Review Essay: Lebende und liebende Jüdinnen und Juden in der deutschen Gegenwart: jüdisches Leben jenseits der Vergangenheit und jenseits von Antisemitismus
DOI:
https://doi.org/10.17169/fqs-22.1.3620Schlagworte:
Liebe, Intimität, Paarbeziehungen, Emotionen, Jüd*innen, Deutschland, Biografieforschung, Ethnografie, ReflexivitätAbstract
Bisher ist es immer noch so, dass Forschung zu und über Jüdinnen und Juden in Deutschland sich in den Bereichen Geschichte, Kulturwissenschaften und Religion bewegt. Lebende Jüdinnen und Juden kommen selten vor und wenn, dann meist unter dem Label Antisemitismus. Die Forschungslandschaft erlaubt mehr Einsichten darüber, wie Nichtjüd*innen sich Jüdinnen und Juden vorstellen als darüber, wie Jüdinnen und Juden sich selbst sehen und wie sie leben. SCHAUM hat dieses Muster mit ihrem transdisziplinären, kreativen Ansatz durchbrochen; sie untersuchte, wie Jüdinnen und Juden "doing being Jewish" mit intimen Liebesbeziehungen in Verbindung setzen. SCHAUM stellt deren Selbstverständnis in den Mittelpunkt und scheut nicht davor zurück, sich selbst ehrlich und schonungslos als Teil der Forschung zu analysieren. Das Ergebnis ihrer Studie ist ebenso erfrischend wie nötig. Wie nebenbei stellt sie anhand ihrer Forschungsteilnehmenden die Heterogenität von Jüdinnen und Juden im gegenwärtigen Deutschland dar und arbeitet heraus, dass Jüdischsein nur ein Aspekt auf der Suche nach Liebe ist und überdies, wie sehr Forschende als aktive Teilnehmende der Forschung betrachtet werden müssen. SCHAUMs Buch sollte als Vorläufer einer neuen Forschungsrichtung gesehen werden, die Diskussionen zur Methodik und zur Beziehung von Forschenden und Forschungsteilnehmenden aufgreift, die seit den 1960er Jahren vor allem im englischsprachigen Raum geführt wird. Jüdinnen und Juden sind hierbei ihre Fallstudie, ihre theoretischen Überlegungen und methodischen Ansätze sind weitreichender.
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