Über die Erforschung von Gesundheitstemporalitäten

Autor/innen

  • Tiago Moreira Durham University

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-8.1.203

Schlagworte:

Risiko, Gesundheit, Zeitlichkeiten, Hypertonie, leichte Gedächtnisstörungen

Abstract

Dieser Aufsatz geht der Frage nach, wie verschiedene Temporalitäten bei der Herstellung von Gesundheitsrisiken und der "Risiko-Identitäten", die diese mit sich bringen, interagieren. Mein Ausgangspunkt ist die gegenwärtige Gesundheitsforschung, -praxis und -politik mit ihrem Schwerpunkt auf Kategorien, die sich eher darauf stützen, Wahrscheinlichkeitsberechnungen eines gegebenen Zustandes – des Risikozustandes – zu entwickeln, als auf die klinische Aufdeckung von Anzeichen solcher Zustände. Die Herausbildung dieser neuen Art von Medizin bedeutet, dass nun "Krankheit temporalen Raum einnimmt" (ARMSTRONG 1995), in dem potenzielle Ereignisse der Zukunft in der Gegenwart identifiziert, bearbeitet und erfahren werden können. Mittels der Analyse zweier Fallstudien untersucht dieser Aufsatz die komplexen Prozesse, die diesen "temporalen Raum" strukturieren: die technische Kontroverse um Hypertonie und um prodromale oder präklinische Demenz. Dies geschieht anhand einer Analyse der Dynamiken dieser Kontroversen und unter der Annahme, dass diese sich auf eine Vielzahl kontrastierender, aber dennoch miteinander verknüpfter Kalkulationen des Temporalen stützen. Ich beginne mit einer Reflexion, wie die Herausbildung dessen, was als neoliberale Governmentalität (LEMKE 2001) bezeichnet wird, auf kalkulativen Praktiken gründet, die ihrerseits durch eine Intensivierung epidemiologischer Überwachung, Untersuchung und routinemäßiger Erfassung gesundheitlicher Indikatoren ermöglicht werden. In diesem Abschnitt argumentiere ich, dass der im Aufsatz enthaltene Vergleich zwischen den beiden Fallstudien wesentlich ist, um zu verstehen, wie zwei Kategorien, die derselben spätmodernen, neoliberalen Organisationsform von Verkörperung und politischer Subjektivität anzugehören scheinen, die Temporalitäten, welche "Risikoidentitäten" determinieren, unterschiedlich organisieren. Im Hauptteil beschreibe ich drei verschiedene Arten, wie Hypertonie und prodromale Demenz verstanden werden können: als demographisches Problem, als ökonomisches Problem oder als Problem von Erwerbsarbeit. Abschließend untersuche ich, wie die unterschiedlichen Temporalitäten, die in diesen Wissenspraktiken zur Anwendung kommen, voneinander abhängen, und ich skizziere einige der möglichen Implikationen dieser Schlussfolgerung für weitere Forschungen über Gesundheitsrisiken und Identität. URN: urn:nbn:de:0114-fqs0701139

Downloads

Keine Nutzungsdaten vorhanden.

Autor/innen-Biografie

Tiago Moreira, Durham University

Tiago MOREIRA is Lecturer in Sociology at the University of Durham. Most of his research has been concerned with understanding the interplay between diversity and coordination of knowledge practices and technologies in medicine. He has published papers on the topics of the sociology of surgery, history of neurosurgery, sleep medicine, clinical guideline development and therapeutic development and evaluation in Alzheimer's disease. Recent publications include "Heterogeneity and Coordination of Blood Pressure in Neurosurgery". Social Studies of Science, 36, 69-9 and "Entangled Evidence: Knowledge making in systematic reviews in health care". Sociology of Health and Illness, 2007.

Veröffentlicht

2007-01-31

Zitationsvorschlag

Moreira, T. (2007). Über die Erforschung von Gesundheitstemporalitäten. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 8(1). https://doi.org/10.17169/fqs-8.1.203

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunktthema