Hausärzte in der "Beziehungsfalle"? Ergebnisse einer qualitativen Studie zu ärztlichen Krankheitskonzepten und Behandlungsstrategien bei Ulcus cruris venosum
DOI:
https://doi.org/10.17169/fqs-9.1.344Schlagworte:
Krankheitskonzepte, Hausärzte, Ulcus cruris venosum, Grounded Theory, Shared Decision-MakingAbstract
In der Hausarztpraxis spielen Krankheitskonzepte von Patient(inn)en und Ärzt(inn)en in der Arzt-Patienten-Interaktion, insbesondere im Aushandlungs- und Entscheidungsprozess über Diagnose- und Therapieverfahren, eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu den Krankheitskonzepten der Patientinnen und Patienten sind die der Hausärztinnen und Hausärzte empirisch nur wenig erforscht. In einer eigenen Untersuchung wurden am Beispiel der Krankheitsbilder Kopfschmerzen, akuter Husten, Ulcus cruris venosum, Schizophrenie und Aortenaneurysma (KAUSA) die Krankheitskonzepte von Hausärztinnen und Hausärzten analysiert. Offene narrative und leitfadengestützte Interviews mit Ärztinnen und Ärzten zum Krankheitsbild Ulcus cruris venosum (UCV) wurden in diesem Teil der Studie einer Sekundäranalyse mittels textanalytischer Verfahren unterzogen. In der Absicht, theoriebildend zu arbeiten, folgte das Forschungsprojekt KAUSA der Methodologie der Grounded Theory. In dem Beitrag werden Lesarten und Strukturhypothesen zu den einzelnen Fällen und fallvergleichende sowie fallübergreifende Aussagen zu den nicht offen liegenden Krankheitskonzepten von Hausärzten bei UCV entwickelt und diskutiert. Die aus den mündlichen Präsentationen im Interview empirisch rekonstruierten ärztlichen Krankheitskonzepte weisen neben kognitiven Elementen, die in der wissenschaftlichen Diskussion noch am ehesten thematisiert werden, kaum erforschte emotionale und handlungsbezogene Dimensionen auf. So wird beispielsweise ein offenes Bein von den Ärztinnen und Ärzten als vertrautes und gut behandelbares "Arbeitsgebiet" wahrgenommen, die Patientin oder der Patient selbst dagegen eher als Störfaktor erlebt. Irritationen und Unsicherheiten treten auf der Seite der Ärztinnen und Ärzte dabei weniger in Bezug auf vermeintliches medizinisches Wissen auf, als im Sprechen über die Interaktionssituationen mit den Patientinnen und Patienten, möglicherweise auch in der Interaktion selbst. Damit rücken Wahrnehmungs-, Interpretations- und Verstehensprozesse, also die Kommunikation und Interaktion mit Patientinnen und Patienten als soziale Phänomene und nicht allgemeinärztliches Wissen bei der Behandlung von Patient(inn)en mit einem UVC in den Vordergrund. URN: urn:nbn:de:0114-fqs0801420Downloads
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Copyright (c) 2008 Anja Wollny, Simone Kreher, Martin Sielk, Stefan Wilm, Silke Brockmann
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