Review: Niels C. Taubert (2006). Produktive Anarchie? Netzwerke freier Softwareentwicklung

Autor/innen

  • Matthias Groß Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-8.1.225

Schlagworte:

freie Software, Wissenschaftsforschung, Innovation, wissenschaftliches Ethos

Abstract

Unter freier Software werden Programme verstanden, deren Lizenz, Nutzung, Vervielfältigung, Verbreitung und Veränderung frei zugänglich ist. Sie wird allseits gelobt und gilt gewöhnlich als Alternative zur käuflichen Software. Wie kann es zu einem solchen Phänomen in einer Zeit kommen, in der fast alles nur noch käuflich erwerbbar erscheint? Das Buch Produktive Anarchie? Netzwerke freier Softwareentwicklung von Niels C. TAUBERT setzt sich zum Ziel, Voraussetzungen und Bedingungen der freien Softwareentwicklung soziologisch zu untersuchen. Ein Kernergebnis ist, dass der Entwicklungsprozess zum großen Teil als adaptiver, experimenteller Suchprozess verstanden werden muss, in dem die beständige Rückkopplung zwischen Produktions- und Anwendungskontext entscheidend für eine stabile und erfolgreiche Softwareentwicklung ist. Zu den erstaunlichen Ergebnissen zählt, dass zu den Voraussetzungen dieses Rückkopplungsprozesses eine Orientierung an Normen wie Neutralität, Universalität oder der allgemeinen Zugänglichkeit gehört, wie sie in den 1940er Jahren von Robert MERTON der Wissenschaft zugeschrieben wurden. Sollte TAUBERT mit seiner Beobachtung, dass sich diese Normen heute außerhalb der institutionalisierten Wissenschaft finden, Recht haben, kann seine Fallstudie als Indikator einer neuen Form der Wissensproduktion im 21. Jahrhundert verstanden werden, in der eine allgemeine soziale Relevanz und Verantwortung handlungsleitend ist. TAUBERT liefert damit zentrale Hinweise auf die Erklärung der erfolgreichen Organisation von Technikentwicklungsprojekten, die eine breitere Diskussion anregen sollte. URN: urn:nbn:de:0114-fqs0701109

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Autor/innen-Biografie

Matthias Groß, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig

Matthias GROß (Jg. 1969) arbeitet als Soziologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, UFZ in Leipzig. Er studierte Soziologie in Bielefeld und für ein Jahr als "graduate student" an der amerikanischen Westküste (Arcata, Kalifornien). Im Jahre 2000 war er DAAD-Doctoral Fellow an der University of Wisconsin, Madison (USA) und promovierte 2001 in Soziologie an der Universität Bielefeld. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Umweltsoziologie, Geschichte der Soziologie, Wissenschafts- und Technikforschung, sowie die Gestaltung und Sanierung postindustrieller und kontaminierter Landschaften. Er lehrte an den Universitäten Karlsruhe (TU), Leipzig und Bielefeld, sowie der Loyola University Chicago (USA). Zu seinen Büchern gehören Inventing Nature: Ecological Restoration by Public Experiments (2003), Realexperimente: Ökologische Gestaltungsprozesse in der Wissensgesellschaft (2005, zus. mit Wolfgang KROHN und Holger HOFFMANN-RIEM), sowie Natur (2006). Er ist Gründer und Mitherausgeber der Zeitschrift Nature and Culture.

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Veröffentlicht

2007-01-31

Zitationsvorschlag

Groß, M. (2007). Review: Niels C. Taubert (2006). Produktive Anarchie? Netzwerke freier Softwareentwicklung. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 8(1). https://doi.org/10.17169/fqs-8.1.225

Ausgabe

Rubrik

FQS-Reviews