Ethische Reflexivität in der Fluchtforschung. Erfahrungen aus einem soziologischen Lehrforschungsprojekt
DOI:
https://doi.org/10.17169/fqs-19.3.3151Schlagworte:
Anonymisierung, dualer Imperativ, Freiwilligkeit, Fluchtforschung, Forschungsethik, informierte Einwilligung, partizipative Forschung, Schadensvermeidung, GeflüchteteAbstract
Die Situation von Geflüchteten ist durch rechtliche, ökonomische und soziale Vulnerabilitäten charakterisiert, die besondere forschungsethische Herausforderungen mit sich bringen. Aufgrund der eingeschränkten Rechte von Geflüchteten, der prekären Lebenslagen und ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnisse sind zentrale forschungsethische Grundsätze wie die Gewährleistung der Freiwilligkeit der Teilnahme an Forschung infrage gestellt oder zumindest deutlich erschwert. Gleichzeitig haben sich feldspezifische ethische Debatten entwickelt. So wird in der internationalen Diskussion die Forderung nach einem "dualen Imperativ" der Fluchtforschung formuliert, der besagt, dass Forschung in Kontexten ausgeprägter Not und existenzieller Bedrohung nicht nur wissenschaftliche Ziele verfolgen, sondern auch danach streben sollte, die Situation von Geflüchteten zu verbessern. In diesem Beitrag diskutiere ich forschungsethische Fragen der Fluchtforschung am Beispiel eines qualitativen Lehrforschungsprojekts mit jungen Geflüchteten zum Thema Bildung und Arbeit in München. Die Rahmung durch politische und rechtliche Diskurse prägte die Forschungssituation in vielfältiger Weise. Die forschungsethische Reflexivität geht allerdings über die Interaktionen im Feld hinaus und bezieht sich auch auf allgemeinere Aspekte des Studiendesigns, Fragen der Repräsentation sowie der Dissemination und Nutzung von Studienergebnissen. Es wird vorgeschlagen, die Potenziale und Grenzen der partizipativen Forschung für Fluchtforschung in Erwägung zu ziehen.
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