Volume 6, No. 2, Art. 24 – Mai 2005
Methodische Probleme Foucault-inspirierter Diskursanalysen in den Sozialwissenschaften
Jana Klemm & Georg Glasze
Tagungsbericht:
"Praxis-Workshop Diskursanalyse". 17.-18. Juni 2004, Haus St. Ulrich (Akademie und Tagungszentrum der Diözese Augsburg), organisiert vom Arbeitskreis Diskursanalyse/Sektion Wissenssoziologie der DGS
Zusammenfassung: Der "Praxisworkshop Diskursanalyse" bot für NachwuchswissenschaftlerInnen die Gelegenheit, sich über methodische Probleme der Diskursanalyse in einem breiteren Kreis unter Beteiligung von Mitgliedern des Arbeitskreises Diskursanalyse der Sektion Wissenssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie auszutauschen. Dabei wurden die verschiedensten Facetten des Forschungsprozesses von der Datenerhebung bis hin zur Darstellung von Diskursanalysen erörtert. Einen zentralen Bezugspunkt für den Workshop bildete der Diskursbegriff von FOUCAULT und in diesem Zusammenhang die Frage nach einer Methodologie der sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse. Hierzu wurden Möglichkeiten der Verknüpfung des Verfahrens der interpretativen Analytik von FOUCAULT mit etablierten sozialwissenschaftlichen Methoden vorgeschlagen und insbesondere Anschlüsse an die Grounded Theory aufgezeigt. Über den methodologischen Fokus hinaus lieferten die Beiträge interessante Vorschläge wie verschiedene diskursanalytische Instrumente eingesetzt werden können, zum Beispiel für die Analyse ganz unterschiedlichen Datenmaterials von Einzeltexten bis hin zu Bildern. Der folgende Tagungsbericht konzentriert sich auf die Probleme, die Grenzen und Möglichkeiten der Gewinnung einer Methode von an FOUCAULT angelehnten Diskursanalysen und setzt die Workshopbeiträge in den Kontext der Methoden-Debatte im Forschungsfeld der sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse. Dieses Forschungsfeld verfügt bisher nicht über einen verbindlichen Methodenkanon. So hält etwa die Debatte darüber an, ob man aus FOUCAULTs Werk überhaupt eine Methode gewinnen kann oder ob dies dem Anliegen FOUCAULTs sogar widersprechen würde. Im Rückblick macht der Workshop deutlich, dass die Art des diskursanalytischen Zugriffs u.a. davon abhängt, ob man Akteure als Produzenten von Diskursen versteht oder ob man – dem Verständnis FOUCAULTs folgend – Subjekte als Produkte der Diskurse begreift.
Keywords: Aussage, Archiv, Diskurs, Diskursanalyse, Diskursformation, Foucault, Bilddiskursanalyse, Textanalyse, Interpretative Analytik
Inhaltsverzeichnis
1. Diskursanalyse auf dem Weg in den Methodenkanon der Sozialwissenschaften
1.1 Der Diskursbegriff FOUCAULTs als Herausforderung der empirischen Sozialforschung
1.2 Die FOUCAULTsche Analytik – philosophische Haltung oder Methode?
1.3 Zielsetzung des Workshops
2. Der FOUCAULTsche Diskursbegriff im Licht der qualitativen Sozialforschung
2.1 Die "interpretative Analytik" – Versuch der Rekonstruktion einer Methodologie
2.2 Probleme der Identifizierung: Orte des Diskurses und Formierung von Diskursen
2.3 Methodische Anschlüsse: Interviews und öffentliche Debatten aus diskursanalytischer Perspektive
2.4 Archive, Einzeltexte, Bilder – welches Material passt zu einer FOUCAULTschen Diskursanalyse?
3. Resümee
1. Diskursanalyse auf dem Weg in den Methodenkanon der Sozialwissenschaften
Seit einigen Jahren beginnt sich in den deutschsprachigen Sozialwissenschaften ein Forschungsfeld Diskursanalyse zu etablieren (BUBLITZ, BÜHRMANN, HANKE & SEIER 1999; DIAZ-BONE 1999; ANGERMÜLLER 2001; KELLER, HIRSELAND, SCHNEIDER & VIEHÖVER 2001; KELLER, HIRSELAND, SCHNEIDER & VIEHÖVER 2003). Die Augsburger Arbeitsgruppe Diskursanalyse hat diese Entwicklung durch die Organisation mehrerer Tagungen1) sowie der Edition zweier Handbücher und eines Lehrbuches wesentlich mitgetragen (KELLER et al. 2001; KELLER et al. 2003, KELLER 2004). Dennoch ist die Diskursanalyse in den deutschsprachigen Sozialwissenschaften weit davon entfernt, über einen etablierten Methodenkanon zu verfügen. [1]
Gemeinsam ist den meisten Studien allerdings, dass sie in der einen oder anderen Form Bezug auf die Arbeiten Michel FOUCAULTs nehmen – vielfach in einer gleichsam indirekten Wahrnehmung über die Rezeption seiner Arbeiten in den angelsächsischen humanities. Im Folgenden werden die Beiträge und Diskussionen des Praxisworkshops Diskursanalyse am 17. und 18. Juni 2004 in Augsburg vorgestellt und in die methodische Debatte um den Diskursbegriff FOUCAULTs eingebettet. [2]
1.1 Der Diskursbegriff FOUCAULTs als Herausforderung der empirischen Sozialforschung
Nicht nur der Gesellschaftstheorie2) auch der empirischen Forschung in den Sozialwissenschaften hat der Philosoph und Historiker Michel FOUCAULT (1926-1984) mit seinem Begriff des Diskurses entscheidende Impulse beschert. Neben einer inzwischen nicht mehr überschaubaren Zahl an Studien3) lässt sich FOUCAULTs Resonanz in der empirischen Sozialwissenschaft auch daran ablesen, dass sein – durchaus umstrittenes – Diskurskonzept in eine Reihe neuerer Handbücher zur qualitativen Sozialforschung Eingang gefunden hat.4) Obwohl inzwischen eine große Zahl soziologischer und sozialwissenschaftlicher Studien vorliegt, die sich auf FOUCAULT beziehen, sind die Auswahl und die Anwendung der FOUCAULTschen Instrumente nach wie vor mit Fragen und Schwierigkeiten behaftet: "It is not, of course, always easy to translate Foucaults work into a set of methodological precepts that can be followed by the empirical researcher" (PRIOR 1997, S.77). [3]
Während in den angelsächsischen Sozialwissenschaften bis in die 1970er Jahre ein Diskursbegriff dominierte, der sich vornehmlich auf konversations- oder gesprächsanalytische Studien bezieht, ist der FOUCAULTsche Diskursbegriff eher vor dem Hintergrund eines Forschungsfeldes zu interpretieren, in welchem das sprechende Subjekt dekonstruiert und auf institutionell gebundene Diskurse jenseits von Interaktionen abgezielt wird (ANGERMÜLLER 2005). Diese Forschungsrichtung mündete in Frankreich bereits in den 1960er Jahren in die Institutionalisierung eines Lehr- und Forschungsfeldes Diskursanalyse innerhalb der Linguistik mit Ausstrahlung in das gesamte Feld der "sciences humaines" – insbesondere in die Geschichte (GUILHAUMOU 2003) und die Politikwissenschaft (LE BART 2003). WILLIAMS schätzt die Wirkung FOUCAULTs auf dieses Feld außerordentlich groß ein:
"[...] Foucault's influence on FDA [French Discourse Analysis, d.A.] has been greater than any other, to the extent that, even if it is not possible to think of FDA as the Foucaultian methodology, it is Foucault's work more than that of any other post-structuralist which has been of paramount importance for FDA. [...] Not of course that Foucault developed a coherent method of discourse analysis in the usual sense. Indeed Courtine [...] explicitly claims that FDA represents an attempt to put 'Foucaults perspective to work'" (WILLIAMS 1999, S.76).5) [4]
Johannes ANGERMÜLLER weist allerdings auch darauf hin, dass es nie eine FOUCAULTsche Schule der Diskursanalyse gegeben habe (vgl. 2001, S.12). Dominique MAINGUENEAU, einem Vertreter dieser linguistischen Diskursanalyse in Frankreich, zufolge habe sich FOUCAULT nie darum bemüht, einen expliziten methodologisch/methodischen Apparat aufzubauen (vgl. a.a.O.). Die linguistische Diskursanalyse in Frankreich greift heute vielfach auf etablierte Methoden der Linguistik zurück, die diskurstheoretisch reinterpretiert werden (MAINGUENEAU 1987). Reiner KELLER, Mitglied der Augsburger Arbeitsgruppe, kommt aus der Perspektive einer sich ebenfalls auf FOUCAULT beziehenden sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse zu dem Schluss, dass es sich bei der Diskursanalyse FOUCAULTscher Prägung vor allem "um einen breiten Gegenstandsbereich, ein Untersuchungsprogramm, keine Methode" handele (KELLER 1997, S.325).6) [5]
1.2 Die FOUCAULTsche Analytik – philosophische Haltung oder Methode?
Eine zentrale Frage an FOUCAULTs Werk aus der Sicht der empirischen Sozialforschung dreht sich darum, inwiefern überhaupt eine Methodologie und Methoden der Diskursanalyse aus FOUCAULTs Werk abgeleitet werden können bzw. ob und inwiefern es sich hier um ein anwendbares Verfahren handelt und welche Folgen damit für die empirische Diskursanalyse verbunden sind. Damit zusammen hängen etwa Probleme wie, was eigentlich als Diskurs im Sinne FOUCAULTs zu gelten habe, wie man diesen Diskurs bzw. seine Elemente als Forscher auffindet oder nach welchen Kriterien zu entscheiden sei, wo ein Diskurs beginnt oder endet. Verfolgt man die verschiedenen Diskussionen dazu, dann scheint das Werk FOUCAULTs zunächst mehr Probleme aufzuwerfen als Lösungen. [6]
In der methodischen Diskussion lassen sich vielleicht zwei grundsätzliche Richtungen unterscheiden: 1. Die eine Richtung betrachtet es als ein Problem, dass sich innerhalb von FOUCAULTs Werk keine klar definierte und wiederholbare Methode auffinden lässt und dass es deshalb entsprechender ergänzender Überlegungen bedarf, um überhaupt für die soziologische Forschung brauchbar zu sein. In dem Band "Hauptbegriffe der qualitativen Sozialforschung" (2003) bemerkt Michael SCHWAB-TRAPP in dem Beitrag zur Diskursanalyse, welcher sich explizit auf FOUCAULT bezieht, dass die von FOUCAULT in der Archäologie des Wissens entworfene Methodologie der Diskursanalyse nicht mehr als ein programmatischer Entwurf sei, der kein "methodisch abgesichertes Verfahren zur Rekonstruktion diskursiver Prozesse" biete. FOUCAULTs Begrifflichkeiten würden hingegen erst zahlreiche Probleme methodischer Art aufwerfen und sich "gegen eine systematische Umsetzung in der empirischen Analyse" (a.a.O., S.S.38) sperren. Daher würden sich diskursanalytische Studien etablierter Verfahren der Textanalyse wie der qualitativen Inhaltsanalyse bedienen. Letztlich ist allerdings dann die Frage zu stellen, inwiefern eine solche Herangehensweise einer FOUCAULTschen Perspektive noch gerecht werden kann und ob diese damit nicht eines ihrer zentralen und heuristisch fruchtbaren Charakteristika beraubt wird.7) [7]
2. Die andere Richtung lässt FOUCAULTs Herangehensweise, die Methode und das Instrumentarium für die Analyse direkt am Gegenstand der Untersuchung zu entwickeln, als ein eigenständiges Verfahren gelten. Das zieht allerdings den Umstand nach sich, dass jede von FOUCAULT inspirierte Diskursanalyse immer wieder neu vor der Problematik steht, einen methodischen Apparat für die Analyse entwerfen zu müssen. Sie nimmt FOUCAULTs eigenes Diktum, das Instrumentarium erst am Gegenstand entfalten zu können, ernst. Niels ÅKERSTRØM ANDERSEN zufolge sind FOUCAULTs analytische Strategien "always defined in relation to specific research question, a specific problem, and hence the question is whether they thereby allow for simple generalisation" (ÅKERSTRØM ANDERSEN 2003, S.2). Diese Richtung erfährt von Bereichen außerhalb der Soziologie, wie etwa der Geschichtswissenschaft und der Philosophie, Unterstützung. Dem Historiker Philipp SARASIN zufolge ist "Diskursanalyse beziehungsweise Diskurstheorie [...] keine Methode, die man 'lernen' könnte, sondern sie erscheint mir eher als eine theoretische, vielleicht sogar philosophische Haltung" (SARASIN 2003, S.8). Eine Untermauerung dieser Position lässt sich bei der Philosophin Petra GEHRING (2004) in ihrem jüngst erschienenen Einführungsbuch zu FOUCAULT finden, in dem sie die Einstellung teilt, dass FOUCAULTs Machtkritik weder eine Methode noch lehr- oder lernbar sei. Sie ordnet FOUCAULTs Verfahren, das nicht als Vorgehen im methodischen Sinn, d.h. als "angebbare[r] Weg zur vergleichenden Wiederholung", betrachtet werden könne (a.a.O., S.155), in das Feld der historischen Textwissenschaften ein, für die ähnliches gelte:
"Sie sind nur vage orthodoxiefähig, denn sie behandeln ein Gegenstandsfeld, in dem es streng genommen nur Singularitäten gibt. Zugleich sind sie selbst historisch und (als Teil des Kontextes ihrer Objekte) experimentell und singulär: der Versuch einer Neuordnung, – oder auch: ein Erzählversuch. Nicht wiederholbar, so scheint es" (a.a.O.). [8]
GEHRINGs Schlussfolgerungen lesen sich als eine Art Warnung, nicht in eine – kaum mögliche – Wiederholung des FOUCAULTschen Vorgehens zu verfallen. Sie weist darauf hin, dass FOUCAULT zwar einige "methodisch handfeste Hinweise" in Texten und Gesprächen gegeben habe, seine enorm aufwendige, historische Arbeitsweise aber nahezu unmöglich nachzuahmen sei. Zugleich setzten sie eine "strategische Kunst voraus, die Fülle des historischen Materials auf das Wesentliche zu reduzieren sowie tatsächlich eine 'Individualisierung' ihrer Gegenstände vorzunehmen, die ihresgleichen sucht" (a.a.O., S.156). Vielmehr plädiert GEHRING dafür, FOUCAULTs Metapher von der "Werkzeugkiste", wie er seine Texte verstanden wissen wollte, ernst zu nehmen und selbst zu experimentieren.8) [9]
Beide Positionen stehen aber vor dem Problem der Umsetzung der Analyse. Hier seien nur kurz einige Aspekte im Zusammenhang mit FOUCAULTs Diskurstheorie angerissen, die für die methodische Diskussion relevant sind: Eine Problematik in der Debatte um den Diskursbegriff FOUCAULTs liegt darin begründet, dass sich FOUCAULTs Überlegungen dazu nicht in seinen in der Archäologie des Wissens (1973) und der Ordnung des Diskurses (1974) vorgestellten Diskursbegriffen erschöpfen. Der Diskursbegriff FOUCAULTs steht in enger Verbindung zu dem Begriff der Archäologie. Er dient vor allem dazu, die Diskursformation als unabhängige Formation zu isolieren sowie Diskontinuitäten und Bedeutungsverschiebungen in vermeintlichen Kontinuitäten zu diagnostizieren. In den siebziger Jahren traten dann aber Überlegungen zu den spezifischen Machtwirkungen der Diskurse hinzu, die sich im Konzept der Genealogie wieder finden. Es rückten jetzt stärker die Fragen danach in den Vordergrund, was eine Diskursformation beschränkt, bedingt oder institutionalisiert. Der Körper und die auf diesen wirkenden Machttechnologien, die ihn zerteilen, zergliedern und wieder neu zusammensetzen, erlangen FOUCAULTs Interesse. Dennoch, darauf weisen DREYFUS und RABINOW hin, lassen sich bei FOUCAULT "keine vor- oder nacharchäologische oder -genealogische Phasen" (Jahr 1994., S.133, Hervh. i.O.) unterscheiden, sondern beide Konzepte – Archäologie und Genealogie – bleiben im Werk FOUCAULTs präsent. [10]
Die vielfältigen Überlegungen FOUCAULTs werden etwa von ÅKERSTRØM ANDERSEN (2003) in vier Richtungen der Analyse zusammengefasst: 1. Archäologie (hier ist auch der Diskursbegriff ursprünglich verortet), 2. Genealogie, 3. Selbsttechnologie-Analyse, 4. Dispositiv-Analyse. Daran zeigt sich, dass FOUCAULTs Werk in diesem Sinne keine einheitliche Theorie darstellt. Er selbst kommt einer solchen Rekonstruktion auch zuvor, in dem er von seinem Werk als "Werkzeugkiste" spricht, derer man sich bedienen könne. Dementsprechend beschreibt ÅKERSTRØM ANDERSEN in seiner Untersuchung FOUCAULTs Werk als unsystematisch. "It is not possible, therefore, to draw out a coherent discourse theory from his work. Again, this is related to the fact that he did not want to create a school of thought" (ÅKERSTRØM ANDERSEN 2003, S.2). Hinzu komme die Polyvalenz der FOUCAULTschen Begriffe: "they are many-sided and often come into being through countless negative delimitations and very few, if any, positive definitions" (a.a.O., S.1). [11]
FOUCAULT entwickelte darüber hinaus seine theoretischen Konzepte fast immer gleichzeitig mit und anhand der empirischen historischen Analyse. Das heißt zum einen, dass der theoretische Gehalt der Begrifflichkeiten FOUCAULTs von ihrer Anwendung in der empirischen Forschung und ihrer Übertragung in methodische Designs nicht ohne weiteres abgelöst werden kann.9) Zum anderen stellt sich angesichts der historisch-philosophischen Herangehensweise FOUCAULTs die Frage nach der Übertragbarkeit seiner Konzepte in die Sozialwissenschaften. Der Begriff des Diskurses von FOUCAULT ist ursprünglich im Zuge seiner Auseinandersetzung mit der Geschichtswissenschaft der 1960er in Frankreich entwickelt worden. Auch die darauf folgenden Konzepte stehen im Kontext seiner Entwürfe eines alternativen Zugriffs auf den Gegenstand der Geschichtswissenschaften. [12]
Aus der Sicht der Soziologie beurteilt Nick J. FOX, die Epistemologie FOUCAULTs, wie sie in den Begrifflichkeiten des Diskurses oder der Macht-Wissen-Beziehung zum Ausdruck kommt, zwar als Gewinn für historische und philosophische Interpretationen, für die Soziologie selbst allerdings hätten sie kaum Bedeutung: "I believe the translation of Foucault into sociology is largely vapid, except to the extent that philosophy, literary theory and emancipatory politics impinge on the discipline" (FOX 1998, S.429). Aus seiner Sicht seien FOUCAULTs Konzepte zu mehrdeutig und widersprüchlich. Außerdem würden sich die Werkzeuge FOUCAULTs in ihrer Anwendung durch Diskursanalytiker von traditionellen Methoden nicht unterscheiden (a.a.O.). FOX sieht also weder in theoretischer noch in methodischer Hinsicht einen Gewinn durch FOUCAULT für die Soziologie. [13]
Die bereits erwähnte Richtung der wissenssoziologischen Diskursanalyse um die Augsburger Arbeitsgruppe etwa versucht die Wissenssoziologie von BERGER und LUCKMANN mit kulturalistischen Ansätzen, die auf die Analyse intersubjektiv geteilter Bedeutungen abzielen10) sowie mit Diskurstheorien, "insbesondere derjenigen von Foucault" (KELLER 2004, S.56) zu verknüpfen. Ähnlich bemüht sich Jean CHALABY (1996) um eine soziologische Transformation des FOUCAULTschen Diskursbegriffes: Er betrachtet den Diskursbegriff FOUCAULTs für soziologische Zwecke noch nicht weit genug als ein autonomes soziologisches Konzept entwickelt, da der Diskurs bei FOUCAULT keine Realität sui generis besitze, sondern sich in einzelne Elemente, d.h. nach CHALABY in Texte, auflösen lasse. Die Bedingung, die eine Einheit des Diskurses herzustellen vermag, könne nicht in der diskursiven Formation selbst liegen wie bei FOUCAULT, sondern müsste in einer vordiskursiven Bedingung gesucht werden. Diese findet CHALABY dann im Feldbegriff von BOURDIEU.11) [14]
Eher als eine eigenständige Perspektive, die insbesondere für eine fruchtbare Provokation der etablierten, in ihrer Grundlage (immer noch) modernistische Soziologie sorgt, verstehen bspw. Urs STÄHELI und Ute TELLMANN (2001) die Arbeiten FOUCAULTs. Sie betonen vor allem FOUCAULTs "Vorsicht gegenüber totalisierenden Begrifflichkeiten" und seine Bemühungen, ohne Essentialismen auszukommen. Diese Haltung prägt die sich in jüngerer Zeit entwickelnden poststrukturalistischen Soziologien (vgl. STÄHELI 2000). Diese unterschiedlichen Positionen zur Beziehung von FOUCAULT und den Sozialwissenschaften bleiben für die Fragen hinsichtlich der Umsetzung einer konkreten Diskursanalyse mit FOUCAULT nicht folgenlos (vgl. etwa DIAZ-BONE 1999a). [15]
Die kurz skizzierte Diskussion in den Sozialwissenschaften deutet auf ein nicht unproblematisches Verhältnis zwischen FOUCAULTs Werk und methodischen Überlegungen einer davon inspirierten Diskursanalyse hin. Gerade aus diesem Grund erscheint es aber besonders interessant und fruchtbar, sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte während ihrer Entstehung und in der Auseinandersetzung mit diesen Problemen zu beobachten und zu reflektieren. Der "Praxisworkshop Diskursanalyse", den die Augsburger Arbeitsgruppe Diskursanalyse der Sektion Wissenssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Juni 2004 organisierte, versammelte NachwuchswissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen der Sozialwissenschaften, die an diskursanalytisch ausgerichteten Projekten arbeiten. Vorgestellt und diskutiert wurden neun Forschungsprojekte. Ziel des Workshops war es, in kurzen Vorträgen insbesondere die jeweiligen methodischen Probleme darzustellen. Die Beiträge bezogen sich fast ausnahmslos auf noch nicht abgeschlossene Dissertationsprojekte in unterschiedlichen Forschungsstadien. Eingerahmt wurde die Diskussion von zwei theoretischen Beiträgen von Rainer DIAZ-BONE zur Methodologie der Diskursanalyse sowie von Andrea BÜHRMANN zur Erforschung von Subjektivierungsweisen und der Frage nach geeigneten methodischen Verfahren hierfür. [16]
Bei dem überwiegenden Teil der Workshop-Beiträge zur Diskursanalyse handelte es sich nicht um "klassische" FOUCAULTsche Analysen. Die historische Dimension des Diskurses, so wie sie FOUCAULT in seiner Archäologie konzipiert hat, spielte in keinem der Projekte eine zentrale Rolle (z.B. als Frage nach der Konstitution eines neuen Wissensfeldes oder Wissensgegenstandes). Die einzelnen Themen der Workshopbeiträge legten es vielmehr nahe, dass bestimmte Teile – im Sinne der Metapher von der "Werkzeugkiste" – aus der Diskurstheorie FOUCAULTs herausgegriffen werden. So war etwa eine Analyse der diskursiven Formationen – wie sie FOUCAULT letztlich im Blick hatte – nicht Gegenstand der Forschungsprojekte. Eine Ausnahme bildeten jene Arbeiten, die sich explizit auf das Konzept der Regierungstechnologien von FOUCAULT als theoretischen Rahmen stützen. Dennoch haben alle Projekte – auch wenn sie zum Teil andere Diskurskonzeptionen oder andere theoretische Konzepte mit einbezogen haben – in der einen oder anderen Weise auch eine Anknüpfung an FOUCAULT gesucht. Auch das Tagungsprogramm orientierte sich zu Teilen an den Konzepten FOUCAULTs. – Nicht zuletzt deshalb stehen die spezifischen Probleme mit den FOUCAULTschen Konzepten im Mittelpunkt dieses Beitrages. [17]
In den Vorträgen12) in Augsburg und den anschließenden Diskussionen ließen sich vor allem drei Problemkreise ausmachen, die sich in der allgemeinen methodischen und methodologischen Debatte um das FOUCAULTsche Diskurskonzept wieder finden:
Inwiefern lässt sich aus FOUCAULTs Werk eine Methodologie herauskristallisieren?
Wo ist der FOUCAULTsche Diskurs verortet und wie lässt er sich überhaupt auffinden?
Inwiefern lassen sich etablierte qualitative oder quantitative Methoden an das Konzept der Diskursanalyse anschließen? [18]
2. Der FOUCAULTsche Diskursbegriff im Licht der qualitativen Sozialforschung
2.1 Die "interpretative Analytik" – Versuch der Rekonstruktion einer Methodologie
Während FOUCAULT zwar keine methodische Schrittfolge einer Diskursanalyse bereitstellt und auch nicht bereitzustellen beabsichtigt hat, so sind bisher doch einige Versuche unternommen worden, eine Methodologie aus FOUCAULTs Werk herauszulösen.13) Genau diesem Vorhaben war auch der Eröffnungsbeitrag von Rainer DIAZ-BONE gewidmet, der gleichzeitig eine Art Rahmung des Workshops bildete.14) Zur Rekonstruktion der Methodologie FOUCAULTs bedient sich DIAZ-BONE des Begriffes der "interpretativen Analytik"15). DREYFUS und RABINOW (1994) haben diesen Begriff eingeführt, um damit FOUCAULTs Verfahren der "Entzifferung" – wie er es selbst nennt – der Beziehungen disparater Praktiken diskursiver und nicht-diskursiver Art, die als ein "Muster flexibler Beziehungen" die Kohärenz des Diskurses erzeugen, zu bezeichnen. Dahinter steht die Vorstellung, dass es kein konstituierendes Subjekt oder keine objektiven Gesetze gibt, die die gesellschaftliche Realität organisieren. Vielmehr handelt es sich um diskursive Praktiken, die in ihrer eigenen Dichte und Eigenständigkeit erfasst werden müssen. Es geht darum, die Kohärenz dieser Praktiken in bestimmten diskursiven Mustern zu erfassen, nicht jedoch deren innewohnende Bedeutung. Für diesen Zweck setzt FOUCAULT auch das Konzept des Dispositivs ein, welches DREYFUS und RABINOW als ein vom Historiker konstruiertes, gleichzeitig aber auch in den Praktiken enthaltenes "Analyseraster" bezeichnen. [19]
DIAZ-BONE betont dementsprechend, dass die Diskursanalyse keine Textanalyse im Sinn einer Ergründung von Textstrukturen oder Texteigenschaften darstellt. Stattdessen sollen auf der Grundlage sozio-historischen Materials in der Textmenge durch "abduktives" und "rekonstruierendes" Vorgehen latente Wissenspraktiken bzw. "operative Grundlogiken" des Diskurses als Ergebnis einer räumlich und zeitlich begrenzten "kohärenten und konstruierenden Praxis" erschlossen werden. Die Wissensordnungen sind als kontingent zu betrachten und müssen – um einer vollständigen soziologischen Analyse zu genügen – mit dem sozio-historischen Kontext in Verbindung gesetzt werden. Aufbauend auf die u.a. von Poststrukturalisten, aber auch von Systemtheoretikern LUHMANNscher Prägung eingeführte Einsicht, dass Paradoxien konstitutiv für "Strukturen" sind, schlägt DIAZ-BONE einen methodologischen Fokus der soziologischen Diskursanalyse vor. Er bestehe in der Analyse der Reichweite der Diskursordnung und ihrer Kohärenz einerseits sowie in der Analyse des "Kippens" der Kohärenz durch die ereignishafte und somit unberechenbare Aussagenproduktion andererseits. In diesem Zusammenhang schlägt er eine Verknüpfung mit dem Begriff des "Interdiskurses" von PÊCHEUX vor, den er allerdings in Augsburg kaum näher erläuterte.16) PÊCHEUX definiert den Interdiskursbegriff wie folgt:
"Während der Begriff des Intradiskurses die in der Linguistik wohlbekannte Ebene des Diskursfadens (einer Rede oder eines Textes) bezeichnet, d.h. die Verbindung der Zeichen innerhalb ihrer linearen Verkettung, zielt das Konzept des Interdiskurses auf die Tatsache, daß jede Sequenz, neben ihrer offensichtlichen Linearität, eine komplexe und geschichtete (stratifizierte) Materialität ist, die sich auf andere Diskurse bezieht, die vorher, außerhalb und unabhängig bereits existieren. Die Bestandteile eines Diskurses stammen immer aus einem soziohistorischen Anderswo, in dem sie bereits funktioniert haben" (PÊCHEUX 1983, S.53). [20]
PÊCHEUX geht es vor allem um einen – auch vor dem Hintergrund von FOUCAULTs Theorie entwickelten – Neuentwurf des Ideologiebegriffs und der Frage nach den Effekten von Bedeutung.17) Der von DIAZ-BONE entlang von PÊCHEUX stark gemachte und auch bei FOUCAULT erwähnte Interdiskursbegriff erscheint zweifelsohne als ein fruchtbares analytisches Werkzeug – gerade auch, weil er frei macht von einer Fixierung auf "den großen, homogenen Diskurs" und damit den Blick schärft für die permanenten Abgrenzungsarbeiten im Interdiskurs. Dies scheint insbesondere auch für sozialwissenschaftliche Arbeiten relevant, die sich zeitgenössischen Prozessen in einer äußerst heterogenen und pluralen Öffentlichkeit widmen. [21]
Ungeklärt blieb in dem Beitrag, welche Rolle in der Rekonstruktion von DIAZ-BONE FOUCAULTs Betonung der nicht-diskursiven Praktiken, die aber nichtsdestoweniger zum Diskurs gehören, sowie die zentrale Bedeutung der Machttechnologien in Zusammenhang mit Körperpraktiken und Selbsttechniken spielen. Dies ist insofern verwunderlich, da DREYFUS und RABINOW das Vorgehen der interpretativen Analytik in engen Zusammenhang mit FOUCAULTs Hinwendung zur Genealogie stellen, die wiederum die Machttechnologien und den Körper in den Mittelpunkt rückt. Unaufgeklärt blieb dann auch der Umgang mit einigen wichtigen Unterschieden zwischen PÊCHEUX und FOUCAULT. Dies betrifft beispielsweise die Vernachlässigung der institutionellen, nicht-diskursiven Praktiken durch PÊCHEUX. Es wäre sicher interessant gewesen, das Interdiskurs-Konzept in Verbindung zum methodologischen Fokus gerade in der Spannung der beiden theoretischen Ansätze von FOUCAULT und PÊCHEUX weiter auszuleuchten. [22]
DIAZ-BONE stellt dann in einem Versuch der Anpassung der Diskursanalyse an die Anforderungen qualitativer Sozialforschung drei zentrale Strategien der interpretativen Analytik heraus: 1. Sensibilisierungsstrategien (Worauf richtet der Forscher seinen Blick? Wie organisiert man den diskursanalytischen Blick im Bezug auf das Material?); 2. Reflexivitätsstrategien, "die den epistemischen Bruch einrichten helfen" (DIAZ-BONE); 3. Systematisierungsstrategien, die das Auffinden der Grundlogik anleiten sollen. Hierzu verweist DIAZ-BONE auf die Techniken des Kodierens. Alle drei Strategien reichert DIAZ-BONE mit einer Reihe von sicherlich im einzelnen hilfreichen Fragen zum Umgang mit dem Material an, die dazu dienen, den "diskursanalytischen" Blick entsprechend zu schärfen. Die Strategien werden bezogen auf die Arbeit mit Textmaterial. Unklar bleibt auch hier, wie mit der bei FOUCAULT betonten Ebene der nicht-diskursiven Praktiken umgegangen werden soll und kann. Letztlich hat DIAZ-BONE in seiner Rekonstruktion der Methodologie FOUCAULTs aber den wichtigen und hilfreichen Versuch unternommen, das Konzept der interpretativen Analytik in die qualitative Sozialforschung einzuführen und für diese zugänglicher zu machen. [23]
2.2 Probleme der Identifizierung: Orte des Diskurses und Formierung von Diskursen
Ein zentrales Problem jeder an FOUCAULT orientieren Diskursanalyse betrifft die Frage nach der Identifizierung des Diskurses. Dabei lässt sich sagen, dass FOUCAULTs Fragen vor allem darauf abzielen, wie sich neue Felder und Gegenstände des Wissens herausbilden. Ein weiterer Strang sind die mit solchen Wissensfeldern verbundenen Subjektivierungsprozesse, die sich in bestimmten Macht-Wissen-Beziehungen diskursiv manifestieren. [24]
2.2.1 Institutionen als Orte der Diskursproduktion und die Verbreitung von Diskursen
Die Frage zum Verhältnis ihres Forschungsprojekts zur FOUCAULTschen Diskursanalyse stellte sich etwa für Ina SCHMIDT-KNITTEL, die zu "Gesellschaftlichen Diskursen über okkulte Gefahren am Beispiel des satanisch-rituellen Missbrauchs (SRM)" forscht. In ihrem Projekt untersucht die Autorin, wie es möglich ist, dass sich das Okkulte im öffentlichen und institutionellen Diskurs als Gefahr und damit als etwas "Wirkliches" durchsetzt, obwohl es für die Existenz damit in Verbindung gebrachter Praktiken wie etwa des satanisch-rituellen Missbrauchs von Personen durch religiöse Netzwerke, schwarze Messen und ähnliches keine "Beweise" zu geben scheint. Dennoch lässt sich der Autorin zufolge feststellen, dass es eine Reihe von staatlichen Institutionen wie etwa eigene Ermittlungsbehörden oder Stiftungen gibt, die sich mit diesem Problem beschäftigen. Dieses von den Institutionen erzeugte Wissen über das Okkulte und seine Gefahren beruhen der Autorin zufolge aber lediglich auf bestimmten Vorstellungen. Konkreten Erfahrungen etwa mit Schwarzen Messen oder ähnlichem seien bei diesen Akteuren nicht vorhanden. [25]
Theoretischer und methodologischer Hintergrund ihrer Analyse ist zunächst die von Reiner KELLER vertretene wissenssoziologische Diskursanalyse, die eine ihrer Wurzeln in der Wissenssoziologie von BERGER und LUCKMANN hat.18) Letztlich stellte sie zur Diskussion, inwiefern ihr Forschungsprojekt einer FOUCAULTschen Diskursanalyse entsprechen würde. Aus einer FOUCAULTschen Perspektive könnte man formulieren, dass der Diskurs die okkulte Gefahr erschafft und dass es dabei unerheblich ist, inwiefern konkrete Erfahrungen durch verschiedene Personen existieren. Das Konzept des Dispositivs von FOUCAULT, das man in dem Falle als Dispositiv der okkulten Gefahr bezeichnen könnte, wäre hier durchaus anschlussfähig. Aus einer FOUCAULTschen Sicht (aber auch aus der von BERGER und LUCKMANN) erscheint es weniger wichtig, ob es sich um ein "beweisbares" Phänomen handelt. [26]
Entscheidend ist vielmehr die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass das Okkulte zu einem bestimmten Zeitpunkt Gegenstand des Diskurses von Polizei und anderen Institutionen wird – und seinerseits zu institutionellen Veränderungen und neuen Praktiken führt – und welche diskursiven Praktiken es im einzelnen sind, die den Gegenstand des "gefährlichen Okkulten" hervorbringen. SCHMIDT-KNITTEL bedient sich der Unterscheidung von drei Ebenen im Ansatz der sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse:
eine Phänomenebene, womit bestimmte Argumentationsfiguren beim Sprechen über das Okkulte gemeint sind sowie Inhalte oder historische Diskursverweise;
eine Akteurs- und Beziehungsebene (hierunter fallen die im Diskurs auftretenden SprecherInnen, die Institutionen, Kollektive sowie deren Positionen und Motive ebenso wie sich herausbildende Lager und Allianzen) und
die Ebene der "sozialen Wirksamkeit des Diskurses", wobei es um die Verbreitung und Akzeptanz der Diskurse auf gesellschaftlicher Ebene gehen soll (SCHMIDT-KNITTEL). [27]
Etwas problematisch an dieser Unterscheidung im Zusammenhang mit FOUCAULT wäre vor allem der Akteursbegriff, der dem FOUCAULTschen Ansatz fremd ist. Der Akteursbegriff ist eher mit der Vorstellung des handelnden Subjekts konnotiert. Bei FOUCAULT sind Akteure (besser: Subjekte) immer (nur) Produkte von Diskursen und nicht für diese konstitutiv. [28]
2.2.2 Das Kollektiv als diskursives Konstrukt
In dem Beitrag von René JOHN wurde das Problem der Geregeltheit von Diskursen, welches FOUCAULT in der "Ordnung des Diskurses" thematisiert, zum Ausgangspunkt von Überlegungen zur Herstellung von Kollektiven oder – in FOUCAULTs Sprache – von Subjektpositionen des "Wir". JOHN geht es in seinem Dissertationsprojekt darum, die Konstruktion von Wir-Kollektiven bzw. Wir-Identitäten am Beispiel von lokalen Diskursen zur Oderflut 1997 in betroffenen Gemeinden empirisch nachzuvollziehen. Dabei interessiert ihn neben der Erzeugung der Kollektividentität die Bedeutung dieser hergestellten kollektiven Identität für die Reproduktion personaler Identität der von der Katastrophe betroffenen Einwohner. [29]
Im Mittelpunkt steht die Analyse von Kollektivsymbolen, einem Konzept von Jürgen LINK. JOHN nutzt aber darüber hinaus den Diskursbegriff FOUCAULTs um Kollektive als diskursive Konstrukte zu begreifen, deren Kommunikation geordnet und beschränkt verläuft. Allerdings stellt er die Frage, inwiefern bei kollektiven Wir-Konstruktionen überhaupt von einem Diskurs gesprochen werden kann, da die partikularen Wir-Diskurse nicht die Reichweite eines FOUCAULTschen Diskursbegriffes erreichen würden. Aus der Perspektive des Subjektivierungs-Konzeptes stellt sich das Problem der Identität für FOUCAULT immer nur als Bündel von in Diskursen verstreuten Subjektpositionen dar, die entsprechend aufzufinden und zu untersuchen sind. Die Regelmäßigkeiten des Diskurses bezieht FOUCAULT vor allem darauf, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an verschiedenen Stellen der Gesellschaft ähnliche Formen der Aussagenproduktion hinsichtlich eines bestimmten diskursiven Feldes ausmachen lassen, die als legitime Aussagen gelten und durch das diskursive Feld zu (historisch) "wahren" Aussagen werden. [30]
Hier entsteht für JOHN das Problem, sich in dem konkreten und begrenzten Fall möglicherweise doch einem "alltagspraktischen" Diskursbegriff zuwenden zu müssen. Daran knüpfte auch seine Frage an, wie sich im Interviewmaterial oder den von ihm untersuchten Medienberichten Aussagen als zugehörig zu einem Diskurs erkennen lassen. An dieser Stelle scheint die schwierige Position des Diskursforschers auf, der den Diskurs, den er sozusagen "auffindet" in dieser Arbeit überhaupt erst konstruiert und konstruieren muss. Der Diskurs ist nicht einfach sichtbar, aber er ist genauso wenig hinter der Oberfläche des Textes verborgen, sondern existiert nur dort. [31]
2.2.3 Prozesse der Subjektivierung oder Akteure als Diskursproduzenten: zwei diskursanalytische Zugangsweisen
Die Problematik der Subjektivierungsprozesse findet sich bei FOUCAULT insbesondere in seiner Gouvernementalitätstheorie wieder, an die u.a. der Beitrag von Thomas JUNGE anknüpfte. JUNGEs Thema ist die Legitimierung und Akzeptanzgewinnung wissenschaftlichen Wissens auf Bürgerkonferenzen, die sich mit den ethischen Implikationen biomedizinischer Forschungen befassen. Das wissenschaftliche Wissen wird in diesem Zusammenhang als kontroverses Wissen betrachtet, dass in diesem Kontext einer Strategie der Akzeptanzgewinnung bedarf und die sich nicht auf rein naturwissenschaftliche Erkenntnisse beziehen können. Wissenschaftliches Wissen geht hier eine neue Verbindung mit ethisch-moralischen Inhalten ein, die JUNGE als Ethisierung von wissenschaftlichem Wissen und dies als neues Steuerungselement zur Herstellung und Bewahrung von wissenschaftlicher und politischer Legitimität sieht. Er fragt dann nach den unterschiedlichen Beteiligungsformen heterogener Akteursgruppen an dem Diskurs in den Bürgerkonferenzen und ihrem Umgang mit kontroversem Wissen. Oder anders: Wie legitimiert sich kontroverses Wissen in heterogenen Wertegemeinschaften? [32]
Den Autor interessieren nun dabei insbesondere die disziplinierenden und regulierenden Funktionen ethischer Diskurse. Dabei sieht er eine Verbindung zwischen diesen ethischen Diskursen im Rahmen der Bürgerkonferenzen und der Bedeutung der "Selbstregulation und Selbstverantwortung" des Subjektes in der gegenwärtigen Gesellschaft und dessen Herstellung als "zentrales Element neoliberaler Hegemoniebestrebungen". Das FOUCAULTsche Theorie-Konzept der Regierungstechnologien wird empirisch durch die Analyse von Argumentationsmustern und Argumentationsstrategien, die sich während der Bürgerkonferenzen ausbilden, einzuholen versucht. [33]
Bemerkenswert ist, dass durch den Bezug auf die Gouvernementalitätsstudien und die Subjektivierungsprozesse öffentliche Debatten für eine FOUCAULTsche Analyse interessant werden. Diese scheinen ansonsten als Untersuchungsgegenstand eher etwas quer zu FOUCAULTs Diskursbegriff zu liegen. FOUCAULT selbst hat sich nie explizit mit öffentlichen Auseinandersetzungen als Analyseobjekt und als Ort des Diskurses beschäftigt. Sein Diskursbegriff weist eher eine historische Dimension (im Sinn seines Konzeptes von Genealogie) auf und bezieht sich darüber hinaus auf die Vielfalt der Orte (Verstreuung der Aussagen), in denen zu einem Diskurs gehörige Aussagen zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten. [34]
Hinsichtlich des Status' von Akteuren bzw. Subjekten in der Diskursanalyse haben sich zwei verschiedene diskursanalytische Zugriffsweisen im Verlauf des Workshops gezeigt. Die eine Richtung, die vor allem jene Projekte mit Bezug zu den Gouvernementalitätsstudien verfolgten, betrachtet Akteure bzw. Subjekte oder Subjektpositionen eher als Produkte eines diskursiven Geschehens. Ein Beispiel für die zweite Richtung ist die Untersuchung von Elke FEIN. Ihre Art des diskursanalytischen Zugriffs steht exemplarisch für einige Beiträge auf dem Workshop, die die Akteure und ihre Strategien in den Vordergrund stellen und damit auch die Akteure als die Produzenten des Diskurses zu betrachten scheinen. [35]
In der Studie von FEIN geht es um diskursive Strategien von Akteursgruppen zur Erlangung von Deutungshoheit. In ihrer Diskursanalyse bezieht sie sich auf FOUCAULT, HAJER sowie LACLAU und MOUFFE. Die Autorin verfolgte anhand des edierten Prozessprotokolls, der Presseberichterstattung und Zeitzeugeninterviews den KPDSU-Prozess von 1992 vor dem Verfassungsgericht der Russischen Föderation, der die Verfassungsmäßigkeit der Partei sowie die Verfassungsmäßigkeit ihres Verbotes durch Jelzin nach dem Putsch 1991 behandelte. Es ging also um die Frage der Legitimität der Partei in einem postsowjetischen Russland ebenso wie um das Problem der Vergangenheitsbewältigung. FEIN untersuchte in einer großen Detailliertheit die diskursiven Strategien der beteiligten Akteure während des Prozesses im Hinblick darauf, wie diese Einfluss auf das in dem Prozess ausgesprochene Urteil über die sowjetische Vergangenheit der Partei genommen haben, welches letztlich positiv für die Kommunisten ausfiel. Sie interessiert sich für die Frage, warum sich bestimmte Strategien im Kampf um Legitimität als erfolgreicher erweisen als andere. [36]
Akteure als Strategen, die um den Einfluss auf Diskurse kämpfen, stehen auch im Mittelpunkt des Projektes von Britta BAUMGARTEN, die einen Teil eines Forschungsprojektes (UNEMPOL) an der Universität Bamberg vorstellte, an dem sie beteiligt ist. Es geht um die Untersuchung des politischen Diskurses über Arbeitslosigkeit in Deutschland als Teil einer europaweiten, ländervergleichenden Studie. Die Forschergruppe analysiert, inwiefern die Interessen der Betroffenen im politischen Diskurs über Arbeitslosigkeit vorkommen und unter welchen Bedingungen sich eine Thematisierung erreichen lässt. [37]
BAUMGARTEN nennt zwei Problemstellungen des Projektes, die sie als "klassisch" für eine soziologische Diskursanalyse bezeichnet. Erstens geht es um die Frage nach den Regeln und Regelmäßigkeiten des vorliegenden politischen Diskurses. Gemeint sind damit die "impliziten Beteiligungs'rechte' und -formen" unterschiedlicher Akteursgruppen, die in dem Diskurs zum Ausdruck kommen. Zweitens sollen die Interaktionsstrukturen der Diskurse aufgeschlüsselt werden. Darunter sind die Koalitionen und Netzwerke der beteiligten Diskursgemeinschaften zu verstehen. Es soll gezeigt werden, wie Akteure den öffentlichen Diskurs um Arbeitslosigkeit zu beeinflussen versuchen. [38]
Die Daten werden zum einen aus einer Medienanalyse gewonnen, zum anderen aus halbstandardisierten Interviews mit Akteuren aus der Politik. Der politische Diskurs als differenziert in zwei Räume gedacht: zum einen in der medialen Berichterstattung und zum anderen im "institutionell eingehegten politischen Raum", in denen formelle Entscheidungsfindungsverfahren zentral sind. Es soll geklärt werden, in welcher Weise die beiden Räume miteinander verwoben sind bzw. wo sie differieren. Methodisch wird dies über einen "Mixed Method"-Ansatz umgesetzt: es wird eine quantitative Medienanalyse durchgeführt sowie eine qualitative Analyse von (über Interviews erhobene) Diskursgemeinschaften und "advocacy coalitions", die u.a. durch eine "gemeinsame normative und kausale Sichtweise auf das Problem" identifiziert werden. [39]
Diese diskursanalytische Herangehensweise scheint an akteurszentrierte Positionen wie die von SCHWAB-TRAPP anzuknüpfen (allgemein zu SCHWAB-TRAPPs Position zur Diskursanalyse siehe die Absätze 1.2 und 2.3), der – zwar mit explizitem Bezug auf FOUCAULT, aber einem doch deutlich verschiedenem Verständnis von Diskurs – die Diskursanalyse als einen "eng definierten Gegenstandsbereich" betrachtet. Diskurse sind hier die "öffentlich diskutierten, miteinander konkurrierenden und mehr oder weniger kollektiv geteilten Deutungen für politische und soziale Handlungszusammenhänge" (SCHWAB-TRAPP 2003, S.39).19) [40]
2.2.4 Analyse kohärenter Diskursmuster oder Freilegen diskursiver Brüche: zwei Strategien
Öffentliche Diskurse bildeten ebenfalls den Gegenstand des Beitrages von Zuzanna KRELL-LALUHOVA, die das von Frank NULLMEIER und Roland LHOTTA geleitete Projekt "Wandel demokratischer Legitimation durch Internationalisierung und Deparlamentarisierung" am Sonderforschungsbereich "Staatlichkeit im Wandel" der Universität Bremen vorstellte. Die leitende Frage ist, ob sich im Vergleich von vier Demokratien (USA, Großbritannien, Schweiz, Deutschland) seit 1990 ein Wandel politischer Legitimation beobachten lässt und ob dies mit Prozessen der Internationalisierung und Deparlamentarisierung zusammenhängt. Ein Wandel, so die Annahme, setzt dann ein, wenn sich im öffentlichen Diskurs neue Begründungsfiguren und Kriterien für die Anerkennungswürdigkeit demokratischer Herrschaft durchsetzen. Analysiert werden u.a. die Legitimationsmuster, auf denen diese Anerkennung beruht. Diese Legitimitätsdiskurse werden als die zentralen Orte der Herstellung von Legitimität und der Stabilisierung und Reproduktion von Legitimitätsmustern betrachtet. [41]
Zum einen beruht das Projekt auf einer quantitativen Massentextanalyse in Gestalt der Auswertung von Zeitungsberichten. In dem Projekt wurde entsprechend eine operationale Definition dessen formuliert, was unter den Legitimationsdiskursen zu verstehen ist. Den Untersuchungsgegenstand bilden vier nationale, inhaltlich-thematisch über ihre legitimatorische Funktion definierte Diskurse, in denen explizit die Legitimität und Legitimationsbasis der jeweiligen politischen Ordnung, ihrer Kerninstitutionen und -verfahren bewertet und diskutiert, die politische Ordnung oder Gemeinschaft also de- oder relegitimiert werden. Der Textkorpus enthält Zeitungsartikel, die mindestens ein Legitimationsstatement enthalten. Diese Legitimationsstatements sind die Untersuchungseinheiten und müssen KRELL-LALUHOVA zufolge folgende Kriterien erfüllen: a) Ein Legitimationsobjekt ist eindeutig identifizierbar; b) ein Legitimationsmuster – konkret oder allgemein – ist vorhanden; c) das Statement hat einen eindeutig evaluativen Charakter (im Sinne de-/relegitimierend) (KRELL-LALUHOVA). Der Diskurs wird als ein Netzwerk dieser aufgefundenen Legitimationsstatements definiert. Diese "Massentextanalyse" wird kombiniert mit qualitativen Fallstudien aus drei Feldern: Mediendiskurse, parlamentarische Diskurse und juristische Diskurse. Bei der Zeitungsanalyse beispielsweise werden mit Hilfe des Textbearbeitungsprogramms MAXQDA quantitative und qualitative Auswertungsschritte kombiniert. Das Programm ermöglicht den Zugriff auf Kombinationen von Legitimationsobjekten und -mustern, die dann qualitativer Analyse zugänglich sind. [42]
Andrea HOFFMANN untersucht die staatliche Krisenintervention zugunsten staatlicher Unternehmen u.a. am Beispiel der SuisseAir-Krise. Vergegenwärtigt man sich noch einmal den von DIAZ-BONE in seinem Vortrag vorgeschlagenen methodologischen Fokus zur Diskursanalyse, der sich zum einen auf die Analyse der Reichweite der Diskursordnung und ihrer Kohärenz sowie zum anderen auf die Analyse des "Kippens" der Kohärenz durch die ereignishafte und somit unberechenbare Aussagenproduktion andererseits bezieht (s. Abschnitt 2.1), so ist das Projekt ein Beispiel dafür, insbesondere den zweiten Aspekt auszuloten. Sie interpretiert die SuisseAir Krise als "diskursives Ereignis" das gleichzeitig einen "Knoten und Umbruchpunkt" bildet. Bei FOUCAULT nimmt der Ereignis-Begriff im Zusammenhang mit der Archäologie eine zentrale Rolle ein. Aussagen sind hier Aussagen-Ereignisse, wobei diese als solche Verschiebungen in der Bedeutung erzeugen. Für FOUCAULT spielt der Begriff des "diskursiven Ereignisses" mit Bezug auf die Verschiebung diskursiver Ordnungen großer Reichweite und über verschiedene Orte hinweg eine Rolle. HOFFMANNs Projekt stellt den Versuch dar, das Konzept des "Bruches" auf räumlich eher eng begrenzte Diskurse anzuwenden. Letztlich stellt sie sich Frage, welche Intervention mit bestimmten Diskursen möglich war und welche nicht. [43]
2.3 Methodische Anschlüsse: Interviews und öffentliche Debatten aus diskursanalytischer Perspektive
Ein anderes, sich durch nahezu alle Beiträge des Workshops ziehendes Diskussionsthema betraf die konkreten Analysemethoden, mit Hilfe derer die Diskurse nachgezeichnet werden sollten. Ein Blick in einige neuere Handbücher qualitativer Sozialforschung zur Frage der Methode und Methodologie oder Sammelbände zur (FOUCAULTschen) Diskursanalyse ergibt eher eine etwas unklare Situation. So schlussfolgert etwa Michael SCHWAB-TRAPP (2003), dass sich FOUCAULTs Annahmen einer "systematischen Umsetzung sperren" würden (siehe auch 1.2) und dies dazu führe, dass sich die diskursanalytische Perspektive etablierter Verfahren der Textanalyse bediene, etwa der Tradition der Hermeneutik, der Grounded Theory oder sprach- und literaturwissenschaftlicher Analyseverfahren. ÅKERSTRØM ANDERSEN (2003) oder ANGERMÜLLER (2001) betonen allerdings, dass die Diskursanalyse gerade keine reine Textanalyse sei – bei der es beispielsweise in einer hermeneutischen Perspektive um die Rekonstruktion des Sinns gehe. Etablierte Textanalyse-Verfahren müssen daher kritisch auf ihre Eignung für diskursanalytische Arbeiten geprüft und ggf. entsprechend modifiziert und eingesetzt werden (Hinweise dazu bspw. bei MAINGUENAU 1997). [44]
ÅKERSTRØM ANDERSEN (2003) benennt vier Punkte, in denen sich die Diskursanalyse von anderen Analysehaltungen unterscheidet: Die Diskursanalyse ist 1. keine Textanalyse; 2. keine literarische Analyse; 3. keine strukturelle Analyse und 4. keine Form eines diskursiven Kommentars. Der Aussage kann man sich schließlich nur mit "Wie"-Fragen annähern, um eine Reduktion der Aussage auf eine andere Ebene wie die der Bedeutung oder die der Gründe und Ursachen zu vermeiden. – Mit ANGERMÜLLER (2001, S.8) kann präzisiert werden: "Während eine Textanalyse den Text als geschlossenes System distinktiver Elemente betrachtet, das autonom ('grammatischen') Mechanismen der Sinngenerierung folgt, heben diskursanalytische Zugänge die Verbindung des Textes mit dem Kontext hervor." Genauer, es gehe um die "die Formen, Mechanismen und Regeln, durch die Text und Kontext diskursiv verknüpft werden" (a.a.O.). [45]
ANGERMÜLLER hebt noch eine weitere wichtige Unterscheidung – nämlich die zwischen einem "alltagsweltlichen Diskursbegriff" und der Diskursanalyse – hervor: "Im Gegensatz zu diesem alltagsweltlichen Diskursbegriff, für den eine inhaltliche Orientierung ('Was thematisiert der Diskurs?') ausschlaggebend ist, stehen für die Diskursanalyse die formalen Mechanismen, Operationen und Regeln im Mittelpunkt, die die diskursive Produktion leiten ('Wie operiert der Diskurs?')" (a.a.O.).20) Dies hat ANGERMÜLLER zufolge die methodische Konsequenz, dass sich eine solche "formal-genetische Betrachtungsweise" des Diskurses "von hermeneutisch-rekonstruktiven und inhaltsanalytischen Zugängen abgrenzt" (a.a.O.). Folglich kann eine FOUCAULTsche Diskursanalyse nicht einfach auf hermeneutische oder inhaltsanalytische Methoden zurückgreifen, sondern muss diese ggf. diskurstheoretisch umarbeiten. KENDALL und WICKHAM raten, bei methodischen Entscheidungen eine ethnomethodologische Perspektive einzunehmen: "It is worth trying to generate categories from fragments or data, for example, in a Sacksian or Garfinkelian manner" (KENDALL & WICKHAM 2004, S.145). Wie stellen sich nun aber diese methodisch-theoretischen Auseinandersetzungen im Licht empirischer Projekte dar? [46]
Die in den verschiedenen vorgestellten Projekten genutzten Analysemethoden sind sehr unterschiedlich. Neben der Auswertung von Interviewmaterial zur Rekonstruktion von Kollektiv-Identitäten durch Narrationsanalyse und mit Hilfe der Methoden von SCHÜTZE bzw. OEVERMANN sowie Hayden WHITE und VIEHÖVER (René JOHN), kommt etwa die Argumentationsanalyse zum Einsatz. Rainer DIAZ-BONE plädierte für die Anwendung der Grounded Theory, um durch deren Instrumentarium der maximalen und minimalen Kontrastierung sowie der Kategorienbildung der "operativen Grundlogik" der Diskurse auf die Spur zu kommen. Ein anderes methodisches Problem (in dem Projekt von Zuzanna KRELL-LALUHOVA) bezog sich darauf, wie sich Inhaltsanalyse und Diskursanalyse überschneiden bzw. wie sie sich in der konkreten Analyse tatsächlich unterscheiden lassen. [47]
Im Hinblick auf die Frage, welche qualitativen Analysemethoden mit der Diskurstheorie FOUCAULTs kombinierbar seien, stellte Andrea BÜHRMANN21) in ihrem theoretischen Beitrag zum aktuellen Stand der von FOUCAULT angeregten Gouvernementalitätsstudien einen interessanten Vorschlag vor. Sie plädierte für einen Anschluss der Analyse von Subjektivierungsweisen an die Methoden der Biographieforschung. Anknüpfungspunkt ist eine Debatte zwischen Ulrich BRÖCKLING, einem prominenten Vertreter der Gouvernementalitätsstudien hierzulande, auf der einen Seite und Katharina PFÜHL und Susanne SCHULZ auf der anderen Seite. BÜHRMANN zufolge sei das "unternehmerische Selbst" zu einer hegemonialen Figur in den Gouvernementalitätsstudien geworden, welche jene in allen Lebensbereichen auszumachen versuchten. Während BRÖCKLING davon ausgehe, dass das "unternehmerische Selbst" nicht als empirisch vorfindbare Entität, sondern als Richtung, in die sich die Individuen verändern (sollen), betrachtet werden müsse, sehen PFÜHL und SCHULZ darin eine Ausblendung individueller und kollektiver Widerstandspotenziale gegen eine subjektive Aneignung des Programms des unternehmerischen Selbst. [48]
BÜHRMANN schließt sich in ihrer Kritik PFÜHL und SCHULZ an und hinterfragt in ihrem Beitrag die Behauptung von BRÖCKLING, dass das unternehmerische Selbst keinen Idealtypus im Sinne WEBERs darstelle. Es sei nämlich genau diese Behauptung, die BRÖCKLING brauche, um nicht nach der subjektiven Vermittlung der neoliberalen Management-Programme fragen zu müssen. Der Idealtypus sei zwar so nicht in der Wirklichkeit vorfindbar, setze sich aber aus konkreten, der Wirklichkeit entnehmbaren Bestandteilen zusammen und stehe daher auch erst am Ende einer Untersuchung. BRÖCKLING gerate in Widersprüche, denn er selbst bezeichne das "unternehmerische Selbst" mit FOUCAULTs Begriff des Dispositivs. Für dieses aber, so BÜHRMANN, habe FOUCAULT immer wieder eine materielle Existenz und insbesondere ihrer subjektivierenden Effekte angemahnt. Außerdem gehe es der Perspektive der Gouvernementalitätsstudien darum, die einzelnen Regierungspraktiken erst zu erkunden.22) [49]
Für diese Forschungsperspektive sind u.a. die verschiedenen Arten der Subjektkonstitution interessant. Hier nun schlägt BÜHRMANN vor, diese konkreten Subjektivierungsprozesse, die subjektive Aneignung und auch Verwerfung, mit den Mitteln der Biographieforschung zu untersuchen. Sie erachtet hierfür das biographische Interview als Erhebungsinstrument sowie die dokumentarische Methode MANNHEIMs als Auswertungsinstrument für fruchtbar. Unklar sei, ob für diesen Zweck eher die Form des "narrativen" oder des "thematischen Interviews" zu wählen sei. [50]
BÜHRMANNs Vorschlag könnte allerdings umgekehrt auch als eine Herausforderung für die Biographieforschung betrachtet werden, denn mit FOUCAULT wird das Subjekt nicht als einheitliches, in seinem Lebenslauf als ein mit sich selbst identisches Subjekt im Sinne eines "Autorsubjektes" gedacht, sondern es ist in der Multiplizität seiner Subjektpositionen enthalten. Identitätstheoretisch gewendet heißt das:
"Die Identität des Subjekts kann nicht unabhängig von seiner Einschreibung in verschiedene diskursive Oberflächen und Dispositive gefasst werden. Das Subjekt wird erst durch den Diskurs als Ort seines Sprechens, Fühlens und Handelns geschaffen. Die Vielfältigkeit der gesellschaftlichen Diskurse ist denn auch gleichzeitig die Vielfältigkeit des Subjekts. Selbst der Eigenname eines Subjekts kann nicht mehr garantieren, dass es sich bei den verschiedenen 'Aussagen' und 'Praktiken' des 'gleichen' Subjekts um eine kontinuierliche Menge handelt" (STÄHELI 2000, S.48). [51]
2.4 Archive, Einzeltexte, Bilder – welches Material passt zu einer FOUCAULTschen Diskursanalyse?
Eine der schwierigen Fragen zu Beginn einer von FOUCAULT inspirierten Diskursanalyse lautet: Wie begrenzt man sein Material? FOUCAULTs eigene empirische Forschungen stützen sich auf immense Materialkorpora, um das archäologische Verfahren des "Ausgrabens" von Diskursen verfolgen zu können. Petra GEHRING formulierte hierzu die von ihr gleichzeitig bezweifelte methodologische Maxime: "Alles lesen!" (GEHRING 2004). Müssen jedoch immer Archive die materielle Grundlage von (FOUCAULTschen) Diskursanalysen bilden? [52]
Begrenzt man hier zunächst das Material auf Textmaterial, so stellen sich zwei Fragen: Zum einen, ob nicht FOUCAULT auch für die Untersuchung von Einzeltexten ein interessantes Instrumentarium bereit hält, und zum anderen, ob nicht beispielsweise auch Bilder als Textmaterial oder besser als diskursives Material oder Aussagen im Sinne FOUCAULTs gelten können. Dafür spricht etwa, dass FOUCAULT den Begriff der Aussage in Absetzung zu Kategorien der Sprache und der Linguistik zu entwickeln versucht hat (vgl. dazu auch BROWN & COUSINS 1980). Spätestens nach dem von MITCHELL konstatierten "pictural turn" (vgl. u.a. MITCHELL 1997), der die zentrale Bedeutung von Bildern für die gegenwärtige Gesellschaft hervor hebt, erscheint es äußerst fruchtbar, die Perspektive der Diskursanalyse auch für die Untersuchung von Bildern zu hinterfragen und zu nutzen. [53]
Torsten MAYERHAUSER unternimmt in seinem Forschungsprojekt zu "Bildern der Armut" über die öffentliche Darstellung von Armut auf Plakaten von Schweizer Hilfsorganisationen, die um Spendengelder werben, den äußerst interessanten Versuch einer Bild-Diskursanalyse. Auffällig war für ihn, dass die ausgewählten Werbeplakate ganz ohne Abbildungen von "typischen Armen" oder Images von typischen Armutssituationen auskommen. Ihn interessiert, was die von ihm ausgewählten Bilder trotz ihrer ungewöhnlichen körperlosen Motivwahl dennoch verständlich macht. Für die Analyse verwendet er den Begriff der Sichtbarkeitsordnungen. MAYERHAUSER sieht die Bilder als Bestandteile von Sichtbarkeitsordnungen, die in einem komplexen Austauschverhältnis zu anderen Bildern und Texten stehen. [54]
Den theoretischen Rahmen entlehnt er den Gouvernementalitätsstudien (FOUCAULT) verbunden mit dem Theorem des "flexiblen Normalismus" von Jürgen LINK (1997). Er analysiert die Bilder als Elemente einer Selbstmanagement-Kultur, die das Subjekt (den Betrachter der Plakate) zu mehr Eigenverantwortung und Kreativität anreizen will. Ihn interessieren dabei die Entstehungszusammenhänge und Möglichkeitsbedingungen der Bilder. Eine seiner Leitfragen lautet, warum Armut auf den Bildern so gesehen wird und nicht anders und welche Plausibilisierungen und Akzeptabilitäten dafür existieren. Dahinter steht etwa die These, dass die Sichtweise auf Armut, welche die Bilder implizieren, erst im Kontext des aktuellen Armuts- und Fürsorgediskurses plausibel werden. Ein "diskursanalytisches Tableau" müsse daher die verschiedenen Positionen, Sichtbarkeiten und Betrachtungsweisen eruieren, die sich durch das Auftauchen des Bildes abzeichneten. [55]
Diese Forschungsperspektive zieht dann etwa folgenden Frage zur Bildanalyse nach sich: Wie kommt jedes Element an seinen Platz? Wie ist das Bild an seinen Platz gekommen? Wie kommen die adressierten Subjektpositionen (Betrachter, potenzielle Spender) an ihren Platz? Welche Beobachtungen, Betrachtungen, Entrüstungen werden durch Bilder angereizt? Damit verbindet MAYERHAUSER die These, dass sich im Bild auch die verschiedenen Ordnungen des Wissens ausdrücken. "Das jeweilige Bild ist eine Resultante umgebender Diskurse, die immer auch andere Bilder beinhalten." Unklar blieb allerdings an den vorgestellten Analysen von MAYERHAUSER, wie er von der Analyse einzelner Bilder auf das diskursive Regelwerk schließen will. In der Diskussion wurde daher die Frage laut, ob seine Analyse einer diskurstheoretischen Begründung gerecht werde und nicht letztlich einer hermeneutischen Bildanalyse näher komme. [56]
Das methodische Problem, das im Mittelpunkt von Sabine EGGMANNs Forschungsprojekt steht, ist das des diskursanalytischen Zugriffs auf Einzeltexte. Ihr Feld ist die gegenwärtige Kulturdiskussion in der Anthropologie. Dabei schlägt sie vor, zunächst inhaltsanalytisch-hermeneutisch vorzugehen – sich dann aber wieder von dieser Perspektive zu distanzieren. Letztlich interessiert nicht der Begriff von "Kultur", sondern "wer von dem Diskurs um Kultur profitiert". In einem zweiten Schritt möchte sie dann näher am Text arbeiten und analysieren, "wie dieser funktioniert": Welche Achsen der fachlichen Identitätsarbeit werden erkennbar – wie wird der Diskurs geordnet. In der Diskussion zum Beitrag wurde insbesondere eine Verknüpfung mit dem BOURDIEUschen Feldbegriff angeregt – in dem das Fach Anthropologie als Feld analysiert wird. [57]
Die Analyse von Einzeltexten scheint sich jedoch zunächst einer FOUCAULTschen Zugriffsweise, die über die Bildung von Archiven verläuft, zu versperren. Schaut man aber etwa in das Handbuch "Qualitativ Research. Theory, Method, Practice" (SILVERMAN 1997) so findet sich in dem Beitrag "Following in Foucault's Footsteps. Text and Context in Qualitative Research" (PRIOR 1997, S.63ff.) ein Ansatz zur Textanalyse, der auch für die Analyse von Einzeltexten geeignet scheint. PRIOR hebt hervor, dass FOUCAULTs theoretisches Bemühen auf die Zerstörung der Autorfunktion, der Intentionen des Subjekts und des wissenden Subjekts als Quelle oder Ursprung des Wissens und der Wahrheit gerichtet ist. Ein Autor kann nicht aus sich selbst heraus die Legitimität zu sprechen behaupten, sondern diese wird qua diskursiver Regeln erzeugt. Texte sind Erzeugnisse diskursiver Regeln und nicht individuelle Schöpfungen einzelner Subjekte, auf die sie zurückgeführt werden könnten. Wofür PRIOR mit der Perspektive der FOUCAULTschen Diskursanalyse plädiert, ist der Umstand, dass Texte ihre eigene Existenz, ihre eigenen Existenzbedingungen haben, die für sich selbst untersucht und keiner anderen Kategorie untergeordnet werden sollten.23) PRIOR fasst in diesem Sinne Texte als Repräsentationen auf, die den Untersuchungsgegenstand qualitativer Forschung bilden sollen.24) [58]
In ähnlicher Weise bezieht sich der französische Diskursanalytiker Dominique MAINGUENEAU bei seiner Analyse einzelner Texte unterschiedlichster Provenienz auf die Grundannahmen FOUCAULTs. Er re-interpretiert und überarbeitet dazu verschiedene linguistische Konzepte. So setzt er mit dem Konzept der scénographie die Anregung FOUCAULTs linguistisch um, in der Analyse nicht von einem vor-diskursiven Kontext auszugehen. Scénographie ist die Art und Weise, wie der Diskurs eine Repräsentation der Situation seiner Aussage konstruiert. So zeigt MAINGUENEAU beispielsweise in der Analyse der Werbung für ein Diätgericht, wie im Text und seiner Formatierung die Szene eines Telefonats zwischen zwei jungen Frauen konstruiert wird, in dem die eine der anderen vom Erfolg mit dem Diätgericht vorschwärmt. Die scénographie legitimiert damit die Aussage. Das vertrauliche Telefongespräch von Freundin zu Freundin ist der ideale Rahmen, ein solches Produkt zu empfehlen. Paradoxerweise wird der Rahmen aber auch erst in der Aussage geschaffen (2002). [59]
Eine scénographie konstruiert den- oder diejenigen, denen die Aussage zugeschrieben wird, wie im Beispiel die beiden Freundinnen. Dazu tritt eine chronographie, das heißt ein Moment der Aussage – im Beispiel wäre das die Mittagspause. Und schließlich verortet sich die Aussage – MAINGUENEAU nennt das die Topographie der scénographie – im Beispiel in einem Büro. In Anlehnung an ALTHUSSER stellt MAINGUENEAU zudem die Einheit des sprechenden Subjekts konsequenter als einige andere Diskursanalytiker in Frage. Mit dem Konzept der polyphonie setzt er gewissermaßen die entsprechenden Anregungen FOUCAULTs linguistisch um und macht sie methodisch greifbarer. Er unterscheidet dabei zunächst locuteur und énonciateur. Der locuteur wird innerhalb der Aussage als der für die Aussage Verantwortliche präsentiert, ohne dass er unbedingt der physische Produzent dieser Aussage sein muss – beispielsweise die Rede eines Ministers, die in wochenlanger Arbeit von einem Team im Ministerium verfasst wurde, die aber durch das Ich in der Rede des Ministers diesen zum locuteur macht. Der énonciateur steht mit dem locuteur in einem Verhältnis wie die Romanfiguren zu ihrem Autor. Die énonciateurs sind also Stimmen, Meinungen, Standpunkte, die der locuteur unabhängig von den seinen in der Aussage in Szene setzt. Im Werbebeispiel sind also die beiden Frauen énonciateurs. Mit dem Konzept der polyphonie werden Phänomene wie indirekte Rede, Zitate und Imitation greifbar sowie auch Ironie – wo ja in der Aussage ein énonciateur geschaffen wird, um sich dann von dessen Aussage zu distanzieren. [60]
Die Diskussionen auf dem "Praxisworkshop Diskursanalyse" lassen einige methodische Probleme des diskursanalytischen Verfahrens deutlicher hervor treten. Hinsichtlich der zu Beginn des Beitrages unternommenen Unterscheidung eines Versuchs, die Diskursanalyse zu systematisieren und damit auch wiederholbar zu machen, versus ein Vorgehen, welches eine "FOUCAULTsche Haltung" zum Gegenstand einnimmt (siehe hierzu 1.2 sowie die Absätze 44-46), ließen sich unterschiedliche Erfahrungen der Forschungsprojekte beobachten. [61]
So stellt sicherlich die von MAYERHAUSER vorgestellte Bilddiskursanalyse ein Beispiel für letzteren Versuch dar, während aber auch einige Projekte den systematischen Zugang z.B. über die Grounded Theory wählten. Dafür plädierte letztlich auch Rainer DIAZ-BONE in seiner Rekonstruktion der Methodologie der Diskursanalyse. Weiterer Überlegung bedarf sicherlich die Frage, auch das zeigte die Diskussion, welche Unterscheidungen und Überschneidungen einzelne textanalytische Verfahren mit der Diskursanalyse aufweisen. Es wurde ebenfalls deutlich, dass die FOUCAULTsche Sichtweise durchaus auch Herausforderungen für bereits etablierte Methoden bereithält wie etwa am Beispiel der Biographieforschung angedeutet. [62]
Darüber hinaus stellte sich auch eine weitere wichtige Unterscheidung in den einzelnen diskursanalytischen Zugangsweisen heraus: die Ansätze, welche die Akteure als Produzenten von Diskursen betrachten und jene Ansätze, die umgekehrt die Subjekte als Produkte von Diskursen untersuchen. Letztere folgen dabei einem FOUCAULTschen Verständnis von Diskurs, während erstere an Konzepte einer handlungsorientierten Sozialwissenschaft anschließen. [63]
Angesichts der Irritationen, die die Anwendung des FOUCAULTschen Diskurskonzeptes aber immer wieder in der empirischen Forschung erzeugt und der Vielfalt an Forschungsfragen, die mit dem FOUCAULTschen Diskurskonzept in Verbindung gebracht werden, erscheint es sinnvoll, zunächst vereinfachend zwischen zwei Richtungen der Verwendung des Diskursbegriffs FOUCAULTs zu unterscheiden: 1. Forschungen, die sich explizit an einer FOUCAULTschen Fragestellung orientieren, sich seine Perspektive bzw. die der Machtanalyse in gewisser Weise zu eigen machen und davon ausgehend seine Konzepte empirisch umzusetzen versuchen. 2. Forschungen, die sich nicht an einer FOUCAULTschen Fragestellung orientieren, aber einige seiner Konzepte, seinen "Werkzeugkasten", ergänzend benutzen. Die methodische Umsetzung der Diskursanalyse hängt davon ab, ob es sich in der Anlage des Projektes um eine Diskursanalyse FOUCAULTschen Zuschnitts handelt (Typ 1) oder ob Begrifflichkeiten FOUCAULTs zusätzlich genutzt werden, um ein in der zentralen Perspektive zwar Nicht-FOUCAULTsches Projekt zu ergänzen (Typ 2). [64]
Die Autoren danken Annika MATTISSEK und Johannes ANGERMÜLLER für wertvolle Kommentare zu einem ersten Manuskript dieses Beitrags.
1) Siehe hierzu etwa die in der FQS erschienenen Bericht der Tagung im Jahr 2003 (VIEHÖVER 2004). <zurück>
2) "Obgleich Foucault selbst nie einen Lehrstuhl als Soziologe innehatte und seine Argumente nicht direkt an zeitgenössische soziologische Debatten angeschlossen haben, sind Foucaults Arbeiten für zahlreiche SoziologInnen und SozialtheoretikerInnen zu einer unverzichtbaren Grundlage ihrer eigenen Tätigkeit geworden. Mehr noch, Foucaults Diskursanalytik und seine Kritik an etablierten Kategorien hat heute einen festen Eingang in Debatten der soziologischen Theorie gefunden." (STÄHELI & TELLMANN 2001, S.259) – ANGERMÜLLER stellt 2004 gar die Frage, ob "Michel Foucault auf dem Weg zum soziologischen Klassiker" sei. <zurück>
3) Zahlreiche Studien aus verschiedensten Bereichen der Soziologie aus dem englischsprachigen Raum etwa erwähnt der ansonsten FOUCAULT-kritische Artikel von Nick J. FOX (1998). <zurück>
4) Ein jüngstes Beispiel dafür liefern KENDALL und WICKHAM in ihrem Beitrag im Handbuch "Qualitative Research Practice" (SEALE, GOBO, GUBRIUM & SILVERMAN 2004). Ein Beitrag zur Diskursanalyse mit Bezug auf FOUCAULT finden sich darüber hinaus z.B. in dem Band "Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung" (BOHNSACK, MAROTZKI & MEUSER 2003), in "Qualitative Research" (SILVERMAN 1997), im "Handbuch der qualitativen Sozialforschung" (FLICK, KARDOFF, KEUPP, ROSENSTIEL & WOLF 1995) oder in "Qualitative Forschung. Ein Handbuch" (FLICK, KARDOFF & STEINKE 2000). <zurück>
5) Siehe hierzu auch die Feststellung von Michael SCHWAB-TRAPP: "Die für die heutige Forschung folgenreichste Konzeptualisierung des Diskursbegriffs wird in der Archäologie des Wissens geleistet. In ihr entwickelt Foucault im Rückblick auf seine empirischen Arbeiten eine Methodologie der Diskursanalyse." (SCHWAB-TRAPP 2003, S.35) <zurück>
6) Für einen kompakten Überblick über neuere Entwicklungen im Feld der FOUCAULT-inspirierten Diskursanalyse in Frankreich und in Deutschland siehe u.a. die in FQS erschienene Sammelrezension von Rainer DIAZ-BONE (2003). <zurück>
7) Eine besondere Charakteristik des FOUCAULTschen Diskursbegriffs liegt ja gerade darin, dass er von der "Oberfläche" des Texts, von der Positivität der Aussagen ausgeht und nicht in hermeneutischer Weise einen Sinn, der als pre-diskursiv existent angenommen wird, entdecken und "verstehen" will. <zurück>
8) Ein dieser Haltung etwa entsprechender Standpunkt findet sich in dem Beitrag von Ian PARKER im Handbuch "Qualitative Forschung" wieder, der die Diskursanalyse im Zusammenhang mit dem Ansatz der kritischen Psychologie diskutiert. Hier spricht er zwar von der diskursanalytischen Methode FOUCAULTs. Er schlägt jedoch keine methodische Schrittfolge für die Diskursanalyse vor, sondern stellt lediglich fest: "Es gibt keinen geraden Pfad quer durch die Diskursanalyse, dem wir beispielsweise bei der Anwendung der foucaultschen Begrifflichkeiten folgen könnten und der uns die Gewähr gibt, dass wir eine brauchbare kritische Perspektive erarbeiten. Denn es findet stets eine Auseinandersetzung über die Bedeutung der Begriffe und deren Wirkungen innerhalb von Wahrheitsregimes statt" (PARKER 2000, S.555). <zurück>
9) Siehe zu Problemen der Identifizierung von diskursiven Formationen u.a. die instruktive Studie von BROWN und COUSINS (1980), zu methodologischen Problemen der Archäologie auch DREYFUS und RABINOW (1984, S.105-127). Im übrigen wurde die Verknüpfung der Begriffe Diskurs (FOUCAULT) und Diskursanalyse erst im Anschluss an FOUCAULT hergestellt. FOUCAULT selbst spricht nicht von Diskursanalyse (vgl. dazu auch GEHRING 2004). <zurück>
10) Hierzu wird das theoretische Werk BOURDIEUs gezählt ebenso wie GAMSONs Rahmenanalyse öffentlicher Diskurse, der symbolische Interaktionist GUSFIELD sowie WUTHENOWs Analyse von Diskursgemeinschaften (vgl. dazu KELLER 2004, S.34ff. und 56ff.). <zurück>
11) "While for Foucault a discourse is a group of statements which belong to the same discursive formation for discursive reasons, in sociology, on the contrary, texts belong to the same textual class for extra-discursive reasons: (...) A discourse is defined by the external – external because social – conditions of formation and production that make a class of texts a coherent and constructed sociological object." (CHALABY 1996, S.690) Allerdings scheint CHALABY zu vernachlässigen, dass FOUCAULT selbst die nicht-diskursiven Praktiken (Praktiken von Institutionen etc.) berücksichtigt und sie als wesentlichen Bestandteil seiner Analytik betrachtet, allerdings nicht im Sinne von BOURDIEUs totalisierenden Produktionsbeziehungen der sozialen Feldern. <zurück>
12) Die Zitate basieren auf den von den AutorInnen zur Verfügung gestellten Vortragsmanuskripten (in diesen Fällen wird der Name des Autors/der Autorin angegeben) oder auf Mitschriften (in dem Fall findet sich kein expliziter Verweis). <zurück>
13) Siehe beispielsweise KENDALL und WICKHAM (2004). <zurück>
14) Das Vortragsmanuskript von Rainer DIAZ-BONE ist unter folgender Adresse zu finden: http://www.lrz-muenchen.de/~Diskursanalyse/doc/Diaz-Bone.pdf. <zurück>
15) STÄHELI und TELLMANN (2001, S.238) weisen darauf hin, dass der FOUCAULTsche Theorierahmen in einem "prekären Verhältnis" zum Objektbezug der "modernen Gesellschaft", wie ihn "die Theoretisierung der modernen Gesellschaft verlangt", stehe. <zurück>
16) Eine ausführlichere Diskussion dazu findet sich in DIAZ-BONE 1999b. <zurück>
17) "Le propre de toute formation discursive est de dissimuler, dans la transparence du sens qui s'y forme [...] le fait que 'ça parle' toujours avant, ailleurs, ou indépendamment" (PÊCHEUX 1975, S.147). Das Eigentliche jeder diskursiven Formation besteht darin, in der Augenscheinlichkeit des Sinns, der sich in ihr bildet, die Tatsache zu kaschieren, dass "es" immer vorher, woanders, unabhängig "spricht" (Übers. GG). <zurück>
18) BERGER und LUCKMANN interessieren sich für die Prozesse von Institutionalisierung, Legitimierung und Sozialisation, die dazu führen, dass von konkreten Erfahrungen abgelöste soziale Formen sich verobjektivieren und u.a. durch die Tradierung eines bestimmten Wissensbestandes für "wirklich" gehalten werden. <zurück>
19) Der Gegenstand der Diskursanalyse besteht SCHWAB-TRAPP zufolge darin, "die Produktion, die Verbreitung und den historischen Wandel von Deutungen für soziale und politische Handlungszusammenhänge" zu untersuchen. Es handele sich bei der Diskursanalyse im wesentlichen um eine Kontextanalyse. An anderer Stelle heißt es: "Ihr Untersuchungsgegenstand sind Texte und die Beziehungen, die diese Texte untereinander eingehen, wenn sie sich zu spezifischen Diskursen verflechten" (SCHWAB-TRAPP 2003, S.35). <zurück>
20) Ähnlich beschreiben auch STÄHELI und TELLMANN in dem Hand- und Lehrbuch zu "Theorien der Gesellschaft" den Fokus der Diskursanalyse: "Was der Archäologe versucht, ist ein spezifisches Regelsystem herauszuarbeiten, ohne die Regel im voraus bereits zu kennen. Ihm kann das nur gelingen, wenn er nicht ständig nach der 'eigentlichen', verborgenen Bedeutung sucht, sondern sich für die Oberfläche des Diskurses, d.h. für die Organisationsweise des Beschreibbaren interessiert" (STÄHELI & TELLMANN 2002, S.241). <zurück>
21) Das Vortragsmanuskript ist zu finden unter: http://www.lrz-muenchen.de/~Diskursanalyse/doc/Buehrmann.pdf. <zurück>
22) Im Anschluss an FOUCAULTs Überlegungen zur Bio-Politik problematisiert der Begriff Gouvernementalität Regierungstechniken, die sich auf die Führung der Lebensführung beziehen. Damit sind sowohl staatlich als auch nicht-staatliche und dabei wissensförmig organisierte Taktiken und Strategien der Regulierung und Disziplinierung gemeint, welche die Lebensführung des Einzelnen, sein Selbst-Verhältnis, aber auch die von Gruppen und Bevölkerungen modellieren (vgl. STÄHELI 2000). Diese auf bestimmte Ziele gerichteten Strategien sind auch als Regierungsrationalitäten zu verstehen, welche das Verhalten durch die Arbeit an den Wünschen, Interessen und dem Begehren der Einzelnen zu formen versuchen. Das Feld der Regierungstechniken wird dabei nicht von einer, sondern von einer Vielfalt von Autoritäten und Handlungsinstanzen gelenkt mit unvorhersehbaren Effekten und Konsequenzen. <zurück>
23) "The task of the researcher is therefore to investigate 'archeologically', as Foucault might say, the innumerable accidents and myriad twists and turns of human practice that have brought the text to its present form. Qualitative research in this context, then, is not so much a question of deciding what a given text or textual extract might mean to a thinking subject as a matter of analysing the origins, nature and structure of the discursive themes by means of which the text has been produced. [...] Indeed, a text instructs us how to see the world, how to differentiate the parts within it, and thereby provides the means by which we can engage with the world" (PRIOR 1997, S.66f.). <zurück>
24) Als ein Beispiel einer diskursanalytischen Untersuchung eines Textes dient PRIOR eine Tabelle zur Klassifikation von Todesursachen und der jeweiligen Anzahl von Todesfällen in Nordirland im Jahr 1993, veröffentlicht von der WHO. Obwohl eine Unmenge an verschiedenen Todesursachen denkbar wäre, fällt auf, dass die Tabelle insbesondere körperliche Krankheiten als Ursachen enthält. Im ersten Schritt schlägt Prior vor, den Ursprung der gewählten Darstellung zu untersuchen, d.h. FOUCAULT gemäß eine genealogische Analyse vorzunehmen. Wann tauchen bestimmte Klassifikationen und Begriffe auf, wann verschwinden sie wieder? Welche Veränderungen der Kategorisierungen finden statt und welche Bezüge werden untereinander hergestellt? Welches Image der Realität wird dadurch produziert? Es gehe um die "[i]nvestigation of things rather than persons" und darum "[to] examine links and connections between objects that cannot speak, yet nevertheless bear messages" (PRIOR 1997, S.77). <zurück>
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Jana KLEMM (Dipl.-Soziologin) ist derzeit Stipendiatin am von der DFG geförderten Graduiertenkolleg Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft – Institutionelle und epistemische Transformationen der Wissensproduktion und ihre gesellschaftlichen Rückwirkungen am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) der Universität Bielefeld. Ihr Dissertationsvorhaben beschäftigt sich mit der Darstellung von Experten und deren Konstruktion in und durch Massenmedien. Es geht u.a. um die Fragen, ob sich in Massenmedien ein bestimmter Typus des medial konstruierten Experten aufzeigen lässt und welche Funktion die Expertenfigur im medialen Diskurs einnimmt. Die Analyse stützt sich auf die qualitative Auswertung von Mediendaten (Artikel aus Tageszeitungen, Zeitschriften u.ä.). Interessenschwerpunkte: Mediensoziologie, Wissenssoziologie, Wissenschaftssoziologie, Diskursanalyse, Methoden qualitativer Sozialforschung.
Kontakt:
Jana Klemm
Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT)
Universität Bielefeld
D-33501 Bielefeld
E-Mail: jana.klemm@uni-bielefeld.de
URL: http://www.uni-bielefeld.de/iwt/gk/Kollegiaten/JanaKlemm1/
Dr. Georg GLASZE (Dipl.-Geograph) ist Wissenschaftlicher Assistent am Geographischen Institut der Universität Mainz und Lehrbeauftragter am Institut d'Études Politiques Paris (IEP, "Sciences Po") im deutsch-französischen Grundstudium in Nancy. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der geographischen Stadtforschung und der Politischen Geographie. Im Bereich der Stadtforschung arbeitet er nach einer Dissertation zu den Ursachen und Folgen der Verbreitung bewachter Wohnkomplexe derzeit zum Diskurs städtischer (Un-) Sicherheit im internationalen Vergleich. Im Bereich der Politischen Geographie untersucht er in einem vom Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS Mainz) geförderten Projekt die diskursive Konstitution der Frankophonie – dem Zusammenschluss von mehr als 50 "frankophonen" Staaten. Im Rahmen dieses Projekts arbeitete er im WS 04/05 als Gastwissenschaftler der Maison des Sciences de l'Homme in Paris. Interessenschwerpunkte: Stadtforschung – insbesondere private urban governance und (Un-) Sicherheitsdiskurs, Politische Geographie – insbesondere Kritische Geopolitik und Postkolonialismus, Diskursanalyse als Methode in der Humangeographie.
Kontakt:
Dr. Georg Glasze
Geographisches Institut der Universität Mainz
D-55099 Mainz
E-Mail: G.Glasze@geo.uni-mainz.de
URL: http://www.staff.uni-mainz.de/glasze/
Klemm, Jana & Glasze, Georg (2004). Methodische Probleme Foucault-inspirierter Diskursanalysen in den Sozialwissenschaften. Tagungsbericht: "Praxis-Workshop Diskursanalyse" [64 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(2), Art. 24, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0502246.
Revised 6/2008