"Realismusstudio" – Zu Kunst in Ausstellungen zur Migrationsgeschichte

Autor/innen

  • Barbara Wolbert University of Minnesota

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-11.2.1483

Schlagworte:

Immigrationsgeschichte, Museum, Ausstellung, Ästhetik, Kunst, Repräsentation, Dokumentation, Monumentalität

Abstract

Ausgangspunkt und Modell dieses Aufsatzes ist "Projekt Migration", eine Ausstellung zur Geschichte der Arbeitsmigration nach Deutschland und zum europäischen Grenzregime, die Alltagsgegenstände und Kunstwerke umfasste. Dieser Aufsatz konzentriert sich auf die Materialität von Ausstellungsobjekten und stellt gegenwartshistorische Ausstellungsansätze innerhalb und außerhalb etablierter öffentlicher Institutionen infrage, die sich hauptsächlich auf Artefakte wie Dokumente und Objekte des täglichen Gebrauchs stützen, wenn sie Migrationsprozesse und das Leben eingewanderter Familien repräsentieren. Die Geschichten, die mit diesen Objekten verbunden sind, beziehen sich besonders auf den Alltag von Männern und Frauen während ihrer ersten Jahre als Arbeitskräfte in Deutschland. Indem sie die Immigranten und Immigrantinnen so zu "ewigen Migrant/innen" machen, neigen Migrationsausstellungen zu einer Fiktionalisierung der Einwanderer und Einwanderinnen, die dann als realistische und neutrale Darstellung erscheint. Im Gegensatz zu Historiker/innen übernehmen Künstler/innen, die ihre Arbeiten signieren, auf eine direktere Weise Verantwortung für die Geschichten und Anspielungen, die bei den Betrachtenden Emotionen evozieren. Sie schaffen so eine kritische Distanz zwischen der betrachtenden Person und dem Objekt und machen die cultural spaces (LIPPARD 2003) zwischen ihnen und der Autorin oder dem Autor wahrnehmbar. Die grundsätzliche Präsentation der Immigranten und Immigrantinnen als "die Anderen" und die damit verbundene voyeuristische Haltung kann so vermieden werden. Künstlerische Arbeiten in Ausstellungen zur Migrationsgeschichte machen es möglich und nötig, dass die Zuschauer und Zuschauerinnen mit und ohne Migrationshintergrund selbst Position beziehen. Dieser Aufsatz spricht für künstlerischer Interventionen in migrationsgeschichtlichen Ausstellungen. URN: urn:nbn:de:0114-fqs1002345

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Autor/innen-Biografie

Barbara Wolbert, University of Minnesota

Barbara WOLBERT, Adjunct Professor at the European University Viadrina in Frankurt (Oder) and Visiting Associate Professor at the University of Minnesota, conducted her anthropological fieldwork mainly in Germany and in Turkey. Her scholarly interests include visual culture, art, and media. She has published on processes of migration, on rituals in the context of political and social transformations, on lives and life stories, on biography and narration, on gender and generation, and on photography, art exhibitions, and cultural politics.

Veröffentlicht

2010-05-29

Zitationsvorschlag

Wolbert, B. (2010). "Realismusstudio" – Zu Kunst in Ausstellungen zur Migrationsgeschichte. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 11(2). https://doi.org/10.17169/fqs-11.2.1483