Von der Konstruktion des Naturwissenschaftlers: Das diskursive Herstellen von Identität und Selbstpräsentation in Forschungsinterviews

Autor/innen

  • Yew-Jin Lee University of Victoria
  • Wolff-Michael Roth University of Victoria

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-5.1.655

Schlagworte:

Identität, Selbstpräsentation, Tätigkeitstheorie, Interview, Interesse (stake), Standpunkt (footing)

Abstract

Die Teilnahme an einem Interview ist für die meisten Leute eine nicht-alltägliche Tätigkeit. In unserem tätigkeitstheoretischen Ansatz wird das Interview und was die Teilnehmer sind oder werden als Produkt des Interviewhandelns angesehen. Im Gegensatz zu dem in der Moderne entwickelten Identitätskonzept, das dem Individuum unveränderliche Eigenschaften zuschreibt, sehen wir Identität als eine interaktiv erreichte Produktion an – anders gesagt, Identität und Tätigkeit stehen in einem dialektischen Verhältnis. Interviews sind daher Situation, in denen Identität und Selbstpräsentation situativ von sozialen Agenten mit diskursiven Mitteln ausgehandelt werden. In diesem Beitrag machen wir das Interview zum Gegenstand unserer Analyse und heben seine kollaborative Natur hervor, die seiner üblichen Beschreibung als neutrales Datenerhebungsinstrument entgegensteht. Unsere Fallstudie des Interviews mit einem weltberühmten Umweltwissenschaftler zeigt, wie Identität und verschiedene Aspekte der Selbstpräsentation diskursiv konstruiert werden. In der Analyse bedienen wir uns der GOFFMAN'schen Konzepte des Standpunktes (footing) und des Interesses (stake). Unser Interviewteilnehmer wurde in dem Interview als zentrales Mitglied der Naturwissenschaften konstruiert, inklusive der Naturwissenschaftlern als typisch zugeschriebenen Eigenschaften, wie "Expertise", "Objektivität", "Leidenschaft" und "Selbstlosigkeit". Das diskursive "Herstellen" von Identität und Selbstpräsentation während Interviews ist ein zentraler Effekt, so dass wir warnen, Interviews als "unproblematische Methode" anzusehen. URN: urn:nbn:de:0114-fqs0401123

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Autor/innen-Biografien

Yew-Jin Lee, University of Victoria

Yew-Jin LEE is a Ph.D. student in science education from the University of Victoria. Currently, he is using activity theory, sociology, anthropology and hermeneutic philosophy to understand the development of expertise in the workplace. Other interests include science studies, social memories and ethnographic methodologies.

Wolff-Michael Roth, University of Victoria

Wolff-Michael ROTH (http://www.qualitative-research.net/fqs/impressum/roth-e.htm) is Lansdowne Professor of applied cognitive science at the University of Victoria. His interdisciplinary research agenda includes studies in science and mathematics education, general education, applied cognitive science, sociology of science, and linguistics (pragmatics). His recent publications At the Elbows of Another: Learning to Teach by Coteaching (with K. TOBIN, Peter Lang, 2002), Science Education as/for Sociopolitical Action (ed. with J. DÉSAUTELS, Peter Lang, 2002), Being and Becoming in the Classroom (Ablex Publishing, 2002), and Toward an Anthropology of Graphing (Kluwer, 2003).

Veröffentlicht

2004-01-31

Zitationsvorschlag

Lee, Y.-J., & Roth, W.-M. (2004). Von der Konstruktion des Naturwissenschaftlers: Das diskursive Herstellen von Identität und Selbstpräsentation in Forschungsinterviews. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 5(1). https://doi.org/10.17169/fqs-5.1.655

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