FQS-Debatte "Qualitative Forschung und Ethik"
In dieser FQS-Debatte geht es um Ethik, die – je nach Kontext und Stadium im Forschungsprozess – verstanden wird als Handlungsressource, umstrittenes Feld, Praktik, Politik, usw. Es sollen im Sinne einer reflexiven Untersuchung alle Themen einbezogen werden, die mit Forschungsethik zu tun haben, dabei sind wir sowohl an der Perspektive der Forschenden als auch an der der Teilnehmenden interessiert. Eine wichtige Frage für potenzielle Autorinnen und Autoren kann z.B. sein: "Welche ethischen Dimensionen sind in der Forschung mit vulnerablen Populationen relevant?" Vulnerabilität meint hierbei jedes Adjektiv/Konzept, das zur Demarkation von Unterschieden in der Gesellschaft benutzt wurde (wird) einschließlich Geschlecht, Ethnie, Kultur, Religion, sexueller Präferenz, sozioökonomischem Status, und so weiter.
Andere Themen, die in dieser Debatte besprochen werden können, betreffen die Art und Weise, wie Ethikprüfverfahren benutzt werden, um qualitative Forschung in Planungs-, Ausführungs- und Evaluationsphasen zu vermitteln, zu moderieren, zu kontrollieren usw. Hier kann eine mögliche Frage sein: "Wie wird das Ethiküberprüfungsverfahren verwendet, um Praxisforschung zu beschneiden?" Oder: "Wie wird das Ethiküberprüfungsverfahren benutzt, um Handlungsforschung zu beschneiden, die Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz festgestellt hat?" Manchmal überlappen sich oder kollidieren die ethischen Prinzipien zweier interagierender Tätigkeitssysteme. Interessierende Fragen sind dann: "Wie interagiert die professionelle Ethik des einen Systems (Schule, Firma) mit der Forschungsethik, die von einem anderen System (Universität, College, Fachvereinigung) und dessen Logiken reguliert wird?"
Ethik soll in dieser FQS-Debatte in all ihrer Dimensionen ausgeleuchtet werden, d.h., sie wird nicht auf die Beziehung zwischen Forschenden und Teilnehmenden beschränkt, sondern es sind ebenso die Beziehungen zwischen Forschenden und ihren Institutionen oder zwischen Forschenden und den Institutionen, denen die Teilnehmenden angehören, von Interesse, darüber hinaus der Zusammenhang zwischen Institutionen und nationalen Politiken, zwischen Forschenden und nationalen Politiken usw. Die Aufmerksamkeit sollte dabei nicht nur Problemen, Fahrlässigkeiten usw. gelten, sondern auch Versuchen, gute oder beste Praktiken zu etablieren, so zum Beispiel in der Ausbildung zukünftiger Forscher und Forscherinnen. Hier sind mögliche Fragen: "Wie kann Forschungsethik in die Ausbildung zukünftiger Forscher und Forscherinnen integriert werden?" "Wie wird überhaupt aus einem Individuum eine 'ethische Forscherin' bzw. ein 'ethischer Forscher'?" "Wie können im Rahmen von Handlungsforschung gegensätzliche ethische Prinzipien integriert werden?"
Autorinnen und Autoren, die sich an dieser Debatte beteiligen wollen, können sich jedes Genres bedienen, das sich zur Darstellung ihrer Positionen, Analysen, Beschreibungen, usw. eignet. Natürlich sind die Texte besonders gut und überzeugend, in denen das Genre dem Inhalt entspricht, den Inhalt reflektiert, oder den Inhalt unterstreicht –angelehnt an den kanadischen Medienguru Marshall McLUHAN und dessen Leitsatz: "das Medium ist die Botschaft". Die Botschaft des Mediums und der Inhalt, der durch das Medium ausgedrückt wird, interagieren, und potenzielle Beitragende sollten sich frei fühlen, das für ihre gewünschte Botschaft bestangebrachte Genre auszuwählen.
Die Perspektiven aller Betroffenen sind willkommen: die von Forschenden, von Teilnehmenden, von Mitgliedern von Ethiküberprüfungskommissionen, von denen, die Richtlinien bestimmen, von Richtern und Richterinnen, von Philosophinnen und Philosophen usw. – sie alle sind eingeladen, zu der Debatte beizutragen. Was wir hier erreichen wollen, ist die größtmögliche Transparenz in der Forschungsethik, und das aus so vielen Perspektiven, von so vielen Beteiligten wie möglich.
Wenden Sie sich bei Fragen bitte an die Debattenherausgeber*innen: Olaf Tietje, Hella von Unger.