Volume 5, No. 2, Art. 18 – Mai 2004

Die Produktion der "Brandenburger". Eine Fallstudie zu regionalem Fernsehen und dessen Bemühungen um Stiftung von Landesidentität durch Geschichte

Dietmar Rost

Zusammenfassung: Die deutschen Bundesländer, sowohl die alten im Westen als auch die neuen im Osten, so heißt es häufig in der Öffentlichkeit, sollen ihre Identität pflegen und entwickeln. Schnell werden Identitätsdefizite entdeckt und Identitätspolitiken verfolgt. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht stellt sich daher die Frage, wie solche aktuellen Bemühungen um Stiftung von Identität aussehen und wie diese mit den Problemen und Gefahren umgehen, die von kritischer Seite, z.B. hinsichtlich des Verhältnisses von Fremdem und Eigenem, als eng mit solchen Imaginationen von Gemeinschaft verbunden betrachten werden.

Der Aufsatz untersucht diese Frage im Kontext des regionalen Fernsehens anhand einer eingehenden interpretativen Analyse einer vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg produzierten Dokumentationsreihe zur Landesgeschichte. Insofern widmet er sich zugleich einem Element der gegenwärtigen Welle von Geschichtsthematisierungen im Fernsehen.

Die untersuchte Fernsehreihe zeigt einerseits ein deutliches Bemühen um Behutsamkeit und Reflexivität bei der Repräsentation des eigenen Landes. Andererseits kann sie den erwähnten Problemen nicht völlig entgehen, da sie auf einer eindimensionalen Fokussierung beruht und insofern den häufig geforderten Entwürfen von multipler Identität nicht gerecht wird.

Theoretisch wie methodisch orientiert sich der Aufsatz an der von Stuart HALL entworfenen Medienforschung. Er konzentriert sich dabei auf eine produkt- bzw. textanalytische Perspektive, die unter anderem nach textimmanent bevorzugten Lesarten sucht.

Keywords: Medienforschung, Fernsehen, Regionalisierung, kollektive Identität, Geschichtspolitik, deutsche Bundesländer, Brandenburg, Cultural Studies

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Medienforschung von Stuart HALL und die britischen Cultural Studies – zum Stellenwert von Textanalysen

3. Fernsehen in der Region – die Region im Fernsehen

4. Methoden

5. "Die Brandenburger. Chronik eines Landes" – interpretative Analyse

5.1 Die Fernsehreihe und ihr Kontext

5.2 Die Eröffnungssequenz

5.3 Die Geschichtserzählung

5.4 Funktionen der Begleitung durch Kurt BÖWE

5.5 Noch ein Begleiter: FONTANE

5.6 Reflexivität

5.7 "Die Brandenburger" – wer ist das nun, wer ist es nicht?

5.8 Bevorzugte Lesarten und offene Enden

6. Schluss

Anhang: Dokumentation des verwendeten Leitfadens für die Untersuchung von Fernsehsendungen aus und über Brandenburg

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

"Er [der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg] sieht es als eine seiner Aufgaben, eine neue Identität in einem jungen Bundesland zu schaffen, dessen ursprünglicher Name von der Landkarte verschwunden war." (ORB-Intendant H. ROSENBAUER in HOHMANN & UNGER 1999, S.7, dem Begleitbuch zur ORB Dokumentations-Reihe "Die Brandenburger. Chronik eines Landes")

"Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte die Zeitreise durch über 1000 Jahre Geschichte im Vorfeld als Vorhaben bezeichnet, das er sehr begrüße. Die Reihe könne das Selbstbewußtsein der Brandenburger stärken. Er hoffe, daß die Dokumentation für den Schulgebrauch nutzbar gemacht wird." (Potsdamer Neueste Nachrichten, 30.11.1998, zum Start dieser Dokumentations-Reihe)

1. Einleitung

Sozialwissenschaftliche Analysen des Fernsehens widmen sich häufig den aus dem Mediengeschehen herausragenden Sendungen. Mit Produktionen wie "Big Brother" oder erfolgreichen soap operas wählen sie Gegenstände, die ein sehr großes nationales oder auch internationales Publikum erreichen. Diese Aufmerksamkeit gegenüber den eher spektakulären und auch einem breiteren wissenschaftlichen Publikum bekannten Produktionen darf allerdings nicht dazu führen, die Bedeutung jener Fernsehprogramme zu übersehen, die sich ausschließlich an regional oder lokal begrenzte Öffentlichkeiten richten. Deren Anteil am Programmangebot wie auch der Stellenwert von regionalem Fernsehen ganz allgemein können nämlich erheblich sein. Das zeigt bereits ein flüchtiger Blick auf das Geschehen in Deutschland, wo sich das öffentlich-rechtliche regionale Fernsehen in zahlreichen Sendungen regionenbezogenen Inhalten widmet und wo zudem im Laufe der letzten Dekade die regionalen Angebote zu 24-stündigen Programmen ausgebaut wurden. [1]

Neben politischen Entscheidungen und technischen Neuerungen, wie der Einführung des Kabel- und Satellitenfernsehens, haben zu dieser Entwicklung Veränderungen des weiteren gesellschaftlichen Rahmens beigetragen, in dem das Regionale in mehrfacher Hinsicht als Thema hervorgetreten ist. Sozioökonomische Prozesse werden zunehmend, auch mit Blick auf einige exemplarische prosperierende Räume, als regionale Entwicklungen betrachtet, die auf regional spezifische Faktoren zurückzuführen sind. Regionale Netzwerke und entsprechende regionale Images oder Identitäten wurden so zu Gegenständen politischer Gestaltungsbemühungen, die sich unter anderem auch auf den Medienbereich erstrecken. Dieser international zu beobachtende Zug in die Regionen (VOELZKOW 1996), der durch die europäische Integration zusätzlichen Schub erhält ("Europa der Regionen", vgl. HRBEK & WEYAND 1994), trifft sich nun in der Bundesrepublik Deutschland zum einen mit dem Aufkommen des Wettbewerbsgedankens als neuem Leitbild des deutschen Föderalismus (STURM 2001, S.49-51) und zum anderen mit einer neuen Aufmerksamkeit für Kultur und Geschichte der deutschen Bundesländer. Wenn man bedenkt, dass die Länder zum Teil erst nach dem Zweiten Weltkrieg neu zusammengestellt oder gar neu geschaffen wurden, dann scheint dieses Interesse an Landesgeschichte weniger zurückzuführen zu sein auf die inzwischen angehäufte Geschichte dieser Gebilde als auf deren "bundeslandpatriotisches" Verlangen nach Geschichtserinnerung (vgl. HINRICHS 1990, S.15/16). [2]

Mit einem spezifischen historischen Hintergrund traten die ostdeutschen Länder 1990 in diesen Rahmen ein. In der DDR war die nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführte Länderstruktur 1952 unter Absicht einer Zentralisierung des Staates durch die Einführung von Bezirken aufgelöst worden. Erst im Zuge der deutschen Einigung bzw. des Beitritts der neu gegründeten Länder wurde eine Länderebene zwar binnen kurzer Zeit, doch nicht ohne Kontroversen um die Anzahl, Grenzen und Hauptstädte1) der Länder wieder eingeführt. Zwei Generationen der Bevölkerung waren also in der DDR aufgewachsen, ohne Ländern als einer bedeutenden politischen, sozio-ökonomischen oder kulturellen Kategorie zu begegnen.2) Im Kontext des Zusammenbruchs der DDR sowie der neu gebildeten und der Bundesrepublik beigetretenen Länder, wird nun, die vorangestellten Zitate illustrieren das, regionales Fernsehen als ein für die Integration dieser neuen Länder, d.h. auch für die Bildung und Legitimierung der neuen politischen Gebilde, bedeutsamer Faktor angesehen. Vor dem Hintergrund der aus der DDR herrührenden fehlenden Vertrautheit der Menschen mit einer Landesebene wird dabei von der Annahme ausgegangen, dass ein Bundesland so etwas wie eine kollektive Identität haben müsse und dass öffentliche Medien in der Lage seien, zu deren Entwicklung beizutragen.3) [3]

Unmittelbar berührt ist damit die Frage nach dem Stellenwert des Fernsehens für die Produktion, Reproduktion und Legitimierung von Vorstellungen eines Landes sowie der Zugehörigkeit zu diesem. Genau dieser Zusammenhang soll im Folgenden anhand einer interpretativen Analyse der 1998 vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) produzierten TV-Chronik "Die Brandenburger" erschlossen werden.4) [4]

Im einzelnen richtet sich das Interesse dabei zunächst auf die Frage der Repräsentation, wie also die Darstellung des Landes Brandenburg und seiner Bevölkerung inhaltlich aussieht. Geschichte spielt hierbei eine zentrale Rolle und so begegnen wir zugleich einem Element der gegenwärtigen Welle von Geschichtsthematisierungen im Fernsehen. Da Repräsentationen sozialer Gruppen nicht ohne implizite oder explizite Gegenhorizonte auskommen, interessiert zweitens das in diese Repräsentation eingeschlossene Verhältnis zum Anderen, d.h. die Frage ob und wie die Differenz von Eigenem und Anderem hier dargestellt wird. Drittens gilt das Interesse der Form dieser Repräsentation: Wird hier auf hypostasierende und polarisierende Formen von kollektiver Identität zurückgegriffen, wie sie zum Beispiel die Geschichte des Nationalismus (s. GELLNER 1995; HOBSBAWM 1991) dominieren, oder zeigen sich Ansätze zu anderen und neuen Formen der Repräsentation von sozialen Gruppen, die in der Literatur durch Schlagworte wie "multiple" oder "hybride" Identitäten (vgl. BHABHA 1990; BURKE 2002; HALL 1991) charakterisiert werden? Bevor dies in Abschnitt 5 anhand der interpretativen Analyse der genannten Fernsehreihe beantwortet werden soll, erlaubt Abschnitt 2 einen Blick auf die Medienforschung der Cultural Studies, die theoretisch wie methodisch als Orientierungspunkt dient. Abschnitt 3 erörtert einige Entwicklungen des regionalen Fernsehens. Abschnitt 4 informiert über die in dieser Untersuchung angewandten Methoden. [5]

2. Die Medienforschung von Stuart HALL und die britischen Cultural Studies – zum Stellenwert von Textanalysen

Die Hinwendung zu Populärkultur und die Analyse von in der Alltagswelt angesiedelten "Kämpfen" um Bedeutungen zählen zu den Grundanliegen der britischen Cultural Studies5). Autoren der Cultural Studies befassen sich daher schon seit langem mit Fragen kultureller Identität (vgl. z.B. HALL 1991; WOODWARD 1997) und haben bereits seit den 1970er Jahren einflussreiche Beiträge nicht nur zur Analyse des Fernsehens, sondern auch zu dessen Funktionen für nationale und regionale Integration geliefert (vgl. BRUNSDON & MORLEY 1999 [1978]; HALL 1989 [1982]; MORLEY & ROBINS 1995). [6]

Einen wichtigen Schritt stellt dabei das von Stuart HALL entwickelte, von Semiotik und strukturalistischem Marxismus inspirierte Encoding/Decoding-Modell (HALL 1999 [1980]) dar, das Massenkommunikation als einen komplexen Prozess innerhalb einer mehrere eigenständige Momente verbindenden Struktur versteht. Sein Modell berücksichtigt zunächst Wissensrahmen und Produktionsverhältnisse, in denen Medientexte, d.h. hier Fernsehprogramme, produziert werden. HALL bezeichnet dieses erste Moment der Produktion als Kodieren. Die in diesen Kontexten entwickelten Sinngehalte werden in sinntragende Texte bzw. Programme übertragen, für die jene Regeln gelten, die von Sprach-, Zeichen- und Diskurstheorie herausgearbeitet wurden. So hervorgebrachte, eigenständig existierende, audiovisuelle Medientexte betrachtet HALL als ein zweites Moment des Prozesses von Medienkommunikation. Diese Medientexte wirken nun allerdings nicht direkt auf ein Publikum ein. Effekte erzeugen sie vielmehr erst in einem weiteren, auf Seiten des Publikums angesiedelten Moment der Bedeutungsproduktion, dem Dekodieren, durch das ein Text für dieses Publikum bedeutungsvoll wird. Analog dem Kodieren der Medienproduzenten wird diese dekodierende Aktivität des Publikums durch Verhältnisse und Wissensrahmen geprägt, die für das Publikum bei seiner rezipierenden Bedeutungsproduktion bedeutungsvoll sind. Hierzu gehören z.B. eigene Erfahrungen oder Bestände von für das Publikum bereits bedeutungsvollen Texten, die bei der Rezeption mit dem Medientext verknüpft werden. [7]

HALLs Modell unterscheidet also mehrere Momente und Aspekte des medialen Kommunikationsprozesses, die auf diesen prägend einwirken und die zugleich auch Grenzen oder gar Bruchstellen für eine "perfekte" Kommunikation darstellen. Eine vollständige Übereinstimmung von "encoded" und "decoded" Bedeutungen erscheint in dieser Perspektive aus den sich aus dem strukturellen Zusammenhang ergebenden Gründen – und auch aufgrund der grundsätzlichen Polysemie aller Zeichen – als empirisch kaum erwartbarer Grenzfall. Entscheidend für das Ergebnis von Kommunikationsprozessen sind daher die strukturell verbundenen Momente der Interpretation, darunter auch die hierarchische Ordnung der in den Medientext eingeschrieben Bedeutungsgehalte. [8]

Ein wesentlicher Nutzen dieses Modells liegt in der Präzisierung von Untersuchungsperspektiven, die sich auf das Moment der Medienproduktion und dessen Kontexte, auf dessen Produkt, den Medientext als solchen, sowie auf die aktiven Prozesse des Dekodierens richten können. So erhoffte HALL (1999, S.98) gerade hinsichtlich des Dekodierens eine neue Phase der Rezeptions- und Medienwirkungsforschung, die gegenüber behavioristischen Ansätzen das "Lesen" von Medientexten als aktiven und kontextgeprägten Prozess begreift. Diese Hoffnung wurde durchaus erfüllt (z.B. MORLEY 1980), allerdings mit einer Tendenz, das ursprüngliche Modell von HALL zu sprengen. Insbesondere die Arbeiten von John FISKE (1987) vernachlässigen die "Prägungen" des Dekodierens, die sich aus dem Zusammenhang aller drei Momente des Kommunikationsprozesses ergeben, zugunsten einer einseitigen Betonung von Eigenständigkeit und Kreativität des Publikums bei der Rezeption von Fernsehprogrammen (s. HEPP 1999, S.135-150). Die Überbetonung von Polysemie und Offenheit von Medientexten sowie ihrer sich vermeintlich ganz aus der Lebenswirklichkeit des Publikums ergebenden Lesarten führten zu heftigen Vorwürfen an die Cultural Studies. Wenn selbst der Konsum von soap operas noch als widerständiger Akt begriffen werde, würden die Cultural Studies, entgegen ihren früheren kritischen Intentionen, nun einen antipolitischen Populismus betreiben. GITLIN (1999) deutete diesen Übergang von kritischer Analyse der Populärkultur zu deren bloßer Affirmation als Hinweis, dass die Cultural Studies zu einem "Opium" der ob ihrer Niederlagen frustrierten linken Akademiker geworden seien. [9]

Derartige Kritik förderte eine Neubesinnung innerhalb der Cultural Studies, die die Totalität der Struktur der Medienkommunikation wieder durch ein erweitertes Modell – den die Zusammenhänge aller ihrer Momente noch stärker hervorhebenden "circuit of culture" (Du GAY 1997) – sowie durch eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Analyse sowohl der Medienproduktionsprozesse als auch der so entstandenen Medienprodukte oder -texte hervorheben möchte (HEPP 1999, S.150-163, 270-273). [10]

In diesem letztgenannten Feld der Produkt- oder Textanalyse verortet sich auch die hier präsentierte Untersuchung der Fernsehdokumentationsreihe "Die Brandenburger". Sie abstrahiert also von den beiden Momenten der Produktion und Rezeption und konzentriert sich ganz auf die Fernsehreihe als gesendeten Medientext.6) Wenn – wie FISKE das mitunter nahe legt – die Medienkonsumenten in der Rezeption eigene Texte produzieren würden, die nur durch die eigene Lebenswirklichkeit bestimmt sind, so wäre eine solche Untersuchung weitgehend irrelevant. Sie besitzt allerdings einen erheblichen Stellenwert, wenn man, wie HALL (1994a), trotz mancher (Selbst-)Kritik an der Unterkomplexität des Encoding/Decoding-Modells7) daran festhält, dass Medientexten zwar keine determinierenden Bedeutungsstrukturen, sehr wohl aber "präferierte Bedeutungsstrukturen" eingeschrieben sind, die entsprechende Lesarten nahe legen und insofern auch Momente von Machtverhältnissen darstellen. HALL betont zwar in seiner Rückschau auf sein frühes Modell stärker eine gewisse Offenheit in der Bedeutungsstruktur der meisten Medientexte und auch eine zuvor ausgeblendete Heterogenität innerhalb des Moments der Medienproduktion, dem Encoding. Doch er hält an seinem Interesse an Fragen von Macht und Hegemonie fest und fragt weiterhin nach "preferred readings", nach Lesarten, die im Text selbst als Schlüssel, "read it in this way" (HALL 1994a, S.262) angelegt sind.8) [11]

HALL (1989) hat sich in seinen Analysen ebenfalls mit der Integrationsfunktion des Fernsehens und der modernen Massenmedien befasst. Massenmedien vermitteln zwischen Regionen, Klassen und Kulturen einer komplexen Gesellschaft unter anderem indem sie Informationen über das Leben anderer Gesellschaftsteile liefern und gemeinsame Kodes und Interpretationsrahmen stiften. Diese Gemeinsamkeit liegt in einem Konsens, der nicht die Existenz vollkommen einheitlicher Bedeutungsstrukturen, sondern einen breiteren Bereich von verfügbaren Wegen der Definition, Interpretation und Erklärung der gesellschaftlichen Wirklichkeit umfasst. Gerade in der Organisation von Differenz, in der situativen Zusammenführung differenter Gruppen und nicht in deren permanenter Homogenisierung, sieht er einen Grundmechanismus von Hegemonie.9) [12]

Versuchen wir HALLs Ansätze zusammenzufassen, so ergeben sich drei Dimensionen, die eine Analyse von Medientexten beachten sollte. Erstens sind das die "preferred readings", die im Text als präferierte Lesarten angelegt sind. Zweitens ist davon auszugehen, das Medientexte – auch um ein größeres und damit heterogenes Publikum ansprechen zu können – eine Pluralität von als gültig bzw. konsensuell erscheinenden Bedeutungen enthalten, die allerdings – das ist wieder der Punkt der "preferred readings" – zumeist in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen. Drittens ist der Bereich des Ausgegrenzten zu beachten, d.h. derjenigen Bedeutungen und Lesarten, die jenseits des in diesem erweiterten Sinne Konsensuellen bzw. Hegemonialem liegen. [13]

Einige weitere Grundzüge des Fernsehens, die in Beiträgen der Cultural Studies angesprochen werden, sollten noch kurz erwähnt werden. Da das Fernsehen weite Bereiche des gesellschaftlichen Lebens begleitet, sprechen FISKE und HARTLEY von "bardischen" Funktionen des Fernsehens. Hierzu zählen eine zeremonielle Funktion der Vermittlung von Festtagen und ähnlichen Ereignisse, die Bestätigung von Kultur und Mythologien, aber auch der Beitrag zu deren Wandel, sowie die Vermittlung von Gefühlen kultureller Zugehörigkeit (HEPP 1999, S.126). Diese Funktionen werden schon in den aus den 1970er Jahren stammenden Untersuchungen über das britische Infotainment-Magazin "Nationwide" von MORLEY und BRUNSDON (1999) deutlich, die mit ihrem Blick auf die Repräsentation regionaler Diversität und deren Integration in die Vorstellung einer Nation schon frühzeitig Fragen behandelt haben, die später insbesondere durch ANDERSONs (1991) "imagined communities" als neuer Zugang zum Phänomen des Nationalismus und zur Entstehung von Vorstellungen kollektiver Identität etabliert wurden. [14]

3. Fernsehen in der Region – die Region im Fernsehen

Wie bereits erwähnt, begannen in der Bundesrepublik Deutschland die öffentlich-rechtlichen Angebote des regionalen Dritten Fernsehens in den 1980er Jahren erweitert und zu Vollprogrammen ausgebaut zu werden. Diese Entwicklung wurde von den Anfang der 1990er Jahre für die neu entstandenen Länder gegründeten Landesrundfunkanstalten aufgegriffen und mitvollzogen. Rund um die Uhr werden nun regionale Programme gesendet, die sich in ihren Nachrichten-, Informations- und Dokumentationssendungen, jedoch auch im Unterhaltungsbereich zu einem guten Teil mit regionalen Themen befassen. Über Kabel und Satellit können sie auch jenseits des Gebietes der jeweiligen Rundfunkanstalten empfangen werden. Ihre Funktion hinsichtlich der Repräsentation von subnationalen Räumen wurde damit erheblich aufgewertet.10) [15]

Auch der seit etwa Mitte der 1990er Jahre anhaltende Boom von TV-Geschichtsdokumentationen (vgl. LINNE 2002) besitzt eine regionale Dimension. Insofern stellt die Reihe "Die Brandenburger" keinen Einzelfall dar. Der MDR begann 1997 ein auf immerhin 38 Filme ausgelegtes Projekt zur Geschichte Mitteldeutschlands, und der Bayerische Rundfunk produzierte 2002 eine zwölfteilige Geschichte Bayerns.11) [16]

Bedeutsam für die Repräsentation der Landesebene im Fernsehen ist auch die unterschiedliche Struktur der Rundfunkanstalten. Bereits ein nur auf Ostdeutschland gerichteter Blick zeigt markante und für die Repräsentation von Regionen und Ländern relevante Unterschiede. Bis zum Vollzug der Fusion von ORB und SFB zum RBB im Mai 2003 war Brandenburg das einzige der fünf neuen deutschen Bundesländer, das über einen regionalen Fernsehsender bzw. eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nur für das einzelne, eigene Bundesland verfügt. Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt haben mit dem MDR eine Dreiländeranstalt, während Mecklenburg-Vorpommerns Beitritt den NDR zur zunächst einzigen12) Ost-West-Rundfunkanstalt in der ARD machte. [17]

Der ORB war also ausschließlich auf ein Bundesland bezogen und in seinen Informations-, Nachrichten- und Unterhaltungssendungen räumte er diesem Land erheblichen Platz ein. Dem Prinzip einer Repräsentation des Ganzen durch das Aufzeigen seiner bunten Vielfalt folgend, das MORLEY und BRUNSDON (1999) in der britischen Infotainment-Reihe "Nationwide" erkannten und das auch international ein äußerst verbreitetes und erfolgreiches Format zu sein scheint, bemühte sich der ORB unter anderem um eine alltagsnahe Darstellung regionaler Vielfalt. Mit einigem Zuschauerzuspruch berichtete der "Landschleicher" über 500 Male sonntags aus zuvor ausgelosten kleinen Orten Brandenburgs.13) Über 250 Mal versuchte das ORB-Magazin "Heimatjournal", so die Potsdamer Neuesten Nachrichten, "Brandenburg mit seinen Menschen, seinen Leuten, seiner Historie und Kunst erleben" zu lassen und dabei "die vielen Geschichten aus dem Alltag" (PNN, 1.11.2002) ganz in den Vordergrund zu rücken.14) Weitere regionsbezogene Elemente des Programms sind Berichte über Sportereignisse oder andere Veranstaltungen wie z.B. das jährliche Landesfest, den "Brandenburgtag". [18]

37 Prozent der Brandenburger würden mindestens an vier Tagen der Woche das ORB-Fernsehen einschalten und seien daher als "Stammseher" zu bezeichnen, meldete der ORB über seine Imagestudie zum ORB-Fernsehen von Ende 2000, die als Beweis für seine starke Verwurzelung im Land präsentiert wurde. Hinsichtlich der Sendereigenschaften, die dem ORB zugeordnet werden, heißt es dort: "Dabei spielt die regionale Identität, sowohl in den Informationsangeboten als auch in der Unterhaltung, eine tragende Rolle." (http://www.orb.de/unternehmen/mediadaten/studien1.jsp [Broken link, FQS, December 2004]15)) [19]

Der Stellenwert regionalen Fernsehens (und des öffentlichen Rundfunks generell) für neue Vorstellungen und Repräsentationen politischer Räume zeigt sich auch in Zusammenhang mit der im Mai 2003 vollzogenen Fusion von SFB und ORB zum RBB, der weithin die Aufgabe zugeschrieben wird, ein erfolgreiches Modell für einen zweiten Anlauf für eine Fusion der beiden Bundesländer zu liefern.16) Ganz in einem solchen Sinne lautet zum Beispiel der Titel des neuen RBB-Vorabendprogramms "zibb – zuhause in berlin & brandenburg" (PNN, 3.11.2003). Das Terrain für eine Länderfusion wurde auch schon durch Unterhaltungssendungen vorzubereiten versucht. Die Moderatoren der vom ORB produzierte Show "Dreilinden" zum Beispiel versuchten, "augenzwinkernd" (Märkische Allgemeine Zeitung, 9.7.2002) ein "großes Werk in Angriff zu nehmen: sie wollen Menschen und ganze Länder zusammen führen. Berlin und Brandenburg soll zusammenwachsen und alle Menschen sollen sich lieben ..." (ORB Programmvorschau, 9.7.2002). Dieser Produktion lagen also auf Identifikationen oder Identitäten bezogene Ziele zugrunde, die öffentlich klar benannt werden, zu denen aber zugleich durch Ironisierung etwas Distanz eingenommen wird. [20]

4. Methoden

Die Analyse der Fernsehdokumentationsreihe wurde im Rahmen eines an der Universität Potsdam veranstalteten Seminars begonnen.17) Aus dem Forschungsprojekt "Neue regionale Identitäten und strategischer Essentialismus", zu dem die Analyse der Fernsehdokumentation "Die Brandenburger" als Teiluntersuchung beiträgt, wurden Leitfragen hinsichtlich der Repräsentation Brandenburgs übernommen. Die textanalytische Perspektive Stuart HALLs diente dann der Ausarbeitung eines auf die Spezifik des Mediums Fernsehen ausgerichteten, umfangreichen Leitfadens. [21]

Der im Anhang dokumentierte Leitfaden hielt die bei der Interpretation der Filmdokumentation zu beachtenden Verfahrensweisen und insbesondere die Dimensionen und Aspekte fest, auf die bei der Sichtung der Fernsehreihe geachtet werden sollte. Dazu zählen unter anderem Repräsentationen Brandenburgs bzw. der Brandenburger, Hinweise auf "preferred readings" (z.B. in Form von Emphasen, Wiederholungen, Kontextualisierungen) oder Repräsentationen des Anderen. Auf dieser Grundlage wurden aus der Videoaufzeichnung der gesamten Filmreihe Sequenzen ausgewählt, die einer intensiven Interpretation unterzogen wurden:18) [22]

Angelehnt an BOHNSACKs (1993) rekonstruktive Sozialforschung erfolgte die Interpretation der ausgewählten Sequenzen schrittweise. Auf eine detaillierte – im vorliegenden Falle auch Bild-, Text- und Tonebene trennende – formulierende Interpretation folgte in einem zweiten Schritt eine reflektierende Interpretation. Diese einzelnen reflektierenden Interpretationen wurden dann zusammengeführt und mit Hilfe der Software Max.qda offen codiert. [23]

In ihrer Gesamtheit gestatten die so generierten Codes (z.B. "Ländlichkeit", "Interkulturelles", "Krisenzeiten Brandenburgs", "Blütezeiten Brandenburgs", "Fontane", "Herrschaft der Alten") eine Übersicht der verschiedenen Aspekte der Repräsentation Brandenburgs sowie der Repräsentationsweise in der gesamten Filmreihe. Die einzelnen Codes erlauben demgegenüber eine sequenzübergreifende, genaue und detaillierte Zusammenschau der Thematisierung von Einzelaspekten und deren Wiederkehr bzw. Variation im Laufe der Filmreihe. [24]

5. "Die Brandenburger. Chronik eines Landes" – interpretative Analyse

In diesem Abschnitt folgen nun Ergebnisse der interpretativen Analyse der Fernsehreihe. Ihnen vorgeschaltet sind kurze Informationen zum Kontext der Fernsehreihe (5.1). Die eigentliche Interpretation beginnt mit der Analyse der Eröffnungssequenz (5.2). Darauf folgt die Struktur der Geschichtserzählung (5.3). Wesentliche Prägungen sowie eine Mehrstimmigkeit erhält der Medientext durch einen populären Schauspieler, der durch die Reihe führt, bestimmte Fragen aufgreift und teilweise autobiographisch kommentiert (5.4). Dass der Schriftsteller Theodor FONTANE häufig zitiert und angesprochen wird, kann jene, die Brandenburg ein wenig kennen, kaum überraschen. Ein genauerer Blick kann jedoch seine Funktionen und seine "Eignung" für die gegenwärtigen Bemühungen um Identitätsstiftung zeigen (5.5). Momente der Reflexion des in der Reihe Erzählten und Dargestellten sind hinsichtlich der Frage nach den Repräsentationsweisen von besonderem Interesse (5.6). Untersucht wird ebenfalls, welche Antworten auf die im Titel anklingende und eingangs der Reihe explizit gestellte Frage gegeben werden, wer denn die Brandenburger sind (5.7). Abgeschlossen wird die Interpretation durch einen Blick auf das Verhältnis von textimmanenten "bevorzugten Lesarten" und Momenten der Bedeutungsoffenheit (5.8). [25]

5.1 Die Fernsehreihe und ihr Kontext

Die siebenteilige Dokumentationsreihe "Die Brandenburger – Chronik eines Landes", anhand der Repräsentationen des Regionalen im Fernsehen nun eingehender untersucht werden sollen, wurde 1998 vom ORB produziert und gesendet. Ihre jeweils 45-minütigen Folgen wurden von fünf verschiedenen Regisseuren erarbeitet, die Projektregie führte Lew HOHMANN, redaktioneller Leiter war der spätere ORB-Fernsehchefredakteur Johannes UNGER. Letzterer schrieb in einem Beitrag zu Zeitgeschichte im Fernsehen für das ARD-Jahrbuch über das eigene Projekt:

"Geschichtsfernsehen als Lebens- und Orientierungshilfe? Das hört sich hochtrabend an, kann so falsch aber nicht sein. So verzeichnete beispielsweise der ORB mit seiner siebenteiligen Dokumentationsreihe 'Die Brandenburger' (1998), einem unterhaltsamen Streifzug durch die Historie der Region, einen bemerkenswerten Erfolg. Absicht des Projekts war es, den Brandenburgern, die ja erst wieder mit dem Ende der DDR und der Neugründung der Länder im Zuge der deutschen Einheit Branden-burger geworden sind, Kenntnisse und Wissenswertes über die Geschichte ihrer Heimatregion zu vermitteln. Darüber hinaus sollte die Reihe Anreize bieten, regionale Prägungen und Bindungen wiederzuentdecken bzw. zu festigen, zugleich aber auch zu hinterfragen. Identifikationsangebote und kritische zeitgeschichtliche Analysen sollten sich dabei nicht ausschließen. (...) Die Frage der Identität stellt sich für die Menschen in Ostdeutschland nach den umwälzenden Veränderungen und Neuerungen der vergangenen Jahre in besonderer Weise." (UNGER 1999, S.70-71) [26]

Geschichte wird also als Ressource für die Stärkung einer aktuell defizitären – und sich aus der Gegenwart offenbar nicht zwangsläufig ergebenden – Orientierung an der "Heimatregion"19) betrachtet. Zugleich wird der Anspruch erhoben, "Identifikationsangebote und kritische zeitgeschichtliche Analysen" zu verbinden. Damit wird implizit eingeräumt, dass sich die kritische Dimension nicht völlig widerspruchsfrei zum Interesse an Identifikationsangeboten verhält. Dieser Anspruch, eine kritische historische Analyse zu liefern, weist die Produktion auch als Schnittstelle massenmedialer "Identitätsarbeit" und akademischer Historiographie aus. Und in der Tat wurde Geschichte für das Fernsehen hier durch eine Kooperation mit Historikern20) erschlossen, die Exposés zu den geschichtlichen Essentials der einzelnen Perioden anfertigten, auf deren Grundlage dann Drehvorlagen entwickelt wurden. [27]

Die Reihe wurde in den Brandenburger und Berliner Medien einerseits durch Anzeigen21), andererseits durch redaktionelle Beiträge angekündigt und in Kritiken zu den einzelnen Folgen sowie zur gesamten Reihe positiv kommentiert22). Als Begleitmaterial zur Serie wurden ein Buch (HOHMANN & UNGER 1999) – dessen erste Auflage sich im Weihnachtsgeschäft besser als erwartet verkaufte, schon rasch vergriffen war und das eine Gesamtauflage von fast 15.000 Exemplaren erreichte –, eine Musik-CD und die Videoaufzeichnung aller Folgen angeboten. Neben dem Stellenwert, der seitens des ORB der Reihe gegeben wurde, rechtfertigt auch die Zuschauerresonanz auf die Reihe, sie zur Untersuchung von Repräsentationen des Landes Brandenburg heranzuziehen. Durchschnittlich 110.000 Zuschauer – das entspricht einer Quote von 12,4% – verfolgten in Brandenburg die Erstsendung der Reihe, 30.000 (2,4%) in Berlin und insgesamt bundesweit 220.000 (0,8%) (ORB-Medienforschung, 22.12.1998). Wiederholt wurde sie im HR, MDR, Phoenix und 2002 im ORB selbst. [28]

5.2 Die Eröffnungssequenz

Der Vorspann der Reihe präsentiert eine rasche Folge von Gemälde-, Fotografie- oder Filmausschnitten, die unter anderem Könige, Krieger, Bauern und Situationen wie den Bau und Fall der Berliner Mauer zeigen. Das letzte Bildfenster des Vorspanns zeigt einen auf einer Allee heranschreitenden Mann, den Schauspieler Kurt BÖWE. Eingeblendet werden dann der Titel "Die Brandenburger" und kurz darauf der Untertitel "Chronik eines Landes". [29]

Diesen Begriff "Die Brandenburger", also eine Kategorie, die auf eine Gruppe von Menschen bezogen ist, können wir als für eine Darstellung von Geschichte weniger gebräuchlich ansehen als den sich auf eine Territorium oder die Institution eines Fürsten- oder Königshauses bzw. eine Körperschaft beziehenden Namen "Brandenburg". Insofern setzt der Titel eine Verpflichtung zur inhaltlichen Erläuterung des Begriffs "Brandenburger". Dabei eröffnet er die Möglichkeit, den Blick von einer Institutionengeschichte hin zu den Menschen und auf "Menschliches" zu lenken. Andererseits wird mit dem Untertitel "Chronik eines Landes" zugleich auch der eher konventionelle Gegenstand solcher Geschichtsdarstellung und eine Perspektive auf das Land, im Sinne von Landesgeschichte, angekündigt. In dieser doppelten Blickrichtung deutet sich ein anspruchsvolles Ziel an, die Verbindung einer Alltags- und Erfahrungsgeschichte der als "Brandenburger" bezeichneten Menschen mit einer struktur- und politikgeschichtlichen Darstellung des Landes. [30]

Schließlich wird "Begleitet von Kurt Böwe" unter dem Titel eingeblendet. Dies signalisiert, dass keine völlig nüchterne Dokumentation folgen wird. Nicht ein Experte für Geschichte wird durch die Reihe führen, sondern ein bekannter Schauspieler wird die Reihe "begleiten", was eher eine ergänzende, auch Geselligkeit vermittelnde und insofern unterhaltende Funktion verheißt. [31]

An diesen Vorspann schließt eine Eröffnungssequenz an, die in Grundzüge der Reihe einführt und insofern nahe legt, sie hier eingehender zu behandeln. Untermalt von einer ruhigen Melodie schwenkt die Kamera zunächst über eine hügelige Wiesenlandschaft, eine Klosterruine erscheint und, nach einem weiteren Schnitt, die Allee, die zu Abschluss des Vorspanns bereits in einem Bildfenster gezeigt wurde. Auf ihr geht eine leger gekleidete Person in Richtung des Vordergrundes. Es ist Kurt BÖWE, der sich spazierend durch die Landschaft bewegt, so wie das viele der potentiellen Zuschauer mitunter in ihrer Freizeit tun. Auch ihrer äußerlichen Erscheinung nach handelt es sich um eine Person, die sich nicht grundsätzlich von den Zuschauern und ihrer Alltagswelt unterscheidet. Gezeigt wird also eine ruhige, ungestörte Szenerie, die mit "Schönheit", "Ländlichkeit", "Freizeit" und "Entspannung" verbunden werden kann. [32]

Aus dem Off beginnt BÖWE dann mit gleichmäßiger Intonation zu sprechen:

"Die Brandenburger. Wer ist das überhaupt?" (1-01)23) [33]

Seine ersten Worte nehmen den Titel der Dokumentationsreihe, jedoch auch die Unschärfe, Offenheit und Erläuterungsbedürftigkeit des Begriffes "die Brandenburger" auf. Mögliche Fragen und Zweifel, die an diesen Begriff anknüpfen, werden damit als nahe liegend und legitim bestätigt.

"Ich bin Prignitzer." (1-01) [34]

So lautet seine erste Antwort auf die gestellte Frage. Indem er von sich persönlich ausgehend die Kategorie "Brandenburger" nicht positiv aufgreift und erläutert, sondern auf eine andere, offenbar näher liegende und eindeutigere Referenzebene wechselt, den kleineren Raum einer historischen Landschaft,24) liefert er eine abwehrende und relativierende Antwort. BÖWE führt so eine skeptische, kritische Haltung gegenüber diesem Begriff vor. Allerdings steht seine Antwort trotz des Wechsels auf eine andere Bezugsebene auch nicht in prinzipiellem Gegensatz zur Frage, da sie nicht ausschließlich als Anzweifeln und Negation des Begriffes "die Brandenburger" verstanden werden kann, sondern ebenfalls als dessen Präzisierung, im Sinne einer Unterfütterung der Zugehörigkeit zu Brandenburg durch kleinräumige Zugehörigkeiten. Diese Mehrdeutigkeit verleiht BÖWEs Antwort eine schelmische Dimension. Sie steht für eine durchaus unterhaltsame Momente enthaltende Schläue, die in abweichenden und mehrdeutigen Antworten Distanz erkennen lässt, aber dennoch nicht auf einen vom offiziell Erwarteten abweichenden Gehalt festgelegt werden kann. BÖWE fährt fort:

"Ich bin hier geboren und aufgewachsen. In einem kleinen Dorf, kaum der Rede wert. Sieben Geschwister. Meine Eltern, kleine aber sehr fleißige Bauersleute." (1-01) [35]

Er verweist auf den kleinen, dörflichen und kaum beachtenswerten Raum, dem er entstammt – und der andererseits doch eine nachvollziehbare Typik von Lebensverhältnissen in Brandenburg liefert. Immer noch in Beantwortung der Frage, wer denn die Brandenburger sind, konkretisiert BÖWE zunächst seinen persönlichen Lebenszusammenhang, der durch Ländlichkeit und Einfachheit geprägt sei. Unterschwellig wird dabei die Frage sowohl der Geburt wie auch des Aufwachens in einem Raum als Kriterium der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, hier in erster Linie den Prignitzern, eingeführt. Persönliche Erfahrungen und familiale Geschichte, nicht die große Geschichte herausragender Personen und Ereignisse werden zunächst in Zusammenhang mit der Frage nach den Brandenburgern gestellt. Aufmerksamkeit für die jenseits der großen und allgemeinen Geschichte liegenden kleinen Geschichten wird signalisiert.

"Die Brandenburger, das waren immer Hiesige und Zugereiste. Alteingesessene und Neuankömmlinge. Bodenständige und Glücksritter. Hohe Herrschaften und arme Schlucker." (1-01) [36]

Diese Sätze stellen einen Bruch zum Vorhergehenden dar, das auf diese Weise den Charakter eines persönlichen Exkurses in einer übergreifenden Erzählung erhält. Unmittelbar wieder aufgegriffen wird die Frage, wer denn die Brandenburger sind, und die nun gelieferte zweite Antwort liegt jenseits der eigenen Erfahrung des Erzählers. Sie zeugt von dessen Wissen über die Geschichte der Brandenburger und weist dem Erzähler eine Doppelrolle zu, er ist nicht nur Zeuge der kleinen Alltagsgeschichte, sondern auch Vermittler der großen Geschichte ganz Brandenburgs. Die erste eindeutige Aussage, die jetzt über die Brandenburger geliefert wird, berührt das Verhältnis von Eigenem und Fremden. Immer seien Brandenburger Hiesige und Zugereiste, Alteingesessene und Neuankömmlinge gewesen. Das ist eine "starke" und auch programmatische Aussage, die durch ihr kategorisches "immer" auch in die Gegenwart weist, in der Gewalt und Feindschaft gegen zahlenmäßig nur wenig präsente Fremde zweifellos eines der größten Probleme in Brandenburg darstellen. Ergänzt wird dieses Bild von einer sozialen Dimension, die mit der, nicht zuletzt Assoziationen zur Nachwendezeit nahe legenden Opposition von Bodenständigen und Glücksrittern eingeleitet wird. Implizit enthalten ist hier ein Lob einfachen Lebens, wie es zuvor anhand BÖWEs Familie schon erwähnt wurde. Mit der Opposition von hohen Herrschaften und armen Schluckern wird schließlich ein drastischer sozialer Gegensatz als ein grundlegender Zug der Brandenburger benannt. Herkunftsmäßige und soziale Gegensätze prägen und differenzieren demnach diese Brandenburger, die nicht als eine homogene Einheit, sondern als eine binnendifferenzierte und Ungleichheit aufweisende Gruppe eingeführt werden.

"Brandenburg. Ein schwieriges Land. Grenzland. Land zwischen Flüssen und Zeiten. Kein leichtes Unterfangen, über die Geschichte zu berichten." (1-01) [37]

BÖWE wechselt nun von den "Brandenburgern" zur Landesebene über und beurteilt – wieder in der Haltung historiographischer Kompetenz – dieses Land sowie die Darstellung seiner Geschichte als schwierig. Vage bleibt freilich, ob diese Schwierigkeit aus der zuvor angesprochenen Buntheit und sozialen Schichtung des Landes, aus seiner Grenzlage, den unterschiedlichen Zeiten, die es erlebte, oder all diesem zusammen entspringt. [38]

Bis zu dieser Stelle spricht BÖWE seinen Text aus dem Off, während er langsam auf der Allee der Kamera entgegen kommt und sein heiterer Gesichtsausdruck erkennbar wird. Dann bleibt er stehen und spricht nun direkt in die Kamera, während die Musik ausgeblendet wird. Ein direkterer Kontakt zum Zuschauer wird gesucht.

"Der märkische Dichter Theodor Fontane sagt: 'Unanfechtbare Wahrheiten gibt es überhaupt nicht. Und wenn es welche gibt, sind sie langweilig.'" (1-01) [39]

FONTANE, der sicherlich einer der bekanntesten Brandenburger und einer derjenigen ist, die sich am stärksten um die Wahrnehmung der Mark Brandenburg und das Wissen um sie bemüht haben, wird nun, mit einem bekannten Zitat aus seinem "Der Stechlin", direkt angesprochen. FONTANEs mit Nachdruck angesprochenes Thema der "unanfechtbaren Wahrheiten" ist durch seinen unmittelbaren Anschluss an die vorhergehende Aussage auf die Schwierigkeit bezogen, die Geschichte Brandenburgs zu berichten. Endgültige Wahrheiten über das "Land" und die "Brandenburger" soll es demnach in dieser Dokumentationsreihe nicht geben, gerade in deren Anfechtbarkeit liege ein Reiz.

"Aber sich an der Wahrheit versuchen kann spannend sein. Eine Entdeckungsreise, vielleicht. Durch die Geschichte wandern, an vergessene Orte und solche, die der Alltag eingeholt hat. Spuren im märkischen Sand." (1-01) [40]

Durch die Geschichte wandern, Spuren im märkischen Sand suchen – weiterhin klingt FONTANE an. Der erste Satz bezieht allerdings das vorhergehende FONTANE-Zitat unmittelbar auf die Reihe selbst. Deren Problem, keine unstrittige Darstellung der Geschichte eines "schwierigen" Landes liefern zu können, sondern nur ein Versuch in dieser Richtung sein zu können, wird positiv als Spannung gewendet. Der eingestandene Versuchscharakter der präsentierten Geschichte der Brandenburger und Brandenburgs räumt Unzulänglichkeiten ein und legitimiert die Anfechtung des Dargestellten. Auch jene, die womöglich von vornherein am Wahrheitsgehalt dieser Geschichtsdarstellung des ORB zweifeln, werden auf diese Weise eingeladen, an einer Wanderung durch die Geschichte teilzuhaben, die obendrein die Entdeckung von Vergessenem verspricht. [41]

BÖWE begrüßt darauf die Zuschauer mit einem Lächeln und Nicken, bevor er sie mit dem sich und das Publikum als Einheit postulierenden Satz,

"Wir werden sehen!" (1-01),

direkt zur Teilnahme an der Wanderung durch die Geschichte einlädt. Dann tritt er aus dem Bild, gewissermaßen hinein in die nun beginnende Geschichtserzählung, deren Autorität durch die in diesem Prolog gegebenen Hinweise auf die Schwierigkeit, Subjektivität und den Versuchscharakter solcher Geschichtsvermittlung etwas eingeschränkt wurde. [42]

5.3 Die Geschichtserzählung

Die sieben Folgen der Reihe erzählen die Geschichte der Brandenburger und Brandenburgs chronologisch. Fünf bis neun Mal pro Folge wird dieser Erzählstrang durch Auftritte des "Begleiters" Kurt BÖWE und dessen Kommentare oder Illustrationen aufgelockert. [43]

Nach einem kurzen Hinweis auf das Ende der Eiszeit und Nomaden als den "ersten Brandenburgern" (1-03) beginnt die historische Erzählung mit der Eroberung der slawischen Burg Brennabor durch sächsische Krieger. Während die beiden ersten der jeweils 45 Minuten dauernden Folgen mehrere Jahrhunderte abdecken, verdichtet sich die Darstellung ab dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Zwei Folgen behandeln die Entfaltung Preußens. Die Phasen des Deutschen Reiches bis zum Ersten Weltkrieg, von Weimarer Republik, Faschismus und Zweitem Weltkrieg sowie von der Nachkriegszeit bis zum Ende der DDR werden in jeweils einer Folge behandelt. Aufgrund des jeweils zur Verfügung stehenden Materials verändert sich neben der zeitlichen Dichte auch der Charakter der einzelnen Folgen. Eingangs werden vorwiegend historische Schauplätze, Landschaften, Abbildungen, mitunter aber auch durch Rauch "belebte" Modelle historischer Schlachten gezeigt. Später findet eine Fülle von Originalfilm- und Tondokumenten Verwendung. Obwohl für die Frühzeit auch einmal Darsteller eines Museumsdorfes gezeigt werden, besitzen die Folgen einen eindeutig dokumentarischen Charakter und – abgesehen von den erwähnten begleitenden Sequenzen mit Kurt BÖWE – keinerlei gespielte Szenen. Eine Männer- und eine Frauenstimme sprechen den in knappen Worten gehaltenen Text aus dem Off, und die eigens für die Reihe geschriebene historisierende musikalische Untermalung akzentuiert sehr deutlich den friedlichen, konflikthaften oder gewalttätigen Charakter der einzelnen historischen Episoden. [44]

Die Geschichte Brandenburgs wird in dieser Weise als eine wechselvolle Erzählung dargeboten, in der Momente politischen, sozialen und kulturellen Aufschwungs rasch mit solchen des Niedergangs und der Krise wechseln. Brandenburg erscheint nicht als eine statische, vorausgesetzte Einheit, sondern als historisch gewordenes und verändertes Objekt, dessen Geschichte zum Teil durch die Verfolgung großer Pläne und Projekte geprägt ist. Diese Projekte realisieren sich mitunter aufgrund von Zufällen und wenn sie erfolgreich sind, so sind sie nicht unbedingt von Dauer. Die Entwicklung Preußens erscheint als, wenn auch nicht ungetrübter, Höhepunkt Brandenburger Geschichte, der allerdings mit Brandenburgs Ein- oder Unterordnung in einen preußischen Staat bereits ein Moment des Niedergangs enthält. In der Folge werden zahlreiche weitere Ereignisse und Entwicklungen präsentiert, in denen Errungenschaften oder Spuren dieser "großen" Zeit enden – durch die Reichsgründung, eine Pervertierung des Preußentums, das Abdanken der kaiserlichen Herrschaft, eine andauernde Militarisierung des Landes, den Verlust von Territorien, die Auflösung Preußens und Enteignung des märkischen Adels, ja die Aufhebung des Landes Brandenburg selbst. Konterkariert wird das durch Phasen wirtschaftlichen Aufschwungs und der Industrialisierung, die aber letztlich den ausführlicher dargestellten Effekt haben, dass sich das Verhältnis zwischen Mark Brandenburg und einer ihrer Städte, Berlin als dem überragenden Zentrum der Industrialisierung, rasch verschiebt und umkehrt: Das Brandenburg des frühen zwanzigsten Jahrhunderts erscheint – mit Verweisen auch auf seine gegenwärtige Lage – maßgeblich auf Berlin bezogen und von dessen Dynamik abhängig. So wird zugleich ein klarer Gegensatz von ländlicher Mark und dynamischer Industriemetropole präsentiert. [45]

Nationalsozialistische Konzentrationslager, Kasernen, Kriegsfolgen und -lasten, sowjetische Besatzung, Raubbau an natürlichen und kulturellen Ressourcen werden als weitere Aspekte einer düsteren Geschichte Brandenburgs während des 20. Jahrhunderts präsentiert. Die am Ende der Dokumentationsreihe stehende und sich historisch viel rascher als zunächst erwartbar ergebende "Neugründung des Landes" (7-39) erscheint so als eine in Bezug auf den Stellenwert, den Brandenburg einst besaß, eher nüchterne und glückliche Wiederkehr, die allerdings in einer bereits zu Ende der 1970er Jahre einsetzenden Rückbesinnung auf märkische Heimat und brandenburgische sowie preußische Wurzeln eine gewisse Stütze findet. [46]

Brandenburg erscheint ebenfalls als Landschaft. Zwar werden einige spezifische historische Perioden benannt, in denen insbesondere Berliner die "stille Schönheit" der ehemaligen "Streusandbüchse" und seiner Wasserlandschaft entdeckten. Doch gerade hinsichtlich der bildlichen Darstellung, aber auch in den Charakterisierungen seiner Bevölkerung erweisen sich Ländlichkeit und Landschaftsästhetik durch die gesamte Dokumentationsreihe hindurch als Kontinuitäten und insofern als feststehende Merkmale Brandenburgs. Die dargestellte Opposition zum industrialisierten Berlin bekräftigt diesen Topos und, im Gegensatz zu anderen Reflektionen über Darstellungen in der Reihe, wird die Gültigkeit der Ländlichkeit als kontinuierlicher Repräsentation nicht in Frage gestellt. [47]

Abgesehen von den ironischen Worten über die nomadischen "ersten Brandenburger" vor "gerade mal 3.500 Jahren" (1-03) erfolgt die Darstellung der Brandenburger, die im Titel der Reihe ja vor dem Land angesprochen sind, zumeist in einem engen Zusammenhang mit dem abwechslungsreichen historischen Ablauf seit dem Mittelalter. Sie werden nicht als eine gegebene und statische Bevölkerung dieser Region, sondern als unmittelbares Ergebnis der hier geschehenen Geschichte präsentiert. Die Askanier als "fremde" Landesfürsten, so wird erzählt, wurden im 12. Jahrhundert im Zuge der zweiten, friedlicheren und daher auch erfolgreicheren sächsischen Eroberung durch Albrecht "in der Mark heimisch" (1-17), also zu Brandenburgern. Doch nicht nur die Herrschaft kommt aus der Fremde: "Vor allem junge Leute aus dem Westen verlocken die ungeahnten Möglichkeiten im Osten, wo es noch Land und Macht zu verteilen gibt." (1-18) Während mit eher feinem Humor eine Analogie zur Zeit nach 1990 eröffnet wird, ist aufgrund des Stellenwerts, den das Thema Fremdenfeindlichkeit in Brandenburg zu Ende der 1990er Jahre erhalten hat, der Gegenwartsbezug von Kurt BÖWEs Zusammenfassung dieser ersten Blüte der Mark Brandenburg eindeutiger:

"Also wohnen plötzlich hier in der Mark Brandenburg Leute aus ganz verschiedenen Ländern, die ganz verschieden sprechen und zusammenleben, miteinander handeln und untereinander heiraten wollen. Die Slawen sind zwar die Einheimischen, aber die Besiegten, die anderen sind eigentlich Ausländer, denn sie wurden geworben, das Land zu besiedeln, oder gehören zu den Siegern." (1-19) [48]

Brandenburg als "Schmelztiegel" von Hiesigen und Neuankömmlingen, wie das bereits in der Eingangssequenz präsentiert wurde, ist ein Topos, der insbesondere in der ersten Folge hervorgehoben wird. Zu den Resultaten des Wiener Kongresses, zu denen das Hinzuschlagen der Lausitz zur Provinz Brandenburg zählt, sagt der Kommentar: "Die dort lebenden Sorben sind durch den Wiener Kongress zu Brandenburgern geworden." (4-22) Auch hier wird die Eigenschaft Brandenburger zu sein, die Zugehörigkeit zu den "Brandenburgern", rein territorial bestimmt. Das Territorialprinzip, das ius soli, und nicht ein Stammes- oder Abstammungsprinzip wird also mehrfach als Grundlage für die in der Dokumentationsreihe gebrauchte Kategorie "Brandenburger" hervorgehoben, insbesondere dann, wenn diese Kategorie auf die Bevölkerung und nicht ausschließlich auf die Herrscher bezogen ist. Diese Präferenz für das Territorialprinzip schafft allerdings – wie noch genauer gezeigt werden wird – ein Problem für die Thematisierung der Brandenburger in der DDR. Dort wurde dieses die Bevölkerung bestimmende Land Brandenburg ja 1952 aufgehoben.

"Von Heute auf Morgen sind die Brandenburger nur noch Bürger im Bezirk Potsdam, Cottbus oder Frankfurt/Oder. Die Mark ist ohne Land." (7-19)

"Nach gut 800 Jahren, endet so am 1. August 1952 scheinbar die Geschichte der Mark und ihrer Brandenburger. Allein die Kirchen beharren auf ihre traditionellen Bistumsgrenzen." (7-19) [49]

Doch neben der prozessorientierten Thematisierung von "Brandenburgern" finden sich stellenweise auch solche ohne eine derartige Markierung. So werden die Brandenburger als "ruhige Märker" bezeichnet oder wiederholt auf ihren Fleiß hingewiesen. Die kontinuierlich dargestellte Ländlichkeit fließt auch in die Darstellung der Menschen ein. In seinem Kommentar zur Einführung der Kartoffel in Brandenburg sagt BÖWE: "Was der Brandenburger nicht kennt, das frißt er nicht. Lange verschmähte der Brandenburger die Kartoffel." (4-23) Die Abwandlung des sprichwörtlichen Bauern schreibt den Brandenburgern nicht nur Rustikalität, sondern auch eine typische Verhaltenheit zu. Die Brandenburger werden darüber hinaus auch immer wieder in Herrscher und eine beherrschte Bevölkerung unterschieden. Die "da oben" entscheiden – mitunter allerdings durch fremde Herrscher ergänzt – über Kriege, Immigration oder eben die Einführung der Kartoffel. Die Bevölkerung ist dem ausgeliefert. Ähnlich heißt es zur Kaiserjagd zu Anfang des 20. Jahrhunderts:

"Brandenburger Heide ist auch Jagdheide. Die Lieblingsjagdreviere der Hohenzollernherrscher liegen in der Schorfheide, bei Döberitz, bei Königswusterhausen – auf weiter märkischer Flur. Die Brandenburger müssen als Treiber mit der Hundemeute zur Hatz. Da bleibt nicht nur das Wild auf der Strecke. Auch so manches brandenburger Flur- und Feldstück wird kaiserliches Terrain." (5-18)

Geschichte wird von der Bevölkerung vor allem erfahren und erlitten. [50]

Dass die Bevölkerung sich in manchen Fällen dennoch offiziellen Maßgaben zu entziehen oder – wie bei Karl LIEBKNECHTs Wahlerfolg im Potsdamer "Kaiserwahlkreis" – gar zu widersetzen weiß, mag ein weiteres Element zu einem somit angebotenem "Wir Brandenburger" sein, aus dem sich kaum jemand außer den historisch bereits abgetretenen Herrschern ausgegrenzt fühlen dürfte. Dennoch nicht ausgeblendet bleibt in der Reihe allerdings, dass die Bevölkerung, nicht zuletzt bei Antisemitismus und Nationalsozialismus, mitunter die herrschende Politik auch mitbetrieben und kräftig unterstützt hat, also auch Fehler begangen hat. [51]

Es gibt nun auch Momente in denen sich eine kontextuelle und eine persistente oder essentialisierende Fassung der Eigenschaft, Brandenburger zu sein, begegnen. Das ist bei einigen der zahlreichen abgrenzenden Charakterisierungen von Brandenburgern und Berlinern der Fall. "Die Berliner, die zu dieser Zeit noch Brandenburger sind, haben schon damals eine freche Schnauze" (4-03) heißt es zum späten 18. Jahrhundert, "Der Berliner wird bekannt in der Mark und steht in einem Ruf: er habe Herz mit Schnauze" (6-17) später zu den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Mit der "Berliner Schnauze" wird also eine feststehende Berliner Wesensart präsentiert, die eine Differenz zur Bevölkerung der Mark setzt, indem sie diese implizit von den stillen Märkern unterscheidet. Doch der Hinweis auf die frühere brandenburgische Zugehörigkeit der Berliner relativiert diese kulturelle Differenz durch einen Rekurs auf die offenbar flexiblere Ebene politischer Zugehörigkeit. Auch die dargestellte rasche Industrialisierung und Urbanisierung Berlins als Grundlage einer Differenz von metropolitanen Berlinern und ländlichen Brandenburgern eröffnet eine prozessorientierte Dekodierung von Berliner und Brandenburger Charakteristika. [52]

Ein Paradoxon formulierend, prallen persistente und kontextuelle Charakteristika der Brandenburger fast zu Abschluss der Reihe direkt aufeinander: "Am 3. Oktober 1990 sind die Brandenburger nach 38 Jahren wieder Brandenburger." (7-41) Trotz der zuvor drastisch dargestellten Abschaffung und Ausblendung brandenburgischer Institutionen und Manifestationen durch die DDR wird somit einerseits an der Kategorie Brandenburger für die Bevölkerung des entsprechenden Gebietes in der DDR festgehalten. Die folgende Aussage, dass diese Brandenburger nun mit der Wende wieder zu Brandenburgern wurden, gestattet dann grundsätzlich zwei Lesarten: Erstens, dass die Brandenburger immer Brandenburger blieben, auch wenn dies offiziell verdrängt wurde. Zweitens und alternativ dazu, dass erst der politisch verfasste Rahmen Menschen zu Brandenburgern macht und die zuerst gebrauchte Bezeichnung Brandenburger für die Menschen in der DDR in Anführungsstrichen und nur retrospektiv zu verstehen ist. In solchen Sequenzen erweist sich der Medientext als offen für unterschiedliche Lesarten, auch wenn er an anderen Stellen Aussagen macht, die eindeutiger sind. Für das knapp zehn Minuten zuvor behandelte Ende der 1970er Jahre wird zum Beispiel von einer Suche nach in der DDR versagten Heimatgefühlen gesprochen, als "unter Kontrolle der obersten Geschichtszensoren die bescheidene Suche nach den alten Wurzeln" (7-32) begann oder Strittmaters erfolgreiche Bücher dazu führten, dass man "etwas über die 'Brandenburger' [erfährt], die es ja eigentlich gar nicht mehr gibt" (7-32). Insofern wird nahe gelegt, dass es die Brandenburger eigentlich eben doch immer noch gab. [53]

Der unmittelbar an die obige Aussage zum 3. Oktober 1990 anschließende Text hingegen legt noch eine andere Spur: "Und wie 1945 werden sie einen Landtag wählen und einen Sozialdemokraten als Ministerpräsident haben" (7-41). Die problematische Frage nach Kontinuität oder Diskontinuität Brandenburgs in der Zeiten der DDR wird hier durch das ausdrückliche Anknüpfen an die unmittelbare Situation nach dem zweiten Weltkrieg aufgehoben. Zumindest aus der Perspektive auf die Brandenburger erscheint die DDR als ein Irrweg, als eine Sackgasse, aus der man zum Ausgangspunkt zurückkehren musste, um einen anderen Weg zu gehen. [54]

Da die Zeit der DDR nun aber den Zeitraum umfasst, der für das Publikum den größten Teil von deren eigenen Lebensgeschichten und -erfahrungen umfasst, sind mit dieser eindeutig negativen Darstellung der unmittelbaren Vergangenheit zwei Dinge verbunden. Zum einen wird unterschwellig ausgedrückt, dass die Menschen 1990 relativ wenig Bezugspunkte zu allem "Brandenburgischen" hatten – ein Punkt der durch gegenwärtige, offizielle Aussagen über die Notwendigkeit, so etwas wie Brandenburger Landesidentität zu stiften, bestätigt wird, und Legitimation für die Sendereihe liefert. Zum anderen ist in dieser ganz auf Repression und Verfall konzentrierten Darstellung der DDR-Geschichte eine Konfrontation mit den Zuschauern angelegt, da deren individuelle Erfahrungen in der Regel zumindest mehr als dieses rein negative Verdikt umfassen. Direkt berührt ist die Frage der Anerkennung ostdeutscher Biographien, und damit eine der grundlegenden Debatten über den Umgang und die Einschätzung der DDR-Vergangenheit. Mittels des Begleiters Kurt BÖWE greift die Produktion genau diesen Punkt auf. [55]

5.4 Funktionen der Begleitung durch Kurt BÖWE

Kurt BÖWE begleitet die gesamte Erzählung der Geschichte der Brandenburger. In der bereits analysierten Eröffnungssequenz führt er in die Thematik sowie in die gewählte Perspektive ein und hat dann, bis zu seinem die Reihe beendenden Schlusskommentar, insgesamt 51 Auftritte. Seine Präsenz kontrastiert mit der sonst ausschließlich aus dem Off gesprochenen Erzählung. Auch die vornehmlich in BÖWEs Prignitzer Landhaus angesiedelte Inszenierung dieser Sequenzen und die textliche Verdichtung brechen und ergänzen den Rhythmus der Geschichtserzählung. BÖWE lockert sie auf, bereichert sie durch Pointen, einen konzentrierten Blick auf einzelne Menschen und durch die Kommentare, die von seiner eigenen Lebensgeschichte und seinen Erfahrungen ausgehen. Damit stiftet er zugleich eine Einheit der ob unterschiedlicher Epochen und Autoren heterogenen Folgen. Schließlich verschafft der populäre Schauspieler der Reihe Aufmerksamkeit und lädt das Publikum durch die unkomplizierte und heitere Art, in der er "seinen" Blick auf die Geschichte vermittelt, dazu ein, selbst bei geringerem historischen Interesse die gesamte Reihe zu verfolgen. [56]

Die zahlreichen autobiographischen Verweise und Anekdoten von BÖWE unterstreichen, dass er hier sich selbst spielt. Daher wird in Bezug auf das Publikum dessen, aus anderen Rollen und öffentlichen Aussagen von BÖWE resultierende Bekanntschaft mit seiner Person in Erinnerung gerufen und – sofern eine solche Bekanntschaft besteht – für die Dokumentationsreihe bedeutsam. Was aber kann als ein im Brandenburger Fernsehpublikum "durchschnittlich" vorhandenes Wissen über Kurt BÖWE angenommen werden? BÖWE ist ein alter Schauspieler, der zugleich durch ernsthafte Schauspielrollen z.B. am Deutschen Theater in Berlin, als auch durch Film- und Fernsehrollen bekannt wurde. Das gilt sowohl für sein Wirken in der DDR, in der BÖWE "selbstverständlich (...) mit Absicht dageblieben" (BÖWE in: die tageszeitung, 29.1.1994) ist, als auch in den 1990er Jahren nach der Wende, als er in "Polizeiruf 110" einen alten – allerdings mecklenburgischen – Kommissar darstellte. Von dieser Rolle sagte BÖWE in einem Interview: "Ich sehe aus wie die ganze DDR" (BÖWE in: die tageszeitung, 29.1.1994). [57]

Ein solches Festhalten des vergangenen Lebens in der DDR äußert BÖWE auch im Rahmen der Fernsehchronik. In deren letzter Folge gehen seine Kommentare ganz unmittelbar von seiner eigenen Lebensgeschichte aus. Auf diese Weise ziehen sie einen alternativen Erzählstrang in die auf die repressiven Momente der DDR kondensierte Haupterzählung der Chronik ein. Während jene die Perspektive auf das Herrschaftssystem lenkt, erzählt BÖWE seine eigene Geschichte als Beispiel für ein Leben in der DDR. Er präsentiert sich als Prignitzer Bauernsohn, der – obwohl er von Anfang an eine kritische Distanz zu Massenaufmärschen verspürt – hoffnungsvoll das sozialistische Projekt unterstützt, von den völlig neuen Bildungsperspektiven profitiert, die sich einfachen Menschen wie ihm nun eröffnen, und dem die Realisierung der sozialistischen Utopie anfangs so leicht "wie ein Kinderspiel" erschien. [58]

Aber BÖWEs Hoffnung wurde zunehmend enttäuscht, und das ist der Punkt, über den BÖWE Zugang zu FONTANE findet. In FONTANEs aufkommenden Zweifeln an den "alten Preußen" erkennt BÖWE seine Zweifel an "den Alten" wieder, die die DDR regierten. Diese Alten werden so in eine Reihe mit den ihrer Zeit enthobenen späten Preußenherrschern gestellt. BÖWEs persönliche Darstellung trifft sich in diesem Punkt mit der Haupterzählung: "Die 'alte Garde' verfällt dagegen zunehmend der Jagdleidenschaft in der Schorfheide, ganz in der Tradition früherer 'brandenburger' Herrscher" (7-33), heißt es in der BÖWEs FONTANE-Kommentar unmittelbar vorausgehenden Sequenz, die Erich Honecker bei der Jagd in der Schorfheide zeigt. BÖWEs Geschichte über die DDR ist also von großen, zunächst begründeten, dann aber zerronnenen Hoffnungen bestimmt. Daher erkennt er die Auflösung der DDR als notwendige Konsequenz an, allerdings nicht ohne – in ergänzendem Kontrast zur Haupterzählung – darauf zu beharren, in der DDR gelebt zu haben:

"Der Staat an den ich all meine Hoffnung geknüpft hatte, hatte ausgedient. Aber trotz alledem, es wurde gelebt, auch in dieser Zeit. Kinder wurden geboren und Freundschaften geschlossen. Und hier war das, was immer bleibt, meine Heimat. Die Prignitz! Mmh, mmh" (7-37). [59]

BÖWE kommentiert kontrovers zur Haupterzählung, er eröffnet eine andere, von der individuellen Erfahrung ausgehende Perspektive, die allerdings nicht inkompatibel mit der Haupterzählung ist, sondern diese durchaus ergänzen kann. BÖWE steht insofern für den Anspruch der Reihe, keine letzten Wahrheiten vermitteln zu können. Er zeigt eine andere Sicht auf die Geschichte, die im Rahmen von "Die Brandenburger" als gleichfalls gültig präsentiert wird. Sie widerspricht zwar nicht dem nur auf die negativen Resultate gerichteten Blick, setzt aber durch den Blick auf Motive und subjektive Erfahrungen ganz andere Schwerpunkte. [60]

Auch BÖWEs Verweis auf die Heimat, im zweiten Teil des Zitats, steht in einer solchen eigensinnigen Relation zum Haupttext. Die Heimat, die er immer hatte, war nicht die DDR, aber eben auch nicht Brandenburg, wie man in diesem Kontext hätte erwarten können. Seine Heimat war, dem verleiht er durch sein Herantreten dicht an die Kameralinse und anschließendes leichtes Kichern großen Nachdruck, die Prignitz. Wie schon in der Eröffnungssequenz entzieht er sich der Kategorie "Brandenburg" durch den schelmischen Rückzug auf den kleineren Raum. Damit führt er zugleich von der häufig erbittert debattierten Frage der Anerkennung ostdeutscher Biografien auf eine heitere, schelmische Ebene über. [61]

Nimmt man die Begleitung BÖWEs über alle Folgen hinweg in den Blick, so bleibt des weiteren folgendes festzuhalten. BÖWE, der auf seine bäuerliche Herkunft hinweist und abgesehen von der präsentierten historischen und literarischen Bildung sowie seiner Schauspielkarriere keine Distinktionsmerkmale gegenüber "einfachen Menschen" präsentiert, spricht in zahlreichen Kommentaren eine Bevölkerung der "kleinen Leute" und deren Erfahrungen als eine Welt an, die sich klar von derjenigen der Herrschaft unterscheidet. Es überwiegt dabei der Blick auf das Ausgeliefertsein und das Leiden der Bevölkerung, jedoch auch auf seine Strategien, mit solchen Situationen umzugehen. In der zweiten Folge (2-21) hält BÖWE fest, dass so, wie die Natur sich immer wieder durchsetze, es den Menschen immer wieder gelänge, ihr Leid und ihre Peiniger lächerlich zu machen. "Jaja, das Volk der große Lümmel" (7-14), sagt er später. Episoden solcher Art sind der Gegenstand vieler seiner Zwischentexte, die auch eine humorige Seite besitzen und Pointen bieten, den "human touch" historischer Ereignisse präsentieren und dem Publikum dadurch nicht zuletzt Unterhaltung liefern. Die "großen" Herrscher, die in BÖWEs Auftritten Erwähnung finden, werden ohne großen Respekt, sie auf ein "normales" Maß herunterbrechend, dargestellt. Ihre Defizite und verständlichen Leidenschaften werden angesprochen, die "großen" Preußenkönige führt BÖWE als kleine Zinnfiguren ein. [62]

Um es zusammenzufassen: Kurt BÖWE ist zunächst ein werbendes Element für die gesamte Dokumentationsreihe, der er durch seine Begleitung zudem zu einer stärkeren Einheitlichkeit verhilft. Seine volkstümliche und auf seine bäuerliche Herkunft hinweisende Erscheinung bietet eine Identifikationsmöglichkeit und das Angebot, durch BÖWEs Begleitung einen unkomplizierten Blick auf die Geschichte zu erhalten, den BÖWE zudem unterhaltsam ausgestaltet. BÖWE ist jedoch auch derjenige, der mit dem Verweis auf FONTANE von vornherein darauf hinweist, dass der Anspruch, endgültige Wahrheiten über die Geschichte zu vermitteln, hier nicht erhoben wird. Das ist nun ein letztes Element von BÖWEs begleitender Funktion in der Reihe, das hier hervorzuheben ist, weil es keineswegs auf diese einleitende Bemerkung beschränkt bleibt und auch in der Schlusssequenz der letzten Folge noch einmal erinnert wird:

"Die Brandenburger. Königen sind wir begegnet. Bauern und Beamten. Großen Herrschern und kleinen Leuten. Eine Wanderung durch ihre Geschichte. Keine unanfechtbaren Wahrheiten. Ihre Chronik werden sie weiterschreiben. Leben hat seine Zeit." (7-42) [63]

BÖWE führt eine Haltung vor, die Narrationen von Geschichte nicht einfach akzeptiert, sondern reflektiert. So vermittelt er, dass Geschichte auch aus Legenden besteht, deren Wahrheitsgehalt nicht vollständig geklärt werden kann. Wenn er im Lehnstuhl historische Darstellungen in Büchern betrachtet, führt er vor, dass an solches Betrachten von Quellen ein Nachdenken über das Dargestellte anschließen sollte. Andere Kommentare verweisen auf die Kontingenz von Geschichte, wenn sie Aufmerksam darauf lenken, dass Geschichte ganz anders hätte verlaufen können, wären in bestimmten Situationen die klimatischen Bedingungen oder die politischen Konstellationen andere gewesen. Schließlich gehört der Bezug auf FONTANE in diesen Zusammenhang, da er – wie im folgenden Kommentar zu BÖWEs Desillusionierung in der DDR – die Position von Zweiflern und "unsicheren Kantonisten" als vorbildlich präsentiert:

"'Unverständlich sind uns die Jungen, wird von den Alten beständig gesungen. Meinerseits möchte ich es damit halten: Unverständlich sind mir die Alten.' Das schrieb Theodor Fontane in seiner Unzufriedenheit mit der Welt am Ende des 19. Jh. Auch meine Ideale verkamen mehr und mehr. Und so wurde Fontane mein Zeitgenosse. Ein unsicherer Kantonist, wie auch ich. Und ich begann Fontane öffentlich zu lesen. Die Säle waren voll. Und die Menschen verstanden, was ich mit seinen Zeilen lesen wollte." (7-34) [64]

BÖWE kann als ein geradezu ideales Medium verstanden werden, um das Publikum mit dessen Erfahrungen und auch mit Identifizierungen aus der DDR anzusprechen. Der Begleiter BÖWE versucht das Publikum "abzuholen" und es an den "schwierigen" Gegenstand brandenburgischer und preußischer Geschichte heranzuführen. Trotz oder gerade aufgrund seiner mitunter dissonanten Kommentare lädt er das Publikum dazu ein, sich als Brandenburger oder zumindest im Zusammenhang mit brandenburgischer Geschichte zu betrachten – selbst wenn das von einer bedeutsameren lokalen Verankerung ausgeht. [65]

Dieser ganz auf einer spezifischen Biographie beruhende hohe symbolische Gebrauchswert der Person BÖWE ist auch ein Hinweis auf die Kontingenz der Möglichkeit von derartiger Repräsentation von Gruppen. Denn in solch komplexer symbolhafter Weise ist das nur unter der Voraussetzung möglich, dass Persönlichkeiten verfügbar sind, in denen sich eine schwierige Geschichte in unkompromittierter Weise verdichtet.25) [66]

5.5 Noch ein Begleiter: FONTANE

Theodor FONTANE und sein Werk werden in der Dokumentationsreihe nicht nur durch BÖWEs Wahlverwandtschaft mit diesem angesprochen. Da FONTANE allgemein in öffentlichen Diskursen wie kaum ein anderes Symbol zur Repräsentation Brandenburgs verwendet wird, ist seine häufige Erwähnung ohnehin fast selbstverständlich. Doch FONTANEs komplexe Einbindung in den Medientext der "Brandenburger" unterstreicht dessen äußerst großen symbolischen Gebrauchswert. [67]

Die Reihe erwähnt FONTANE sowohl in ihrer Eröffnungs- als auch in der Schlusssequenz, beide Male sowohl als kritischen Geist wie auch in seiner gängigen und populären Gestalt des Wanderers durch die Mark Brandenburg. Er wird als Lehrer und Vermittler einer Betrachtung Brandenburgs gerühmt, die in der Lage ist, Details und Zusammenhänge zu erkennen. Auch die Liebe zum ausgiebig studierten Adel und zu dessen Geschichte hinderten FONTANE nicht, das hebt einmal mehr BÖWE (4-41) hervor, schließlich über diesen ins Grübeln zu geraten. [68]

FONTANE ragt so aus der Geschichte eines Landes heraus, das in der Eröffnungssequenz als "schwierig" charakterisiert wurde. Entgegen den eine einfache positive Traditionsbildung versperrenden Phasen eines zumindest ambivalent präsentierten Preußens, des Faschismus und der Zeit der DDR, erscheint FONTANE als ein Moment brandenburger historischer Kontinuität. Er hat den Blick auf Brandenburg als Landschaft gelenkt, die Spuren der brandenburger und preußischen Geschichte festgehalten, ohne in purer Apologie zu enden, und er konnte schließlich auch kritische Positionen entwickeln. FONTANE, so wird hier nahe gelegt, kann daher auch heute noch den Menschen etwas vermitteln, und das – gerade darin ist seine herausragende Funktion begründet – sowohl denjenigen, die zur Romantisierung preußischer Vergangenheit und märkischer Landschaft neigen, als auch denjenigen die an wacher Wahrnehmung von Gesellschaft und Umwelt interessiert sind. Er wird als ein Klassiker vorgeführt, der in hohem Maße eine entscheidende Qualität des Symbolischen besitzt, nämlich ein Objekt mit einer Bedeutungsbreite zu sein, die es gestattet, sich aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Bedeutungen auf etwas Gemeinsames zu beziehen.26) In FONTANE finden unterschiedliche Bezugsweisen auf Brandenburg – etwa über seine Landschaft, die Glorie Preußens oder über dessen notwendigen Niedergang und den gesellschaftlichen Wandel – einen gemeinsamen und einenden Bezugspunkt.27) [69]

5.6 Reflexivität

FONTANE wird in "Die Brandenburger" zwar nicht als herausragendes Brandenburger Symbol dekonstruiert, aber eben auch nicht historisierend präsentiert – es wäre ja zum Beispiel denkbar gewesen, in einer solchen Fernsehproduktion einen Schauspieler FONTANE spielen und durch die Geschichte führen zu lassen, ähnlich wie man zum Beispiel beim Landesfest 2002 in Neuruppin einen FONTANE durch das Festgeschehen flanieren ließ. FONTANE erscheint hier vielmehr in einer ganz in der Gegenwart beziehungsweise im Raum überzeitlicher Vernunft angesiedelten kritischen Haltung, die von BÖWE und auch in den Off-Kommentaren vorgeführt wird. [70]

Auch jenseits der Beiträge von BÖWE enthält die Dokumentationsreihe Momente, die eine reflektierende Betrachtung von Geschichte nahe legen. Gleich zu Anfang (1-08) wird bei der Erzählung der Eroberung Brennabors, als des Beginns der Geschichte der Mark Brandenburg, unter Verweis auf entscheidende Wettereinflüsse auf die Kontingenz von Geschichte hingewiesen. Hätte statt Frost Tauwetter eingesetzt, so heißt es, wäre die Geschichte anders verlaufen oder Brandenburg wäre erst gar nicht entstanden. Geschichte wird so als offener Prozess präsentiert. [71]

An zwei Stellen wird auf die verzerrte Darstellung der Geschichte durch preußische Skulpturen (1-28 und 5-32) und damit auf die Relativität von Geschichtsrepräsentationen hingewiesen. In der Erzählung des glücklichen Schlusspunkts der historischen Erzählung, der Neugründung Brandenburgs im Jahre 1990, findet sich ein weiteres derartiges Moment. In dieser Sequenz werden singende Arbeiterinnen gezeigt. Eine von ihnen hat den Text des Marsches "Märkische Heide" in der Hand, sie ist diejenige, die am lautesten singt, allerdings auch die Hilfestellung des Textzettels hat, die anderen schielen auf den Zettel und singen mit geringerer Beteiligung. Die Szene vermittelt, dass dieses Lied, das in den neunziger Jahren zur inoffiziellen – und beinahe auch offiziellen – Brandenburger Landeshymne wurde, nicht manifester Ausdruck von Sehnsucht nach Brandenburg ist und keineswegs als bekannt vorausgesetzt werden kann. Brandenburgbezogene Rituale und Symbole müssen erst erlernt werden, das unterstreicht auch der Kommentartext: "Und die 'zukünftigen Märker' üben schon mal ihren neuen Nationalgesang" (7-39). Die überhöhende Bezeichnung als "Nationalgesang" ironisiert zudem das Lied der Märker und entzieht es der meist mit solchen Symbolen verbundenen Heiligkeit. Im Medientext ist dadurch markiert, dass sich das Projekt Brandenburger Identität von Projekten nationaler Identität unterscheiden soll. [72]

5.7 "Die Brandenburger" – wer ist das nun, wer ist es nicht?

BÖWEs Kritikfähigkeit hatte sich in der Eröffnungssequenz auch auf den Gegenstand des Titels der Reihe bezogen als er beim Begriff der Brandenburger stutzte und fragte, wer das überhaupt sei, um dann auf die Ebene des vertrauteren Raumes, in den man geboren wurde, überzuwechseln. Die kurz darauf angekündigte Antwort, die Brandenburger seien durch Ansässige und Ankommende, Bodenständige und Glücksritter, Herrschaft und Arme geprägt, wird in der Dokumentationsreihe an zahlreichen Stellen und auch in der Schlusssequenz wiederholt und belegt. Differenz zwischen den Brandenburgern bleibt in dieser Produktion, die an Identitätsstiftung für ein junges Bundesland und damit auch an der Vermittlung eines gemeinsamen "Wir" interessiert ist, ein Thema, das nicht ausgeblendet bleibt. [73]

Auch ob der angesprochenen Differenz bleibt allerdings die Frage, ob die Wahl und der Gebrauch der als eher unüblich einzustufenden, hier eingeführten Kategorie "Die Brandenburger" in der Dokumentation ebenfalls Belege findet, durch die diese Kategorie und ihr Gebrauch begründet und verständlich werden. Oder bestätigt sich – gewissermaßen als Subtext – doch BÖWEs Andeutung, dass der kleine Raum, in seinem Fall die Prignitz, für die Menschen bedeutsamer ist? Wird hier eine Vorstellung der Brandenburger im Sinne eines Kollektivs mit nachvollziehbaren Konturen vermittelt oder bleibt der Begriff inhaltlich diffus? Ist schließlich die Rede von "den Brandenburgern" in der Reihe plausibel oder beliebig? [74]

Wie bereits dargestellt, dominiert in der Reihe bei der Bestimmung, wer die Brandenburger sind, das Territorialprinzip. Man kann das als bevorzugte Lesart bezeichnen. Als Brandenburger sollen also diejenigen gelten, die innerhalb der Grenzen Brandenburgs leben. Besatzer allerdings – als solche werden die napoleonischen und die Sowjettruppen benannt – zählen nicht dazu. [75]

Aber es ergeben sich in Zusammenhang mit dem Territorialprinzip auch Ungenauigkeiten und Unschärfen, z.B. in der Darstellung der Zeit des Kriegsendes:

"Eine 'Völkerwanderung' beginnt. Der große Treck, Millionen Vertriebene strömen in mehreren Wellen aus den deutschen Ostgebieten nach Brandenburg. (...)

Wieder, wie vor 800 Jahren die Sachsen oder im 17. Jahrhundert die Hugenotten, werden die alteingesessenen Brandenburger mit 'Fremden' konfrontiert, die sich aus Not bei ihnen ansiedeln wollen.

Doch mit offenen Armen werden die 'Neuen Brandenburger' diesmal nicht empfangen. Wo nicht viel ist, fällt teilen doppelt schwer. (...)

Trotz aller Not und Probleme, mehr als 700.000 Flüchtlinge und Vertriebene finden in der alten Mark ihre neue, ihre zweite Heimat.28) Fast jeder Dritte Brandenburger ist ein 'Umsiedler', wie sie offiziell genannt werden." (7-08 – 7-10) [76]

Einerseits wird mit der Bezeichnung der nach dem Zweiten Weltkrieg in Brandenburg Ankommenden als "Neue Brandenburger" am Territorialprinzip festgehalten. Andererseits wird dieses aufgegeben, wenn die Ankommenden, unter denen ein nicht unerheblicher Teil aus dem damals Brandenburgischen Gebiet der Neumark stammt und der daher ebenfalls als Brandenburger zu bezeichnen wäre, allesamt als "Fremde" bezeichnet werden. Fremdheit dürfte in diesen Fällen also innerhalb des lokalen Kontextes, in dem es zur Opposition von Ortsetablierten und neuankommenden Außenseitern kam, bestanden haben, nicht jedoch, zumindest nicht in einer relevanten Weise, zwischen Brandenburgern und neuen Brandenburgern. Es handelt sich hier um eine Situation, für die die Kategorie "Brandenburger" als wenig erhellend und der Sache eigentlich unangemessene Kategorie erscheint. [77]

Beliebigkeit in der Verwendung des Begriffs "Brandenburger" zeigt sich an weiteren Stellen, an denen diese Kategorie nicht nur als unüblich, sondern ebenfalls als einen geringen Informationsgehalt besitzend anzusehen ist.

"Doch hinter der 'parlamentarischen' Bühne entscheidet längst der Chef der neugegründeten Einheitspartei-SED über die Zukunft der Brandenburger – Walter Ulbricht, ein Sachse, Stalins 'Markgraf'." (7-18)

"Ein Brandenburger, der Gubener Wilhelm Pieck, wird erster Präsident im Staat." (7-19) [78]

Da eine solche Häufung regionaler Labels weder erhellend noch selbstverständlich ist, legen solche Passagen eine Lesart nahe, die in der Dokumentationsreihe ein eher grobes Bemühen um Vermittlung einer Sichtweise erkennen, die fast alles mit einer starren Fokussierung auf Brandenburg betrachtet. [79]

Die Wahl des Titels der Reihe kann man einerseits als ein programmatisches Bemühen um eine durch ihre Aufmerksamkeit für die Menschen fernsehgerechte Aufbereitung und zugleich sozialhistorisch informierte Geschichtserzählung betrachten. Andererseits erscheint der umfassende Gebrauch der Kategorie "Brandenburger" als Ausdruck eines – recht durchsichtigen – Bemühens der Filmautoren um Verbreitung von so etwas wie einem Brandenburg-Bewusstsein und zugleich als wichtige Methode zur Erreichung dieses Ziels. [80]

5.8 Bevorzugte Lesarten und offene Enden

Einige Aussagen lassen sich als in den Text eingeschriebene Wegweisungen für die Rezeption, für das Dekodieren der präsentierten Geschichtserzählung erkennen. Dazu zählen insbesondere zwei in der Eröffnungs- und Schlusssequenz sowie in den Sequenzen mit Kurt BÖWE, aber auch in der Haupterzählung der Reihe häufig wiederkehrende Perspektiven. Zum einen ist das die Anerkennung kultureller Vielfalt und die Offenheit für Fremdes als einer historischen Kontinuität in Brandenburg, zum anderen das Bemühen um eine unbefangene und reflektierende Perspektive auf die Geschichte. [81]

Diese deutlich markierten Wegweisungen stehen jedoch nicht allein. Zum einen ist eine solche Eindeutigkeit in einem umfangreichen und komplexen Medientext kaum möglich. Zum anderen, da kann man wohl auf das zitierte FONTANE-Wort verweisen, wäre solch ein eindeutiger Text vermutlich langweilig. Darüber hinaus erscheint eine gewisse Mehrdeutigkeit und Vielstimmigkeit auch als Voraussetzung dafür, dass ein größeres und damit auch nicht mehr homogenes Publikum erreicht werden kann. So finden sich im Text, im Gegensatz zu den im Text vermittelten bevorzugten Lesarten, auch von diesen abweichende oder ihnen gar widersprechende Perspektiven. Man kann das als "offene Enden" bezeichnen, an die jene Publikumssegmente anknüpfen können, die den bevorzugten Lesarten nicht folgen möchten. Sie liefern Ansatzpunkte, sich letztlich doch im vermittelten Gesamtbild Brandenburgs wiederzufinden und den Text als ausgewogene Erörterung unterschiedlicher Aspekte anzuerkennen. [82]

In dieser Weise wird ein Raum des Konsensus geschaffen bzw. erweitert,29) ein konsensueller Bereich legitimer Positionen zu Brandenburg und dessen Geschichte. Beispielhaft hierfür ist die doppelte Darstellung der DDR-Geschichte als eines politischen und wirtschaftlichen Irrwegs, der aber doch mit bedeutsam bleibendem individuellem Leben verbunden war. Ein weiteres Beispiel für diese Vielstimmigkeit des Textes liefert eine Sequenz zu den Konsequenzen des Potsdamer Abkommens, die für sich allein betrachtet durchaus revanchistische Züge trägt.

"Die Deutschen, besonders auch die Brandenburger müssen für den vom Zaun gebrochenen Krieg hart bezahlen.

Die Siegesbeute wird verteilt.

Deutschlands Grenze verläuft jetzt an Oder und Neiße. (...)

Die Mark Brandenburg verliert mit den Potsdamer Beschlüssen ganz Ostbrandenburg und damit fast ein Drittel ihrer Fläche.

'Neue Mark über Oder', so hieß die Neumark als sie vor gut 700 Jahren Stück für Stück von den askanischen Markgrafen den slawischen Fürsten abgerungen wurde. Nun gehört sie zu Polen, wird und bleibt ein fremdes Land mit märkischem Gesicht." (7-07) [83]

Die Bildebene unterstreicht die im Kommentar angesprochene Fremdheit der ehemaligen Neumark. Vom Westufer der Oder geht der Blick auf dieses verlorene Ostgebiet, das trotz seiner nun festgelegten Fremdheit aufgrund seines hier behaupteten märkischen Gesichts eigentlich zur Mark gehöre. Der Begriff der "Siegesbeute" vermittelt zudem, dass der Mark hier etwas von den Siegern weggenommen wurde. Der anfängliche Verweis auf die deutsche Kriegsschuld allerdings ordnet diesen Verlust noch in einen größeren Rahmen ein. Das relativiert aber nicht die Fremdheit im Verhältnis zu Polen, die der in anderen Teilen der Reihe so starken Sensibilität für Außenbeziehungen widerspricht.30) [84]

6. Schluss

Mit dem Interesse, den Stellenwert des Fernsehens für die Produktion und Reproduktion der Vorstellungen von Regionen und Ländern zu erkennen, haben wir uns der regionalen Ebene des Fernsehens zugewandt. Als Fallstudie und Textanalyse kann unsere Untersuchung von "Die Brandenburger" freilich nur einige Anhaltspunkte für die Beantwortung dieser allgemeineren Frage liefern. Ihre Auswahl und ihre Aussagekraft begründen sich allerdings sowohl durch den Aufwand, mit dem die Reihe produziert wurde, als auch durch das von ihr erreichte große Publikum. [85]

"Die Brandenburger" zeigen zunächst, dass auf Seiten eines Fernsehsenders von der Möglichkeit und Aufgabe ausgegangen wird, Beiträge zur Identitätsstiftung für ein Bundesland zu leisten. Die Reihe ist in der erklärten Absicht produziert worden, Kenntnisse über die Geschichte der Mark Brandenburg zu vermitteln, für diese zu interessieren und so zur Identitätsbildung des jungen Bundeslandes Brandenburg beizutragen. Trotz des unmittelbaren Interesses an Identitätsstiftung liefert die Reihe allerdings keine einfache, glorifizierende Erzählung über große Personen und herausragende Merkmale Brandenburgs, sondern eine auf Momente der Reflexion bedachte, sowohl auf "große" Geschichte als auch Geschichte "von unten" gerichtete Darstellung, die insbesondere den Stellenwert von aus der "Fremde" kommenden Einflüssen hervorhebt. Brandenburg wird hier in eine – allerdings nicht ungebrochene und mit ihrem historischen Schwerpunkt bereits weiter zurückliegende – Tradition der Offenheit und Toleranz gestellt. Auf diese Weise soll offenbar das im gegenwärtigen Brandenburg akute Anliegen, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus zurückzudrängen, durch historische Argumente unterstützt werden. Das geschieht in einer Weise, die sich von eher konventionellen Präsentationen einer "Geschichte, wie sie wirklich war" unterscheidet. Es bleibt Raum für mehrere Perspektiven der Geschichtsbetrachtung und ein kritischer Umgang mit historischen Erzählungen wird nicht zuletzt durch den Begleiter Kurt BÖWE vorexerziert. [86]

Die dominierende Betonung von Offenheit und die Bevorzugung des Territorialprinzips zur Bestimmung der Gruppe der Brandenburger lässt allerdings – gerade ob der sich historisch immer wieder verschiebenden Grenzen und dem Herausfallen Berlins aus der Mark Brandenburg – nicht klar erkennen, wer hier als Brandenburger bezeichnet wird. Diese durch den Titel herausgehobene und für die Betrachtung eigentlich grundlegende Kategorie bleibt diffus. Diese Diffusität unterscheidet die angebotene Kategorie "Brandenburger" allerdings von einer griffigeren und einheitlicheren landsmannschaftlichen Konzeption, die gleichwohl an manchen Stellen der Reihe erscheint, wenn z.B. die Brandenburger als ein eher ruhiger und ländlich geprägter Menschenschlag präsentiert werden. Auch an diesem Punkt zeigt sich eine Vielstimmigkeit der im Medientext enthaltenen Bedeutungen. [87]

Trotz solcher Vielstimmigkeit können die "Brandenburger" als Hinweis darauf gelesen werden, dass zumindest in Teilbereichen der landesbezogenen Identitätspolitik ein ausgeprägtes Bewusstsein um die Problematik und Gefahrenmomente solcher Vorhaben und eine entsprechende Sensibilität im Umgang mit Vorschlägen von kollektiver Identität und deren Legitimation durch Geschichte Einzug gehalten haben. Das allerdings besitzt gleichwohl Grenzen. [88]

Denn, um noch einmal in unsren Fall zurückzukehren, der Unbestimmtheit des Begriffes "Brandenburger" steht dessen häufiger Gebrauch gegenüber. Trotz der Behutsamkeit, mit der sich die Produktion der Frage der Vermittlung von Geschichte widmet, geht sie im Gebrauch der Kategorien "Brandenburg" und insbesondere "der Brandenburger" grob vor. Der historische Stoff wird, auch dort wo dies nicht nur ungewöhnlich, sondern sogar eher unpassend ist, in einen Brandenburger Rahmen gepresst. Damit liegen die – im Rahmen unserer Untersuchung freilich nur als medientextimmanentes Potential fassbaren – Funktionen der Dokumentationsreihe nicht nur im durchaus kritisch präsentierten Hinweis auf historische Kontinuitäten, wie z.B. den aus der Fremde kommenden Einflüssen auf das Leben in Brandenburg, sondern insbesondere in einer Rahmung der Geschichtswahrnehmung durch eine inflationäre Betrachtung von Geschichte durch die Brille "Brandenburg". Ein grundlegender Mechanismus der hier intendierten Identitätsstiftung besteht demnach in der starren Fokussierung auf ein territorial bestimmtes Brandenburg und auf der Popularisierung der entsprechenden Kategorien. [89]

Der Gebrauch einer Kategorie "Brandenburg" kann selbstverständlich nicht grundsätzlich verkehrt sein, doch er sollte begründbar und passend sein. Wenn zum Beispiel vom "Kraft durch Reise"-Programm des Faschismus die Rede ist, dann erscheint ein Kommentar, "Nun können die Brandenburger sogar in den Urlaub fahren" (6-26) als dem Sachverhalt weniger angemessen, denn ein Hinweis darauf, dass die Deutschen – oder noch genauer: ein spezifischer und nicht regional bestimmter Teil von ihnen – reisen konnten, dass dies also keine genuin regionale, sondern eine Angelegenheit von Exklusionen im nationalstaatlichen Rahmen war. [90]

Gerade die Überwindung einer eindimensionalen Geschichtserzählung, die alles auf einen gegebenen Rahmen herunter- oder heraufbricht, böte die Möglichkeit zu einer differenzierteren Geschichtsdarstellung und Weltsicht zu gelangen, die dem Zusammenspiel der regionalen mit nationalen wie auch der lokalen Ebene und dem situativen Charakter von sozialen Grenzziehungen gerecht werden kann. Dieses zu verfehlen ist eine Gefahr, der das Bemühen um Stiftung regionaler Identität also auch dann unterliegt, wenn es sich wie im hier untersuchten Fall ausdrücklich als offen und reflektierend präsentiert. [91]

Anhang: Dokumentation des verwendeten Leitfadens für die Untersuchung von Fernsehsendungen aus und über Brandenburg

Grundlegendes:

Formales Vorgehen:

Momente der Repräsentation Brandenburgs:

Differenz, Gegenhorizonte, Beziehungen zum Anderen ...:

Verhältnisse zwischen div. Zugehörigkeiten, Identitätsangeboten ... (Stichwort: plurale oder multiple Identitäten):

Kontexte:

Anmerkungen

1) Zur Ländereinführung siehe HAJNA (1995, S.183) sowie RUTZ, SCHERF und STRENZ (1993). <zurück>

2) "Gefordert werden wieder die ehemaligen Länder. Als 1960 Geborener kann ich mir darunter allerdings sehr wenig vorstellen", hieß es z.B. in einer Leserzuschrift an die Märkische Volksstimme vom 20.12.1989. Siehe auch KOTSCH (2001, S.15, 632). <zurück>

3) Die berechtigte Frage, ob die Zentralität, die der Identitätsthematik zugeschrieben wird, überhaupt begründbar ist und wie ihr Hervortreten historisch zu erklären ist (vgl. NIETHAMMER 2000), bleibt hier ausgeklammert. <zurück>

4) Die Untersuchung, aus der die hier berichteten Ergebnisse hervorgegangen sind, ist ein Teil des von der VolkswagenStiftung geförderten und am Lehrstuhl von Erhard STÖLTING an der Universität Potsdam angesiedelten Forschungsprojekts "Neue regionale Identitäten und strategischer Essentialismus". Nähere Angaben zum Projekt, das mit Partnern in Polen und Italien kooperiert, unter: http://www.uni-potsdam.de/u/allg_soziologie/forsch.htm. <zurück>

5) Einführungen und Überblicke zu den Cultural Studies liefern BARKER (2002), GROSSBERG (1999), HALL (1994b), WINTER (1999), speziell zu deren Medienanalysen HEPP (1999) und KROTZ (2000). <zurück>

6) Damit ist nicht gesagt, dass die hier ausgeklammerten Momente der Medienproduktion und -rezeption nicht gleichermaßen wichtig seien. Im Rahmen einer, hier nicht angestrebten, umfassenden und vollständigen Analyse des Kommunikationsprozesses wären sie selbstverständlich in die Untersuchung einzuschließen. <zurück>

7) Grundsätzlich misst HALL (1994a, S.255) solchen Modellen nur eine eingeschränkte Bedeutung zu. Ihr Nutzen liege nicht darin, langfristig eine einheitliche Grundlage, sondern forschungspragmatisch einen Zugang zu bestimmten Zusammenhängen zu schaffen. In ihrer Anwendung seien sie zu entwickeln und zu verändern. <zurück>

8) Gegenüber dem naheliegenden Einwand, eine Analyse von textimmanenten "preferred readings" sei nichts anderes als eine Lesart neben vielen anderen, verweist HALL auf die Grenzen von Objektivität, die der Hermeneutik wissenschaftlicher Analyse von Bedeutungen eben immanent seien. "So you have to risk trying to read as much as you can, as neutrally as you can get, what seems to be the shaping that the text has received as a consequence of passing through a particular site. That's all." (HALL 1994, S.266a) Die Analyse von im Text präferierten Bedeutungsstrukturen unterscheidet sich also in methodischer Hinsicht vom "natürlichen" Lesen eines Textes. <zurück>

9) Zu seinem Verständnis von Gramscis Hegemoniekonzept auch HALL (1991, S.58, 68). <zurück>

10) Das schlägt sich auch in den Zielsetzungen nieder. Das WDR-Fernsehen wünscht z.B., ein "nordrhein-westfälisches Zuhause-Gefühl" zu vermitteln (Der Tagesspiegel, 6.4.2002). <zurück>

11) Siehe unter http://www.br-online.de/inhalt/wir_ueber_uns/pressestelle/spezial/2002/7627/index.html [Broken link, FQS, August 2005]. <zurück>

12) Der Berliner SFB sei hier ausgeklammert, da er, wie die Zusammenführung von West- und Ostberlin, einen Sonderfall darstellt. Der SFB kann allerdings in Kontinuität mit der Institution und dem Programmangebot vor der Wende gesehen werden. Darauf weist auch eine Studie der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen hin, die in Ostberlin höhere Einschaltquoten für den ORB als für den SFB ermittelte (Märkische Allgemeine, 27.3.2002). <zurück>

13) Siehe unter http://www.orb.de/_/fernsehen/teaser_jsp/id=682584.html. Zugriff 27.11.2002; die Seite wurde zwischenzeitlich vom Netz genommen. <zurück>

14) "Mit einem Marktanteil von 13,7% und durchschnittlich 110.000 Zuschauern gehört das 'Heimatjournal' inzwischen zu den beliebtesten ORB-Sendungen der Brandenburger." (ORB-Pressemitteilung, 28.10.2002) <zurück>

15) Zugriff 8.7.2002; die Seite wurde zwischenzeitlich vom Netz genommen. <zurück>

16) Eine von den meisten Parteien und Verbänden als sinnvoll erachtete Fusion des Bundeslands Brandenburg und des in seiner Mitte gelegenen Bundeslands Berlin scheiterte 1996 in einer Volksabstimmung an der Ablehnung durch die Brandenburger Wähler. Als Voraussetzung für einen erfolgreicheren zweiten Anlauf, der seitdem angestrebt wird, betrachten daher zahlreiche Akteure eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die die Brandenburger und Berliner Bürger von den Vorteilen einer Fusion und Gemeinsamkeiten beider Länder überzeugen soll. <zurück>

17) Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen dieses Seminars sei auf diesem Wege für ihre Beiträge gedankt. <zurück>

18) Aufgrund der Länge der Filmreihe und des vergleichsweise geringen Zeitumfangs einer Seminarveranstaltung konnte allerdings sowohl die Sichtung der Reihe als auch die intensive Interpretation von ausgewählten Sequenzen nur teilweise in einem Gruppenprozess mit den Teilnehmern des Seminars durchgeführt werden. <zurück>

19) Der Begriff "Heimat" spielt in der Reihe keine herausragende Rolle. Er wird allerdings eindeutig positiv verwendet, ohne seinen möglichen Problemgehalt anzudeuten. <zurück>

20) Beteiligt waren: Peter-Michael HAHN, Gerd HEINRICH, Wolfgang RIBBE, Kurt ADAMY, Kristina HÜBENER und Detlef KOTSCH. <zurück>

21) Z.B. in folgender Weise: "1000 Jahre Liebe, Krieg und Katastrophen. Die Brandenburger. Chronik eines Landes. [Unten, vor dem Hintergrund eines Schlachtgemäldes:] ORB. Das ist was für uns." (Anzeige in Märkische Oderzeitung, 27.11.1998). <zurück>

22) Z.B. Märkische Allgemeine Zeitung 29.11.1998, 22.12.1998. <zurück>

23) Die Zahlenangaben vor dem Bindestrich geben die Folge der Fernsehchronik an, diejenigen nach dem Bindestrich die Minute der jeweiligen Folge. <zurück>

24) Man kann hier fragen, ob die Prignitz als stellvertretend für andere Landschaften innerhalb Brandenburgs vorausgesetzt werden kann oder ob die Pointe dieser Bemerkung nicht auf einer spezifischen Beziehung von Prignitz und Brandenburg beruht. Immerhin wurde die Westprignitz, die bis 1952 zum Land Brandenburg gehörte, dann dem Bezirk Schwerin zugeordnet. Da sie allerdings aufgrund übereinstimmender Voten einer Bürgerbefragung und des Kreistags 1990 Teil des neu gegründeten Landes Brandenburg wurde (RUTZ et al. 1993, S.118), ist nicht von einer Sonderrolle der Prignitz gegenüber anderen Landschaften Brandenburgs bzw. einer besonderen Distanz von Bewohnern dieser Gegend zur Zugehörigkeit zu Brandenburg auszugehen. <zurück>

25) Den großen Bedeutungsgehalt des Symbols BÖWE, seine Funktion der potentiellen Evokation von Konnotationen, die dicht an den bevorzugten Lesarten der Fernsehproduktion liegen, kann durch eine weitere Facette verdeutlicht werden. 1982 spielte BÖWE eine Hauptrolle in der DEFA-Verfilmung der "Märkischen Forschungen" von Günter de BRUYN. In diesem Film geht es nicht nur um das historische Interesse an der Mark, sondern – ganz zu BÖWEs Einleitung in die Brandenburger passend – um die Frage nach der historischen Wahrheit und ihrer (partei-)interessengeleiteten Darstellung. <zurück>

26) Diesen Aspekt des Symbolischen betont COHEN (1985). <zurück>

27) FONTANE, wurde in der DDR als Autor des Realismus gelobt. Insofern ist er ein über die "Wende" und die Einführung des Bundeslandes Brandenburg hinausreichendes und bereits zuvor über einige Popularität verfügendes Symbol. D.h. auch, dass er ein Medium war, durch das Brandenburg, die Mark und Preußen zu Zeiten der DDR in einem gewissen Maße präsent gehalten wurden. Neben den kirchlichen Institutionen kommt damit der Literatur eine reproduktive Funktion für Brandenburgbezüge zu Zeiten der DDR zu. <zurück>

28) "Zweite Heimat Brandenburg" ist auch der Titel einer weiteren auf Brandenburg bezogenen historischen ORB-Dokumentationsreihe, die sich dem Thema Flucht, Vertreibung und Umsiedlung widmet. <zurück>

29) An dieser Stelle zeigt sich ein konzeptionelles Problem in der Verbindung der Begriffe der bevorzugten Lesarten und des medial vermittelten Konsensus von HALL. Er stellt nicht klar, ob die bevorzugten Lesarten den gesamten Bereich des Konsensus abdecken, oder ob er sie enger, als bevorzugte Lesarten innerhalb der als gültig dargestellten Bedeutungspluralität des Konsensus versteht. Beides scheint möglich zu sein. <zurück>

30) Polen sowie Beziehungen zwischen Polen und Brandenburgern werden an sehr wenigen Stellen angesprochen. Das überrascht, da der ORB sich in anderen Programmelementen um deren Thematisierung bemühte. <zurück>

31) Einige Punkte, die zentrale Aussagen der in diesem Aufsatz in Abschnitt 2 dargestellten Medienforschung der Cultural Studies festhalten, lasse ich in dieser Textdokumentation zur Vermeidung von Redundanz aus. <zurück>

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Zum Autor

Dietmar ROST, Dr. rer.pol, M.A., Studium von Soziologie, Sozialanthropologie und Psychologie, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie der Universität Potsdam im von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekt "Neue regionale Identitäten und strategischer Essentialismus". Zuvor qualitative Forschung zur Entwicklung der Treuhandanstalt und Feldforschungen zu lokalen, regionalen und nationalen Identitätsvorstellungen und Sozialgeschichte in Sardinien. Weiteres Arbeitsgebiet: Soziologische Theorie. Publikationen: Gesellschaftsbilder in Sardinien. Münster: LIT, 2000. In FQS wurde bisher bereits ein Rezensionsaufsatz zur Kritik des Begriffes kollektive Identität veröffentlicht.

Kontakt:

Dr. Dietmar Rost

Allgemeine Soziologie
Forschungsprojekt "Neue regionale Identitäten und strategischer Essentialismus" Universität Potsdam
Postfach 90 03 27
D-14439 Potsdam

Tel.: 0331 / 977 46 07

E-Mail: drost@rz.uni-potsdam.de

Zitation

Rost, Dietmar (2004). Die Produktion der "Brandenburger". Eine Fallstudie zu regionalem Fernsehen und dessen Bemühungen um Stiftung von Landesidentität durch Geschichte [91 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 5(2), Art. 18, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0402185.

Revised 6/2008

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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