Wie Gewalt untersuchen? Ein Kodierschema für einen reflexiven Gewaltbegriff
DOI:
https://doi.org/10.17169/fqs-22.1.3470Schlagworte:
Gewalt, Normativität, Demenz, Ethnografie, Kodierschema, Pflege, LegitimitätAbstract
Wir unterbreiten in dem vorliegenden Text einen Vorschlag für ein der interpretativen Forschung angemessenes Gewaltverständnis und skizzieren seine methodologischen Konsequenzen. In Auseinandersetzung mit qualitativen Studien zu Gewalt verbinden wir eine klare theoretische Explikation des Phänomens Gewalt mit der von der qualitativen Sozialforschung geforderten Offenheit gegenüber dem Material. Wir gehen dabei von der Unterscheidung zwischen einem positiven und einem reflexiven Gewaltbegriff aus: Wenn Gewalt aus der Beobachter*innenperspektive inhaltlich definiert wird, sprechen wir von einem positiven Gewaltbegriff. Ein solches Vorgehen widerspricht allerdings den Annahmen der interpretativen Forschung, denn hier liegt der Schwerpunkt darauf, soziale Phänomene ausgehend vom (Selbst-)Verständnis sozialer Akteur*innen zu analysieren. Wenn man es dem Selbstverständnis im Feld überlässt, ein Phänomen als Gewalt zu identifizieren, dies aber der Intuition der Beobachter*innen widerspricht, führt dies in der soziologischen Forschungspraxis oftmals dazu, dass ein Phänomen gegen das Selbstverständnis im Feld als Gewalt identifiziert wird. Um mit diesem Problem umzugehen, schlagen wir ein reflexives Gewaltverständnis vor und konkretisieren dieses in einem Kodierschema für die qualitativ-interpretative Untersuchung von sozialen Zusammenhängen mit Blick auf Gewalt. Exemplarisch verdeutlichen wir den interpretativen Sinn des Kodierschemas an einem Beispiel aus der Pflege von Menschen mit Demenz.
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