Review Essay: Rechtsextremismus und Jugendgewalt im Kontext psychologisch fundierter Biografieforschung

Autor/innen

  • Silke Baer cultures interactive e.V.

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-9.2.427

Schlagworte:

Rechtsextremismus, Jugendkulturen, Genderforschung, narrativ-biografische Interviews, Psychotrauma, transgenerationelle Perspektive, Peer-Gruppen-Dynamik, Gewalt, Sozialisation, Jugendarbeit

Abstract

Michaela KÖTTIGs Buch schließt zwei Lücken der bisherigen Rechtsextremismusforschung. Sie beschäftigt sich 1. mit rechtsextrem orientierten Mädchen, die in der Forschung wenig Beachtung fanden bzw. als Mitläuferinnen ohne eigene Handlungsmotivationen dargestellt wurden, und arbeitet 2. durchgängig mit qualitativen Verfahren der Biografieforschung, genauer: mit narrativ-biografischen Interviews und Fallrekonstruktionen. Dabei wird auch die dreigenerationale Familiengeschichte berücksichtigt, das Feld der Psychotraumatologie mit einbezogen und bis in den Erfahrungsraum der frühesten Kindheit zurückgeblickt. Der kontrastive Vergleich der Fallstudien zeigt verschiedene Übereinstimmungen und Varianzen in den Erfahrungsdimensionen der Interviewten, die in der jeweiligen Lebensgeschichte und den gewählten Formen der Lebensbewältigung zum Tragen kommen. Rekurrent wiederkehrende Befunde dabei sind: desolate Beziehungserfahrungen mit den Eltern, die starke Bedeutung mindestens eines Großelternteils und Reflexe der unbewussten transgenerationellen Übertragungen von Affekt- und Gedankenmustern infolge von (De-) Thematisierung der Familienvergangenheit im Dritten Reich seitens der Eltern und Großeltern. In ihrem je unterschiedlichen Zusammenwirken erweisen sich diese und andere Faktoren als spezifisch ausschlaggebend für die Herausbildung von rechtsextremen Handlungs- und Orientierungsmustern. Die erkenntnisreiche Arbeit macht deutlich, wie wichtig Forschung mit qualitativ-biografischen Verfahren in diesem Sozialbereich ist, um ein angemessen komplexes Bild der Bedingungsfaktoren rechtsextremer Biografieverläufe zu gewinnen. URN: urn:nbn:de:0114-fqs080281

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Autor/innen-Biografie

Silke Baer, cultures interactive e.V.

Silke BAER ist Kommunikationswissenschaftlerin (MA) und Dipl. Sozialpädagogin. Als Leiterin des Vereins cultures interactive e.V. – Verein zur interkulturellen Bildung und Gewaltprävention" entwickelt sie bundesweit Projekte der Jugend- und Erwachsenenbildung zur soziokulturellen Integration sowie Gewalt-, Rassismus- und Rechtsextremismusprävention und arbeitet als Referentin zu Jugendkulturen, Gender und gesellschaftspolitischen Partizipation von Jugendlichen. cultures interactive führt z. Zt. das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Bundeszentrale für politische Bildung geförderte Modellprojekt "KulturRäume2010" durch, bei dem sie die pädagogisch-wissenschaftliche Leitung inne hat. Im Rahmen des EQUAL-Projekts MEMBER zum Thema "Medienkompetenz und Rechtsextremismus" hat sie als Mitarbeiterin von Violence Prevention Network e.V. einen Argumentationsleitfaden und Unterrichtsmaterialien zur Qualifizierung von Lehrer(inne)n erstellt.

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Veröffentlicht

2008-05-31

Zitationsvorschlag

Baer, S. (2008). Review Essay: Rechtsextremismus und Jugendgewalt im Kontext psychologisch fundierter Biografieforschung. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 9(2). https://doi.org/10.17169/fqs-9.2.427