia als soziales und technisches Phänomen, das im Kontext der Digitalisierung betrachtet wird. Er entwickelt eine "Theorie der Wikipedia", um die besonderen Merkmale dieser digitalen Enzyklopädie zu untersuchen, einschließlich ihrer Arbeitsorganisation, Entscheidungsprozesse und Wissensproduktion. RAHMSTORF diskutiert die Rolle der Neutralität, die soziale Dynamik der Wikipedia-Community und die strukturellen Spannungen, die durch kulturelle Unterschiede und externe Normen entstehen. Er verbindet qualitative Methoden wie teilnehmende Beobachtung und Textanalyse mit theoretischen Ansätzen aus der Argumentationstheorie und der Soziologie, um die komplexen Diskurse innerhalb der Wikipedia zu entschlüsseln. Das Buch endet mit einer Reflexion über die Ambivalenzen der Wikipedia als (Gegen-)Teil des modernen Plattformkapitalismus und als Raum für einen rationalen, normativen Diskurs.

Keywords: Wikipedia; Digitalisierung; Wissensproduktion; Argumentationstheorie; Neutralität; Plattformkapitalismus; qualitative Methoden; Soziologie; digitale Enzyklopädie; soziale Dynamik

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Inhalt

3. Methoden

4. Fazit des Buchs

5. Würdigung

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Einleitung

Die digitale Welt ist ein herausforderndes und stetig im Wandel begriffenes Feld für qualitative Sozialforschung, in dem seit Langem bspw. ethnografische, diskursanalytische und bildhermeneutische Verfahren Anwendung finden. Bei der Betrachtung des Geschehens auf ganzen Plattformen bzw. Webseiten dominierte bisher jedoch, schon allein aufgrund des Datenvolumens, quantitative Forschung. Olaf RAHMSTORFs Studie zu Wikipedia stellt vor diesem Hintergrund eine Ausnahme und ein besonders ambitioniertes Projekt dar, in dem auf der Grundlage einer Vielzahl qualitativer Teiluntersuchungen ein kohärentes theoretisches Konzept der weltweit genutzten Wissensplattform entworfen wird. [1]

Im Folgenden wird zunächst eine Übersicht über die Inhalte des Buchs gegeben (Abschnitt 2), bevor auf die angewendeten Methoden eingegangen (Abschnitt 3) und das Fazit der besprochenen Arbeit dargestellt wird (Abschnitt 4). Ich schließe mit einer Würdigung des Werks (Abschnitt 5). [2]

2. Inhalt

RAHMSTORF bietet in seinem Buch eine umfassende "Theorie der Wikipedia" an, die das Ziel verfolgt, "zu begreifen, was die Wikipedia ist" (S.15). Er möchte dieses neue, auf digitaler Kooperation beruhende Enzyklopädiekonzept auf den Begriff bringen (S.15f.). Hierzu bietet er zunächst (S.21-27) eine informative Diskussion zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung und Datafizierung. [3]

Besonders hebt RAHMSTORF hervor, dass Wikipedia angesichts der dominierenden ökonomischen und informationellen Macht im Netz (Stichworte: Plattformökonomie, Überwachungskapitalismus; STAAB 2019, ZUBOFF 2018) diskursiv als ein Hort klassischer Tugenden der öffentlichen Auseinandersetzung erscheint. Dies wirft die drängende Frage nach den Produktionsbedingungen des Wissens auf, das in Wikipedia generiert wird. [4]

Im ersten von drei Teilen der Arbeit widmet sich RAHMSTORF "der Praxis" der Wikipedia als sozialer Organisation und digitaler Technik im Wechselspiel. Er betont, dass das, was Wikipedia von allen anderen Enzyklopädien unterscheidet, die "neuartige Form der Arbeitsorganisation" (S.37) sei. Die Freiheit der Wikipedia (und der ihr zugrunde liegenden Free Software-Bewegung) sei dabei eine doppelte, was sich auch in der Polysemie des Wortes free widerspiegele: Einerseits beziehe es sich auf einen kooperativen Arbeitsprozess, andererseits auf die Eigentumsverhältnisse der in diesem Prozess entstehenden Produkte. Während Wikipedia und ihr Gründer Jimmy WALES auf der Geltung beider Prinzipien bestanden habe, habe sich ein Teil der Free Software-Bewegung in Richtung Open Source entwickelt (S.50). Der Unterschied kreist vor allem um die Monetarisierung (etwa von Linux-Produkten) und Einbindung in proprietäre Strukturen, der bei Open Source im Gegensatz zu Free Software gegeben ist. Um die Entscheidungs- und Konfliktlösungspraktiken bei der Wissensproduktion auf Wikipedia nachzuvollziehen, analysiert RAHMSTORF die Strukturen der Plattform selbst, indem er Listen mit ungesichteten Artikelversionen und geschützten Seiten untersucht. [5]

Im zweiten Teil ("Der Codex") behandelt er ausführlich die (teils ungeschriebenen) Regeln von Wikipedia. Besonders bemerkenswert ist hier die Diskussion über Neutralität, die bei Wikipedia in mehreren, teils widersprüchlichen Varianten erscheint. RAHMSTORF gelingt es, die Neutralitätsregel als eine Rollenerwartung zu deuten, die WikipedianerInnen aneinander stellen: sich nicht als BeobachterInnen der Welt, sondern als BeobachterInnen der Diskussionen über die Welt zu verhalten (S.116). [6]

Auf dieser Grundlage analysiert RAHMSTORF die Neutralitätserwartung soziologisch anhand dreier Fragestellungen: Wie greifen die WikipedianerInnen auf externe Wahrheitskriterien zu? Wie wird Neutralität in den Artikeln dargestellt? Und wie werden interne Diskussionen über den Charakter von Neutralität geführt? Diese Neutralitätsdiskussionen begännen oft schon bei der Wahl des Lemmas (S.125 ff.). [7]

Angesichts der vielfachen Zugriffe auf außerenzyklopädische Aspekte der Außenwelt, die in Diskussionen oft nachweisbar, aber auf den Artikelseiten selbst verborgen seien, diagnostiziert RAHMSTORF eine "Doppelstruktur" (S.172) der Wikipedia, "mit einer äußeren, narrativ strukturierten Fassade und einem dahinter liegenden, argumentativ strukturierten Backend" (a.a.O.). In der Wikipedia bestehe somit ein struktureller Konflikt zwischen den Eigenschaften der beteiligten Community und den Produkten, die sie zu schaffen versuche (S.185). [8]

Dieser strukturelle Konflikt werde zusätzlich durch kulturelle Unterschiede der verschiedenen Wikipedia-Versionen überlagert, was RAHMSTORF anhand der englischen und deutschen Sprachversionen verdeutlicht. Diese Unterschiede resultierten zum Teil aus den historischen Entwicklungs- und Kodifikationsprozessen der jeweiligen Seiten und Communities. Da sich die deutsche Wikipedia (als die zweite überhaupt nach der englischen) zu einem Zeitpunkt konsolidiert habe, als zentrale Community Guidelines der englischen Wikipedia noch nicht formuliert waren, habe sich ein unterschiedlicher Regelfokus (englisch: gemeinschaftsbezogen, deutsch: artikelbezogen) entwickelt, durch den die bestehenden Kulturunterschiede weiter verstärkt worden seien. [9]

In Teil III, unbescheiden "Die Wahrheit" überschrieben (S.211ff.), versucht RAHMSTORF, eine Vermittlung zwischen "Produkt und Prozess" herzustellen, die in Teil II als vielfältig auseinanderfallend diagnostiziert wurden. Er greift hier auf die Argumentationstheorie (insbesondere auf PERELMAN & OLBRECHTS-TYTECA 2004 [1958] und TOULMIN 1975 [1958]) zurück, da diese ihm zufolge notwendig ist, um die Hauptentscheidungsfindungsmethode der Wikipedia zu verstehen: das Argumentieren, also das Überzeugen mit sprachlichen Mitteln (RAHMSTORF, S.212). Dabei beschreibt er Argumentieren als die Überführung von kollektiv Fraglichem in kollektiv Geltendes mithilfe von kollektiv Geltendem (S.214). [10]

Im dritten Teil führt RAHMSTORF die Argumentationstheorie ein, indem er eine Theorierekonstruktion aus den Quellen der Rhetorik, Logik und Dialektik vornimmt, wobei konkrete Bezüge zur Wikipedia zunächst nur sporadisch erscheinen. Es folgen längere Ausführungen zur Theorie des kommunikativen Handelns von HABERMAS (1988 [1981]) sowie zur Sprechakttheorie (AUSTIN 2014 [1962]; SEARLE 1977 [1969]), wobei Referenzen auf den Gegenstand der Untersuchung nur gelegentlich auftauchen (bspw. RAHMSTORF, S.258). [11]

Erst im späteren Teil der Darstellung, etwa wenn RAHMSTORF wiedergibt, wie Steve FULLER die Wikipedia strukturell mit dem Argumentationsstil des Mittelalters parallelisierte1) (S.287), spielt die Wikipedia wieder eine größere Rolle. In Kapitel 7 behandelt er schließlich "die Bedeutung der Argumentationstheorie für die Wikipedia" (S.303) und stellt den Ertrag nicht nur des 6. Kapitels, sondern auch der empirischen Untersuchungen des Argumentationsgeschehens bei der Wikipedia dar. RAHMSTORF fasst zusammen:

"Die Wikipedia setzt das in Szene, was 30, 50 oder 70 Jahre zuvor undenkbar schien, aber dennoch in irgendeinem Sinn vorgedacht wurde: Wahrheiten werden in einem offenen, kollektiven, im Wesentlichen nur über diskursive Aushandlungsverfahren organisierten, handlungsentlasteten, anonymen und globalen Prozess produziert. Es gibt dabei keine Zugangsbeschränkungen 'ad personam', nur 'ad argumentum', wenn man so will" (a.a.O.). [12]

Sein erster Überprüfungspunkt betrifft HABERMAS' Konzept des herrschaftsfreien Diskurses (RAHMSTORF, S.309; vgl. HABERMAS 1988 [1981], S.192) – ist dieser in der Wikipedia zu finden? Zur Operationalisierung dieser Frage nutzt RAHMSTORF fünf Kriterien: "kooperative Wahrheitssuche", "formalisierte Struktur", "Ausschluss von Gewalt", "Zugang für alle" sowie "unendliche Dauer" (S.310). Darüber hinaus betrachtet er die Spielbedingungen der Wikipedia, untersucht, ob ein feldspezifischer Rationalitätstypus (wie etwa in Wissenschaft oder Recht) vorliegt und inwieweit Wikipedia-externe Normen in die Diskussionen einfließen (S.314f.). RAHMSTORF stellt die Frage, ob Wikipedia einen Richter bzw. eine Richterin habe, und beantwortet sie damit, dass der "Rekurs auf den infiniten Diskurs in der Wikipedia-Community" diese Funktion erfülle (S.320). Dies ermögliche jedoch strategische Anpassungen der AkteurInnen, die darin bestünden, sich die Regeln zunutze zu machen, um in Wahrheit regelwidriges Verhalten (wie z.B. Schleichwerbung) zu ermöglichen (S.322). [13]

Die Frage nach der Art der Rationalität der Wikipedia beantwortet RAHMSTORF mit einem "zweistufigen Wahrheitskonzept": Die "innere Wahrheit der Wikipedia" bestehe in einer feldspezifischen Argumentationslogik, die an den Richtlinien der Wikipedia orientiert sei und den "scholastischen" Charakter der Diskussionen präge (S.325). Die zweite Wahrheitsebene der Wikipedia sei normativ-praktischer Natur und an der Frage ausgerichtet: "Wie sollen wir ein Ereignis beurteilen, einordnen, benennen, rahmen?" (S.327). [14]

Zur genauen Benennung des diese Wahrheitsebene bestimmenden Charakteristikums bedient sich RAHMSTORF des sozialwissenschaftlichen Ideologiebegriffs, dessen Genese und Vielfalt er ähnlich informativ wie umfassend und überbordend darstellt wie zuvor die Argumentationstheorie (S.339-353). Den wissenssoziologischen Zugriff verwirft RAHMSTORF aufgrund des Fehlens eines strukturellen Herrschaftsbegriffs (S.351), der jedoch für empirische Analysen des Umgangs mit dem Neutralitätsgebot notwendig sei. [15]

3. Methoden

RAHMSTORFs Buch überzeugt durch eine vielfältige Auswahl qualitativer Methoden, die kohärent zugunsten seiner Argumentation zusammengeführt werden. Sie grundieren den ersten Teil seiner Arbeit und dienen somit auch als Basis für die eher theoretischen Ausführungen im weiteren Verlauf des Buchs. Er verwendete teilnehmende Beobachtung (oder besser: beobachtende Teilnahme, HONER 1989), indem er und seine Mitarbeiterin Texte auf Wikipedia veränderten, Rückänderungen rückgängig machten und die Reaktionen protokollierten (RAHMSTORF, S.68). Zudem führte er vergleichende historische Arbeiten an Selbstzeugnissen von Enzyklopädiearchitekten wie Denis DIDEROT und Jimmy WALES durch, ohne sich dafür jedoch einer explizit referenzierten historischen Methode zu bedienen. Strukturierte Interviews (per E-Mail) mit aktiven Wikipedia-Mitgliedern (RAHMSTORF, S.69), deren genauer methodischer Fokus leider unerwähnt bleibt, sowie eine Reihe von (ebenfalls leider nicht weiter spezifizierten) "Feldexperimenten", bei denen auch "stark wertende persönliche Einschätzungen" in Artikeln platziert wurden – ein eigentlich regelwidriges Verhalten – gehörten ebenfalls zu seinen Methoden. [16]

Eine detaillierte Textanalyse sogenannter Edit-Wars2) diente der "Analyse der inneren Logik der Aushandlungspraktiken" (S.72) in der Wikipedia, wobei er sich der Sequenzanalyse bediente; die genannten Referenzen sind OEVERMANN, ALLERT, KONAU & KRAMBECK 1979; REICHERTZ 2016; SCHÜTZE, MEINEFELD, SPRINGER & WEYMAN1973; SOEFFNER 1989). RAHMSTORF erläutert den Nutzen des methodischen Fokus, indem er schreibt, dass es

"[b]eim Deuten der Textsequenzen […] ausschließlich darum [geht], das Kontextwissen über die jeweilige Kommunikationssituation auszublenden. Dabei handelt es sich um einen Kunstgriff zur Verhinderung vorschneller Schlüsse vom bereits bekannten äußeren Kontext auf den inneren Kontext, wie er in der Gesprächssituation realisiert wird" (S.72f.). [17]

Für seine Untersuchung von Wikipedia-Diskussionsverläufen werde dieses Verfahren wichtig, da "[d]ie Differenz zwischen äußerem Kontext und innerem, realisiertem Kontext […] der Beantwortung der Frage [dient], ob und in welcher Form die theoretisch vorhandenen Regeln der Wikipedia auch tatsächlich für die Diskurspraxis relevant sind und praktisch zur Anwendung kommen" (S.73). Weiterhin nutzte er für die Edit-Wars in Gruppenanalyseverfahren (REICHERTZ 2013) und nahm an Wikipedia-bezogenen Veranstaltungen wie einem AdministratorInnen-Workshop teil (RAHMSTORF, S.76). [18]

4. Fazit des Buchs

Im dreizehnseitigen Schlussteil (S.357-369) verknüpft RAHMSTORF alle "aufgenommenen und weitergesponnenen Fäden" seiner Arbeit. Die Wikipedia erscheint dabei als sowohl in den modernen Plattformkapitalismus integriert als auch separat davon; als metapolitisch und zugleich inhaltlich apolitisch; als Ort neutraler Gegenstandspräsentation und der Einnahme nichtneutraler Metastandpunkte (etwa durch suggestive Anordnung von Standpunkten); als Ort des rationalen Austauschs, dessen Rationalität sich in Richtlinienanwendung, Quellenbezug und Common Sense aufgliedere, wobei diese Ebenen nicht immer widerspruchsfrei koexistierten; als Ort bürokratischer Entscheidungsprozeduren ebenso wie als Rekurs auf äußere Begründungsressourcen; als Ort eines normativen Diskurses, einer "Organisation der Politik" (S.371), wie er im Fazit feststellt (S.371-374). [19]

5. Würdigung

RAHMSTORFs Studie ist ein beeindruckendes Beispiel für die Anwendung eines kreativen qualitativen Methodenmixes auf ein Thema der Digitalisierung. Er zeigt überzeugend, dass klassische qualitative Erhebungs- und Auswertungsverfahren auch zum Verständnis genuin digitaler Phänomene beitragen können und bereichert so die Soziologie der Digitalisierung um eine wichtige Facette. Zwar steht der qualitative Forschungsaspekt in RAHMSTORFs Studie nicht im Mittelpunkt, er ist jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil seiner Argumentation, die auf einer empirisch verifizierten Problemdiagnose beruht und über bestehende Analysen der Wikipedia hinausgeht. [20]

Die Zuhilfenahme der Argumentationstheorie und verwandter Felder im dritten Teil der Studie fällt jedoch gelegentlich zu weitschweifig, detailliert und zu wenig gegenstandsorientiert aus. Dies mag zwar interessierten LeserInnen besondere Einblicke bieten, jedoch erscheint die rekonstruktive Theoriearbeit RAHMSTORFs im Verhältnis zum eher knappen Ertrag in Bezug auf die Wikipedia zu umfangreich. [21]

Andererseits geraten die Ausführungen für LeserInnen, die mit Fragen der Digitalisierung vertraut sind, stellenweise etwas zu knapp oder dicht. Dies zeigt sich etwa, wenn RAHMSTORF (S.137) die Wikipedia-interne Lösung von Lemmaauswahlkonflikten mithilfe eines Wortschatzlexikons erwähnt, aber die zugrundeliegende Worthäufigkeitsmetrik nicht erläutert. [22]

Das Buch ist vorzüglich editiert und bietet mit farbigen Abbildungen, einem ansprechenden Schriftbild und einem informativen Glossar eine angenehme Leseerfahrung. Ein Sach- und Personenindex hätte die editorische Qualität des Buches weiter erhöht. Digital ist das Buch im Open-Access-Format erhältlich. Der Text zeichnet sich bis auf wenige Kommafehler durch erfreuliche orthografische und stilistische Korrektheit aus. [23]

Gelegentlich bleibt unklar, warum manche Zitate aus der Literatur und den Daten ins Deutsche übersetzt wurden (bspw. S.115), andere jedoch nicht (S.114). Bei französischen Zitaten findet sich eine dritte Variante, bei der das französische Original im Haupttext und die Übersetzung in einer Fußnote angegeben ist. [24]

Anmerkungen

1) "Most importantly, Wikipedia's spirit remains deeply medieval in its content policy. Wikipedia content policy consists of three principles: (1) No Original Research. (2) Neutral Point of View. (3) Verifiability. They are designed for people with much reference material at their disposal but no authority to evaluate a knowledge claim beyond arguing from what is contained in that material. Such was the epistemic position of the Middle Ages, which presumed all humans to be mutually equal but subordinate to an inscrutable God. That too was a period that did not recognize personal expertise, only verifiable sources. The most one could hope for, then, was a perfectly balanced dialectic. In the Middle Ages this attitude spawned scholastic disputation. […] Wikipedia embodies medievalism democratized" (FULLER 2018, S.127, zit. nach RAHMSTORF, S.287). <zurück>

2) Im hilfreichen Glossar der Arbeit definiert als der Fall, bei dem "zwei oder mehr Benutzer abwechselnd die inhaltlichen Änderungen des jeweils anderen rückgängig machen" (S.405). <zurück>

Literatur

Austin, John L. (2014 [1962]). Zur Theorie der Sprechakte. Stuttgart: Reclam.

Habermas, Jürgen (1988 [1981]). Theorie des kommunikativen Handelns (Bd. 2). Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Honer, Anne (1989). Einige Probleme lebensweltlicher Ethnographie. Zur Methodologie und Methodik einer interpretativen Sozialforschung. Zeitschrift für Soziologie, 18(4), 297-312.

Oevermann, Ulrich; Allert, Tilman; Konau, Elisabeth & Krambeck, Jürgen (1979). Die Methodologie einer objektiven Hermeneutik und ihre allgemeine forschungslogische Bedeutung in den Sozialwissenschaften. In Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Interpretative Verfahren in den Sozial- und Textwissenschaften (S.352-434). Stuttgart: Metzler.

Perelman, Chaim & Olbrechts-Tyteca, Lucie (2004 [1958]). Die neue Rhetorik. Eine Abhandlung über das Argumentieren. Stuttgart: Frommann-Holzboog.

Reichertz, Jo (2013). Gemeinsam interpretieren. Die Gruppeninterpretation als kommunikativer Prozess. Wiesbaden: Springer VS.

Reichertz, Jo (2016). Qualitative und interpretative Sozialforschung. Eine Einladung. Wiesbaden: Springer VS.

Schütze, Fritz; Meinefeld, Werner; Springer, Werner & Weyman, Ansgar (1973). Grundlagentheoretische Voraussetzungen methodisch kontrollierten Fremdverstehens. In Eginhard Hora (Hrsg.), Alltagswissen, Interaktion, gesellschaftliche Wirklichkeit (Teil 2, S.433-495). Reinbek: Rowohlt.

Searle, John R. (1977 [1969]). Sprechakte. Ein sprachphilosophischer Essay. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Soeffner, Hans-Georg (1989). Auslegung des Alltags – der Alltag der Auslegung. Zur wissenschaftlichen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Staab, Philipp (2019). Digitaler Kapitalismus. Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. Berlin: Suhrkamp.

Toulmin, Stephen (1975 [1958]). Der Gebrauch von Argumenten. Kronberg: Scriptor.

Zuboff, Shoshana (2018). Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Frankfurt/M.: Campus.

Zum Autor

Tom KADEN ist akademischer Rat a.Z. am Lehrstuhl für Kultur- und Religionssoziologie der Universität Bayreuth. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Religionssoziologie, das Verhältnis von Wissenschaft und Religion sowie digitale Propaganda.

Kontakt:

Tom Kaden

Universität Bayreuth
Lehrstuhl für Kultur- und Religionssoziologie
Raum 2.21 Universitätsstraße 30 Universität Bayreuth 95447 Bayreuth

Tel.: +49 (0)921 / 55-4114

E-Mail: tom.kaden@uni-bayreuth.de
URL: https://www.soziologie.uni-bayreuth.de/de/bereiche/kultur-und-religionssoziologie/tom-kaden/index.php

Zitation

Kaden, Tom (2024). Review: Olaf Rahmstorf (2023). Wikipedia: Die rationale Seite der Digitalisierung? Entwurf einer Theorie [24 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 25(3), Art. 9, https://doi.org/10.17169/fqs-25.3.4272.

 

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

Funded by the KOALA project

Creative Common License

Creative Commons Attribution 4.0 International License