"Wir sind ein Dienst, keine Behörde." Multiple institutionelle Logiken in einem Schweizer Jugendamt – Ein ethnografisches Fallbeispiel aus der street-level bureaucracy

Autor/innen

  • Martina Koch Fachhochschule Nordwestschweiz
  • Esteban Piñeiro Fachhochschule Nordwestschweiz
  • Nathalie Pasche Fachhochschule Nordwestschweiz

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-20.2.3045

Schlagworte:

Kinder- und Jugendhilfe, Sozialarbeit, street-level bureaucracy, Ethnografie, organisationssoziologischer Neoinsti­tu­tionalismus, multiple institutionelle Logiken, Schweiz

Abstract

Mit dem 2013 in Kraft getretenen Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz erlebte das Schweizer System der Kinder- und Jugendhilfe neben rechtlichen auch strukturelle und organisationale Veränderungen. Denn dieses Gesetz führte dazu, dass die Kantone und Gemeinden die Zuständigkeiten im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes neu regeln und sogenannte Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden einrichten mussten. Im Zuge dieser Umgestaltungen wurden neue fachliche und organisationale Rollen und Selbstverständnisse etabliert, die nicht selten Widersprüche und Ambivalenzen erzeugten, welche mitunter bis heute anhalten und zum Teil symptomatisch für die sogenannte "street-level bureaucracy" (LIPSKY 2010 [1980]) sind. Anhand eines ethnografischen Fallbeispiels gehen wir in diesem Beitrag der Frage nach, wie das von uns untersuchte Jugendamt mit Anforderungen umgeht, die ihm aus unterschiedlichen institutionellen Logiken erwachsen. Mit dem Konzept der "institutional logics" (THORNTON & OCASIO 2008) stützen wir uns auf Überlegungen, die dem organisationssoziologischen Neoinstitutionalismus entstammen. Im untersuchten Jugendamt zeigten sich ambivalente oder gar konfligierende Logiken empirisch nicht nur als verstrickt, sondern gerade ihre Ununterscheidbarkeit eröffnete organisationale Handlungsspielräume. Diese Befunde lassen sich möglicherweise für andere street-level bureaucracies verallgemeinern.

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Autor/innen-Biografien

Martina Koch, Fachhochschule Nordwestschweiz

Martina KOCH, Dr. rer. soc., ist Soziologin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz, wo sie primär ethnografisch zu Differenzkonstruktionen (doing differences) im Kontext der street-level bureaucracy forscht (u.a. zu Arbeits(un)fähigkeit, Ethnizität, Geschlecht etc.). Ferner interessiert sie sich für die eingreifende/aufsuchende Soziale Arbeit und für das Verhältnis von Sozialer Arbeit und Polizei.

Esteban Piñeiro, Fachhochschule Nordwestschweiz

Esteban PIÑEIRO, Prof. Dr. phil., ist Soziologe und Dozent an der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er forscht zu staatlichen Praxen des Eingriffs, zu ordnungspolitischen Arrangements zwischen Sozialer Arbeit und Polizei und zur schweizerischen Integrationspolitik.

Nathalie Pasche, Fachhochschule Nordwestschweiz

Nathalie PASCHE, M.A., hat Soziale Probleme und Sozialpolitik studiert und ist seit 2016 Doktorandin in Soziologie an der Universität Siegen. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind staatliche Organisationen (insb. Polizei und Soziale Arbeit) mit Blick auf Differenz, Diversität und Intersektionalität sowie Methoden der qualitativen Forschung.

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Veröffentlicht

2019-05-25

Zitationsvorschlag

Koch, M., Piñeiro, E., & Pasche, N. (2019). "Wir sind ein Dienst, keine Behörde." Multiple institutionelle Logiken in einem Schweizer Jugendamt – Ein ethnografisches Fallbeispiel aus der street-level bureaucracy. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 20(2). https://doi.org/10.17169/fqs-20.2.3045