Volume 4, No. 2, Art. 25 – Mai 2003

Subjekthaftigkeit der sozial-/wissenschaftlichen Erkenntnistätigkeit und ihre Reflexion: Epistemologische Fenster, methodische Umsetzungen1)

Franz Breuer

Zusammenfassung: Ich skizziere vier epistemologische Grundannahmen, die eine konstruktionistische Erkenntnis-Einstellung nahelegen: Perspektivität, Standpunktgebundenheit; Kabinenhaftigkeit, dynamische Beobachter-Position; Geprägtheit durch Erkenntnismittel; Interaktivität und Interventionshaftigkeit. Der in der Sozialwissenschaftlergemeinschaft häufig geteilte prinzipielle Konstruktionismus-Konsens wird jedoch bisher erst unzureichend in einer konkreten sozialwissenschaftlichen Methodik verarbeitet. Es herrscht verbreitet eine methodisch defensive Neigung vor ("Objektivitätsstreben") – anstatt die genannte epistemologische "Tatsache" offensiv als Erkenntnisfenster zu nutzen. Ich schlage die methodische Ausarbeitung eines Gegenbildes vor: die leibhaftig-personal-soziale Forscherperson-in-Interaktion. Ausgehend von der Idee einer dezentrierten Selbst-/Beobachtung läuft dies auf eine methodische Konkretisierung der Selbst-/Reflexion des epistemologischen Subjekts und seiner Erkenntnistätigkeit hinaus. Ich stelle einen Systematisierungsversuch methodischer Überlegungen und Prozeduren vor, der entlang des zeitlichen Ablaufs des Forschungsprozesses – von Themenfokussierung bis zur Ergebnispräsentation – gebaut ist. Es werden Frage- und Problemstellungen aufgeworfen, zu denen die Beiträge der beiden vorliegenden FQS-Bände unter dem Rahmenthema "Subjektivität und Selbstreflexivität im qualitativen Forschungsprozess" Antworten und Lösungsansätze liefern sollen.

Keywords: Subjektivität, Reflexivität, Erkenntnistheorie, Methodologie, qualitative Forschungsmethoden

Inhaltsverzeichnis

1. "Konstruktionismus" als epistemologischer Ausgangspunkt

2. Der epistemologische Konstruktionismus wird methodisch nicht umgesetzt

3. Das Gegenbild: Die leibhaftig-personal-soziale Forscherperson-in-Interaktion

4. Ausgangsidee einer "anderen" sozialwissenschaftlichen Methodik: Dezentrierung und Selbstreflexion des Forschers, der Forscherin

5. Ein Systematisierungsansatz für eine Selbstreflexions-Methodik

5.1 Themenwahl, Themenzuschnitt, Fokussierung von Problemaspekten

5.2 Methodenwahl und -zuschnitt

5.3 Positionieren und Agieren im Feld, Interaktionen mit den Feldmitgliedern

5.4 Dokumentation

5.5 Auswertung und Interpretation – Konzeptualisierungs-Entscheidungen

5.6 Darstellung, Präsentation

6. Resümee und Ausblick

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. "Konstruktionismus" als epistemologischer Ausgangspunkt

In der erkenntnistheoretischen Diskussion der letzten zwei bis drei Jahrzehnte ist die Subjektgebundenheit menschlichen Denkens und Wissens als Grundvoraussetzung in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Die Akzeptanz von Subjektivität als Erkenntnischarakteristik für wissenschaftliches Wissen und Denken ist den Wissenschaftlern (und auch den Wissenschaftlerinnen) schwer gefallen. Das Ideal der "objektiven Erkenntnis", die vollständig losgelöst ist von Eigenschaften und Merkmalen des Erkennenden, wird bei informierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Debatte grundsätzlich in Zweifel gezogen. "Objektive Erkenntnis ist die Konstruktion eines Subjekts, das sich selbst verabsolutiert, weil und solange es nichts von sich weiß" (RAUSCHENBACH 1996, S.21). [1]

Das führt zu der Konsequenz, die auch den Ausgangspunkt unserer Überlegungen für die vorliegenden FQS-Bände zum Thema "Subjektivität und Reflexivität im qualitativen Forschungsprozess" darstellt: "Erkenntnis ohne erkennendes Subjekt" erscheint uns nicht als eine für sozialwissenschaftliche Praxis sinnvolle Annahme. Und: Jede Erkenntnis – auch die wissenschaftliche – trägt unweigerlich Merkmale des erkennenden Subjekts in sich, ist insofern unaufhebbar subjektiv – subjektgebunden, subjekthaft. [2]

Diese Grundüberzeugung ist durch eine Reihe epistemologischer Konzeptionen dargestellt, begründet und ausgearbeitet worden – so etwa dem "Radikalen Konstruktivismus" (MATURANA; GLASERSFELD), dem "Radikalen Relativismus" (GOODMAN), der Semiotik (ECO), in der Wissenssoziologie (MANNHEIM; BERGER & LUCKMANN), der Wissenschaftsgeschichte (KUHN; FLECK), der Wissenschaftsethnographie (KNORR-CETINA; LATOUR; WOOLGAR) – um nur einige wichtige zu nennen. Ich will auf diese Ansätze hier nicht näher eingehen. Gemeinsam ist ihnen die Ansicht, dass es sich bei Erkenntnissen immer um Konstruktionen handelt, die von Eigenschaften des "erkennenden Systems" (= des erkennenden Subjekts) sowie seiner Aktivitäten/Handlungen abhängig, bedingt sind. Die Systemeigenschaften und Aktivitätsmuster können dabei in unterschiedlichen Bereichen ausdifferenziert bzw. spezifiziert werden: physiologisch-biologische, ethnische, neuronale, kognitive, sprachliche, textuelle, gesellschaftlich-soziale, sub-/kulturelle etc. [3]

Ich will vier grundlegende epistemologische Annahmen zur System- bzw. Subjektgebundenheit von Erkenntnis hervorheben, die für unsere Sichtweise von Bedeutung sind. [4]

(a) Die Standpunktgebundenheit der Erkenntnis – zunächst im schlichten räumlichen Sinn, aber auch darüber hinaus in verallgemeinerter und übertragen-metaphorischer Hinsicht. Erkenntnis bzw. Wahrnehmung ist stets Erkenntnis aus einer bestimmten "Position" – einer Perspektive – die das epistemologische Subjekt innehat bzw. einnimmt. Die beiden Aussagen "Der Mond steht rechts vom Kirchturm" und "Der Mond steht links vom Kirchturm" sind zwar logisch widersprüchlich, können aber von der räumlichen Position der jeweiligen Beobachter aus (innerhalb ihres spezifischen Bezugssystems) durchaus "wahr" sein. [5]

(b) Die Kabinenhaftigkeit der Erkenntnis bzw. Wahrnehmung: Jede Wahrnehmung/Erkenntnis erfolgt aus einem sich bewegenden bzw. bewegten System heraus. Diese Selbstbewegung ist für den Wahrnehmenden nicht bzw. nicht einfach erkennbar. Erst von einer Beobachtungsposition außerhalb des Systems kann diese festgestellt werden. Der "naive" Eindruck des täglichen Auf- und Untergehens der Sonne in unserer alltagsweltlichen Wahrnehmung ist ein Ausdruck dieses "blinden Flecks". Bei der "dezentrierten" Beobachtung unseres Sonnensystems (von einer fiktiven Beobachterposition etwa senkrecht oberhalb der Sonnen-Achse aus) stellen wir etwas anderes fest: Die Sonne erscheint fixiert, die Erde bewegt sich in Rotation um die Sonne. [6]

Die Idee des dynamischen Charakters der Beobachterposition spielte eine wesentliche Rolle bei den GALILEIschen Bemühungen, das heliozentrische Weltbild zu propagieren, sowie bei der EINSTEINschen Veranschaulichung der Relativitätstheorie. [7]

Die Veränderung der Wahrnehmung durch zeitliche Dynamik lässt sich im sozialwissenschaftlichen Feld durch den Sinnspruch verdeutlichen: "Tempora mutantur, nos et mutamur in illis." ("Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen.") Mit der Dauer des Aufenthalts als teilnehmender Beobachter in einem Forschungsfeld verändert sich meine Wahrnehmung und mein Verständnis des dortigen Geschehens. Paul VEYNE (1990, S.35ff.) macht das an einem historischen Beispiel deutlich: "Ein gegen Ende der Herrschaft des Tiberius lebender Historiker hätte gewiss kaum von der Leidensgeschichte Christi gesprochen. Denn die einzige Fabel, in die sie hineingepasst hätte, wären die politischen und religiösen Unruhen des jüdischen Volkes gewesen. Darin aber hätte Christus für ihn ... die Rolle eines einfachen Statisten gespielt. Erst in der Geschichte des Christentums hat er die Hauptrolle erhalten." [8]

(c) Die "Sinnesgebundenheit", "Konzept-/Schema-/Sprachgebundenheit" und "Instrumentengebundenheit" der Erkenntnis. Jedes Sinnesorgan kann nur die je ihm spezifischen sensorischen Wahrnehmungsqualitäten hervorbringen. Gleichgültig, wie ich das Auge reize: Stets produziert es nur optische Wahrnehmungsphänomene. Lebewesen mit anderen Sinnesausstattungen als die menschliche produzieren andere Bilder von der Welt (vgl. UEXKÜLL & KRISZAT 1983). Zudem können wir – wie der Kognitionspsychologe Ulric NEISSER (1979, S.26) das ausgedrückt hat, "nur sehen, wonach wir zu suchen vermögen", d.h. wir brauchen eine konzeptuelle Differenzierung unserer Wahrnehmungsfähigkeit – "Wahrnehmungs-Schemata" –, um für bestimmte Wahrnehmungen empfänglich zu sein. Schließlich selegieren in unserer wissenschaftlichen Erkenntnis die Erkenntnismittel (Verfahren, Instrumente) das, was am fokussierten Objekt überhaupt feststellbar ist. Die Festlegung einer Methodik bedeutet also eine (subjektive) Entscheidung über die Wahl der Fakten sowie über die Art der Interaktion zwischen Subjekt und Objekt (vgl. BREUER 1991, S.76ff.). [9]

(d) Ein weiteres Charakteristikum ist das der Interaktivität zwischen Erkenntnis-Subjekt und -Objekt bzw. das der Interventionshaftigkeit des epistemologischen Subjekt-Objekt-Kontakts. Dieses Prinzip hat eine wichtige Rolle für die Erkenntnismöglichkeit der Mikrophysik gespielt, bei der sog. "Unschärferelation": Im subatomaren Bereich gibt es kein unwirksames Messinstrument. Dieser Gedanke besitzt für die Sozialwissenschaften eine grundlegende Bedeutung: Jede Beobachtung in einem sozialen Kontext verändert den Gegenstand der Beobachtung. Jede Beobachtung stellt aufgrund der Interaktionscharakteristik der (sozialen) Situation einen Eingriff in den Objektbereich dar. Jedes sozialwissenschaftliche Datum basiert auf einer gemeinsamen Hervorbringung von Subjekt und Objekt. [10]

Hier haben wir es mit einem der am meisten gefürchteten Merkmale sozialwissenschaftlicher Erkenntnisbemühungen zu tun. Die Annahme einer Modifikation des Erkenntnisobjekts durch den Erkenntnisakt stellt den epistemologischen Anspruch der Sozialwissenschaft grundlegend in Frage (jedenfalls insoweit sie sich am idealisierenden Erkenntnismodell der Naturwissenschaft orientiert). Großer methodischer Scharfsinn wird darauf verwendet, dieses Merkmal praktisch und theoretisch zu bannen, ignorierbar zu machen. [11]

Zusammenfassend: Die epistemologische Situation sozialwissenschaftlicher Erkenntnis ist durch Eigenschaften des Subjekts und der Subjekt-Objekt-Interaktion geprägt – also subjektgebunden, subjektabhängig. Auf dieser erkenntnistheoretischen Ebene lässt sich unter Sozial-/Wissenschaftlern und Sozial-/Wissenschaftlerinnen häufig prinzipieller Konsens herstellen. Dieser Konsens hält allerdings nur solange bzw. insoweit, wie er "nichts kostet". Auf der Ebene konkreten Handelns – der praktizierten sozialwissenschaftlichen Forschungsmethodik – ist das epistemologische Bekenntnis zum Konstruktionismus bzw. einer seiner Spielarten häufig konsequenzenlos. [12]

2. Der epistemologische Konstruktionismus wird methodisch nicht umgesetzt

Die schwer vermeidbare Annahme der Subjekthaftigkeit jeder Erkenntnis wird von Forscherpersonen verbreitet als "Kontrollverlust über die Bedingungen des Erkenntnisprozesses" (AMANN & HIRSCHAUER 1997, S.17) wahrgenommen, wird als Gefährdung von Erkenntnis-Ansprüchen und -Möglichkeiten betrachtet. Auf diese Gefährdung erfolgt Abwehr im methodischen Handeln der Wissenschaftler/innen. Die erkenntnistheoretische Herausforderung wird nicht angenommen, die Reaktionen sind überwiegend defensiv. Selten wird diese epistemologische Charakteristik als produktive Möglichkeit, als Erkenntnis-Fenster, als Chance methodischer Innovation aufgefasst. [13]

Dass es auch anders geht, zeigt das von Gregory BATESON angeführte Beispiel: Er propagiert die epistemologische Produktivität unterschiedlicher Subjekt-Perspektiven – er nennt das "Differenzinformation". Er verdeutlicht dies am binokulären Sehen: Die unterschiedlichen Informationen, die von unseren beiden Augen im Gehirn einlaufen, werden dort zu einer neuen epistemologischen Qualität – zum Tiefensehen – verarbeitet. Einen solchen "Tiefengewinn" – auch im übertragenen Sinn – sieht er in der Fokussierung differentieller Perspektiven als allgemeines Erkenntnisprinzip (vgl. BATESON 1982, S.88ff.). [14]

Karl MANNHEIM, der Begründer der Wissenssoziologie, präsentiert (bereits 1931) eine ähnliche Position, die sich ebenfalls einer visuellen Metaphorik bedient: Das von zwei Standpunkten, aus zwei Perspektiven "richtig, aber verschieden Gesehene" lasse sich "aus der Strukturdifferenz der beiden Sichtmodi ... verstehen", indem man sich "um eine Formel der Umrechenbarkeit und Übersetzbarkeit dieser verschiedenen perspektivischen Sichten ineinander bemüht" (zitiert nach MANNHEIM 1969, S.258). [15]

Selbst wissenschaftliche Disziplinen und Traditionen, die sich (Selbst-) Reflexivität als Erkenntnismaxime programmatisch auf die Fahnen geschrieben haben, zeigen in ihrer Geschichte oftmals, dass ihre Vertreter und Vertreterinnen nur die Erkenntnis, die Weltsichtweisen der anderen für "relativ", "kulturgeprägt" etc. halten. Nie oder selten bzw. historisch erst spät ist ihnen die Relativität der eigenen Erkenntnis und Weltsichtweise aufgefallen. Für die Ethnologie bzw. Anthropologie beschreibt das Clifford GEERTZ sehr anschaulich in seinem Buch mit den deutschen Titel "Die künstlichen Wilden. Der Anthropologe als Schriftsteller" (GEERTZ 1990). [16]

In immer umfassenderer Weise ist in Wissenschaftsdomänen, die sich mit sozial-kulturell-intellektuellen Produkten beschäftigen, die Charakteristik des Gemachten, Konstruierten aufgedeckt worden: Was zuvor als unproblematisch "objektiv" angesehen wurde, erscheint uns inzwischen als von uns konstruiert und (von anderer Position aus) durchaus auch anders konstruierbar. Die Übertragung dieser Figur auf das eigene Denken und Handeln erfolgte und erfolgt in den Sozial- und Kulturwissenschaften (wenn überhaupt) erst mit großer Verzögerung und verbreiteter Widerständigkeit. [17]

Wir Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen (und erst recht wir qualitativ arbeitenden Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen) sind in den meisten Fällen im weiten Sinne "Konstruktionisten" bzw. "Konstruktionistinnen". Nach unserer Ansicht ist die soziale Welt von ihren Mitgliedern konstruiert, mit Strukturen und Bedeutungen versehen, interpretiert etc.; sie besitzt in der Sicht ihrer Bewohner also Merkmale, die sie selbst in sie hineintragen, die sie ihr verleihen. Aber: das wissenschaftliche Bild, das wir uns von dieser Welt machen, besitzt einen höheren epistemologischen Status, es besitzt "absolute", "objektive" Züge. Das impliziert die Selbsttäuschung, als erkenntnisproduzierende/r Forscher/in nicht ein "subjekthaftes System" mit spezifischer Charakteristik bzw. nicht Mitglied einer sozialen Welt zu sein, die unsere Konstruktionen mitbestimmt. Das bedeutet eine Entkoppelung, eine Spaltung von Epistemologie und Methodik, von theoretischer und praktischer Selbst-/Reflexivität, von Bekenntnis und Handeln. [18]

Seinen Ausdruck findet das beispielsweise darin, dass die Sozialwissenschaft den Forscher bzw. die Forscherin typischerweise als Methodenmaschine modelliert: Eine mit Haut überzogene Versuchsanordnung, ohne personal-differentielle Charakteristik, austauschbar. Der Forscher, die Forscherin ist (so das implizite Modell im Methodenlehrbuch) alterslos, geschlechtslos, geruchlos, farblos, ohne sozial-differentiellen Habitus etc. Alle personalen Differenzen werden – häufig auch von den Sozialforschern und Sozialforscherinnen aus qualitativ-methodischen Nestern – als Stör-Variation, als Fehler aufgefasst, die zu minimieren, im Idealfall auszumerzen sind. Man vergisst sie gerne, weil man sie vergessen möchte – und man befindet sich dabei in der Gemeinschaft der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in guter Gesellschaft, im stillschweigenden Konsens. Der diskursive Platz, an dem entsprechende Phänomene und Erlebnisse allenfalls zum Vorschein kommen und besprochen werden, sind Anekdoten, unernste oder befremdliche Geschichten, die Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler "nach Feierabend" erzählen. [19]

Die Anstößigkeit, die die "ordinäre" Personhaftigkeit eines Forschers in den Augen der Wissenschaftlergemeinschaft besitzen kann, ist exemplarisch deutlich geworden an einer Episode aus der Geschichte der Ethnologie: der (posthumen) Veröffentlichung der privaten Tagebücher Bronislaw MALINOWSKIs aus seiner Feldforschungszeit in der Südsee. MALINOWSKI gilt in der Ethnologie v.a. aufgrund der von ihm praktizierten Methode der teilnehmenden Beobachtung in fremden Kulturen als schulenbildende Autorität. Seine Erkenntnishaltung wird (von FUCHS & BERG 1993, S.37) als "paternalistischer Objektivismus" gekennzeichnet: Der Ethnograph allein durchschaut aufgrund seiner beobachtenden Feldteilnahme die Hintergründe und Zusammenhänge des Gemeinwesens bzw. der Kultur. Die Publikation der Tagebücher aus der Zeit seines Forschungsaufenthalts erzeugten in der Wissenschaftlergemeinschaft einen Skandal und beschädigten die MALINOWSKIsche Autorität: In ihnen ist von seinen vielfältigen subjektiven Belastungen im Forschungsfeld die Rede (fern von Heimat und Familie), von persönlichen Reaktionen und Verarbeitungsweisen (Hilflosigkeitsgefühlen und Depressionen, Beschimpfungen von Feldmitgliedern, der Aufdeckung erotischer Aufwallungen u.ä.). Die ausgelöste Debatte führte dazu, das methodische Vorgehen der teilnehmenden Feldforschung nicht als fiktives Erkenntnisideal, sondern – realistischer – als sozialen, interpersonalen und psychischen Prozess von und zwischen konkreten Personen verstärkt in den Blick zu nehmen. [20]

Ein Hauptmotiv in der Planung der vorliegenden FQS-Ausgaben zum Rahmenthema "Subjektivität und Reflexivität im qualitativen Forschungsprozess" war: von einem konstruktionistischen Grundverständnis aus darüber nachzudenken, wohin dieser Gedanke in einer konkreten methodischen Umsetzung führen könnte – ohne dass aus Angst um die eigene Erkenntnisfähigkeit oder um die eigenen methodischen Kompetenzen solche Gedanken gleich weggewischt und unterdrückt werden. [21]

3. Das Gegenbild: Die leibhaftig-personal-soziale Forscherperson-in-Interaktion

Ein für unser Thema interessantes Gegenbild ist das der leibhaftig-personalen Forscherperson, die soziale, kulturelle, historische, sozialisatorische, biographische etc. Merkmale besitzt und die eine interventionistische Interaktion mit dem Objekt (Forschungspartner/in, -feld) vollführt. Ein Forscher bzw. eine Forscherin also, der/die sich geradezu konstitutiv dadurch auszeichnet, was die konventionelle Methodenauffassung als Fehler einstuft. – Wie kann man, da/wenn solche Fehler unabdingbar sind, dennoch bzw. gerade daraus etwas Erkenntnisproduktives machen? [22]

In der Forschungsinteraktion mit einem Untersuchungspartner oder einer Untersuchungspartnerin, bei meinem Agieren in einem Forschungsfeld, bin ich – beispielsweise – eine männliche Person in den Fünfzigern mit einem bestimmten – befremdlichen oder anziehenden – Äußeren, aus dem akademischen Milieu stammend, für die Feldmitglieder in den meisten Fällen ohne "Stallgeruch", hochdeutsch sprechend, mit einem als kompliziert oder umständlich wahrgenommenen Sprachduktus. Meine Untersuchungspartner/innen nehmen mich als nicht ihrer sozialen Gruppe zugehörig, aber gutartig, als unbeholfen, naiv, harmlos, un-/interessant, als nur für eine beschränkte Zeit zu Besuch bei ihnen weilend o.ä. wahr. Sie reagieren entsprechend misstrauisch, hilfreich, un-/offen, vorsichtig, unsicher, konformistisch. Sie bemühen sich, sich meinen sprachlichen Verständigungsmöglichkeiten anzupassen. Sie sind bestrebt, mich zum Verbündeten für ihre Interessen zu machen. Sie antizipieren meinen Abschied aus dem Feld; etc. Ich erlebe die Untersuchungspartner als fremdartig, freundlich, um gutes Benehmen bemüht, vereinnahmend, verunsichernd. Ich überspiele das, ich ziehe mein methodisches Konzept (z.B. meinen Interviewleitfaden) durch. Ich bin unempfänglich für Warn- und Unbehaglichkeits-Hinweise, die meine Partner aussenden; ich ignoriere diese Signale, ich thematisiere sie nicht. – Ohne die Kenntnis und Reflexion solcher sozial-kognitiv-interaktiven Charakteristika des Forschungskontakts kann ich das, was ich als wissenschaftliche Daten erhalte, nach meiner Überzeugung nicht angemessen verstehen – und darüber hinaus: Ich verschenke Information, die mir ein dezentriert-selbstreflexiver Blick – ein Blick auf meine Beteiligung, Rolle, Beziehung, Reaktionsmuster, Einflussnahme auf Untersuchungspartner/innen und Untersuchungsfeld – ermöglichen könnte. [23]

Der Forscher, die Forscherin und seine/ihre Untersuchungspartner und -partnerinnen bzw. die Mitglieder des Untersuchungsfeldes besitzen füreinander "Reizwerte" (vgl. DEVEREUX 1988, S.40ff.), sie lösen wechselseitig spezifische Reaktionen aus (über jene hinaus, die das intendierte methodische Prozedere hervorruft). Forscher/innen und Untersuchungspartner/innen besitzen unterschiedliche Sensorien, Wahrnehmungsweisen, Maßstäbe, Bewertungen für diese Reizwerte (für die des Gegenübers, für die eigenen). Sie verfügen über unterschiedliche Handlungsmuster, -strategien, interaktive Kompetenzen, mit diesen Reizwerten aus-/agierend und verarbeitend umzugehen. – Diese Phänomene scheinen mir für Datengewinnung bzw. Datenproduktion von größerer Bedeutung zu sein als so manche in Lehrbüchern fokussierte Feinheit des methodischen Regelwerks. [24]

4. Ausgangsidee einer "anderen" sozialwissenschaftlichen Methodik: Dezentrierung und Selbstreflexion des Forschers, der Forscherin

Die konstruktive Wendung meiner Kritik an der skizzierten Verschweigekultur in der Gemeinschaft der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen steht und fällt mit der Maxime, die konstitutive/n und konkrete/n Bedeutung, Einflüsse etc. des leiblich-personal-sozialen Erkenntnissubjekts-in-Interaktion bei der Erkenntnisproduktion zu reflektieren: In selbst-/reflexiver Weise eine Analyse der Erkenntnissituation, -konstellation, -interaktion, des Erkenntniskontextes vorzunehmen. [25]

Auf allgemeiner Ebene könnte man diesen Grundgedanken auch so ausdrücken: Es geht um eine sozialwissenschaftliche Analyse des Gesamtprozesses der wissenschaftlichen Erkenntnisproduktion – im Idealfall unter Einbeziehung aller Beteiligten, aller ihrer Hervorbringungen und aller Forschungsphasen. Das verlangt ein Heraustreten des Forschers aus der Position des konventionellen methodischen Handelns-nach-Lehrbuch auf einen dezentrierten und selbstreflexiven Standpunkt, d.h. den Versuch der Einnahme einer Beobachter-Position gegenüber der eigenen Person und dem eigenen Inter-/Agieren im Forschungskontext. [26]

Arne RAEITHEL (1983, 1998) hat in seinen philosophisch-psychologischen Arbeiten in Anlehnung an Ideen von HEGEL, PIAGET, HOLZKAMP, PEIRCE u.a. eine epistemologische Reflexionsfigur entwickelt, die aus den Komponenten bzw. Stufen "Urzentrierung", "Dezentrierung" und "Rezentrierung" besteht. Diese Figur scheint mir ein passender Rahmen für meine methodologische Idee zu sein. [27]

"Urzentrierung" bedeutet: Das Subjekt blickt aus seiner Tätigkeit auf die Struktur des Gegenstandes, reflektiert aber nicht seine eigene Tätigkeit im Verhältnis zum Gegenstand. Das Subjekt handelt gewissermaßen in Unmittelbarkeit aus einem Muster heraus, ohne sich über dieses Muster im Klaren zu sein. [28]

"Dezentrierung" meint den Vorgang des Zurücktretens und Distanzgewinnens von eigenen Handlungsmustern, den Blick auf das Muster, die Einnahme eines Beobachter- bzw. Metastandpunkts gegenüber der eigenen Ausgangsperspektive, das Reflexiv-Werden hinsichtlich der urzentrierten subjektiven Konzepte. [29]

"Rezentrierung" bedeutet eine Stufe des reflektierten Handelns, in der das beobachtende Subjekt im Dialog mit sich und mit anderen "die Teile des sozialen Systems ... reflektieren, umgestalten oder neu erfinden kann, die die (eigene) Problemsicht bestimmen" (RAEITHEL 1998, S.141). [30]

Die methodischen Verfahren, um die es hier wesentlich geht, könnte man demgemäß als Dezentrierungs- und Rezentrierungs-Techniken bezeichnen. Ich spreche zusammenfassend von Dezentrierungs- und Selbstreflexions-Techniken, wenn Verfahren gemeint sind, die eigenen Handlungsmuster und/oder die eigene Person des Forschers im sozialwissenschaftlichen Forschungsprozess zu thematisieren, in Relationierung zum Gegenstand zu analysieren, gezielt-reflektiert einzusetzen o.ä. [31]

Unter dieser Grundidee, die vermutlich auf eine andere sozialwissenschaftliche Methodik hinausläuft, sollten folgende Bezugspunkte/-größen berücksichtigt werden:

5. Ein Systematisierungsansatz für eine Selbstreflexions-Methodik

In einem 1999 erschienenen Text habe ich einen Systematisierungsversuch für eine Dezentrierungs- und Selbstreflexions-Methodik unternommen, der sich an der zeitlichen Gliederung des Forschungsprozesses – an tendenziell unterscheidbaren Forschungsphasen – orientiert (BREUER 1999). Ich reiße für die Forschungsphasen jeweils einige Fragen illustrierend an, die konventionellerweise "hinter den Kulissen" bleiben. Die Arbeit an deren Beantwortung ist Bestandteil jener sozialwissenschaftlichen Analyse des Forschungsprozesses, die ich oben postuliert habe. Von den dort angesprochenen Bezugspunkten gehe ich hier schwerpunktmäßig auf solche Aspekte ein, die mit der Person-Charakteristik des Forschers bzw. der Forscherin zusammenhängen. [33]

Die Antworten auf die aufgeworfenen Fragen können dabei in unterschiedlicher "Leserichtung" informativ sein: bezüglich des intendierten Erkenntnis-Objekts, bezüglich des Forscher/innen-Subjekts, bezüglich anderer Beteiligter und Kontexte. [34]

5.1 Themenwahl, Themenzuschnitt, Fokussierung von Problemaspekten

Welche Rolle spielen Forscherperson, Wissenschaftler/innen-Gemeinschaft, Betroffene, diverse Öffentlichkeiten bei der Wahl und bei der Fokussierung des Themas? Warum und wie wird es "mein" Thema? Meine persönlichen Vorstellungen, Kognitionen, Emotionsmuster bezüglich des Gegenstands und seiner Problemhaftigkeit prägen meine Denk- und Herangehensweise in Bezug auf das Thema. Was weiß ich über ein Themengebiet? Was halte ich dort für un-/wichtig, un-/interessant? Was sind diesbezüglich meine Präkonzepte aus eigenem Lebensgeschick, wissenschaftlicher Lektüre und anderen Quellen? Was halte ich in diesem Zusammenhang für un-/normal, un-/attraktiv, un-/moralisch? Was zieht mich an? Was ängstigt mich? Wohin will ich gucken – und wohin nicht? Wie un-/offen bin ich für Dynamiken des Themenwandels, der Themenfokussierung im Verlauf des Forschungsprozesses? Was sagt das über mich, über die Sub-/Kultur, aus der ich stamme, über die Betroffenen/Beteiligten? [35]

5.2 Methodenwahl und -zuschnitt

Welches Ausmaß an Prästrukturierung, Fixierung des Erkenntniswegs wird mir von wem nahegelegt – und welches wähle ich? Was ist meine Position auf dem Distal-proximal-Kontinuum des Kontakts zum Gegenstand (DEVEREUX 1988, S.309ff.): Welche Nähe zum Gegenstand kann/will ich ertragen? Wie viel Ressourcen und Zeit kann/will ich dem Untersuchungsthema/-feld widmen? Wie viel Ungewissheits-Toleranz bezüglich des Lösungswegs kann ich aufbringen? Welche unterschiedlichen Sichtweisen auf den Gegenstand, welche "Stimmen", nehme ich als interessante Perspektiven auf, welche lasse ich außen vor? [36]

5.3 Positionieren und Agieren im Feld, Interaktionen mit den Feldmitgliedern

Jeder Kontakt mit dem Untersuchungsobjekt (Beobachtung, Gespräch etc.) ist eine Intervention. Es gibt Reaktionen der Beteiligten bzw. des Feldes auf "Fremdlinge", die lesbar, interpretierbar sind. Was wird mir von wem "gezeigt", was "verheimlicht"? Auf welchem Weg, über welche Einstiegsfenster, Türhüter und in welcher Position/Rolle komme ich ins Feld? Wie verändert sich das im Laufe des Kontakts mit dem Feld? Wie verhalte ich mich zu den Reglementen und Verpflichtungen des Feld- und des Wissenschaftskontextes? In welchem Maße benötige bzw. benutze ich "wissenschaftliche Autorität" als Demarkations-Attitüde gegenüber meinen Untersuchungspartnerinnen? Anerkenne ich deren Expertentum als Feldmitglieder, als Betroffene? Kann/will ich die Interaktion als Dezentrierungs-Gelegenheit für die Untersuchungspartnerinnen, für deren Selbstentwicklung anlegen? Welche "Störungen" am eigenen Körper treten im Kontakt mit den Akteuren des Feldes auf (Unsicherheiten, Ängste, Peinlichkeiten; Sympathien – Antipathien u.ä.)? Darf ich diese thematisieren? Wem gegenüber, wem gegenüber nicht? [37]

5.4 Dokumentation

Was halte ich (schriftlich, medial) fest von meinen Vorgehensweisen, meinen Konzeptualisierungen und Umkonzeptualisierungen, von meinen Wahrnehmungen der Ereignisse und Facetten des Feldes – und was nicht? Offizielle und inoffizielle Phänomene, objektseitige und subjektseitige Phänomene. Welche Sichtweisen und Stimmen werden dokumentiert und welche nicht? In welcher Sprache, mit welchem Vokabular? Wie ist dies durch personale Charakteristika, durch wissenschaftliche Standards, durch Betroffene, durch Öffentlichkeiten bedingt? [38]

5.5 Auswertung und Interpretation – Konzeptualisierungs-Entscheidungen

Was finde ich berichtenswert, liegt mir am Herzen? Was kann ich (nicht) verstehen? Was passt (nicht) zu meinen Präkonzepten oder dem erarbeiteten Schlussbild? Wie groß ist meine Ausdauer des Ringens um eine Phänomen-Strukturgebung, mein Vertrauen auf eigene Strukturierung vs. mein Anlehnen an wissenschaftlich-autoritative Vorgaben (Begriffe, Konstrukte, Theorien)? Wie gestalte ich den Dialog und die Rückkopplung der Interpretationen mit den Feldmitgliedern? [39]

5.6 Darstellung, Präsentation

Welche Beschreibungs-Ebenen und Perspektiven, welche Stimmen lasse ich im Text zur Sprache kommen? An welche Teil-/Öffentlichkeiten wende ich mich? Womit kann ich welche Rezipientinnen und Rezipienten gewinnen, beeindrucken, verschrecken? Welche Wirkungen will ich mit meinen Texten bei wem erzielen? Wie präsentiere ich meine Sichtweise als "autoritativer Experte"? Wie konstruiere ich Plausibilität, Kohärenz, Glaubwürdigkeit? An welchen Text-Gattungen bzw. -Modellen orientiere ich mich? Welche Rezeptionsprozesse in verschiedenen Gruppen und Medien lassen sich beobachten und wie "bediene" ich diese? [40]

6. Resümee und Ausblick

Mir geht es um mögliche Formen einer "anderen Methodik" der (qualitativen) Sozialwissenschaft, die die Position des Konstruktionismus auch auf der methodischen Ebene ernst nimmt. Wenn wissenschaftliche Bilder subjektgebundene Konstruktionen darstellen, dann erschließen sich deren epistemologische Charakteristika m.E. angemessener, wenn die Akteure, die Bedingungen, der Verlauf etc. des Konstruierens mit in den Blick genommen werden. Dafür erscheinen mir methodische Verfahren der Dezentrierung und Selbstreflexion des Erkenntnissubjekts, seiner Inter-/Aktionen, des Erkenntnis-Kontextes etc. sinnvoll. Ich sehe Desiderate und offene Fragen bezüglich der Inventarisierung vorhandener methodischer Möglichkeiten, deren Systematisierung und Kodifizierung, der Darstellbarkeit in Form eines Regelwerks (etwa im Lehrbuch?), des Erlernens entsprechender Vorgehensweisen, der Sozialisation in ein solches Methodik-Verständnis, der Klärung von Angemessenheits- und Gütekriterien etc. Im Prinzip geht es auch um die Frage der Durchsetzbarkeit eines veränderten Methodenverständnisses in der Gemeinschaft der Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen und eines veränderten Bildes von (Sozial-) Wissenschaft in der Öffentlichkeit. [41]

Was dabei m.E. auf der Strecke bleibt, ist die konventionelle Unterscheidung von "richtig" und "falsch" bezüglich methodischer Prozeduren. Mir scheint ein neues Nachdenken über die konventionelle Richtig-falsch-Unterscheidung in dem Sinn angebracht, dass man auch – und u.U. erst recht – aus Fehlern lernen kann. Missgeschicke, Verstöße gegen Regeln, die in den unterschiedlichen Kontexten gelten, können sehr informativ sein – durch das, was sie beim Untersuchungspartner, im Untersuchungsfeld, an der Person, am Körper des Wissenschaftlers bzw. der Wissenschaftlerin, in der Wissenschaftlergemeinschaft, in der Öffentlichkeit etc. auslösen und anstoßen. [42]

Ich gehe davon aus, dass im Grunde jede Hervorbringung im Erkenntnisprozess und jede Untersuchungs-Interaktion informativ genutzt werden kann – und zwar nach verschiedenen Seiten, lesbar in unterschiedliche Richtungen. Statt "richtig" und "falsch" scheinen dann beispielsweise Kriterien, die den Gesichtspunkt "mehr oder weniger produktiv unter einer bestimmten Zielstellung" operationalisieren, als Ersatz-Kandidaten. [43]

Die Idee einer anderen sozialwissenschaftlichen Methodik ist ein offenes Unternehmen. Und das Motiv, das mich zur Mit-Initiierung und -Herausgabe der nun vorliegenden beiden FQS-Bände zum Rahmenthema "Subjektivität und Reflexivität im qualitativen Forschungsprozess" bewogen hat, ist: dieses Problem stärker ins Bewusstsein der (qualitativen) Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler zu heben, ihre einschlägige Diskussion anzuregen, produktive Umgehensweisen mit diesem Thema sichtbar zu machen, Beiträge zu einer selbst-/erkenntnis-/reflexiven Erkenntnislehre zu initiieren. [44]

Anmerkung

1) Eine frühere Version dieses Textes wurde vorgetragen auf einer von Hans-Christoph KOLLER und Winfried MAROTZKI im Juni 2000 an der Universität Hamburg ausgerichteten Arbeitstagung zu "Grundlagentheoretischen Problemen Qualitativer Sozialforschung". Der Text erschien in erweiterter Form in Heft 1 (10. Jahrgang, Mai 2001; S.102-115) der Zeitschrift "Handlung Kultur Interpretation" unter dem Titel: "Subjekthaftigkeit der Erkenntnis: Was kann das methodisch heißen?" Die Verwendung für den überarbeiteten, hier veröffentlichten Beitrag erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber. <zurück>

Literatur

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Bateson, Gregory (1982). Geist und Natur: Eine notwendige Einheit. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Breuer, Franz (1991). Wissenschaftstheorie für Psychologen. Eine Einführung (5. Aufl.). Münster: Aschendorff.

Breuer, Franz (1999). Probleme human- und sozialwissenschaftlicher Erkenntnismethoden: Viel Verwirrung – einige Vorschläge. In Norbert Groeben (Hrsg.), Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie; Bd. I: Metatheoretische Perspektiven; 2. Halbbd.: Theoriehistorie, Praxisrelevanz, Interdisziplinarität, Methodenintegration (S.192-309). Münster: Aschendorff.

Devereux, Georges (1988). Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

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Zum Autor

Franz BREUER

Zitation

Breuer, Franz (2003). Subjekthaftigkeit der sozial-/wissenschaftlichen Erkenntnistätigkeit und ihre Reflexion: Epistemologische Fenster, methodische Umsetzungen [44 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 4(2), Art. 25, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0302258.

Revised 6/2008

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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