Review Essay: Das dialogische Selbst zwischen simultaner Pluralität und Halt verleihenden Sprachpraktiken

Autor/innen

  • Marie-Cécile Bertau Ludwig-Maximilians Universität München

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-16.3.2459

Schlagworte:

dialogisches Selbst, sprachliche Tätigkeit, Stimme, Position, "Drittes", Intersubjektivität, Öffentlichkeit, Gestalttherapie

Abstract

"Das dialogische Selbst" von Frank-M. STAEMMLER ist ein wichtiger Beitrag zu einem dialogischen Menschenbild, das von verschiedenen Seiten als Alternative zur methodologischen Individualismus formuliert wird. Der Zusammenhang zwischen einer dialogischen Theorie des Selbst und konkreten therapeutischen Techniken wird einleuchtend hergestellt; klar wird dabei, dass dialogisches Denken eine Herausforderung an tradierte Denkmuster ist. Es sabotiert die Denkfigur der "abgelösten Vorgängigkeit" (BERTAU 2015) (von "Ich", "Selbst") zugunsten des je tatsächlichen Geschehens. Allerdings können Pluralität und Dynamik, Performativität und Gegenwärtigkeit des Geschehens ihrerseits nicht beliebig sein und bloß emergent, sie erfahren vielmehr eine Struktur, ohne die sie nicht (wieder-) erkennbar wären. Wie das Verhältnis von Geschehen und Struktur zu denken ist, scheint mir eine der Kernfragen des dialogischen Denkens zu sein. Nach einer formalen Betrachtung und inhaltlichen Übersicht des Buchs diskutiere ich diese Frage entlang STAEMMLERs eigenen Ideen über zwei Themen: Pluralität und Sprache. Das Verhältnis von Geschehen und Struktur ist demnach über die sprachliche Form in der Zeit, über die Zeit, zu denken. Angeredetwerden von einem "Du", das immer auch das allgemeine "Man" (oder "Wir") stellvertritt, verleiht dem "Ich" als dialogischem Selbst Stabilität in der Vielfalt. Der Schritt zur Öffnung der Intersubjektivität ins Öffentliche wird damit als notwendiges Moment zur Überwindung des Individualismus angesehen.

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1503298

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Autor/innen-Biografie

Marie-Cécile Bertau, Ludwig-Maximilians Universität München

Marie-Cécile BERTAU ist Psycholinguistin, ihr Forschungsschwerpunkt liegt in der theoretischen Grundlegung einer kulturhistorischen Psycholinguistik mit einem dialogischen Sprachbegriff. Ausarbeitung insbesondere folgender Konzepte: sprachliche Tätigkeit mit ihren Formen und Performationen (Phänomenalität der Sprache); Stimme als psycho-physisches Phänomen; das Selbst als dialogisch und sprachlich performiert, insbesondere mit Blick auf Entwicklungsprozesse wie Spracherwerb und Schriftspracherwerb. Untersuchung von Struktur und Funktion dialogischer Formen im inneren Sprechen für psychologische Prozesse wie die Bildung des Selbst, des Bewusstseins, für Prozesse des Denkens, insbesondere des Problemlösens; Geschichte und Praxis der Alphabetschrift und das damit verbundene Denken von Sprache; Praxis und Reflexion der Sprache in der sophistischen und rhetorischen Tradition.

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Veröffentlicht

2015-09-08

Zitationsvorschlag

Bertau, M.-C. (2015). Review Essay: Das dialogische Selbst zwischen simultaner Pluralität und Halt verleihenden Sprachpraktiken. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 16(3). https://doi.org/10.17169/fqs-16.3.2459

Ausgabe

Rubrik

FQS-Reviews